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Simulation und Test 2017 Johannes Liebl Christian Beidl Hrsg. Antriebsentwicklung im digitalen Zeitalter 19. MTZ-Fachtagung Proceedings

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Simulation und Test 2017

Johannes LieblChristian Beidl Hrsg.

Antriebsentwicklung im digitalen Zeitalter

19. MTZ-Fachtagung

Proceedings

Proceedings

Ein stetig steigender Fundus an Informationen ist heute notwendig, um die immer kom­plexer werdende Technik heutiger Kraftfahrzeuge zu verstehen. Funktionen, Arbeitsweise, Komponenten und Systeme entwickeln sich rasant. In immer schnelleren Zyklen verbreitet sich aktuelles Wissen gerade aus Konferenzen, Tagungen und Symposien in die Fachwelt. Den raschen Zugriff auf diese Informationen bietet diese Reihe Proceedings, die sich zur Aufgabe gestellt hat, das zum Verständnis topaktueller Technik rund um das Automobil er­ forderliche spezielle Wissen in der Systematik aus Konferenzen und Tagungen zusammen zu stellen und als Buch in Springer.com wie auch elektronisch in SpringerLink und Springer Professional bereit zu stellen.

Die Reihe wendet sich an Fahrzeug­ und Motoreningenieure sowie Studierende, die aktuelles Fachwissen im Zusammenhang mit Fragestellungen ihres Arbeitsfeldes suchen. Professo­ren und Dozenten an Universitäten und Hochschulen mit Schwerpunkt Kraftfahrzeug­ und Motorentechnik finden hier die Zusammenstellung von Veranstaltungen, die sie selber nicht besuchen konnten. Gutachtern, Forschern und Entwicklungsingenieuren in der Automobil­ und Zulieferindustrie sowie Dienstleistern können die Proceedings wertvolle Antworten auf topaktuelle Fragen geben.

Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/13360

Today, a steadily growing store of information is called for in order to understand the increasingly complex technologies used in modern automobiles. Functions, modes of operation, components and systems are rapidly evolving, while at the same time the latest expertise is disseminated directly from conferences, congresses and symposia to the professional world in ever­faster cycles. This series of proceedings offers rapid access to this information, gathering the specific knowledge needed to keep up with cutting­edge advances in automotive technologies, employing the same systematic approach used at conferences and congresses and presenting it in print (available at Springer.com) and electronic (at SpringerLink and Springer Professional) formats.

The series addresses the needs of automotive engineers, motor design engineers and students looking for the latest expertise in connection with key questions in their field, while professors and instructors working in the areas of automotive and motor design engineering will also find summaries of industry events they weren’t able to attend. The proceedings also offer valuable answers to the topical questions that concern assessors, researchers and developmental engineers in the automotive and supplier industry, as well as service providers.

Johannes Liebl · Christian Beidl (Hrsg.)

Simulation und Test 2017Antriebsentwicklung im digitalen Zeitalter 19. MTZ-Fachtagung

HerausgeberJohannes LieblMoosburg, Deutschland

Christian BeidlTechnische Universität Darmstadt Darmstadt, Deutschland

ISSN 2198­7432 ISSN 2198­7440 (electronic)Proceedings ISBN 978­3­658­20827­1 ISBN 978­3­658­20828­8 (eBook)https://doi.org/10.1007/978­3­658­20828­8

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen National­bibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d­nb.de abrufbar.

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V

Das Spannungsfeld zwischen Simulation und Versuch haben wir in den vergan­genen Jahren als ein hochdynamisches erlebt. Die virtuelle Welt rückt noch näher an die experimentelle heran, in einigen Bereichen sind Simulation und Test schon untrennbar verbunden. So hat zum Beispiel modellbasiertes Testen am Motor­prüfstand die Möglichkeiten der Produktentwicklung maßgeblich erweitert. Ver­stärkt wird dieser Prozess nun durch die anstehende Bewertung von Emissionen im Realfahrbetrieb. Die notwendigen entwicklungsbegleitenden Abgasprüfungen sind nur mithilfe modellgestützter Tests möglich. Vor diesem Hintergrund freuen wir uns, Ihnen eine Reihe besonders innovativer Entwicklungsmethoden für RDE in Hanau vorstellen zu können.

Darüber hinaus widmen wir uns auch dieses Jahr dem Antriebsstrang in all seinen verbrennungsmotorischen und elektrifizierten Ausprägungen, genauso wie der geometrischen, funktionalen oder elektrischen Fahrzeugintegration von Komponenten. Die Möglichkeiten der Digitalisierung für Prozesse im Bereich der Fahrzeugentwicklung bilden einen weiteren Schwerpunkt der Fachtagung. Mit Blick auf die automobile Zukunft werden wir zudem die Frage diskutieren, wel­chen Platz Simulations­ und Testwerkzeuge in einer Welt zunehmend vernetzter Fahrzeuge einnehmen werden.

Wir freuen uns auf einen intensiven Austausch und ein persönliches Treffen im September in Hanau.

Für den Wissenschaftlichen BeiratProf. Dr. Christian Beidl

Dr. Johannes Liebl

Vorwort

VII

Methoden- und Virtualisierungsoffensive in der Antriebsentwicklung der BMW GroupDaniel Stopper, Dr. Stefan Doll, Dr. Christian Guist, Dr. Heiko Konrad, Markus Nell und Dr. Joachim Rückert

Validierung und Kalibrierung von Fahrzeugbetriebsstrategien auf Basis des IPEK-XiL-AnsatzesNadim Dudin, S. Ott, Prof. Dr. Dr. A. Albers, R. Misch, Dr. T. Rochlitzer und Dr. P. Klumpp

Offline-Simulation der Regelung von Dieselmotoren mit AbgasnachbehandlungDr. Peter Broll, A. Qriqra, J. Weyers und J. Queren

X-in-the-Loop-basierte Kalibrierung: HiL Simulation eines virtuellen DieselantriebsstrangsSung­Yong Lee, Prof. Dr. Jakob Andert, Dr. Carole Quérel, Dr. Joschka Schaub, Matthias Kötter, Davy Politsch und Dr. Hassen Hadj­amor

Methodik zum Übertrag von RDE-Entwicklungsansätzen auf Antriebsstrangprüfstände unter Nutzung eines Emissions- Prädiktions-ModellsMichael Friedmann, Christian Lensch­Franzen, Dr. Marcus Gohl und Morten Kronstedt

Methodik zur Erzeugung RDE-relevanter Szenarien im PrüfstandsumfeldSascha Bauer, Prof. Dr. Christian Beidl und Dr. T. Düser

Inhalt

VIII Inhalt

Prozess und Methode zur Realisierung fahrzeugnaher dynamischer Versuche am MotorprüfstandBenedikt Raidt

Durchgängig von der Straße auf den Prüfstand bis zur Simulation – eine qualitative Analyse am Beispiel RDEStefan Walter, Norbert Meyer, Tino Schulze, Prof. Dr. Jakob Andert, Serge Klein und Daniel Guse

Systemansatz zur Quantifizierung von lokalen Maßnahmen zur Reibungsreduktion im Antriebsstrang und deren Auswirkungen im Fahrzeug unter realen FahrzuständenThomas Resch, Wolfgang Baier, Borislav Klarin, Stanislav Marusic und Nikola Varga

Entwicklung eines Simulationsmodells zur Beschreibung des Betriebsverhaltens eines zweistufig längenvariablen PleuelsSebastian Mráz und Prof. Dr. Michael Bargende

Modellierung des Schmierkreislaufes zur Optimierung des Energieverbrauchs der Ölpumpe eines modernen BenzinmotorsEmerson Jacob Jeganathan, Geoffrey Pagnoux, Philip Clarenc und Romain Gonard

Optimale Antriebsstrangauslegung auf Basis einer virtuellen EntwicklungsketteFelix Kercher, Hendrik Piechottka, Prof. Dr. Michael Bargende und Prof. Dr. Ferit Küçükay

Transiente Simulation von Großdieselmotoren und AntriebssträngenMatthias Donderer, Matthias Taubert und Peter Böhm

Gesamtheitliche Betrachtung des Thermomanagements in Elektrofahrzeugen – Interaktion der Klima- und Kühlsystemkomponenten im GesamtverbundDaniel Moller, Jörg Aurich, Dr. Ralf Tröger und Carolus Grünig

Aeroacoustics Simulation for Pulsated Exhaust FlowCyril Triplet und Dr. Nicolas Driot

Merging Disciplines and Models for Large Engine Structural AnalysesDr. Jochen Neher, P. Böhm und Nikola Naranca

IXInhalt

Structural Noise Prediction of an Inline 4 Cylinder Balance Shaft System Using Co-simulationJohn Foy und Pete Grimley

TagungsberichtAngelina Hofacker

XI

Daniel Stopper BMW Group, München, Deutschland

Dr. Stefan Doll BMW Group, München, Deutschland

Dr. Christian Guist BMW Group, München, Deutschland

Dr. Heiko Konrad BMW Group, München, Deutschland

Markus Nell BMW Group, München, Deutschland

Dr. Joachim Rückert BMW Group, München, Deutschland

Nadim Dudin IPEK – Institut für Produktentwicklung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Karlsruhe, Deutschland

S. Ott IPEK – Institut für Produktentwicklung am Karlsruher Institut für Tech­nologie (KIT), Karlsruhe, Deutschland

Prof. Dr. Dr. A. Albers IPEK – Institut für Produktentwicklung am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Karlsruhe, Deutschland

R. Misch Audi AG, Ingolstadt, Deutschland

Dr. T. Rochlitzer Audi AG, Ingolstadt, Deutschland

Dr. P. Klumpp Audi AG, Ingolstadt, Deutschland

Dr. Peter Broll DEUTZ AG, Köln, Deutschland

A. Qriqra DEUTZ AG, Köln, Deutschland

J. Weyers DEUTZ AG, Köln, Deutschland

J. Queren DEUTZ AG, Köln, Deutschland

Autorenverzeichnis

XII Autorenverzeichnis

Sung-Yong Lee RWTH Aachen University – VKA, Aachen, Deutschland

Prof. Dr. Jakob Andert RWTH Aachen University, Aachen, Deutschland

Dr. Carole Quérel FEV Europe GmbH, Aachen, Deutschland

Dr. Joschka Schaub FEV Europe GmbH, Aachen, Deutschland

Matthias Kötter FEV Europe GmbH, Aachen, Deutschland

Davy Politsch FEV Automatisierungssysteme GmbH, Landsberg, Deutschland

Dr. Hassen Hadj-amor FEV S.A., Trappes, Frankreich

Michael Friedmann APL­Automobil­Prüftechnik Landau GmbH, Landau, Deutschland

Christian Lensch-Franzen APL­Automobil­Prüftechnik Landau GmbH, Landau, Deutschland

Dr. Marcus Gohl APL­Automobil­Prüftechnik Landau GmbH, Landau, Deutschland

Morten Kronstedt APL­Automobil­Prüftechnik Landau GmbH, Landau, Deutschland

Sascha Bauer TU Darmstadt, Darmstadt, Deutschland

Prof. Dr. Christian Beidl TU Darmstadt, Darmstadt, Deutschland

Dr. T. Düser AVL Deutschland GmbH, Wiesbaden, Deutschland

Benedikt Raidt BMW Group, München, Deutschland

Stefan Walter dSPACE GmbH, Paderborn, Deutschland

Norbert Meyer dSPACE GmbH, Paderborn, Deutschland

Tino Schulze dSPACE GmbH, Paderborn, Deutschland

Serge Klein RWTH Aachen University, Aachen, Deutschland

Daniel Guse RWTH Aachen University, Aachen, Deutschland

Thomas Resch AVL List GmbH, Graz, Österreich

Wolfgang Baier AVL List GmbH, Graz, Österreich

Borislav Klarin AVL­AST d.o.o., Zagreb, Kroatien

XIIIAutorenverzeichnis

Stanislav Marusic AVL­AST d.o.o., Zagreb, Kroatien

Nikola Varga AVL­AST d.o.o., Zagreb, Kroatien

Sebastian Mráz Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG, Weissach, Deutschland

Prof. Dr. Michael Bargende Universität Stuttgart, Stuttgart, Deutschland

Emerson Jacob Jeganathan Siemens Industry Software SAS, Lyon, Frankreich

Geoffrey Pagnoux Renault SA, Boulogne­Billancourt, Frankreich

Philip Clarenc Siemens Industry Software SAS, Lyon, Frankreich

Romain Gonard Siemens Industry Software SAS, Lyon, Frankreich

Felix Kercher Universität Stuttgart, Stuttgart, Deutschland

Hendrik Piechottka Audi AG, Ingolstadt, Deutschland

Prof. Dr. Ferit Küçükay TU Braunschweig, Braunschweig, Deutschland

Matthias Donderer MAN Diesel & Turbo SE, Augsburg, Deutschland

Matthias Taubert MAN Diesel & Turbo SE, Augsburg, Deutschland

Peter Böhm MAN Diesel & Turbo SE, Augsburg, Deutschland

Daniel Moller IAV GmbH, Stollberg, Deutschland

Jörg Aurich IAV GmbH, Stollberg, Deutschland

Dr. Ralf Tröger IAV GmbH, Stollberg, Deutschland

Carolus Grünig IAV GmbH, Stollberg, Deutschland

Cyril Triplet Tenneco GmbH, Edenkoben, Deutschland

Nicolas Driot Tenneco GmbH, Edenkoben, Deutschland

Dr. Jochen Neher MAN Diesel & Turbo SE, Augsburg, Deutschland

P. Böhm MAN Diesel & Turbo SE, Augsburg, Deutschland

Nikola Naranca AVL­AST d.o.o., Zagreb, Kroatien

John Foy Ricardo Software, Burr Ridge, USA

Pete Grimley Ricardo Software, Burr Ridge, USA

Angelina Hofacker Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, Wiesbaden, Deutschland

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Methoden- und Virtualisierungsoffensive in der Antriebsentwicklung der BMW Group

Autoren:

Dipl.-Ing. (FH) Daniel Stopper Dr. Stefan Doll Dr. Christian Guist Dr. Heiko Konrad Dipl.-Ing. (FH) Markus Nell Dr. Joachim Rückert

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018J. Liebl und C. Beidl (Hrsg.), Simulation und Test 2017, Proceedings,https://doi.org/10.1007/978-3-658-20828-8_1

Methoden- und Virtualisierungsoffensive in der Antriebsentwicklung der BMW Group

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1 Intro Zum Einstieg in die Thematik eine Widergabe des Inhalts des Buchs „the innovators dilemma“ des Harvard Business School Professors Clayton M. Christensen, welches die Ausgangssituation treffend beschreibt:

Erfolgreiche Firmen scheitern gerade daran, dass sie alles richtig machen. Etablierte Firmen setzen auf evolutionäre Technologien. Sie verbessern das, was sie und ihre Kun-den schon kennen, also z.B. neue Produktdesigns oder kleinere Anpassungen. Sie schei-tern an dem, was der Harvard-Professor „disruptive Technologie“ nennt. Darunter ver-steht er eine technologische Innovation, ein Produkt oder eine Dienstleistung, die möglicherweise eine aktuell dominierende Technologie verdrängt.

[1] Quelle: Buch „the innovators dilemma“

Dies spiegelt die momentane Situation in der Automobilindustrie sehr gut wider. Das Umfeld ist volatil und es wird zunehmend schwieriger Technologien und Antriebs-strangtopologien für die nächsten 10 Jahre strategisch zu beplanen.

Neue Technologien und digitale Dienste werden die heutigen Geschäftsfelder verän-dern. Die langen und kapitalintensiven Investitionszyklen der Branche sowie die hohe Lebensdauer ihrer Produkte sorgen aber dafür, dass dieser Wandel nicht abrupt eintritt. So erwartet die BMW Group eine Transformation hin zu neuen Technologien und di-gitalen Diensten, die zwar stetig an Tempo gewinnen, sich aber über einen längeren Zeitraum erstrecken. Daher sind in den Fahrzeugarchitekturen bereits alle Antriebsfor-men vorgehalten.

Die BMW Group hat sich in ihrer 100-jährigen Geschichte immer wieder neu erfunden und als technologischer Vorreiter die Entwicklung unserer Industrie und der Mobili-tätswelt vorangetrieben. Diesen Anspruch formuliert die BMW Group mit Strategy NUMBER ONE -> NEXT auch für die Zukunft. Wir führen die BMW Group in eine neue Ära, um unsere Branche aktiv zu gestalten und nachhaltig zu prägen. [2]

Das Projekt Methoden- und Virtualisierungsoffensive wurde im Rahmen der Strategy Number One -> Next in der Antriebsentwicklung der BMWGroup in 2016 aufgesetzt.

2 Wandel der Rahmenbedingungen und Motivation zum Aufsetzen des Projektes

Der rasante Wandel der Rahmenbedingungen durch sich verschärfende regulatorische Anforderungen, die Veränderung des Wettbewerbsumfeldes, die stetig steigende Deri-vatsanzahl, die steigende Komplexität moderner Antriebsstränge sowie die Verkürzung

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von Entwicklungszyklen bedingen die Notwendigkeit der Anpassung der Antriebs-strangentwicklung, um Zukunftsfähigkeit, Flexibilität und Agilität sicherzustellen.

Aufgrund der Themenfelder Digitalisierung und autonomes Fahren besteht zusätzlicher Bedarf zum Wandel in Richtung Software Unternehmen.

Nur mit einer Kombination aus agilen und systematischen Arbeitsweisen aufbauend auf klaren Prozessen können die komplexen Herausforderungen mit den dafür zur Verfü-gung stehenden Ressourcen erfolgreich bearbeitet werden.

Im Zusammenhang mit Zukunftstechnologien stehen sehr viele Begriffe im Raum wel-che hinsichtlich ihres Potentials und der Einsatzmöglichkeiten in Bezug auf die beste-hende Entwicklungsmethodik zu beleuchten sind:

u.a. seien hier genannt: Data Analytics, künstliche Intelligenz, agile Entwicklung, Sys-tems Engineering, Industrie 4.0, Virtualisierung, Digitalisierung, Digital Twins, …

Für diese Begriffe ist es essentiell eine Klärung herbeizuführen, welche Möglichkeiten damit verbunden sind und wie diese Themen in den Entwicklungsprozess bzw. die Ent-wicklungsmethodik zu überführen sind.

Eine ehrliche, fachgebundene Diskussion über die Möglichkeiten und die Aussagekraft der Virtualisierung ist erfolgt, um das Vertrauen in die Methoden zu stärken und den maximalen Nutzen umzusetzen.

Daraus ist die Fragestellung abgeleitet ob aus einem Anreizsystem heraus Virtualisie-rungsmotivation entsteht, oder ob aus einem Drohszenario heraus mehr Virtualisierung erfolgen muss, um den künftigen Anforderungen gewachsen zu sein.

Diese Abwägung zwischen Chance und Risiko kann sehr gut anhand Argumenten zu pro/contra des Straßenversuchs dargestellt werden:

„pro“ weg von der Straße

– Jahreszeitenunabhängig – Reproduzierbarkeit – Vergleichbarkeit – Sicherheit – Schnellere Variantenbetrachtung – Komplexität verstehen und beherrschen – Nähe zu den Experten am Entwicklungsstandort – schnelle Lösungsfindung – Systemgrenzen darstell- und abprüfbar – Vereinheitlichung der Entwicklungsmethodik – Einsparung teurer Prototypen – Begrenzte Erprobungskapazitäten (Strecken, Stellplätze, Mitarbeiter)

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„contra“ weg von der Straße

– Aufwand zur Methodenentwicklung – Akzeptanz virtueller Freigabe – Der Kunde kauft ein Fahrzeug und nicht ein Teilsystem – Fahrzeugversuch beantwortet auch ungestellte Fragen – Systemkomplexheit – Organisation aus der Historie heraus stark hardwareorientiert – Keine 100% Abbildung des Fahrzeugs – Nicht alle Ziele sind objektivierbar bzw. virtuell erlebbar

Es ist festzustellen, dass es in beide Richtungen stichhaltige Argumente gibt. Damit stellt sich heute nicht die Frage, ob wir in der Lage sind, 100% zu virtualisieren, sondern die Frage, mit welchem Proporz der Entwicklungsmethoden das für das Unternehmen beste Ergebnis erzielt werden kann.

Ein über die komplette Antriebsstrangentwicklung aufgesetztes Projekt benötigt starke Visionen, die für alle Beteiligten eine Leitfunktion übernehmen und Leitplanken des Handelns darstellen.

In Zusammenarbeit mit den Entwicklungsfachstellen wurden folgende Visionen zur Methoden-und Virtualisierungsoffensive erarbeitet:

– Die virtuelle Entwicklung ist state-of-the-art. – Neue Methoden und Tools verkürzen Entwicklungszyklen bei reduziertem Kosten-

aufwand und höchster Produktqualität. – Virtuelle Methoden sind Kernelement für Technologieentscheidung, Auslegung und

Absicherung. – Virtueller Entwicklungsprozess und Reifegradbewertung virtueller Methoden schaf-

fen verbindliche virtuelle Vorqualifikation vor Hardware-Erprobung. – Prototyp-Fahrzeuge dienen zur Absicherung, Weiterentwicklung und Bestätigung

von Virtualisierungsmodellen. – Das Projekt Methoden- und Virtualisierungsoffensive erweitert Relevanz und Mög-

lichkeiten virtueller Methoden, schafft Transparenz und Vernetzung und fordert neue Arbeitsweisen.

3 Projektziele und Erwartungshaltung In der Fahrzeugentwicklung stellen die Hardware-Baugruppen wesentliche Kostenpo-sitionen dar, insb. für Werkzeuge/Teile/Prototypenbau bis hin zu den z.T. aufwändigen Erprobungen. Der Entfall gesamter Hardware-Baugruppen (bzw. mindestens der schrittweise Entfall einzelner Prototypen) setzt voraus, dass die bisherigen Gesamtfahr-

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zeug-Prototypen-Verwender über adäquate virtuelle Ersatzmethoden zur Erfüllung ih-rer jeweiligen Entwicklungsaufgabe verfügen. Hierzu muss auch die Antriebsentwick-lung einen signifikanten Beitrag leisten. Darüber hinaus erfordert die anforderungsge-rechte Gestaltung der Antriebskomponenten prognosefähige virtuelle Methoden, um die Zielerreichung der antriebsabhängigen Funktionen und Eigenschaften in der Ge-samtfahrzeugintegration phasenadäquat sicherzustellen.

Aufgrund der bereits beschriebenen geänderten Umweltbedingungen ist eine stark stei-gende Zahl an Innovations-Methodenprojekten in der Antriebsentwicklung erkennbar. Zur Nutzung der maximalen Synergieeffekte ist es notwendig diese dezentralen Leucht-turmprojekte zu koordinieren und in eine ganzheitliche Betrachtung zu überführen.

Im Rahmen der Projektinitiierung wurden Hauptschwerpunkte definiert:

a. Systematische Identifizierung von Handlungsfeldern zur Methodenentwicklung zur Stärkung der virtuellen Antriebsstrangentwicklung im Gesamtentwicklungsprozess

b. Befähigung und Entwicklung neuer Methoden- und Virtualisierungen zur Reduzie-rung des Entwicklungs-Einmalaufwands und Sicherstellung der Leistbarkeit des De-rivatsanstiegs

c. Durchgängigkeit virtueller Methoden im Entwicklungsprozess sicherstellen

Ein wesentliches Ziel des Projektes besteht darin, die Entwicklung, Erprobung und Ab-sicherung von der Straße ins Prüffeld und in die virtuelle Welt zu verlagern. Dazu ist eine systematische vollumfängliche Betrachtungsweise der aktuellen Entwicklungsak-tivitäten in der Antriebsentwicklung erfolgt um die lokalen Optima in übergreifende Lösungen aus Gesamtperspektive Antriebsstrang zu realisieren. Festzustellen ist hier-bei, dass der aus der Historie heraus maßgeblich an der Hardware orientierte Entwick-lungsprozess schon sehr viele virtuelle Bausteine verschiedener Disziplinen enthält wie z.B. umfangreiche Simulationen zur Komponenten, Subsystem- und Systemauslegung.

Ein gemeinsames Verständnis zur Leistungsfähigkeit virtueller Methoden ist die Basis zur deutlichen Erhöhung des Virtualisierungsgrades.

Die Berechnungs- und Simulationsteams in der Antriebsstrangentwicklung der BMW Group sind organisatorisch nicht zentral angeordnet sondern dezentral nahe den korres-pondierenden Versuchsabteilungen. Dies bewirkt eine sehr enge Vernetzung nahe am Produkt. Die Steuerung der Berechnungs- und Simulationsaktivitäten im Zusammen-spiel mit den Versuchs- und Applikationsumfängen zur Erreichung des optimalen Ent-wicklungserfolges erfolgt über das Projekt Methoden- und Virtualisierungsoffensive.

Der Impuls zur Veränderung der Arbeitsweisen und der Entwicklungskultur ist aus dem Projekt heraus zu liefern zur Sicherstellung zukünftiger Wettbewerbsvorteile durch schnelle, agile Entwicklung.

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4 Erfolgsfaktoren der Virtualisierung und notwendige Handlungsfelder

Die Verbindung zwischen virtueller und physischer Welt ist der Schlüssel zum Erfolg eines effizienten Entwicklungsprozesses.

Dies kann anhand des Entwicklungs-V-Modells dargestellt werden, in dem chronolo-gisch virtuelle Entwicklungsschritte den Hardwareversuchen vorangestellt werden:

Zielsetzung, Anforderungsmodellierung, Ableitung physikalischer Modelle, Vorhersa-gen zu Performance, Eigenschaften und Charakter.

Eine Bewertung und Einstufung der Themen erfolgt im Rahmen der M&V-Offensive immer unter dem Gesichtspunkt folgender 3 Aspekte:

● Die Mitarbeiter, die die neuen, notwendigen Arbeitsweisen aufgreifen, weiterentwi-ckeln und anwenden

● Die Organisation unter Berücksichtigung mit der in großen Unternehmen notwendi-gen Arbeitsteiligkeit

● Die IT und IT-Infrastruktur, welche einen wesentlichen Anteil zur durchgängigen Entwicklung beisteuert

Im Projektverlauf in 2016 wurden im Rahmen einer Workshopreihe mit Experten aus 30 Fachbereichen notwendige Handlungsfelder zur Intensivierung identifiziert.

Maßgeblich methodisch orientierte Themenfelder:

– Datenbereitstellung und Datenmanagement als zentraler Befähiger. Dies betrifft nicht nur Daten, die zur Entwicklung benötigt werden, sondern auch die gezielte Ergebnisrückführung. Entsprechende Datenstrukturen ermöglichen den Einsatz von Big-Data und künstlicher Intelligenz.

– Einsatz neuer IT-Tools. Hier stehen die Themenfelder Modellbildung, Zusammen-arbeit und Projektmanagement sowie Test und Absicherung im Fokus. Diese Felder sind historisch bedingt bereits zu einem hohen Grad IT-Tool-gestützt und bieten weiterführende Ansatzpunkte im Kontext der weiteren Digitalisierung.

– Erlebbarkeit. Viele charakteristische BMW Eigenschaften sind schwer objektivier-bar. Mittels Fahrsimulatoren, Einsatz von VR-Brillen oder power walls werden Er-gebnisse aus Simulationen erlebbar.

– Wirkketten und Systemverständnis. Je komplexer die Antriebsstränge, desto not-wendiger ist es, mittels Wirkketten in frühen Phasen der Entwicklung das Verhalten des Antriebsstranges gegen die Anforderungen und Use-Cases mit einem hohen Au-tomatisierungsgrad abzugleichen.

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Maßgeblich entwicklungskulturgetriebene Themenfelder:

– Anreizsysteme zur Reduzierung der Hardwareversuche. Was motiviert den Fachbe-reich, auf Entwicklungsfahrzeuge zu verzichten und den oftmals steinigen Weg der Befähigung alternativer Methoden zu gehen. Erfolgreiche Methoden entstehen durch Überwindung von Grenzen der klassischen Methoden und aus einem Zwang, etwas anders machen zu müssen.

– Organisation, Rollen und Verantwortungsmodelle. In modernen Entwicklungsplatt-formen werden neue Rollen in der Entwicklung benötigt wie z.B Systemarchitekten oder Systemmodellierer.

– Vision und Management-Commitment. Den Weg der Virtualisierungs- und Metho-denentwicklung ermöglichen wir konsequent mit einem klaren, visionären Zielbild seitens des Managements.

– Kultur und Mindset. Die erfolgreiche Historie der BMW Group Antriebsentwick-lung liefert die gesicherte Basis, um den Spagat zwischen Virtualisierung und erfah-rungsbasierter Entwicklung sinnvoll zu gestalten. Werte sind dabei der Garant für projektspezifischen Erfolg. Eine Vision hat keinen Wert ohne die Menschen, die sie umsetzen. Nicht nur technologisch, sondern auch in Führung und Unternehmenskul-tur müssen die Voraussetzungen geschaffen sein, die Veränderungen der Antriebs-strangentwicklung zu gestalten.

Diese Themenfelder werden als relevante Befähiger für ein zukunftsfähiges Integrati-ons- und Absicherungsvorgehen in der BMW Group Antriebsentwicklung gesehen und sind mit Bebauungsplänen weitestgehend umgesetzt. [3]

5 Kaskadenmodell zur Darstellung der Schrittweite und Beispiele für Virtualisierung im Entwicklungsprozess

Der Begriff Virtualisierung bedeutet nicht automatisch, dass die Entwicklung vollstän-dig hardwarefrei erfolgt. Im Kontext der Antriebsentwicklung ist es zulässig, sogar ge-wünscht eine ideale Kombination aus Hardwareversuch gekoppelt mit der virtuellen Welt zu erzielen, um die im Projektverlauf notwendigen Reifegradstufen treffsicher einzuhalten.

Zur Visualisierung der unterschiedlichen Schrittweiten der Verlagerung findet das Kas-kadenmodell Anwendung. Hierin werden die Szenarien einer Verlagerung der Straßen-erprobung ins Prüffeld bzw. in die komplett virtuelle Welt betrachtet. Eine Verlagerung von Reifegrad-Hüben nach früh kann damit erzielt werden. Mittels Kaskadierung kann die mögliche Schrittweite in Richtung Prüffeld oder eine HIL Umgebung bestimmt

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werden. Die Themen im Hardware-Versuch, speziell diese mit hohem Vernetzungs-grad, profitieren von der Systematik das Treppenmodells. Dadurch werden bewusst die Vorleistungen in früheren Treppenstufen gestärkt.

Innerhalb des Projektes werden alle beauftragten Methodenentwicklungen im Kaska-denmodell verfolgt, um die Auswirkungen aufs Prüffeld im Kontext der Multi-Projekt-Organisation planbar zu gestalten.

In frühen Phasen erfolgt die Entwicklung bereits heute mit einem sehr großen virtuellen Anteil. In der Absicherungsphase vor der Serienproduktion ist es nach wie vor notwen-dig, die Funktionen und Eigenschaften im Fahrzeug in realer Umgebung zu überprüfen.

Messdatenbasierte Emissionierung am Motorprüfstand

Befähigung Motorprüfstände zur Emissionierung durch exakte Wiedergabe von Fahr-zeugmessungen sowie der Verfügbarkeitsmachung der Typprüfmesstechnik am Motor-prüfstand.

Dies ermöglicht die Durchführung von transienten Emissionsmessungen um alle not-wendigen Fahrmanöver im Prüffeld mit hoher Reproduzierbarkeit darzustellen.

Emissionskonzepte am dynamischen Motorprüfstand

Aufbau einer Produktiv-Umgebung zur Optimierung von Emissionsfunktionen am Mo-torprüfstand mittels Implementierung der Zyklusmessungen im Standard Entwick-lungsprozess. Die frühe, sichere Bewertung der Emissionskonzepte durch offline Simu-lation der Lastpunktvorgabe und anschließende Generierung der Fahrprofile für den Motorprüfstand wird damit ermöglicht. Der notwendige Mehraufwand für Versuchs-fahrten aufgrund der Real-Driving-Emissions Gesetzgebung wird reduziert.

Einlasssystem Lasterfassungsapplikation

Entwicklung einer Versuchs-und Applikationsmethode für die Lasterfassungsapplika-tion von BMW-Ottomotoren welche zu einer Messaufwandsreduktion von 75% geführt hat. Zusätzlich kann mit der Methode eine Steigerung der Applikationsgüte sowie eine gesteigerte Robustheit gegen Ladedruckapplikationsänderungen erzielt werden.

Vorausschauende Hybridstrategie

Aufbau einer Toolkette und Simulationsumgebung in der Hardware-in-the-Loop Um-gebung mit aktuellen Navigationsdaten und Fahrfunktionen zum virtuellen Befahren realer Referenzstrecken für länderspezifische Ausprägungen zur Applikation der Be-triebsstrategie bei Hybridfahrzeugen.

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Continuous integration

Aufbau der automatisierten, änderungsbasierten Software Integration (Continuous In-tegration) und Qualititätssicherung für Hybridprojekte mit dem Ziel der stabilen Soft-ware Erzeugung durch Prüfung und Korrektur unmittelbar nach Änderungen. Conti-nuous Integration ermöglicht kurze SW Lieferzyklen, die Effizienzsteigerung durch Automatisierung, sowie die Vermeidung manueller Fehler im Integrationsprozess.

Wasserdurchfahrt

Zuverlässige virtuelle Methode auf Basis 3D-Strömungssimulation zur robusten An-saugluftführungsauslegung im Kontext Absicherung der Wasserdurchfahrt bei der die vorhandenen Rechengitter zur Durchführung der Simulation verwendet werden kön-nen. Die Aussage zur Funktionserfüllung erfolgt wesentlich früher als bei der konven-tionellen Durchführung mittels Hardwareversuch.

Virtuelle Füllstandskennlinie

Virtuelle Erstellung der Füllstand-Liter-Kennlinie sowie der Liter-Ohm-Kennlinie im Kontext der derivatsspezifischen Tankentwicklung ohne Prototyp-Fahrzeugversuch.

Simulation Akustik-Betriebsfestigkeitsauslegung

Modellierung und Parametrierung der Dämpfung in der Finiten Elemente Berechnung zur Prognose der Pegel in der Strukturdynamik. Die Bewertung virtueller Baugruppen mit hoher Genauigkeit wird durch das Wirkkettenverständnis Werkstoff-und Fügestel-lendämpfung in früher Entwicklungsphase ermöglicht.

6 Methodenlandkarten Eine wichtiges Tool zur Schaffung von Transparenz sind die Methodenlandkarten. Diese enthalten die Entwicklungsaktivitäten (z.B. real und virtuell absichern, auslegen, applizieren) und die Entwicklungsmethoden (z.B. Fahr-/Prüfstandsversuch, CAD, CAE) welche im Entwicklungsprozess zur Erlangung der notwendigen Reifegradstufe zur Anwendung kommen.

Anhand der Methodenlandkarten wird transparent gemacht, welche Entwicklungs- und Absicherungsaktivitäten hardwareseitig und in der virtuellen Welt bereits heute im Ein-satz sind.

Die Methodenlandkarten sind die Basis des systematischen Ansatzes zur Identifizie-rung der Themenfelder, welche bis dato noch nicht durchgängig mit virtuellen Metho-den belegt sind. Die identifizierten, neu zu entwickelnden Methoden werden in die Steuerungsliste virtueller Methoden überführt, welche zur Beauftragung Steuerung der

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Serienentwicklung eingesetzt wird, um eine breitflächige Verlagerung der Aktivitäten von der Straße ins Prüffeld bzw. in die Simulation zu erzielen.

Die Methodenentwicklung selbst erfolgt über dezentrale, multidisziplinäre, agil arbei-tende Teams unter Führung des für das Teilprojekt zuständigen Entwicklungsingenieurs.

Innerhalb von Vernetzungsworkshops zur Implementierung dieses systematischen An-satzes der Methodenentwicklung wurde ein gemeinsames Zielbild innerhalb der Kon-struktions-, Berechnungs-, Applikations- und Versuchsteams entwickelt. Die Querver-netzung zwischen den Entwicklungsstandorten München und Steyr sowie zwischen Teams mit thematisch ähnlichen Inhalten wie z.B. thermische Betriebssicherheit wurde dadurch deutlich intensiviert.

Damit stellen die Methodenlandkarten ein Tool dar, welches über die Transparenz-schaffung eine fachbereichs- und hierarchieübergreifende Synergie sicherstellt.

Die Messbarkeit des Projektfortschritts erfolgt über die Virtualisierungsquote, welche abhängig vom Grad der Virtualisierung zu den unterschiedlichen Entwicklungsumfän-gen den Grad der Abdeckung mit virtuellen Methoden widerspiegelt.

Ein Vorgang, der rein anhand der Hardware abgefahren wird, erhält dabei keine Punkte. Je höher der Virtualisierungsanteil und je größer der aktuell vorhandene Umsetzungs-grad desto mehr Punkte werden erzielt. Damit ist eine Messbarkeit der Virtualisierung gegeben und der Grad des Anstiegs der Virtualisierung kann verfolgt werden.

7 Methodennetzwerk Neben den konkreten Tools und Methoden zur Beantwortung technischer Fragestellun-gen wird auch die Art, wie wir entwickeln, beleuchtet. Die Erarbeitung von Lösungen in agilen Teams kann dabei eine Antwort auf gleich zwei wesentliche Fragestellungen liefern

● Wie werden die Kompetenzen unserer Experten optimal eingesetzt? Die Konzentration auf ein Thema und damit eine zeitweise Herauslösung aus der

bestehenden Multiprojektlandschaft.

● Wie wird mit Themen umgegangen, die aufgrund der Komplexität sehr schwer de-tailliert planbar sind?

Auf eine zu detaillierte Planung im Vorfeld wird verzichtet, stattdessen wird die Verantwortung auf ein mit Experten besetztes agiles Team übertragen.

Zur Umsetzung ist es notwendig, die benötigten Experten schnell ausfindig zu machen und neue Fragestellungen schnell zu durchdringen. Hierzu leistet das im Rahmen der M&V aufgesetzte Methodennetzwerk „Terra Methodica“ einen signifikanten Beitrag.

Methoden- und Virtualisierungsoffensive in der Antriebsentwicklung der BMW Group

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Der Ansatz, Informationen über bekannte Methoden und Tools allgemein zugänglich zu machen, ist nicht neu und hat sich in der Vergangenheit aus verschiedenen Gründen nicht flächendeckend etabliert. Im Rahmen eines agil arbeitenden interdisziplinären Teams und mit Hilfe von kundenzentrierten Entwicklungsmethoden (Design Thinking) wurden wesentliche Anforderungen erarbeitet und methodische Lösungen umgesetzt.

Wichtigste Erkenntnis aus zahlreichen Interviews mit Mitarbeitern der Antriebsent-wicklung: Der effizienteste und zugleich beliebteste Weg, Informationen auszutau-schen, ist das persönliche Gespräch. Die Verknüpfung konkreter Personen mit jeder Information im Netzwerk schafft dessen wesentlichen Mehrwert.

Das Erzeugen von sehr vielen zusätzlichen Informationen innerhalb des Netzwerks bietet hier im Verhältnis keinen deutlichen Mehrwert. Templates im Netzwerk erleichtern die effiziente Strukturierung und fokussieren die Verknüpfung mit vorhandenen Formaten.

Die Komplexität der Methoden- und Toollandschaft, sowie die Möglichkeiten zu deren Verwendung sind mit Hilfe bekannter Darstellungsformen wie z.B. einem Wiki nicht mehr transparent zu machen. Hierfür wurde mit dem Terra Methodica eine neuartige interaktive Form der Visualisierung entwickelt.

Die am meisten trainierte Art digitale Information zu suchen ist die Schlagwort-Suche (‚google-like‘). Das Methodennetzwerk wird durch eine leistungsstarke Suchmaschine unterstützt.

Spezifische Informationen brauchen spezifische Formate und nichts ist wertloser als eine veraltete Information. Die Entwicklungsfähigkeit und Aktualität des Netzwerkes wird durch eine Kombination leistungsstarker Automatisierung und engagierter Redak-tion sichergestellt.

Das Methodennetzwerk leistet auch heute schon einen Beitrag zur effizienten Vernet-zung von Know-How-Trägern und zur Vermeidung von Know-How-Verlust in Folge des demographischen Wandels.

8 Entwicklungsmethodik und Entwicklungsprozess Neben den klassischen Anforderungen an Entwicklungsmethoden, begeisternde Technik zu einem profitablen Preis in kürzester Zeit zu ermöglichen, sind neue Herausforderun-gen hinzugekommen. Diese bestehen hauptsächlich in der vollständigen Durchdringung vieler Komponenten durch Software. Daraus folgt eine Verknüpfung der Komponenten innerhalb des Produktes und zwischen den Produkten über globale Netzwerke.

Die Qualität einer neuen Entwicklungsmethode zeichnet sich dadurch aus, diese Her-ausforderungen als Chance zu sehen und nutzbringend in den Entwicklungsprozess zu

Methoden- und Virtualisierungsoffensive in der Antriebsentwicklung der BMW Group

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integrieren. Für den Erfolg ist es entscheidend, systemische Methoden, geeignete Mo-delle und die menschliche Kreativität in Einklang zu bringen.

Mit dem Projekt M&V wurde die Grundlage geschaffen, die Antriebsentwicklung unter dem Aspekt Herausforderungen und Chancen zu betrachten und notwendige Maßnah-men umzusetzen. Im Fokus stehen dabei der effiziente Umgang mit der Vielzahl an komplexen Antriebssystemen, die Verkürzung der Entwicklungszeit und Sicherstellen der Innovationskraft des Unternehmens.

Organisatorisch ist die M&V in einem kleinen Kernteam umgesetzt worden. Die Zu-sammenarbeit mit der Entwicklung erfolgt über Multiplikatoren. Informationsaus-tausch und Beschlüsse erfolgen in einem gemeinsamen Gremium zwischen Kernteam und Multiplikatoren.

Das Thema Entwicklungsmethode wurde mit einer Recherche nach geeigneten Vorge-hensmodellen begonnen. Die Recherche ist mit internen und externen Partnern durch-geführt worden. Dabei standen zwei Aspekte im Vordergrund: Das Erfassen der inter-nen Bedürfnisse und das Einholen externer Sichtweisen. Daraus sind Bausteine zur Erweiterung der Entwicklungsmethoden abgeleitet worden.

Die Gespräche mit den externen Partnern haben die Unverzichtbarkeit systemischer Vorgehensweisen bestätigt. Neue Perspektiven ergeben sich durch die rasante Entwick-lung der Software. Diese ermöglicht, Modelle mit sehr komplexen und umfangreichen Datenstrukturen. Werden diese Modelle miteinander verknüpft, können diese nutzbrin-gend über den gesamten Lebenszyklus des Produktes eingesetzt werden.

Begleitet wird diese Vorgehensweise von Vortragsreihen zu systemischen Methoden, dem Einsatz von Modellen und neuen Technologien. Die nachhaltige Verankerung er-folgt über das Methodennetzwerk.

Die nachhaltige Integration neuer Vorgehensweisen und Technologien ist die Basis für den künftigen Unternehmenserfolg. Herausfordernd bleiben der Zeitpunkt und der Um-fang des Einsatzes in gewachsene Firmenstrukturen.

Zur Sicherstellung der Durchgängigkeit werden die Maßnahmen und Aktivitäten suk-zessive in den virtuellen Entwicklungsprozess überführt.

Mit dem Projekt Methoden- und Virtualisierungsoffensive ist eine Basis geschaffen, welche die Entwicklung vollumfänglich aus dem Blickwinkel Zukunftsfähigkeit be-trachtet und die notwendigen Maßnahmen zur Umsetzung bringt.

Mit dem Projekt sind die organisatorischen Voraussetzungen geschaffen, um die Virtu-alisierung einen großen Schritt nach vorne zu bringen zur Unterstützung der Unterneh-mensziele Hardwareeffizienz und Verkürzung des Entwicklungsprozesses.

Methoden- und Virtualisierungsoffensive in der Antriebsentwicklung der BMW Group

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9 Einfluß aufs Prüffeld und Anforderungen ans Prüffeld

Die eingangs geschilderten volatilen Rahmenbedingungen sowie die global stark unter-schiedlichen Anforderungen an Antriebe werden in Zukunft zu verschiedenen Produkt-lösungen führen. Neben der stetig steigenden Elektrifizierung von Antriebssträngen bieten Verbrennungsmotoren weiterhin hohes Potential.

Die Bandbreite an notwendigen Produkten macht sich in einer erhöhten Komplexität und Unterschiedlichkeit der Anforderungen an moderne Antriebsprüffelder bemerkbar.

Eine langfristige Prognose hinsichtlich des Technologiemix beispielsweise zwischen konventionellen und elektrifizierten Antrieben ist mit großen Unsicherheiten verbunden.

Aus diesem Grund setzt die BMW Group Antriebsentwicklung auf ein flexibles Prüf-feld. Die Systeme und Prüfeinrichtungen sollen in der Lage sein, unterschiedliche An-triebskonzepte zu erproben und abzusichern.

Im Zuge der Methoden- und Virtualisierungsoffensive wird über das Kaskadenmodell der bisherige Erprobungsanteil mit Prototypfahrzeugen sukzessive auf hochflexible Prüfstände gepaart mit Umgebungssimulationen umgestellt.

Neben dem klassischen Stationärversuch, welcher weiterhin eine notwendige und ro-buste Basis für optimal parametrierte Motoren und Getriebe ist, werden mehr und mehr manöverbasierte Versuche im Prüffeld absolviert.

Die bis dato aufgrund der Entwicklungsorganisation vorhandene Trennung zwischen Prüffeld- und Fahrzeugversuchen wird im Laufe der nächsten Jahre zu einer vernetzten Entwicklung führen, wo redundante Versuche in komplementäre Entwicklung bzw. Co-Simulation gewandelt werden.

Dies leistet einen effizienten Beitrag zur Verlagerung von Erprobungstätigkeiten von der Straße auf den Prüfstand. Die Vorteile wurden bereits zu Anfang geschildert.

Um die Implementierung der Verifikationsstrategie optimal zu gestalten, ist es notwen-dig, das Prüffeld Know-How in den bestehenden Produktentstehungsprozess eng ver-netzt zu integrieren. Bei jedem Versuchsvorhaben muss entschieden werden, in wel-chem Umfang eine Virtualisierung möglich und sinnvoll ist und welche Vorleistungen simulativer Art dazu notwendig sind. [4]

Methoden- und Virtualisierungsoffensive in der Antriebsentwicklung der BMW Group

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10 Zusammenfassung und Ausblick Das Projekt setzt die notwendigen Impulse, um die Strategie Number One -> NEXT aus der Antriebsentwicklung heraus optimal zu unterstützen und die Transformation hin zur individuellen Mobilität zu gestalten.

Die ermittelten notwendigen Handlungsfelder zeigen klar auf, dass auf dem Weg zur Digitalisierung ein sehr vielfältiges Spektrum an Themen zu bearbeiten ist, welche Ein-fluss auf alle Entwicklungsdisziplinen haben.

Das Projekt Methoden- und Virtualisierungsoffensive in der Antriebsstrangentwick-lung der BMW Group hat bereits extrem wichtige Impulse gesetzt und breitflächig Me-thodenentwicklung in den unterschiedlichsten Disziplinen angestossen.

Die Durchgängigkeit der virtuellen Entwicklung ist in der Antriebsstrangentwicklung der BMW Group mit den innerhalb des Projektes initiierten Vorgehensweisen sicher-gestellt.

Durch die Methodenlandkarten ist ein effektives Virtualisierungs-Steuerungssystem aufgesetzt.

Die Darstellung der Teilprojekte im Kaskadenmodell ermöglicht die Planbarkeit des Einflusses aufs Prüffeld.

Mit dem Methodennetzwerk Terra Methodica wurde ein Tool entwickelt, welches die agile Entwicklung in Expertenteams optimal unterstützt.

Wir gestalten die Zukunft der Mobilität aus eigener Kraft, indem wir operative Exzel-lenz und neues Denken in der Antriebsstrangentwicklung der BMW Group vereinen.

Methoden- und Virtualisierungsoffensive in der Antriebsentwicklung der BMW Group

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Quellenangaben [1] Buch, “The Innovator’s Dilemma” by Clayton M. Christensen

[2] Presseveröffentlichung vom 16. März 2016 “BMW Group gestaltet Transforma-tion der individuellen Mobilität mit Strategy NUMBER ONE > NEXT”

[3] Spezifikationsprojekt "Steuerung der Virtualisierung” Kompetenzzentrum – Das virtuelle Fahrzeug Forschungsgesellschaft mbH & BMW Group Antriebsent-wicklung

[4] MTZ extra 09/2016 das Prüffeld der Antriebsentwicklung im Wandel

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Validierung und Kalibrierung von Fahrzeugbetriebsstrategien auf Basis des IPEK‑XiL‑Ansatzes

N. Dudin1, S. Ott1, A. Albers1, R. Misch2, T. Rochlitzer2, P. Klumpp2

1 IPEK – Institut für Produktentwicklung am Karlsruher Institut für Techno-logie (KIT)2 AUDI AG

© Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature 2018J. Liebl und C. Beidl (Hrsg.), Simulation und Test 2017, Proceedings,https://doi.org/10.1007/978-3-658-20828-8_2

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Validierung und Kalibrierung von Fahrzeugbetriebsstrategien auf Basis des IPEK‑XiL‑ …

1 Motivation und ZielsetzungAufgrund der starken Vernetzung von Betriebsstrategiefunktionen elektrifizierter An-triebsstränge hat sich die Validierung und Kalibrierung zukünftiger Produktgeneratio-nen zu einer komplexen Herausforderung entwickelt [1]. Damit steigen der Aufwand und die Kosten der Ausrüstung physischer Versuchsfahrzeuge für Straßenfahr- und Prüfstandsversuche. In Folge dessen hat die Virtualisierung der Validierung und Kalib-rierung stark an Bedeutung gewonnen. Somit sollen tragfähige Aussagen über zukünf-tige Produktgenerationen (PG) anhand von rein virtuellen Validierungsumgebungen (Validation Environment, VE) getroffen werden. Dennoch können rein virtuelle VEs,auch bei einem signifikanten Modellierungsaufwand, nicht immer die erforderliche Ge-nauigkeit liefern [12]. Daher bieten VEs gemischter Ausprägung Vorteile, weil die Ergebnisgüte durch die virtuelle und physische Modellierung der eingebundenen Sys-teme Fahrzeug, Fahrer und Umwelt in Abhängigkeit des Validierungsziels prozessbe-gleitend angepasst werden kann.

Obwohl die notwendigen Umgebungen zur grundsätzlichen Realisierung einer prozess-begleitenden Validierung und Kalibrierung bei der AUDI AG bereits bestehen, stellt die Anpassung dieser VEs für diesen Zweck sowie die Herstellung einer validierungs-umgebungsübergreifenden Durchgängigkeit ein aktuelles Handlungsfeld dar, das mit Hilfe des IPEK-XiL-Ansatzes untersucht wird. Zusätzlich, wird die Integration und An-wendung der angepassten VEs in Abhängigkeit der vorliegenden Validierungsaktivitä-ten und deren Anforderungen im Laufe des Produktentstehungsprozesses (PEP) weiter untersucht.

2 Validierung und Kalibrierung der Antriebsbetriebsstrategie

Durch die Validierung wird die Konformität von Objekt- und Zielsystem (Verifikation) gewährleistet und darüber hinaus sichergestellt, dass das Produkt die Kundenanforde-rungen und Marktbedürfnisse erfüllt [2]. Im Kontext der Antriebsbetriebsstrategie-Ent-wicklung umfasst die Validierung aller Aktivitäten der objektiven Analyse und subjek-tiven Bewertung von Fahrleistung, Fahrbarkeit, Effizienz und Umweltverträglichkeit des Fahrzeugs aus Stakeholder-Sicht [3]. In Abhängigkeit der resultierenden Erwar-tungserfüllung wird im Rahmen einer anschließenden Kalibrierung durch gezielte Ver-stellung von Steuergeräteparameter in Form von Kennzahlen, Kennlinien und Kennfel-dern die Antriebsbetriebsstrategie (BSt) optimiert.

2.1 Ausgangssituation

Aktuelle Prozesse der BSt-entwicklung setzen die Validierung und Kalibrierung als eine abschließende Aktivität des Antriebsstrangs- bzw. Gesamtfahrzeugentwicklung

1 Motivation und ZielsetzungAufgrund der starken Vernetzung von Betriebsstrategiefunktionen elektrifizierter An-triebsstränge hat sich die Validierung und Kalibrierung zukünftiger Produktgeneratio-nen zu einer komplexen Herausforderung entwickelt [1]. Damit steigen der Aufwand und die Kosten der Ausrüstung physischer Versuchsfahrzeuge für Straßenfahr- und Prüfstandsversuche. In Folge dessen hat die Virtualisierung der Validierung und Kalib-rierung stark an Bedeutung gewonnen. Somit sollen tragfähige Aussagen über zukünf-tige Produktgenerationen (PG) anhand von rein virtuellen Validierungsumgebungen (Validation Environment, VE) getroffen werden. Dennoch können rein virtuelle VEs,auch bei einem signifikanten Modellierungsaufwand, nicht immer die erforderliche Ge-nauigkeit liefern [12]. Daher bieten VEs gemischter Ausprägung Vorteile, weil die Ergebnisgüte durch die virtuelle und physische Modellierung der eingebundenen Sys-teme Fahrzeug, Fahrer und Umwelt in Abhängigkeit des Validierungsziels prozessbe-gleitend angepasst werden kann.

Obwohl die notwendigen Umgebungen zur grundsätzlichen Realisierung einer prozess-begleitenden Validierung und Kalibrierung bei der AUDI AG bereits bestehen, stellt die Anpassung dieser VEs für diesen Zweck sowie die Herstellung einer validierungs-umgebungsübergreifenden Durchgängigkeit ein aktuelles Handlungsfeld dar, das mit Hilfe des IPEK-XiL-Ansatzes untersucht wird. Zusätzlich, wird die Integration und An-wendung der angepassten VEs in Abhängigkeit der vorliegenden Validierungsaktivitä-ten und deren Anforderungen im Laufe des Produktentstehungsprozesses (PEP) weiter untersucht.

2 Validierung und Kalibrierung der Antriebsbetriebsstrategie

Durch die Validierung wird die Konformität von Objekt- und Zielsystem (Verifikation) gewährleistet und darüber hinaus sichergestellt, dass das Produkt die Kundenanforde-rungen und Marktbedürfnisse erfüllt [2]. Im Kontext der Antriebsbetriebsstrategie-Ent-wicklung umfasst die Validierung aller Aktivitäten der objektiven Analyse und subjek-tiven Bewertung von Fahrleistung, Fahrbarkeit, Effizienz und Umweltverträglichkeit des Fahrzeugs aus Stakeholder-Sicht [3]. In Abhängigkeit der resultierenden Erwar-tungserfüllung wird im Rahmen einer anschließenden Kalibrierung durch gezielte Ver-stellung von Steuergeräteparameter in Form von Kennzahlen, Kennlinien und Kennfel-dern die Antriebsbetriebsstrategie (BSt) optimiert.

2.1 Ausgangssituation

Aktuelle Prozesse der BSt-entwicklung setzen die Validierung und Kalibrierung als eine abschließende Aktivität des Antriebsstrangs- bzw. Gesamtfahrzeugentwicklung

1 Motivation und ZielsetzungAufgrund der starken Vernetzung von Betriebsstrategiefunktionen elektrifizierter An-triebsstränge hat sich die Validierung und Kalibrierung zukünftiger Produktgeneratio-nen zu einer komplexen Herausforderung entwickelt [1]. Damit steigen der Aufwand und die Kosten der Ausrüstung physischer Versuchsfahrzeuge für Straßenfahr- und Prüfstandsversuche. In Folge dessen hat die Virtualisierung der Validierung und Kalib-rierung stark an Bedeutung gewonnen. Somit sollen tragfähige Aussagen über zukünf-tige Produktgenerationen (PG) anhand von rein virtuellen Validierungsumgebungen (Validation Environment, VE) getroffen werden. Dennoch können rein virtuelle VEs,auch bei einem signifikanten Modellierungsaufwand, nicht immer die erforderliche Ge-nauigkeit liefern [12]. Daher bieten VEs gemischter Ausprägung Vorteile, weil die Ergebnisgüte durch die virtuelle und physische Modellierung der eingebundenen Sys-teme Fahrzeug, Fahrer und Umwelt in Abhängigkeit des Validierungsziels prozessbe-gleitend angepasst werden kann.

Obwohl die notwendigen Umgebungen zur grundsätzlichen Realisierung einer prozess-begleitenden Validierung und Kalibrierung bei der AUDI AG bereits bestehen, stellt die Anpassung dieser VEs für diesen Zweck sowie die Herstellung einer validierungs-umgebungsübergreifenden Durchgängigkeit ein aktuelles Handlungsfeld dar, das mit Hilfe des IPEK-XiL-Ansatzes untersucht wird. Zusätzlich, wird die Integration und An-wendung der angepassten VEs in Abhängigkeit der vorliegenden Validierungsaktivitä-ten und deren Anforderungen im Laufe des Produktentstehungsprozesses (PEP) weiter untersucht.

2 Validierung und Kalibrierung der Antriebsbetriebsstrategie

Durch die Validierung wird die Konformität von Objekt- und Zielsystem (Verifikation) gewährleistet und darüber hinaus sichergestellt, dass das Produkt die Kundenanforde-rungen und Marktbedürfnisse erfüllt [2]. Im Kontext der Antriebsbetriebsstrategie-Ent-wicklung umfasst die Validierung aller Aktivitäten der objektiven Analyse und subjek-tiven Bewertung von Fahrleistung, Fahrbarkeit, Effizienz und Umweltverträglichkeit des Fahrzeugs aus Stakeholder-Sicht [3]. In Abhängigkeit der resultierenden Erwar-tungserfüllung wird im Rahmen einer anschließenden Kalibrierung durch gezielte Ver-stellung von Steuergeräteparameter in Form von Kennzahlen, Kennlinien und Kennfel-dern die Antriebsbetriebsstrategie (BSt) optimiert.

2.1 Ausgangssituation

Aktuelle Prozesse der BSt-entwicklung setzen die Validierung und Kalibrierung als eine abschließende Aktivität des Antriebsstrangs- bzw. Gesamtfahrzeugentwicklung

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Validierung und Kalibrierung von Fahrzeugbetriebsstrategien auf Basis des IPEK‑XiL‑ …

Abbildung 2.1: Vereinfachte Skizze des aktuellen Prozesseses der BSt-validierung und –kalibrierung

ein [1, 4]. Somit wird der Großteil der Validierung und Kalibrierung der BSt nach der Entstehung von Versuchsfahrzeugen in Straßenfahrversuchen (FZG-STR) in den spä-teren Phasen der Serienentwicklung durchgeführt. Weil die Betriebsstrategie alle An-triebskomponenten in Abhängigkeit von Fahrereingaben, Restriktionen, Umweltbedin-gungen und situationsabhängige Optimierungsziele ansteuert, stehen die Teilsysteme des Antriebsstrangs, Fahrzeug, Fahrer und Umwelt in Wechselwirkung [5]. Somit ist eine Gesamtsystemsicht in der BSt-validierung und –kalibrierung stets erforderlich [6]. Dementsprechend bietet sich das physische Versuchsfahrzeug auf der Straße als die vergleichsweise genauste VE an [7, 8]. Denn die Systeme Fahrzeug, Fahrer und Um-welt sind in ihren physischen Ausprägungen vorhanden. Abbildung 2.1 stellt eine ver-einfachte Skizze des aktuellen Prozesses der BSt-Validierung und –kalibrierung dar.Mit den Daten- und Programmreferenzstände als Ausgangspunkt, beginnt die Validie-rung und Kalibrierung der BSt hinsichtlich der Optimierungsziele Fahrleistung, Fahr-barkeit, Effizienz und Umweltverträglichkeit im Straßenfahrversuch.

Abgesehen von den hohen Kosten einer rein physischen Validierung und Kalibrierung auf Basis von Versuchsfahrzeugen, bilden sich in der Phase nach der Antriebsstrangsi-mulation (AST-PST) bis zur Entstehung der ersten Versuchsfahrzeugen (vgl. Abbil-dung 2.1) Wissenslücken hinsichtlich der tatsächlichen Antriebsstrangs- bzw. Fahrzeu-geigenschaften, die erst später im Laufe des PEP abgedeckt werden können. Dies kann zur unerwünschten Abweichung hinsichtlich der erzielten Produkteigenschaften füh-ren, deren Beseitigung mit hohen Aufwänden, Kosten und Verspätungen verbunden ist[3]. Da Wissen nur durch Validierung generiert werden kann, darf diese nicht nur eine

Abbildung 2.1: Vereinfachte Skizze des aktuellen Prozesseses der BSt-validierung und –kalibrierung

ein [1, 4]. Somit wird der Großteil der Validierung und Kalibrierung der BSt nach der Entstehung von Versuchsfahrzeugen in Straßenfahrversuchen (FZG-STR) in den spä-teren Phasen der Serienentwicklung durchgeführt. Weil die Betriebsstrategie alle An-triebskomponenten in Abhängigkeit von Fahrereingaben, Restriktionen, Umweltbedin-gungen und situationsabhängige Optimierungsziele ansteuert, stehen die Teilsysteme des Antriebsstrangs, Fahrzeug, Fahrer und Umwelt in Wechselwirkung [5]. Somit ist eine Gesamtsystemsicht in der BSt-validierung und –kalibrierung stets erforderlich [6]. Dementsprechend bietet sich das physische Versuchsfahrzeug auf der Straße als die vergleichsweise genauste VE an [7, 8]. Denn die Systeme Fahrzeug, Fahrer und Um-welt sind in ihren physischen Ausprägungen vorhanden. Abbildung 2.1 stellt eine ver-einfachte Skizze des aktuellen Prozesses der BSt-Validierung und –kalibrierung dar.Mit den Daten- und Programmreferenzstände als Ausgangspunkt, beginnt die Validie-rung und Kalibrierung der BSt hinsichtlich der Optimierungsziele Fahrleistung, Fahr-barkeit, Effizienz und Umweltverträglichkeit im Straßenfahrversuch.

Abgesehen von den hohen Kosten einer rein physischen Validierung und Kalibrierung auf Basis von Versuchsfahrzeugen, bilden sich in der Phase nach der Antriebsstrangsi-mulation (AST-PST) bis zur Entstehung der ersten Versuchsfahrzeugen (vgl. Abbil-dung 2.1) Wissenslücken hinsichtlich der tatsächlichen Antriebsstrangs- bzw. Fahrzeu-geigenschaften, die erst später im Laufe des PEP abgedeckt werden können. Dies kann zur unerwünschten Abweichung hinsichtlich der erzielten Produkteigenschaften füh-ren, deren Beseitigung mit hohen Aufwänden, Kosten und Verspätungen verbunden ist[3]. Da Wissen nur durch Validierung generiert werden kann, darf diese nicht nur eine