Karl Marx als Journalist
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Karl Marx als Journalist
Es ist die Kritik, die die einzelne Existenz am Wesen, die besondere Wirklichkeit an der Idee misst. (Karl Marx)
Karl Marx als Journalist Marx war zeit seines Lebens publizistisch tätig Dabei drei Hauptphasen: zwei Mal als
Chefredakteur einer Tageszeitung (Rheinischen Zeitung 1842/43, Neuen Rheinischen Zeitung 1848/49); dazu Europakorrespondent der New York Tribune (zur damaligen Zeit auflagenstärkste Zeitung der Welt)
Wissenschaftler gehen davon aus, das rund 2000 Korrespondenzen, Artikel und Artikelserien von Marx und Engels existieren und diese 16 MEGA Bände füllen, die Hälfte der ersten Abteilung der Ausgabe
Journalismus im 19. Jahrhundert Das 19. Jahrhundert entwickelte sich zum Zeitalter der
Kommunikation Steigende Erwartungen und Ansprüche des Publikums
an Qualität und Schnelligkeit der Berichterstattung Zeitungen mussten sich auf die neuen Bedürfnisse
einstellen Englische Zeitungen als Vorreiter, kontinentale
Zeitungen, vor allem deutsche, hatten schwer unter staatlichen Einschränkungen zu leiden
Verkehrs- und Kommunikationsmittel revolutionierten sich
Presse als Machtfaktor und Träger der öffentlichen Meinung
Rheinische Zeitung als Vorreiter
Rheinischen Zeitung von 1842/43 Marx fiel der Berufseinstieg schwer, erste
eigene Zeitschriftenpläne zerschlugen sich Möglichkeit, an der liberalen Rheinischen
Zeitung mitzuarbeiten. Marx sagte später über die Zeitung: „Zeitung war deshalb folgenreich, da sie zuerst das Zeitbewusstsein überall erfasste.“
Mit 25 Jahren war Marx fünf Monate Chefredakteur
Rheinischen Zeitung von 1842/43 Marx als Verteidiger der Pressefreiheit Große öffentliche Wirkung der damaligen
Artikel Wenig über redaktionellen Alltag von Marx
bekannt. Marx sprach von konsequenter Zähigkeit, die nötig war, um die Rheinische Zeitung „durchzuschlagen“
Redaktionsprinzipien Akribische Recherche, detaillierte
Sachkenntnisse kennzeichneten Marx Arbeit
Neue Rheinische Zeitung von 1848/49 Revolution von 1848/49 neben der Zeit
der ersten Internationale politisch aktivste Zeit von Marx
In Köln gab Marx von Juni 1848 bis Mai 1849 Neue Rheinische Zeitung als „radikales Organ der Demokratie“ heraus
Herausgeber, Chefredakteur, Organisator Marx nahm Partei
Neue Rheinische Zeitung von 1848/49 Diskussionen, ob diese Parteilichkeit den
Wert seiner journalistischen Arbeit trübe Berichterstattung der Neue Rheinische
Zeitung auf das revolutionäre Geschehen in Europa konzentriert
Nachrichten- und Kommentarteil nicht getrennt, selbst Anzeigenteil einbezogen
Neue Rheinische Zeitung von 1848/49 Wörtlich abgedruckte Manifeste und
Proklamationen Engels behauptet später, in der
Zeitung lasse sich von Anfang an feststehendes Programm beobachten
Andere sehen die Analysen der Zeitung stärker ereignisabhängig und situationsbezogen
Revolution als Zeit verdichteter Politik
Neue Rheinische Zeitung von 1848/49 Marx ganze Energie konzentriert sich auf
die Herausgabe der Neuen Rheinischen Zeitung
Zeitung wurde zum bedeutenden Sprachrohr der demokratischen Bewegung
Marx wandte sich gegen Verselbstständigungsbemühungen der Proletarier, Ziel war Herstellung einheitlicher Republik auf Basis einer breiten, umfassenden Volksbewegung
Europakorrespondent der New York Tribune (1852 – 1862) Marx und Engels als Leitartikler Auflagenstärkste Zeitung der
damaligen Zeit ( über 200.000 Exemplare) mit prominenten Lesern wie Lincoln
Erstmals Möglichkeit eine große außereuropäische Öffentlichkeit zu erreichen
Europakorrespondent der New York Tribune (1852 – 1862) viele deutsche unter seinen Lesern
(New York neben Wien und Berlin die Stadt mit der größten deutschsprachigen Bevölkerung)
Inhalte seiner Arbeit Artikel in englischer Sprache Bereits geschriebene Artikelserien
(z.B. „Revolution and Counter-Revolution“)
Deutsche Tagespolitik Weltpolitik
Bedeutung dieser Zeit für Marx Außerordentliche Detailkenntnisse der
politischen Geschichte Europas, insbesondere: Russland Preußen England
Intensive Arbeit mit der englischen Sprache
Weitere publizistische Tätigkeiten dieser Zeit Weitere Artikel in England (z.B. „The
peoples paper“, 1852/53) Wiener Tageszeitung „Die Presse“ Artikel gegen die russische Politik
(z.B. „Free Press“) Artikel und Broschüren gegen die
preußische Unterstützung Russlands
Publizistische Tätigkeiten zur Zeit der ersten Internationalen In der zweiten Hälfte der 1860er und in den 1870er Jahren
ließen die Gründung der ersten Internationale und nationaler Arbeiterorganisationen eine Vielzahl von radikal-demokratischen und sozialistischen Zeitungen entstehen.
Marx machte von diesen neuen Publikationsmöglichkeiten vor allem als politischer Publizist und als Führungsmitglied der Internationale, als Politiker Gebrauch, nur noch ausnahmsweise als Journalist
Erklärungen, Resolutionen
Privatbriefe, Nachrichten, politische Hinweise (die teilweise auch ohne seine Zustimmung veröffentlicht wurden)
Einfluss auf die Politik Hilfestellungen für seine Tochter Jenny
zur Artikelserie gegen engl. Irlandpolitik und gegen Inhaftierung der Fenier
großes Aufsehen, Publizierung in großen internationalen Zeitungen (z.B. „Times“)
Anlass für parlamentarische Untersuchung
Marx als Journalist„Er ist kein Journalist und [er] wird nie einer
werden. Über einen Leitartikel, den ein anderer in zwei Stunden schreibt hockt er einen ganzen Tag, als handle es sich um die Lösung eines tiefen philosophischen Problems; er ändert und feilt und ändert wieder das Geänderte und kann vor lauter Gründlichkeit niemals zur rechten Zeit fertig sein“ (Engels über Marx, Januar 1849)
Marx als Journalist Perfektionistisch Mut, Kritikfähigkeit, Prägnanz Wissenschaftlichkeit Gründliche Recherche Bedingungslose Orientierung an der
Wahrheit
Karl Marx als Journalist Wie sieht Marx selber seine journalistische Tätigkeit? Einerseits betonte Marx mit Stolz: „Die alte Rhein[ische] Zeit[ung] hat
unbedingt die Macht der Censur in Preussen gebrochen.“ Und als er nach dem Erscheinen seines ersten Bandes des „Kapitals“ 1868/69 von verschiedenen Seiten um autobiografische Angaben gebeten wurde, stellte er in den jeweils versandten Lebensläufen immer seine journalistische Tätigkeit gebührend heraus.
Allerdings gibt es auch viele Äußerungen von Marx, in denen er seine journalistischen Arbeiten abwertete. Diese Distanzierungen hat man oft allzu ernst genommen. Sie haben nicht wenig zur mangelnden Würdigung seines Journalismus beigetragen. 1843, noch vor dem Aus der Rheinischen Zeitung, sah er in seiner Arbeit an ihr nur einen „Knechtsdienst“, den er selbst für die Freiheit nicht mehr verrichten wolle. Er war des „Schmiegens, Biegens, Rükkendrehens und [der] Wortklauberei müde“. Und zehn Jahre später, nun als Auslandskorrespondent klagte er: „Das beständige Zeitungsschmieren ennuyirt mich. Es nimmt mir viel Zeit weg, zersplittert, und ist schließlich doch Nichts. […] Rein wissenschaftliche Arbeiten sind etwas total Andres […].“ (Marx an Adolf Cluß, 15. September 1853.)
Karl Marx als Journalist Iring Fetscher und Saul Padover feierten Marx kämpferisches Eintreten für die
Pressefreiheit. Und in allen Marx-Biografien war sein Journalismus in unterschiedlichem Umfang Thema. David McLellan bescheinigte ihm, seine Artikel seien angesichts der radikalen Auffassungen, die er vertrat, bemerkenswert objektiv und unparteiisch gewesen. Er habe viele journalistische Glanzstücke geschrieben. Ähnlich stellte in der Marx-Biografie der englische Publizist Francis Wheen heraus: Marx hätte sich als „kritischer Journalist mit der schärfsten Feder des Jahrhunderts“ einen Namen machen können. Vieler seiner „journalistischen Kabinettstückchen“ verdienten „in ein Zitatenlexikon Eingang“ zu finden
Die Süddeutsche Zeitung hat für den Journalismus folgende Kriterien gefordert: Die journalistischen Arbeiten sollen der Aufklärung dienen, der politischen Kontrolle, der Erkundung gesellschaftlicher Realität und der Gesellschaftskritik, sie sollen die Lernprozesse einer Zivilgesellschaft befördern sowie unseren Tatsachenblick schärfen. Kriterien treffen auf Marx und seine journalistische Arbeit unter damaligen Gesichtspunkten sicher in großen Teilen zu
Marx journalistische Arbeit kommt in seinem Gesamtwerk zu kurz Bei einer ausschließlichen Betrachtung seiner journalistischen Werke, vor allem aus der
Anfangszeit seines Schaffens, käme ein anderes Bild von Marx heraus, als das, welches in der heutigen Öffentlichkeit transportiert wird
Die Person Karl Marx als Verleger, Publizist und Journalist hat sicherlich dazu beigetragen, dass Marx später seine Theorien mit einer derart großen Reichweite verbreiten konnte und diese einen so starken Einfluss auf das politische Zeitgeschehen hatten. Die Netzwerke aus dieser Zeit haben ihm bei seiner Karriere geholfen
Artikel im Internet http://www.marxists.org/archive/marx/
works/subject/newspapers/rheinische-zeitung.htm
http://www.marxists.org/archive/marx/works/subject/newspapers/index.htm
Interview über Marx als Journalist mit Jim Ledbetter: http://mrzine.monthlyreview.org/sherman110108.html