Justizministerium Mecklenburg- Vorpommern · 6 Gef/Die Zeug en entfernt en sich darauf aus dem...

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Justizministerium Mecklenburg- Vorpommern - Landesjustizprüfungsamt - Klausur S 11 (11 31/SR) Die Aufgabe umfasst 16 Seiten (einschließlich Vorblatt). Bitte prüfen Sie vor Bearbeitung die Vollständigkeit. Der Aufgabentext ist zusammen mit der Bearbeitung abzugeben. Es ist zulässig, in den Aufgabentext zur Erleichterung der Bearbeitung Anmerkungen oder Markierungen einzufügen. Diese sind nicht Bestandteil der Bearbeitung und bleiben bei der Bewertung unberücksichtigt.

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Justizministerium

Mecklenburg- Vorpommern- Landesjustizprüfungsamt -

Klausur S 11(11 31/SR)

Die Aufgabe umfasst 16 Seiten

(einschließlich Vorblatt).

Bitte prüfen Sie vor Bearbeitung die Vollständigkeit.

Der Aufgabentext ist zusammen mit der Bearbeitung abzugeben.

Es ist zulässig, in den Aufgabentext zur Erleichterung der Bearbeitung

Anmerkungen oder Markierungen einzufügen. Diese sind nicht Bestandteil

der Bearbeitung und bleiben bei der Bewertung unberücksichtigt.

RechtsanwaltskanzleiWagner & Kloppenberger

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Herr Walter Kupke,Augustenstraße 91,18055 Rostock,

RechtsanwälteJens WagnerPeter Kloppenberger

Vfg.

1. Vermerk:

Kontakt:Tel. 0381 1394-0Fax: 0381 I 394 200Email: WundK.anwä[email protected]

Es erschien heute in der Kanzlei: Bankverbindung:Commerzbank RostockBlZ 130 40000Kto. 282 19019

Unser Zeichen: Stl15/8/SE/01Bitte bei Antworten stets angeben

und schilderte folgenden Sachverhalt: Rostock, den 28.10.2015

"Ich bin völlig verzweifelt. Ich bin heute vom Amtsgericht Rostock wegen Körperverletzung,Sachbeschädigung und Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zweiMonaten verurteilt worden. Erst habe ich gedacht, ich komme da auch ohne Anwalt durch,aber nach dem Urteil habe ich meine Meinung geändert. Ich habe gehört, dass Sie der Bestesein sollen, und hoffe, Sie können mir helfen.

Klar habe ich Mist gebaut, aber als mir das Urteil verkündet wurde, war ich total entsetzt.Das mit den Schlössern war vielleicht eine blöde Idee, aber die hängen da doch schon ewig,und ich glaube nicht, dass die einer wieder haben will. Außerdem hat mir mein Onkel RogerLeder vorher noch erzählt, dass die Schlösser garantiert Niemandem gehören, und der istSchrotthändler und kennt sich mit solchen Sachen aus. Da kann ich doch nichts für, wennder mich falsch informiert. Und die Sache mit dem Jungen habe ich so nicht gewollt. Ichkonnte doch nicht wissen, dass der die ganze Flasche alleine austrinkt.

Außerdem glaube ich, dass ich am Ende der Verhandlung einen schweren Fehler begangenhabe. Nachdem das Gericht das Urteil verkündet hat, fragte mich der Richter, ob ich aufRechtsmittel verzichten wolle. Ich habe mit meiner Antwort gezögert, da ich mir nicht sicherwar, ob dies gut oder schlecht für mich wäre. Außerdem war ich von dem Urteilsspruch nochwie betäubt. Daraufhin wurde der Richter ziemlich ungehalten und drängte mich, ihm meineEntSCheidung mitzuteilen, so dass ich mir nicht anders zu helfen wusste, als demRechtsmittelverzicht zuzustimmen. Als ich den Sitzungssaal verlassen wollte, sprach michdann ein Mann an und meinte, dass das Gericht mir Gelegenheit hätte geben müssen,meine EntSCheidung in Ruhe zu überdenken und gegebenenfalls Rechtsrat einzuholen. Erstda wurde mir bewusst, dass meine Verzichtserklärung wohl ein Fehler gewesen ist.

Außerdem habe ich überhaupt nicht verstanden, dass meine Sachen beim Jugendgerichtbehandelt werden, schließlich bin ich schon lange erwachsen und ich kann mir nichtvorstellen, dass die auf mich so einfach noch Jugendstrafrecht anwenden können.

Ich möchte, dass Sie meine Verteidigung übernehmen und gegen das Urteil vorgehen. Ichkann die EntSCheidung des Gerichts in der vorliegenden Form einfach nicht hinnehmen.Das gerichtliche Aktenzeichen lautet 12 Ls - 100 Js 89/15 - 104/15."

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2. Neues Mandat eintragen und Akte anlegen. Unterschriebene VerteidigeNolImacht zurAkte nehmen.

3. Bitte Anfertigung des folgenden Schreibens an das Amtsgericht Rostock _Jugendschöffengericht - :

"In dem Strafverfahren gegen Walter Kupke- Az. 12 Ls - 100 Js 89/15 - 104/15-bestellen wir uns unter Vorlage einer ordnungsgemäßen Vollmacht fur den Angeklagten und legengegen das UI1eii des Amtsgerichts Rostock - Jugendschöffengericht - vom 28.10.2015 fiir denAngeklagten Revision ein. Es wird gebeten, sämtliche Zustellungen nunmehr an uns vorzunehmen.Darüber hinaus wird gebeten, uns die Verfahrensakte zum Zwecke der Einsichtnahme fur drei Tage zutreuen Händen zu überlassen.HochachtungsvollKloppenberger, Rechtsanwalt"

4. Vorgenanntes Schreiben zur Unterschrift vorlegen und per Computerfax samt einer vomMandanten unterschriebenen Vollmacht an das Amtsgericht Rostock übersenden.

5. \fN nach Eingang der Verfahrensakte.

Kloppenberger(Rechtsanwalt)

Hinweis des LJPA: Von einem Abdruck der ordnungsgemäß erteilten VerteidigeNolImachtsamt Zustellungsvollmacht wird abgesehen.

Es ist davon auszugehen, dass das Schreiben, in dem Rechtsanwalt Kloppenberger fürden Angeklagten Revision einlegt, von Rechtsanwalt Kloppenberger unterschrieben undunter Beifügung der VerteidigeNolImacht per Telefax am 29.10.2015 auf ein Faxgerät desAmtsgerichts Rostock übersandt wurde und dort somit am gleichen Tag einging.

Am 27.11.2015 ordnete der Vorsitzende des Jugendschöffengerichts die Zustellung einerUrteilsausfertigung nebst Kopien des Hauptverhandlungsprotokolls an RechtsanwaltKloppenberger an. Auf weitere Veranlassung der Geschäftsstelle wurde dieUrteilsausfertigung sodann an den Angeklagten am 11.12.2015 zugestellt, der sie am14.12.2015 an Rechtsanwalt Kloppenberger übergab.

Von einem Abdruck des Eröffnungsbeschlusses des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht- Rostock vom 14.09.2015 wird abgesehen. Es ist davon auszugehen, dass dieser keineinhaltlichen Rechtsfehler aufweist, die mit der Revision beanstandet werden könnten.Weiterhin ist davon auszugehen, dass die Ladung des Angeklagten den Erfordernissendes § 216 Abs. 1 StPO entsprochen hat.

Staatsanwaltschaft Rostock- 100 Js 89/15 -

Rostock, den 09.09.2015

Anklageschrift

An das Amtsgericht Rostock- Jugendschöffengericht -

Der Walter Kupke,geboren am 03.01.1984 in Rostock,wohnhaft: Augustenstraße 91, 18055 Rostock,deutscher Staatsangehöriger, ledig,

wird angeklagt,

am 27.07.2015in Rostock

durch drei selbständige Handlungen

1. rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört zu haben,

2. eine andere Person körperlich misshandelt und an der Gesundheit geschädigt zu haben,

3. durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht zu haben.

Dem Angeschuldigten wird Folgendes zur Last gelegt:1. Am Abend des 27.07.2015 gegen 21.20 Uhr durchtrennte der Angeschuldigte mithilfe einesBolzenschneiders 13 Glieder einer an der Bahnhofsbrücke Warnemünde zur Seitenbegrenzungangebrachten stählernen Kette, um 53 daran angebrachte Vorhängeschlösser zu entfernen.

2. Im Anschluss an das Geschehen gegen 21.40 Uhr warf er dem sich zwischenzeitlich auf der Brückebefindlichen Geschädigten Peter Meierhuber mit der Absicht, diesen zu verletzten, ein ca. 300 Grammschweres Schloss aus ca. einem Meter Entfernung gegen die Stirn, weshalb dieser eine Prellung undeine Beule erlitt.

3. Gegen 22.00 Uhr verkaufte der Angeschuldigte dem für ihn offensichtlich 13-jährigen GeschädigtenCornelius Berger eine 0,7 Liter-Flasche Apfellikör (20 Vol.-%) der Marke "Appelkorn". Der Geschädigtetrank den Likör im Anschluss innerhalb von 20 Minuten aus, was der Angeschuldigte bereits zumZeitpunkt des Verkaufs billigend in Kauf nahm. Infolge des Alkoholgenusses erlitt der Geschädigte eineAlkoholvergiftung, aufgrund derer er sich zunächst übergeben und schließlich notärztlich behandelnlassen musste.

Vergehen strafbar gemäß §§ 223 Abs. 1, 229, 303 Abs. 1, 53 StGB.[... ]

Hinweis des LJPA: Ggf. erforderliche Strafanträge sind gestellt. Von einem Abdruck der Aufzählungder Beweismittel und des wesentlichen Ergebnisses der Ermittlungen wird abgesehen. Diese sind fürdie Bearbeitung der Klausur nicht von Bedeutung.

Es wird b e a n t rag t,

das Hauptverfahren vor dem Amtsgericht - Jugendschöffengericht _ Rostock zu eröffnen.

Löhnert, (Staatsanwalt)

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Öffentliche Sitzung des Amtsgerichts - Jugendschöffengericht - Rostock

Geschäfts.-Nr.)2.~.~.~..1QQ J~.~.9!I.~..-.JO.4!.!.~ .

Gegenwärtig:

R..ich~~L~HD.A..I))..t_~g~.d~.b_tWi!!k~h1).a_nn .Vorsitzender,

frm!.~~xa.b..~~rlillg~X.(Y~.d~~i~lf~r~l_1).1!n.9 .I-:I~.I:I:.M~x.imi 1!~n.WjJ_~~n.(EJ.ektrQ_i_n.~taI.J_~.t.t?~!I")_.

als Schöffen,

St~~.t_~~n!~.aIL~.QJ)I}~r~ .als Beamter der Staatsanwaltschaft,

J.u~ti?:.allg~~t.t?J)t~.St~l_1.?:.t?L .als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Dauer der Hauptverhandlung

Von 9:00 Uhr bis 12:35 Uhr

Ort und TagR..Q.~t~~.~,.9~n.~.~ 1.0.)QJ.5. .

Strafsache

gegen

Kupke, Walter,geboren am 03.01.1984 in Rostock,wohnhaft: Augustenstraße 91, 18055Rostock, deutscher Staatsangehöriger, ledig

wegen Körperverletzung u.a.

Die Hauptverhandlung begann mit dem Aufruf der Sache.

Der Vorsitzende stellte fest, dass erschienen waren:

der Angeklagte,

als VerteidigeF.

folgende Zeuge n und Sachverständige

I. Peter Meierhuber2. Cornelius Berger3. POK Bernhard Müller4. POK Axel Krüger5. Roger Leder6. Alf Albig7. Dr. Fammel

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Gef/Die Zeug en entfernt en sich darauf aus dem Sitzungssaal.

Der/Qie Angeklagte A ,über die persönlichen Verhältnisse vernommen, gab eR an:

Ich bin Walter Kupke, am 03.01.1984 in Rostock geboren, deutscher Staatsbürger. Ich bin weder verlobt noch~erheiratet, lebe aber seit ungefahr drei Jahren mit meiner Freundin zusammen. Beruflich orientiere ich michgerade um, das heißt ich beziehe Arbeitslosengeld 11. Gelernt habe ich Einzelhandelskaufmann, habe dieAusbildung aber im dritten Lehljahr abgebrochen. Hin und wieder jobbe ich bei Edeka an der Kasse."

Von einer Verlesung der Anklage vom 09.09.2015 wurde abgesehen. Mit Zustimmung aller Verfahrensbeteiligtenwurde die Anklage im Selbstleseverfahren zur Kenntnis genommen. Die Verfahrensbeteiligten erklärten, dassihnen eine Ablichtung der Anklage vorläge. Den Schöffen wurde eine Kopie der Anklage zur Kenntnisnahme zurVerfügung gestellt. Allen Verfahrensbeteiligten wurde zehn Minuten Zeit gegeben, den Inhalt der Anklage zulesen. Nach Ablauf der Frist erklärten alle Verfahrensbeteiligten, dass sie die Anklage gelesen und den Inhaltvergegenwärtigt hätten.

Es wurde festgestellt, dass die Anklage mit Eröffnungsbeschluss vom 14.09.2015 (Blatt 75 der Akten) zurHauptverhandlung zugelassen wurde.

Der/Gie Angeklagte R wurd eR darauf hingewiesen, dass es ihm/ihr/ihnen freistehe, sich zu derBeschuldigung zu äußern oder nicht zur Sache auszusagen.

Er/&ie erklärte R : Ich binNlJir sind zur Äußerung - rHGflt - bereit.

"Ich gebe zu, ich war am 27. Juli 2015 auf der Bahnhofsbrücke. Ich räume auch ein, dass ich den heute hieranwesenden Zeugen Meierhuber mit einem Schloss beworfen habe. Das habe ich aber auch nur getan, weil dermich provozieI1 hat. Der kam an und meinte, mich direkt vor meinem Gesicht anhauchen zu müssen. Das konnteich nicht auf mir sitzen lassen, denn ich habe mich fürchterlich geekelt. Der stand direkt vor mir, zog aus seinerZigarette und pustete mir den feuchten mit Spucke vermischten Rauch immer wieder direkt ins Gesicht, obwohlich ihn bestimmt zwei- oder dreimal gebeten habe, damit aufzuhören. Ich habe mich so sehr geekelt, dass ichmich beinahe übergeben hätte. Ich konnte gerade so an mich halten. Nur deshalb habe ich ihn beworfen. Ich habedas auch nicht mit voller Kraft getan, ich wollte nur, dass er aufhört, mich mit dem Rauch anzupusten. Das tutmir jetzt auch leid. Kann sein, dass ich ihn danach nochmal "Arschloch" genannt habe.Wegen der Sache mit den Schlössern kann ich nur sagen, dass ich zwar die Schlösser mitgenommen habe, dieKette war aber schon kaputt, so dass ich die Schlösser nur noch abziehen musste. Da muss vor mir schon einerda gewesen sein, der die Kette aufgeschnitten hat. Meinen Bolzenschneider habe ich gar nicht gebraucht.Das mit dem Jungen stimmt zwar so, aber ich habe doch nicht gewollt, dass der sich so besäuft. Der ist an derganzen Sache selber schuld."

Auf Nachfrage: "Mein Onkel Roger Leder hat mir fest versichert, dass man die Schlösser, die irgendwelcheLeute da mal an die Brücke gehängt haben, abnehmen und mitnehmen darf. Der kennt sich aus, er ist schließlichSchrotthändler. Er meinte, er könnte mir den Schrottwert pro Kilogramm zahlen. Also habe ich sie ihmgegeben."

Auf Nachfrage: "Ich habe von Roger dann 88 Euro, 4,00 Euro pro Kilogramm, dafur bekommen."

Auf Nachfrage: "Ich will jetzt reinen Tisch machen. Das Abwiegen der Schlösser durfte ich selbst vornehmen.Ich habe so, dass Roger das nicht sehen konnte, mit meiner Hand zusätzliche Kraft auf die Plattform der Waageausgeübt, so dass statt tatsächlichen 15 Kilo nun 22 Kilo angezeigt wurden. An der Waage kann man sich einenAusdruck über das Gewicht der Gegenstände machen lassen. Das habe ich dann auch gemacht und den ZettelRoger gegeben. Der hat dabei zum Glück nichts gemerkt und mir 88 Euro flir 22 Kilo berechnet, obwohl icheigentlich nur 60 Euro fur 15 Kilo bekommen hätte. Ich dachte zu dem Zeitpunkt, das geschieht ihm geraderecht, weil er die ganze Zeit damit angegeben hat, wie gut seine Geschäfte laufen.

Sodann wurde der Zeuge Roger Leder in den Sitzungssaal gerufen und wie folgt vernommen:

Zur Person:"Roger Leder, 50 Jahre alt, Schrotthändler, wohnhaft in Rostock. Ich bin der Bruder des Vaters desAngeklagten."

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Der Zeuge wurde um 10:25 Uhr im allseitigen Einvernehmen unvereidigt entlassen.

Sodann wurde der Zeuge Krüger in den Sitzungssaal gerufen und wie folgt vernommen:

Zur Sache:"Ich berufe mich auf mein Zeugnisverweigerungsrecht."

Zu Person:"Axel Krüger, Polizeioberkommissar, wohnhaft in Rostock, mit dem Angeklagten nicht verwandt und nichtverschwägert."

Zur Sache:"In der Vernehmung des Zeugen Leder am 14.08.2015 erklärte dieser mir, er habe dem Angeklagten den Tippgegeben, die Schlösser von der Kette zu nehmen. Der Angeklagte hatte gefragt, wie er leicht Geld verdienenkönne, und da habe er ihm den Tipp gegeben. Der Angeklagte habe im Nachhinein explizit erwähnt, dass dieKette ziemlich dick war und es ihn daher viel Kraft gekostet habe, diese durchzutrennen.Der Angeklagte habe die Schlösser dann am nächsten Tag beim Zeugen Leder abgegeben und dafür von diesem88 Euro bekommen. Dabei habe er gemerkt, dass der Angeklagte zusätzlich auf die Waage gedrückt hatte, umdas Gewicht der Schlösser zu erhöhen. Er habe aber dem immer klammen Angeklagten helfen wollen und sogetan, als hätte er nichts gemerkt.Außerdem habe der Angeklagte ihm erzählt, dass ihn ein Typ auf der Bahnhofsbrücke zunächst fi'eundlichangesprochen habe, dann aber die Stimmung umschlug. Der Typ habe den Angeklagten wohl aus nächster Nähemit Zigarettenqualm angehaucht. Daher habe er ein Schloss auf dessen Stirn geworfen. Weil er sich so oberdiesen Typen geärgert habe, habe er ihn beim weggehen nochmal hinterhergeschrien, dass er ein "Arschloch"sei."

Der Zeuge wurde um 10:50 Uhr im allseitigen Einvernehmen unvereidigt entlassen.

Sodann wurde der Zeuge Peter Meierhuber in den Sitzungssaal gerufen und wie folgt vernommen:

Zur Person:"Peter Meierhuber, 34 Jahre alt, Sachbearbeiter, wohnhaft in Rostock, mit dem Angeklagten nicht verwandt undnicht verschwägert."

Zur Sache:"Am 27. Juli war ich abends auf der BrOcke, das stimmt. Ich habe mich dann mit dem Angeklagten über dieuntergehende Sonne unterhalten, der hatte so einen großen Rucksack dabei, sah ziemlich schwer aus. Ich kamgerade von einer Party am Strand und hatte ein Bier getrunken. Die Stimmung hat sich irgendwie hochgeschaukelt, weil ich ihm klar machen wollte, dass ich den Sonnenuntergang gerne allein genießen wollte."

Auf Nachfrage: "Ja, ich habe eine Zigarette geraucht. Ich stand relativ nah, vielleicht zwischen einem halbenund einem Meter vor dem Angeklagten, der stand ja schließlich an meiner Stelle. Als ich merkte, dass der nichtvon allein geht, wollte ich ihn vertreiben und habe ihn mit dem eingesogenen Zigarettenrauch meiner Zigaretteangehaucht. Das hat ihm nicht so gut gefallen, ich glaube er musste kurz würgen. Aber er wollte einfach nichtgehen, also habe ich ihn ein paar Mal angehaucht. Und da kam auch schon dieses Schloss geflogen. Das hatmich dann an der Stirn getroffen. Zum Glück war es halb so wild. Es war zwar eine Platzwunde da, aber diemusste nicht genäht werden und war auch schnell wieder verheilt. Ziemlich übel fand ich dann, dass derAngeklagte mich auch noch beim Weggehen mit "Arschloch" beschimpft hat."

Der Zeuge wurde um 11: 15 Uhr im allseitigen Einvernehmen unvereidigt entlassen.

Sodann wurde der Zeuge Cornelius Berger in den Sitzungssaal gerufen und wie folgt vernommen:

Zur Person:"Cornelius Berger, 13 Jahre alt, Schüler, wohnhaft in Rostock, mit dem Angeklagten nicht verwandt und nichtversch wägert."

Zur Sache:"Ich kann mich kaum noch an den Abend erinnern. Ich hatte Stress zu Hause und bin dann Richtung Strandgegangen. Ich wollte mir eigentlich am Kiosk ein Bier besorgen. Die haben mir dann aber nichts gegeben, wegenJugendschutz und so. Auf jeden Fall erkenne ich den Angeklagten als den Mann, der mir die Flasche Likör

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verkauft hat. Ich weiß auch noch, dass er meinte, ich soll die Zeit genießen, solange ich noch jung bin. Dabeizeigte er auf die Flasche, die er vor meinen Augen hin und her schwenkte. Ich bin d~nn runter ~um ~trand undhabe die Flasche ausgetrunken. Ich trinke sonst gar keinen Alkohol, deshalb war Ich auch ziemlIch schnellbetrunken. Dann musste ich mich irgendwie Ubergeben,und danach weiß ich wirklich nichts mehr."

Der Zeuge wurde um 11 :30 Uhr im allseitigen Einvernehmen unvereidigt entlassen.Sodann wurde der Zeuge Müller in den Sitzungssaal gerufen und wie folgt vernommen:

Zur Person:"Bernhard MUlier, 47 Jahre alt, Polizeioberkommissar, wohnhaft in Rostock, mit dem Angeklagten nichtverwandt und nicht verschwägert."

Zur Sache:"Mein Kollege POK KrUger und ich wurden am Abend des 27. Juli 2015 an den Strand in Rostock WarnemUndebeordert, weil dOli ein völlig alkoholisielier Junge liegen sollte. Wir sind dann gegen 22.50 Uhr dOli eingetroffenund haben den hier anwesenden Zeugen Berger nahezubewegungslos auf dem Bauch mit dem Gesicht auf demSand liegend vorgefunden. Neben ihm lag eine leere Flasche Likör. Er hatte schon neben sich erbrochen. Wirhaben dann den Notarzt verständigt und den ZeugenTakini, der heute nicht hier ist, vernommen."

Der Zeuge wurde um 11 :50 Uhr im allseitigen Einvernehmen unvereidigt entlassen.

Sodann wurde der Zeuge Dr. Jürgen Fammel in den Sitzungssaal gerufen und wie fOlgt vernommen:

Anmerkung des LJPA: Es ist davon auszugehen, dass der Zeuge Dr. Fammelordnungsgemäß vernommen und dies ordnungsgemäß ins Protokoll aufgenommen wurde.Es ist davon auszugehen, dass die Zeugenaussage den Feststellungen des Urteilsentspricht.

Der Zeuge wurde um 11 :50 Uhr im allseitigen Einvernehmen unvereidigt entlassen.

Sodann wurde der Zeuge Albig in den Sitzungssaal gerufen und wie folgt vernommen:

Zur Person:

"Alf Albig, 40 Jahre alt, Referent im Ordnungsamt der Hansestadt Rostock, wohnhaft in Rostock,mit dem Angeklagten nicht verwandt und nicht verschwägert."

Zur Sache:

"Ich bin u.a. auch fur den Bereich WarnemUnde zuständig. Der Hansestadt Rostock ist seit vielen Jahrenbekannt, dass auf der BahnhofsbrUcke und insbesondere an der Seitenbegrenzungskette sog. Liebesschlösseraufgehängt werden. Bislang haben wir das allerdings geduldet, weil wir es als einen Akt menschlicherNächstenliebe betrachten. Die Seitenbegrenzungskette wird regelmäßig kontrolliert. Bei einer Kontrolle am31.07.20 J 5 wurde festgestellt, dass sie an mehreren Stellen durchschnitten war. Die Reparatur hat 150,00 Eurogekostet."

Der Zeuge wurde um 11 :55 Uhr im allseitigen Einvernehmen unvereidigt entlassen.

Der Vorsitzende teilte den Verfahrensbeteiligten mit, dass der ebenfalls zum heutigen Termingeladene Zeuge Alfons Takini entschuldigt sei, da er aus beruflichen Gründen nicht erscheinen könne,weil er sich bis Ende des Jahrs 2015 auf einer wissenschaftlichen Himalaya-Expedition befindet.

Der Vorsitzende befragte die Verfahrensbeteiligten, ob sie damit einverstanden seien, dass daspolizeiliche Vernehmungsprotokoll des Zeugen Alfons Takini vom 31.07.2015 (BI. 21 dA) verlesenwerde.

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft und der Angeklagte stimmten der Verlesung zu.

Die Verhandlung wurde um 11 :55 Uhr unterbrochen und um 12.00 Uhr mit der gleichen Besetzungfortgesetzt.

Der Vorsitzende verkündete folgenden nach Beratung gefassten Beschluss:

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"Das polizeiliche Vernehmungsprotokoll des Zeugen Alfons Takini vom 31.07.2015 soll verlesen werden.

Den Verfahrensbeteiligten wurde Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben.

Gründe:Sämtliche Verfahrensbeteiligten haben der Verlesung des Vernehmungsprotokolls zugestimmt."

Sodann wurde das polizeiliche Vernehmungsprotokoll vom 31.07.2015 verlesen.

Hinweis des LJPA: Von einem Abdruck des Inhalts des polizeilichenVernehmungsprotokolls vom 31.07.2015 wurde abgesehen. Es ist davon auszugehen,dass dieses den Feststellungen des Urteils entspricht.

Rechtlicher Hinweis:

Der Angeklagte wurde gemäß § 265 StPO darauf hingewiesen, dass im Falle einer Verurteilung

diese über die Anklage hinaus auch wegen der Erfüllung eines Tatbestandes, welcher den Schutz derpersönlichen Ehre bezweckt und wegen einer vorsätzlich begangenen Körperverletzung gemäß § 223

StGB in Betracht kommt, wonach bestraft wird, wer eine andere Person vorsätzlich körperlichmisshandelt oder an der Gesundheit schädigt. Denn indem der Angeklagte dem Zeugen Berger eine

Flasche "Appelkorn" abgab, könnte er eine gesundheitliche Beeinträchtigung aufgrund einerAlkoholvergiftung ernst genommen und sich mit dieser Folge innerlich abgefunden haben.

Zudem wurde der Angeklagte darauf hingewiesen, dass über die Anklage hinaus auch wegen derErfüllung des Tatbestandes des Betruges gemäß § 263 Abs. 1 8tGB eine Verurteilung in Betrachtkommt. Demnach wird bestraft, wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigenVermögensvorteil zu verschaffen, das Vermögen eines anderen dadurch beschädigt, dass er durchVorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen einen Irrtumerregt oder unterhält.

Es wurde Gelegenheit gegeben, die Verteidigung insoweit einzurichten.

Der Angeklagte wurde sodann zu seinen weiteren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen vernommen.

Hinweis des LJPA: Von einem Abdruck der Angaben des Angeklagten zu seinen weiterenpersönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen [... ] wird abgesehen. Es ist davonauszu ehen, dass sie für die Fallbearbeitun ohne Bedeutun sind.

Der Bundeszentralregisterauszug vom 14.10.2015 wurde verlesen. Er enthält keine Eintragungen.

Nach der Vernehmung eines jeden - Zeugen Sachverständigen und der Mitangeklagten sowienach der Verlesung eines jeden Schriftstücks - wurde A der/€Iie Angeklagte befragt, ob er/sieetwas zu erklären habe/Aätten.Ven der Verlesung desfGlef-------

wtlrde mit Einverständnis der Staatsanwaltschaft, der Verteidigung und des/der Angeklagten abgesehen.Der wesentliche Inhalt des/der Beweismittel(s) "'iurde mitgeteilt. Der Richter hat '10m VVortlaut de-slGefBeweismittel(s) Ken~enommen. Den Beteiligten ist dazu ebenfalls Gelegenheit--§egeben worden.

Die Vorsitzende verkündete folgenden Beschluss:

"Die Beweisaufnahme wird geschlossen."

Die Staatsanwaltschaft und sodann der/GiB Angeklagte A

ZU ihren Ausführungen und Anträgen das Wort.- und der/die VerteiGi§ef - erhielten

Die Staatsanwaltschaft beantragte:

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Hinweis des LJPA: Von einem Abdruck des Antrags des VertretersStaatsanwaltschaft wird zu Prüfun szwecken ab esehen.

Der/Gie Angeklagte Der/Die Verteidiger beantragte A

Hinweis des LJPA: Von einem Abdruck des Antrags des Angeklagten wird zuPrüfungszwecken abgesehen.

Der/Gie Angeklagte fl- Der/Die Verteidiger hatte A das letzte Wort.

Der/Gie Angeklagte A wurde A befragt, ob er/sie selbst noch etwas zu seiner/ffifef Verteidigunganzuführen habe/llätteA. Er/Sie erklärte A

"Nein, ich habe nichts mehr zu sagen."

Die Verhandlung wurde um 12:20 Uhr unterbrochen. Das Gericht zog sich zur Urteilsberatung zurück.Die Verhandlung wurde um 12:30 Uhr mit der gleichen Besetzung fortgesetzt.

Das Urteil wurde durch Verlesung der Urteilsformel und durch die mündliche Mitteilung des wesentlichen Inhaltsder Urteilsgründe dahin verkündet:

Im Namen des VolkesUrteil

Der Angeklagte wird wegen Beleidigung, wegen vorsätzlicher Körperverletzung in zwei Fällen, wegenBetruges und wegen Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe voneinem Jahr und zwei Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährungausgesetzt.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Angewendete Vorschriften: §§ 185,223 Abs. 1,242 Abs. 1,263 Abs. 1,303 Abs. 1,52,53 StGB

Der Vertreter der Staatsanwaltschaft erklärte, dass er auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichte.

Aufgrund ausdrücklicher und wiederholter Nachfrage des Vorsitzenden erklärte auch der Angeklagte,dass er auf Rechtsmittel verzichte.

Das Protokoll wurde fertiggestellt am 09.11.2015.

WinkelmannRichter am Amtsgericht

Stenzei, JustizbeschäftigteUrkundsbeamtinder Geschäftsstelle

- AUSFERTIGUNG -Aktenzeichen:12 Ls - 100 Js 89/15 - 104/15

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Urteil mit Gründen zurGeschäftsstelle gelangt am 04.11.2015gez. Stenzel

Verkündet am 28.10.2015

Amtsgericht Rostock

Im Namen des VolkesUrteil

gegen Walter Kupke,geboren am 03.01.1984 in Rostock,wohnhaft: Augustenstraße 91 in 18055 Rostock,deutscher Staatsangehöriger, ledig,

In der Strafsache

wegen Körperverletzung u.a.

hat das Amtsgericht - Jugendschöffengericht - Rostock auf Grund der Hauptverhandlungvom 28.10.2015, an der teilgenommen haben

Hinweis des LJPA: Vom Abdruck der ordnungsgemäßen Ausführungen zu denPersonen, die an der Hauptverhandlung teilgenommen haben (§ 275 Abs. 3 StPO), wirdabgesehen.

für R e c h t erkannt:

Der Angeklagte wird wegen Beleidigung, wegen vorsätzlicher Körperverletzung inzwei Fällen, wegen Betruges und wegen Diebstahls in Tateinheit mitSachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zwei Monatenverurteilt. Die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wird zur Bewährung ausgesetzt.

Der Angeklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Angewendete Vorschriften: §§ 185, 223 Abs. 1, 242 Abs. 1, 263 Abs. 1, 303 Abs. 1,52,53 StGB

G r Ü n d e:

I.

Der 30-jährige unverheiratete Angeklagte verfügt über einen Hauptschulabschluss. Eineanschließende Lehre als Einzelhandelskaufmann in einem Lebensmittelmarkt brach er im

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dritten Lehrjahr ab. Zeitweise arbeitete er danach als Aush~lfskraft an der Kasse ~inesLebensmitteleinzelhandels in Rostock. Seit etwa vier Jahren Ist der Angeklagte arbeitslosund bezieht Sozialleistungen nach dem SGB 11.Strafrechtlich ist der Angeklagte bisher nichtin Erscheinung getreten.

11.

In der Hauptverhandlung wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

Der Angeklagte begab sich am 27.07.2015 gegen 21 :20 Uhr auf die Bahnhofsbrücke inRostock Warnemünde, welche im Eigentum der Hansestadt Rostock steht. Auf der Höhe desBrückendrehrades durchschnitt er mit seinem mitgeführten Bolzenschneider eine ca. 7 cmdicke stählerne Kette an mehreren Stellen, welche als seitliche Absperrung zumBrückenrand dient. An der Kette sind mehrere hundert, größtenteils individuell gravierteVorhängeschlösser, sog. "Liebessschlösser", angeschlossen. "Liebesschlösser" sindVorhängeschlösser, die nach einem Brauch von Verliebten an Brücken angebracht werden,um symbolisch ihre ewige Liebe zu besiegeln. Im vorliegenden Fall wurden diese Schlösseran einzelnen Gliedern der Brückenbegrenzungskette befestigt und verschlossen. DieSchlösser hängen dort zum Teil schon seit mehreren Jahren, ohne dass sie von der Stadtentfernt wurden. Die Hansestadt Rostock duldet das Anhängen der Schlösser als Aktmenschlicher Nächstenliebe. Von den aufgetrennten Kettenteilen nahm der Angeklagte 53"Liebesschlösser" an sich. Hierbei beabsichtigte er, diese "Liebesschlösser", die zusammenein Gewicht von etwa 15 Kilogramm hatten, zum Preis von 4,00 Euro pro Kilogramm anseinen Onkel väterlicherseits, den Schrotthändler Roger Leder, zu verkaufen und den Erlösfür sich zu behalten. Bereits im Vorfeld hatte ein Gespräch zwischen dem Zeugen Leder unddem Angeklagten stattgefunden, wobei der Zeuge Leder den Angeklagten daraufaufmerksam machte, dass er durch den Verkauf der Schlösser Geld verdienen könne.Zudem hatte er dem Angeklagten bei dieser Gelegenheit erklärt, dass die Mitnahme vonLiebesschlössern nicht verboten sei, was dieser auch glaubte. Aufgrund derBeschädigungen an der Kette entstand ein Schaden in Höhe von 150 Euro.

Als sich der Angeklagte mit den Schlössern gegen 21:40 Uhr auf den Heimweg machenwollte, sprach ihn der gerade von einer am Strand stattgefundenen Feier kommenderauchende Zeuge Peter Meierhuber an. Nachdem sich die beiden zunächst über dennahenden Sonnenuntergang unterhielten, begann der 1,94 Meter große Zeuge Meierhuberin seinem Ton zunehmend aggressiv zu werden. Nachdem der 1,70 Meter große Angeklagtediesen mehrfach dazu aufgefordert hatte, wieder ruhiger zu werden, kam der ZeugeMeierhuber aggressiv auf den Angeklagten zu und blies ihm aus einer Entfernung von untereinem Meter den gerade eingesogenen Zigarettenqualm mit spürbar feuchter, d.h. mitSpuckepartikeln versetzter, Atemluft ins Gesicht. Der Zeuge bezweckte mit seinemVerhalten, den Angeklagten von der Brücke zu vertreiben. Durch das Anpusten mit deminhalierten Zigarettenrauch wurden die Schleimhäute des Angeklagten merkbar gereizt. ZurVerhinderung weiterer "Rauchangriffe" und um auch nicht weiter mit Spuckepartikeln"angepustet" zu werden, warf der Angeklagte eines der Schlösser, welches ein Gewicht von300 Gramm hat, aus einer Entfernung von etwa drei Metern in Richtung des ZeugenMeierhuber. Das Schloss traf den Zeugen oberhalb der rechten Augenbraue. Der Zeuge erlitteine Prellung sowie eine Beule, die ca. 10 Tage sichtbar war. Aufgrund der nochandauernden Verärgerung rief der Angeklagte, während er sich von dem Zeugen Meierhuberabwendete und in Richtung Strand ging, für diesen gut hörbar in dessen Richtung"Arschloch".

Im Anschluss an dieses Geschehen entfernte sich der Angeklagte in Richtung Strand. Umdie erlebte Konfrontation mit dem Zeugen Meierhuber zu verarbeiten, begab er sich gegen21 :55 Uhr zu einem nahe am Strandaufgang 2 gelegenen Kiosk und kaufte dort zweiFlaschen Apfellikör der Marke "Appelkorn" zu je 0,7 Liter mit einem Alkoholgehalt von 20Vol.-%. Kurz nachdem er sich mit den Getränken auf eine Bank am Alten Strom auf Höhe

13

der Hausnummer 73 setzte, kam auf ihn der 13-jährige, nach seinem äußerenErscheinungsbild noch sehr kindlich wirkende Schüler Cornelius Berger mit der Frage zu, ober ihm eine der beiden soeben erworbenen Flaschen Likör verkaufen könne. DerAngeklagte, der für möglich hielt, dass der Schüler Berger seinem Äußeren entsprechendnoch ein Kind, also unter 14 Jahre alt war, sah in der Situation die Gelegenheit, am Verkaufeiner Flasche etwas dazu zu verdienen und verkaufte dem Zeugen Berger eine FlascheApfellikör zum doppelten Preis. Hierbei wusste er, da er in der Vergangenheit imLebensmitteleinzelhandel an der Kasse gearbeitet hatte, dass der Verkauf vonbranntweinhaitigen Getränken an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren verboten ist (§ 9JuSchG). Der Schüler Berger, der im Umgang mit Alkohol noch keine große Erfahrung hatte,begab sich mit der Flasche zum Strand, setzte sich neben einen Strandkorb und trank dengesamten Likör, so dass er in einen akuten Rauschzustand geriet und um 22.45 Uhr nichtmehr ansprechbar war. Gegen 22:50 Uhr wurde er von den Polizeibeamten Müller undKrüger, die von dem Zeugen Takini telefonisch herbeigerufen worden waren, volltrunken undorientierungslos am Strand aufgefunden. Infolge des Alkoholgenusses musste der SchülerBerger sich wiederholt übergeben. Um 23:30 Uhr wurde er wegen akuter Alkoholintoxikationdurch den Notarzt Dr. Fammel, der um 23:05 Uhr am Einsatzort eingetroffen war, in dieNotaufnahme des Südstadtkrankenhauses in Rostock eingeliefert. Dort wurde eineKonzentration von 2,6 Promille Alkohol im Blut des Geschädigten Berger festgestellt.

Am 28.07.2015 begab sich der Angeklagte mit den Liebesschlössern, die er von derWarnemünder Bahnhofsbrücke mitgenommen hatte, zum Zeugen Leder, der einenSChrottplatz in der Rostocker Südstadt betreibt. Er beabsichtigte, wie zuvor mit dem ZeugenLeder besprochen, die Schlösser zum Schrottwert von 4 Euro pro Kilogramm an diesen zuverkaufen. Den Erlös wollte er für sich behalten. Der Zeuge Leder bot dem Angeklagten an,dass dieser die Schlösser selbständig wiegen könne. Hierzu nutzte der Angeklagte eineelektronische Waage des Zeugen Leder, welche das Gewicht der aufgelegten Gegenständemittels Sensoren elektroniscIT ermittelt und auf einem 3 x 4 cm großen Blatt Papierausdruckt. Während des Wiegevorganges drückte der Angeklagte zusätzlich mit seiner Handauf die Ablagefläche der Waage, so dass diese anstatt eines tatsächlichen Gewichts von 15Kg ein Gewicht von 22 Kg bescheinigte. Der Angeklagte hatte die Absicht, die Masse derSchlösser möglichst groß erscheinen zu lassen, um im Geschäft mit dem Zeugen Ledereinen möglichst hohen Kaufpreis erzielen zu können. Der Angeklagte glaubte, während desWiegevorgangs unbeobachtet gewesen zu sein. Tatsächlich erkannte der Zeuge Leder dieAbsichten des Angeklagten und beobachtete diesen dabei, wie er zusätzlich auf die Waagedrückte, ließ den Angeklagten aber davon unbehelligt, weil er ihn gerne finanziellunterstützen wollte. Der Angeklagte überreichte dem Zeugen Leder sodann denausgedruckten Beleg, welcher 22 Kg auswies. Der Zeuge Leder zahlte dem Angeklagtendaraufhin 88 Euro aus.

111.

Die vorgenannten Feststellungen beruhen auf den Einlassungen des Angeklagten zu seinenpersönlichen Verhältnissen und zur Sache sowie den Aussagen der Zeugen PeterMeierhuber, Cornelius Berger, POK Bernhard Müller und POK Axel Krüger, Dr. JürgenFammel, Alf Albig und ferner auf der Verlesung des polizeilichen VernehmungsprotokOlls desZeugen Alfons Takini vom 31.07.2015 ... .]

Hinweis des LJPA: Von einem weiteren Abdruck der Ausführungen zur Beweiswürdigung[...] wird abgesehen. Es ist davon auszugehen, dass die nicht abgedruckten Ausführungenzur BeweiswürdiQunQ für die Fallbearbeitung nicht von Bedeutung sind.

IV.I

14

Hinweis des LJPA: Von einem Abdruck der Ausführungen zur rechtlichen Würdigungwird zu Prüfungszwecken abgesehen.

V.

Hinweis des LJPA: Von einem Abdruck der Ausführungen zur Strafzumessung wirdabgesehen. Es ist davon auszugehen, dass diese für die Fallbearbeitung nicht vonBedeutung sind.

gez. Winke/mannRichter am Amtsgericht

ausgefertigt: Stenze/Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

VI.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 465 StPO.

Vermerk für die Bearbeitung

15

I. Die Erfolgsaussichten der Revision sind zu begutachten. Zeitpunkt der Begutachtung

ist der 12.01.2016. Das Gutachten braucht keine Sachverhaltsdarstellung zu enthalten. Der

Sachverhalt ist dabei auf der Grundlage der im Urteil getroffenen Feststellungen in materiell-

rechtlicher Hinsicht in jedem Fall umfassend zu würdigen. Das Gutachten soll auch

Erwägungen zur Zweckmäßigkeit des Vorgehens enthalten. Etwaige Revisionsanträge sindauszuformulieren.

11. Kommt die Bearbeitung zur nicht behebbaren Unzulässigkeit der Revision, so ist zur

Begründetheit in einem Hilfsgutachten Stellung zu nehmen.

111. Straftatbestände außerhalb des StGB und Ordnungswidrigkeiten sind nicht zu prüfen.

IV. Es ist zu unterstellen, dass

• die Formalien (Ladungen, Zustellungen, Unterschriften, Vollmachten) in Ordnung

sind, soweit sich nicht ausdrücklich etwas anderes aus dem Sachverhalt ergibt,

• nicht abgedruckte Aktenbestandteile keine Rechtsfehler aufweisen,

• die örtliche Zuständigkeit der Staatsanwaltschaft Rostock gegeben ist.

V. Rostock verfügt über ein Amts-, ein Land- und ein Oberlandesgericht.

Kalender 2015/2016 (Auszug)

Mai Juni Juli August

Mo 4 11 18 25 8 15 22 29 6 13 20 27 3 10 17 24

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Di 5 12 19 26 2 9 16 23 30 7 14 21 28 4 11 18 25

Mi 6 13 20 27 3 10 17 24 8 15 22 29 5 12 19 26

Do 7 14 21 28 4 11 18 25 2 9 16 23 30 6 13 20 27

Fr 8 15 22 29 5 12 19 26 3 10 17 24 31 7 14 21 28

Sa 2 9 16 23 30 6 13 20 27 4 11 18 25 8 15 22 29

So 3 10 17 24 31 7 14 21 28 5 12 19 26 2 9 16 23 30

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September Oktober November Dezember

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Januar 2016

Mo 4 11 18 25

Di 5 12 19 26

Mi 6 13 20 27

Do 7 14 21 28

Fr 8 15 22 29

Sa 2 9 16 23 30

So 3 10 17 24 31

Fest- und Feiertage Juli 2015 bis Januar 2016:

03.10.31.10.25./26.12.01.01.

Tag der Deutschen EinheitReformationstagWeihnachtenNeujahr