Kathryn Stockett · Gute Geister · 2018. 12. 19. · KATHRYN STOCKETT ist in Jackson, Mississippi,...

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Kathryn Stockett · Gute Geister

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Jackson, Mississippi, 1962: Skeeter ist frustriert. Nach dem Studium verbringt sie die Tage auf der elterlichen Baumwollfarm, als einzige ihrer Freundinnen ohne einen Ring am Finger. Sehr zum Missfallen

der Mutter. Skeeter wünscht sich nur eins: Sie will weg aus dem engen Jackson und als Journalistin in New York leben. Und um

diesem Ziel näher zu kommen, verbündet sie sich mit zwei schwarzen Dienstmädchen, die wie sie unzufrieden sind: Aibileen zieht die Kinder

ihrer Arbeitgeber auf und bringt ihnen bei, sich selbst zu lieben – das Tafelsilber darf sie aber nicht anfassen. Minny ist bekannt für ihre Kochkünste, aber sie ist auch gefürchtet: denn sie trägt das Herz auf der Zunge. Und gemeinsam beschließen die drei Frauen, mit allen

Konventionen zu brechen. Sie haben das Gefühl zu ersticken und wollen etwas verändern – in ihrer Stadt und in ihrem eigenen Leben.

KATHRYN STOCKETT ist in Jackson, Mississippi, aufgewachsen. Nach dem Studium der Englischen Literatur zog sie nach New York, wo sie bei Zeitschriftenverlagen arbeitete. Sie lebt mit ihrem Mann und ihrer Tochter in Atlanta. »Gute Geister« ist ihr erster Roman, der weltweit zu einem phänomenalen Erfolg wurde. Er stand über 100 Wochen auf der New York Times Bestsellerliste und wurde in 40 Sprachen übersetzt. Die Ver filmung »The Help« wurde für vier

Oscars nominiert und mit dem Oscar für die beste Nebendarstellerin ausgezeichnet.

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Kathryn Stockett

Gute Geister

Roman

Deutsch von Cornelia Holfelder-von der Tann

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Für Grandaddy Stockett, den allerbesten Geschichtenerzähler

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Aibi leenKa pi tel 1

Au gust 1962

Mae Mobley ist im Au gust 1960 ge bo ren, an ei nem Sonn-tag in der Früh. Ein Kirch zeit kind, wie wir sa gen. Wei ße Ba-bys zu ver sor gen ist mei ne Ar beit, mit samt dem gan zen Ko-chen und Put zen. Sieb zehn Kin der hab ich in mei nem Le ben auf ge zo gen. Ich weiß, wie man’s macht, dass die Klei nen ein-schla fen, nim mer wei nen und aufs Klo ge hen ler nen, eh ihre Ma mas am Mor gen auch nur aus dem Bett kom men.

Aber noch nie hab ich ein Baby so schrei en se hen wie Mae Mobley Lee folt. Am ers ten Tag komm ich zur Tür rein, und da ist sie, pu ter rot, schreit vor Bauch weh und wehrt sich ge-gen die Fla sche, wie wenn’s eine fau li ge Rübe wär. Und Miss Lee folt, die guckt, wie wenn sie Pa nik vor ih rem ei ge nen Kind hätt. »Was ma che ich falsch? Wa rum hört das nicht auf?«

Das? Da hab ich zum ers ten Mal ge dacht, ir gend was stimmt hier nicht.

Also hab ich das rote, schrei en de Baby in die Arme ge nom-men. Hab die Klei ne biss chen auf mei ner Hüf te ge schuc kelt, da mit die Luft ab geht, und es hat kei ne zwei Mi nu ten ge dau-ert, bis sie mit Wei nen auf ge hört und mich an ge lä chelt hat, so wie sie’s seit her im mer macht. Aber Miss Lee folt, die hat ihr ei ge nes Baby den gan zen Tag kein ein zi ges Mal hoch ge-nom men. Ich hab ja schon vie le Frau en ge se hen, die nach der Ge burt den Ba by blues ge kriegt ha ben. Ich hab wohl ge dacht, dass es das war.

Das Pro blem mit Miss Lee folt ist: Sie macht nicht nur die

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gan ze Zeit ein fins te res Ge sicht, sie ist auch noch klap per dürr. Ihre Bei ne sind so dünn, wie wenn sie ihr erst letz te Wo che ge-wach sen wä ren. Drei und zwan zig ist sie und so schlak sig wie ein vier zehn jäh ri ger Bub. So gar ihr Haar ist dünn, braun, aber man kann re gel recht durch gu cken. Sie ver sucht’s mit Tou pie-ren, aber da von sieht’s nur noch dün ner aus. Ihr Ge sicht hat ge nau die Form wie das von dem ro ten Teu fel auf der Pa ckung mit den schar fen Zimt bon bons, das glei che spitze Kinn und über haupt. Und ihr gan zer Kör per hat so vie le Ecken und Spit-zen, kein Wun der, dass sie das Baby nicht be ru hi gen kann. Ba-bys mö gen es dick und weich. Sie mö gen es, sich zum Ein schla-fen rich tig in eine wei che Arm beu ge zu ku scheln. Und di cke, fet te Bei ne mö gen sie auch. Da von kann ich ein Lied sin gen.

Wie sie ein Jahr alt war, ist mir Mae Mobley auf Schritt und Tritt hin ter her ge krab belt. Wenn’s dann fünf Uhr war, hat sie an mei nem Dr.-Scholl-Schuh ge han gen, sich über den Bo-den schlei fen las sen und ge heult, wie wenn ich nie mehr wie-der kom men würd. Und Miss Lee folt hat mich mit schma-len Au gen an ge guckt, wie wenn ich was falsch ge macht hätt, und die wei nen de Klei ne von mei nem Fuß ab ge pflückt. Das ist wohl das Ri si ko, wenn man sei ne Kin der von je mand an-derm auf zie hen lässt.

Jetzt ist Mae Mobley zwei. Sie hat gro ße, brau ne Au gen und ho nig far be ne Lo cken. Aber der kah le Fleck hin ten am Kopf wirft das Bild biss chen über den Hau fen. Wenn ihr was nicht passt, hat sie die glei che Fal te zwi schen den Au-gen brau en wie ihre Mama. Sie se hen sich schon ähn lich, nur dass Mae Mobley so dick ist. Schön heits kö ni gin wird sie be-stimmt nie. Ich glaub, Miss Lee folt macht das was aus, aber ich hab Mae Mobley rich tig gern.

Mei nen Sohn Tree lo re hab ich ver lo ren, kurz be vor ich bei Miss Lee folt an ge fan gen hab. Er war vier und zwan zig. Die bes te Zeit im Le ben. Er konnt nur nicht lang ge nug auf die-ser Welt blei ben.

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Er hat te sei ne eig ne klei ne Woh nung drü ben in der Fo-ley Street. War mit ei nem net ten Mäd chen na mens Frances zu sam men, und ich denk, sie woll ten ir gend wann hei ra ten, aber in so was war er lang sam. Nicht weil er auf der Su che nach was Bes se rem war, das nicht, er war ein fach nur von der Sor te, die viel denkt. Hat te eine di cke Bril le und war im mer am Le sen. Hat so gar an ge fan gen, selbst ein Buch zu schrei-ben, über einen Far bi gen, der in Mis sis sip pi lebt und ar bei tet. Gott, war ich da stolz. Aber dann, eines Abends, war er noch bis spät in der Scan lon-Tay lor-Sä ge müh le ar bei ten, Kant höl-zer zum Las ter schlep pen, splitt ri ges Zeug, das sich durch die Hand schu he bohrt. Für die Art Ar beit war er zu klein und zu schmäch tig, aber er brauch te den Job. Er war müd. Es war am Reg nen. Er ist auf der La de ram pe aus ge rutscht und run ter ge-fal len, di rekt vor die Rä der. Der Fah rer von der Zug ma schi ne hat ihn nicht ge se hen und ihm die Lun ge zer quetscht, eh er sich rüh ren konnt. Wie ich’s er fah ren hab, war er schon tot.

An dem Tag wurd mei ne gan ze Welt schwarz. Die Luft sah schwarz aus, die Son ne sah schwarz aus. Ich bin im Bett lie-gen ge blie ben und hab auf die schwar zen Wän de von mei-nem Haus ge starrt. Minny ist je den Tag ge kom men, gu cken, ob ich noch atme, mich mit Es sen füt tern, da mit ich am Le-ben bleib. Drei Mo na te hat’s ge dau ert, bis ich auch nur aus dem Fens ter ge schaut hab, ob’s die Welt noch gab. Ich war über rascht, dass die Welt nicht zu sam men mit mei nem Jun-gen ver schwun den war.

Fünf Mo na te nach der Be er di gung hab ich mich aus dem Bett ge hievt. Ich hab mei ne wei ße Dienst mäd chen u ni form an ge zo gen und mir mein klei nes Gold kreuz um den Hals ge-hängt und bin zu Miss Lee folt ge gan gen, weil die grad ihr klei nes Mäd chen ge kriegt hat te. Aber ziem lich bald hab ich ge merkt, dass in mir was an ders ge wor den war. Ein bit trer Sa men war da in mir auf ge gan gen. Und ich konnt ein fach nicht mehr al les so ge dul dig hin neh men.

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»Se hen Sie zu, dass im Haus al les tipp topp ist, und ma chen Sie dann den Hüh ner sa lat«, sagt Miss Lee folt.

Es ist Bridge kränz chen-Tag. Im mer der vier te Mitt woch im Mo nat. Na tür lich hab ich al les vor be rei tet – den Hüh ner sa lat schon am Mor gen ge macht, die Tisch tü cher ges tern ge bü gelt. Und Miss Lee folt hat mich da bei ge se hen. Sie ist gra de mal drei und zwan zig und hört sich gern kom man die ren.

Sie hat schon das blaue Kleid an, das ich heu te Mor gen ge bü gelt hab, das mit den fün fund sech zig Plis see fal ten, die so win zig sind, dass ich beim Bü geln die Au gen hin ter der Bril le zu sam men knei fen muss. Es gibt nicht viel, was ich auf der Welt has se, aber das Kleid und ich, wir mö gen uns gar nicht.

»Und sor gen Sie da für, dass Mae Mobley nicht zu uns rein-kommt. Ich kann Ih nen sa gen, ich habe die Nase voll von ihr – sie hat mein gu tes Brief pa pier in tau send Fetz chen zer-ris sen, und ich muss fünf zehn Dan kes brie fe für die Ju ni or Lea gue schrei ben …«

Ich richt al les für ihre Freun din nen her. Nehm die gu ten Kris tall glä ser raus und das Sil ber be steck. Miss Lee folt stellt nicht ein fach einen ol len Spiel tisch auf wie die an de ren La-dys. Wir neh men den Ess zim mer tisch. Le gen ein Tisch tuch drü ber, um den gro ßen L-förmi gen Riss zu ver de cken, tun den ro ten Blu men schmuck rü ber aufs Side board, da mit man das ver kratz te Holz nicht sieht. Miss Lee folt hat’s gern fein, wenn sie einen Lun che on gibt. Viel leicht will sie ja wett ma-chen, dass ihr Haus so klein ist. Die Lee folts sind kei ne rei-chen Leu te, so viel weiß ich. Rei che Leu te be mü hen sich nicht so.

Ich bin’s ja ge wöhnt, bei jun gen Ehe paa ren be schäf tigt zu sein, aber ich würd doch sa gen, das hier ist das kleins te Haus, in dem ich je ge ar bei tet hab. Es hat nur das eine Stock werk. Ihr und Mis ter Lee folts Zim mer hin ten raus ist ja ganz or-dent lich, aber das von der Klei nen ist win zig. Das Ess zim-mer und das nor ma le Wohn zim mer ge hen in ei nan der über.

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Bä der gibt’s nur zwei, und da bin ich froh drü ber, weil ich schon in Häu sern ge ar bei tet hab, wo fünf oder sechs wa ren. Da braucht man einen gan zen Tag, al lein um die Klos zu put-zen. Miss Lee folt zahlt nur fün fund neun zig Cent die Stun de, da hab ich jah re lang mehr ge kriegt. Aber nach Tree lo res Tod hab ich ge nom men, was ich krie gen konn te. Der Ver mie ter hätt nim mer viel län ger ge war tet. Und wenn das Haus auch klein ist, tut Miss Lee folt doch, was sie kann, um’s hübsch her zu rich ten. An der Näh ma schi ne ist sie ziem lich gut. Für al les, was sie nicht durch was Neu es er set zen kann, kauft sie ein fach blau en Stoff und näht einen Über zug draus.

Es klin gelt, und ich geh auf ma chen.»Hey, Aibi leen«, sagt Miss Skee ter, weil sie eine ist, die mit

Dienst mäd chen re det. »Wie geht’s?«»Hey, Miss Skee ter. Mir geht’s gut. Gott im Him mel, heiß

da drau ßen.«Miss Skee ter ist ganz groß und dünn. Ihr Haar ist gelb und

so ge schnit ten, dass es nicht mal bis auf die Schul tern geht, weil es sich das gan ze Jahr über kraust. Sie ist auch drei und-zwan zig oder so, wie Miss Lee folt und die an de ren. Sie stellt ihre Hand ta sche auf einen Stuhl und macht erst mal ko mi-sche Be we gun gen, wie wenn ihre Klei der sie ju cken. Sie hat eine wei ße Spit zen blu se an, bis oben zu ge knöpft wie bei einer Non ne, und fla che Schuh, wahr schein lich, da mit sie nicht noch grö ßer wirkt. Ihr blau er Rock steht in der Tail le ab. Miss Skee ter sieht im mer aus, wie wenn ihr je mand an ders sa gen würd, was sie an zie hen soll.

Ich hör Miss Hilly und ihre Mama, Miss Wal ters, drau ßen vor fah ren und hu pen. Miss Hilly wohnt drei Me ter wei ter, kommt aber im mer mit dem Auto rü ber. Ich lass sie rein. Sie mar schiert ein fach nur an mir vor bei, und ich sag mir, dass es ein gu ter Mo ment ist, Mae Mobley vom Mit tags schlaf hoch-zu neh men.

Wie ich ins Kin der zim mer komm, lä chelt Mae Mobley mich an und streckt ihre di cken Ärm chen nach mir aus.

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»Du bist schon wach, Baby Girl? Wa rum hast du mich nicht ge ru fen?«

Sie lacht und tanzt einen klei nen Jig, war tet, dass ich sie raus heb. Ich drück sie fest. Ich schätz mal, sie wird nicht häu fig so ge drückt, wenn ich am Abend ge gan gen bin. Oft komm ich mor gens zur Ar beit und find sie heu lend in ih-rem Git ter bett. Und Miss Lee folt sitzt an der Näh ma schi ne und ver dreht die Au gen, wie wenn’s eine streu nen de Kat ze wär, die in der Flie gen tür klemmt und schreit. Miss Lee-folt zieht sich je den Tag hübsch an. Ist im mer ge schminkt, hat einen Car port und einen Dop pel kühl schrank mit ein-ge bau tem Eis fach. Wenn man sie im Jit ney 14 ein kau fen sieht, würd man nie den ken, dass sie ihre Klei ne ein fach heu lend im Git ter bett chen lässt. Aber das Dienst mäd chen weiß al les.

Heut ist al ler dings ein gu ter Tag. Die Klei ne grinst über bei de Ba cken.

Ich sag: »Aibi leen.«Sie sagt: »Ai-bee.«Ich sag: »Liebt.«Sie sagt: »Liep.«Ich sag: »Mae Mobley.«Sie sagt: »Ai-bee.« Und lacht und lacht. Sie ist ganz aus

dem Häus chen, weil sie jetzt spricht, und ich muss sa gen, es wird auch Zeit. Tree lo re hat auch nichts ge sagt, bis er zwei war. Aber wie er in der drit ten Klas se war, hat er bes ser ge-re det wie der Prä si dent der Ver ei nig ten Staa ten, ist heim ge-kom men und hat Wör ter be nutzt wie Kon ju ga ti on und par la­men ta risch. Und wie er dann auf der Ju ni or High war, ha ben wir im mer so ein Spiel ge spielt, wo ich ein nor ma les Wort ge sagt hab, und er musst dann ein hoch vor neh mes da für fin-den. Ich sag Haus kat ze, er sagt do mes ti zier te Fel ide, ich sag Mi xer, und er sagt mo to ri sier te Ro tun de. Ei nes Tags sag ich Cri sco. Er kratzt sich am Kopf. Kann’s nicht fas sen, dass ich mit so was Simp lem wie Cri sco­Pflan zen fett ge won nen hab.

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Das war von da an so eine Art Ge heim witz zwi schen uns, ein Wort für was, was man nicht vor neh mer ma chen kann, als es ist, auch wenn man sich noch so viel Müh gibt. Wir nann-ten sei nen Daddy Cri sco, weil man’s nicht schön re den kann, wenn ein Mann ein fach sei ne Fa mi lie sit zen lässt. Und er au-ßer dem der nichts nut zigs te Schmier lap pen ist, den die Welt je ge se hen hat.

Ich trag Mae Mobley in die Kü che, setz sie in ih ren Hoch-stuhl und denk an die bei den Sa chen, die ich heut noch ma-chen muss, eh Miss Lee folt einen An fall kriegt: von den Ser-vi et ten die aus sor tie ren, die lang sam durch ge wetzt sind, und das Sil ber im Schrank rich tig ord nen. Gott im Him mel, ich muss das wohl ma chen, wäh rend die La dys da sind.

Ich bring das Tab lett mit Teu fels ei ern ins Ess zim mer raus. Miss Lee folt sitzt oben am Tisch, und links von ihr sit zen Miss Hilly Hol brook und Miss Hil lys Mama, Miss Wal ters, die von Miss Hilly gar nicht res pekt voll be han delt wird. Und rechts von Miss Lee folt sitzt Miss Skee ter.

Ich geh mit den Ei ern rum, fang bei Miss Wal ters an, weil sie die Äl tes te ist. Es ist warm hier drin, aber sie hat eine di-cke brau ne Strick ja cke um ge hängt. Sie nimmt ein Ei auf den Löff el und lässt es ums Haar fal len, weil sie all mäh lich tatt rig wird. Dann geh ich wei ter zu Miss Hilly, und die lä chelt und nimmt sich zwei. Miss Hilly hat ein run des Ge sicht und eine dun kel brau ne Bie nen korb fri sur. Ihre Haut ist oliv far ben, mit Som mer spros sen und Mut ter ma len. Sie trägt gern ro tes Schot ten ka ro. Und sie kriegt lang sam einen di cken Hin tern. Heut, wo es so heiß ist, hat sie ein är mel lo ses ro tes Kleid ohne Tail le an. Sie ist eine von den er wach se nen Frau en, die sich im mer noch wie klei ne Mäd chen an ziehn, mit gro ßen Schlei-fen und dazu pas sen den Hü ten und so. Ich kann sie nicht be-son ders lei den.

Ich geh auf die an de re Sei te zu Miss Skee ter, aber die rümpft die Nase und sagt »Nein, dan ke«, weil sie kei ne Eier isst. Ich er in ner Miss Lee folt je des Mal dran, wenn das Bridge kränz-

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chen bei ihr statt fin det, aber sie will trotz dem, dass ich die Eier mach. Sie hat Angst, dass Miss Hilly sonst ent täuscht ist.

Schließ lich be dien ich Miss Lee folt. Sie ist die Gast ge be rin, also kriegt sie ihre Eier zu letzt. Kaum dass ich fer tig bin, ruft Miss Hilly »Ich darf doch« und schnappt sich noch zwei Eier, was mich nicht wei ter über rascht.

»Ratet mal, wen ich im Schön heits sa lon ge troff en habe«, sagt Miss Hilly zu den an de ren La dys.

»Wen?«, will Miss Lee folt wis sen.» Celia Foote. Und wisst ihr, was sie mich ge fragt hat? Ob

sie die ses Jahr beim Wohl tä tig keits ball mit hel fen könn te.«»Gut«, sagt Miss Skee ter. »Wir kön nen Hil fe brau chen.«»So drin gend nicht. Ich habe es ihr ge sagt. › Celia‹, habe ich

ge sagt, ›um mit zu ma chen muss man Lea gue-Mit glied oder För de rin sein.‹ Was glaubt sie, was die Jack son-Lea gue ist? Ein off e ner Club?«

»Neh men wir die ses Jahr nicht auch Nicht mit glie der? Weil der Wohl tä tig keits ball so groß ge wor den ist?«, fragt Miss Skee ter.

»Na ja, schon«, mur melt Miss Hilly. »Aber das wer de ich ihr doch nicht sa gen.«

»Ich kann’s nicht fas sen, dass John ny so ein un ge ho bel tes Ding ge hei ra tet hat«, sagt Miss Lee folt, und Miss Hilly nickt. Sie fängt an, die Bridge kar ten zu ge ben.

Ich ser vier grad den eis ge kühl ten Sa lat und die Schin ken-sandwi ches und kann nicht an ders, wie ihr Ge plap per mit-an zu hö ren. Gibt nur drei Sa chen, über die die se La dys spre-chen: ihre Kin der, ihre Klei der und ihre Be kann ten. Ich hör das Wort Ken ne dy. Ich weiß, sie re den nicht über Po li tik. Sie re den drü ber, was Miss Jac kie im Fern se hen an ge habt hat.

Wie ich zu Miss Wal ters komm, nimmt sie sich nur ein hal-bes Sand wich.

»Mama«, schreit Miss Hilly Miss Wal ters an. »Nimm dir noch ein Sand wich! Du bist dürr wie ein Te le fon mast.« Miss

TeufelseierZutaten

12 hartgekochte Eier6 Esslöff el Mayonnaise

2 kleingehackte mittelscharfe Chilischoten (je nach Geschmack)

1 Esslöff el SenfEine Prise Kreuzkümmel

Eine Prise SalzPetersilie zum Garnieren

ZubereitungGeschälte hartgekochte Eier teilen, Eigelb vorsichtig

entfernen. Das Eigelb zerdrücken und mit Mayonnaise, gehackten Chilischoten, Senf und Gewürzen mischen. Mit einem Löff el die Masse in die Eihälften drücken.

Für mindestens 30 min. abgedeckt in den Kühlschrank stellen. Mit Petersilie oder anderen Kräutern garnieren.

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chen bei ihr statt fin det, aber sie will trotz dem, dass ich die Eier mach. Sie hat Angst, dass Miss Hilly sonst ent täuscht ist.

Schließ lich be dien ich Miss Lee folt. Sie ist die Gast ge be rin, also kriegt sie ihre Eier zu letzt. Kaum dass ich fer tig bin, ruft Miss Hilly »Ich darf doch« und schnappt sich noch zwei Eier, was mich nicht wei ter über rascht.

»Ratet mal, wen ich im Schön heits sa lon ge troff en habe«, sagt Miss Hilly zu den an de ren La dys.

»Wen?«, will Miss Lee folt wis sen.» Celia Foote. Und wisst ihr, was sie mich ge fragt hat? Ob

sie die ses Jahr beim Wohl tä tig keits ball mit hel fen könn te.«»Gut«, sagt Miss Skee ter. »Wir kön nen Hil fe brau chen.«»So drin gend nicht. Ich habe es ihr ge sagt. › Celia‹, habe ich

ge sagt, ›um mit zu ma chen muss man Lea gue-Mit glied oder För de rin sein.‹ Was glaubt sie, was die Jack son-Lea gue ist? Ein off e ner Club?«

»Neh men wir die ses Jahr nicht auch Nicht mit glie der? Weil der Wohl tä tig keits ball so groß ge wor den ist?«, fragt Miss Skee ter.

»Na ja, schon«, mur melt Miss Hilly. »Aber das wer de ich ihr doch nicht sa gen.«

»Ich kann’s nicht fas sen, dass John ny so ein un ge ho bel tes Ding ge hei ra tet hat«, sagt Miss Lee folt, und Miss Hilly nickt. Sie fängt an, die Bridge kar ten zu ge ben.

Ich ser vier grad den eis ge kühl ten Sa lat und die Schin ken-sandwi ches und kann nicht an ders, wie ihr Ge plap per mit-an zu hö ren. Gibt nur drei Sa chen, über die die se La dys spre-chen: ihre Kin der, ihre Klei der und ihre Be kann ten. Ich hör das Wort Ken ne dy. Ich weiß, sie re den nicht über Po li tik. Sie re den drü ber, was Miss Jac kie im Fern se hen an ge habt hat.

Wie ich zu Miss Wal ters komm, nimmt sie sich nur ein hal-bes Sand wich.

»Mama«, schreit Miss Hilly Miss Wal ters an. »Nimm dir noch ein Sand wich! Du bist dürr wie ein Te le fon mast.« Miss

TeufelseierZutaten

12 hartgekochte Eier6 Esslöff el Mayonnaise

2 kleingehackte mittelscharfe Chilischoten (je nach Geschmack)

1 Esslöff el SenfEine Prise Kreuzkümmel

Eine Prise SalzPetersilie zum Garnieren

ZubereitungGeschälte hartgekochte Eier teilen, Eigelb vorsichtig

entfernen. Das Eigelb zerdrücken und mit Mayonnaise, gehackten Chilischoten, Senf und Gewürzen mischen. Mit einem Löff el die Masse in die Eihälften drücken.

Für mindestens 30 min. abgedeckt in den Kühlschrank stellen. Mit Petersilie oder anderen Kräutern garnieren.

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Hilly guckt in die Run de. »Ich sage ihr im mer wie der, wenn die se Minny nicht ko chen kann, muss sie sie eben feu ern.«

Ich spitz die Oh ren. Sie re den vom Dienst mäd chen. Minny ist mei ne bes te Freun din.

»Minny kann ko chen«, sagt die alte Miss Wal ters. »Ich habe nur nicht mehr so viel Hun ger wie frü her.«

Minny ist wohl die bes te Kö chin von Hinds County, wenn nicht von ganz Mis sis sip pi. Sie müsst das ge frag tes te Dienst-mäd chen weit und breit sein. Aber das Pro blem ist, Minny ist nicht auf den Mund ge fal len. Sie gibt im mer Wi der wor-te. Mal legt sie sich mit dem wei ßen Fi li al lei ter vom Jit ney-Jung le-Su per markt an, mal mit ih rem Mann und im mer zu mit der wei ßen Lady, bei der sie ar bei tet. Dass sie schon so lang bei Miss Wal ters ist, liegt nur da dran, dass Miss Wal ters stock taub ist.

»Ich fin de, du bist un ter er nährt, Mama!«, schreit Miss Hil-ly. »Die se Minny gibt dir nichts zu es sen, da mit sie die letz-ten Erb stü cke steh len kann, die mir noch blei ben.« Miss Hil-ly steht schnau bend auf. »Ich gehe mir mal die Nase pu dern. Passt auf sie auf, für den Fall, dass sie vor Hun ger tot um fällt.«

Wie Miss Hilly drau ßen ist, sagt Miss Wal ters ganz leis: »Das käme dir ge ra de recht.« Alle tun, wie wenn sie nichts ge-hört hät ten. Ich ruf Minny wohl bes ser heut Abend an und er zähl ihr, was Miss Hilly be haup tet hat.

In der Kü che sitzt die Klei ne in ih rem Hoch stuhl, ro ten Saft im gan zen Ge sicht. So wie ich rein komm, strahlt sie. Sie bleibt ganz brav da sit zen, aber ich lass sie nicht gern zu lang al lein. Ich weiß, sie starrt ganz still auf die Tür, bis ich wie-der komm.

Ich tät schel ihr wei ches Köpf chen und geh wie der raus, Eis-tee ein schen ken. Miss Hilly ist zu rück auf ih rem Platz und scheint jetzt we gen ir gend was an drem un ter Dampf zu ste-hen.

»Oh, Hilly, es wäre mir lie ber, ihr wür det das Gäs te bad be-nut zen«, sagt Miss Lee folt, wäh rend sie ihre Kar ten ord net.

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»Das hin te re Bad putzt Aibi leen erst nach dem Mit tag es sen.«Hilly reckt das Kinn vor. Macht dann eins von ih ren Äh­

hemms. Sie hat so eine Art, sich zu räus pern, dass alle hor-chen, was sie sa gen will, ohne zu wis sen, wie sie sie dazu ge-bracht hat.

»Aber das Gäs te bad be nutzt doch das Mäd chen«, er wi dert Miss Hilly.

Ei nen Mo ment sagt kei ne was. Dann nickt Miss Wal ters, wie wenn sie’s al len er klä ren wollt. »Sie ist be sorgt, weil die Ne ge rin die In nen toi let te be nutzt und wir auch.«

Gu ter Gott, nicht wie der der Zir kus. Sie gu cken alle zu mir rü ber, wie ich das Sil ber be steck in der Side board schub-la de or dent lich ein räum, und ich weiß, ich ver schwind jetzt bes ser. Doch eh ich den letz ten Löff el drin hab, guckt mich Miss Lee folt streng an und sagt: »Ge hen Sie neu en Tee ho-len, Aibi leen.«

Ich tu wie mir ge hei ßen, ob wohl ihre Tas sen noch rand-voll sind.

Ich steh kurz in der Kü che rum, aber da hab ich nichts mehr zu tun. Ich muss ins Ess zim mer, da mit ich das Sil ber fer tig ord nen kann. Und ich muss auch noch die Ser vi et ten durch sor tie ren, aber die sind im Schrank im Flur, gleich vor dem Zim mer, wo sie sit zen. Ich will heut nicht län ger blei-ben, nur weil Miss Lee folt Kar ten spielt.

Ich wart noch paar Mi nu ten, wisch eine Ar beits plat te. Geb der Klei nen von dem Schin ken, und sie ver drückt ihn bis aufs letz te Fitz el chen. Schließ lich schleich ich mich raus in den Flur und bet, dass mich nie mand sieht.

Alle vier ha ben eine Zi ga ret te in der einen Hand und die Kar ten in der and ren. »Eli za beth, wenn du die Wahl hät test«, hör ich Miss Hilly sa gen, »wür dest du nicht auch wol len, dass sie ihre Ge schäf te drau ßen ver rich ten?«

Ganz leis zieh ich die Ser vi et ten schub la de auf, mehr da mit be schäf tigt, dass sie mich ja nicht be mer ken, wie mit dem, was sie re den. Das ist für mich nichts Neu es. Über all in der

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Stadt gibt’s Ext ra-Klos für Far bi ge und in den meis ten Häu-sern auch. Aber dann guck ich rü ber und seh, wie mich Miss Skee ter be ob ach tet, und ich werd ganz starr vor Schreck und denk, jetzt gibt’s Är ger.

»Ich bie te ein Herz«, sagt Miss Wal ters.»Ich weiß nicht«, sagt Miss Lee folt und guckt mit ge run zel-

ter Stirn auf ihre Kar ten. »Jetzt, wo Ra leigh sich ge ra de selb-stän dig macht und die Steu er sai son noch ein hal bes Jahr hin ist … Im Mo ment ist es bei uns fi nan zi ell wirk lich eng.«

Miss Hilly spricht lang sam, wie wenn sie Spritz guss tup fer auf einer Tor te ver teilt. »Sag Ra leigh ein fach, je den Penny, den er für die Toi let te aus gibt, kriegt er wie der, wenn ihr das Haus ver kauft.« Sie nickt, wie wenn sie sich selbst zu stimmt. »Die gan zen Häu ser, die ohne Dienst bo ten ein rich tun gen ge-baut wer den? Das ist schlicht weg ge fähr lich. Je der weiß doch, dass die se Leu te an de re Krank heits er re ger in sich tra gen als wir. Ich ver dopp le.«

Ich nehm einen Sta pel Ser vi et ten raus. Ich weiß nicht wa-rum, aber plötz lich will ich hö ren, was Miss Lee folt da drauf sagt. Sie ist mei ne Ar beit ge be rin. Je der will doch wohl wis sen, was sein Ar beit ge ber über ihn denkt.

»Es wäre schon schön«, sagt Miss Lee folt und zieht kurz an ih rer Zi ga ret te, »wenn sie nicht die Toi let te im Haus be nut-zen wür de. Ich bie te drei Pik.«

»Ebenda rum habe ich die Ini ti a ti ve für Haus per so nal-Sa ni-tär an la gen ins Le ben ge ru fen«, er klärt Miss Hilly. »Als Krank-heits vor beu gungs maß nah me.«

Ich bin über rascht, wie eng mei ne Keh le wird. Das ist die Scham, die ich vor lan ger Zeit run terzu schlu cken ge lernt hab.

Miss Skee ter guckt ganz ver wirrt. »Für Haus… was?«»Für ein Ge setz, dass je der wei ße Haus halt eine se pa ra te

Toi let te für die far bi gen Dienst bo ten ha ben muss. Ich habe mich so gar schon an den Lei ter der Ge sund heits be hör de von Mis sis sip pi ge wandt, ob er das An lie gen un ter stützt. Ich passe.«

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Miss Skee ter schaut Miss Hilly stirn run zelnd an. Sie legt ihre Kar ten off en hin und sagt ganz sach lich: »Viel leicht soll-ten wir ein fach dir drau ßen eine Toi let te bau en, Hilly.«

Herr jes ses, ist es auf ein mal still in dem Zim mer!Dann zischt Miss Hilly: »Ich glau be nicht, dass du Wit ze

über das Far bi gen pro blem ma chen soll test. Nicht wenn du He raus ge be rin des Lea gue-News lett ers blei ben willst, Skee ter Phelan.«

Miss Skee ter gibt so eine Art La chen von sich, aber ich merk, dass sie’s nicht ko misch fin det. »Willst du sa gen, du … wür dest mich raus schmei ßen? Weil ich nicht dei ner Mei nung bin?«

Miss Hilly zieht eine Au gen braue hoch. »Ich wer de tun, was ich tun muss, um un se re Stadt zu schüt zen. Du sagst an, Mama.«

Ich geh in die Kü che und komm erst wie der raus, wie ich die Tür hin ter Miss Hil lys Hin ter teil zu fal len hör.

Wie ich weiß, Miss Hilly ist weg, setz ich Mae Mobley in ih-ren Lauf stall und schlepp die Müll ton ne raus an die Stra ße, weil heut die Müll ab fuhr kommt. Am obe ren Ende von der Ein fahrt fah ren mich Miss Hilly und ihre ver rück te Mama bei nah im Rück wärts gang über den Hau fen und ru fen dann ganz freund lich aus dem Wa gen raus, wie leid’s ih nen tut. Ich geh wie der ins Haus, froh, dass ich nicht zwei frisch ge bro-che ne Bei ne hab.

Wie ich in die Kü che komm, ist da Miss Skee ter. Sie lehnt an der Ar beits plat te und macht ein ganz erns tes Ge sicht, noch erns ter wie sonst. »Hey, Miss Skee ter. Möch ten Sie ir-gend was?«

Sie guckt raus auf die Ein fahrt, wo Miss Lee folt durchs Au to fens ter mit Miss Hilly re det. »Nein, ich … war te nur.«

Ich trock ne eine Ser vier plat te ab. Wie ich ver stoh len rü-ber guck, starrt sie im mer noch ernst durchs Fens ter. Sie sieht nicht aus wie die an de ren La dys, weil sie so groß ist. Sie hat

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ganz hohe Wan gen kno chen. Blaue Au gen, die meis tens auf den Bo den gu cken, was ihr was Schüch ter nes gibt. Es ist still, bis auf das klei ne Ra dio auf der Ar beits plat te, in dem der Gos pel sen der läuft. Ich woll te, sie würd ge hen.

»Ist das Pre di ger Green da im Ra dio?«, fragt sie.»Ja, Ma’am, ist es.«Miss Skee ter lä chelt halb. »Das er in nert mich so an un ser

Mäd chen, als ich ein Kind war.«»Oh, ich hab Constan tine ge kannt«, sag ich.Jetzt guckt mich Miss Skee ter an. »Sie hat mich groß ge zo-

gen, wuss ten Sie das?«Ich nick, be reu, dass ich über haupt was ge sagt hab. Ich

weiß zu viel da drü ber.»Ich habe ver sucht, die Ad res se ih rer Ver wand ten in Chi ca-

go he raus zu krie gen«, setzt sie hin zu. »Aber nie mand kann mir ir gend et was sa gen.«

»Ich hab sie auch nicht, Ma’am.«Miss Skee ter schaut wie der zum Fens ter raus, auf Miss Hil-

lys Bu ick. Sie schüt telt ganz leicht den Kopf. »Aibi leen, das Ge re de dort drin nen … Hil lys Ge re de mei ne ich …«

Ich nehm eine Kaff ee tas se und trock ne sie mehr wie or-dent lich ab.

»Wün schen Sie sich manch mal, Sie könn ten … die Din ge än dern?«, fragt sie.

Und da kann ich nicht an ders, ich guck ihr di rekt ins Ge-sicht. Weil das wohl die dümms te Fra ge ist, die ich je ge hört hab. Ihr Ge sicht ist ver wirrt und an ge wi dert, wie wenn sie sich grad Salz statt Zu cker in den Kaff ee ge tan hätt.

Ich wend mich wie der zur Spü le hin, da mit sie nicht sieht, wie ich die Au gen ver dreh. »Oh, nein, Ma’am, es ist al les gut so.«

»Aber das Ge re de da eben, über die Toi let te …«, und ge nau bei dem Wort kommt Miss Lee folt in die Kü che mar schiert.

»Ach, da bist du, Skee ter.« Sie guckt uns biss chen ko misch an. »Ent schul di gung, habe ich … euch bei ir gend et was un ter-

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bro chen?« Wir ste hen bei de da und fra gen uns, was sie wohl ge hört hat.

»Ich muss los«, sagt Miss Skee ter. »Bis mor gen, Eli za beth.« Sie macht die Hin ter tür auf, ruft: »Dan ke für das Es sen, Aibi-leen«, und weg ist sie.

Ich geh ins Ess zim mer und fang an, den Bridge tisch ab zu-räu men. Und wie ich schon be fürch tet hab, kommt Miss Lee-folt hin ter mir her und hat ihr ner vö ses Lä cheln im Ge sicht. Sie reckt den Hals vor, wie wenn sie dran ar bei tet, mich was zu fra gen. Sie mag’s nicht, dass ich mit ih ren Freun din nen red, wenn sie nicht da bei ist. Will im mer wis sen, was wir re-den. Ich geh ein fach an ihr vor bei in die Kü che. Ich setz die Klei ne in den Hoch stuhl und mach mich dran, den Back ofen zu put zen.

Miss Lee folt kommt wie der hin ter mir her, nimmt eine Dose Cri sco und be äugt sie, stellt sie dann wie der hin. Die Klei ne reckt die Ärm chen nach ih rer Mama, aber Miss Lee-folt macht einen Kü chen schrank auf und tut, wie wenn sie’s nicht sieht. Dann knallt sie den Schrank wie der zu und macht einen an de ren auf. Schließ lich steht sie ein fach nur da. Ich kauer auf al len vie ren. Steck mei nen Kopf so tief in den Back ofen, dass es aus schaut, als wollt ich mich grad mit Gas um brin gen.

»Miss Skee ter und Sie ge ra de eben, das sah ja wie eine furcht bar erns te Un ter hal tung aus.«

»Nein, Ma’am, sie wollt nur … wis sen, ob ich paar alte Klei-der will«, sag ich, und es klingt, als wär ich in ei nem Brun nen-loch. Mei ne Arme sind schon ganz fet tig. Riecht wie Ach sel-höh len hier drin. Im Nu rinnt mir Schweiß die Nase run ter, und je des Mal, wenn ich mich kratz, hint er lass ich schmie-ri gen Dreck auf mei nem Ge sicht. Ist wohl der schlimms te Platz auf der Welt, in so ei nem Back ofen. Man ist ent we der zum Put zen drin oder weil man ge bra ten wird. Heut Nacht, das weiß ich, werd ich wie der die sen Traum träu men, dass ich hier fest steck und je mand das Gas auf dreht. Aber ich lass den

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Kopf in dem gräss li chen Loch, weil al les bes ser ist, wie Miss Lee folt zu er zäh len, was mir Miss Skee ter hat sa gen wol len. Dass sie mich ge fragt hat, ob ich die Din ge än dern will.

Nach einer Wei le schnaubt Miss Lee folt und stapft raus zum Car port. Ich nehm an, sie guckt, wo sie mein neu es Far-bi gen klo bau en will.

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Ka pi tel 2

Man würd’s nicht mei nen, wenn man hier wohnt, aber Jack-son, Mis sis sip pi, ist voll ge stopft mit zwei hun dert tau send Men schen. Ich hab die Zahl in der Zei tung ge le sen und frag mich, wo le ben die alle? Un ter der Erde? Ich kenn doch so ziem lich je den auf mei ner Sei te von der Brü cke und auch einen Hau fen wei ße Fa mi li en, und das gibt mit Si cher heit zu-sam men kei ne zwei hun dert tau send Leu te.

Sechs Tage die Wo che nehm ich den Bus über die Wood-row-Wil son-Brü cke, da hin, wo Miss Lee folt und ihre gan-zen wei ßen Freun din nen woh nen, Belh aven heißt das Vier tel. Gleich ne ben Belh aven sind das Stadt zent rum und das Re gie-rungs vier tel. Das Ka pi tol ist rie sen groß und sieht von au ßen schön aus, aber drin war ich noch nie. Ich frag mich im mer, was die wohl fürs Put zen zah len.

Wenn man von Belh aven wei ter fährt, kommt das Wei ßen-vier tel Wood land Hills und dann Sher wood Fo rest, da sind mei len weit nur Ei chen mit Moos fä den dran. Woh nen tut da noch kei ner, aber es ist da für da, dass die Wei ßen hin kön nen, wenn sie mal wie der wo Neu es hin zie hen wol len. Da hin ter kommt man raus aufs Land, wo Miss Skee ter auf der Long-leaf-Baum woll plan ta ge wohnt. Sie weiß es nicht, aber ich hab da mal Baum wol le ge pflückt, 1931, in der Gro ßen De pres-sion, wie wir nichts zu es sen hat ten au ßer Re gie rungs kä se.

Jack son hat also ein Wei ßen vier tel am an dern, und an der Stra ße schie ßen im mer noch neue aus dem Bo den. Aber der

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Far bi gen teil, wo wir woh nen, ist ein ein zi ger rie si ger Amei sen-hau fen, ein ge quetscht zwi schen dem gan zen Staats land, das nicht zu ver kau fen ist. Wenn wir im mer mehr wer den, kön-nen wir nir gends hin. Un ser Teil wird ein fach nur im mer vol ler.

An dem Nach mit tag steig ich in den Bus von Belh aven zur Farish Street. Heut sind da nur Dienst mäd chen in ih ren wei-ßen Uni for men, auf dem Weg heim. Wir lä cheln uns alle an und schwat zen, wie wenn uns der Bus ge hört, nicht weil’s uns was aus ma chen würd, wenn Wei ße mit fah ren, dank Miss Parks sit zen wir ja jetzt, wo wir wol len. Es ist ein fach nur so eine freund li che Stim mung.

Ich seh Minny ganz hin ten in der Mit te. Minny ist klein und kräf tig, mit glän zen den schwar zen Lo cken. Sie sitzt breit-bei nig da, die Arme ver schränkt. Sie ist sieb zehn Jah re jün ger wie ich. Minny könnt wahr schein lich den gan zen Bus hoch-stem men, wenn ihr da nach wär. Eine alte Frau wie ich kann von Glück sa gen, dass ich sie zur Freun din hab.

Ich setz mich auf den Sitz vor ihr, dreh mich um und hör zu. Minny hö ren alle gern zu.

»… also sag ich, Miss Wal ters, sag ich, die Welt will Ih ren nack ten wei ßen Hin tern auch nicht lie ber se hen wie mei nen schwar zen. Sie ge hen jetzt da rein und zie hen sich Un ter ho-sen und Klei der an.«

»Auf der Ein gangs ve ran da? Nackt?«, fragt Kiki Brown.»Wenn ich’s doch sag, und der Hin tern schla ckert ihr bis in

die Knie keh len.«Al les lacht und schüt telt den Kopf.»Herr im Him mel, die spinnt wirk lich, die Frau«, sagt

Kiki. »Weiß nicht, wie du im mer an die Ver rück ten ge rätst, Minny.«

»Ach, und dei ne Miss Pat ter son? Spinnt die viel leicht nicht?«, sagt Minny zu Kiki. »Geh mir weg, die ist doch die Ober ver rück te.« Jetzt lacht der gan ze Bus, weil Minny nicht will, dass je mand an ders wie sie schlecht über ihre wei ße Lady re det. Es ist ihr Job, also steht’s auch nur ihr zu.

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Der Bus fährt über die Brü cke und hält an der ers ten Hal-te stel le im Far bi gen teil. So un ge fähr ein Dut zend Dienst-mäd chen stei gen aus. Ich setz mich jetzt auf den frei en Platz ne ben Minny. Sie lä chelt und stößt mir zur Be grü ßung den Ell bo gen in die Rip pen. Dann lehnt sie sich in ih rem Sitz zu-rück, weil sie für mich kei ne Show zu ma chen braucht.

»Wie geht’s? Hast du heut Mor gen Plis see fal ten bü geln müs sen?«

Ich lach und nick. »An dert halb Stun den hab ich ge braucht.«»Was hast du Miss Wal ters heut beim Bridge kränz chen zu

es sen ge ge ben? Den gan zen Vor mit tag hab ich mich ab ge-müht, der Al ten eine Ka ra mell tor te zu ma chen, und dann wollt sie kei nen Krü mel es sen.«

Das er in nert mich dran, was Miss Hilly heut am Bridge-tisch ge sagt hat. Wenn’s ir gend ei ne an de re wei ße Lady wär, würd ja kein Hahn da nach krä hen, aber bei Miss Hilly – wenn die dich auf dem Kie ker hat, willst du’s schon lie ber wis sen. Ich hab bloß kei ne Ah nung, wie ich’s sa gen soll.

Ich guck aus dem Fens ter, aufs Far bi gen kran ken haus und den Obst stand. »Ich glaub, ich hab Miss Hilly so was sa gen hö ren, dass ihre Mama im mer ma ge rer wird.« Ich drück’s so vor sich tig aus, wie ich kann. »Sie meint, sie wär viel leicht un ter er nährt.«

Minny schaut mich an. »Ach, meint sie?« Schon bei dem blo ßen Na men wer den ihre Au gen Schlit ze. »Was hat Miss Hilly noch ge sagt?«

Ich spuck’s wohl bes ser ein fach aus. »Ich glaub, sie hat dich auf dem Kie ker, Minny. Ich mein … pass ein fach auf, wenn sie in der Näh ist.«

»Miss Hilly soll lie ber auf pas sen, wenn ich in der Näh bin. Was hat sie ge sagt? Dass ich nicht ko chen kann? Hat sie ge-sagt, das alte Klap per ge stell isst nichts, weil ich ihr nichts Or dent liches zu es sen mach?«

Minny steht auf und fährt mit dem Arm durch die Hen kel von ih rer Hand ta sche.

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»Tut mir leid, Minny, ich hab’s dir nur er zählt, da mit du auf pas sen …«

»Das soll die ein Mal zu mir sa gen, dann kriegt sie zu Mit-tag eine La dung Minny zwi schen die Zäh ne.« Wü tend steigt sie die Bus stu fen run ter.

Ich guck ihr durchs Fens ter nach, seh, wie sie nach Haus stapft. Mit Miss Hilly legt man sich bes ser nicht an. Gott, viel leicht hätt ich’s doch für mich be hal ten sol len.

Zwei Tage drauf steig ich mor gens aus dem Bus und geh zu Fuß den Block bis zu Miss Lee folts Haus. Vor dem Haus steht ein al ter Las ter. Drin sind zwei far bi ge Män ner, der eine trinkt grad Kaff ee, der and re schläft im Sit zen. Ich geh dran vor bei und rein in die Kü che.

Mis ter Ra leigh Lee folt ist noch zu Haus, was sel ten pas-siert. Wenn er mal hier ist, sieht er im mer aus, wie wenn er die Mi nu ten zählt, bis er wie der in sein Steu er bü ro kann. So-gar sams tags. Aber heut schimpft er we gen ir gend was rum.

»Das hier ist mein gott ver damm tes Haus, und ich be stim-me, was hier ge macht wird, weil ich ver dammt nochmal da-für zah le!«, brüllt Mister Lee folt.

Miss Lee folt läuft hin ter ihm her, und ihr Lä cheln sagt, dass sie gar nicht glück lich ist. Ich ver steck mich in der Wasch kü-che. Die Klo sa che ist jetzt zwei Tage her, und ich hab schon ge hofft, es wär wie der ver ges sen. Mis ter Lee folt macht die Hin ter tür auf, guckt auf den Las ter, der drau ßen parkt, und knallt die Tür wie der zu. »Ich sage ja nichts we gen der neu en Klei der und der gan zen ver flix ten New-Or le ans-Trips mit dei-nen Ver bin dungs schwes tern, aber das schlägt dem Fass den Bo den aus.«

»Aber es stei gert den Wert des Hau ses, meint Hilly!« Ich bin im mer noch in der Wasch kü che, hör aber re gel recht, wie Miss Lee folt sich an strengt, wei ter zu lä cheln.

»Wir kön nen es uns nicht leis ten! Und von den Hol brooks las sen wir uns gar nichts sa gen!«

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Ei nen Au gen blick ist es ganz still. Dann hör ich das Tapp­Tapp von klei nen Schlaf an zug fü ßen.

»Dad-diii?«Ich schlüpf in die Kü che, weil Mae Mobley mei ne Sa che

ist.Mis ter Lee folt hockt sich schon vor sie hin, mit ei nem Lä-

cheln wie aus Gum mi. »Soll ich dir was ver ra ten, Schätz-chen?«

Sie strahlt ihn an. War tet auf eine schö ne Über ra schung.»Du wirst nicht aufs Col lege ge hen kön nen, weil Ma mas

Freun din nen nicht die sel be Toi let te be nut zen wol len wie das Dienst mäd chen.«

Er stapft da von und knallt die Tür so laut zu, dass die Klei ne zu sam men fährt.

Miss Lee folt schaut auf sie run ter und we delt mit dem Zei-ge fin ger. »Mae Mobley, du weißt doch, du darfst nicht aus dei nem Bett klet tern!«

Die Klei ne guckt auf die Tür, die ihr Daddy zu ge knallt hat, guckt dann ihre stren ge Mama an. Und mein Baby Girl schluckt es run ter, schluckt ganz fest, wie wenn sie sich alle Mühe gibt, nicht zu wei nen.

Ich renn an Miss Lee folt vor bei, nehm die Klei ne hoch. Flüs ter: »Komm, wir zwei ge hen ins Wohn zim mer und spie-len mit dem Esel, der spre chen kann. Wie sagt der Esel?«

»Sie steht im mer wie der auf. Ich habe sie heu te Mor gen schon drei mal wie der ins Bett ge setzt.«

»Weil da je mand eine fri sche Win del braucht. Uii-jeee.«Miss Lee folt macht Tss und sagt: »Mir war nicht klar …«,

starrt da bei aber durchs Fens ter zu dem Las ter raus.Ich stampf re gel recht nach hin ten, so wü tend bin ich. Die

Klei ne war seit acht Uhr abends in die sem Bett, na tür lich muss sie ge wi ckelt wer den! Miss Lee folt soll mal ver su chen, in ih ren Ge schäf ten von zwölf Stun den zu sit zen und nicht auf zu ste hen!

Ich leg die Klei ne auf den Wi ckel tisch, ver such, mei ne Wut

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drin nen zu hal ten. Die Klei ne guckt mich an, wäh rend ich ihr die Win del ab mach. Dann streckt sie ihr Händ chen aus. Be rührt mich ganz sacht am Mund.

»Mae Mo wa bös«, sagt sie.»Nein, Baby, du warst nicht bös«, sag ich und streich ihr das

Haar zu rück. »Du warst brav. Ganz brav.«

Ich wohn an der Ges sum Ave nue, zur Mie te, schon seit 1942. Man kann wohl sa gen, die Ges sum hat Cha rak ter. Die Häu-ser sind alle klein, aber je der Vor gar ten ist an ders. Man che sind voll Ge strüpp, und sonst ist der Bo den kahl wie ein al ter Glatz-kopf, an de re ha ben Aza leen und Ro sen und dich tes grü nes Gras. Mein Gar ten ist ir gend wo da zwi schen, würd ich sa gen.

Ich hab ein paar rote Ka me li en sträu cher vorm Haus. Mein Gras ist biss chen räu dig, und da ist im mer noch ein gro ßer gel ber Fleck, wo Tree lo res Pick- up nach dem Un fall drei Mo-na te lang ge stan den hat. Aber der hin te re Gar ten, also der sieht aus wie der Gar ten Eden. Dort hat mei ne Nach ba rin Ida Peek ihr Ge mü se beet.

Ida hat näm lich in ih rem Gar ten kei nen Platz, we gen dem gan zen Ge rüm pel von ih rem Mann – Au to mo to ren, alte Kühl schrän ke und Rei fen. Al les Zeug, das er an geb lich ir-gend wann re pa rie ren oder ge brau chen will, aber er tut’s nie. Also hab ich Ida ge sagt, sie kann ihre Sa chen bei mir hin ten pflan zen. Auf die Art muss ich nicht mä hen, und ich darf mir neh men, was ich brauch, das spart mir jede Wo che zwei, drei Dol lar. Was wir nicht es sen, macht sie ein, und ich krieg dann Glä ser für den Win ter. Le cke re Rü ben blät ter, Ei er früch te, bü schel weis Okra, alle mög li chen Kür bis se. Ich weiß nicht, wie sie’s macht, dass kein Un ge zie fer an ihre To ma ten geht, aber sie schafft es. Und gut sind die!

An dem Abend reg net es drau ßen mäch tig. Ich nehm ein Glas von Ida Pe eks Kohl mit To ma ten raus, ess dazu mei-ne letz te Schei be Mais brot. Dann setz ich mich hin, um mir mei ne Fi nan zen vor zu neh men, weil näm lich zwei Sa chen pas-

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siert sind: Der Bus ist pro Fahrt fünf zehn Cent teu rer ge wor-den, und mei ne Mie te ist auf neun und zwan zig Dol lar im Mo-nat rauf ge gan gen. Ich ar beit bei Miss Lee folt von acht bis vier, sechs Tage die Wo che, nur sams tags nicht. Ich krieg je den Frei tag drei und vier zig Dol lar, macht im Mo nat hun dert zwei-und sieb zig Dol lar. Das heißt, wenn ich Strom, Was ser, Gas und Te le fon be zahlt hab, blei ben mir noch drei zehn Dol lar und fünf zig Cent die Wo che für Le bens mit tel, Klei dung, Fri-seur und die Kol lek te in der Kir che. Mal ganz da von ab ge se-hen, dass das Por to für die Schecks, mit de nen ich die Rech-nun gen zahl, auf fünf Cent auf ge schla gen hat. Und mei ne Ar beits schuh sind schon so dünn, se hen aus, wie wenn sie am Ver hun gern wä ren. Ein neu es Paar kos tet aber sie ben Dol lar, was heißt, ich werd von Kohl mit To ma ten le ben, bis ich zum Kar ni ckel werd. Dem Herrn sei Dank für Ida Peek, sonst hätt ich gar nichts zu es sen.

Ich fahr zu sam men, weil mein Te le fon klin gelt. Eh ich auch nur hal lo sa gen kann, hör ich schon Minny. Sie ar bei tet heut län ger.

»Miss Hilly steckt Miss Wal ters ins Al ten heim. Ich brauch einen neu en Job. Und weißt du, wann sie ins Heim kommt? Nächs te Wo che.«

»O nein.«»Ich hab schon ge sucht, zehn La dys hab ich heut an ge ru-

fen. Kein Fun ken In te res se.«Kann lei der nicht sa gen, dass mich das wun dert. »Ich frag

Miss Lee folt gleich mor gen früh, ob sie je mand kennt, der je mand sucht.«

»Wart mal kurz«, meint Minny. Ich hör die alte Miss Wal-ters re den, und Minny sagt: »Was glau ben Sie, was ich bin? Ihr Chauff eur? Ich fahr Sie bei dem Re gen in kei nen Coun-try Club.«

Au ßer Steh len ist das Schlimms te, was man als Dienst mäd-chen ma chen kann, ein vor lau tes Mund werk ha ben. And rer-seits kocht sie so gut, dass es das manch mal raus reißt.

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»Mach dir nichts draus, Minny. Wir fin den dir eine, die ge nau so stock taub ist wie Miss Wal ters.«

»Miss Hilly hat durch bli cken las sen, ich könnt ja bei ihr ar bei ten.«

»Was?« So streng ich kann, sag ich: »Hör mal zu, Minny, eher un ter stütz ich dich, wie dass ich dich für die sen Dra chen ar bei ten lass.«

»Wo für hältst du mich, Aibi leen? Für eine dum me Gans? Da könnt ich gleich für den Ku-Klux-Klan ar bei ten. Und au ßer dem weißt du doch, ich würd nie Yule May ih ren Job weg neh men.«

»’tschuldigung.« Ich werd ein fach so ner vös, wenn’s um Miss Hilly geht. »Ich ruf Miss Ca ro li ne in der Honey suc kle an, frag, ob sie je mand weiß. Und Miss Ruth auch, die ist so nett, dass es ei nem rich tig ans Herz geht. Hat je den Mor gen selbst auf ge räumt und ge putzt, dass mir nichts mehr zu tun blieb, wie ihr Ge sell schaft zu leis ten. Ihr Mann ist am Schar-lach fie ber ge stor ben, mm-hmmm.«

»Dan ke, Ai bee. Ach, Miss Wal ters, jetzt es sen Sie doch ein grü nes Böhn chen – mir zu lieb.« Minny sagt Wie der se hen und hängt ein.

Am nächs ten Mor gen steht der alte grü ne Las ter wie der da. Ich hör schon Ge häm mer, aber Mis ter Lee folt stapft heut nicht im Haus rum. Ich schätz mal, er weiß, dass er ver lo ren hat, noch eh’s rich tig los geht.

Miss Lee folt sitzt in ih rem blau en Stepp mor gen rock am Kü-chen tisch und te le fo niert. Die Klei ne hat das gan ze Ge sicht voll mit was Ro tem, Kleb ri gem und hängt am Knie von ih-rer Mama, ver sucht sie dazu zu brin gen, dass sie sie an guckt.

»Mor gen, Baby Girl«, sag ich.»Mama! Mama!«, ruft sie und ver sucht, auf Miss Lee folts

Schoß zu klet tern.»Nein, Mae Mobley.« Miss Lee folt schubst sie run ter.

»Mama ist am Te le fon. Lass Mama in Ruhe re den.«

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»Hoch, Mama«, jam mert Mae Mobley und streckt die Ärm chen zu ih rer Mama rauf. »Hoch.«

»Psst«, zischt Miss Lee folt leis.Ich heb die Klei ne schnell hoch und nehm sie mit an die

Spü le, aber sie dreht die gan ze Zeit den Kopf und jam mert: »Mama! Mama!«

»Ge nau so, wie du mir’s ge ra ten hast.« Miss Lee folt nickt ins Te le fon. »Wenn wir eines Ta ges aus zie hen, wird es den Wert des Hau ses stei gern.«

»Komm schon, Baby Girl. Streck die Hän de da hin, un ters Was ser.«

Aber die Klei ne zap pelt und wehrt sich. Ich ver such, ihr die Fin ger ein zu sei fen, doch sie win det sich mir aus dem Arm. Sie rennt gra de wegs zu ih rer Mama, reckt das Kinn vor und zieht dann, so fest sie kann, an der Te le fon schnur. Der Hö rer fällt Miss Lee folt aus der Hand und knallt auf den Fuß bo den.

»Mae Mobley!«, sag ich. Ich renn hin, um sie zu ho len, aber Miss Lee folt ist schnel ler. Sie lä chelt, wie wenn sie die Zäh ne fletscht, und klatscht der Klei nen mit der fla chen Hand hin-ten auf die nack ten Schen kel, so fest, dass ich zu sam men zuck.

Dann packt Miss Lee folt Mae Mobleys Arm und reißt bei je dem Wort dran. »Du rührst die ses Te le fon nie wie der an, Mae Mobley!«, ruft sie. »Aibi leen, wie oft muss ich Ih nen sa-gen, Sie sol len sie von mir fern hal ten, wenn ich te le fo nie re!«

»Ent schul di gung«, sag ich, nehm Mae Mobley hoch und ver such sie an mich zu drü cken, aber sie brüllt und ist rot im Ge sicht und wehrt sich ge gen mich.

»Komm, Baby Girl, ist ja gut, ist ja al les …«Mae Mobley guckt mich grim mig an, beugt sich zu rück

und Wamm! boxt mich ge nau aufs Ohr.Miss Lee folt zeigt auf die Kü chen tür und schreit: »Aibi leen,

raus, alle bei de!«Ich trag Mae Mobley in die Kü che. Ich bin so wü tend auf

Miss Lee folt, dass ich mir auf die Zun ge bei ßen muss. Wenn

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die se dum me Frau ihr Kind mal be ach ten würd, dann würd so was nicht pas sie ren! Wie wir in Mae Mobleys Zim mer sind, setz ich mich in den Schau kel stuhl. Sie schluchzt an mei ner Schul ter, und ich strei chel ihr den Rü cken, froh, dass sie mein zor ni ges Ge sicht nicht sieht. Ich will nicht, dass sie denkt, ich bin wü tend auf sie.

»Okay, Baby Girl?«, flüs ter ich. Mein Ohr tut weh von ih-rer klei nen Faust. Ich bin so froh, dass sie mich ge schla gen hat statt ih rer Mama, weil ich nicht weiß, was die Frau mit ihr ge macht hätt. Ich guck run ter und seh rote Strie men hin ten auf ih ren Bei nen.

»Ich bin ja hier, Baby Girl, Ai bee ist hier.« Ich wieg sie und strei chel sie und tröst sie.

Aber die Klei ne heult und heult.

Um die Mit tags zeit, wie mei ne Ge schich ten im Fern se hen kom men, wird es drau ßen im Car port still. Mae Mobley sitzt auf mei nem Schoß und hilft mir, die Boh nen put zen. Sie ist im mer noch durch ei nan der von heut Mor gen. Ich wohl auch, aber ich hab’s weg ge scho ben, ir gend wo hin, wo ich mich nicht da mit rum pla gen muss.

Wir ge hen in die Kü che, und ich mach ihr ein Wurst sand-wich. Drau ßen sit zen die Ar bei ter in ih rem Las ter und es sen ih ren mit ge brach ten Lunch. Ich bin dank bar für die Ruh. Ich lä chel die Klei ne an und geb ihr eine Erd bee re, froh, dass ich bei der Sa che mit ih rer Mama hier war. Ich mag gar nicht dran den ken, was pas siert wär, wenn ich nicht bei ihr ge we-sen wär. Sie stopft sich die Erd bee re in den Mund und lä chelt zu rück. Ich glaub, vom Ge fühl her weiß sie’s auch.

Miss Lee folt ist nicht da, also über leg ich, ob ich Minny bei Miss Wal ters an ruf, um zu hö ren, ob sie schon Ar beit ge-fun den hat. Aber eh ich dazu komm, klopft’s an der Hin-ter tür. Ich mach auf, und da steht einer von den Ar bei tern. Ein al ter Mann. Er hat einen Over all an, über ei nem wei ßen Hemd.

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»Tag, Ma’am. Dürft ich um biss chen Was ser bit ten?«, fragt er. Ich kenn ihn nicht. Muss ir gend wo im Sü den der Stadt woh nen.

»Klar«, sag ich.Ich hol einen Papp be cher aus dem Schrank. Er ist von Mae

Mobleys zwei tem Ge burts tag, mit Luft bal lons drauf. Ich weiß, Miss Lee folt will nicht, dass ich ihm eins von den Glä-sern geb.

Er trinkt das Was ser in ei nem Zug aus und gibt mir den Be cher wie der. Sein Ge sicht ist ganz müd. Er hat so was Ein-sames in den Au gen.

»Wie läuft’s?«, frag ich.»Ist Ar beit«, sagt er. »Ist noch kein Was ser an schluss da. Wir

wer den wohl ein Rohr von der Stra ße run ter le gen.«»Möcht der an de re auch was trin ken?«, frag ich.»Wär sehr nett.« Er nickt, und ich nehm für sei nen Kum-

pel auch einen lus ti gen Be cher raus und füll ihn an der Spü le.Er bringt ihn nicht gleich dem an de ren.»Ent schul di gung«, sagt er, »aber wo …« Er steht einen

Au gen blick da und schaut auf sei ne Schuh. »Wo könnt ich Was ser las sen?«

Er guckt mich an, und ich guck ihn an, und eine Wei le ste-hen wir bei de nur da und gu cken uns an. Ich mein, das ist doch wirk lich ko misch. Nicht zum La chen ko misch, son dern auf die Art ko misch, dass man denkt: Das gibt’s doch nicht. Da ha ben wir zwei Klos im Haus und noch eins, das grad ge-baut wird, und trotz dem kann der Mann nir gends hin, um sich zu er leich tern.

»Ähmm …« In der Si tu a ti on war ich noch nie. Der Jun ge, Ro bert, der alle zwei Wo chen den Gar ten macht, geht wohl, be vor er her kommt. Aber der hier ist ein al ter Mann. Hat ganz runz li ge Hän de. Und in sein Ge sicht ha ben sieb zig Jah-re Sor gen so vie le Fal ten ge gra ben, dass er aus sieht wie eine Stra ßen kar te.

»Sie müs sen wohl in die Bü sche hin term Haus ge hen«, hör

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ich mich sa gen, aber ich wollt, das wär nicht ich. »Der Hund ist dahin ten, aber der tut Ih nen nichts.«

»Okay«, sagt er. »Dank auch.«Ich seh ihm nach, wie er ganz lang sam wie der zu rück geht,

mit dem Was ser für sei nen Kol le gen.Der Bau lärm geht den Nach mit tag über wei ter.

Den gan zen nächs ten Tag wird im Vor gar ten ge häm mert und ge gra ben. Ich frag Miss Lee folt nicht da nach, und sie er klärt mir nichts. Sie guckt nur jede Stun de zur Tür raus, was da pas siert.

Um drei hört der Lärm auf, und die Män ner klet tern in ih-ren Las ter und fah ren weg. Miss Lee folt sieht ih nen nach und seufzt er leich tert. Dann steigt sie in ihr Auto und fährt los, tun, was sie so tut, wenn sie nicht ge ra de ner vös ist, weil sich zwei far bi ge Män ner vor ih rem Haus rum trei ben.

Nach einer Wei le klin gelt das Te le fon.»Bei Miss Lee…«»Sie er zählt in der gan zen Stadt rum, dass ich stehl! Da rum

krieg ich kei ne Ar beit! Die se Hexe stellt mich als das fre che die bi sche Mons ter von Hinds County hin!«

»Halt, Minny, hol erst mal Luft …«»Heut Mor gen vor der Ar beit geh ich zu den Ren fr oes drü-

ben in der Sy cam ore, und Miss Ren froe jagt mich gra dezu vom Grund stück. Sagt, Miss Hilly hätt ihr al les über mich er-zählt, je der wüsst, dass ich Miss Wal ters einen Sil ber leuch ter ge stoh len hätt!«

Ich hör, dass sie den Te le fon hö rer bei nah zer quetscht. Und ich hör Kin dra ir gend was ru fen und frag mich, wa rum Min-ny schon zu Haus ist. Nor mal geht sie nie vor vier.

»Ich hab nichts ge tan, wie die ser al ten Frau gu tes Es sen zu ko chen und mich um sie zu küm mern!«

»Minny, ich weiß, dass du ehr lich bist. Das bist du bei Gott.«

Ihre Stim me schlüpft re gel recht ins Te le fon wie eine Bie ne

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in eine Ho nig wa be. »Wie ich zu Miss Wal ters rein komm, ist da Miss Hilly und will mir zwan zig Dol lar auf drän gen. Sie sagt: ›Neh men Sie es. Ich weiß, Sie brau chen es‹, und ich hätt ihr ums Haar ins Ge sicht ge spuckt. Hab ich aber nicht. O nein.« Sie at met schnell. »Was ich ge macht hab, war schlim mer.«

»Was hast du ge macht?«»Sag ich nicht. Ich sag kei nem was von dem Ku chen. Aber

sie hat ge kriegt, was sie ver dient hat!« Ihre Stim me hat jetzt so was Jam meri ges, und ich be komm’s rich tig mit der Angst zu tun. Es ist kein Spiel, sich mit Miss Hilly an zu le gen. »Ich krieg nie wie der Ar beit, Le roy bringt mich um …«

Im Hin ter grund fängt Kin dra an zu wei nen. Minny hängt ein, ohne auch nur Wie der hö ren zu sa gen. Ich hab kei ne Ah-nung, was sie mit dem Ku chen meint. Aber, gu ter Gott, wie ich Minny kenn, kann’s nichts Gu tes ge we sen sein.

An dem Abend pflück ich mir Ker mes beer blät ter und eine To ma te aus Idas Gar ten. Ich brat mir biss chen Schin ken, mach mir Soße für mein Mais bröt chen. Mein Haar ist aus-ge bürs tet und auf ge dreht, ich hab mei ne rosa Lo cken wick ler drin und schon das Good Nuff drauf ge sprüht. Den gan zen Nach mit tag hab ich mir Sor gen um Minny ge macht. Jetzt muss ich das aus mei nem Kopf krie gen, wenn ich heut Nacht ein Auge zu tun will.

Ich setz mich zum Es sen hin, mach das Kü chen ra dio an. Little Ste vie Won der singt grad »Fin ger tips«. Für den Jun gen ist Far big sein kein gro ßes Ding. Zwölf Jah re alt, blind, und hat einen Hit im Ra dio. Wie er aus ge sun gen hat, dreh ich den Knopf über Pre di ger Green weg und mach bei WBLA Halt. Da kommt Juke Joint Blues.

Ich hab gern so rau chi ge Knei pen mu sik, wenn’s dun kel wird. Da hab ich das Ge fühl, mein gan zes Haus ist voll mit Leu ten. Ich seh sie re gel recht in mei ner Kü che zum Blues tan zen. Wenn ich dann das Licht aus mach, stell ich mir vor, wir sind im Raven. Da sind klei ne Ti sche mit ro ten Lich tern

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drauf. Es ist Mai oder Juni und warm. Mein Clyde lä chelt mich mit sei nen wei ßen Zäh nen an und sagt: Was trin ken, Honey? Und ich sag: Black Mary ohne Eis, und dann muss ich über mich la chen, weil ich hier in mei ner Kü che sitz und so vor mich hin träum, denn das Schicks te, was ich je trink, ist Nehi-Trau ben li mo na de.

Jetzt singt Mem phis Minny im Ra dio vom ma ge ren Fleisch, das nicht brut zelt, wo’s drum geht, dass die Lie be nicht hält. Manch mal denk ich, ich find viel leicht nochmal einen Mann, einen aus mei ner Kir che. Das Pro blem ist: So-sehr ich den Herrn lieb, steh ich doch nicht auf Män ner, die in die Kir che ge hen. Die Män ner, die mir ge fal len, sind nicht von der Sor te, die da bleibt, wenn sie erst mal dein gan-zes Geld auf den Kopf ge hau en hat. Den Feh ler hab ich vor zwan zig Jah ren ge macht. Wie mein Clyde mich dann für die ses nichts nut zi ge Flitt chen aus der Farish Street ver las sen hat, die se Co coa, da hab ich mir ge sagt, das Ka pi tel sollt ich wohl end gül tig für be en det er klä ren.

Drau ßen schreit eine Kat ze, und das Ge räusch holt mich wie der in mei ne kal te Kü che zu rück. Ich mach das Ra dio aus und das Licht wie der an und kram mein Ge bets heft aus mei-ner Hand ta sche. Mein Ge bets heft ist nur ein blau es Schreib-heft, das ich im Ben ja min-Frank lin-Kauf haus er stan den hab. Ich be nutz einen Blei stift, da mit ich’s wie der aus ra die ren kann, bis es rich tig ist. Ich schreib mei ne Ge be te auf, seit ich auf der Ju ni or High war. Wie ich in der Sieb ten mei ner Leh re rin ge sagt hab, ich kann nicht wei ter in die Schu le ge-hen, weil ich mei ner Mama hel fen muss, da hat Miss Ross fast ge weint.

»Du bist die Ge schei tes te in der Klas se, Aibi leen«, hat sie ge sagt. »Und die ein zi ge Mög lich keit, dei nen Kopf auf Trab zu hal ten, ist je den Tag zu le sen und zu schrei ben.«

Also hab ich an ge fan gen, mei ne Ge be te auf zu schrei ben, statt sie zu sa gen. Aber seit her hat mich nie mand mehr ge-scheit ge nannt.

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Ich blät ter in mei nem Ge bets heft, um zu gu cken, wer heut dran ist. Die Wo che hab ich paar mal über legt, Miss Skee ter auf mei ne Lis te zu set zen. Wa rum weiß ich nicht ge nau. Sie ist im mer nett, wenn sie kommt. Es macht mich ner vös, aber ich kann nicht an ders, ich denk im mer wie der drü ber nach, was sie mich da in Miss Lee folts Kü che hat fra gen wol len, von we gen, ob ich die Din ge än dern will. Und dann noch das mit der Ad res se von Constan tine, dem Dienst mäd chen, das sie auf ge zo gen hat. Ich weiß, was zwi schen Constan tine und Miss Skeet ers Mama pas siert ist, und das werd ich ihr nie und nim mer er zäh len.

Das Pro blem ist, mir ist klar, wenn ich an fang, für Miss Skee ter zu be ten, geht das Ge spräch wei ter, wenn ich sie das nächs te Mal seh. Und auch beim über nächs ten Mal und beim über ü ber nächs ten. Weil’s das ist, was Be ten be wirkt. Es ist wie Elekt ri zi tät, hält Sa chen in Gang. Und die Klo sa che ist wirk lich nichts, wo ich drü ber re den will.

Ich über flieg mei ne Ge bets lis te. Mei ne Mae Mobley steht na tür lich ganz oben, dann kommt Fanny Lou aus der Kir che, weil sie so schlimm Rheu ma hat. Mei ne Schwes tern Inez und Mable in Port Gib son, die zu sam men acht zehn Kin der ha-ben, da von sechs mit Grip pe. Wenn sich die Lis te aus dünnt, nehm ich die sen stin ken den, al ten Wei ßen mit rein, der hin-ter der Fut ter mit tel hand lung wohnt und von dem flüs si gen Schuh putz zeug, das er trinkt, den Ver stand ver lo ren hat. Aber heut Abend ist die Lis te ganz schön voll.

Und wen hab ich da noch auf die Lis te ge setzt? Ber trina Bes s emer, aus ge rech net die! Wo doch je der weiß, dass Ber-trina und ich uns nim mer grün sind, seit sie mich vor weiß der Him mel wie viel Jah ren eine Nig ger i di o tin ge nannt hat, weil ich da mals Clyde ge hei ra tet hab.

»Minny«, hab ich letz ten Sonn tag ge sagt, »wa rum will Ber trina, dass ich für sie bet?«

Wir sind auf dem Heim weg vom Ein-Uhr-Got tes dienst. Minny sagt: »Es geht das Ge rücht rum, du hät tst einen be-

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sond ren Draht beim Be ten, wür dst mehr be wir ken wie nor ma le Ge be te.«

»Wie so?«» Eudora Green. Wie die sich die Hüf te ge bro chen hat, hast

du sie auf dei ne Lis te ge setzt, und nach einer Wo che ist sie wie der ge lau fen. Isa iah. Fällt vom Baum woll las ter, kommt noch an dem Abend auf dei ne Lis te und ist am nächs ten Tag wie der bei der Ar beit.«

Wie sie das sagt, muss ich dran den ken, dass ich bei Tree-lore gar kei ne Chan ce ge habt hab, für ihn zu be ten. Viel leicht hat Gott ihn ja da rum so schnell zu sich ge nom men. Wollt sich nicht mit mir rum strei ten müs sen.

»Snuff Wa shing ton«, sagt Minny. »Lolly Jack son – das reins te Wun der. Lolly kommt auf dei ne Lis te, und zwei Tage drauf hüpft sie aus ih rem Roll stuhl, wie wenn sie Je sus be-rührt hätt. Je der in Hinds County hat das ge hört.«

»Aber das bin nicht ich«, sag ich. »Das ist ein fach nur das Be ten.«

»Aber Ber trina …« Minny fängt an zu la chen und sagt: »Du kennst doch Co coa, die, mit der Clyde auf und da von ist?«

»Pfff. Wie könnt ich die ver ges sen?«»Ich hab ge hört, eine Wo che, nach dem Clyde dich hat sit-

zen las sen, ist die se Co coa auf ge wacht, und ihre Pussi hat ge suppt wie eine ver gam mel te Aus ter. Drei Mo na te wollt’s nicht bes ser wer den. Ber trina ist gut mit Co coa be freun det. Sie weiß, dass dei ne Ge be te wir ken.«

Mir bleibt der Mund off en ste hen. Wa rum hat sie mir das noch nie er zählt? »Willst du sa gen, die Leu te glau ben, ich mach schwar ze Ma gie?«

»Ich hab ge wusst, du regst dich auf, wenn ich’s dir sag. Sie glau ben ein fach nur, du hast einen bes se ren Draht wie die meis ten. Wir ha ben ja alle eine Ge mein schafts lei tung zu Gott, aber du, du sitzt di rekt in sei nem Ohr.«

Mein Tee kes sel auf dem Herd fängt an zu sir ren und holt

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mich wie der in die Wirk lich keit zu rück. Gott, ich glaub, ich werd Miss Skee ter ein fach auf mei ne Lis te set zen, aber wa-rum weiß ich nicht. Das er in nert mich an das, wo ich nicht dran den ken will: Miss Lee folt, die mir ein Klo baut, weil sie meint, ich hab Krank hei ten in mir. Und Miss Skee ter, die mich fragt, ob ich die Din ge än dern will, wie wenn man Jack-son, Mis sis sip pi, so ein fach än dern könnt, als würd man eine Glüh bir ne aus wech seln.

Ich putz grad Boh nen in Miss Lee folts Kü che, da klin gelt das Te le fon. Ich hoff, dass es Minny ist, die mir sa gen will, dass sie was ge fun den hat. Ich hab alle an ge ru fen, wo ich je ge ar-bei tet hab, und alle ha ben mir das sel be ge sagt: »Wir brau chen kei ne Haus halts hil fe.« Aber ei gent lich mei nen sie: »Wir brau-chen kei ne Minny.«

Ob wohl Min nys letz ter Ar beits tag schon vor drei Ta gen war, hat Miss Wal ters sie ges tern Abend heim lich an ge ru-fen und ge fragt, ob sie nicht heut nochmal kom men könnt, weil sich das Haus so leer an fühlt, wo Miss Hilly ja schon die meis ten Mö bel weg ge schafft hat. Ich weiß im mer noch nicht, was zwi schen Minny und Miss Hilly vor ge fal len ist. Und ich glaub, ich will’s auch gar nicht wis sen.

»Bei Lee folt.«»Äh, hal lo. Hier ist …« Die Lady räus pert sich. »Gu ten

Tag, könn te ich … könn te ich bit te Eli za beth Leer-folt spre-chen?«

»Miss Lee folt ist grad nicht da heim. Kann ich was aus rich-ten?«

»Oh«, sagt sie, wie wenn sie we gen nichts ganz auf ge dreht wär.

»Darf ich fra gen, wer da ist?«»Hier ist … Celia Foote. Mein Mann hat mir die se Num-

mer ge ge ben, und ich ken ne Eli za beth nicht, aber … na ja, er sagt, sie weiß Be scheid über den Wohl tä tig keits ball für die ar men Kin der und die La dies Lea gue.« Der Name kommt

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mir ir gend wie be kannt vor, aber ich komm nicht drauf. Die Frau re det, wie wenn sie von so weit drau ßen auf dem Land wär, dass ihr Mais in den Schu hen wächst. Aber ihre Stim-me klingt hübsch, so hoch. Trotz dem, wie die La dys von hier hört sie sich nicht an.

»Ich richt’s ihr aus«, sag ich. »Wie ist Ihre Num mer?«»Ich bin noch ziem lich neu, na ja, stimmt nicht, ich bin

schon eine gan ze Wei le hier, Gott, über ein Jahr schon. Ich ken ne nur so gut wie nie man den. Ich … kom me nicht viel un ter Leu te.«

Sie räus pert sich wie der, und ich frag mich, wa rum sie mir das al les er zählt. Ich bin das Dienst mäd chen. Da von, dass sie mit mir re det, fin det sie auch kei ne Freun de.

»Ich dach te, viel leicht könn te ich ja von zu Hau se aus et was für den Wohl tä tig keits ball bei tra gen«, sagt sie.

Jetzt fällt mir wie der ein, wer sie ist. Sie ist die, über die Miss Hilly und Miss Lee folt im mer her zie hen, weil sie Miss Hil lys Ex freund ge hei ra tet hat.

»Ich be stell’s ihr. Wie war nochmal Ihre Num mer?«»Oh, aber ich bin ge ra de auf dem Sprung, eben schnell ein-

kau fen zu fah ren. Aber viel leicht soll te ich ja hier blei ben und war ten.«

»Wenn sie Sie nicht er reicht, sagt sie Ih rem Dienst mäd-chen, was es Ih nen aus rich ten soll.«

»Ich habe kein Mäd chen. Das woll te ich sie ei gent lich auch fra gen, ob sie mir je man den emp feh len kann.«

»Sie su chen ein Dienst mäd chen?«»Es ist schwer, eine zu fin den, die den gan zen Weg bis

Madi son County raus kommt.«Ach ja? »Ich kenn je mand rich tig Gu tes. Sie ist be rühmt

da für, wie le cker sie kocht, und auf Ihre Kin der passt sie auch auf. Sie hat so gar ein ei ge nes Auto, um zu Ih nen raus-zu fah ren.«

»Ach … ich wür de es trotz dem gern mit Eli za beth be spre-chen. Habe ich Ih nen mei ne Num mer schon ge ge ben?«

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»Nein, Ma’am.« Ich seufz. »Ich hör.« Miss Lee folt wird Minny nie emp feh len, nicht nach Miss Hil lys gan zen Lü gen.

Sie sagt: »Der Name ist Mis sus John ny Foote, und die Num mer ist Emer son zwo-sechs-sechs-null-neun.«

Nur für den Fall sag ich trotz dem: »Und sie heißt Min-ny, und ihre Num mer ist La ke wood acht-vier-vier-drei-zwo. Ha ben Sie’s?«

Die Klei ne zupft an mei nem Rock, ruft »Bauch aua« und reibt sich mit der Hand da rü ber.

Mir kommt eine Idee. Ich sag: »Au gen blick, was mei nen Sie, Miss Lee folt? Okay, ich richt’s ihr aus.« Ich halt den Hö-rer wie der an den Mund: »Miss Celia, Miss Lee folt ist grad rein ge kom men und sagt, sie fühlt sich nicht wohl, aber Sie sol len Minny an ru fen. Sie sagt, sie mel det sich bei Ih nen, wenn sie we gen dem Wohl tä tig keits ball Hil fe braucht.«

»Oh! Sa gen Sie ihr vie len Dank. Und ich hoff e, es geht ihr bald wie der bes ser. Und sie kann mich je der zeit an ru fen.«

»Also, Minny Jack son, La ke wood acht-vier-vier-drei-zwo. Au gen blick, wie bit te?« Ich nehm einen Keks raus und geb ihn Mae Mobley. Ich fühl nichts wie Stolz auf den Teu fel in mir. Ich lüg, und es macht mir nicht mal was aus.

Ich er klär Miss Celia Foote: »Sie sagt, Sie sol len nie mand von dem Tipp we gen Minny er zäh len, weil ihre Freun din nen Minny auch alle wol len und sich är gern wür den, wenn sie wüss ten, dass sie sie Ih nen ver mit telt hat.«

»Ich wer de ihr Ge heim nis nicht ver ra ten, wenn sie meins nicht ver rät. Mein Mann soll näm lich nicht wis sen, dass ich eine Haus halts hil fe ein stel le.«

Na, wenn das nicht per fekt ist, was dann?Als wir ein ge hängt ha ben, will ich so schnell wie mög-

lich Minny an ru fen. Doch wie ich grad die Num mer wähl, kommt Miss Lee folt zur Tür rein.

Das ist jetzt wirk lich haa rig. Ich hab die ser Miss Celia Min-nys Num mer da heim ge ge ben, aber Minny ar bei tet ja heut, weil Miss Wal ters ein sam ist. Wenn sie also an ruft, ist Le roy

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Kathryn Stockett

Gute GeisterRoman

Gebundenes Buch, Leinen, 608 Seiten, 12,5 x 20,0 cmISBN: 978-3-442-75420-5

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Erscheinungstermin: Oktober 2013

Der Spiegel-Bestseller als GeschenkausgabeHochwertige Geschenkausstattung:Gebundene Ausgabe, bedrucktes GanzleinenMit Illustrationen und Kochrezepten Mississippi, 1962: Nach dem Studium verbringt Skeeter die Tage auf der elterlichenBaumwollfarm, als einzige ihrer Freundinnen ohne einen Ring am Finger. Und dann ist auchnoch ihr geliebtes Kindermädchen spurlos verschwunden. Skeeter wünscht sich nur eins:Sie will weg aus dem engen Jackson und als Journalistin in New York leben. Um etwas zuverändern, verbündet sie sich mit zwei schwarzen Dienstmädchen: Aibileen zieht die Kinder ihrerArbeitgeber auf – das Tafelsilber darf sie aber nicht berühren. Und Minny ist auf der Suche nacheiner neuen Stelle. Sie ist bekannt für ihre Kochkünste, aber sie ist auch gefürchtet: Denn Minnyträgt das Herz auf der Zunge. Gemeinsam beschließen die drei Frauen, gegen die Konventionenihrer Zeit zu verstoßen und etwas zu wagen. Denn sie alle haben das Gefühl zu ersticken undwollen etwas verändern – in ihrer Stadt und in ihrem eigenen Leben.