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STOFFWECHSEL ENTGLEISUNGEN BEI DIABETES MELLITUS 224 Hypoglykämie Definition: - BZ <40 mg/dl oder BZ <50 mg/dl plus typische klinische Symptomatik - leichte Form: Patient kann Hypoglykämie selbst behandeln - schwere Form: Patient ist auf Fremdhilfe angewiesen Therapiebedingte Hypoglykämien treten nur bei Sulfonylharnstoff- oder Insulin- behandelten Diabetikern auf. Acarbose, Metformin und Glitazone führen in der Monotherapie nicht zur Hyperglykämie. Therapie: - Leichte Hypoglykämie: 1-2 schnelle BE (z.B. 120 ml Orangensaft, 6 Blättchen Traubenzucker oder 8 Stück Würfelzucker oder 120 ml Cola, etc.) - Schwere Hypoglykämie: Blutzuckermessung (falls nicht verfügbar von Hypoglykämie ausgehen und als solche therapieren); 50-100 ml 40%ige Glukose i.v. (auch peripher); Glukagon 1-2 mg s.c./i.m./i.v. (bei langan- dauernden Hypoglykämien können Glykogenspeicher leer und die Wirkung von Glukacon abgeschwächt oder verzögert sein!); bei Kleinkindern evtl. Glukoseklistier; nach erfolgreicher Notfalltherapie: Verzehr rasch resor- bierbarer Broteinheiten wegen Rezidivgefahr (CAVE Sulfonylharnstoff- induzierte Hypoglykämien); Ursachenforschung. Ketoazidose Diagnostik: - Hyperglykämie (meist >300 mg/dl, aber gering erhöhter Blutzucker schließt Ketoazidose nicht aus!) - Ketonurie - Metabolische Azidose (teilweise pH <6,9) - Leukozytose - Hyperosmolalität Therapie: - Rehydratation – Zufuhr von freiem Wasser (Defizit beträgt meist mehr als 5 Ltr., in Abhängigkeit von Herz- und Nierenfunktion zunächst 1 Ltr. 0,9%ige NaCl über 30 Min. bis 1 Std., dann Reduktion auf 100-500 ml/Std.) - Insulin, z.B. 6-10 IE Normalinsulin i.v., gefolgt von 2-4 IE Normalinsulin i.v. pro Std. (in Abhängigkeit von Blutzucker) - Elektrolytersatz (siehe Kaliumtabelle). - Acidoseausgleich durch Bicarbonat (zurückhaltend, erst ab pH <7,0, evtl. <7,1). - Allgemeinmaßnahmen (Thromboseprophylaxe, ggf. Antibiose) - Behandlung der präzipitierenden Faktoren. - Zur adäquaten Volumengabe, Elektrolyttherapie und zum Monitoring meist zentraler Venenkatheter notwendig. - Therapie sollte unabhängig vom Bewusstseinszustand wegen der Gefahr der Elektrolytentgleisung und des notwendigen engmaschigen Monitorings auf einer Überwachungsstation erfolgen, bis pH >7,3 und Elektrolyte im Normbereich. - Ursachenforschung

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STOFFWECHSEL ENTGLEISUNGEN BEI DIABETES MELLITUS

224

Hypoglykämie • Definition:

- BZ <40 mg/dl oder BZ <50 mg/dl plus typische klinische Symptomatik - leichte Form: Patient kann Hypoglykämie selbst behandeln - schwere Form: Patient ist auf Fremdhilfe angewiesen

Therapiebedingte Hypoglykämien treten nur bei Sulfonylharnstoff- oder Insulin-behandelten Diabetikern auf. Acarbose, Metformin und Glitazone führen in der Monotherapie nicht zur Hyperglykämie.

• Therapie:

- Leichte Hypoglykämie: 1-2 schnelle BE (z.B. 120 ml Orangensaft, 6 Blättchen Traubenzucker oder 8 Stück Würfelzucker oder 120 ml Cola, etc.)

- Schwere Hypoglykämie: Blutzuckermessung (falls nicht verfügbar von Hypoglykämie ausgehen und als solche therapieren); 50-100 ml 40%ige Glukose i.v. (auch peripher); Glukagon 1-2 mg s.c./i.m./i.v. (bei langan-dauernden Hypoglykämien können Glykogenspeicher leer und die Wirkung von Glukacon abgeschwächt oder verzögert sein!); bei Kleinkindern evtl. Glukoseklistier; nach erfolgreicher Notfalltherapie: Verzehr rasch resor-bierbarer Broteinheiten wegen Rezidivgefahr (CAVE Sulfonylharnstoff-induzierte Hypoglykämien); Ursachenforschung.

Ketoazidose • Diagnostik:

- Hyperglykämie (meist >300 mg/dl, aber gering erhöhter Blutzucker schließt Ketoazidose nicht aus!)

- Ketonurie - Metabolische Azidose (teilweise pH <6,9) - Leukozytose - Hyperosmolalität

• Therapie:

- Rehydratation – Zufuhr von freiem Wasser (Defizit beträgt meist mehr als 5 Ltr., in Abhängigkeit von Herz- und Nierenfunktion zunächst 1 Ltr. 0,9%ige NaCl über 30 Min. bis 1 Std., dann Reduktion auf 100-500 ml/Std.)

- Insulin, z.B. 6-10 IE Normalinsulin i.v., gefolgt von 2-4 IE Normalinsulin i.v. pro Std. (in Abhängigkeit von Blutzucker)

- Elektrolytersatz (siehe Kaliumtabelle). - Acidoseausgleich durch Bicarbonat (zurückhaltend, erst ab pH <7,0, evtl.

<7,1). - Allgemeinmaßnahmen (Thromboseprophylaxe, ggf. Antibiose) - Behandlung der präzipitierenden Faktoren. - Zur adäquaten Volumengabe, Elektrolyttherapie und zum Monitoring meist

zentraler Venenkatheter notwendig. - Therapie sollte unabhängig vom Bewusstseinszustand wegen der Gefahr der

Elektrolytentgleisung und des notwendigen engmaschigen Monitorings auf einer Überwachungsstation erfolgen, bis pH >7,3 und Elektrolyte im Normbereich.

- Ursachenforschung

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STOFFWECHSEL ENTGLEISUNGEN BEI DIABETES MELLITUS

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Kaliumsubstitution bei diabetischer Ketoazidose

Serumkalium (mmol/l)

Kaliumsubstitution (mmol/h) bei pH >7,2

Kaliumsubstitution (mmol/h) bei pH <7,2

> 6,0 - - 5,0-5,9 5-10 10-20 4,0-4,9 10 20 3,0-3,9 20 30 < 3,0 30 40

Hyperosmolares Koma • Diagnostik:

- Ausgeprägte Hyperglykämie (teilweise bis 2000 mg/dl) - Glukosurie - pH meist > 7,3 - fehlende oder nur geringe Ketonurie - Hyperosmolalität

• Therapie:

- Rehydratation und langsamer Ausgleich von Hyperosmolarität und Elektrolytentgleisung (wenn vorhanden); in Abhängigkeit von Herz- und Nierenfunktion 1-5 Ltr. Flüssigkeitssubstitution während der ersten 6 Std.; bei zu schneller Normalisierung der Plasmaosmolalität Gefahr des Auftretens eines Hirnödems!

- Insulingabe (10 IE Normalinsulin i.v., dann nach Blutzucker; häufig sind hohe Insulindosen notwendig)

- Thromboseprophylaxe - Ursachenforschung