IWSB EBP Gutachten Kunstoffrecycling rev1

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KUNSTSTOFFRECYCLING: 12 THESEN ZU ÖKOLOGIEKONOMIE UND ÖKOEFFIZIENZ IWSB Institut für Wirtschaftsstudien Basel Fachbereich: Raum Schlussbericht | 13.11.2017 | rev. 1 In Zusammenarbeit mit

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KUNSTSTOFFRECYCLING:12THESENZUÖKOLOGIE,ÖKONOMIEUNDÖKOEFFIZIENZ

IWSB–InstitutfürWirtschaftsstudienBaselFachbereich:RaumSchlussbericht|13.11.2017|rev.1

InZusammenarbeitmit

IWSB&EBP|13.11.2017 Kunststoffrecycling:12ThesenzuÖkologie,ÖkonomieundÖkoeffizienz

IMPRESSUM

AUFTRAGGEBERIN

cemsuisse–VerbandderSchweizerischenCementindustrie|Marktgasse53|3011Bern

VKRS–VereinKunststoffrecyclingSchweiz|Belchenstrasse7|4600Olten

BEGLEITGRUPPE

Dr.StefanVannoni DirektorcemsuisseSimoneHochstrasser GeschäftsführerinVKRSMarkusTonner PräsidentVKRS

AUFTRAGNEHMERIN

IWSB–InstitutfürWirtschaftsstudienBasel|Solothurnerstrasse94|4053Basel

www.raum.iwsb.ch|[email protected]|+41612812121

EBP|Zollikerstrasse65|8702Zürich

www.ebp.ch|[email protected]|+41443951111

AUTOREN

NilsBraun-Dubler M.Phil. Projektleitung IWSBAndySpörri Dr.sc.ETH Stv.Projektleitung EBPMarkusGmünder Dr.rer.pol. Qualitätssicherung IWSB

StefanMeyer-Lanz Dr.rer.pol. Projektmitarbeit IWSB

HINWEISZURVERWENDUNG

DasGutachten darf zu kommerziellen Zwecken nicht kopiert oder in einer anderen Form reproduziertwerden. Bei der Verwendung der Daten aus demGutachten ist dieQuelle korrekt zu zitieren undwirbittenumZustellungeinesBelegexemplars([email protected]).

ZITIERVORSCHLAG

IWSB & EBP (2017). Kunststoffrecycling: 12 Thesen zu Ökologie, Ökonomie und Ökoeffizienz. Bern /Olten:cemsuisse/VKRS.

ANMERKUNGEN

DasGutachtengibtdieAuffassungderAutorenwieder,dienichtnotwendigerweisemitderjenigenderAuftraggeberoderderBegleitgruppeübereinstimmenmuss. ZurbesserenLesbarkeitundVermeidungsprachlicherSchwerfälligkeitwirdnurdiemännlicheFormver-wendet.DieentsprechendenBegriffebeziehensichjeweilsaufbeideGeschlechter.

REVISIONVOM13.NOVEMBER2017

DerursprünglicheTiteldesGutachtensvom3.November2017hiess'Kunststoffrecycling:Meta-StudiezuÖkologie,Ökonomie undÖkoeffizienz'. DasGutachten fokussiert jedoch auf die Studienmit SchweizerBezug,während'Meta-Studie'denEindruckerweckt,dassdieinternationaleLiteraturaufgearbeitetwird.ÜbrigeÄnderungensindsprachlicherNatur.

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ZUSAMMENFASSUNG

DieFolgerungenderbeidenMedienmitteilungenzudenErgebnissenderStudie'KunststoffRecyclingundVerwertung'(KuRVe)vonCarbotech&UMTECRapperswil(2017)sprechendeutlichgegendieflächende-ckendeEinführungdesKunststoffrecyclings.Diessteht imWiderspruchzueigentlichenErgebnissenvonKuRVesowieVorgängerstudien.DasvorliegendeGutachtenordnetdiezwölfwichtigstenThesen(fünfzurÖkologiebzw.Ökonomie,zweizurÖkoeffizienz)imKontextdesKunststoffrecyclingswissenschaftlichein.

THESE1:'DIEKUNSTSTOFFSAMMLUNGBRINGTEINENÖKOLOGISCHENMEHRWERT'

Korrekt,daallebetrachtetenStudieneinenökologischenMehrwertbestätigen.DieserbewegtsichindenBasisszenarienzwischen0.4und1.05Mio.Umweltbelastungspunkte(UBP)proTonneSammelware.

THESE2:'DIEKUNSTSTOFFESOLLENINREGIONENMITEFFIZIENTENKVANICHTGESAMMELTWERDEN,WEILDIESKEINENZUSÄTZLICHENUMWELTNUTZENBRINGT'

Falsch,dadieseparateKunststoffsammlunggemässKuRVe(2017)auchimUmfeldvoneffizienterenKVAeinen strikt positiven Umweltnutzen bringt. Hingegen verknappt die Kunststoffsammlung die gesamteAbfallmengederKVAwaszueinemVerdrängungswettbewerbzugunstendereffizienterenKVAführtunddamitderUmweltauchindirektüberWettbewerbseffektehilft.

THESE3:'DERUMWELTNUTZENDERKUNSTSTOFFSAMMLUNGWIRDAUFGRUNDVONTECHNISCHENVERBESSERUNGENUNDABSEHBARENENTWICKLUNGENUNTERSCHÄTZT'

Korrekt, bereits die Sensitivitätsanalysen weisen in der Summe der absehbaren Entwicklungen einenpositiven zusätzlichenUmweltnutzen aus. Eine abschliessendeBeurteilung ist jedoch nichtmöglich, daexplizite Zukunftsszenarienmeistens fehlen bzw. nicht abschliessendnachvollziehbar sind undder Ein-flussdesTrendszumehrVerbundkunststoffen(negativfürRecycling)inkeinerStudieabgeschätztwird.

THESE4:'DIEKUNSTSTOFFESOLLENSOLANGEWIEMÖGLICHINSTOFFKREISLÄUFENGEHALTENUNDZUGUTERLETZTENERGETISCHVERWERTETWERDEN'

Korrekt. Die Standardperspektive der Ökobilanzstudien fokussiert zu stark auf die umweltverträglicheEntsorgung. ImVergleichzurRessourcenperspektivewirddadurchderstofflichenVerwertungzuwenigBeachtung geschenkt, welche durch diewiederholte Verwendung der gleichen Ressource zu positivenKaskadeneffektenführt.

THESE5:'ESGIBTKEINEGROSSENACHFRAGENACHRECYCLINGKUNSTSTOFF,WESHALBZWEIDRITTELDERGESAMMELTENKUNSTSTOFFETROTZDEMVERBRANNTWERDEN'

Falsch,dadiestofflicheVerwertungsquote indenbetrachtetenSammelsystemenbereitsheutefast im-merüber50Prozentliegt.MitprofessionellerSammlungundverbesserterSortierungnimmtzudemdieQualitätdesRegranulatszu,wasdieQuotederstofflichenVerwertungweitererhöhenwird.Zudembe-stehtdieNachfragenachOutputsausdemKunststoffrecyclingnebenderstofflichenVerwertungexplizitauchausder thermischenVerwertung.Hier spielt die Substitution vonKohle inder ZementproduktiondurcheinProdukt(Reject),welchesauchindenKVAverbranntwürde,einewichtigeRolle.

THESE6:'DIENETTOKOSTENBETRAGENHOHE750CHFPROTONNEUNDVERHINDERNEINNACHHALTIGFINANZIERTESSAMMELSYSTEM'

Falsch, da dieNettokosten entgegen den Berechnungen von KuRVe (2017) nicht so hoch sein können(z.B.sinddieNettokostenbeimRecyclingviaDetailhändlerfastNull).ZudemistdienachhaltigeFinanzie-

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runggewährleistet,weilkeine(oderimFallderBringsystemenkeinenennenswerten)Subventionenflies-senunddieEntsorgungfürdenKonsumentengünstigerist.FernerführtdieKonkurrenzsituationbeiderEntsorgungvonKunststoffendazu,dassnurdieeffizientestenSystemeamMarktüberlebenwerden.

THESE7:'DIEKUNSTSTOFFSAMMLUNGFÜHRTZUMASSIVHÖHERENKEHRICHTGEBÜHRENUNDISTDAHERNICHTIMINTERESSEDERKONSUMENTEN'

Falsch, da die Kehrichtgebühren zwar tatsächlich ansteigen könnten, die Gesamtbelastung der Konsu-mentenjedochabnimmt.KurzfristigkönnendieKVA(jenachGemeinde)ihredrohendenGebührenerhö-hungenauchdurchbetriebswirtschaftlicheOptimierungz.B.überGewinnungweiterenAbfalls(ausdemAusland,ausNachbargemeindenimFalleeinerSchliessungeinerKVA)substanziellreduzieren.AusKon-sumentensicht ist zudemzentral,dassesneueWahlmöglichkeitenbeiderEntsorgunggibt,was,unab-hängigderPräferenzenderIndividuen,nurpositivzubewertenist.

THESE8:'DIEKOSTENDERSEPARATSAMMLUNGWERDENZURZEITÜBERSCHÄTZT'

Korrekt, da die bisherigen Pilotsysteme kaum Skalenerträge (d.h. Mengenvorteile) realisieren können.AuchistseitensderKVAineinemfunktionierendenWettbewerbmitsinkendenKosten(undhöhereÖko-effizienz)beiderEntsorgungvonNicht-Kunststoff-Abfallzurechnen.

THESE9:'DASSEPARATSAMMELNFÜHRTZUGROSSENVOLKSWIRTSCHAFTLICHENKOSTEN'

Falsch,da(i)derökologischeMehrwertimSinneeinespositivenexternenEffektsexistiert,(ii)dieWahl-freiheit der Konsumenten zu einer Reduktion von Wohlfahrtsverlusten der jetzigen de-facto-Monopolsituation führt und (iii) die Nettobelastung der Haushalte abnimmt. Voraussetzung für einenfunktionierendenWettbewerbist,dassdieKVAaucheinKunststoff-Sammelsystemanbietendürfen.

THESE10:'DIEBEVÖLKERUNGWÜNSCHTSICHEINESEPARATSAMMLUNG'

Korrekt,daz.B.inLuzern88ProzentderBevölkerungdieserstrebenswertfinden.Bezüglichdemeffekti-ven Sammelsystem zeigen sich die unterschiedlichen Präferenzen exemplarisch: 39 Prozent wünschensicheinHolsystem,35ProzentbringeneslieberzumDetailhändlerund25ProzentfändeneinBringsys-temambesten.Esistanzunehmen,dassdieserWunschsowohlideellerwieauchfinanziellerNaturist.

THESE11:'DIESEPARATEKUNSTSTOFFSAMMLUNGISTDREIMALINEFFIZIENTERALSDIEPET-SAMMLUNGUNDSOLLDESHALBNICHTEINGEFÜHRTWERDEN'

Falsch, auchwenn die Kunststoffsammlung tatsächlich zurzeit eine ca. dreiMal geringereÖkoeffizienzaufweist,istsiedochgleichwertigmitderSammlungvonHaushaltsbatterien.ZudemistdierelativeÖko-effizienzunerheblich,dadasSystemgrundsätzlichohneSubventionenauskommtundfürdieHaushaltegünstigerist.

THESE12:'DIEÖKOLOGISCHENVERBESSERUNGENDERKUNSTSTOFFSAMMLUNGSTEHENINKEINEMVERHÄLTNISZUDENHÖHERENKOSTEN'

Falsch,dadenKostendesSystemsauchentsprechendeEinnahmengegenüberstehen,existiertkeinMiss-verhältnis. Der Wettbewerb zwischen der konventionellen Entsorgung und der Separatsammlung vonKunststoffen,aberauchderWettbewerbzwischendenverschiedenenSammelsystemenimKunststoffbe-reich,sindhinreichendeBedingungenfüreinenlangfristigeffizientenUmgangmitderRessourcePlastik.

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SCHLUSSFOLGERUNG

DerökologischeMehrwertvonKunststoffsammlungenistunbestrittenundbewegtsichinderGrössen-ordnungdesGlasrecyclings.DieUnterschiedeinderLiteraturbetreffeneinzigdieHöhedesUmweltnut-zens,wobei dieHeterogenität nicht auf dieUnzulänglichkeiten in dendurchgeführtenÖkobilanzen zu-rückzuführen sind, sondern vielmehr auf Unterschiede im Untersuchungsrahmen. Es ist dabei wahr-scheinlich,dassderökologischeNutzenbeieinerbreiterangelegtenSammlunginderSchweizdankbes-sererSortiertechnikunddadurchhöhererRegranulat-QualitätzurzeitinallenStudienunterschätztwird.DemgegenüberwirddasbereitsbeobachtbareWachstumanVerbundkunststoffendieÖkobilanzinnochnichtabschätzbaremAusmassmindern.

DierelativzuanderenRecycling-ProduktentiefeQuotederstofflichenVerwertungmindertdieökologi-scheAttraktivitäthingegennicht,daesmittelsthermischerVerwertunggelingtKohlebeiderZementher-stellungzuersetzen.Diesumsomehr,alsdassdieAlternativezurKunststoffsammlungebenfallsineinerthermischenVerwertungliegt.

AuchdieregionaleVerfügbarkeitvonenergetischoptimiertenKVAsprichtausökologischerPerspektivenichtgegendenAusbauderKunststoffsammlung,weil(i)durchdieSammlungundSortierungdiestoffli-cheVerwertunggesteigertwirdundweil (ii) sichdieeffizienterenKVA ineinemMarktmitrückläufigenSiedlungsabfallmengenaufgrunddervorteilhafterenNettokostendurchsetzendürften.

ImGegensatzzurBewertungdesökologischenMehrwertsdesKunststoffrecyclingswurdenökonomischeBeurteilunginderSchweizkaumvorgenommen.EinzigKuRVe(2017)hatbisanhineinevertiefteökono-mischeBewertungdesKunststoffrecyclingsvorgenommen.DarinfindensicheinerseitsUnstimmigkeitenin der Berechnung (Bestimmung der Nettokosten) und andererseits im Rahmen derMedienmitteilungauchkonzeptionelleMängelbeiderInterpretation.

DieNettokostendesKunststoffrecyclings,d.h.KostenderKonsumenten (Sackgebühr,Transportkosten,Trennungsaufwand)sowieallfälligeSubventionen(z.B.nichtkostendeckendeBereitstellungeinesPlatzesim Entsorgungshof einer Gemeinde), müssten substanziell tiefer liegen als die Nettokosten der KVA-Entsorgung einer Tonne Kunststoff: Aus Sicht des Konsumenten ist die Entsorgung beimDetailhändlerfast gratis, da wegen der fehlenden Sackgebühren und der fehlenden Transportkosten (Fahrt erfolgtunabhängigvonderEntsorgungzumEinkaufen)nurdergeringeZeitaufwandderTrennungbleibt.AuchdieHolsystemesinddurchgängiggünstigerfürdenKonsumenten,dadieSackgebührtieferistalsdiejeni-gedesübrigenKehrichts.LediglichbeidenBringsystemenkönnendieTransportkostendietieferenSack-gebührenüberwiegen.

Die separate Sammlung vonKunststoff kann zuhöheren (odernichtweiter sinkenden) Preisenbei derKVA-Entsorgungführen.Dies,weildieKunststoffe imVergleichzumnormalenSiedlungsabfalleinerundeinDrittelgeringereDichteaufweisenundeinenvergleichsweisenhohenBrennwertbesitzen.Dennochprofitiert der Konsument, da er dank der Preisdifferenzierung nun ein korrektes Preissignal erhält undseinKaufundEntsorgungsverhaltenaufWunschanpassenkann.WirddenKVAüberdiesdasRechteinge-räumtauch insKunststoffsammelgeschäfteinzusteigen,sokanngarantiertwerden,dassdieGesamtbe-lastungderHaushalteabnimmt.

Intertemporalistdavonauszugehen,dasssichmitzunehmendenVolumenvermehrtauchSkalenerträgerealisieren lassen. Eine Konkurrenz zwischen den Sammelsystemen (Hol-, Bring-, undDetailhändlersys-tem)istfernerzubegrüssen,alsdasssichsodieSystemedurchsetzen,welchedemEntsorgungsbedürfnisdasbesteKosten/Nutzenverhältnisaufweisen.

InBezugaufdieÖkoeffizienzschneidetdasKunststoffrecyclingvergleichbargutabwiedasRecyclingderHaushaltsbatterien.Unabhängigdavongiltesfestzuhalten,dassdieAnalysenzurelativenundabsolutenÖkoeffizienz in einem privatwirtschaftlich organisierten System ohne Subventionen in Bezug auf dieZulassungneuerSystemirrelevantsind,solangederökologischeMehrwertvorhandenist.

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INHALTSVERZEICHNIS

ZUSAMMENFASSUNG..........................................................................................................................................I

INHALTSVERZEICHNIS........................................................................................................................................IV

1 EINLEITUNG................................................................................................................................................11.1 AUSGANGSLAGE......................................................................................................................................11.2 ZIELSETZUNG..........................................................................................................................................11.3 THESENÜBERSICHT..................................................................................................................................11.4 VERWENDETELITERATUR..........................................................................................................................2

2 ZWÖLFTHESENZUMKUNSTSTOFFRECYCLING....................................................................................................32.1 THESE:'DIEKUNSTSTOFFSAMMLUNGBRINGTEINENÖKOLOGISCHENMEHRWERT'.............................................32.2 THESE:'DIEKUNSTSTOFFESOLLENINREGIONENMITEFFIZIENTENKVANICHTGESAMMELTWERDEN,WEILDIES

KEINENZUSÄTZLICHENUMWELTNUTZENBRINGT'..................................................................................................52.3 THESE:'DERUMWELTNUTZENDERKUNSTSTOFFSAMMLUNGWIRDAUFGRUNDVONTECHNISCHENVERBESSERUNGENUNDABSEHBARENENTWICKLUNGENUNTERSCHÄTZT'.............................................................................................62.4 THESE:'DIEKUNSTSTOFFESOLLENSOLANGEWIEMÖGLICHINSTOFFKREISLÄUFENGEHALTENUNDZUGUTERLETZTENERGETISCHVERWERTETWERDEN'...................................................................................................................82.5 THESE:'ESGIBTKEINEGROSSENACHFRAGENACHRECYCLINGKUNSTSTOFF,WESHALBZWEIDRITTELDERGESAMMELTENKUNSTSTOFFETROTZDEMVERBRANNTWERDEN'..............................................................................92.6 THESE:'DIENETTOKOSTENBETRAGENHOHE750CHFPROTONNEUNDVERHINDERNEINNACHHALTIGFINANZIERTESSAMMELSYSTEM'........................................................................................................................102.7 THESE:'DIEKUNSTSTOFFSAMMLUNGFÜHRTZUMASSIVHÖHERENKEHRICHTGEBÜHRENUNDISTDAHERNICHTIM

INTERESSEDERKONSUMENTEN'.......................................................................................................................122.8 THESE:'DIEKOSTENDERSEPARATSAMMLUNGWERDENZURZEITÜBERSCHÄTZT'..............................................142.9 THESE:'DASSEPARATSAMMELNFÜHRTZUGROSSENVOLKSWIRTSCHAFTLICHENKOSTEN'..................................152.10THESE:'DIEBEVÖLKERUNGWÜNSCHTSICHEINESEPARATSAMMLUNG'..........................................................162.11THESE:'DIESEPARATEKUNSTSTOFFSAMMLUNGISTDREIMALINEFFIZIENTERALSDIEPET-SAMMLUNGUNDSOLL

DESHALBNICHTEINGEFÜHRTWERDEN'..............................................................................................................172.12THESE:'DIEÖKOLOGISCHENVERBESSERUNGENDERKUNSTSTOFFSAMMLUNGSTEHENINKEINEMVERHÄLTNISZUDENHÖHERENKOSTEN'.........................................................................................................................................19

3 SCHLUSSFOLGERUNGEN..............................................................................................................................20

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1 EINLEITUNG

1.1 AUSGANGSLAGE

DiebeidenMedienmitteilungen(Studienautoren;VBSA,SwissRecyclingundOKI)vom13.Juli2017zudenErgebnissederStudie'KunststoffRecyclingundVerwertung'(KuRVe)vonCarbotech&UMTECRapperswil(2017)1kritisieren das Kunststoffrecycling stark. Demnach sei der ökologische Nutzen einer separatenSammlungvergleichsweisegeringundteuer.DiesenFolgerungenstehenteilweiseErgebnissevonKuRVe(2017)sowiefrühererGutachtengegenüber.ZudemzeigensichunteranderemanPodiumsdiskussionen,dassdiverseThesenundVermutungenimRaumstehen,welchewissenschaftlicheingeordnetgehören.

1.2 ZIELSETZUNG

EntlangvonzwölfThesensolldasGutachtendenaktuellenStandderLiteraturaufzeigenundbewerten.Dabeigiltes,dreiDimensionenzudifferenzieren:'Ökologie','Ökonomie'und'Ökoeffizienz'.KuRVe(2017)wirdaufgrundihrerAktualitätbesondereBeachtunggeschenkt.

1.3 THESENÜBERSICHT

DiezwölfThesenlassensichzusätzlichzudendreierwähntenDimensionenauchaufbauendnachTeildi-mensioneneinordnen.IndemSinnelassensichdieThesenzwareinzelnlesen,siesindaberauchimKon-textderjeweilsvorangehendenundnachfolgendenThesenzubetrachten:

Dimension Teildimension These

Ökologie GrundsatzI DieKunststoffsammlungbringteinenökologischenMehrwert. Einschränkung DieKunststoffesolleninRegionenmiteffizientenKVAnichtgesammeltwer-

den,weildieskeinenzusätzlichenUmweltnutzenbringt. Intertemporal DerUmweltnutzenderKunststoffsammlungwirdaufgrundvontechnischen

VerbesserungenundabsehbarenEntwicklungenunterschätzt. GrundsatzII DieKunststoffesollensolangewiemöglichinStoffkreisläufengehaltenundzu

guterLetztenergetischverwertetwerden. Einschränkung EsgibtkeinegrosseNachfragenachRecyclingkunststoff,weshalbzweiDrittel

dergesammeltenKunststoffetrotzdemverbranntwerden.Ökonomie Grundsatz DieNettokostenbetragenhohe750CHFproTonneundverhinderneinnach-

haltigfinanziertesSammelsystem. EinschränkungI DieKunststoffsammlungführtzumassivhöherenKehrichtgebührenundist

dahernichtimInteressederKonsumenten. EinschränkungII DieKostenderSeparatsammlungwerdenzurzeitüberschätzt. Implikation DasSeparatsammelnführtzugrossenvolkswirtschaftlichenKosten. Nutzerperspektive DieBevölkerungwünschtsicheineSeparatsammlung.Ökoeffizienz RelativeEffizienz DieseparateKunststoffsammlungistdreiMalineffizienteralsdiePET-

Sammlungundsolldeshalbnichteingeführtwerden. AbsoluteEffizienz DieökologischenVerbesserungenderKunststoffsammlungsteheninkeinem

VerhältniszudenhöherenKosten.

1 Carbotech&UMTECRapperswil(2017)wirdzurbesserenLesbarkeitnachfolgendnurnochalsKuRVe(2017)bezeichnet.

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1.4 VERWENDETELITERATURAlsBasisdiesesGutachtensdieneninsgesamtfolgendeneunStudienmitSchweizerBezug:

Carbotech.(2013).LCAvonKunststoff-Recycling.VerwertungsvariantenimVergleich.

Carbotech.(2015).ÖkobilanzPE-Verwertungswege.UpdateundErgänzungzudenbeidenStudien„Öko-logischerVergleichvonPE-Selektiv-undGemischsammlungmitderVerwertung inKVASchweizundThurgau“sowie„Entsorgungvon100’000tKunststoff“.

Carbotech, & UMTEC Rapperswil. (2017). KuRVe (Kunststoff Recycling und Verwertung). Ökonomisch-ökologischeAnalysediverserKunststoffsammelsystemeinderSchweiz(Vertraulich).

EBP. (2013).BerichtModule 3 + 4 Verwertung Kunststoffabfälle Schweiz imAuftrag des Runden TischsKunststoffunterderLeitungdesBAFUmitStellungnahmenderMitgliederdesProjektausschussesRunderTischKunststoff.BundesamtfürUmweltBAFU.

Holinger&treeze(2015).SeparatsammlungvonKunststoffabfälleninderZentralschweiz.Multikriterien-analyseunterEinbezugderBereicheUmwelt,ÖkonomieundGesellschaft.

REDILO.(2011).Projekt„Kunststoff-VerwertungSchweiz“.BerichtModule1und2.BundesamtfürUmweltBAFU.

RytecAG.(2016).EinheitlicheHeizwert-undEnergiekennzahlenberechnungderSchweizerKVAnacheuro-päischemStandardverfahren.Resultate2015.

VKRS.(2014).GreenPlastics.Grobkonzept.ZEBA.(2004).KunststoffverwertungimKantonZug.Vergangenheit,GegenwartundZukunft.

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2 ZWÖLFTHESENZUMKUNSTSTOFFRECYCLING

2.1 THESE:'DIEKUNSTSTOFFSAMMLUNGBRINGTEINENÖKOLOGISCHENMEHRWERT'

Hintergrund der These: Dass ein Ausbau der Sammlung und stofflichen Verwertung vonKunststoffabfällen mit einem ökologischen Mehrwert verbunden ist, wird von allen be-trachteten Studien bestätigt und ist entsprechend unumstritten. In allen Studien wurdegrundlegendeineerweiterte Sammlungund stofflicheVerwertung vonKunststoffabfällenmit einem Referenzszenario, das die heutige Verwertung abbildet, verglichen. AllerdingsweisendieStudienbeträchtlicheUnterschiedeinderHöhedesausgewiesenenUmweltnut-zensaus.

KuRVe(2017)weistbeispielsweiseeinenökologischenMehrwert,abhängigvomanalysiertenSammelsys-tem,zwischen0.4und0.64Mio.UBPproTonneSammelwareaus,bzw.zwischen0und1.2Mio.UBPproTonnebeiderAnalysevonSensitivitäten (z.B. EnergienutzungsgradderKVA).DiebeidenSzenarien zurAbschätzungdes jährlichenUmweltnutzensfürdieSchweizbezifferndasökologischeVerbesserungspo-tenzial auf knapp 20Mia. bis knapp 90Mia. UBP pro Jahr. Demgegenüber spricht EBP (2013) je nachSzenariovoneinemUmweltnutzenzwischen0.68und1.05Mio.UBPproTonneSammelwarebzw.zwi-schen etwa 240Mia. und rund 290Mia. UBP pro Jahr für die Schweiz.Während derUnterschied proTonneSammelwaremitknappeinemFaktorzweivergleichsweiseklein ist, liegtdieserbezogenaufdiejährlicheGesamtbetrachtung invonEBP(2013)substanziellhöher(vgl.AusführungenzuUnterschiedenzwischenStudienweiterunten).DieserausgewieseneUmweltnutzenwirdauchvonanderenStudien(z.B.CarbotechAG,2013)bestätigt.

Dieses auf den ersten Blick erstaunlich anmutende Spektrum an Aussagen ist aus Sicht der GutachternichtaufFehleroderUnzulänglichkeitenindenbetrachtetenStudienzurückzuführen,sondernliegtviel-mehrindenunterschiedlichenZielen,UntersuchungsrahmenundDatengrundlagenbegründet:

BerücksichtigteKunststofffraktionenundSzenarien:DerHauptunterschiedzwischendenbeidenumfas-sendstenSchweizerStudien(KuRVe(2017)undEBP(2013))liegtindenberücksichtigtenKunststofffrakti-onen.WährendKuRVe(2017)dieAnalyseaufkurzlebigeKunststoffabfälle(ohnePET)ausschliesslichausHaushalte beschränkt (195'000 t pro Jahr), berücksichtigt EBP (2013) alle Kunststoffabfälle (inkl. PET)sowohlausHaushaltenwieauchIndustrieundGewerbe(770'000tproJahr).DiegrossenUnterschiedeim ausgewiesenen jährlichenUmweltnutzen sind zu einembedeutendenAnteil auf diesen Sachverhaltzurückzuführen.

Daten: KuRVe (2017) basiert auf aktuellen Daten zu Sammlung, Transport und stofflicher Verwertung,welche aus 10 in der Schweiz laufenden ausgebauten 'Pilot'-Sammelsystemen bzw. anderen Projekteneigens erhobenwurden.DieHintergrunddaten basieren auf Ecoinvent V3.3. In EBP (2013)wurden dieVerwertungsszenarienbasierendauf demMengengerüst ausModul 1und2 (REDILO, 2011) in Zusam-menarbeitmitExpertenerarbeitetunddannbilanziert.Umweltdaten fürdieProzessebasierenvorwie-gendaufEconinventV2.2.DerBetriebderSammelstellenunddieSortierungwurden–mangelsDaten–nurüberdenStromverbrauchabgebildet.

Annahmen:EinesensitiveAnnahmeliegtdarin, inwelchemAusmassRegranulatPrimärgranulatersetzt,wasabhängigvonderQualitätdesRegranulatsist.WährendinKuRVe(2017)dazudreiunterschiedliche,qualitätsabhängige Ersatzfaktoren verwendetwerden, wird in EBP (2013) von einem 1:1-Ersatz ausge-gangen.DieseAnnahmedes 1:1-Ersatzes ist inAnbetracht der Tatsache, dass alle Kunststofffraktionenbetrachtetwurden,alskritisch–imSinneeineszuhohenNutzensderstofflichenVerwertung–einzuord-nen.

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Methoden:AufgrundderunterschiedlichenZeitpunktederDurchführungderStudienwurdeausschliess-lichinKuRVe(2017)mitderneuenUBP-Methode(MethodederökologischenKnappheit)gerechnet.AlleanderenStudien(inklusiveEBP2013)basierennochaufderUBP-MethodeausdemJahr2006.

Fazit:AllebetrachtetenStudien(vgl.Kap.1.4)bestätigendenökologischenMehrwerteinesAusbausderSammlungundstofflichenVerwertungvonKunststoffen.DieserbewegtsichinderGrössenordnungdesGlasrecyclings.DiebedeutendenUnterschiede inderausgewiesenenHöhediesesMehrwertssindnichtaufUnzulänglichkeitenoderFehler indenÖkobilanz-Studienzurückzuführen,sondernsindvielmehr inunterschiedlichen Betrachtungsweisen (berücksichtigte Kunststofffraktionen, Annahmen, Daten undMethoden)begründet.Die inKuRVe(2017)durchgeführteÖkobilanz istdabeihinsichtlichModellierungdesProduktsystems,DatenqualitätundUmfangderdurchgeführtenSensitivitäts-undUnsicherheitsbe-trachtungenhervorzuheben.Allerdings stellt sichhier imVergleichzuEBP (2013)dieFrage,obZielset-zung(FokusaufneueundsichimAufbaubefindlicheSysteme)undSystemabgrenzung(FokusaufHaus-haltsabfälle) dem Anspruch eines gesamtschweizerischen Umweltnutzens des Kunststoffrecyclings ab-schliessendzugenügenvermögen.

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2.2 THESE:'DIEKUNSTSTOFFESOLLENINREGIONENMITEFFIZIENTENKVANICHTGESAMMELTWERDEN,WEILDIESKEINENZUSÄTZLICHENUMWELTNUTZENBRINGT'

HintergrundderThese:DieindenStudiendurchgeführtenÖkobilanzenbzw.derdurchdenAusbauderSammlungerzielbareUmweltnutzenhängteinerseitsdavonab,wievielEnergie(WärmeundStrom)ausderenergetischenVerwertung inderKVAproduziertwird (Ener-gienutzungsgradederKVA),dadieproduzierteEnergiederenergetischenVerwertunggut-geschriebenwird.Dasheisst,jemehrEnergieinderKVAproduziertundgenutztwird,destobesser schneidetdieserVerwertungswegökologischabbzw.destogeringer fälltderUm-weltnutzender stofflichen imVergleich zu energetischenVerwertung insGewicht. Ande-rerseits hat dieWahl der alternativenBereitstellungder in der KVAproduziertenWärmebzw.StromeinenEinflussaufdieEnergiegutschriften.EntsprechendstelltsichfürStudien,die sich mit zukünftigen Verwertungssystemen beschäftigen und damit eine prospektiveKomponenteaufweisen,dieFrage,wiedieUmweltgutschriftenderersetztenWärmebzw.desersetztenStromsfestzulegensind(vgl.dazuAusführungenzuThese2.3).

DerEinflussdesEnergienutzungsgradsvonKVAaufdieResultatedesökologischenVergleichswirdvonder KuRVe (2017) einsichtsreich illustriert.Während der Umweltnutzen pro Tonne Sammelware unterVerwendungdesinderheutigenKVA-LandschaftdurchschnittlichenEnergienutzungsgrads(16.6ProzentStrom,25.3ProzentWärme) zwischenetwa0.4und0.64Mio.UBP (jenachbetrachtetemSammelsys-tem)beträgt,kannerunterderAnnahmeeinerenergetischoptimiertenKVA(z.B.Perlen)verschwindenbzw.bei0zuliegenkommen.

Daraus könnte gefolgertwerden, dass ein umfangreicher Ausbau der Kunststoffsammlung in RegionenmiteffizientenKVAkeinenSinnmacht,daindiesemFallkeinUmweltnutzenanfällt,sonderneinfacheineaufwändigezusätzlicheLogistik-undVerwertungsschieneohneUmweltnutzenaufgebautwird.

DieseFolgerung istausSichtderGutachter jedochnichtgültig.Esstimmtzwar,dassmitzunehmenderSammelmengederKunststoffeimSortierwerkaufgrunddergeringerenQualitätdesSammelgutsprozen-tualmehr sogenannter Reject anfällt, der anschliessend nichtmehr stofflich aufbereitetwird, sondernenergetisch verwertet werden muss. Allerdings zeigen die Studien auch, dass sich beim Ausbau derSammlungaufalleKunststoffverpackungenzweipositiveEffektemanifestieren:Erstens,dankdergrossenzusätzlichenKunststoffmenge,welche indieSammlunggelangt, resultierenselbstbeibedeutendhöhe-renSortierverlustenimmernochbedeutendmehrKunststoffe,dieanschliessendestofflicheAufbereitunggelangen. Und zweitens kann der bei der Sortierung anfallende Reject als Ersatzbrennstoff an die Ze-mentwerkeabgegebenwerden,woerinderKlinkerproduktionzu100Prozentthermischgenutztwerdenkann. Studien (z.B.CarbotechAG,2015)bestätigen,dassdieenergetischeVerwertung imZementwerkv.a.unterderAnnahme,dassdortKohlealsBrenn-undRohstoffersetztwird,auchimVergleichzueineroptimiertenKVAökologischvorteilhaftabschneidet.

Fazit:DieregionaleVerfügbarkeitvonenergetischoptimiertenKVAsprichtausökologischerPerspektivenichtgegendenAusbauderKunststoffsammlung,weildurchdieSammlungundSortierungdiestofflicheVerwertung gesteigert wird. Gleichzeitig werden dem im Vergleich zur effizientesten KVA ökologischvorteilhaftenenergetischenVerwertungswegüberdasZementwerkmehrErsatzbrennstoffezugeführt.

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2.3 THESE:'DERUMWELTNUTZENDERKUNSTSTOFFSAMMLUNGWIRDAUFGRUNDVONTECHNISCHENVERBESSERUNGENUNDABSEHBARENENTWICKLUNGENUNTERSCHÄTZT'

HintergrundderThese:DieabfallpolitischeEntscheidungzumAusbauderSammlungundstofflichenVerwertungvonKunststoffenhateineprospektiveKomponente.Dasheisst,wirentscheidenaufGrundlagevonheutigemWissenüberdenkbareVerwertungssystemederZukunft.DiesistimvorliegendenFallumsoausgeprägter,weilneueundsichimAufbaube-findlicheSammel-undstofflicheVerwertungssystememitetabliertenundweitgehendop-timiertenundeingespieltenSystemenverglichenwerden.EntsprechendistdieBerücksich-tigungvonabsehbarentechnischenFortschrittenundanderenEntwicklungeninPolitikundKonsumverhalteninsolchenentscheidungsunterstützendenStudienwesentlichundsoll indenVergleichvonalternativenSystemeneinfliessen.

SolchezeitlichenAspektesind indenbegutachtetenStudiengrundsätzlichberücksichtigt. InsbesondereKuRVe(2017)undEBP(2013)tragendiesenAspekten–zwarunterschiedlich–überSensitivitätsanalysenRechnung,indemausgewählte,fürdenUnterschiedrelevanteParametervariiertundderEinflussaufdenökologischenVergleichabgeschätztwird.AllerdingswurdendieSensitivitätsbetrachtungenjeweilsisoliertvorgenommen.Dasheisst, eswurden keine Zukunftsszenarienbilanziert, inwelchendiemöglichen zu-künftigen Kennzahlen zusammen analysiert wurden. Auch sind die Resultate der Sensitivitätsanalysennicht in den ausgewiesenenÖkoeffizienz-Indikator (SEBI*) eingeflossen. In den Studienwurden haupt-sächlichdiefolgendenSensitivitätenuntersucht:

Energienutzung KVA:Wie bereits dargelegt, hat der Energienutzungsgrad der KVA über die Höhe derGutschriftenfürdieproduzierteWärmeunddenStromeinenbedeutendenEinflussaufdenUmweltver-gleichderbetrachtetenSysteme.IndenStudienwirdfürdieBerechnungderGutschriftengrundsätzlichmitdemdurchschnittlichenEnergienutzungsgradderheutigenKVA-LandschaftinderSchweizgerechnet.InderSensitivitätsanalysewurdedann inallenStudieneineenergetischoptimierteKVAbetrachtetundderEinflussaufdieVerringerungdesUmweltnutzensderSeparatsammlungundstofflichenVerwertungausgewiesen.DieswirdvondenGutachternbegrüsst,unteranderem,weil auchdie im Januar2016 inKraftgetreteneVerordnungüberdieVermeidungundEntsorgungvonAbfällenstrengereVorgabenzurEnergienutzunginSchweizerKVAverlangt(dieHöhedieserVorgabenistnachdemWissenderGutachterimRahmenderErstellungderVollzugshilfeinErarbeitung).

Ersetzte Energieträger im Zementwerk:Wie auch bei der KVA ist die Frage nach der durch die Rejectersetzte Energie in Zementwerken für den Umweltvergleich bedeutend. In KuRVe (2017) wie auch inanderenStudien(nichtinEBP,2013)wurdederEinflussvonunterschiedlichenEnergieträgern,diedurchdenEinsatzvonRejectinZementwerkenersetztwerden,untersucht.

Rezyklatqualität:DieRezyklatqualitätbestimmtdieHöhederGutschriftenausderstofflichenVerwertungundhateinengrossenEinflussaufdieResultatedesökologischenVergleichs.Eskanndavonausgegangenwerden,dassdieSortiertechnikunddadurchdieRegranulat-QualitätmitderZeitbesserwird,wasdenökologischenMehrwert des Ausbaus der Sammlung und der stofflichen Verwertung erhöhen wird. InKuRVe(2017)wieauchinanderenStudien(CarbotechAG,2013und2015)wurdediesemAspektüberdieVariationderErsatzfaktorenRechnunggetragen,währenddiesinEBP(2013)nichtbetrachtetwurde.

Energiewende:MitderlaufendenEnergiewendewirdderökologischeFussabdruckvonStromundWär-me im Vergleich zu heute abnehmen. Die Art der Energiebereitstellung hat an verschiedenen Stelleneinen Einfluss auf den ökologischen Vergleich von unterschiedlichen Kunststoffverwertungssystemen.InsbesonderedieHöhederGutschriftfürdieinKVAproduzierteEnergie(Wärme,Strom)wirddabeisigni-

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fikantabnehmen,wasdenökologischenMehrwerteinerausgebautenSammlungundstofflichenVerwer-tungvonKunststoffenhöherausfallenlässt.DieserEinflusswurdeeinziginKuRVe(2017)untersucht.

Verbundkunststoffe:DerTrendhinzumehrVerbundkunststoffenhältseitJahrenan.DiesesindimVer-gleich zu sortenreinen Kunststoffen schwieriger bzw. aufwendiger bis nicht rezyklierbar, mit entspre-chendemEinflussaufdieÖkobilanzvonSammel-undVerwertungssystemen.DieserEinflussistinkeinerderStudienberücksichtigt–höchstens indirektüberdieErsatzfaktoren inKuRVe (2017).ObdieseinenerwähnenswertenEinflussaufdieAussagenhätte,seidahingestellt.

Fazit: Die zeitlichen Entwicklungenmit Einfluss auf den ökologischen Vergleichwurden in den StudienüberSensitivitätsanalysenberücksichtigt.Dennoch fokussierendieHauptresultateallerStudienaufdenIst-Zustand,wasausSichtderGutachter zuunnötigen 'Fehlschlüssen' führenkann.Zusätzlichwurde inKuRVe (2017) aucheineAussage zumzukünftigenUmweltnutzen vonKunststoffsammelsystemenerar-beitet,dieabernurbeschränktnachvollziehbarist.Dabeizeigtsich,dasssichdieSummedieserabsehba-renEntwicklungenpositivaufdenökologischenMehrwertvonausgebautenKunststoffsammelsystemenauswirkt.DieseprospektiveBetrachtungistausSichtderGutachterzentralundsollteindieweitereEnt-scheidungsfindungkonsequentundtransparenteinfliessen.

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2.4 THESE:'DIEKUNSTSTOFFESOLLENSOLANGEWIEMÖGLICHINSTOFFKREISLÄUFENGEHALTENUNDZUGUTERLETZTENERGETISCHVERWERTETWERDEN'

Hintergrund der These: Ein Leitprinzip einer ökologisch optimierten Abfall- und Ressour-cenwirtschaft liegt inderKaskadennutzungvonRessourcen.Dasheisst,dieMehrfachnut-zungeinesRohstoffswirdüberverschiedeneStufenbetrachtet.Nach jedem 'Leben'wer-dendasProduktbzw.diedarinenthaltenenRohstoffemöglichstoft stofflichgenutzt,umdieseamEndeeinereffizientenenergetischenVerwertungzuzuführen.AufdieseWeisesolldieUmweltmaximalentlastetwerden.

DiesesPrinzipgiltausSichtderGutachterauchfürdieFragederKunststoffverwertunginderSchweiz.FürÖkobilanzstudienheisstdies,dassnebeneinerAbfallperspektiveaucheineRessourcenperspektiveeinge-nommenwerdensollte.DennErsterevernachlässigtdenGedankenderMehrfachnutzungundfokussiertauf die umweltverträgliche Entsorgung eines Abfalls,während die Ressourcenperspektive inNutzungs-kaskadendenktunddarauffokussiert,wieeinAbfallimSinneeinerRessourceökologischoptimalgenutztwerdenkann.EntsprechendmüsstederKunststoffmöglichstoftaufqualitativhochwertigsteWeise imKreislaufgehaltenwerden,bevoreramEndeeinerenergetischenVerwertung zugeführtwird. SokannauseinerPE-Milchflasche zueinembestimmtenAnteilwiedereine gleiche Flaschehergestelltwerden,währendderRestzumBeispielalsBlumentopfweiterlebt.

Indenanalysierten–undgenerelldenGutachternbekannten–StudienzumUmweltnutzeneinesAus-baus der Kunststoffsammlung wird ausschliesslich die Entsorgungsperspektive eingenommen (dies giltauch für die anderenAbfallfraktionen). Es dreht sich umdie Frage,wie ein einmaliger RecyclingschrittgegenübereinerenergetischenVerwertunghinsichtlichderUmweltbelastungabschneidet. ImVergleichzur Ressourcenperspektive wird der Umweltnutzen der stofflichen Verwertung dadurch unterschätzt,weil der in den Studien ausgewiesene Umweltvorteil – nicht zwingend in derselben Höhe – bei jederKaskadeanfälltunddamitüberdieAnzahlKaskadenskaliertwird.FührtmansichdenEinflussderEner-giepolitikaufdieökologischenGutschriftenbeiKVAvorAugen,solägederUmweltnutzeneinesumfang-reichenAusbausderKunststoffsammlungundderstofflichenVerwertungumeinVielfacheshöher.Aller-dingswärenderartigeÖkobilanzenentsprechendkomplexer, aufwändigerundmit grösserenUnsicher-heitenverbunden.

Fazit:HeutewirdinÖkobilanzstudienprimärdieAbfallsichtundnicht(auch)dieRessourcensichteinge-nommen.AmEndeliegtdieMarkt-bzw.BedarfsrealitätwohlirgendwozwischendiesenbeidenPerspek-tiven. Eswäre entsprechend zu begrüssen, die vorhandenenGrundlagen um eine Studie zu ergänzen,welchederFragenachdemUmweltnutzeneinerausgebautenKunststoffsammlungundstofflichenVer-wertungauseinerRessourcenperspektivenachgeht.DennausSichtderGutachteristdieseauchbezogenaufdieaktuellepolitischeAusrichtunghinzueinerRessourcen-bzw.Kreislaufwirtschaftnaheliegend.

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2.5 THESE:'ESGIBTKEINEGROSSENACHFRAGENACHRECYCLINGKUNSTSTOFF,WESHALBZWEIDRITTELDERGESAMMELTENKUNSTSTOFFETROTZDEMVERBRANNTWERDEN'

HintergrundderThese:JemehrKunststoffeseparatgesammeltwerden,destogrösserwirdderAnteildernichtrezyklierbarenbzw.nichtmarktgängigenFraktion(Reject)ausdenSor-tierwerken, die schlussendlich in KVAoder Zementwerken energetisch verwertetwerdenmuss. In diesemZusammenhangwirdderAusbau vonKunststoffsammelsystemen immerwiederkritischhinterfragt.WarumsolltederKonsumentdieAbfälleaufwändigtrennenundseparat sammeln? Dies in der Annahme, dass der grösste Teil der Sammelware letztlichdochineinemVerbrennungsofenlandet.

Es ist korrekt undwird von den Studien generell bestätigt, dassmit zunehmender Sammelmenge derstofflichnicht verwertbareAnteil des gesammeltenKunststoffs ansteigt undentsprechendeinhöhererAnteilderSammelmengeeinerenergetischenVerwertungzugeführtwerdenmuss.MitanderenWortennimmtdiestofflicheVerwertungsquotemitzunehmenderSammelmengetendenziellab.DerHauptgrundliegt darin, dass die Homogenität des gesammelten Kunststoffs mit zunehmender Sammelmenge ab-nimmt. Einerseits beinhaltet das Sammelgut mehr unterschiedliche Verpackungstypen (z.B. Flaschen,Folien)undzweitensnimmtderVerschmutzungsgradzu.BeideswirktsichnegativaufdieSortierbarkeitsowiedieQualitätdesRegranulatsaus,wasdessenAbsatzmöglichkeitenimMarktbeeinträchtigt.Trotz-dem liegtdiestofflicheVerwertungsquotebeidenbetrachtetenSammelsystemen inderRegelüber50Prozent.

Wieweiterobenbereitsangesprochen, lässtdiesabernichtdenSchlusszu,dasseinAusbauderKunst-stoffsammlungausökologischerPerspektivekeinenSinnergibt,weilamSchlussdocheingrosserTeil inKVAverbranntwerdenmuss.DieStudienzeigen,dassbeimAusbauderSammlungaufalleKunststoffver-packungensovielmehrKunststoffmengeindieSammlungundSortierunggelangt,dasserstensselbstbeihöherenSortierverlusten immernochbedeutendmehrKunststoffe indieanschliessendestofflicheAuf-bereitunggelangenundanschliessendindieIndustrierückgeführtwerden.ZweitenskannderRejectausdenSortierwerkenalsErsatzbrennstoffindieZementwerkeabgegebenwerden,woerinderKlinkerpro-duktionvollständigthermischgenutztwerdenkann.Studien(z.B.Carbotech,2015)bestätigen,dassdieenergetischeVerwertung im Zementwerk v.a. unter der Annahme, dass Kohle als Brenn- undRohstoffersetztwird,auchimVergleichzueinerenergetischoptimiertenKVAökologischvorteilhaftabschneidet(vgl. Ausführungen zur These 2.2). Hinzu kommt, dass sich Verbesserungen in der Sortiertechnik undeingespielteSammelsystemepositivaufdieRegranulatqualitätundentsprechendaufdieNachfragenachRegranulatenauswirken.

Fazit: Die abnehmendeQualität des Sammelguts und entsprechende Einschränkungen bei denAbsatz-möglichkeitenderhergestelltenRegranulatehabenzwarzurFolge,dassdernichtrezyklierbareunddamitenergetischzuverwertendeAnteilanderSammelmengezunimmt.DaabertrotzhöherenSortierverlus-tenmehrKunststoffe indiestofflicheVerwertunggelangenundderReject inZementwerkenhocheffi-zientverwertetwerdenkann,istderAusbauvonKunststoffsammelsystemenökologischsinnvoll.Abseh-bareEntwicklungeninderSortiertechnikundabnehmendeSkepsisgegenüberRegranulatenseitensderKunststoffindustrieführeninZukunftvoraussichtlichzueinerAbnahmedesnichtrezyklierbarenAnteils.

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2.6 THESE:'DIENETTOKOSTENBETRAGENHOHE750CHFPROTONNEUNDVERHINDERNEINNACHHALTIGFINANZIERTESSAMMELSYSTEM'

HintergrundderThese:KuRVe(2017)kommeninihrerStudiezumSchluss,dassdieSamm-lungundVerwertungvonKunststoffenmitMehrkostenvon rundCHF500proTonnege-genüberderjenigenderEntsorgungimKehrichtsackverbundensind.GemässdenAutorenliegen"[d]ieKostenderEntsorgungimKehrichtsack[...]mitrundCHF250proTonnedeut-lich tiefer als jene einer neuen Kunststoffsammlung und Verwertung (rund CHF 750 proTonne)."

ZweiwesentlicheDinge sindbei derBeurteilungdieser These zuberücksichtigen. Einerseits gilt es, dieNettokostenzubeurteilen,undandererseitsdieBedingungenfüreinnachhaltigesSammelsystem.

UnabhängigvomerstenPunktstelltsichdieFragenachderRelevanzderblossenKostenbetrachtung.MitjederwirtschaftlichenProduktiongehenKosteneinher.TrotzdemwerdenunzähligeGüterundDienstleis-tungen hergestellt aus dem einfachen Grund, dass deren wirtschaftlicherMehrwert (Nutzen) die ent-standenenKosten rechtfertigt.Wiebeispielsweisedie (freiwillig) etablierten SystemederDetailhändleraufzeigen,ergibtsichdurchdasSammelangebotbeiKunststoffeneinvolkswirtschaftlicherNutzen.DieserNutzen rechtfertigt offensichtlich die potenziell vorhandenenMehrkosten einer separierten Sammlungvon Kunststoffen.Wäre dies nicht der Fall, hätten die Detaillisten (und andere Betreiber) wohl kaumeinenAnreiz, indieEntwicklungvonSammelsystemenzu investieren.GleichzeitigwirddasAngebotanKunststoffrecyclingvondenKonsumentinnenundKonsumentenregenachgefragt.DieseerfahreneinenpersönlichenNutzenausderMöglichkeit,einezusätzlicheTrennungbeiderAbfallentsorgungvorzuneh-men. Der Nutzen entsteht einerseits aus der intrinsischen Motivation, einen ökologischen Beitrag zuleistenoderaberganzdirektausderErsparnisvonGebührenfürdieEntsorgungdesHauskehrichts.

UnterBerücksichtigungdieserAspekteerscheinenNettokosten indreifacherHöhederKVA-Entsorgungerstaunlich.KuRVe(2017)verstehenunterdenNettokostendieSackgebührsowieimFalldesKunststoff-recyclingsauchnochdie indirekteFinanzierung (z.B.RücknahmeaufwändederGrossverteiler,Quersub-ventionierungbeiGemeinden)undKonsument(privaterTransportbeiBringsystemen).

DieBegründungfürdiescheinbarhohenKostendesKunststoffrecyclings liegtinderDefinitionderNet-tokosten.DiesewerdenproTonneausgewiesenundvergleichenÄpfelmitBirnen.EswirdnämlicheineTonnePlastik(grossesVolumenunddamitvieleSäcke)miteinerTonnedurchschnittlichemSiedlungsab-fall (relativ kleinesVolumen)verglichen.Dadurchwird inhärentdasRecyclingdes leichtenPlastiks sehrteuer, auchwenn die Sackgebührenbeim Kunststoff tiefer sind: Bei der Rückgabe beimDetailhändlerwerdenkeineGebührenfällig,beimBringsystem'Sammelsack'inKlotenresultierteineEinsparungvon11Prozent2undbeimHolsysteminAllschwilBLeineEinsparungvon58Prozent3.AusSichtderKonsumen-ten relevant sind natürlich die Kosten der Entsorgung / des Recyclings eines gegebenen Volumens anPlastik:

2 Kehrichtsack60Liter:CHF2.48,SammelsackKunststoffe60Liter:CHF2.20

Quelle:http://www.kloten.ch/dl.php/de/584834b662c0a/Kloten_Entsorgungskalender_2017_web_A4.pdf3 Kehrichtsack35Liter:CHF1.70,SammelsackKunststoffe35Liter:CHF0.72

Quelle:http://www.allschwil.ch/de/verwaltung/dienstleistungen/detail.php?i=314

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BeispielrechnungHolsysteminAllschwilBL:1TonnePlastikbenötigtca.659Kehrichtsäcke(35L)4,welchemit der Kunststoffabfuhr CHF0.72pro Sack kosten,was zuGesamtkostenvonCHF475führt.DemgegenüberschlägtdieEntsorgungüberdenKehrichtmitCHFproTonnevon1'121zuBuche(Sackgebühr:CHF1.70).

DertypischeKehrichtsackmitSiedlungsabfallstattPlastikistmit5.0kgpro35L-Sacknatür-lichvielschwerer,weshalbfüreineTonnenur200SäckeàCHF1.70benötigtwerden,waszuGesamtkostenvonCHF340führt.WieerwähntistdieserWertabernichtmitdenKostenderKunststoffentsorgungvergleichbar!

DieindirekteFinanzierungstellt,wiederNamebereitssagt,eineEinnahmequelledesSystemsdar,wel-che z.B. die Grossverteiler zu tragen bereit sind (Kundenbindungsmassnahme), wobei eine allfälligeQuersubventionierungbeiGemeinden(z.B.beimEntsorgungshof)keinenachhaltigeFinanzierungdarstel-lenwürde.

DieGrenzkostendesprivatenTransportsbeiDetailhändlersystemenwiederumdürftengegenNull ten-dieren,alsdasszuvermutenist,dassdieFahrtenjeweilsmiteinemordentlichenEinkaufkombiniertwer-den.BeiHolsystemensindsieNull,danaturgemässderKunststoffvorderHaustüreabgeholtwird.DieKostenbeiBringsystemen(UmwegzumEntsorgungshof)werdeninKuRVe(2017)auf1kmpro60L-Sackveranschlagt,wasKostenvonzusätzlichenCHF0.60proSackbedeutet.ImFallevonKlotenbedeutetdies,dassessichausSichtdesKonsumentenfinanzielllediglichlohnt,wennderUmwegmaximal2x233Meterbeträgt.

Fazit: Die Tatsache, dass (i) verschiedene Akteure im Markt neue Sammel- und Verwertungssystemeaufziehen–ohnedassdies verpflichtend vorgeschrieben ist –und (ii) die Sackgebühren inunplausibelhochsind,legtnahe,dassdieNettokostennichtbei750CHFproTonneliegenkönnen.ZudemübendiekonkurrierendenSammel-undVerwertungssysteme (mittelfristig)DruckaufdieKostenseiteaus,wobeidieZahlenvonKuRVe(2017)suggerieren,dassvorallemBringsystemeunterDruckgeratenkönnten.

DienachhaltigeFinanzierungistwiederumsichergestellt,dadieKostenfürdieKonsumententiefersindundgrundsätzlich keineSubventionenausgerichtetwerden. Selbst eineallfälligeQuersubventionierungdurch nicht verrechnete Kosten von Abstellplätzen im Entsorgungshof im Falle einzelner BringsystemeändertnichtsandiesemgrundsätzlichenBefund.

4 Ineinem35L-Sacklässtsichca.1.52kg.Plastikunterbringen(KuRVe,2017,S.A-106)

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2.7 THESE:'DIEKUNSTSTOFFSAMMLUNGFÜHRTZUMASSIVHÖHERENKEHRICHTGEBÜHRENUNDISTDAHERNICHTIMINTERESSEDERKONSUMENTEN'

HintergrundderThese:GrossvolumigerPlastikistausSichtdesKonsumentenrelativteuerinderAbfallentsorgung,dadiesenormalerweisevolumenbasiertbezahltwird(z.B.pro35L-Sack).AusSichtderKVAbringendieseAbfälleabernebeneinemrelativhohenPreisaucheineguteBrennleistung.FälltdiesewegenderPlastiktrennungweg,müssendiegestiege-nenNettokostendurchhöhereGebührenfinanziertwerden.

DasSammelvolumenbeimHauskehrichtwirddurcheineReduktionder (voluminösen)Kunststoffverpa-ckungengeschmälert.DieserEffektkanndazuführen,dassdieDurchschnittskostenbeieinigenKVAstarksteigen,sofernderKehrichtnichtdurchzusätzlicheMengenausanderenGemeindenoderdemAuslandkompensiertwerdenkann.GleichzeitigsinkenbeigegebenenGebührendieErträgeproTonneAbfall,daderdurchschnittlichgesammelteAbfallsackschwererwerdendürfte.DabeikönnendieMarktkräfteauchdafür sorgen, dass sich der Betrieb einiger kleinerer Anlagen nichtmehr rechnet. Die grösste KVA derSchweiz(Hagenholz,ZH:254'303TonnenproJahr)verbrannteimJahr2015fastsiebenMalmehrAbfallalsdiekleinsteAnlage (Gamsen,VS:37'205Tonnenpro Jahr) (vgl.RytecAG,2016).DieserdynamischeProzessgabesvorJahrzehntenbereitseinmal,alsdiePapier-undKartonsammlungeingeführtwurde.

SolchedynamischenAnpassungseffektesindpersenichtnegativzubewerten.VielmehrsorgteineKon-solidierungimMarktdafür,dassrelativteureKVAvomMarktverschwindenundderRückgangbeimKeh-richtvolumenkeineunnötigenKostensteigerungenmitsichbringt.

NichtnurdieQuantitätdesgesammeltenAbfalls,auchdieenergetischeQualitätdesRestmüllswirdmitdemWegbleibendesPlastiksgesenkt.DieKVAkönnensomitmit jederTonnegesammeltenAbfallsamEndeweitauswenigerEnergie fürWärmeoderStromerzeugen.ZweifelsohnesteigendamitdieNetto-kostenderAbfallentsorgung(=Entsorgungskosten-ErträgeausEnergie/Metallen).EineErhöhung(oder–ineinemUmfeldsinkenderSackgebühren–einVerzichtaufeineweitereSenkung)derSackgebührwirddamitwahrscheinlich.

DieheutigevolumenbasierteAbfallgebührentsprichtökonomischgesprocheneinemMischpreis fürdieEntsorgungdesKunststoffsundder anderenKomponentendes Siedlungsabfalls.DieHöheder Sackge-bühr ist damit unabhängig davon, ob jemand 35 Liter Hauskehricht entsorgt oder einen 35L-Sackmitreinem Kunststoff füllt. Durch eine Entkopplung der beiden Systeme wird die QuersubventionierunggestopptunddieKonsumentenerhalteneinkorrektesPreissignalhinsichtlichderKostenfürdieEntsor-gungundVerwertungderbeidenunterschiedlichenAbfallprodukte.

Zentralist,dassdenKVAerlaubtist,Kunststoffselbstauchzusammeln(undimExtremfallgarohneRe-cycling zu verbrennen). Dadurch kann sichergestellt werden, dass die Konsumenten in Bezug auf ihregesamtenEntsorgungsausgaben(Nettobelastung)injedemFallgünstigerfahrenalsheute.

Zubeachtengiltferner,dassderPreisüberwacher5seitJahrendavorwarnt,dassesunabhängigvoneinerseparaten Kunststoffsammlung zu Überkapazitäten bei den KVA kommen könnte und moniert, dassdiesesichmitüberhöhtenAbschreibungen(unddamitüberhöhtenEntsorgungsgebühren)aufeineÖff-nungdesMarktesvorbereiten.

5 https://www.preisueberwacher.admin.ch/pue/de/home/themen/infrastruktur/abfall.html

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Fazit:Die Sammel- undVerwertungssystemevonKunststoffen führenohne Zweifel zu einerReduktionderQuantitätund(energetischen)QualitätdesAbfallaufkommens indenKVA.DiesemEffektkanneineErhöhungderSackgebührfolgen.EineisolierteBetrachtungderSackgebührerzähltjedochnurdiehalbeGeschichteundsiehtdavonab,dassfürdieKonsumentendurchdiegetrennteSammlungderStoffeeineechteWahlmöglichkeitzwischenderkonventionellenEntsorgungundderseparatenKunststoffsammlungentstehtundaufgrunddesWettbewerbsinsgesamttieferePreiseentstehen.DieakkuraterenPreissignalesetzenbeidenVerursachernzudemkorrektereAnreize,indemderstofflichrezyklierbareundenergetischwertvolleKunststoff inderEntsorgunggünstiger,dieEntsorgungdes stofflichundenergetischwenigerwertvollenRestmüllshingegenteurerwird.

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2.8 THESE:'DIEKOSTENDERSEPARATSAMMLUNGWERDENZURZEITÜBERSCHÄTZT'

Hintergrund der These: Die organisierte Sammlung von Kunststoffverpackungen steht inderSchweiznochamAnfang.MitderZeitwerdendieKostenfürdieSammlungundVer-wertung sinken. Die heute beobachteten Kosten sind daherwenig aussagekräftig und zuhochangesetzt.

BeimAufbaueinesSammelsystems fallen immerauch Investitionskostenan.DieSammlung,derTrans-portdesMaterials,dieLogistik,dieAufbereitungderStoffeundvielesmehrmüssenorganisiertundzumLaufen gebrachtwerden. Die fixen Kosten für den Betrieb eines Sammelsystems dürften daher relativhochausfallen.DemgegenüberwerdendieMehrkosten,welchebeieinerAusweitungdergesammeltenMengeentstehen,entsprechendgeringsein(Grenzkosten).Andersausgedrücktistzuerwarten,dassbeieiner Erhöhung des Sammelvolumens um 10 Prozent die Gesamtkosten des Systems prozentual weitweniger steigenwerden.ProTonnegesammeltenMaterials fallendamitdieKosten.Expertenschätzendas potenzielle Mengengerüst auf zwischen 200'000 und 300'000 t Haushaltkunststoff pro Jahr. ZumVergleich:Heutegelangen40'000tPET-undMilchflaschenindenRecycling-Kreislauf(vgl.VKRS,2014).

DieneuerenundetabliertenSystemeweisenheuteunterschiedlicheDurchschnittskostenproTonneaus(vgl. KuRVe,2017).DieDurchschnittskostendes teuersten Systems sind rund70Prozent höher als dieKosten der günstigsten Variante. Diese Kostenunterschiede sind nicht nur grössenbedingt, denn dieBringsysteme,HolsystemeundDetaillistennutzenzurzeitunterschiedlicheProzesskettenbeiderSamm-lung, Aufbereitung und Verwertung des Kunststoffmaterials. Die Betreiber der Sammelsysteme habenabereinenoffensichtlichenAnreiz,eineffizientesunddamitkonkurrenzfähigesSammelsystemzuetablie-ren.DerSystemwettbewerbwirdmitderZeitdazuführen,dassdiekostengünstigenSystemeüberleben.Voraussetzung dafür ist es allerdings, dass alle Akteure imMarktmit gleichlangen Spiessen operierenkönnen.

Fazit:EinfunktionierenderWettbewerbzwischendenSammelsystemenisteinwirksamesMittel,umdieKosteneffizienzimGesamtsystemzuerhöhenunddamitdieEntstehungunnötigerKostenzuvermeiden.Grundvoraussetzung für das Funktionieren derMarktkräfte ist dieWirtschaftsfreiheit der Akteure unddasAbsehen staatlicher Unterstützung für einzelne Lösungsansätze. Dies bedingt, dass beispielsweiseauchdieKVAeinseparatesSammelsystemfürKunststoffabfälleanbietenkönnen.AufdieseWeisewer-denamEndenurjeneSammelsystemeüberleben,welcheeinenvolkswirtschaftlichenMehrwerterbrin-gen.DasAusscheidenderteuerstenAnbieterunddieAnpassungseffektebeidenKVAwerdendafürsor-gen,dasskeineungewolltenvolkswirtschaftlichenKostenentstehen.

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2.9 THESE:'DASSEPARATSAMMELNFÜHRTZUGROSSENVOLKSWIRTSCHAFTLICHENKOSTEN'

HintergrundderThese:ImKontextdesSeparatsammelnsstösstmanimmerwiederaufdenBegriff der volkswirtschaftlichen Kosten. Diese werden als hoch angesehen, was oft zurSchlussfolgerungführt,dassdieEinführungeinesseparatenSammelsystemsfürKunststoffwirtschaftlichschädigendsei.

Die volkswirtschaftlichen (oder ökonomischen) Kosten sind von den betriebswirtschaftlichen Kosten zuunterscheiden.AlsbetriebswirtschaftlicheKosteneinesUnternehmenssinddiefürdieHerstellungeinesGutsodereinerDienstleistunganfallendenKostenzuverstehen.DieskönnenbeispielsweiseKapitalkos-ten,LohnkostenoderMaterialkostenfürzugekaufteGütersein.DievolkswirtschaftlichenKostenimen-gerenSinneergebensich,wenneinMarktversagenvorliegt,z.B.wennexterneKosten(z.B.CO2-Ausstoss,Schadstoffemissionen)nichtinternalisiertwerden.

VolkswirtschaftlicheKosten imweiterenSinnesindz.B.auchKostenderRegulierung.DasBundesgesetzüberdenUmweltschutz (USG)Art.30ff. legtdieEntsorgungspflichtvonAbfällenunddieMöglichkeitenderEntsorgungfest.DieNullvariante istdieEntsorgungviaKVA. IndemSinne istdieSeparatsammlungausderSichtdesIndividuumseinezusätzlicheHandlungsoption,undjedeSenkungderEntsorgungskos-tenisteinvolkswirtschaftlicherGewinn,sofernkeinenegativenexternenEffektedamitassoziiertsind(esexistierensogarpositiveexterneEffektewieThese2.1zeigt).DieHäufigkeitderWahldesEntsorgungs-modells6ist dabeiunerheblichundabhängig vondenOpportunitätskosten (des Sammelns,des Zurück-bringens).Zentralist,dasseinTeilderPräferenzenderIndividuenwiederausgeübtwerdenkönnen.Fer-ner erfährt die Person je nach persönlicher Einstellung einen direkten Nutzen aus der Trennung desKunststoffsvomRestabfall(ideellerNutzen).

InKuRVe(2017,S.16)wirdzudeminsFeldgeführt,dassdiehöherenKostenderkonventionellenEntsor-gung inKVAdemKunststoff-Sammelsystemangelastetwerdenmüssen. Begründung: 'Andernfalls trägtdieAllgemeinheitüberdiehöhereSackgebührdasDefizitderKVA.'DiesesArgumentwärehöchstensausWettbewerbssichtvalid,wenndieKVAkeineKunststoffsammlungdurchführendürften (vgl.These2.7).AnsonstenverkenntdasArgumentdiezentraleWirkungdesKunststoffrecyclings.Dieneuunterschiedli-cheBepreisungvonKunststoffundübrigemSiedlungsabfall lässtnichtdieAllgemeinheiteinDefizitde-cken, sondern führt zu höheren Sackgebühren für die effektiv höheren Kosten verursachenden Konsu-menten.

Fazit:DieExistenzvonpositivenexternenEffektensowievonWahlfreiheitbeiderEntsorgungvonKunst-stoff bedeutet, dass es nicht zu grossen volkswirtschaftlichen Kosten, sondern gar zu volkswirtschaftli-chemNutzen führt.Diese Folgerung gilt vor allemdann,wenn auchden staatlich getragenenKVAdasRechteingeräumtwird,eineseparateKunststoffsammlungindieWegezuleiten(unabhängigdavon,obdiesedasRechtwahrnehmen).

6 VomTyp'sparsam'(bringtmöglichstvielgratiszumDetaillisten,RestübereinHol-/BringsystemmitSackgebühr)überTyp'eine

Sammelstellemussreichen'(entsorgtallenPlastikübereinHol-/BringsystemmitSackgebühr)biszumTyp'minimalerArbeitsein-satz',derallesüberdenKehrichtsackentsorgt.

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2.10 THESE:'DIEBEVÖLKERUNGWÜNSCHTSICHEINESEPARATSAMMLUNG'

HintergrundderThese:DieSeparatsammlungvonKunststoffstösstbeiderBevölkerungaufgrosseBeliebtheit.DasbestehendeNetzanSammelsystemenwirdregegenutzt.Pilotpro-jektewerden inallerRegelnacheinerkurzenTestphase indenNormalbetriebüberführt.Die Projekte, welche gestoppt werden, scheitern nicht an der Partizipation der Bevölke-rung,sondernamArgumenteinerzutiefenRecycling-Quote(<70Prozent).

DieBevölkerungstehtsowohlex-post(ZEBA,2004)wieauchex-ante(Holinger&treeze,2015)derSepa-ratentsorgungvonKunststoffenpraktischausnahmslossehrpositivgegenüber.InLuzernwärengemässeiner repräsentativenBevölkerungsbefragung88Prozentgrundsätzlichbereit,Kunststoffabfälle separatzu sammeln,wobeidiePräferenzenbezüglichSammelsystemstarkdivergieren:39Prozent sind füreinHolsystem,35Prozentbringenes lieberzumDetailhändlerund25ProzentpräferiereneinBringsystem(Holinger&treeze,2015).AuchdieDetaillistenCoopundMigrosbetreibenihrSammelnetzfürPlastikfla-schenseit2013undverzeichnenbeachtlicheErfolgebeimSammelvolumen.AuchvieleeinstigePilotpro-jektevonGemeindensindinzwischennichtmehrausdemEntsorgungssystemwegzudenken.InderGe-meindeAllschwil(BL)werdenKunststoffeallerArtseit2016ineinemseparatenSackgesammelt.BereitsimerstenJahrwurdengemässAngabenderGemeinde112TonnenKunststoffrezykliert.ProEinwohnerentsprichtdieseinerjährlichenMengevonrund5.4kg.7

InwiefernideelleGründeoderfinanzielleAnreizefürdenErfolgderseparatenSammlungverantwortlichsind,lässtsichnichtgenaufeststellen.DadieSchweizinallenBereichen–unabhängigvomAusmassderfinanziellen Anreize – eine gut funktionierende Separatsammlung betreibt (z.B. PET, Glas, Aluminium,Stahl,Papier,Elektrogeräte,Batterien,Kleider,etc.),spielenideelleGründesicherlicheinewichtigeRolle.Eine Umfrage von Swiss Recycling in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Nordwestschweiz hatindes aufgezeigt, dass die Separatsammlung bei den Schweizerinnen und Schweizern als eine gültigeNormwahrgenommenwird.8Allerdingsfälltauchauf,dassdieRücklaufquotenbeisperrigenMaterialien(Glas, Alu, Stahlblech: 86bis 93 Prozent) höher liegen als bei kompaktenGegenständen (Batterien: 67Prozent).9DieseBeobachtungzeugtdavon,dassfinanzielleAnreizebeiderEntscheidungüberdieSepa-ratsammlungaucheineRollespielen.

Fazit:DasAngebotderseparatenSammlungvonKunststoffeniststetsmiteinemfinanziellenAnreizver-bunden.WährendPlastikflaschenbei denDetaillisten kostenlos zurückgegebenwerden können, ist dieEntsorgung in den Gemeinden zumindest günstiger als die konventionelle Entsorgung via KVA. DerWunsch nach der separaten Kunststoffsammlung kann daher finanzieller oder ideeller Natur sein. Be-trachtetmandieRecyclingquotenbeianderenMaterialieninderSchweiz,sowirdoffensichtlich,dasseinausgewiesenerBedarfnacheinerSeparatsammlungbesteht,welchernichtnurvonfinanziellen Interes-sengetriebenseinkann.Dennselbstdort,wodiefinanzielleErsparnisvernachlässigbarist,rezyklierteinsubstanziellerTeilderSchweizerBevölkerungregelmässig.

7 http://www.allschwil.ch/de/aktuelles/meldungen-news/Kunststoffsammlung-def-eingefuehrt.php8 http://www.swissrecycling.ch/umfrage/9 https://www.bafu.admin.ch/dam/bafu/de/dokumente/abfall/statistik/abfallmengen_recycling_ueberblick_2015.pdf.download.pd

f/Abfall_und_Recycling_2015_d.pdf(Zahlen2015)

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2.11 THESE:'DIESEPARATEKUNSTSTOFFSAMMLUNGISTDREIMALINEFFIZIENTERALSDIEPET-SAMMLUNGUNDSOLLDESHALBNICHTEINGEFÜHRTWERDEN'

Hintergrund der These: Vergleicht man die Ökoeffizienz von Kunststoffsammelsystemenmit jenervonPETRecyclingSchweiz, soschneidetdasKunststoffrecycling relativ schlechtab.WährenddasPET-Recyclingrund3'500eUBPproCHFeinspart,sindesbeidenKunst-stoffen heute zwischen 710 bis maximal 1'730 eUBP pro CHF. Damit ist die Plastik-WiederverwertungzwischenzweiundfünfMalwenigereffizientalsdiePET-Sammlung inderSchweiz(KuRVe,2017).

Die These unterstellt, dass das PET-Recycling als relevanterMassstab zu verstehen ist. Der Vergleichs-rahmenkönnte jedochauchAluminium-Recycling (18'700eUBPproCHFodermehrals fünfMalhöherwie PET-Recycling) oder Haushaltsbatterien (1'400 eUBP pro CHF oder vergleichbar mit Kunststoff-Recyclingsein).

Unabhängig von dieser 'Framing'-Problematik lassen die vorherigen Kapitel darauf schliessen, dass dieÖkoeffizienzderKunststoffsammlunginZukunftsteigenwird.EinerseitssinddieDurchschnittskostenimSinkenbegriffen,andererseitsdürftedieEffizienzinderökologischenVerwertungweitersteigen.

DieÖkoeffizienzderKunststoffsammlungwirdtrotzdemnichtanjenedesPETRecyclingSchweizheran-kommen.DasArgument,dassdieKunststoffsammlungausdiesemGrundnichteingeführtwerdensoll,istjedochnichtlegitim.IneinerVolkswirtschaftunterscheidetsichdieProduktivitätbeiderHerstellungvonGütern und Dienstleistungen zwischen den Branchen teilweise substanziell. Die Marktteilnehmer sindsichdessenbewusst.TrotzdemwirdeinebeinaheunendlicheAuswahlanProduktenaufdemMarktan-geboten.DieProduktivitätwirktsichzwaraufdieProduktionskostenunddamitdieangebotenenMengenunddieMarktpreiseaus,führtjedochnichtdazu,dassdieVielfaltanProduktenverschwindet.DersimpleGrunddafür istdieTatsache,dasseineNachfragefürdieangebotenenGüterundDienstleistungenvor-handenist.

Ähnliches gilt fürdie SammelsystememitdementscheidendenUnterschied,dassbeiderökologischenVerhaltensweise(positive)externeEffekteauftreten.DasökologischeVerhaltenistzwar individuell,derNutzenderNachhaltigkeitkommtjedochderAllgemeinheitzugute.AuffreienMärktenwirddamitinderRegel zuwenig rezykliert. Der Staat kann sich nunüberlegen, bestimmteMassnahmen konkret zu för-dern.VerfügterhierzuübereinfixesBudget,sosollteausökonomischenÜberlegungenherauszuerstdieeffizientesteMassnahme ergriffenwerden, gefolgt von der zweiteffizientestenMassnahme. Im vorlie-gendenFallwerdenaberkeinestaatlichenMittelbeansprucht10,weshalbdierelativeÖkoeffizienzirrele-vantist.

Fazit:Die relativeÖkoeffizienzermöglichteineAussagedarüber,wieguteinSammelsystemgegenübereinemVergleichssystemabschneidet,wobeidasKunststoffrecyclings zurzeit gleichauf liegtmitdenRe-cyclingderHaushaltsbatterien.AusdieserÜberlegungkannjedochnichtdirektabgeleitetwerden,obeinSystemeingeführtwerdensollodernicht.DieseGrössekannundsolltenurfürdieBeurteilungundIden-

10Ausnahme:beiBringsystemenwirdinKuRVe(2017)teilweisederPlatzimEntsorgungshofgratisoderzugünstigzurVerfügung

gestellt(vgl.These2.6)

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tifizierung staatlicherUnterstützungsmassnahmen zur Verringerung negativer externer Effekte verwen-detwerden.

Dass trotz der Problematik der externen Effekte heute bereitsmehrere (freiwillig initiierte) Kunststoff-sammelsystemebestehen, ist zudemBeweis dafür, dass derNutzen dieser Systememindestens derenKostendecken.

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2.12 THESE:'DIEÖKOLOGISCHENVERBESSERUNGENDERKUNSTSTOFFSAMMLUNGSTEHENINKEINEMVERHÄLTNISZUDENHÖHERENKOSTEN'

HintergrundderThese:DieSeparatsammlungvonKunststoffenbringteininsgesamtmode-rates Ökopotenzial mit sich. Die Kosten für den Aufbau und Betrieb der erforderlichenSammelsystemesindallerdingshoch.DasVerhältniszwischenKostenundNutzenwirdda-heralsungenügendbetrachtet,undeineEinführungalsunverhältnismässigangesehen.

DieprivatfinanziertenSammelsystemefürHaushaltskunststoffzeugeninersteLiniedavon,dassmitdemAngeboteinerSeparatsammlungeineökonomischeRenditeerzieltwerdenkann.Diesekannaufunter-schiedlicheWeise entstehen. Auchwenn die direkten Erlöse aus demVerkauf der gesammeltenWarenichtausreichensollten,umdieBetriebskostenganzzudecken,magesandereGründedafürgeben,dasssichderBetriebdesSammelsystemstrotzdemrentiert.Möglicherweisespielen ImagegründeeineRolleoder–imBereichderDetaillisten–auchdieKundenbindung.RelevantistfürdieAnbieter(Detailhändler,Entsorgeretc.),dasssieamSchlussihregewünschteRendite(auchinFormvonImage)erzielen.

Ökologisch sind verhältnismässig hohe Kosten kein Problem (vgl. These 2.6 | relevantwären vielmehrDefizite,wennAlternativenfürKonsumentenexistieren).HoheKostenwerdenerstzumProblem,wenndieMargeschwindetunddieWettbewerbsfähigkeitzuAlternativen(z.B.EntsorgungviaKVA)zurückgeht.

Fazit:DerWettbewerbzwischenderkonventionellenEntsorgungundderSeparatsammlungvonKunst-stoffen,aberauchderWettbewerbzwischendenverschiedenenSammelsystemenimKunststoffbereich,sindhinreichendeBedingungenfüreinenlangfristigeffizientenUmgangmitderRessroucePlastik.

Dieheutigenlokalen,regionalenundnationalenAngebotebestehenerstseiteinigenJahren.DieZukunftwirdzeigen,wiegrossderMarkt füreineseparateSammlungvonHaushaltskunststoffen ist.Ohneeineeinseitig ausgelegte staatliche Finanzierung weniger Systeme werden sich jene Lösungen etablieren,welchedieSammlungameffizientestenerbringen,wasimInteresseallerKonsumentenist.

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3 SCHLUSSFOLGERUNGEN

DerökologischeMehrwertvonKunststoffsammlungenistunbestrittenundbewegtsichinderGrössen-ordnungdesGlasrecyclings.DieUnterschiedeinderLiteraturbetreffeneinzigdieHöhedesUmweltnut-zens,wobei dieHeterogenität nicht auf dieUnzulänglichkeiten in dendurchgeführtenÖkobilanzen zu-rückzuführen sind, sondern vielmehr auf Unterschiede im Untersuchungsrahmen. Es ist dabei wahr-scheinlich,dassderökologischeNutzenbeieinerbreiterangelegtenSammlunginderSchweizdankbes-sererSortiertechnikunddadurchhöhererRegranulat-QualitätzurzeitinallenStudienunterschätztwird.DemgegenüberwirddasbereitsbeobachtbareWachstumanVerbundkunststoffendieÖkobilanzinnochnichtabschätzbaremAusmassmindern.

DierelativzuanderenRecycling-ProduktentiefeQuotederstofflichenVerwertungmindertdieökologi-scheAttraktivitäthingegennicht,daesmittelsthermischerVerwertunggelingtKohlebeiderZementher-stellungzuersetzen.Diesumsomehr,alsdassdieAlternativezurKunststoffsammlungebenfallsineinerthermischenVerwertungliegt.

AuchdieregionaleVerfügbarkeitvonenergetischoptimiertenKVAsprichtausökologischerPerspektivenichtgegendenAusbauderKunststoffsammlung,weil(i)durchdieSammlungundSortierungdiestoffli-cheVerwertunggesteigertwirdundweil (ii) sichdieeffizienterenKVA ineinemMarktmitrückläufigenSiedlungsabfallmengenaufgrunddervorteilhafterenNettokostendurchsetzendürften.

ImGegensatzzurBewertungdesökologischenMehrwertsdesKunststoffrecyclingswurdenökonomischeBeurteilunginderSchweizkaumvorgenommen.EinzigKuRVe(2017)hatbisanhineinevertiefteökono-mischeBewertungdesKunststoffrecyclingsvorgenommen.DarinfindensicheinerseitsUnstimmigkeitenin der Berechnung (Bestimmung der Nettokosten) und andererseits im Rahmen derMedienmitteilungauchkonzeptionelleMängelbeiderInterpretation.

DieNettokostendesKunststoffrecyclings,d.h.KostenderKonsumenten (Sackgebühr,Transportkosten,Trennungsaufwand)sowieallfälligeSubventionen(z.B.nichtkostendeckendeBereitstellungeinesPlatzesim Entsorgungshof einer Gemeinde), müssten substanziell tiefer liegen als die Nettokosten der KVA-Entsorgung einer Tonne Kunststoff: Aus Sicht des Konsumenten ist die Entsorgung beimDetailhändlerfast gratis, da wegen der fehlenden Sackgebühren und der fehlenden Transportkosten (Fahrt erfolgtunabhängigvonderEntsorgungzumEinkaufen)nurdergeringeZeitaufwandderTrennungbleibt.AuchdieHolsystemesinddurchgängiggünstigerfürdenKonsumenten,dadieSackgebührtieferistalsdiejeni-gedesübrigenKehrichts.LediglichbeidenBringsystemenkönnendieTransportkostendietieferenSack-gebührenüberwiegen.

Die separate Sammlung vonKunststoff kann zuhöheren (odernichtweiter sinkenden) Preisenbei derKVA-Entsorgungführen.Dies,weildieKunststoffe imVergleichzumnormalenSiedlungsabfalleinerundeinDrittelgeringereDichteaufweisenundeinenvergleichsweisenhohenBrennwertbesitzen.Dennochprofitiert der Konsument, da er dank der Preisdifferenzierung nun ein korrektes Preissignal erhält undseinKaufundEntsorgungsverhaltenaufWunschanpassenkann.WirddenKVAüberdiesdasRechteinge-räumtauch insKunststoffsammelgeschäfteinzusteigen,sokanngarantiertwerden,dassdieGesamtbe-lastungderHaushalteabnimmt.

Intertemporalistdavonauszugehen,dasssichmitzunehmendenVolumenvermehrtauchSkalenerträgerealisieren lassen. Eine Konkurrenz zwischen den Sammelsystemen (Hol-, Bring-, undDetailhändlersys-tem)istfernerzubegrüssen,alsdasssichsodieSystemedurchsetzen,welchedemEntsorgungsbedürfnisdasbesteKosten/Nutzenverhältnisaufweisen.

InBezugaufdieÖkoeffizienzschneidetdasKunststoffrecyclingvergleichbargutabwiedasRecyclingderHaushaltsbatterien.Unabhängigdavongiltesfestzuhalten,dassdieAnalysenzurelativenundabsolutenÖkoeffizienz in einem privatwirtschaftlich organisierten System ohne Subventionen in Bezug auf dieZulassungneuerSystemirrelevantsind,solangederökologischeMehrwertvorhandenist.