jus.gras.at Grassierend 03/09

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Periodicum der jus.gras www.jus.gras.at Ausgabe März 2009 Bei den ÖH-Wahlen dürfen alle Studierenden ihre Ver- tretung wählen, sowohl die österreichischen als auch die mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft. Das wird als normal und völlig gerecht empfunden: Schließlich zah- len sie auch Studiengebühren und ÖH-Beitrag, sind genau- so Studierende wie alle ande- ren und werden von der ÖH vertreten. Auf staatlicher Ebene ist das anders: Bei den Nationalrats- und Landtagswahlen, sowie bei den Wahlen zum/zur Bundes- präsidentIn dürfen nur öster- reichische StaatsbürgerInnen über 16 wählen, sofern sie nicht wegen einer Vorsatztat zu einer mehr als einjährigen Freiheits- strafe verurteilt wurden. Demokratie bedeutet aber: „Herrschaft durch das Volk“. Liegen keine besonde- ren Gründe vor (nicht alle sind berühmte OpernsängerInnen oder talentierte Sport- lerInnen), kann man erst nach 10 Jahren rechtmäßigen Aufent- halts in Österreich um die StaatsbürgerInnen- schaft ansuchen - eine Zeit, in der die Betrof- fenen kein Recht auf demokratische Mitbe- stimmung haben. Darüber hinaus führt das Staatsbürger- Innenschaftsprinzip dazu, dass „Auslands- österreicherInnen“, die mitunter seit Jahren im Ausland leben, und die österrei- chische Politik und Legislative nur mehr am Rande mitbekom- men, wählen können. Menschen, die hingegen hier leben, sich Die Menschen sollen selbst ihre Gesetze und Regeln bestimmen, an die sich dann alle halten. Das passiert bei uns, indem ein Na- tionalrat/Landtag gewählt wird, der unsere Gesetze beschließt. Wichtig bei der Aufstellung von Regeln, an die sich alle hal- ten sollen, ist dass auch alle die Möglichkeit haben müssen mit- zubestimmen, wenn sie davon betroffen sind. Menschen mit nicht-österreichischer Staats- bürgerInnenschaft, die hier arbeiten, zahlen Steuern, So- zialversicherungsbeitrag und sind genauso von den Gesetzen betroffen, die hier beschlossen werden. Dennoch wird ihnen verweigert mitzubestimmen, mit der Begründung, dass sie keine StaatsbürgerInnen sind. Noch dazu kommt, dass die ös- terreichische StaatsbürgerIn- nenschaft meist erst nach sehr langer Wartezeit verliehen wird. FeministIn ist, wer sich für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ausspricht. Das tun sehr viele Menschen, gibt es doch heute kaum noch Personen, die offen gegen eine Gleich- stellung von Frauen sind. Dennoch wird Feminismus von manchen als Diskrimi- nierung von Männern em- pfunden. Feminismus ist böse. Femini- stinnen sind Männerhasserinnen. Und dieses ständige „geschlech- tergerechte“ Formulieren nervt nur, macht Texte unleserlich und lenkt vom ema ab. Außerdem ist es völlig überflüssig und bringt nichts. Und wusstet ihr schon, dass alle FeministInnen kleine Buben in Frauenkleider stecken wollen und die armen Männer unterdrücken und diskriminieren wollen?Was haben alle diese Aus- sagen gemeinsam? Sie sind Blödsinn. Feminismus ist nicht „böse“. Im Gegenteil, diese Be- wegung ist notwendig um die auch im Jahr 2009 noch immer gegenwärtige und andauernde Diskriminierung von Frauen zu beenden. Auch das geschlech- tergerechte Formulieren und nung deutlich differenzierter, die Testpersonen hatten so- wohl Frauen als auch Männer genannt. In diesem und vielen weiteren Versuchen wurde be- legt, wie stark die Sprache unser Denken beeinflusst. Texte, die im generischen Maskulin ge- schrieben werden, also in dem von „den Studenten“, „den Poli- tikern“, „den Verbrechern“, etc. die Rede ist, denken die meisten Menschen ausschließlich an Männer. Wird eine geschlechter- gerechte Schreibweise verwen- det, so denken die Menschen bewusst an Frauen und Männer. Auch führt die Verwendung des Binnen-I zu einem bewussten Überdenken der eigenen Spra- che. Die Sprache ist ein mächtiges dessen bekanntesten Merkmal, das „Binnen-I“ sind keine unnö- tigen Instrumente von männer- hassenden Amazonen. Die Be- strebung, Frauen in der Sprache sichtbar zu machen und dadurch ein Bewusstsein zu schaffen ist wichtig, da die Sprache das wichtigste Mittel der Kommuni- kation darstellt. Sprache schafft Bewusstsein. Nachgewiesen wurde dies bei- spielsweise im Jahr 2001 an der Universität Mannheim. Dort wurden männlichen und weib- lichen Testpersonen verschie- dene Fragebögen vorgelegt. Eine Version fragte gezielt nach den liebsten Romanhelden, liebsten Musikern, etc. Eine andere Ver- sion verwendete das Binnen-I und fragte so nach den liebsten RomanheldInnen und liebsten Mu- sikerInnen. We- nig überraschend wurden beim er- sten Fragebogen fast ausschließlich männliche Hel- den und Musiker genannt. Beim zweiten Fragebo- gen war die Nen- Zusammen leben - zusammen wählen! „Innen“ nervt! Kontakt: www.jus.gras.at, [email protected], GRAS-Büro, Lindengasse 40, 1070 Wien Werkzeug. Es ist völlig normal, bestimmte, als besonders ver- letzend empfundene Wörter nicht mehr zu verwenden. Wa- rum also nicht auch bewusst im eigenen Sprachgebrauch die Diskriminierung von Frauen ab- bauen? Feminismus befasst sich allerdings nicht nur mit der Sprache, die im Alltag verwen- det wird. Vielmehr geht es da- rum, die gesellschaftliche Posi- tion von Frauen zu verbessern und auf den gleichen Stand zu bringen wie den der Männer. Damit sind rechtliche genauso wie wirtschaftliche und private Gleichstellung gemeint. Abgese- hen von der rechtlichen Gleich- stellung von Frauen, die bis heute nicht existiert (siehe etwa im Familienrecht), geht es auch um die faktische Gleichberechtigung. Noch im Jahr 2009 verdienen Frauen durch- schnittlich 40% weniger als Männer. Nur ein Bruchteil der Väter nimmt Karenz- urlaub in Anspruch, es ist üblich dass die Frauen zu Hause bleiben und auf die Kinder aufpassen und den Haushalt führen. Dass Österreich noch immer weit davon entfernt ist, Frauen im Beruf und Ausbildung die gleichen Chancen zu bieten, zeigen auch jüngste Ereignisse. Seit Mitte Jänner 2009 gibt es an den 21 Universitäten Ös- terreichs ausschließlich Män- ner als Rektoren. Und auch die obersten Gremien der Universi- täten sind mit einem Frauenan- teil im einstelligen Prozentbe- reich nicht gerade ausgeglichen besetzt. Um dies zu lösen, ist als erster Schritt vor allem eine Quotenregelung notwendig. Bewusst Frauen dabei zu unter- stützen, in höhere Gremien zu kommen („positive Diskrimi- nierung“) ist keine Lösung des Problems, aber ein wichtiger Schritt. Die Quotenregelung hat die Aufgabe sich selbst nach einigen Jahren überflüssig zu machen. Die GRAS setzt sich seit ihrer Gründung für eine gezielte För- derung von Frauen und die Be- kämpfung von Sexismus ein. Wir fordern mehr Frauen in oberen Universitätsgremien und in der ProfessorInnenkurie! GS mokratie? Ist das gerecht? Eine Lockerung des Staats- bürgerInnenprinzips gibt es auf Gemeindeebene. Hier haben EU-BürgerInnen das aktive und passive Wahlrecht. In Wien wur- de 2002 überdies das Auslände- rInnenwahlrecht auf Bezirks- ebene eingeführt. Dieses wurde aber nach einer Beschwerde von ÖVP und FPÖ vom Verwaltungs- gerichtshof aufgehoben. Es entspricht dem demokra- tischen Grundgedanken, dass alle, die von einer Entscheidung betroffen sind, auch daran teil- nehmen können. Diesem Ge- danken widerspricht das derzeit geltende StaatsbürgerInnen- schaftsprinzip. Gleiche Pflich- ten müssen mit gleichen Rech- ten einhergehen. Mitbestimmung muss für alle möglich sein! JS Bild © Gerd Altmann/ Pixelio Wir fordern Mitbestimmung für alle! diesem Land vielleicht schon mehr verbunden fühlen und be- troffen sind von den Gesetzen, die hier beschlossen werden, dürfen nicht wählen. Ist das De-

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Bei den ÖH-Wahlen dürfen alle Studierenden ihre Ver-tretung wählen, sowohl die österreichischen als auch die mit nicht-österreichischer Staatsbürgerschaft. Das wird als normal und völlig gerecht empfunden: Schließlich zah-len sie auch Studiengebühren und ÖH-Beitrag, sind genau-so Studierende wie alle ande-ren und werden von der ÖH vertreten.

Auf staatlicher Ebene ist das anders: Bei den Nationalrats- und Landtagswahlen, sowie bei den Wahlen zum/zur Bundes-präsidentIn dürfen nur öster-reichische StaatsbürgerInnen über 16 wählen, sofern sie nicht wegen einer Vorsatztat zu einer mehr als einjährigen Freiheits-strafe verurteilt wurden.

Demokratie bedeutet aber: „Herrschaft durch das Volk“.

Liegen keine besonde-ren Gründe vor (nicht alle sind berühmte O p er ns ängerInnen oder talentierte Sport-lerInnen), kann man erst nach 10 Jahren rechtmäßigen Aufent-halts in Österreich um die StaatsbürgerInnen-schaft ansuchen - eine Zeit, in der die Betrof-fenen kein Recht auf demokratische Mitbe-stimmung haben.

Darüber hinaus führt das Staatsbürger- Innenschaftsprinzip dazu, dass „Auslands- österreicherInnen“, die mitunter seit Jahren im Ausland leben, und die österrei-chische Politik und Legislative nur mehr am Rande mitbekom-men, wählen können. Menschen, die hingegen hier leben, sich

Die Menschen sollen selbst ihre Gesetze und Regeln bestimmen, an die sich dann alle halten. Das passiert bei uns, indem ein Na-tionalrat/Landtag gewählt wird, der unsere Gesetze beschließt. Wichtig bei der Aufstellung von Regeln, an die sich alle hal-ten sollen, ist dass auch alle die Möglichkeit haben müssen mit-zubestimmen, wenn sie davon betroffen sind. Menschen mit nicht-österreichischer Staats-bürgerInnenschaft, die hier arbeiten, zahlen Steuern, So-zialversicherungsbeitrag und sind genauso von den Gesetzen betroffen, die hier beschlossen werden. Dennoch wird ihnen verweigert mitzubestimmen, mit der Begründung, dass sie keine StaatsbürgerInnen sind. Noch dazu kommt, dass die ös-terreichische StaatsbürgerIn-nenschaft meist erst nach sehr langer Wartezeit verliehen wird.

FeministIn ist, wer sich für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ausspricht. Das tun sehr viele Menschen, gibt es doch heute kaum noch Personen, die offen gegen eine Gleich-stellung von Frauen sind. Dennoch wird Feminismus von manchen als Diskrimi-nierung von Männern em-pfunden.

„Feminismus ist böse. Femini-stinnen sind Männerhasserinnen. Und dieses ständige „geschlech-tergerechte“ Formulieren nervt nur, macht Texte unleserlich und lenkt vom Thema ab. Außerdem ist es völlig überflüssig und bringt nichts. Und wusstet ihr schon, dass alle FeministInnen kleine Buben in Frauenkleider stecken wollen und die armen Männer unterdrücken und diskriminieren wollen?“

Was haben alle diese Aus-sagen gemeinsam? Sie sind Blödsinn. Feminismus ist nicht „böse“. Im Gegenteil, diese Be-wegung ist notwendig um die auch im Jahr 2009 noch immer gegenwärtige und andauernde Diskriminierung von Frauen zu beenden. Auch das geschlech-tergerechte Formulieren und

nung deutlich differenzierter, die Testpersonen hatten so-wohl Frauen als auch Männer genannt. In diesem und vielen weiteren Versuchen wurde be-legt, wie stark die Sprache unser Denken beeinflusst. Texte, die im generischen Maskulin ge-schrieben werden, also in dem von „den Studenten“, „den Poli-tikern“, „den Verbrechern“, etc. die Rede ist, denken die meisten Menschen ausschließlich an Männer. Wird eine geschlechter-gerechte Schreibweise verwen-det, so denken die Menschen bewusst an Frauen und Männer. Auch führt die Verwendung des Binnen-I zu einem bewussten Überdenken der eigenen Spra-che.

Die Sprache ist ein mächtiges

dessen bekanntesten Merkmal, das „Binnen-I“ sind keine unnö-tigen Instrumente von männer-hassenden Amazonen. Die Be-strebung, Frauen in der Sprache sichtbar zu machen und dadurch ein Bewusstsein zu schaffen ist wichtig, da die Sprache das wichtigste Mittel der Kommuni-kation darstellt. Sprache schafft Bewusstsein.

Nachgewiesen wurde dies bei-spielsweise im Jahr 2001 an der Universität Mannheim. Dort wurden männlichen und weib-lichen Testpersonen verschie-dene Fragebögen vorgelegt. Eine Version fragte gezielt nach den liebsten Romanhelden, liebsten Musikern, etc. Eine andere Ver-sion verwendete das Binnen-I und fragte so nach den liebsten RomanheldInnen und liebsten Mu-sikerInnen. We-nig überraschend wurden beim er-sten Fragebogen fast ausschließlich männliche Hel-den und Musiker genannt. Beim zweiten Fragebo-gen war die Nen-

Zusammen leben - zusammen wählen!

„Innen“ nervt!

Kontakt: www.jus.gras.at, [email protected], GRAS-Büro, Lindengasse 40, 1070 Wien

Werkzeug. Es ist völlig normal, bestimmte, als besonders ver-letzend empfundene Wörter nicht mehr zu verwenden. Wa-rum also nicht auch bewusst im eigenen Sprachgebrauch die Diskriminierung von Frauen ab-bauen?

Feminismus befasst sich allerdings nicht nur mit der Sprache, die im Alltag verwen-det wird. Vielmehr geht es da-rum, die gesellschaftliche Posi- tion von Frauen zu verbessern und auf den gleichen Stand zu bringen wie den der Männer. Damit sind rechtliche genauso wie wirtschaftliche und private Gleichstellung gemeint. Abgese-hen von der rechtlichen Gleich-stellung von Frauen, die bis heute nicht existiert (siehe etwa

im Familienrecht), geht es auch um die faktische Gleichberechtigung.

Noch im Jahr 2009 verdienen Frauen durch-schnittlich 40% weniger als Männer. Nur ein Bruchteil der Väter nimmt Karenz-urlaub in Anspruch, es ist üblich dass die Frauen zu Hause bleiben und auf die Kinder aufpassen und den

Haushalt führen.Dass Österreich noch immer

weit davon entfernt ist, Frauen im Beruf und Ausbildung die gleichen Chancen zu bieten, zeigen auch jüngste Ereignisse. Seit Mitte Jänner 2009 gibt es an den 21 Universitäten Ös-terreichs ausschließlich Män-ner als Rektoren. Und auch die obersten Gremien der Universi-täten sind mit einem Frauenan-teil im einstelligen Prozentbe-reich nicht gerade ausgeglichen besetzt. Um dies zu lösen, ist als erster Schritt vor allem eine Quotenregelung notwendig. Bewusst Frauen dabei zu unter-stützen, in höhere Gremien zu kommen („positive Diskrimi-nierung“) ist keine Lösung des Problems, aber ein wichtiger Schritt. Die Quotenregelung hat die Aufgabe sich selbst nach einigen Jahren überflüssig zu machen.

Die GRAS setzt sich seit ihrer Gründung für eine gezielte För-derung von Frauen und die Be-kämpfung von Sexismus ein. Wir fordern mehr Frauen in oberen Universitätsgremien und in der ProfessorInnenkurie!

GS

mokratie? Ist das gerecht? Eine Lockerung des Staats-

bürgerInnenprinzips gibt es auf Gemeindeebene. Hier haben EU-BürgerInnen das aktive und passive Wahlrecht. In Wien wur-de 2002 überdies das Auslände-rInnenwahlrecht auf Bezirks-ebene eingeführt. Dieses wurde aber nach einer Beschwerde von ÖVP und FPÖ vom Verwaltungs-gerichtshof aufgehoben.

Es entspricht dem demokra-tischen Grundgedanken, dass alle, die von einer Entscheidung betroffen sind, auch daran teil-nehmen können. Diesem Ge-danken widerspricht das derzeit geltende StaatsbürgerInnen-schaftsprinzip. Gleiche Pflich-ten müssen mit gleichen Rech-ten einhergehen.

Mitbestimmung muss für alle möglich sein!

JSBild © Gerd Altmann/ Pixelio

Wir fordern Mitbestimmung für alle!

diesem Land vielleicht schon mehr verbunden fühlen und be-troffen sind von den Gesetzen, die hier beschlossen werden, dürfen nicht wählen. Ist das De-

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sionsabende abseits vom kon-servativen Mainstream dieses Hauses veranstalten.

Gegen politischen Dogma-tismus und für Lebenslust!

Es gibt doch tatsächlich Men-schen, die sich diesem Studium widmen und nicht nur auf die Kohle und das Ansehen nach dem Abschluss warten. Men-schen, die sich nicht ausschließ-lich um ihre nächsten Prüfungs-ergebnisse sorgen, sondern sich auch über Politik und Gesell-schaft Gedanken machen, dazu gerne interessante Diskussi-onen führen und dabei mal über den Tellerrand hinausschauen wollen.

Wir können die Uni als unser Lebensumfeld gestalten. Wenn wir diese Fakultät zu einem Ort machen wo Rassismus, Sexis-mus, Antisemitismus, Faschis-mus, Nationalismus und Ho-mophobie es nicht leicht haben, dann haben wir schon gewon-nen.

Probier mal - jus.gras!

Vor kurzem wurde die FPÖ-Nationalratsabgeord-nete Susanne Winter wegen Verhetzung und Herabwürdi-gung religiöser Lehren nach den §§ 188 und 283 StGB – noch nicht rechtskräftig – zu 24.000 Euro Geldstrafe sowie 3 Monaten bedingter Haft-strafe verurteilt.

Während dieses Urteil von einem breiten Spektrum an Organisationen und Parteien als positives Signal des Rechts-staats aufgefasst wird, reagier-ten Winters ParteikollegInnen mit Entsetzen: Von einem „Skandalurteil“ war die Rede (Kickl, derStandard, 23.01.09). Wieder einmal wittert die Rech-te den sogenannten „linken Ge-sinnungsterror“, der sich sich angeblich völlig grundlos immer nur auf sie entladen würde.

„Linker Gesinnungsterror“ ist in der Rethorik rechter und rechsextremer Gruppierungen ein häufig verwendeter Aus-druck. Er kommt immer dann zum Einsatz, wenn sie sich ein-

mal mehr durch linke Parteien oder Organisationen in ihren Aktivitäten gestört, kritisiert und unangenehm ins Licht der Öffentlichkeit gebracht fühlen. Unterstellt wird damit, dass die ach so mächtige politische Linke (deren Existenz schon durch die letzten NR-Wahlergebnisse wi-derlegt wird) sich der Justiz und der Legislative bedient um an sich ganz normale politische Ak-tivitäten zu pönalisieren. Wei-ters soll dadurch der politische Wettbewerb unter-laufen werden.

Wie auch Winter berufen sie sich auf das Recht auf Mei-nungsfreiheit, das sie angeblich dazu berechtigen würde alles zu sagen und zu meinen.

Doch dies ist ein Trugschluss: Zwar ist das Recht auf freie Meinungsäu-ßerung tatsächlich seit 1867 essenti-eller Bestandteil des

österreichischen Grundrechts-katalogs, doch bereits Art. 13 des Staatsgrundgesetzes ließ das Recht auf Meinungsfreiheit nur „innerhalb der gesetzlichen Schranken“ zu.

Ebenso legt Art. 10 der Eu-ropäischen Menschenrechts-konvention in Anbetracht der „Pflichten und Verantwortungen“, die diese Freiheit mit sich bringt, fest, dass gesetzliche Beschrän-kungen und Strafdrohungen erlassen werden können. Diese

„Linker Gesinnungsterror“

Die Tricks der Wiener Linien

GRASSIEREND www.jus.gras.at Ausgabe März 2009

„Ausweiskontrolle, Ihre Fahrausweise bitte.“ Vielen Leuten läuft es bei diesen Worten kalt über den Rü-cken. Und vor allem dann, wenn die Wiener Linien ihre Lieblings-Tricks anwenden.

Vor den Unis kontrollieren am ersten Tag, an dem das Se-mesterticket nicht mehr gilt. War es letztes Semester auf der TU, war diesen Februar die Uni Wien, d.h. Die U-Bahnstation Schottentor dran. Schön herme-tisch abgeriegelt fangen die Mit-arbeiterInnen alle Leute ein, die noch kein Ticket gekauft haben oder es vergessen haben. Natür-lich dementieren die lieben Wie-ner Linien dieses systematische Vorgehen zu Semesterende, aber zahlen müssen die armen Erwi-schten doch.

Doch dem war nicht immer so. Noch vor wenigen Jahren mussten Studierende, ebenso wie SchülerInnen keine teuren Fahrscheine zahlen, es gab die Studierendenfreifahrt. Wo ist sie hin? Die Freifahrt wurde 1996/1997 abgeschafft, nach-dem das FLAG (Familienlasten-

ausgleichsgesetz), welches z.B. auch die Familienbeihilfe ent-hält, geändert wurde. Doch gera-de Studierende, die oft mit weit weniger als dem Existenzmini-mum mit 600€ und weniger pro Monat auskommen müssen sind von den hohen Kosten stark be-troffen.

Auch dass die SPÖ anlässlich des VSStÖ-Wahlkampfes 2007 ein einzelnes Gratissemester für die Studierenden eingeführt hat, ändert die Situation nicht. Studierende müssen wieder die Möglichkeit haben, gratis mit den öffentlichen Verkehrs-mitteln unterwegs zu sein. Der öffentliche Verkehr stellt eine der schnellsten und sichersten Fortbewegungsarten dar und ist neben dem Radfahren die um-weltfreundlichste Alternative der Fortbewegung.

Daher fordert die GRAS die Wiener Linien und auch das Bundesministerium für Ver-kehr• dazu auf, endlich wieder eine Studierendenfreifahrt ins Leben zu rufen und so auch so-zial Schwächeren den Zugang zu Mobilität zu ermöglichen!

GS

müssen „in einer demokratischen Gesellschaft im Interesse der nati-onalen Sicherheit, der territorialen Unversehrtheit oder der öffent-lichen Sicherheit, der Aufrechter-haltung der Ordnung und der Ver-brechensverhütung, des Schutzes der Gesundheit und der Moral, des Schutzes des guten Rufes und der Rechte anderer unentbehrlich“ sein.

Meinungsfreiheit ist somit grundsätzlich nicht schranken-los. Wie praktisch jeder Gesetz-

geber hat auch der ö s t e r r e i c h i s c h e einige Normen erlassen, die aus oben genannten Gründen die Mei-nungsäußerungs-freiheit beschrän-ken – mit gutem Grund und nicht als Einschränkung des politischen Wettbewerbs oder eines „Gesinnungs-

terrors“. Darunter zählen neben den Beleidigung im

Strafrecht und Bestimmungen des ABGB zum Schutz des Per-sönlichkeitsrechts auch die Pa-ragraphen, nach denen Winter erstinstanzlich verurteilt wurde: Volksverhetzung und Herabwür-digung religiöser Lehren stellen eine ernstzunehmende Bedro-hung einer demokratischen Ge-sellschaft dar und verletzen die Rechte anderer.

Wohin schrankenlose Mei-nungsäußerungsfreiheit im Sinne von Volksverhetzung führen kann, wurde in der Ge-schichte bereits nachhaltig be-wiesen – umso absurder wirken Forderungen nach der Abschaf-fung dieser Normen. Eines stimmt allerdings: Tatsächlich werden FPÖ-PolitikerInnen häufiger wegen Überschreitung der Grenzen der Meinungsäu-ßerungsfreiheit belangt.

EP

Kontakt: www.jus.gras.at, [email protected], GRAS-Büro, Lindengasse 40, 1070 Wien

Die GRAS lädt zur Podiums-diskussion:

E-Voting: Wie sicher ist die Cyberdemokratie?

25. März, 20:00, HS 1, NIG

Am Podium: - Gerda Marx (ehem. Wahl-kommissionsvorsitzende) - Peter Purgathofer (TU Wien)- Robert Krimmer (e-voting.cc) - Silvia Fuhrmann (JVP) - Sigrid Maurer (GRAS)

www.jus.gras.at

Plenum: Jeden Donnerstag, 20:00, im GRAS-Büro (Lindengas-se 40, 1070 Wien) - komm doch einfach vorbei!

Mit über 10.000 Studieren-den ist das Juridicum die größte rechtswissenschaftliche Fakul-tät im deutschsprachigen Raum - und wir wollen und können sie nicht den Konservativen und Rechten überlassen!

Rechtswissenschaften sind nicht rechts!

Ein Studium der Rechtswis-senschaften ist mit Vorurteilen behaftet. Vorstellungen von den „typischen JuristInnen“ treffen zwar oft zu – aber zum Glück nicht immer.

Wir können und wollen das Juridicum lebendig machen und Raum schaffen für alternative Ideen, Feminismus, Ökologie, nachhaltige Lebensweisen und auch kritische Stimmen, die typischerweise nicht mit dem Juridicum in Zusammenhang gebracht werden. Seit ca. zwei Jahren gibt es uns, die Grünen & Alternativen StudentInnen (GRAS), auch an unserer Fakul-tät, wo wir regelmäßig Diskus-

Impressum: jus.gras, Grüne & alternative

StudentInnen am Juridicum Wien, Lindengasse 40, 1070 Wien

[email protected]

Meinungsfreiheit - ein wichtiges Grundrecht, al-lerdings nicht zur Rechtfertigung von

rassistischen Hasstiraden.