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Jahresbericht 2010 der Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien ask I Der politische Kontext – Umbrüche und Kontinuitäten 2010 Das Jahr 2010 endete mit der Ausrufung des nationalen Notstandes in Kolumbien. Ende November bat die Aussenministerin Holguín aufgrund der stärksten Niederschläge seit 40 Jahren auch international um humanitäre Hilfe. Bislang wurden durch die Katastrophe 1,9 Millionen Menschen obdachlos, von 246 Toten und 99 Vermissten ist auszugehen. 1 Auch der Sachschaden ist erheblich: an die 3000 Häuser wurden komplett zerstört, fast 300.000 wurden teilweise stark beschädigt. Ursache für die Überschwemmungen ist das Wetterphänomen La Niña, das mehr Regenfälle mit sich brachte als üblich. In 28 von 32 Departements wurde der Notstand ausgerufen. Besonders betroffen sind nach Angaben des UN-Büros für Humanitäre Angelegenheiten bislang die Departements Bolívar, Magdalena, Córdoba, Sucre, Chocó und Antioquia. Mehr als die Hälfte Kolumbiens (57 Prozent der Fläche) sind von den Über- schwemmungen betroffen. Mit einem Ende der Katastrophe ist nach Angaben des Instituts für Hydrologie, Meteorologie und Umweltstudien (IDEAM) bis 2011 nicht zu rechnen. Auch in den Wintermonaten, in denen es gewöhnlich weniger stark regnet, sind überdurchschnittliche Niederschläge zu erwarten. Eine Art Erdrutsch ging auch durch Kolumbien, als Juan Manuel Santos im Juli 2010 zum neuen Präsidenten Kolumbiens gewählt wurde. Zunächst erwarten viele eine Weiterführung der konservativen Politik seines Vorgängers Álvaro Uribe. Bereits im Vorfeld der Wahlen hatte Uribe selbst versucht, seine Macht zu sichern. Doch das Verfassungsgericht lehnte im Februar eine weitere Kandidatur – und damit eine mögliche dritte Amtszeit – ab. Als neuer Präsidentschaftskandidat der Konservativen Partei „de la U“ ging dann schliesslich Santos ins Rennen. Und obwohl zwischenzeitlich auch der Kandidat der relativ jungen Grünen, Antanas Mockus, ehemaliger Bürgermeister Bogotás, für Aufsehen sorgte, konnte sich Santos bei den Wahlen durchsetzen. Er überzeugte schlussendlich durch politische Erfahrungen, wohingegen sich sein Kontrahent auf substanzlose Parolen beschränkte. Bereits in den ersten Amtstagen zeigte sich, dass sich Santos in wichtigen Themen stark von seinem Vorgänger abgrenzte. In der internationalen Staatengemeinschaft ist das Echo auf den neuen Politikstil positiv. Santos steht nicht zuletzt für Reformgeist, eine neue, sensiblere Rhetorik und weiss derzeit eine breite Regierungskoalition hinter sich. Ob die neue Regierung die hochgesteckten Ziele erreicht und die Erwartungen erfüllt, wird sich 2011 zeigen, wenn sich entscheidet, ob die Gesetze auch vom Kongress angenommen werden und wie die Regionalwahlen verlaufen. 2. Der politische Kontext 1 Detaillierte Informationen sind in einem offiziellen Dokument des UN-Büros für Humanitäre Angelegenheiten (OCHA) unter http://reliefweb.int/rw/RWFiles2010.nsf/FilesByRWDocUnidFilename/VDUX-8BWV3W- informe_completo.pdf/$File/informe_completo.pdf abrufbar. Das Dokument zählt allerdings nur die Opfer bis zum 01.12.2010, die Zahl der Vermissten wurde bis zum 14. Dezember auf 99 erhöht. http://latina- press.com/news/62348-dammbruch-in-kolumbien-90-000-menschen-auf-der-flucht/

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Jahresbericht 2010 der Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien ask I Der politische Kontext – Umbrüche und Kontinuitäten 2010 Das Jahr 2010 endete mit der Ausrufung des nationalen Notstandes in Kolumbien. Ende November bat die Aussenministerin Holguín aufgrund der stärksten Niederschläge seit 40 Jahren auch international um humanitäre Hilfe. Bislang wurden durch die Katastrophe 1,9 Millionen Menschen obdachlos, von 246 Toten und 99 Vermissten ist auszugehen.1 Auch der Sachschaden ist erheblich: an die 3000 Häuser wurden komplett zerstört, fast 300.000 wurden teilweise stark beschädigt. Ursache für die Überschwemmungen ist das Wetterphänomen La Niña, das mehr Regenfälle mit sich brachte als üblich. In 28 von 32 Departements wurde der Notstand ausgerufen. Besonders betroffen sind nach Angaben des UN-Büros für Humanitäre Angelegenheiten bislang die Departements Bolívar, Magdalena, Córdoba, Sucre, Chocó und Antioquia. Mehr als die Hälfte Kolumbiens (57 Prozent der Fläche) sind von den Über-schwemmungen betroffen. Mit einem Ende der Katastrophe ist nach Angaben des Instituts für Hydrologie, Meteorologie und Umweltstudien (IDEAM) bis 2011 nicht zu rechnen. Auch in den Wintermonaten, in denen es gewöhnlich weniger stark regnet, sind überdurchschnittliche Niederschläge zu erwarten. Eine Art Erdrutsch ging auch durch Kolumbien, als Juan Manuel Santos im Juli 2010 zum neuen Präsidenten Kolumbiens gewählt wurde. Zunächst erwarten viele eine Weiterführung der konservativen Politik seines Vorgängers Álvaro Uribe. Bereits im Vorfeld der Wahlen hatte Uribe selbst versucht, seine Macht zu sichern. Doch das Verfassungsgericht lehnte im Februar eine weitere Kandidatur – und damit eine mögliche dritte Amtszeit – ab. Als neuer Präsidentschaftskandidat der Konservativen Partei „de la U“ ging dann schliesslich Santos ins Rennen. Und obwohl zwischenzeitlich auch der Kandidat der relativ jungen Grünen, Antanas Mockus, ehemaliger Bürgermeister Bogotás, für Aufsehen sorgte, konnte sich Santos bei den Wahlen durchsetzen. Er überzeugte schlussendlich durch politische Erfahrungen, wohingegen sich sein Kontrahent auf substanzlose Parolen beschränkte. Bereits in den ersten Amtstagen zeigte sich, dass sich Santos in wichtigen Themen stark von seinem Vorgänger abgrenzte. In der internationalen Staatengemeinschaft ist das Echo auf den neuen Politikstil positiv. Santos steht nicht zuletzt für Reformgeist, eine neue, sensiblere Rhetorik und weiss derzeit eine breite Regierungskoalition hinter sich. Ob die neue Regierung die hochgesteckten Ziele erreicht und die Erwartungen erfüllt, wird sich 2011 zeigen, wenn sich entscheidet, ob die Gesetze auch vom Kongress angenommen werden und wie die Regionalwahlen verlaufen. 2. Der politische Kontext

1 Detaillierte Informationen sind in einem offiziellen Dokument des UN-Büros für Humanitäre Angelegenheiten (OCHA) unter http://reliefweb.int/rw/RWFiles2010.nsf/FilesByRWDocUnidFilename/VDUX-8BWV3W-informe_completo.pdf/$File/informe_completo.pdf abrufbar. Das Dokument zählt allerdings nur die Opfer bis zum 01.12.2010, die Zahl der Vermissten wurde bis zum 14. Dezember auf 99 erhöht. http://latina-press.com/news/62348-dammbruch-in-kolumbien-90-000-menschen-auf-der-flucht/

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2.1 Die Parlamentswahlen

Bereits bei den Parlamentswahlen 2010, einer der Wahlen mit der geringsten Wahlbeteiligung in der Geschichte Kolumbiens, ging die „Partido de la U“ als Sieger hervor. Bemerkenswert ist, dass die erst 2009 gegründete Partido Verde, Nachfolgepartei der Partido Verde Opción Centro, bereits fünf der insgesamt 102 Sitze im Senat erkämpfen konnte. Der Erfolg gründet sich wohl auf die Popularität ihrer politischen Spitze. Jorge Eduardo Londoño, Antanas Mockus, Luis Eduardo Garzón und Enrique Peñalosa. Die drei Letzten, alle Ex-Bürgermeister Bogotás, stellten sich als Präsidentschaftskandidaten der Grünen zur Wahl. Der landesweit und auch international für seine Bürgerpädagogik bekannte Philosoph und Mathematiker Mockus wurde mit über 50 Prozent zum parteiinternen Kandidaten für die darauf folgende Präsidentschaftswahl bestimmt. Auffällig war bei dieser Wahl jedoch besonders der unerwartete Erfolg der PIN, Partido de Integración Nacional. Die PIN konnte sich, unter diesem Namen zum ersten Mal vertreten, als viert stärkste Partei behaupten. Dies ist überaus zweifelhaft. Die Wurzeln der Partei reichen ins Jahr 2006, als der Parapolitik-Skandal unter Uribe bekannt wurde. Damals wurden ungefähr 30 Prozent der aktuellen Abgeordneten aufgrund von Beziehungen zu Paramilitärs verhaftet. Angehörige und Unterstützer formierten sich daraufhin in der Convergencia Ciudadana, ab 2009 hiess die Partei PIN. Einige Wahlerfolge sind offensichtlich nur durch Betrug zu erklären und der Erfolg der PIN ist symptomatisch für eine neue Strategie parapolitischer Kreise zur Einflussnahme auf Wahlen. Christian Salazar, UNHCHR-Repräsentant in Kolumbien, lobte zwar die Wahlen als „friedlichste seit Jahren.“2 In der Pressemitteilung der UNHCHR vom 15. März 2010 wird besonders betont, dass die Abnahme der Aktionen der Guerilla von 71 im Jahr 2006 auf 10 im Jahr 2010 beachtlich sei. Nichtsdestotrotz fand auch die gewaltsame Vertreibung von 700 Personen in den Departements Cauca und Nariño Erwähnung. Auch die Wahlbeobachtungsmission MOE hatte festgestellt, dass sich das Gewaltrisiko3 signifikant verringert hätte. So hat nach Analysen in insgesamt 420 Gemeinden Gewaltrisiko bestanden – in 146 extremes, in 83 hohes und in 191 mittleres. Im Vergleich mit den Untersuchungen der MOE, nach denen 2007 in 576 Gemeinden ein mindestens mittleres Gewaltrisiko bestand, sank dieses um 27 Prozent.4 Dies ist, relativ gesehen, auch sicherlich ein beachtlicher Wert. Aber in der Realität bedeutet es, dass in mehr als jeder dritten Gemeinde (insgesamt sind es 1103), mindestens mittleres Gewaltrisiko bestand. Abgesehen davon, dass die absolute Zahl der Gemeinden mit Gewaltrisiko immer noch erschreckend hoch ist, ist auch das Zustandekommen dieses offensichtlichen Erfolges der PIN ein Warnsignal. So kommt Claudia Lopez, Direktorin des Observatoriums für Wahlpolitik, von der Wahlbeobachtungsmission MOE zu dem Schluss: „Das verringerte Gewalt- und das steigende Wahlbetrugsrisiko sind zum einen das Ergebnis stärkerer und effizienterer Institutionalisierung. Zum anderen auch des Strategiewechsels der illegalen bewaffneten Gruppen und der Kandidaten, die sich mit diesen verbünden“5. Es wurden nach Angaben der OAS (Organisation der Amerikanischen Staaten) „massiver Wahlbetrug“6 begangen. Dabei habe sich die Strategie von Drohung zur Stimmabgabe hin zu Stimmkauf gewandelt.

2 http://www.hchr.org.co/publico/comunicados/2010/comunicados2010.php3?cod=7&cat=81 3 Variablen, die zur Messung herbeigezogen werden sind nach Angaben der MOE: 1. Präsenz illegaler bewaffneter Gruppen, 2. gewaltsame Vertreibung mit Konsequenzen für die Wahlen, 3. Verletzung der Pressefreiheit, 4. politische Gewalt, 5. Strategien von illegalen bewaffneten Gruppen zur Einflussnahme auf die Wahlen. Mehr Informationen zum Inhalt der einzelnen Variablen unter: http://www.moe.org.co/webmoe/index.php?option=com_content&view=article&id=179:mapas-de-riesgo-por-factores-de-violencia-elecciones-2010&catid=42:rokstories&Itemid=102 4 http://www.moe.org.co/webmoe/index.php?option=com_content&view=article&id=179:mapas-de-riesgo-por-factores-de-violencia-elecciones-2010&catid=42:rokstories&Itemid=102 5 http://www.moe.org.co/webmoe/index.php?option=com_content&view=article&id=179:mapas-de-riesgo-por-factores-de-violencia-elecciones-2010&catid=42:rokstories&Itemid=102 6 http://www.elnuevodiario.com.ni/internacionales/70169

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2.2. Die Präsidentschaftswahlen

Nach den Parlamentswahlen gab es eine riesige Überraschung: Der frisch gekürte Präsident-schaftskandidat der „Grünen“ startete zu einem Aufsehen erregenden extrem personalisierten Internetwahlkampf, der in Kolumbien die Gemüter bewegte. Zwischenzeitlich schien es sogar als könne sich der Aussenseiter berechtigte Hoffnungen auf den Sieg machen. Wie erwartet konnte jedoch keiner der Kandidaten den Wahlgang am 30. Mai klar für sich entscheiden. Doch nicht einmal einen Monat später, am 20. Juni, stand Santos als Nachfolger Uribes fest. Nachdem er bereits im Wahlgang doppelt so viele Stimmen auf sich vereinen konnte wie Mockus, erzielte er bei der Stichwahl 69 Prozent. Hervorgehoben werden sollte jedoch, dass wie auch bei den Parlamentswahlen nicht einmal die Hälfte der Kolumbianer wählte. Mockus konnte sich trotz zahlreicher Sympathisanten nicht durchsetzen, was vor allem darauf zurück zu führen ist, dass er im Gegensatz zu Santos weniger politische Erfahrungen hat und inhaltlich auch keine konkreten Vorschläge lieferte. Sein philosophischer Diskurs blieb oft zu abstrakt. 2.3. Santos und Uribe

Hatte Santos sich vor den Wahlen als politischer Erbe Uribes profiliert und von diesem Status profitiert, so kühlte das Verhältnis zwischen beiden noch vor Amtsantritt merklich ab. Der Konflikt zum Nachbarland Venezuela eskalierte Ende Juli. Da Uribe seinem Nachbarland die Beherbergung von FARC-Lagern unterstellte und diese auch mit bis heute nicht verifizierten Videos dokumentierte, brach der venezolanische Präsident Hugo Chavez die diplomatischen Beziehungen ab. Bereits bei seiner Amtsantrittsrede am 07. August trat Santos mit der Aussage, dass er die Beziehungen zu Venezuela verbessern wolle, an. Nur drei Tage später, am 10. August, reiste Chavez nach Santa Marta. Doch nicht nur aussenpolitische Konflikte versuchte Santos mit mehr diplomatischem Geschick anzugehen als sein Vorgänger. Santos versucht für seine Politik auch national eine grosse Basis zu finden. Schliesslich gelang es ihm, alle traditionellen Parteien in seine Koalition der „nationalen Einheit“ einzubeziehen. Der grösste Erfolg dabei dürfte es sein, dass Santos auch die Liberalen dazu holen konnte, die sich unter Uribe als Opposition bezeichnet hatten. Doch auch in Sachen Personal setzte Santos klare Zeichen. Vizepräsident ist Angelino Garzón, der vor allem als Generalsekretär des Gewerkschaftsdachverbandes CUT in der Vergangenheit linke Ansichten vertrat. Garzón soll sich um die Einhaltung der Menschenrechte in Kolumbien kümmern. Doch auch die Besetzung des Agrarministeriums mit Juan Camilo Restrepo, der den bekannten Spezialisten Alejandro Reyes als Berater hinzuzog, hat zunächst für Aufsehen gesorgt. Dass mit Maria Ángela Holguín eine ehemalige Botschafterin Kolumbiens in Venezuela Aussenministerin wurde, spricht ebenso für sich. Ob die Tatsache, dass Holguín den Posten damals aufgrund ihrer Differenzen mit der Politik Uribes niederlegte, als Signal zur Emanzipation von Uribe gedeutet werden muss, ist unklar. Denn auch wenn Santos und Uribe zu bestimmten Politiken7 klar unterschiedliche Meinungen vertreten, ist nicht sicher, inwieweit man wirklich von einem Konflikt zwischen beiden sprechen kann und sollte - zumindest nach Ansicht des KAS-Auslandsbüros.8 Eine dringendere Frage sei vielmehr, inwieweit die Koalition der „nationalen Einheit“ auch Bestand habe. Die KAS vermutet, dass unter Santos eine Annäherung der liberalen Kräfte Kolumbiens, Cambio Radical und Partido Liberal, erfolgen könnte. Darin könnte nach dieser Meinung einiges Sprengpotential für die nationale Einheit und besonders die Regierungs-partei, Partido de la U, liegen.

7 Vor allem zu Ley de Víctimas und ley de Tierras – beide Gesetze werden weiter unten noch detaillierter behandelt. 8 In einer Bilanz der ersten hundert Tage unter Santos kommt der Korrespondent der KAS in Bogotá zu dem Schluss, dass die vermeintlichen Unstimmigkeiten zwischen Uribe und Santos medial künstlich hochstilisiert würden. Ausführlicher unter: http://www.kas.de/kolumbien/de/publications/21295/

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2.3 Kontinuität in der Verteidigungs- und Friedenspolitik

Als Kolumbien Santos wählte, war klar, dass damit der Ex-Verteidigungsminister, der für die falsos positivos verantwortlich zeichnet, Präsident würde. Die Politik der demokratischen Sicherheit wird ohne wesentliche Änderungen beibehalten. Zentrale Elemente der Sicherheitspolitik, wie eines der Grundlagendokumente, stammen nämlich von Santos selbst. Neben konkreten Bemühungen, die urbane Sicherheit durch verschiedene Programme zu stärken, fällt vor allem auf, dass Santos – metaphorisch gesprochen – versucht, auch sein eigenes Haus zu schützen: Die militärische Strafjustiz möchte er dahingehend ändern, dass verschiedene Ebenen der Befehlsstrukturen, bis hin zu ihm selbst und Uribe, nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden können. Angesichts der Tatsache, dass unter Uribe Menschenrechtsverletzungen seitens des Militärs zunahmen, wohingegen die der Paramilitärs zurückgingen, ist dies bedenklich. Besonders absurd scheinen aus zivilgesellschaftlicher Perspektive die Vorschläge, die dazu dienen, das Image des Militärs aufzupolieren. Die Streitkräfte sollen beispielsweise in die Sicherung der Menschenrechte mit einbezogen werden: Santos will einen umfassenden Menschenrechtsplan vom Verteidigungsministerium erarbeiten lassen. Bereits jetzt geben Militärs in Uniform in ländlichen Schulen Unterricht zum Thema Menschenrechte. Auch in die Verteilung humanitärer Hilfsgüter möchte Santos Soldaten integrieren. 2.3 Friedensverhandlungen

Die Friedensverhandlungen schritten im Jahr 2010 nicht voran. Nach der Wahl von Santos wurde schnell deutlich, dass dieser an der Friedenspolitik Uribes festhalten würde. Zwar hiess es bereits in der Amtsantrittsrede, dass die Türen zu Verhandlungen nicht für immer verschlossen seien, doch Santos betonte, dass er die Guerilla mit voller Kraft bekämpfen werde, solange Geiseln nicht freigelassen würden und der Terrorismus kein Ende nähme. Er forderte die Guerilla auf, mit der Zwangsrekrutierung von Minderjährigen aufzuhören und die Verminung der Landstriche zu beenden. FARC – erfolgreiche Schläge gegen wichtige Anführer

Bereits vor dem Amtsantritt bot FARC-Chef „Alfonso Cano“ in einer Videobotschaft Verhandlungen an. Grundsätzlich ging Santos auf dieses Angebot ein, knüpfte Verhandlungen jedoch an die sofortige Freilassung aller Geiseln, den Verzicht auf neue Entführungen, Terrorismus und Antipersonenminen. Die FARC ihrerseits wollten fünf Punkte verhandeln: Die Militärbasen der USA, Menschenrechte und internationales humanitäres Recht, Land, die politische Ordnung und das Wirtschaftsmodell. Dass Santos unter diesen Bedingungen nicht auf Versöhnungskurs mit den FARC gehen würde, zeigte er deutlich. Nicht einmal zwei Monate nach Amtseintritt konnte der Präsident einen erfolgreichen Militärschlag gegen die FARC melden. Am 22. September starb unter anderem einer der führenden FARC-Kommandanten, der Militärchef Mono Jojoy, bei der Operation Sodom im Departement Macarena. Den Schlag gegen Mono Jojoy wertete Santos als Anfang des Endes der FARC. Zwar operiert die FARC auch nach dem Tod von Mono Jojoy, die FARC sind nicht am Ende. Doch auch kolumbianische Medien gehen davon aus, dass der Tod auf längere Sicht stärkere Auswirkungen auf die FARC haben wird als beispielsweise die von „Raul Reyes“ und „Tirofijo“ im Jahr 2008.9 Kurz vor diesem wichtigen Schlag hatten die FARC in einem Kommunique erneut ihre Bereitschaft zu einem Dialog mit der Regierung geäussert, allerdings hatte Santos dieses Angebot abgelehnt.

9 http://www.semana.com/noticias-nacion/guerra-jojoy/149074.aspx

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Am 21. November wurde ein Anschlag auf das Lager eines weiteren ranghohen FARC-Kommandanten verübt. Ob José Benito Cabrera alias „Fabián Ramírez“, Mitglied des 30-köpfigen FARC-Führungsstabs und Finanzchef des Südblocks der FARC, unter den sechs Opfern des Anschlags ist, konnte noch nicht geklärt werden. ELN

Zwar behauptete die Führung der Nationalen Befreiungsarmee ELN im März 2010 ein Verhandlungsangebot der Regierung erhalten zu haben, doch dies sei ihrerseits abgelehnt worden, da es offensichtlich nur der politischen Konjunktur entspräche.10 Nach der FARC machte jedoch auch die ELN anfangs November ein Angebot zum Friedensdialog. Per Videobotschaft, die über Youtube verbreitet wurde, erklärte der Oberkommandant Nicolás Rodríguez Bautista, alias „Gabino“ in einer 15-minütigen Rede die Bereitschaft zum Dialog.11 3. Menschenrechte 3.1 Die Rückkehr der Massaker12

In den ersten 10 Monaten des Jahres 2010 nahm die Zahl der Massaker in Kolumbien um 28 Prozent zu.13 Damit erreicht sie den gleichen Wert wie im Jahr 2006. Der „Defensor del Pueblo“, Volmar Perez, forderte daher die Generalstaatsanwaltschaft und andere Behörden auf, den Verbrechen auf den Grund zu gehen. Die Ursache der Massaker sehen Menschen-rechtsverteidiger in der Neuformierung von paramilitärischen Gruppen, die sich nach der teilweise erfolgten Demobilisierung der AUC 2003 gebildet hatten: die so genannten BACRIM (bandas criminales emergentes, aufstrebende kriminelle Banden). Heute sind wieder mindestens sechs paramilitärische Gruppen in Kolumbien aktiv: Águilas Negras, Los Urabeños, Los Paisas, Los Rastrojos, Renacer und das so genannte Ejército Revolucionario Popular Antiterrorista de Colombia, Erpac. Nach Aussagen von Santos wurden im Jahr 2010 72 Operationen gegen die BACRIM durchgeführt, bei denen auch 500 Mitglieder verhaftet wurden. Allerdings weist Volmar Perez darauf hin, dass zwar in der Keimzelle des Paramilitarismus, Córdoba, die Präsenz des nationalen Heeres sehr gross sei, dass jedoch dennoch gerade in diesem Departement sehr stark delinquiert werde. In 20 von 32 Gemeinden in Córdoba ist eine paramilitärische Gruppierung aktiv. Besonders hervorzuheben sind auch die Morde, die mit den Plänen der Regierung zur Landrückgabe einhergehen. In quasi symbolischen Akten wurden beispiels-weise Mitglieder von Opferorganisationen exekutiert, die Landtitel zugesprochen bekommen hatten. 3.2 Kolumbiens Verschwundene

Im Oktober 2010 schien es zunächst, als würde gerade Kolumbien, das Land mit den meisten Opfern des gewaltsamen Verschwindenlassens in Lateinamerika, die UN-Konvention gegen das Verschwindenlassen als 20. Land ratifizieren und diese damit in Kraft setzen. Sowohl Menschenrechtsorganisationen wie auch das Büro des Hohen Kommissars für Menschen-rechte (UNHCHR) in Kolumbien meldeten am 20. Oktober, dass die Konvention den Kongress durchlaufen habe und man sah der historischen Ratifizierung als 20. Land

10 Analyse der Hochschule der Friedenskultur Catalunya „El proceso de paz en Colombia“, S. 14. Siehe hierzu vor allem: http://escolapau.uab.es/img/qcp/procesos_paz_colombia.pdf 11 http://www.youtube.com/watch?v=hU2Gd3ue3zU 12 In Kolumbien spricht man bei dem Mord an mindestens drei Personen durch eine bewaffnete Gruppierung von einem Massaker. 13 http://www.bbc.co.uk/mundo/noticias/2010/11/101124_colombia_masacres_aumento_lav.shtml?print=1

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entgegen.14 Diese Botschaft bewahrheitete sich jedoch insofern nicht, dass der Irak Ende November den Ratifizierungsprozess schneller abschloss. Das Verfassungsgericht Kolum-biens muss die Konvention zunächst noch auf Verfassungsmässigkeit prüfen und der Präsident selber muss sie auch noch ratifizieren. Insgesamt gelten in Kolumbien nach neuesten Studien mehr als 52'000 Menschen als verschwunden. In ca. 32'000 Fällen ist vom gewaltsamen Verschwinden lassen die Rede.15 Im vergangenen Jahr führte die Einheit „Justicia y Paz“ eine nationale Zählung durch, um heraus zu finden, wie viele der 32'348 dort dokumentierten Fälle von gewaltsamen Verschwinden-lassen mit nicht identifizierten Leichen auf kolumbianischen Friedhöfen übereinstimmen. Dazu wurde ein Fragebogen an alle 1103 Gemeinden herausgegeben, der über die Anzahl der Friedhöfe und auf den Friedhöfen begrabene nicht identifizierte Tote Auskunft geben sollte. Die Untersuchungen ergaben, dass allein in Gräbern von 293 kolumbianischen Gemeinden 10´084 unbekannte Opfer bestattet wurden. Diese Zahl basiert auf den Angaben von 598 Gemeinden. Die Departements mit der höchsten Zahl von nicht identifizierten Toten sind Antioquia (3573) und Meta (1363). 3.3 Verbrechen des Militärs

Im Januar 2010 wurde das vermutlich bislang grösste „Massengrab“16 Kolumbiens in La Macarena, Meta, entdeckt. In ersten Artikeln über den Friedhof in La Macarena war von über 2000 Toten die Rede. Am 7. September veröffentliche das kolumbianische Büro des Hoch-kommissars für Menschenrechte bei der UNO (UNHCHR) einen ersten Bericht17 demzufolge seit 2002 vom kolumbianischen Heer ohne Registrierung und Kontrollen Tote auf dem besagten Friedhof verscharrt wurden. Der Bericht geht auch auf die Schwierigkeit ein, die genaue Zahl von Toten zu bestimmen. Zum Zeitpunkt der Publikation konnten lediglich 446 unidentifizierte Tote mit Sicherheit bestätigt werden. Erste Zeitungsberichte sprachen noch von 2000 Toten, wobei diese Zahlen wohl auf die Aussagen von Anwohnern beruht haben. Nichtsdestotrotz empfiehlt der Bericht, dass auch ausserhalb der Friedhofsgrenzen Untersu-chungen durchgeführt werden sollten, um möglicherweise weitere Gemeinschaftsgräber zu finden. Auch wird immer noch der möglichen heimlichen Exhumierung von Leichen und ihrer Bestattung an anderen Orten nachgegangen. Die auf dem Friedhof von La Macarena beerdigten Toten entsprechen der Zahl von Personen, die vom Militär (Fuerza des Despliegue Rápido) als im Gefecht Gefallen gemeldet wurden. Todesursachen und Identitäten der Leichen konnten bis zum September noch nicht geklärt werden. Der Bericht forderte unter anderem, da es Hinweise gäbe, dass es sich in einigen Fällen um falsos positivos18 handeln könnte, dass die kolumbianische Staatsanwaltschaft die Untersuchung übernehmen solle. Ausserdem empfiehlt der Bericht dem Verteidigungsministerium, dass dieses künftig eine detaillierte Liste über im Kampf Gefallene führen solle, die zumindest den Todesort, die ver-antwortliche Einheit und den Ort der Bestattung aufweisen sollte. Das Verteidigungsmini-sterium hatte noch vor Veröffentlichung des UNHCHR Berichts verkündet, dass diese Aufgabe bereits angegangen werde. Nach Aussagen der kolumbianischen Staatsanwaltschaft

14 http://www.hchr.org.co/publico/comunicados/2010/comunicados2010.php3?cod=33&cat=81 15 Die Zahlen basieren auf einem Bericht der US-amerikanischen Arbeitsgruppe zu Lateinamerika (LAWG) und dem US-amerikanischen Büro zu Kolumbien. Der Bericht stützt sich auf die Zahlen der Generalstaatsanwalt-schaft und der im Jahr 2007 vom Kongress gegründeten Kommission für die Suche. 16 Rein definitorisch ist der Begriff Massengrab nach UN.Kritierien nicht korrekt, da die Toten nicht alle zum gleichen Zeitpunkt dort abgelegt wurden. 17 Der 27-seitige Bericht kann online abgerufen werden. http://www.hchr.org.co/documentoseinformes/informes/tematicos/informes.php3?cod=5&cat=13 18 Als Guerilleros verkleidete, ermordete Zivilisten, für die Armeeangehörige eine Art Kopfgeld kassierten.

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vom 14. September 2010 wurden auch tatsächlich in einigen Fällen Untersuchungen im Zusammenhang mit den falsos positivos angestrebt. Für besonderes Aufsehen sorgte im Oktober auch der Mord an drei Kindern in Arauca. Mindestens ein Leutnant war, so die Untersuchungen der Staatsanwaltschaft, die den Fall übernahm, für die Gewalttat verantwortlich. Sieben weitere Militärangehörige wurden durch einstimmigen Beschluss des Sachverständigenrates von Generälen und Admirälen entlassen. Die Kontrolle und Führung sei mangelhaft gewesen. Es wurde mehrfach betont, dass in einem solchen Fall keine Straflosigkeit zu erwarten sei. 4. Das Opfergesetz und die Landrückgabe

Die Regierung von Präsident Santos hat eine wahre Flut von politischen Initiativen und Gesetzesprojekten initiiert. Zwei der wichtigsten und zugleich schwierigsten Themen betreffen die Wiedergutmachung und Wahrheitsfindung gegenüber Opfern des Konfliktes und der schweren Menschenrechtsverletzungen, sowie die Rückgabe des geraubten Landes an die Gewaltopfer und Vertriebenen. Beide Themen sind eng miteinander verknüpft, ist die Landrückgabe doch ein Element der Wiedergutmachung. Lange Zeit war auch offen, ob diese Fragen in einem einzigen oder in zwei separaten Gesetzen geregelt werden. Die beiden Parlamentskammern debattieren nun aber über ein Opfergesetz und ein Gesetz zur Restitution geraubten Landes. Schon unter der Regierung Uribe wurde über ein Opfergesetz diskutiert, das von zwei Parlamentariern eingebracht worden war. Es wurde dann aber von der Regierungsmehrheit im Parlament abgeschossen. Santos selber erklärte das Opfergesetz zu einer seiner Prioritäten und reichte das Projekt persönlich im Kongress ein, im Beisein von Opfern sämtlicher Gewaltakteure. Dies war eine wichtige Symbolik, ist doch noch längst nicht klar, ob das Opfergesetz wirklich aller Arten und Kategorien von Opfern einschliessen wird. So wehrte sich Ex-Präsident Uribe dagegen, Opfer von staatlichen Akteuren – z.B. die „falsos positivos“ – zu anerkennen. Damit sind wir auch schon mitten in den Streitpunkten des neuen Gesetzes. So geht der aktuelle Gesetzesvorschlag nach wie vor von den durch das Gesetz Gerechtigkeit und Frieden erfassten Kategorien aus, respektive von den Fällen, die der damit verbundenen Wahrheitskommission unterbreitet worden sind. Diese Wahrheitskommission deckt aber nicht einmal die Hälfte aller Menschenrechtsvergehen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ab. Der andere grosse Streitpunkt betrifft die Frage, ab wann das Gesetz Opfer erfassen soll. Der Gesetzesvorschlag sieht das Jahr 1991 vor, während die Opfervereinigungen (v.a. MOVICE) und Menschenrechtsanwälte vorwiegend das Jahr 1984 bevorzugen, da sonst die vielen Massaker der 80er Jahre nicht erfasst wären. Gegner einer Abgrenzung bei 1984 führen u.a. Verjährungsvorschriften als Problem ins Feld. Tatsächlich gibt es Gesetzesvorschriften, wonach nach einer gewissen Zeitspanne – meist 20 Jahre – geraubtes Land nicht mehr zurück gefordert werden kann. Angesichts jahrzehntelanger Untätigkeit der Justiz sollte die Verjährung aber nicht zu Ungunsten der Opfer ausgelegt werden. Insbesondere kritisieren die Opferverbände aber, dass sie zu wenig oder gar nicht in die Erarbeitung und Debatte des Opfergesetzes eingebunden werden. Ungewisse Wiedergutmachung

Ein besonders heisses Eisen ist die Wiedergutmachung, und dies gleich aus mehreren Gründen. Da ist einerseits die Frage der zur Verfügung stehenden (finanziellen) Mittel. Die Kommission zur Überwachung der staatlichen Politik gegenüber Vertriebenen geht davon aus, dass rund 67 Billionen Pesos notwendig wären, um alle Opfer zu entschädigen. Noch unter der Vorgängerregierung wurde jedoch von Seiten des Staates eine Summe von lediglich 45 Billionen als Obergrenze postuliert. Jorge Luis Garay, Ökonom und Vorsitzender der

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erwähnten Kommission kritisiert, dass lediglich 10 Billionen wirklich für Widergutmachung zur Verfügung stünden, da die restlichen 35 Billionen Subventionen und Nothilfe für Vertriebene sei. Diese kann nach einem Urteil des Verfassungsgerichts nicht zur Wiedergutmachung dazu gerechnet werden. Das Gericht hielt in einem wegweisenden Urteil fest, dass Gewaltopfer und Vertriebene bevorzugt in den Genuss von Sozialprogrammen und Nothilfe kommen sollen, dies aber nicht als Reparation gelte. Die Finanzierung der Wiedergutmachung ist also noch überhaupt nicht geregelt und sicher gestellt, zumal ein Gesetzesprojekt in Vorbereitung ist, das den Staat zu fiskalpolitischer Nachhaltigkeit oder Stabilität zwingt. Das würde heissen, dass die Wiedergutmachung oder auch die Gewährung sozialer und wirtschaftlicher Menschenrechte (beispielsweise das Recht auf Gesundheit) der Verfügbarkeit von finanziellen Mitteln unterworfen wären. Pikanterweise sind z.B. Verteidigungsausgaben von dieser Guillotine nicht betroffen. Kritiker dieses Gesetzes monieren denn auch, dass es sich um einen gezielten Angriff auf die WSK-Rechte handle, und der Staat damit verhindern wolle, dass er den Urteilen des Verfassungsgerichts bei Grundrechtsklagen Folge leisten muss, z.B. die Gewährung von kostenloser medizinischer Versorgung. Jorge Luis Garay findet, die Verfügbarkeit von Finanzmitteln dürfe nicht das ausschlaggebende Element sein, an der integralen Wiedergutmachung müsse im Prinzip festgehalten werden. Er schlägt aber vor, die Wiedergutmachung abgestuft nach der Bedürftigkeit der Opfer zu leisten. Das könnte heissen, dass einem armen Kleinbauern, der nun in absoluter Armut lebt 100% seines ehemaligen Besitzes zurück erstattet werden, einem reichen Grossgrundbesitzer, dem 100 Rinder gestohlen wurden, allenfalls gar nichts zurückerstattet würde. Auch findet Garay, dass es verschiedene Finanzierungsquellen gebe, die angezapft werden könnten. Als Beispiele nannte er die Abgaben von Bergbaukonzernen an den Staat (Royalties), die Finanztransaktionssteuer „4 por mil“ oder eine zusätzliche Vermögenssteuer.19 Herausforderung Landrückgabe

Das Opfergesetz wurde im Dezember 2010 vom Repräsentantenhaus verabschiedet und gelangt im März 2011 zur Beratung in den Senat, wo es aus Opfersicht zu Verschlechterungen kommen könnte. Sehr viele Hindernisse hat auch die Rückgabe von Land an Vertriebene und Gewaltopfer noch zu überwinden. Präsident Santos kündigte noch während des Wahlkampfs eine Initiative zur Rückgabe von Land an und nannte es eine der besten Friedensinitiativen. Die Aufgabe ist jedoch gewaltig, und dies nicht nur wegen der Menge der Vertriebenen und der riesigen Fläche an geraubten oder verlassenen Grundstücken. Experten gehen von 3 bis 4 Millionen Vertriebenen und gegen 7 Millionen Hektaren betroffenen Landes aus. Demgegenüber will die Regierung Santos 2 Millionen Hektaren Land zurückgeben, und im Rahmen eines Sofortprogrammes 100‘000 Hektaren innerhalb von Monaten. Andere Regierungsangaben gehen davon aus, dass in einer ersten Phase 10‘000 Kleinbauern Land erhalten sollen, innerhalb von 5 Jahren dann 100‘000 Bauern. Verglichen mit den mehreren Hunderttausend vertriebenen Familien ist das eher wenig. Anfang September 2010 wurde das Nationale Programm zur Landrestitution mit einer feierlichen ersten Zeremonie in Simití mit viel Politprominenz eröffnet, als 400 vertriebene Bauern Land erhielten.20 Weitere Übergaben folgten, jedoch auch schwere Rückschläge: seit Amtsantritt der Regierung Santos wurden mindestens 3 Führungspersonen ermordet, die sich aktiv für die Landrückgabe einsetzen, unzählige wurden bedroht und mussten erneut fliehen. Das zeigt eines der Probleme: Kolumbien versucht die Folgen der Gewalt rückgängig zu 19 http://www.lasillavacia.com/historia/el-proyecto-de-ley-de-victimas-aprobado-en-la-camara-tiene-rasgos-de-inconstitucionalidad-2 Eingesehen 12. Januar 2011. 20 http://informe21.com/actualidad/gobierno-colombiano-estrena-plan-restitucion-tierras-finca-usurpada-los-paras und http://www.elespectador.com/noticias/nacional/articulo-222512-santos-se-comprometio-devolucion-de-tierras-los-desplazados

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machen, bevor die Gewalt selbst überwunden ist, Opfer zu entschädigen und Wahrheit zu finden, während es täglich neue Opfer gibt. Viele der Täter laufen noch frei herum, und die Nutzniesser der gewaltsamen Akkumulation zeigen wenig Bereitschaft, auf ihre Privilegien zu verzichten. So hat die Regierung gewisse Regionen, die noch heute Hochburgen der Mafia und der Paramilitärs sind, vorderhand von Restitutionsmassnahmen ausgespart. Kampfansage an die Korruption

Ein wesentliches Element, dass dieser gigantische Landraub der letzten Jahre und vor allem dessen Legalisierung möglich war, ist die Korruption in verschiedenen Behörden, Gerichten und Verwaltungen. So haben Bürgermeister, Notare, Richter und das Incoder en masse gefälschte Landtitel ausgestellt und beglaubigt, Verkaufsurkunden und Unterschriften gefälscht. Beispiele dafür sind die Haciendas Mechoacán und El Prado in Cesar, die durch Drummond und Glencore von Strohmännern des Paramilitarismus abgekauft wurden, das Schicksal der Gemeinschaften von El Garzal und Las Pavas, die immer noch nicht erfolgte Landrückgabe im Curvaradó im Chocó und ausstehende kollektive Landtitel wie für den Gemeinschaftsrat der Cocomopoca. Die Regierung von Präsident Santos hat sich aber vorgenommen, die Korruption in diesen Ämtern und Behörden resolut zu bekämpfen und hat mehrere dieser Fälle in eine Liste prioritärer Fälle aufgenommen. Durch die rasche Lösung einiger besonders stossender Beispiele soll guter Wille demonstriert werden. Bleibt zu hoffen, dass sich die Regierung auch wirklich durchsetzen kann. Das Land- oder Restitutionsgesetz – ley de tierras – ist sehr umstritten und viele Instrumente und Institutionen sind noch nicht klar. Zuständig für die Umsetzung dieses Programmes ist nebst dem Landwirtschaftsministerium und dem Institut für Agrarreform auch der Nationale Rat für Wiedergutmachung und Wahrheit. Zudem sollen spezielle Institutionen und Instrumente geschaffen werden, z.B. Spezialgerichte für Grundbesitz, ein Register geraubter Ländereien und eine Kommission die Angaben der Vertriebenen entgegen nimmt. Es geht darum, ein heikles Gleichgewicht zwischen sich widersprechenden Interessen zu finden: einerseits sollen die Rückgabeprozesse schnell gehen, der misslichen Lage und dem meist geringen Bildungsniveau der Vertriebenen Rechnung tragen, den professionellen Landräubern nicht zu viele Schlupflöcher und Rekursmöglichkeiten bieten, gleichzeitig aber die Interessen von rechtschaffenen Landbesitzern wahren. Als Prinzip gilt eigentlich die Beweislastumkehr: nicht der Vertriebene muss beweisen, dass das Land ihm gehörte, sondern der heute „Besitzer“ muss nachweisen können, dass er das Land legal erworben hat. Bei all den Strohmännern, Korruption in Notariatsbüros und bei der Landreformbehörde und bei der Unmenge gefälschter Unterschriften, Landtitel und Verkaufsurkunden ist dies fast ein Ding der Unmöglichkeit. So wurde auch überlegt, gewisse Zonen zu bestimmen, die besonders von paramilitärischer Gewalt, Vertreibungen und Landraub geprägt waren. In diesen „Gewaltzonen“ würde die Regelvermutung gelten, dass aller Landbesitz illegal ist, d.h. jeder Landbesitzer müsste die Rechtmässigkeit seines Besitzes belegen. Das würde aber rechtschaffene Grundbesitzer übermässig benachteiligen, da es grosse Rechtsunsicherheit schaffen würde und so z.B. den Zugang zu Krediten verunmöglichen könnte.21 Suche nach effizienten Instrumenten

Umstritten ist auch noch, mit welchem konkreten Instrument den unrechtmässigen Besitzern das Land weggenommen werden soll. Möglich ist, das für die Restitution vorgesehen Land als von öffentlichem Interesse zu erklären, was eine praktisch entschädigungslose Enteignung möglichen machen würde. Allerdings dürften sich die davon Betroffenen mit Rekursen dagegen wehren, was zu jahrelangen Rechtsstreitigkeiten führen könnte. Dasselbe gilt für

21 Siehe dazu die Nr. 71 der Zeitschrift: Cien días vistos por el CINEP, “El largo camino de la restitución de la tierra”. CINEP, November 2010. http://www.cinep.org.co/node/1160

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Prozesse zur Besitzrechtserlöschung. Dieses Instrument wird heute schon beispielsweise bei Nichtnutzung des Landes oder wenn darauf Drogen angebaut werden angewendet. Die Anwendung zeigte sich aber als bisher aber wenig erfolgreich. Deshalb gibt es auch Vorschläge, das Land schlicht und einfach zu kaufen, was den Tätern aber anstatt Bestrafung Gewinn bescheren würde.22 Es ist also absehbar, dass Nutzniesser der gewaltsamen Enteignung das Land nicht widerstandslos hergeben werden. Die Frage ist demnach, wann die Restitution als unmöglich gelten soll. In der internationalen Rechtsprechung gilt die Restitution eigentlich nur als unmöglich, wenn das zurückzugebende Gut (z.B. ein Haus) beispielsweise zerstört ist, nicht aber, wenn sich der unrechtmässige Besitzer weigert, es zurück zu geben. Ganz wesentlich ist auch, dass nicht nur geraubtes Land, das sich heute in Besitz von anderen Personen befindet, an den rechtmässigen, ursprünglichen Besitzer zurückgegeben wird, sonders dass auch die Rückkehr von Personen gefördert wird, die ihr Grundstück einfach aufgrund der vorherrschenden Gewaltsituation oder Bedrohungslage aufgaben, gefördert wird. Diese brauchen insbesondere Unterstützung bei der Rückkehr, um das vergandete Gut wieder aufzubauen. Ein grosses Problem ist die Schuldenlast, die auf vielen verlassenen oder geraubten Gütern lastet. Einerseits wurde oft während Jahren die Grundstückssteuer nicht bezahlt, und in vielen Fällen haben die illegalen Besitzer Strom und andere Dienstleistungen zwar konsumiert, aber nicht bezahlt. Durch die bewaffnete Einschüchterung wurden die Dienstleistungen weder abgestellt, noch die Rechnungen eingefordert. Kehrt der Vertriebene aber zurück, sieht er sich plötzlich hohen Geldforderungen gegenüber, die er gar nicht verursacht hat. Der Staat sollte also zumindest die Schulden aus der Grundstückssteuer erlassen. Ebenfalls muss dem heute allgegenwärtigen Verkauf von Grundstücken durch Vertriebene ein Riegel geschoben werden. Investoren gehen z.B. Allianzen mit Inkassostellen ein, die bei Bauern Schulden z.B. gegenüber der Agrarbank oder dem Incoder eintreiben müssen, und offerieren den säumigen Schuldnern den Kauf ihres Grundstückes zu einem tiefen Preis mit gleichzeitiger Übernahme der Schulden. Dies ist Beispielsweise die Ursache dafür, warum heute in den befriedeten Montes de Maria die Kleinbauern nicht zurückkehren, sondern ihren Besitz an Agrarinvestoren aus Antioquia verkaufen.23 Prekäre Rückkehrbedingungen

Eine der momentan grössten Herausforderungen ist, den Campesinos, die ihr Land zurück erhalten, Sicherheit vor erneuten gewalttätigen Übergriffen zu gewähren. Daneben brauchen sie aber auch staatliche Unterstützung für den Neubeginn in Form von Dienstleistungen wie Strom und Wasser sowie Infrastruktur wie Erschliessungsstrassen und Bewässerungssysteme, sowie technische Beratung, Unterstützung bei der Vermarktung und weiche Kredite. Die Regierung Santos will die landwirtschaftliche Produktion grundsätzlich ankurbeln, und sieht eine enge Beziehung zwischen der Produktivitäts- und Effizienzsteigerung der Landwirtschaft einerseits und der Landrückgabe andererseits. Viele Kritiker befürchten jedoch, dass das vorherrschende ländliche Entwicklungsmodell dazu führen wird, dass die meisten Kleinbauern, die Land zurück erhalten, dieses in ein paar Jahren wieder verkaufen oder wegen der Schuldenlast an die Bank verlieren, wenn die Agrarpolitik sich nicht dezidiert zu Gunsten der kleinbäuerlichen Produktion ändert. Sowieso gilt grundsätzlich festzuhalten, dass die Restitution von Land an Gewaltopfer nicht mit einer Agrarreform als solches zu verwechseln ist. Selbst wenn alle Vertriebenen und Gewaltopfer seit 1991 oder gar seit 1984 ihr Land zurück erhalten, bleibt die kolumbianische Agrarstruktur extrem ungerecht. Die Regierung plant denn auch in der kommenden

22 Carlos Medina Gallego, Sobre la restitución de la tierra: Violencia, tierra y paz, 30. September 2010. http://www.colectivodeabogados.org/Violencia-tierra-y-paz 23 http://verdadabierta.com/paraeconomia/tierras

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Märzsession ein Gesetz zur ländlichen Entwicklung vorzustellen. Was dessen genauer Inhalt sein wird, ist noch nicht bekannt. Klar ist aber, dass weitergehende Agrarreformmassnahmen auf erbitterten Widerstand stossen werden. Bei der Landrückgabe kommt der (gewaltsame) Widerstand von Grossgrundbesitzern mit illegalem Besitz sowie von Drogenhändlern und Paramilitärs. Jedoch haben auch der Bauernverband SAC (Sociedad de Agricultores de Colombia) und der Viehzüchterverband FEDEGAN gegen verschiedene Elemente der Restitution Bedenken geäussert. Diese beiden einflussreichen Verbände sind auch historische Gegner jeglicher Umverteilung von Landbesitz und haben angekündigt, ein neues Landreformgesetz zu bekämpfen. Chance für einen gerechteren Agrarsektor?

Das Land soll aber in der Vorstellung der neuen Regierung intensiver genutzt werden, u.a. durch ein überarbeitetes Steuersystem. Je extensiver die Nutzung und je grösser ein einzelner Besitz ist, desto stärker will Santos die Grundstückssteuer anheben. Die heutige unangepasste Nutzung des Bodens soll ebenfalls korrigiert werden. So dient heute viel zu viel Land als Weidefläche. Diese soll von 38 Mio. Hektaren auf 20 Mio. reduziert werden, die Ackerbaufläche dagegen von 5 auf 20 Mio. Hektaren ausgedehnt werden.24 1959 wurden 65 Mio. Hektaren Wald unter Schutz gestellt, in der Praxis sind heute aber 14 Mio. Hektaren davon gerodet und besiedelt. Die Regierung Santos schlägt vor, weitere 6 Mio. Hektaren aus den Schutzgebieten herauszulösen, den Rest aber besser zu schützen. Diese Massnahme ist umstritten, dient sie doch auch der Durchführung von Bergbauprojekten in Schutzgebieten. Grundsätzlich will Santos mehr Nahrungsmittel produzieren lassen. Er erachtet dies als strategische Notwendigkeit für das Land und auch als wirtschaftliche Chance. Diese Zahlen verdeutlichen die Dringlichkeit: 2002 importierte Kolumbien erst 1 Mio. Tonnen Lebensmittel, 2010 waren es schon 8,5 Mio. Tonnen! Kleinbauern haben aber trotzdem eine ungewisse Zukunft, da sie sich primär den agroindustriellen Wertschöpfungsketten unterwerfen müssen. Ebenso gibt es Ideen, dass Landlose und Kleinbauern zuerst ihre unternehmerische Eignung unter Beweis stellen müssen, bevor sie Land zuerteilt erhalten. Dabei geht vergessen – so der Campesino-Experte Alfredo Molano – dass die kleinbäuerliche Wirtschaft in erster Linie eine Kultur ist, nicht ein der Rendite unterworfenes Wirtschaftsmodell25. Positiv zu vermerken ist, dass umstrittene Instrumente wie die Campesino-Schutzgebiete (Zonas de Reserva Campesina) wieder diskutiert werde. Es handelt sich um Zonen, wo der individuelle Landbesitz auf 5 Familienbetriebseinheiten beschränkt ist. Unklar ist die Politik gegenüber kollektivem Landbesitz von Afros und Indigenen, wo es unter Uribe keinerlei Fortschritte gab. Es ist zu hoffen, dass Santos und sein Agrarminister die schlimmsten Auswirkungen der Politik unter Uribe ändern. Uribe hat beispielsweise vier Behörden (u.a. Landreform, ländliche Entwicklung und Bewässerung) in einer einzigen Behörde zusammengefasst, dem Incoder. Diese Superbehörde hatte dann aber nur ein Viertel des Budgets der vier Vorgängerbehörden zusammen zur Verfügung. Das Budget für Landzuteilung an Landlose reichte in gewissen Jahren nur gerade, um wenige Dutzend Familien zu begünstigen, bei einem Potential von mehreren Hunderttausend Familien, die Land brauchen. 2009 hatte das Incoder dazu auf nationaler Ebene ein Budget von 20 Mia. Pesos, das war bloss das Doppelte dessen was in einem einzigen Departement, Nariño, für die Förderung der Ölpalme zur Verfügung stand.26 5. Kolumbianische Wirtschaftspolitik

24 Revista Semana, La tierra prometida, Edición 1479, 6 al 13 de septiembre de 2010. 25 Alfredo Molano, Sacar Campesinos. El Espectador, 13. September 2010. 26 Alejandro Mantilla Ocampo, La política agraria en Colombia, desigualdad y despojo. CEDINS, August 2010, S. 5 und 7.

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Präsident Santos hat in seinem Regierungsprogramm und im Entwicklungsplan verschiedene Wachstumslokomotiven definiert: Infrastruktur, Technologie und Innovation, Landwirtschaft und Bergbau. Zudem soll die regionale Integration und Entwicklung gefördert werden. Ebenso setzt er weiter auf Freihandel und will weitere Abkommen abschliessen. Ausländische Direktinvestitionen wollen weiter angezogen und mit Steuererleichterungen und beispielsweise Zollfreizonen gefördert werden. Wachstum ohne Jobs

Das kolumbianische Wirtschaftswachstum betrug 2010 fast 5 Prozent, allerdings konnten die Auswirkungen der Überschwemmungen auf die kolumbianische Wirtschaft noch nicht ausgerechnet werden. Obwohl das Wachstum in den letzten Jahren immer recht hoch lag und die ausländischen Direktinvestitionen generell stark zunahmen, hat sich die Arbeitslosigkeit nicht nachhaltig reduziert und verharrt bei etwa 12 %. So wurden beispielsweise in den Zollfreizonen 2009 statt der versprochenen 45‘000 nur 12‘000 neue Arbeitsplätze geschaffen. Dabei stiegen die gesamten privaten Investitionen von 2002 bis 2009 von 16,5 auf 25,8% des Bruttoinlandproduktes (BIP), die ausländischen Direktinvestitionen stiegen im selben Zeitraum von 2,3 auf 3% des BIP, während sich das BIP von 210 auf 401 Mia. Dollar verdoppelte.27 Auch das Armutsniveau ist gegenüber Ländern mit vergleichbarer oder sogar geringerer Wirtschaftsleistungen immer noch skandalös hoch. Erdölboom

Uribe hat es durch eine grosszügige Gesetzgebung und die Schaffung einer neuen Agentur für Erdöl geschafft, massiv mehr Konzessionen im Erdölsektor zu vergeben und die Exploration anzukurbeln. Dadurch könnten die kolumbianischen Erdölvorkommen im nächsten Jahrzehnt auf ca. 6 Milliarden Fass anwachsen. Bis Mai 2010 wurden 3,1 Milliarden Fass zertifizierte und nachgewiesene, sehr wahrscheinliche und vermutetet Reserven bekannt gegeben. Damit wurde der Durchschnitt der vergangenen Jahre verdoppelt.28 Im Juni 2009 hatte Kolumbien bereits verschiedene Blöcke für neue Explorationen in Carta-gena versteigert. Der Sektor wuchs damit innerhalb kürzester Zeit um 11,3 Prozent, während die Wachstumsrate in den letzten zehn Jahren ein Prozent nicht überschritten hatte. Die staatliche Ecopetrol will die Produktion bis 2015 auf eine Million Fass pro Tag steigern. Bis 2010 sollen es 1,3 Millionen Fass sein. Santos befürwortet die Einrichtung von Sparkonten im Ausland (fondos de ahorro), um eine mögliche Holländische Krankheit zu vermeiden. Zudem möchte er das System der Regalías reformieren.29 5.1 Bergbau

Unter Präsident Uribe wurde mit der Vision 2019 beschlossen, Kolumbien zu einem Bergbauland (país minero) zu machen. Der Bergbau hat in Kolumbien immer noch ein verhältnismässig geringes ökonomische Gewicht und das Land ist weitgehend unexploriert, verglichen mit Peru und Chile. Bis 2019 soll der Anschluss geschafft werden, aber v.a. Peru ist im Umgang mit ländlichen Gemeinschaften und der Umwelt wahrlich kein Vorbild. Unter Uribe wurde die Gesetzgebung im Bereich Bergbau und Ölförderung weiter angepasst, mehrheitlich zugunsten der multinationalen Konzerne und kaum je zugunsten der Umwelt und der lokalen Gemeinschaften. Mit dem neuen Bergbaugesetz Nr. 685 von 2001 wurden

27 Escuala Nacional Sindical, MODELO ECONÓMICO, POLÍTICA LABORAL, EMPLEO E INFORMALIDAD EN EL GOBIERNO URIBE, HTTP://WWW.COLECTIVODEABOGADOS.ORG/MODELO-ECONOMICO-POLITICA-LABORAL 28 Eine Karte der Landflächen mit den bereits ausgebeuteten oder potentiellen Erdölvorkommen findet sich unter http://www.anh.gov.co/es/index.php?id=1. 29 http://www.larepublica.com.co/archivos/ASUNTOSLEGALES/2010-08-07/petroleo-y-carbon-sectores-en-expansion_107443.php

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wichtige Vorschriften für den Umweltschutz aufgehoben, z.B. ist für Explorationsarbeiten neu keine Umweltlizenz mehr notwendig. Ebenso ist vorgängige Konsultation und das Einholen der freien, vorgängigen und informierten Zustimmung nach ILO Konvention 169 schlecht geregelt. Grundsätzlich wäre es Aufgabe des Staates, diese Konsultation mit indigenen und afrokolumbianischen Bevölkerungsgruppen durchzuführen, und zwar bevor irgendwelche Bergbaukonzessionen verteilt und Explorationsarbeiten begonnen werden. Fundamental ist, dass die betroffenen Gemeinschaften auch das Recht haben müssen, nicht nur Anpassungen an einem Projekt zu verlangen, sondern dass sie dieses auch ablehnen dürfen, wenn es ihr Territorium und ihre Kultur in schwerwiegender Weise beeinträchtigt. Da diese Konsultation und das Erlangen von Umweltlizenzen schlecht geregelt sind, und das Umweltministerium beispielsweise gegenüber dem Bergbauministerium wesentlich schwächer ist, werden viele umstrittene Projekte in eigentlich geschützten Naturräumen oder auf Gemeinschaftsland so weit vorangetrieben, bis der wirtschaftliche Druck so gross ist, dass ein Stopp des Projektes fast nicht mehr möglich ist. Am Bergbaugesetz wird weiter „optimiert“

Im Februar 2010 wurde das Bergbaugesetz erneut überarbeitet (Gesetz Nr. 1382) und die Garantien für Investoren weiter verbessert. Z.B. wurde die Zeitfrist, in der Explorationsarbeiten zu erfolgen haben, auf 11 Jahre ausgeweitet, so dass Investoren in immer grösseren Gebieten länger suchen können. Einer der wenigen positiven Punkte des Gesetzes 1382 ist, dass Bergbauaktivitäten in geschützten Ökosystemen wie Hochmoore (Paramos) und Wäldern verboten wurden. Trotzdem hat das Bergbauministerium und Ingeominas 1000de von Konzessionen in Waldschutzgebieten vergeben und sind 54% der Fläche aller Paramos mit Konzessionen belegt.30 Insgesamt gab es eine starke Zunahme an Gesuchen und Vergabe von Titeln und Konzessionen. Waren es 2007 erst rund 1600 zugeteilte Bergbaukonzessionen, waren es Ende 2010 schon über 6200. Sämtliche gültigen Lizenzen, Bewilligung und Titel bedecken eine Fläche von knapp 3 Millionen Hektaren. Insgesamt sind bei den zuständigen Behörden rund 45‘000 Anträge für Bergbauaktivitäten hängig, die insgesamt 35 Mio. Hektaren Land betreffen. Das ist beinahe die heute für Viehzucht genutzte Fläche! 16 von 33 Bergbaudistrikten überlappen sich zudem mit über 200 indigenen Reservaten, ohne dass je eine korrekte vorgängige Konsultation stattgefunden hätte.31 Das Umweltministerium hat eigene Zahlen vorgelegt, wonach 571 Bergbautitel in Zonen liegen, wo es nach gültiger Gesetzgebung keine Bergbauaktivitäten geben dürfte (u.a. 44 Titel in Nationalparks).32 Bergbauprojekte benötigen meistens auch Erschliessungsstrassen, die dann eine unkontrollierte Besiedlung und Rodung des betreffenden Gebietes zur Folge hat. Ein wesentlicher Teil der 340‘000 Hektaren Wald, die jährlich abgeholzt werden, dürften mit Bergbauprojekten zusammen hängen.33 Die Kolumbianische Juristenkommission hat im August 2010 eine Klage gegen das neue Bergbaugesetz 1382 eingereicht, da dieses nicht mit ethnischen Minderheiten konsultiert worden war. Damit verstösst dieses Gesetz gegen die Verfassungsmässigkeit. Es ist

30 Manuel Rodríguez Becerra. Mineria en Colombia, Estilo 007 ?, Grupo Colombia, 5. September 2010. http://www.razonpublica.com/index.php?option=com_content&view=article&id=1289:mineria-en-colombia-iestilo-007&catid=20:economia-y-sociedad&Itemid=29 31 Leonardo González, Desalojos forzados, reasentamientos involuntarios y derechos de las comunidades. In : Indepaz, Mineria y Comunidades. Bogotá, Dezember 2010. 32 Andrés Idárraga Franco, Mineria en Colombia : locomotora para la prosperidad de pocos, CEDINS, Herbst 2010. 33 MAVDT, IDEAM. 2010. Informe anual sobre el estado del medio ambiente y los recursos naturales renovables en Colombia. Bosques-2009. Bogotá: ministerio de Ambiente Vivienda y Desarrollo Territorial, IDEAM. http://www.invemar.org.co/redcostera1/invemar/docs/RinconLiterario/2010/septiembre/JA_61_2009.pdf

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wahrscheinlich, dass es vom Verfassungsgericht für ungültig erklärt wird, wie beispielsweise das Gesetz für ländliche Entwicklung (Estatuto de desarrollo rural) im Jahr 2008.34 Kolumbien setzt weiter auf Kohle

Der Kohleabbau soll weiter zunehmen, auf ein Exportvolumen von über 70 Millionen Tonnen. Grosse Projekte sind geplant: Das Projekt El Descanso von Drummond, ein weiteres Projekt von Galway Ressources in Cesar mit über 100‘000 Hektaren und grosse Tagebauminen im Catatumbo, Nordsantander. Ebenso soll aber nebst der weit verbreiteten thermischen Kohle auch Kokskohle und metallurgische Kohle gefördert werden und dazu die zentralen Landesregionen mit kleinen Untertagminen besser erschlossen werden. Geplant ist auch ein starker Ausbau der Eisenbahn- und Hafenstruktur.35 Glencore und Xstrata versuchen, sich beim Kohleabbau noch stärker zu positionieren und sind die bestpositionierten potentiellen Käufer der Kohlenminen von Drummond. Aber auch bei Metallen wie Kupfer ist Glencore aktiv, mit einer Konzession über 2800 Hektaren in Antioquia, in den Gemeinden Murindó und Frontino. Beim Goldbergbau sticht Anglo Gold Ashanti mit Hunderten von Konzessionsgesuchen über Millionen von Hektaren hervor, im Süden Bolivars, am Oberlauf des Atrato im Chocó, mit der Mina La Colosa in Tolima. Hartnäckigen Widerstand leistet die Bevölkerung gegen riesige Projekte, in Paramos Bergbau zu betreiben, z.B. im Páramo Santurban in Santander. Die Kanadische Firma Greystar hat die Erlaubnis erhalten, 30‘000 Hektaren dieses Páramos zu explorieren, was die Wasserversorgung für eine Million Personen in Santander gefährden würde.36 Gemäss heute gültiger Gesetzgebung wäre dieses Projekt nicht mehr möglich (Gesetzt 1382 von 2010 verbietet Bergbau im Paramo), leider wirkt diese Bestimmung aber nicht rückwirkend. Der massive Ausbau des Bergbaus und der Erdölförderung sollte dem kolumbianischen Staat viel mehr Einnahmen aus den Royalties - der Abbaugebühr, die Unternehmen für das Recht bezahlen, Rohstoffe als Eigentum des Staates abzubauen - bescheren. Das kann zu gefährlichen wirtschaftlichen Verwerfungen führen, bei der Währung, bei Preisstabilität und Konsum, sowie zwischen den Regionen. Zudem ist die heutige Verwendung der Royalties sehr schlecht: die regionale Verteilung ist ungünstig und rund um die Royalties grassiert die Korruption. Royalties erhalten heute die Gemeinden, in denen der Rohstoff abgebaut (Beispiel La Jagua in Cesar, die Guajira) oder wo er verschifft wird (Beispielsweise Santa Marta). Von 1090 Gemeinden erhalten heute nur 170 direkte Royalties. Viele dieser an sich reichen Gemeinden und Departements weisen jedoch immer noch Armutsniveaus über dem Landesdurchschnitt auf, so die Guajira mit über 60% Armen.37 Systemwechsel auch bei den Royalties

Ein neues Gesetz über die Royalties ist deshalb ein weiteres der ehrgeizigen Gesetzes- und Reformprojekten der Regierung Santos. Die Reform des Nationalen Royalties-System soll diesen künftig noch grösseren Reichtum gerechter verteilen, mehr Kolumbianer davon profitieren lassen und eine zukunftsträchtigere Wirkung entfalten. Die Regierung geht davon aus, dass die Royalties sich bis 2020 auf 12 Billionen Pesos verdoppeln. Die Investitionen in

34 Comisión Colombiana de Juristas, 17. August 2010, Síntesis de la demanda inconstitucionalidad contra la reforma al código de minas (Ley 1382 de 2010) por ausencia de consulta previa. 35 Petróleo y carbón, sectores en expansión. In : La Republica, 7. August 2010. http://www.larepublica.com.co/archivos/ASUNTOSLEGALES/2010-08-07/petroleo-y-carbon-sectores-en-expansion_107443.php 36 Rafael Figueroa Rincón : Responsabilidad corporativa, autonomia de las comunidades y medio ambiente. Bogotá, Januar 2011. 37 Como se deberían distribuir las regalias en Colombia?, Portafolio, 4. September 2010. http://www.portafolio.com.co/archivo/documento/CMS-7892819

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den Bergbau sollen auf 20 % des BIP steigen, die Erdölproduktion sich um 70%, die Goldförderung um 74% steigen, während sich die Kohlenproduktion verdoppeln soll.38 Das neue Gesetz schafft das Allgemeine System für Royalties (Sistema General de Regalias) und ändert die Artikel 360 und 361 der Verfassung.39 Die Verwaltung der Royalties wird durch die Zentralregierung übernommen, die Zentralbank (Banco de la República) verwaltet einen neu zu schaffenden Spar- und Stabilisierungsfonds. Weiter wird ein Fonds für Regionale Wettbewerbsfähigkeit geschaffen, bestehend aus einem Regionalen Ausgleichsfonds und einem Regionalen Entwicklungsfonds. Der Ausgleichsfonds ist auf 20 Jahre beschränkt und konzentriert sich auf die ärmsten Regionen des Landes, der Entwicklungsfonds hat eine unbeschränkte Laufzeit und steht allen Regionen zur Finanzierung von Entwicklungsprojekten offen. Über den Regionalen Entwicklungsfonds sollen regionale Projekte gefördert werden, die sich nicht auf einzelne Gemeinden oder Departemente beschränken, sondern eine regionale Entwicklungsplanung fördern. Dies ist übrigens auch im Entwicklungsplan vorgesehen, der sechs grosse Entwicklungsregionen bestimmt. Auch dieses Gesetz über Royalties erfährt von verschiedenen Seiten Kritik. Die heutigen Produktionszentren befürchten, weniger Geld zu erhalten. Sie werden zwar weniger erhalten, aber immer noch einen beträchtlichen Anteil, da sie ja auch negative Folgen z.B. für die Umwelt erleiden, die damit abgegolten werden sollen. Andererseits ist es aber auch nicht gerecht, wenn ein Dorf wie La Jagua jedes Jahr Millionen erhält, das Nachbardorf, wo keine Kohlenmine liegt, aber nichts erhält. Die Royalties sind für die Gouverneure und Bürgermeister der Abbauregionen aber auch ein willkommenes Machtinstrument gewesen, konnten sie sich dadurch doch Wahlsiege und Einfluss sichern. Klar, dass diese Kreise heute am lautesten aufschreien. Aber auch lokale Sozialbewegungen und Gewerkschaften befürchten den Verlust von Einnahmen für ihre Regionen und misstrauen der Zentralregierung, dass diese die Mittelverwendung besser kontrolliert. Tatsächlich merken viele unabhängige Experten an, dass effiziente Instrumente und Kontrollmechanismen fehlen, um Korruption wirksam zu bekämpfen und zu garantieren, dass mit den Mitteln sinnvolle Projekte und keine Luxusprojekte wie Vergnügungsparks finanziert werden. 6. Synthese und Ausblick: Was geschieht in den Regionen Für 2011 steht der Regierung Santos die erste Hürde bevor. Es entscheidet sich bei den Parlamentsdebatten im März und im Juni, ob die beabsichtigten Reformvorhaben auch wirklich angenommen werden. Sollten sie durch das Parlament angenommen werden, ist immer noch fraglich, ob und wie die Gesetze auch implementiert werden. Doch dies ist nicht der einzige Prüfstein für die Regierung. Im kommenden Jahr stehen nach vier Jahren erneut Regionalwahlen an, in denen in den Departements Gouverneure und auch die Bürgermeister neu gewählt werden. Bereits jetzt scheint Ex-Präsident Uribe in diesen Wahlen eine Schlüsselrolle spielen zu wollen. Er will sich für die Kandidaten der Partido de la U einsetzen. Dabei kümmert sich Uribe allem Anschein nach wenig um die vom Präsidenten heraufbe-schworene Unidad Nacional.40 Gleichzeitig sind die Regionalwahlen auch ein Prüfstein für die Regierung von Santos, da die Wähler dazu neigen, in den Regionalwahlen auch die Zustimmung oder Ablehnung mit der Regierung auszudrücken.

38 Las 5 piezas que Santos mueve con la Ley de regalías. La Silla vacía, 1. September 2010, http://www.lasillavacia.com/historia/17711 39 Das Gesetzesprojekt siehe unter : http://www.minminas.gov.co/minminas/index.jsp?opcionCalendar=4&cargaHome=2&id_noticia=754 40 http://www.eltiempo.com/archivo/documento/CMS-8055001

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II Schwerpunkte unserer Arbeit Das Jahr 2010 begann zum ersten Mal mit nur einem Fachstellenleiter. Bruno Rütsche verabschiedete sich auf Ende 2009. Im April wurde die Fachstelle durch eine Praktikantin ergänzt, aber schon schnell wurde deutlich, dass auch das Informationsprojekt, das durch die Einführung des monatlichen Newsletters umgestellt wurde, konstantere Betreuung braucht. Daher wurde zunächst die Stelle der/des Fachverantwortlichen Kommunikation neu geschaffen, um die regelmässige Information zu garantieren. Im Jahr 2010 konnte der monatliche elektronische Newsletter als neues Produkt neben dem bewährten Monatsbericht etabliert und mit einer Umfrage an die Kundenwünsche angepasst werden. Es erschienen 2010 8 Nummern des Newsletters und 12 Ausgaben des Monatsberichtes. Zudem wurde die Webseite neue konzipiert und sollte spätestens im März 2011 online gehen. Die neue Webseite ist benutzerfreundlicher und die Informationen besser zugänglich. Die Arbeit der Fachstelle hatte dieses Jahr drei Schwerpunkte: 1) Lobbyarbeit zu Unternehmensverantwortung und Rechenschaftspflicht für Konzerne, 2) Informations- und Lobbyarbeit zu Bergbau und 3) Lobbyarbeit und Kampagnenaktivitäten zu Landrecht/-Rückgabe und Agrarreform. Unternehmensverantwortung und Rechenschaftspflicht

Einer der Schwerpunkte lag 2010 auf Lobbyaktivitäten zur Überarbeitung der OECD Leitsätze für multinationale Unternehmen. Seit 2009 gab es Vorbereitungsarbeiten seitens der OECD, um dann im Juni 2010 an der Ministerkonferenz die Revision der Leitsätze zu lancieren. Eine NGO Koalition angeführt von der ASK, Alliance Süd sowie von Amnesty International und der EvB versuchte, die Verhandlungsposition der Schweiz zu beeinflussen. Dazu fanden mehrere Gespräche mit dem Nationalen Kontaktpunkt statt und es wurden Briefe an das SECO und an Bundesrätin Doris Leuthard verfasst. Verschiedene Parlamentarier brachten von uns angeregte Anfragen und Interpellationen zum Thema der OECD Leitsätze ein, wodurch dieses Thema auf die politische Agenda gesetzt werden konnte. Im Vordergrund unserer Bemühungen stehen folgende Elemente: Erarbeitung eines eigenen Kapitels zu Menschenrechten in den Leitsätzen; Klarere Richtlinien für Zulieferer und Subunternehmen; Verbesserungen bei den Umsetzungsmechanismen (Zeitlimiten und Fristen, Mediationskapazitäten, Abklärungen vor Ort, klare Schlussberichte mit Festhaltung, ob die Guidelines verletzt wurden, Monitoring der vereinbarten Massnahmen) und bei der Organisation der Kontaktpunkte (institutionelle Verankerung, Controlling, Ressourcen). Die Haltung der offiziellen Schweiz in den Verhandlungen zeichnet sich durch Abwarten aus. Obwohl sie offiziell ein Kapitel zu Menschenrechten und weitere Elemente unterstützt, scheint sie in den Verhandlungen verschiedene Verschärfungen der Leitsätze und der Verfahrensgrundsätze zu blockieren. Weiter beteiligte sich die Arbeitsgruppe Schweiz Kolumbien an einem Dialog mit der Verwaltung (EDA und SECO) über das Rahmenwerk vom UN Sonderbeauftragten John Ruggie zu Unternehmen und Menschenrechten und dessen Umsetzung durch die Schweiz. Auch dieser Dialog gestaltet sich recht mühsam und ergebnisarm, da v.a. seitens des SECO wenig Handlungsbedarf gesehen wird. Weiter beteiligt sich die ASK an einer breiten Koalition von NGOs und sozialen Bewegungen in der Schweiz, die sich für eine umfassende und kohärente Schweizer Politik im Bereich Unternehmensverantwortung und für eine gesetzlich geregelte Rechenschaftspflicht einsetzt.

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Bergbau und Menschenrechte

Im Oktober 2009 waren die Präsidenten der Gemeinderäte von Roche und Chancleta in der Schweiz und in Deutschland auf Rundreise, um über die nach wie vor bestehenden Probleme bei der Umsiedlung ihrer Dörfer durch die Kohlenmine El Cerrejón zu berichten. Cerrejón war damals daran, ein „neues Roche“ zu bauen, obwohl sie mit den umzusiedelnden Bewohnern des alten Roche keine Einigung über die Art und Grösse der Häuser und der räumlichen Gliederung des neuen Dorfes erreicht hatte. Yoe Arregoces, Präsident des Gemeinderates von Roche, forderte Cerrejón und die Mutterkonzerne Xstrata und Anglo American auf, nicht weiter zu bauen ohne mit der Gemeinschaft ein umfassendes Abkommen zu erreichen. Nach seiner Rückkehr wurde Yoe mehrmals telefonisch mit Tod bedroht. Bis heute ist die Urheberschaft dieser Drohungen nicht geklärt. Das Unternehmen Cerrejón vermutete familiäre oder sonstige Streitigkeiten oder Probleme mit illegalen Aktivitäten als mögliche Ursache, schloss aber kategorisch aus, dass die Drohungen etwas mit dem Konflikt über die Umsiedlung zu tun haben könnte. Im April 2010 konnte endlich die Beratungsarbeit von Indepaz für die Umsiedlungsprozesse von Roche und Tamaquitos beginnen. Seither gab es v.a. bei Tamaquitos konkretere, wenn auch immer noch langsame Fortschritte. Arbeitskonflikte und Menschenrechtsverletzungen bei Glencore

Bei Glencore in den Kohlenminen von La Jagua kam es Ende Juni 2010 zu einem Streik über einen neuen Tarifvertrag. Arbeiter und deren Frauen und Kinder blockierten Zugänge zu den Minen, der Streik dauerte über 30 Tage, bis er durch die Bereitschaftspolizei ESMAD brutal unterdrückt wurde. Es gab mehrere Verletzte und Glencore versuchte, den Streik für illegal zu erklären und Gewerkschaftsführer anzuklagen. Der Fachstellenleiter der ASK besuchte kurz danach La Jagua und konnte viele Zeugenaussagen über die polizeiliche Gewalt aufnehmen. Viele Personen sagten aus, dass Glencore und deren privater Sicherheitsdienst bei der gewaltsamen Räumung der Mineneingänge mitbeteiligt waren. Wenige Tage nach Streikende kam es zu einer Einigung über den Tarifvertrag. Verschiedene damals beschlossene Massnahmen hat Glencore/Carbones de la Jagua nach Aussagen der Gewerkschaft Sintramienergetica bis heute nicht umgesetzt, und die Gespräche führen untergeordnete Chargen ohne Verhandlungskompetenz. Glencore respektive ihre Tochterfirma Prodeco geriet ebenfalls in die Schlagzeilen, weil sie mehrere Grundstücke kaufte, von denen ein paar Jahre vorher Begünstigte der Landreform durch Paramilitärs vertrieben und mehrere Campesinos ermordet worden waren. Gemäss Presseartikeln habe Glencore Grundstücke von Familienangehörigen und Strohmännern der Paramilitärs abgekauft. Es scheint nach wie vor, dass sich Glencore bei seinen Geschäftstätigkeiten des heiklen menschenrechtlichen Umfeldes zu wenig bewusst ist und ihrer Sorgfaltspflicht nur ungenügend nachkommt. Über Themen wie Menschenrechte, Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz gibt Glencore jedoch nur sehr zögernd Auskunft, da sie als private, nicht Börsen kotierte Firma dazu nicht verpflichtet sei. Die ASK hat auf verschiedene Anfragen jedoch jeweils schriftlich oder telefonisch Auskunft erhalten. Wirklich überprüfen lassen sich diese Angaben aber meistens nicht. Glencore weisst genauso systematisch jede Verantwortung und jeglichen Fehler von sich, wie die Gewerkschaft an diesen Vorwürfen festhält. Erfolgreiche Rundreise von Bergbaubetroffenen

Im November 2010 waren zwei Vertreter aus den Kohlerevieren in Cesar und der Guajira auf Rundreise in der Schweiz und in Deutschland. Treffen mit der Verwaltung in Bern verliefen recht enttäuschend, da das EDA und das Seco keine Instrumente und auch kein Mandat hätten, gegenüber den Schweizer Firmen in Kolumbien zu intervenieren. Glencore und Xstrata lehnten beide Gespräche mit den Kolumbianischen Betroffenen ab. Glencore verwies

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darauf, dass derartige Gespräche in Kolumbien stattfinden müssten. Gute Gespräche konnten den beiden Gästen jedoch mit Lokalpolitikern und Bürgerinitiativen vermittelt werden, die sich gegen Schweizer Beteiligungen an deutschen Kohlekraftwerken aussprechen, beispielsweise SN Energie, die bernerische BKW und Repower aus Graubünden. Repower hat die Kolumbianer als einziges Unternehmen zu einem sehr offenen Gespräch empfangen. In Zusammenarbeit mit Incomindios, Greenpeace Bern, Amnesty Unigruppen und Kohlekraftwerksgegnern waren drei gut besuchte Veranstaltungen möglich und konnten mehrere Presseartikel und Radiointerviews vermittelt werden. Die Arbeitsgruppe Schweiz Kolumbien hat begonnen, verschiedene Fälle von Menschenrechtsverletzungen durch Schweizer Bergbaukonzerne detailliert zu dokumentieren. Nebst den Kohlenminen von Glencore in La Jagua betrifft dies v.a. eine Konzession zur Exploration von Kupfer und Molybdän, die durch die Glencore-Tochter Carboloma S.A. vorangetrieben wird. Dieses Projekt namens Pantanos-Pegadorcito in Antioquia, an der Grenze zum Chocó, geriet in die Schlagzeilen, als indigene Gemeinschaften Helikopterüberflüge und einen Bombenangriff der Kolumbianischen Luftwaffe denunzierten. Die zuerst verdächtigte Muriel Mining Company beschuldigte Glencore oder Anglo Gold, hinter den Helikopterflügen zu stehen. Gegenüber der ASK hat Glencore zugegeben, Helikopterflüge zwecks Exploration ihrer Konzession durchgeführt zu haben. Diese Flüge hätten aber über sämtliche notwendigen Bewilligungen verfügt und die lokale Bevölkerung sei mit einem Flugblatt ausreichend darüber informiert worden. Trotz umfangreicher Abklärungen im Auftrag der ASK ist es bis heute nicht gelungen, Personen oder Organisationen zu finden, die das angeblich breit verteilte Flugblatt kennen. Unsere Abklärungen haben aber ergeben, dass Glencore respektive Carboloma bisher keinen korrekten Prozess der vorgängigen Konsultation durchführten, sondern lediglich einzelne Gemeinschaften und lokale Führungspersonen zu gewinnen suchten, beispielsweise durch Geschenke. Glencore äusserte sich dahingehend, dass ein Konsultationsprozess im Gange sei und dass aber noch keine Explorationsarbeiten am Boden stattgefunden hätten. Da den für das betreffende Gebiet zuständigen indigenen und afrokolumbianischen Organisationen durch die Armee der Zugang verweigert wird, konnten auch diese Angaben nicht überprüft werden. Tatsache ist, dass die lokale Bevölkerung nie ihr Einverständnis zu diesem Projekt gab und wegen der Militarisierung in ihrer Bewegungsfreiheit massiv eingeschränkt ist. Land – Basis für Frieden

Im Mai 2010 ermöglichte die Arbeitsgruppe Schweiz Kolumbien dem kolumbianischen Kleinbauernführer Misael Payares aus Las Pavas die Teilnahme an den Verhandlungen des UN Komitees für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte in Genf. Die Kleinbauerngemeinschaft von Las Pavas wurde im Juli 2009 auf Geheiss eines Palmölkonsortiums vertrieben, an dem auch der Hersteller von organischem Palmöl Daabon beteiligt ist. Palmöl von Daabon ist u.a. durch Biosuisse zertifiziert und wird in Deutschland von Rapunzel, Allos und Alnatura verarbeitet, in der Schweiz beispielsweise von Coop. Die ASK konnte Don Misael Gespräche bei Biosuisse und bei den drei erwähnten deutschen Unternehmen vermitteln. Im September gelangten wir mit Unterstützung verschiedener anderer NGO wieder an die deutschen Firmen und ersuchten sie, ihren Einfluss als Abnehmer von Daabon Biopalmöl wahrzunehmen und sich für eine Rückgabe des Landes an die Kleinbauern einzusetzen. Wenige Wochen nach diesem Brief kündigte Daabon an, aus dem Projekt Las Pavas auszusteigen. Auch mit Biosuisse pflegten wir weiteren Austausch, ohne dass jedoch Biosuisse bis heute klar Stellung bezogen hätte. Anlässlich der Suippcol-Kampagne im Oktober 2010 ersuchten wir sowohl Biosuisse als auch Coop um ein Gespräch. Coop antwortete nie, Biosuisse sagte ein Gespräch in letzte Minute wieder ab, angeblich weil ihnen wesentliche Informationen der Partner fehlen.

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Die ASK war als eine der Trägerorganisationen des Schweizer Friedensförderungsprogrammes SUIPPCOL stark in die Vorbereitung und Durchführung der diesjährigen Kampagne „Land – Basis für Frieden“ involviert. Die Dienstreise des Fachstellenleiters und der Kommunikationsverantwortlichen im Juli 2010 nach Kolumbien diente wesentlich der Vorbereitung dieser Kampagne. Ziel der Kampagne, die auch 2011 weiter geführt wird, ist, mehreren Gemeinschaften des Netzwerkes der Friedensinitiativen von Unten zu gesichertem Landbesitz zu verhelfen. In den beiden Kampagnenwochen vom 16. Bis 31. Oktober trugen die drei Gäste aus Kolumbien nicht nur die Probleme ihrer Gemeinschaften vor, sondern präsentierten v.a. Lösungsvorschläge und Handlungsmöglichkeiten, die auch von der Schweiz aus unterstützt werden können. In der Kampagne wurde die Situation der Gemeinschaften von las Pavas und El Garzal im Mittleren Magdalenatal, vom Gemeinschaftsrat der Cocomopoca im Chocó und von mehreren Gemeinschaften aus Córdoba dargelegt. Diese Gemeinschaften wehren sich in Kolumbien gegen Räumungsbefehle, gefälschte Landtitel und Vertreibung und haben verschiedene Gerichts- und Verwaltungsverfahren angestrengt. Im Oktober wurden in der Schweiz spezielle Unterstützungsschreiben zu Gunsten dieser Gemeinschaften und ihrer Prozesse vorgestellt, die von Einzelpersonen und Organisationen unterschrieben wurden. Diese sogenannten Coadyuvancias und dazugehörige Petitionen wurden von mehreren Hundert Personen unterzeichnet. Leider wurden die Folgearbeiten in Kolumbien ab November 2010 durch die schweren Überschwemmungen massiv beeinträchtigt. Alle in der Kampagne erwähnten Gemeinschaften litten sehr stark unter den Überschwemmungen, verloren praktisch alle Pflanzungen und mussten mit Nothilfe unterstützt werden. Da sie mit ihrem nackten Überleben beschäftigt waren und von Mitte Dezember bis Mitte Januar fast alle Behörden in Kolumbien geschlossen sind, konnten diese von uns allen unterzeichneten Unterstützungsschreiben erst am 17. Januar 2011 den zuständigen Behörden überreicht werden. Erste Resultate werden für Ende Februar 2011 erwartet. III Aktivitäten der Regionalgruppen

1) Jahresbericht 2010 der Regionalgruppe Bern

Die Regionalgruppe traf sich im Jahr 2010 zu 11 Sitzungen und einem Planungsnachmittag. Die Gruppe hat drei neue Mitglieder erhalten, einige Mitglieder gingen ins Ausland.

Die Aktivitäten der Gruppe standen ganz im Zeichen der Suippcol-Kampagne „Land-Basis für Frieden“: am 16. Oktober machten wir eine Standaktion und sammelten Unterschriften, es gab eine Abendveranstaltung am 28. Oktober und einen Kinoabend in Bern mit dem Film El Vuelco del Cangrejo. Die Berner Gruppe organisierte auch wieder die Traubenlese Anfang Oktober.

2) Jahresbericht 2010 der Regionalgruppe Basel

Die Regionalgruppe traf sich im Jahr 2010 zu 9 Sitzungen.

Für die Basler Gruppe war das Jahr geprägt durch die 4. Kolumbienkulturwoche, welche vom 24.-30. Oktober stattfand. Auch dieses Mal konnten wir mit unserem vielfältigen Programm ein breites und gemischtes Publikum ansprechen.

� So 24. 10.2010 „El vuelco del Cangrejo“,Matinée zum kolumbianischen Film von Oscar Ruíz Navia,

� Mo 25. 10. 2010 „Der unerwünschte Zeuge“ Film von Juan José Lozano, anschliessend Gespräch mit dem Autor

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� Di. 26. 10. 2010 Ohne Land kein Frieden ! Gesprächsabend mit drei Gästen aus Kolumbien

� Mi 27. 10. 2010 „Das Kind des Frosches Rinrin Renacuajo………….“ Gedichte, Geschichten und Fabeln des kolumbianischen Dichters Rafael Pombo

� Do 28. 10. 2010 Cumbia, Vallenato und Ländler - ein kolumbianisch-schweizerisches Musiktreffen

� Sa 30.10. 2010, Union Kultur- und Begegnungszentrum, Klybeckstrasse 95 Fiesta Colombiana mit Orquesta Salsa Pinton

3) Jahresbericht der ask-Regionalgruppe Luzern für 2010

Die Regionalgruppe traf sich im Jahr 2010 zu 14 Sitzungen. Die Gruppe konnte zwei neue Mitglieder aufnehmen. Die Mitglieder der Luzerner Gruppe führten mehrere Menschenrechtspredigten und zwei Filmanlässe durch, waren bei verschiedenen Anlässen in Luzern mit Informationsständen präsent und organisierten ein Informationsveranstaltung zu Tierra y Territorio im RomeroHaus im Rahmen der Suippcol-Kampagne.

4) Jahresbericht 2010 – ask-Regionalgruppe Zürich

Die Regionalgruppe traf sich im Jahr 2010 zu 3 Sitzungen. Es ist unsere jüngste und noch kleinste Regiogruppe. Sie organisierte am 27. Oktober 2010 eine Veranstaltung im Rahmen der Suippcol-Kampagne mit drei kolumbianischen Gästen in der Helferei Grossmünster, Zürich, sammelte Unterschriften für die Petition zu Agrotreibstoffen und unterstütze mehrere Veranstaltungen der Fachstelle der ASK und von anderen Regionalgruppen. IV Öffentliche Auftritte und Aktivitäten Unvollständiges chronologisches Verzeichnis der öffentlichen Auftritte und Arbeiten des Fachstellenleiters Teilnahme an 2 Stiftungsratssitzung des Solifonds, 3 Vorstandssitzungen von Peacewatch, mehrere Vorstandssitzungen von Multiwatch, Leitung der AG Bergbau von Multiwatch, Teilnahme am Ruggie-Dialog mit EDA/seco und an der Planung der SCCJ – Kampagne. Januar 2010 Teilnahme an Rundem Tisch des SECO zu OECD Leitsätzen (29. Januar) Februar 2010 Monatsbericht 2/2010: Stromgewinnung auf Kosten eines indigenen Volkes? Vortrag beim Verein ADICO in Will zu aktuellen Lage Kolumbiens (27. Februar) März 2010 Monatsbericht 3/2010: Klimawandel in Kolumbien (Mitarbeit) Referat an der GV von CETIM in Genf zu Multis in Kolumbien (27. März)

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April 2010 Newsletter Nr. 292: Mitarbeit an 4 Artikeln Monatsbericht 4/2010: Der lange Kampf der Embera für ihren heiligen Berg. Besuch der Senatorin Piedad Cordoba in Bern: Organisation einer Pressekonferenz und Austausch mit interessierten NGO-Vertretern. Besuch bei PA IV des EDA. Artikel in Duzenden von Zeitungen über SDA. (13. April) Lobbygespräch mit Leiter Internationale Investitionen des SECO zur Revision der OECD Leitsätze (15. April); mehrere Briefe und parlamentarische Interventionen mit Alliance Sud zusammen koordiniert. Inputreferat an Multiwatch GV (27. April) Mai 2010 Newsletter Nr. 293: Mitarbeit an 2 Artikeln Monatsbericht 5/2010: Wirkungslose Drogenbekämpfung unter Uribe. Besuch beim Comite DESC der UNO, Treffen mit verschiedenen Vertretern der Plataforma DESC (3. Mai) Einberufung und Leitung der Sitzung der NRO Koordination (4. Mai) Besuch des Kleinbauernführers Misael Payares (Las Pavas) und der Anwältin Elizabeth Riuz: Vortrag in Bern (12. Mai), Treffen mit EDA und SECO, Treffen mit Biouisse, Austausch mit Peacewatch Einsatzleistenden, Interview mit Infosud; Gespräche mit Allos, Alnatura und Rapunzel in Stuttgart. Kolumbienausbildung für neue Peacewatch Freiwillige (19. Mai) Juni 2010 Newsletter Nr. 494: Mitarbeit an 2 Artikeln Dienstreise nach Mexiko (6. – 28. Juni) Juli 2010 Monatsbericht 7/2010: Militärdienstverweigerung (Endredaktion) Dienstreise nach Kolumbien (12. Juli bis 8. August) Besuche in Barranca, Simití, El Garzal, Buenos Aires – Las Pavas, Quibdó, Popayán, Lerma, Santander de Quilichao, La Jagua (Cesar) und Guajira. Vorbereitung Suippcolkampagne, Follow-up Las Pavas, Bergbau Glencore und Xstrata als wichtigste Themen. Treffen auf der CH Botschaft mit Vertreten des EDA, DEZA und SECO. August 2010 Newsletter Nr. 495: ein Artikel Monatsbericht 8/2010: Die Kokapflanze in Lerma (Mitarbeit)) Kampagnenorganisation Suippcol Treffen mit Botschafter Pfirter aus Bogotá (31. August) September 2010 Einberufung und Leitung der Sitzung der NRO Koordination (2. September)

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Mitwirkung an Solidaritätsbrunch für Dominique Rothen, im Einsatz mit E-Changer in Popayán (5. September) Teilnahme an Retraite von Multiwatch (11. September) Gespräch mit Pietro Lazzeri, PA IV EDA über Engagement der Schweiz im Programm zu Landrestitution in Kolumbien Treffen mit FIAN International (Ana Maria Franco) und FIAN Suisse (Margot Brogniart) (22. September) Besuch von Milena Rincón, ECAP Colombia (22. bis 24. September) Oktober 2010 Monatsbericht 10/2010: Consulta previa SUIPPCOL Kampagne „Land – Basis für Frieden“: Begleitung der Gäste, Vortrag in Bern moderiert, Übersetzung in Zürich; Intensivseminar in Basel; Besuche bei Max Havelaar, Biosuisse (kurzfristig abgesagt), EDA PA IV, Regiofair Zell LU, WWF und Greenpeace, CETIM, Weltkirchenrat, UNO Sonderberichterstatter für Recht auf Nahrung, ethnische Minderheiten und Rassendiskriminierung; Treffen mit Heks und Peacewatch in Zürich, mit Swissaid in Bern. November 2010 Newsletter Nr. 498: 1 Artikel Monatsbericht 11/2010: Was hat kolumbianische Kohle mit der Schweiz zu tun? Treffen mit Carolina Tejada, vom CINEP, 3. November Kohlen-Rundreise mit Alfredo Tovar (Sintramienergetica La Jagua, Glencore), Nilson Ramirez (Gemeindemitglied Tamaquitos, Wayuu) und Karmen Ramírez (Fuerza de Mujeres Wayúu). Vorträge in Zürich und Bern, Teilnahme an Podium zu Kohlenkraftwerke in Schiers, Treffen mit Repower in Klosters, Treffen mit Lokalpolitikern in Rorschach, Treffen mit PA IV EDA; Absagen wegen Treffen von Xstrata und Glencore sowie von BKW. Artikel in St.Galler Tagblatt, Blick am Abend, auf Swissinfo auf Spanisch, Französisch und Italienisch, Interview auf Radio Svizzera Italiana RSI, Artikel in WWF Magazin, Videointerview für Greenpeace, etc…. Nachfolgend Petitionsübergabe an BKW und Artikel in Berner Zeitung, Interpellation in Berner Kantonsrat. Kolumbienausbildung für neue Peacewatch Freiwillige (12. November) Treffen mit Joanne Hutchinson und Vincente Allies von OIDHACO in Genf (30. November 2010) Dezember 2010 Newsletter Nr. 499: ein Artikel verfasst Teilnahme am Runden Tisch des Nationalen Kontaktpunktes im SECO, Revision der OECD Leitsätze (10. Dezember) Lobbygespräch im Rahmen des Ruggie Dialogs mit SECO und PA IV EDA, 17. Dezember. Unvollständiges chronologisches Verzeichnis der öffentlichen Auftritte und Arbeiten der Praktikantin/Fachverantwortlichen Kommunikation März 2010 Sitzung Plattform Agrotreibstoffe

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April 2010 (offizieller Praktikumsbeginn) Newsletter Kolumbien-aktuell 492, eigene Beiträge

• Fair-trieben? – Neue Entwicklungen im Fall Las Pavas • Kolumbien zeigt: „Wahlen allein machen noch keine Demokratie“ • Der Traum von der panamerikanischen Autobahn und der Kampf um das Darién-

Hindernis Teilnahme am Vortrag von Piedad Cordoba in Bern Begleitung von Daniel Ribeiro, Justiça Ambiental (Moçambique) für die Plattform Agrotreibstoffe Mai 2010 Teilnahme an der Sitzung der NRO-Koordination Konzepterstellung Newsletter Kolumbien-aktuell Besuch von Misael Payares und Elisabeth Ruiz zu Las Pavas

• Besuch bei der UNO in Genf • Öffentliche Veranstaltung in Bern • Treffen mit Regula Matasci von Bio Suisse • Pressegespräch und weitere Informationen an Journalisten für einen Artikel

(erschienen in der WOZ vom 24.06.2010) SUIPPCOL: Sitzung zur Kampagnenplanung „Land – Basis für Frieden“ Newsletter Kolumbien-aktuell 493 Redaktion, eigene Beiträge:

• Wahlen in Kolumbien: wollen wir wetten • Der Fall Las Pavas: Bericht vor dem UNO-Menschenrechtsrat

Juni 2010 Vorbereitung der Inputs für die Strategiesitzung Kommunikation ask! Anmoderation der Strategiesitzung Agendaplanung der öffentlichen Veranstaltungen der Kampagne „Land – Basis für Frieden“ Sitzung Plattform Agrotreibstoffe SUIPPCOL-Sitzung Kampagnenplanung Leserbefragung an NGOs: Vorbereitung, Durchführung und Evaluation von Interviews Newsletter Kolumbien-aktuell 494, Redaktion, eigene Beiträge

• Kolumbien im Visier bei der Jagd nach Gold • Neue Zeugenaussage zur Verwicklung in Paramilitarismus

Juli 2010 Kolumbienreise: Bogotá, Magdalena Medio, Chocó, Cauca, Guajira, César Insbesondere Mitplanung der Kampagneninhalte der Kampagne „Land – Basis für Frieden“ August 2010 SUIPPCOL-Sitzung zur Kampagnenplanung Diverse Medienarbeiten für die SUIPPCOL-Kampagne „Land-Basis für Frieden“ Sitzung der Plattform Agrotreibstoffe 1. Planungstreffen neue ask!-Website Newsletter Kolumbien-aktuell 495: Redaktion, eigene Beiträge

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• Neuer Präsident, neue Perspektiven − oder alles Image? • Familien aus Las Pavas in Not

September 2010 (sechs Tage Ferien) Sitzung der Plattform Agrotreibstoffe Vorstellung der SUIPPCOL Kampagne bei der Kommission der OEME (01.09.2010) SUIPPCOL-Sitzung in Bern, Kampagnenplanung Teilnahme an der Sitzung der NRO-Koordination SUIPPCOL-Koordinationssitzung zur Medienarbeit in Fribourg (mit E-changer, peacewatch, pbi) Übersetzung Monatsbericht 09/2010 „Land – Basis für Frieden“ Betreuung einer Maturarbeit zum Thema „Land grabbing – der Fall Las Pavas“ Oktober 2010 (als Fachverantwortliche Kommunikation) Treffen mit Sandra Milena (Equipos Christianos por la Paz) in Bern Vorstellung der SUIPPCOL Sitzung bei der Amnesty-Unigruppe in Bern Kampagne Land – Basis für Frieden

• Auftaktplanungssitzung in Basel und Treffen bei Max Havelaar • öffentlicher Auftritt in Bern

Newsletter Kolumbien-aktuell 496: Redaktion November 2010 Newsletter Kolumbien-aktuell 497, eigene Beiträge und Redaktion

• Wie weit reicht die Macht? • Wie viele Opfer sind es wirklich?

2. Planungstreffen für die neue Website der ask! Newsletter Kolumbien-aktuell 498: Redaktion, eigene Beiträge

• Bahia Portete ist nicht Geschichte • Ernährungssicherheit und die Resolution 970

Dezember 2010 Interview mit Kenan Smaili, Monatsbericht 12/2010 Jahresbericht 2010: Analyse der wichtigsten Ereignisse 2010 V Dank Die ask! dankt allen Organisationen, Hilfswerken, Stiftungen und Einzelpersonen, die durch ihre Unterstützung unsere Arbeit möglich machen. Die ask! verfügt nur über sehr geringe personelle und finanzielle Mittel. Wir glauben, dass wir mit diesen beschränkten Mitteln viel erreichen und ein Maximum herausholen. Ein Dank auch für die gute Zusammenarbeit mit befreundeten Gruppen vor Ort oder auch auf nationaler Ebene, besonders erwähnt seien hier Amnesty International ai, Peace Brigades International pbi, Peacewatch sowie Incomindios und Terre des Hommes tdh in Basel. Denn unsere Arbeit wäre ohne die vielen Hunderten von Stunden Freiwilligenarbeit und das höchst professionelle Engagement vieler Mitglieder und/oder SympathisantInnen der ask schlicht nicht möglich. Wir freuen uns, dass auch immer wieder neue Personen zur ask stossen und ihren Beitrag in die Arbeit der ask einbringen.

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Wir danken auch für die vielen Zeichen der Anerkennung unserer Arbeit und die motivierenden und ermunternden Rückmeldungen aus Kolumbien, Europa und der Schweiz. Sie motivieren und bestärken uns, unsere konsequente Menschenrechts- und Friedensarbeit zu Kolumbien engagiert, konsequent und kompetent weiter zu führen. Wir danken allen, die uns in unserem Engagement bestärken und zählen auch in Zukunft auf Ihre/eure Unterstützung! Bern, 1. Februar 2011 Stephan Suhner, Fachstellenleiter und Sylvia Meyer, Kommunikationsverantwortliche