Kaninchen – Quo vadis - Vetmeduni...Wildkunde Pirsch 2/2009 wurden im Jagdjahr 1974/75 noch 13,3...

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Kaninchen – E igentlich ist das Europä- ische Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) in Mitteleuropa gar nicht richtig heimisch. Ursprüng- lich kommt es aus Südwest- Europa: Spanien, Portugal und Südwestfrankreich. Die zahlreichen Einbürgerungen begannen aber wahrschein- lich schon im Altertum und auch ein Großteil der zen- traleuropäischen Kaninchen stammen. In ganz Europa leben heute Kaninchen: von Südschwe- den über Ungarn, Rumänien bis in die Ukraine, rund um das Mittelmeer und auf den Inseln Sizilien, Korsika, Sar- dinien, Kreta sowie auf den Britischen Inseln. Möglichkeit zur Anlage von Erdbauen. Diese können tief in den Boden reichen, wer- den aber auch gern mehr oder weniger waagrecht an Dämmen, Dünen oder Hang- kanten angelegt. Ihre sprich- wörtliche Vermehrungsfreu- digkeit hat ihnen auch zu einem einstigen Bestandes- maximum verholfen. decke. Und sie spielen als Beutetier eine wichtige Rolle. Über 40 verschiedene Räu- ber haben das Wildkanin- chen auf ihrem Speiseplan, manche sogar fast ausschließ- lich, wie der Iberische Luchs und der Spanische Kaiserad- ler (Aquila aldabertii). Beide Arten gelten als gefährdet. Diese Spezialisierung einzel- In den Jahren 1788 und 1859 wurde das Kaninchen in Australien angesiedelt und hat sich dort derart vermehrt, dass große ökologische und ökonomische Schäden die Folge waren. Nach einigen, zunächst erfolglosen Versu- chen der Ansiedlung in Süd- amerika ist es seit 1936 auch in Teilen von Argentinien und Chile zu finden. Schlüsselart Die Ansprüche des Kanin- chens an seinen Lebensraum sind kurz und bündig: tro- ckenwarmes Klima und die In ihrem ursprünglichen Ver- breitungsgebiet auf der Ibe- rischen Halbinsel haben sich die Kaninchen zu einer Schlüsselart des dortigen Ökosystems entwickelt. Als höchst selektive Vegeta- rier spielen sie eine wichtige Rolle bei der „Beweidung“ von Wiesen und der Gestal- tung von Lebensräumen. Sofern sie in moderaten Dichten auftreten, entsteht durch ihre Nahrungs-Selek- tivität ein Mosaik aus ver- schiedenen Vegetationstypen mit großem Artenreichtum. Sie haben Einfluss auf die Bodenfruchtbarkeit, erhalten und pflegen die Pflanzen- ner Arten auf das Kaninchen als Hauptbestandteil ihrer Nahrung kann die Räuber teilweise in arge Bedrängnis bringen, wenn die Populations- dichte der Hauptbeute durch Krankheiten oder Habitat- verlust drastisch sinkt. Am anderen Ende der Welt, in Australien, waren die Ka- ninchen zunächsst äußerst erfolgreich. Ausgehend von der Stadt Geelong im süd- australischen Bundesstaat Victoria eroberte es den Kon- tinent mit einer Geschwin- digkeit von 54 Kilometer pro Jahr. Doch in „Down under“ gibt es mehr Freud als Leid mit dem Karnickel. Es wird der große Ansiedlungserfolg wurde durch die hohen Ver- mehrungsraten begünstigt. Aber alles der Reihe nach: Das Wildkaninchen gehört zur Familie der Hasen (Lepo- ridae). In unseren Breiten gibt zwei „echte Hasenarten“ den Feldhasen (Lepus eu- ropaeus) und den Schneeha- sen (Lepus timidus). Das Wildkaninchen ist eher ein entfernter Cousin. Von den zwei Unterarten lebt eine ursprünglich in Südspanien, auf den Azoren und Madei- ra, während die andere Un- terart in Nordspanien und Frankreich zu finden ist. Von dieser Subspezies dürften

Transcript of Kaninchen – Quo vadis - Vetmeduni...Wildkunde Pirsch 2/2009 wurden im Jagdjahr 1974/75 noch 13,3...

  • Kaninchen – Quo vadis ? Eigentlich ist das Europä-ische Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) in Mitteleuropa gar nicht richtig heimisch. Ursprüng-lich kommt es aus Südwest-Europa: Spanien, Portugal und Südwestfrankreich. Die zahlreichen Einbürgerungen begannen aber wahrschein-lich schon im Altertum und

    auch ein Großteil der zen-traleuropäischen Kaninchen stammen.In ganz Europa leben heute Kaninchen: von Südschwe-den über Ungarn, Rumänien bis in die Ukraine, rund um das Mittelmeer und auf den Inseln Sizilien, Korsika, Sar-dinien, Kreta sowie auf den Britischen Inseln.

    Möglichkeit zur Anlage von Erdbauen. Diese können tief in den Boden reichen, wer-den aber auch gern mehr oder weniger waagrecht an Dämmen, Dünen oder Hang-kanten angelegt. Ihre sprich-wörtliche Vermehrungsfreu-digkeit hat ihnen auch zu einem einstigen Bestandes-maximum verholfen.

    decke. Und sie spielen als Beutetier eine wichtige Rolle. Über 40 verschiedene Räu-ber haben das Wildkanin-chen auf ihrem Speiseplan, manche sogar fast ausschließ-lich, wie der Iberische Luchs und der Spanische Kaiserad-ler (Aquila aldabertii). Beide Arten gelten als gefährdet. Diese Spezialisierung einzel-

    In den Jahren 1788 und 1859 wurde das Kaninchen in Australien angesiedelt und hat sich dort derart vermehrt, dass große ökologische und ökonomische Schäden die Folge waren. Nach einigen, zunächst erfolglosen Versu-chen der Ansiedlung in Süd-amerika ist es seit 1936 auch in Teilen von Argentinien und Chile zu finden.

    Schlüsselart

    Die Ansprüche des Kanin-chens an seinen Lebensraum sind kurz und bündig: tro-ckenwarmes Klima und die

    In ihrem ursprünglichen Ver-breitungsgebiet auf der Ibe-rischen Halbinsel haben sich die Kaninchen zu einer Schlüsselart des dortigen Ökosystems entwickelt. Als höchst selektive Vegeta-rier spielen sie eine wichtige Rolle bei der „Beweidung“ von Wiesen und der Gestal-tung von Lebensräumen. Sofern sie in moderaten Dichten auftreten, entsteht durch ihre Nahrungs-Selek-tivität ein Mosaik aus ver-schiedenen Vegetationstypen mit großem Artenreichtum. Sie haben Einfluss auf die Bodenfruchtbarkeit, erhalten und pflegen die Pflanzen-

    ner Arten auf das Kaninchen als Hauptbestandteil ihrer Nahrung kann die Räuber teilweise in arge Bedrängnis bringen, wenn die Populations-dichte der Hauptbeute durch Krankheiten oder Habitat-verlust drastisch sinkt.Am anderen Ende der Welt, in Australien, waren die Ka-ninchen zunächsst äußerst erfolgreich. Ausgehend von der Stadt Geelong im süd-australischen Bundesstaat Victoria eroberte es den Kon-tinent mit einer Geschwin-digkeit von 54 Kilometer pro Jahr. Doch in „Down under“ gibt es mehr Freud als Leid mit dem Karnickel. Es wird

    der große Ansiedlungserfolg wurde durch die hohen Ver-mehrungsraten begünstigt.Aber alles der Reihe nach: Das Wildkaninchen gehört zur Familie der Hasen (Lepo-ridae). In unseren Breiten gibt zwei „echte Hasenarten“ – den Feldhasen (Lepus eu-ropaeus) und den Schneeha-sen (Lepus timidus). Das Wildkaninchen ist eher ein entfernter Cousin. Von den zwei Unterarten lebt eine ursprünglich in Südspanien, auf den Azoren und Madei-ra, während die andere Un-terart in Nordspanien und Frankreich zu finden ist. Von dieser Subspezies dürften

  • Wildkunde

    Kaninchen – Quo vadis ?Es gibt kaum spannenderes als die Jagd auf die grauen Flitzer mittels Frettchen? Doch wie steht es eigentlich um das „Karnickel“? Andreas Duscher vom Forschungsinstitut für Wildtierkunde der Veterinärmedizinischen Universität Wien hat sich die aktuelle Lage der Forschung angesehen.

    angenommen, dass viele Beuteltiere durch direkte und indirekte Konkurrenz vom Kaninchen verdrängt oder sogar ausgerottet wurden. Zusammen mit anderen „neuen“ Tierarten, wie dem Schaf, haben sie zur Habitat-verschlechterung beigetra-gen. Die daraufhin folgenden Fang- und Vergiftungsakti-onen wurden sehr unselektiv durchgeführt und haben vor allem viele heimische Arten fast völlig ausgerottet.Die heimischen Räuber mussten sich deshalb auf Kaninchen als Hauptbeute umstellen – und wurden schließlich abhängig von die-sem: so besteht die Nahrung des Keilschwanzadlers (Aqui-la audax) heute zu 97 Prozent aus den grauen Flitzern.

    Freud und LeidDer Anstieg der Kaninchen in Mitteleuropa ist wahr-scheinlich auf die Verände-rungen in der Landwirtschaft Mitte des 18. Jahrhunderts zurückzuführen. Der Anbau von Wintergetreide konnte den kritischen Nahrungseng-pass der Kaninchen während der kalten Jahreszeit über-brücken. Seit dieser Zeit stie-gen die Bestandeszahlen ste-tig an – mit unterschiedlichen Auswirkungen. Aus Groß-britannien wird berichtet, dass sie ähnlich wie in Spani-en einen wertvollen Beitrag zur Pflege der Heide- und Grasland-Gesellschaften leisten können, sofern sie nicht in enormen Dichten auftreten. Viele Arten (Vögel oder Insekten, wie Schmet-terlinge) sind auf dieses Kurzhalten der Vegetation angewiesen. So konnte der seltene Silbergraue Bläuling (Polyommatus coridon), eine Tagfalter-Art in Großbritan-nien erst wieder zunehmen, nachdem die Kaninchenbe-ständen nach dem Myxoma-

    tose-Crash wieder anstiegen. Allerdings kann das Pendel auch schnell ins Gegenteil umschlagen. Zu viel „Weide-druck“ durch Überpopula-tion führt zu einer Verar-mung der Pflanzengesell-schaften, selbst die ständige Zerstörung des Bodens durch übermäßige Bautätigkeit kann Pflanzenarten am An-wachsen hindern. Doch auch in Europa haben sich die Räuber angepasst: Iltis, Wildkatze, Rotmilan und Mäusebussard haben das Wildkaninchen, dort wo es vorkommt, als Hauptan-teil in ihren Speiseplan auf-genommen.

    Der NiedergangDie Bestände des Wildkanin-chens sinken. Hauptursache eines ersten, massiven Be-standeseinbruchs in den 1950er Jahren war das My-xomatose-Virus. Es stammt ursprünglich aus Südamerika und wurde zur Reduktion der aus den Fu-gen geratenen Bestände in Australien und später auch in England und Frankreich eingesetzt. Die Folgen waren für die Kaninchen verhee-rend. Schätzungen gehen von einem totalen Zusammen-bruch der Populationen mit Sterberaten von 99 Prozent beim ersten Kontakt mit dem Erreger aus. Nach diesem Crash haben sich die Besätze zwar wieder einigermaßen erholt, aber nie mehr das ein-stige Maximum aus den frü-hen 1950er Jahren erreicht.Die Jagdstatistiken zeigen seit rund 30 Jahren einen rückläufigen Trend in den Abschüssen; die tatsäch-lichen Besätze können damit aber nicht geschätzt werden. Auch wenn es scheint, dass die Kaninchen mittlerweile eine gewisse Immunität gegen über der Myxomatose entwi-ckelt haben. In Frankreich

    ◀| Ihr Wohl und Wehe hängt, wie beim Feldhasen, von einer viel-fältigen Agrarlandschaft ab.Fo

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    Wussten Sie schon …dass sich der Name „Spanien“ von der römischen Bezeichnung „Hispania“ ablei-tet? Diese wird wiederum vom phönizi-schen „Ishapan“ = „Küste der Klippschlie-fer“ hergeleitet. Was aber die Phönizier für Klippschliefer hielten, waren in Wirklich-keit Kaninchen. Frei übersetzt bedeutet Hispania beziehungsweise Spanien damit Kaninchenland.

    dass der lateinische Begriff „Cuniculus“ von den Römern aus einer Wortver-bindung vom spanischen „conejo“ und dem baskischen „unchi“ (beide Wörter bedeuten Kaninchen) abgeleitet wurde? Cuniculus wird auch heute noch in der zoologischen Systematik verwendet.

    dass die Römer die Wildkaninchen in sogenannten „Leporarien“ hielten? Es handelte sich hier um eine reine Gehege-haltung zur Fleischerzeugung. Die Zucht-auswahl und damit die Entstehung der Hauskaninchen begann rund 1000 n. Chr. in französischen Klöstern.

  • Wildkunde

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    wurden im Jagdjahr 1974/75 noch 13,3 Millionen Kanin-chen erlegt, 1983 waren es 6,4 Millionen, 1998 nur mehr 3,2 Millionen. Das ist ein Rück-gang von 76 Prozent von 1974 bis 1998. Die spanische Jagdstatistik zeigt einen ähn-lichen Trend: von 1973 bis 1993 um 71 Prozent geringe-re Strecken! Die Abschuss-zahlen in Österreich und Deutschland sind ebenso rückläufig (siehe Grafik). In Österreich wurden 1983 noch 19 280 Stück erlegt, 2003 wa-ren es nur mehr 1699, das ist ein Rückgang von über 90 Prozent!! In Deutschland schrumpften die Strecken um fast 70 Prozent von 609 741 Wildkaninchen, die im Jahr 1988 zur Strecke gebracht wurden, auf 189 699 im Jahr 2003. Die Gründe für diesen mas-siven Rückgang sind nicht wirklich klar. Auslöser ist wahrscheinlich die immer weiter fortschreitende Zer-störung von Habitaten durch Zersiedelung und Zerstücke-lung der Landschaft.

    Pest und CholeraWeitere Krankheiten können das Wildkaninchen befallen, ausgelöste von Viren, Bakte-rien oder Parasiten. Das My-xomatose-Virus ist wohl am bekanntesten. Eine relativ junge und neue Viruserkran-kung setzt den Tieren dage-gen seit einigen Jahren zu: RHD (Rabbit Hemorrhagic Disease) oder auch China-seuche genannt, ähnlich des EBHS beim Feldhasen. Dieses Virus wurde 1984 erstmals in China nachgewie-sen und dürfte im Rahmen von Kaninchenausstellungen nach Europa eingeschleppt worden sein. Der Seuchenverlauf und sei-ne Auswirkungen ähneln der Myxomatose. In Australien wird der Bestandesrückgang durch RHD mit 80 bis 95 Prozent angegeben. Wahr-scheinlich ist sie auch für den Bestandeseinbruch der Wild-kaninchen in Mitteleuropa seit den 1980er Jahren ver-antwortlich. Auch Pseudo-tuberkulose (Nagerseuche), Pasteurellose (Hasenseuche),

    Tularämie (Hasenpest) und Staphylokokkose fordern ih-ren Tribut. Durch alle diese Krankheiten wird der Tier-körper genussuntauglich! Natürlich können dem Kaninchen auch diverse Parasiten (Leberegel, Band-, Fadenwurm und andere) zu-setzen. Da viele Krankheiten aber nicht meldepflichtig sind und das Fallwild, sofern gefunden, ohne Meldung entsorgt wird, ist der Durch-seuchungsgrad nur schwer abzuschätzen.Die Auswirkungen des plötz-lichen Bestandeseinbruches können für das Umfeld ge-nauso verheerend sein, wie

    eine plötzliche Bestandesex-plosion. Kaninchenspezialis-ten unter den Räuber, wie Uhu und Mäusebussard haben nach dem starken Rückgang der Kaninchen-zahlen als Folge von RHD Epidemien mancherorts mas-sive Einbrüche erlitten. Andere Arten sind in der

    Umstellung ihrer Beutewahl schneller. Sie jagen bereits nach relativ kurzer Zeit an-dere Hauptbeutetiere. Dies kann aber den Druck auf das neue Beutetier drastisch er-höhen und zu deren Bestan-deseinbruch führen. Zuerst hält eine Überpopulation von Kaninchen eine eigent-lich zu hohe Räuberdichte in einem Lebensraum aufrecht. Brechen die Bestandeszahlen der kleinen Nager ein, steigt der Druck auf andere poten-

    tielle Beutetiere rasch und stark. Auch das plötzliche Verschwinden des „Weide-tiers“ Kaninchen zeigt Wir-kung auf die Umwelt. Gut untersucht wurde wie auf der tasmanischen Macquarie-In-sel ein einst durch Selektion kurz gehaltenes Gras wieder zu wuchern begann und

    Deckung für viele Arten er-möglichte – auch die einge-bürgerte Hausratte. Die Rat-te kommt nun leichter und besser an die Gelege der bodenbrütenden Seevögel. Doch nicht immer beginnt heimisches Gras über die Sache zu wachsen: einge-schleppte Pflanzen nutzen den Konkurrenzvorteil durch kurzgehaltene Vegetation und überwuchern die hei-mische Flora.

    KaninchenverbreitungDoch wo bleibt der Mensch? Im Revier bedeutet das Kaninchen eine jagdliche Be-

    reichung und die Möglichkeit der spannenden Bejagung mittels Frettchen. Den rück-läufigen Kaninchenbesätzen versuchen nun manche Jäger entgegen zu wirken, in dem sie den gefiederten oder vierbeinigen „Konkurrenten“ nachstellen, um die letzten Kaninchenfamilien für die

    ▲| Die Jagd mit dem Frettchen erfordert Geduld und ge-spannte Aufmerksamkeit – belohnt dafür mit span-nenden Jagderlebnissen.

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    ▲| Streckenentwicklung des Wildkaninchens in Deutschland und Österreich. Grafik

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    Jagd zu reservieren. Aber die Diskussion um den Kanin-chenschutz birgt einige Brisanz in sich, die weit über die Jagd hinausreicht.Im Februar 2000 verabschie-dete die IUCN bei einer Tagung in Nairobi eine Stel-lungnahme, wie mit „nicht heimischen“ Arten umzuge-hen sei. Die Mitgliedsstaaten sind dabei angehalten, sofern möglich und angemessen, jegliche Einbürgerung sol-cher Arten zu verhindern und die bereits vorkom-menden nicht heimischen Arten zu kontrollieren bezie-hungsweise auszurotten.

    Fremdlinge?Laut Definition gelten Arten als nicht heimisch, wenn sie durch direkte und indirekte menschliche Aktivität nach 1492 (Landung von Kolum-bus in Amerika) eingebürgert wurden und sich über min-destens drei Generationen selbst reproduziert haben. In Australien und Südamerika liegt der Fall klar auf der Hand: Die Einbürgerung erfolgte deutlich nach 1492. In Mitteleuropa wird die Dis-kussion schon schwieriger. Während der Eroberung Britanniens durch die Nor-mannen sind wahrscheinlich spätestens im 12. und 13. Jahrhundert Kaninchen auf die Insel gelangt. Im Zuge weiterer Eroberungen und Beutezüge dieser Zeit dürfte es auch an den Küsten des europäischen Festlandes zur Aussiedlungen von Tieren oder zur Anlage von „Kanin-chengärten“ gekommen sein.Die Nachweise der Tiere auf dem mitteleuropäischen Fest-land werden ab dieser Epoche häufiger. (z.B. auf Amrum erstmals 1231). In Österreich wurden um 1500 „Kanin-chengärten“ in der Nähe von

    Innsbruck auf Befehl Kaiser Maximilians I. angelegt. Wie auch immer, fest steht, dass die Initialzündung der heutigen Ausbreitung des Kaninchens durch den Men-schen verursacht wurde. Es hat im Laufe der Zeit eine Schlüsselstelle in verschie-denen Ökosystemen einge-

    Steckbrief | kaninchenOryctolagus cuniculus europäiScheS Wildkaninchen| Gewicht Das Kaninchen ist mit einem Lebendgewicht von etwa zwei Kilogramm deutlich leichter und mit einer | MaxiMalGrösse von rund 45 Zentimeter auch kleiner als der Feldhase. | lebensweise Es lebt in geselligen Familien-verbänden in den selbst angelegten Erdbauen. | FortpFlanzunG Die Geschlechtsreife setzt mit fünf bis acht Monaten ein. Die Rammel-zeit dauert in Europa etwa von Februar bis September. Die durchschnittliche Satzgröße beträgt fünf bis zehn Junge, wobei im Jahr bis zu fünf Sätze pro Kaninchenhäsin möglich sind. Die Jungkarnickel kommen nach einer Tragzeit von rund 30 Tagen nackt und blind zur Welt und sind Nesthocker. Sie werden rund vier Wochen gesäugt, bevor sie aus der Setzröhre in die Großbaue übersiedeln.| unterscheidunG zu Hasen. Hasen haben in der Regel längere Ohren und kräftigere Hinterbeine als Kaninchen. Kaninchen graben Erdbauten, während Hasen im freien Feld leben. Hasen sind in der Regel Einzelgänger, während das Wildkaninchen gesellig lebt.

    ▼| Typisch für das Kaninchen sind die stets erhobenen Löffel.

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    Innerhalb einer Kaninchengruppe herrscht (Rang-) Ordnung: an der Spitze gibt es einen „Chef“ und seine „Chefin“ .

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    Hg.

    Arn

    dt

    DI Andreas Duscher Institut für Wildtierkunde &

    Ökologie, Veterinärmedizinische Universität Wien

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    nommen und hohe Dichten ließen es gefährlich erfolg-reich werden. Langsam beginnen wir aber auch Einblick in die Zusam-menhänge und in die Verket-tung von Ereignissen zu gewinnen, was durch ein rasches Verschwinden – sei es durch anthropogene oder

    natürliche Einflüsse – ausge-löst werden kann. Nicht zu-letzt hinterlässt der Mensch durch eingeschleppte Krank-heiten und eine andauernde Gefährdung dieser Hasenart und allen, davon abhän-genden Ebenen – einen gor-dischen Knoten des Arten- und Naturschutzes. ■