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3 Kinderarbeit im Kakaosektor in Westafrika Hintergrund und Lösungsansätze

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Kinderarbeit im Kakaosektor in WestafrikaHintergrund und Lösungsansätze

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KINDERARBEIT IN WESTAFRIKA HINTERGRUND UND LÖSUNGSANSÄTZE

1 Emerging good practice in combating the worst forms of child labour in West African cocoa growing communities, 2011

Die Mitglieder des Forum Nachhaltiger Kakao setzen sich dafür ein, dass missbräuchliche Kinderarbeit in der Kakaoproduktion abgeschafft wird.(Einzelziel 6 des Forum Nachhaltiger Kakao e.V.)

Missbräuchliche Kinderarbeit besteht weltweit in vielen Sektoren und ist auch im Kakaoanbau eine der größten Herausforderun-gen. Allein in den Hauptanbauländern Côte d’Ivoire und Ghana arbeiten über 2 Millionen Kinder unter gefährlichen Bedingun-gen auf Kakaofeldern. Hauptursache dafür ist die Armut der Kakao-bauernfamilien. Weitere wesentliche Ursachen sind fehlende Infrastruktur und mangelnde Bildung (beispielweise verhindern fehlende Geburtsurkunden den Zugang zu Bildung).1 Die Abschaffung missbräuchlicher Kinderarbeit im Kakaoanbau sowie die Ver-besserung der Lebensbedingungen der Kakaobauern und -bäuerinnen und ihrer Familien ist ein zentrales Anliegen des Forum Nachhaltiger Kakao und seiner Mitglieder.

Das Papier stellt die aktuelle Situation, Herausforderungen und existierende Lösungsansätze dar. Die genannten Initiativen sind wichtige Schritte zur Eliminierung missbräuchlicher Kinderarbeit. Die Zahlen zeigen, dass weiterhin Handlungsbedarf für alle Akteure in der Lieferkette besteht und weitere Strategien zur Reduzierung von Armut und zur Bekämpfung von Kinderarbeit entwickelt werden müssen. Als unterstützende Maßnahmen spielt die Sen-sibilisierung der lokalen Bevölkerung weiterhin eine große Rolle, ebenso die Verbesserung der Einkommen – insbesondere des der Frauen, der Zugang zu Sozialleistungen einschließlich einer qualitativ hochwertigen Bildung und die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht der Unternehmen. Die Einhaltung der Menschen-rechte wird auch durch das Einzelziel 8 des Forum Nachhaltiger Kakao eingefordert. Grundlage für den Begriff der Kinderarbeit ist das ILO-Übereinkommen 138, das ILO-Übereinkommen 182 (Artikel 3) definiert die schlimmsten Formen der Kinderarbeit, von welcher die gefährliche Kinderarbeit eine Unterkategorie ist. Der Begriff „missbräuchliche Kinderarbeit“ wird im deutschen Sprachgebrauch häufig als Synonym zu „schlimmste Formen der Kinderarbeit“ verwendet (siehe ausführliche Definition im Anhang).

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KINDERARBEIT IN WESTAFRIKA HINTERGRUND UND LÖSUNGSANSÄTZE

Weltweit: 108 Millionen

Afrika: 62 Millionen

Westafrika: 2 Millionen im Kakaoanbau(Côte d‘Ivoire, Ghana)

Quelle: International Cocoa Initiative (ICI)

Kinderarbeit in der Landwirtschaft

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KINDERARBEIT IN WESTAFRIKA HINTERGRUND UND LÖSUNGSANSÄTZE

2 Global Estimates of Child Labour: Results and trends (2012–2016), ILO, 20173 Survey Research on Child Labor in West African Cocoa Growing Areas; Table 14, Tulane University Final Report, 2015

Zahlen, Daten, Fakten

Weltweit gibt es laut Schätzungen der International Labour Organization (ILO, Referenzjahr 2016) ca. 218 Millionen Kinder zwischen 5–17 Jahren in Beschäftigung (vgl. 2000: 352 Mio. Kin-der). Davon befinden sich 152 Millionen Kinder in Kinderarbeit, ca. 64 Millionen Mädchen und 88 Millionen Jungen (vgl. 2000: 246 Mio. Kinder). 73 Millionen Kinder sind gefährlicher Arbeit aus-gesetzt (vgl. 2000: 171 Mio. Kinder).

Insgesamt ist zu erkennen, dass der Trend in den letzten 16 Jah-ren rückläufig war. Im Jahr 2016 waren rund 134 Millionen Kinder weniger in Beschäftigung als im Jahr 2000. Ebenso sank die Zahl der Kinder in Kinderarbeit um 94 Millionen und die Anzahl der Kinder in gefährlicher Arbeit um 98 Millionen. Im Kampf gegen die Kinderarbeit wurden demnach Fortschritte erzielt.

Die Landwirtschaft zählt zu den gefährlichsten Sektoren. Grund dafür sind beispielsweise die Nutzung von scharfen Gegenstän-den oder gefährlichen Geräten, extreme Umweltbedingungen, die Anwendung von Schädlingsbekämpfungsmitteln oder das Tragen zu schwerer Lasten für den Körper. Von 152 Millionen Kindern in Kinderarbeit arbeiten gemäß ILO-Schätzungen rund 108 Millionen (ca. 70 %) in der Landwirtschaft. Allein in Afrika sind 62 Millionen Kinder von Kinderarbeit betroffen.2

Im Kakaosektor führt ein niedriges Einkommen zu wirtschaftlicher Unsicherheit und zur Verarmung der Kakaobauern und -bäue-rinnen. Dies basiert auf dem niedrigen Farm-Gate-Preis, schwan-kenden Weltmarktpreisen, geringer Produktivität und fehlenden zusätzlichen Einkommensquellen. In Côte d´Ivoire und Ghana sind in der Kakaoproduktion mehr als 2 Millionen Kinder von Kinderarbeit betroffen.3

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Etwa 95 % des Kakaos weltweit wird von Kleinbetrieben mit einer durchschnittlichen Betriebsgröße zwischen 2 und 5 Hektar an-gebaut. Die Internationale Kakaoorganisation (ICCO) schätzt, dass weltweit mindestens 5 Millionen Kleinbauern Kakao produzieren. Laut der Studie des Royal Tropical Institute (KIT) Demystifying the cocoa sector in Côte d’Ivoire and Ghana4 stellt Kakao 66 % (Côte d’Ivoire) bzw. 60 % (Ghana) des Einkommens der Bauern und Bäuerinnen und ihrer Familien dar. Viele der 5– bis 10-köpfigen Familien können ihre Lebenshaltungskosten nicht decken. Laut KIT haben Kakaobauern und -bäuerinnen ein durchschnittliches Tageseinkommen von USD 0,92 in Côte d‘Ivoire und USD 1,04 in Ghana. Dieser Wert liegt weit unter der durch die Weltbank defi-nierten internationalen Armutsgrenze von USD 1,90. Zu geringes und unsicheres Einkommen führen dazu, dass Landwirte nicht mehr in den Anbau investieren und keine finanziellen Mittel zur Verfügung haben, um Arbeitskräfte zu beschäftigen. Eine Folge davon ist, dass Kinder auf den Feldern unter nicht altersgerechten Bedingungen mitarbeiten müssen. Darüber hinaus sind die Kakao-anbauregionen zumeist entlegen und schlecht oder gar nicht er-schlossen. Schulen sind nicht überall vorhanden bzw. werden von den Kindern der Kakaobauern trotz Schulpflicht teilweise nicht be-sucht, da es an Geld für Lernmittel fehlt oder die Eltern die Kinder als Arbeitskraft auf ihrer Farm benötigen.

Kinderarbeit ist in Côte d’Ivoire und Ghana offiziell verboten. Dennoch gehen in Côte d’Ivoire laut einer Studie des Nationalen Statistikinstituts (INS 2013) fast 2 Millionen Kinder im Alter von 5–17 Jahren branchenübergreifend wirtschaftlichen Aktivitäten nach, mehr als die Hälfte in ländlichen Gebieten. Etwa 1,4 Millionen Kin-der sind branchenübergreifend von Kinderarbeit betroffen; 540.000 Kinder davon gemäß Definition von gefährlicher Kinderarbeit.5

4 Demystifying the Cocoa Sector in Côte d’Ivoire and Ghana. KIT. 20185 Institut National de la Statistique Côte d‘Ivoire, Enquête nationale sur la situation de l‘emploi et du travail des enfants, 2014

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Der 6. Ghana Living Standards Survey (GLSS 6) berichtet, dass in Ghana fast 2,5 Millionen Kinder im Alter von 5–17 Jahren branchen-übergreifend wirtschaftlichen Aktivitäten nachgehen, davon mehr als die Hälfte in ruralen Gebieten. Etwa 1,9 Millionen Kinder sind branchenübergreifend von Kinderarbeit betroffen; 1,2 Millionen Kinder davon gemäß Definition von gefährlicher Kinderarbeit.6

Die Entwicklung von Kinderarbeit in den unterschiedlichen For-men untersuchte die Tulane Universität im Juli 2015 in der Studie Survey Research on Child Labor in West African Cocoa Growing Areas.7 Finanziert wurde die Studie durch das US-Arbeitsministerium. Sie präsentiert Daten für das Kakao-Erntejahr 2013/14 in Côte d’Ivoire und Ghana. Die Daten wurden mit früheren Umfragen aus dem Jahr 2008/09 verglichen. Die Studie zeigt, dass die Zahl der 5– bis 17-jährigen Kinder, die von Kinderarbeit betroffen sind und die im Kakaoanbau in Côte d‘Ivoire und in Ghana arbeiten, im Zeitraum von 2008/09 bis 2013/14 von 1,82 Millionen auf 2,26 Millionen gestiegen ist. Die wesentlichen Studienergebnis-se beziehen sich auf die gefährliche Arbeit, wie sie im ILO-Ab-kommen 182 Artikel 3 (siehe Anhang) definiert ist. Die Zahl der Kinder, die im Kakaosektor gefährlicher Arbeit ausgesetzt sind, stieg laut der Studie von 1,72 Millionen auf 2,03 Millionen. Trotz Anstrengungen der ivorischen Regierung und weiterer Akteure im Kakaosektor wurden diese Steigerungen insbesondere durch den starken Anstieg der Kakaoproduktion in beiden Ländern (+40 % in Côte d’Ivoire und +30 % in Ghana) im entsprechenden Zeitraum hervorgerufen. In gleichem Maß hat die Zahl der Kakaobauern und -bäuerinnen insgesamt zugenommen. Positiv wird in der Studie hervorgehoben, dass sich der Zugang zu Bildung für die im Kakao arbeitenden Kinder verbessert hat.

6 Ghana Statistical Service, National Child Labour Survey: Ghana Living Standards Survey Round 6 (GLSS6) - Child Labour, 20147 Survey Research on Child Labor in West African Cocoa Growing Areas; Table 14, Tulane University Final Report, 2015

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In Côte d’Ivoire stieg der Anteil der Kinder, die eine Schule besu-chen, von 59 % auf 71 %, in Ghana von 91 % auf 96 %. Die Tulane University und die Walk Free Foundation veröffentlichten im September 2018 die Studie Bitter Sweets – Prevalence of Forced Labour & Child Labour in the Cocoa Sectors of Côte d‘Ivoire & Ghana. Anhand von Umfragen in Côte d’Ivoire (920 Erwachsene und 664 Kinder) und Ghana (907 Erwachsene und 715 Kinder) im Zeitraum August bis November 2017 wird die Zahl 10– 17-jähriger Kinder im Kakaosektor, die Kinderarbeit ausgesetzt sind, auf 891.500 in Côte d’Ivoire und auf 708.400 in Ghana geschätzt.8

Aus dieser Studie geht hervor, dass die Mehrheit der befragten Kinder eine Schule besucht: 88,4 % in Côte d’Ivoire und 99,5 % in Ghana. Weiterhin führt die Studie die Formen gefährlicher Kinder-arbeit auf. Diese sind vor allem die Arbeit mit scharfen Gegen-ständen (Côte d’Ivoire: 79 %, Ghana: 71 %) und das Tragen von schweren Lasten (Côte d’Ivoire 68 %, Ghana 80 %).9

8 Hinweis: Diese Studie umfasst nur Kinder im Alter von 10 bis 17 Jahren. Im Ver-gleich dazu umfasst die Studie der Tulane University aus dem Jahr 2015 Kinder im Alter von 5 bis 17 Jahren. 9 Tulane University and Walk Free Foundation, Bitter Sweets: Prevalence of Forced Labour & Child Labour in the Cocoa Sectors of Côte d‘Ivoire & Ghana, 2018

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Internationale Abkommen gegen Kinderarbeit

Eine Vielzahl von nationalen und internationalen Abkommen und von Initiativen und Projekten aus der Privatwirtschaft hat es sich zur Aufgabe gemacht, die schlimmsten Formen der Kinderarbeit im Kakaosektor abzuschaffen. Mit den bisherigen Initiativen ist es bislang nicht ausreichend gelungen, die Kakaobauernfamilien aus der Armut zu holen und damit der Hauptursache von Kinderarbeit wirksam zu begegnen.

Harkin-Engel-Protokoll Im September 2001 unterzeichneten Vertreter der Schokoladen- und Kakaowirtschaft eine Vereinbarung, zur Bekämpfung von Kinderarbeit in der Lieferkette. Dabei sicherten sie zu, bis zum Jahr 2005 die schlimmsten Formen der Kinderarbeit zu beenden. Das in Zusammenarbeit mit der ivorischen, ghanaischen und der US-amerikanischen Regierung, insbesondere dem US-amerika-nischen Senator Tom Harkin und dem Abgeordneten Eliot Engel, ausgearbeitete Abkommen wird als Harkin-Engel-Protokoll be-zeichnet. Es schreibt einen umfassenden sechsteiligen Problem-lösungsansatz sowie einen zeitgebundenen Prozess vor, um die schlimmsten Formen der Kinderarbeit im Kakaoanbau zu elimi-nieren. Um die Bestrebungen zu konkretisieren und den Prozess nach der Unterzeichnung 2001 voranzubringen, wurde im Jahr 2010 ein Aktionsrahmen zur Unterstützung der Umsetzung des Harkin-Engel-Protokolls vereinbart. Die Industrie und die Regie-rungen vor Ort bekräftigten in einer gemeinsamen Erklärung ihr Engagement, die schlimmsten Formen der Kinderarbeit bis zum Jahr 2020 um 70 % zu reduzieren. Die beiden Hauptproduktions-länder haben nationale Maßnahmen dazu ergriffen.

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Agenda 2030 zur nachhaltigen Entwicklung Die internationale Staatengemeinschaft hat die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung auf der 70. UN-Generalversammlung am 25. September 2015 in New York verabschiedet. Darauf basierend wurden 17 Sustainable Development Goals (SDGs) formuliert, die einer nachhaltigen Entwicklung auf ökologischer, ökonomischer und sozialer Ebene dienen sollen. SDG 8 mit dem Titel „Gute Arbeitsplätze und wirtschaftliches Wachstum“ zielt mit seinen Unterzielen auf die Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit ab.

SDG 8.7 Sofortige und wirksame Maßnahmen ergreifen, um Zwangsarbeit abzuschaffen, moderne Sklaverei und Menschenhandel zu beenden und das Verbot und die Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit, einschließlich der Einziehung und des Einsatzes von Kindersoldaten, sicherstellen und bis 2025 jeder Form von Kinderarbeit ein Ende setzen.

MENSCHENWÜRDIGEARBEIT UNDWIRTSCHAFTS-WACHSTUM

Hieraus entstand der Zusammenschluss Allianz 8.7 mit dem Ziel, nationale Regierungen dabei zu unterstützen, das Ziel (SDG 8) bis zum Jahr 2025 zu erreichen.

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Initiativen der Produktionsländer

Afrika ist der Kontinent mit dem höchsten Anteil an Kinderarbeit, sowohl relativ als auch in absoluten Zahlen. Gemäß Schätzungen der ILO leben fast 50 % der von Kinderarbeit betroffenen Kinder in Afrika. Dies entspricht 72 Millionen Kindern im Alter von 5 bis 17 Jahren, 62 Millionen dieser Kinder sind in der Landwirtschaft tätig.10

In Côte d’Ivoire und in Ghana ist Kinderarbeit offiziell verboten.

In Côte d‘Ivoire wurde der Gesetzesrahmen zu Kinderarbeit seit 2010 kontinuierlich verbessert. Das Comité National de Surveillan-ce des Action de Lutte contre la Traite, L’Exploitation et le Travail des Enfants (CNS) wurde zur Bekämpfung der Kinderarbeit einge-richtet. Schirmherrin ist die Première Dame Dominique Ouattara. Seit 2012 hat das CNS aufeinanderfolgende Nationale Aktionsplä-ne gegen Kinderarbeit entwickelt. Diese umfassen Kampagnen zur Sensibilisierung der Bevölkerung, Aktionen gegen Menschenhan-del im Kakaosektor und weitere Maßnahmen. Ein 2015 verab-schiedetes Gesetz regelt die Schulpflicht von Kindern im Alter von 6 bis 16 Jahren. Die Bildungsinfrastruktur wird nach politischen Unruhen im Zeitraum 2010/2011 derzeit wieder aufgebaut. Mit der Verabschiedung einschlägiger Gesetze und Dekrete konnte der rechtliche Rahmen zur Bekämpfung von Kinderarbeit ge-stärkt werden. Eine weitere Organisation ist die Stiftung Children of Africa, die ebenfalls unter der Schirmherrschaft von Madame Ouattara steht. Die Stiftung hat zum Ziel, die Bildung, Gesundheit und soziale Sicherheit der ivorischen Kinder zu verbessern.

10 Global Estimates of Child Labour: Results and trends (2012–2016), ILO, 2017

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In Ghana genehmigte die Regierung im Jahr 2010 eine erste Phase (2009–2015) des Nationalen Aktionsplans zur Beseitigung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit in Ghana, um die technischen Kapazitäten der Verantwortlichen zu stärken, das öffentliche Bewusstsein zu schärfen, die Partner zu mobilisie-ren, die lokalen Gemeinschaften zu stärken und die betroffenen Kinder zu unterstützen.11 Die zweite Phase (2017–2021) baut auf den Ergebnissen und Erfahrungen der ersten Phase auf. Der Schwerpunkt liegt auf der Mobilisierung weiterer Ressourcen, auf Maßnahmen in den lokalen Gemeinschaften und auf der Stärkung einer qualitativ hochwertigen Bildung und der Verbesserung des Schulbesuchs.12

Für eine wirksame Umsetzung des Aktionsplans hat die Regierung institutionelle Vereinbarungen getroffen, zu denen die Einrichtung des nationalen Lenkungsausschusses für Kinderarbeit gehört. Dieser ist zuständig für Leit- und Koordinierungsaufgaben und die Umsetzung des nationalen Programms. Bisher haben 36 Institutionen, darunter Regierungsinstitutionen, Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen sowie zivilgesellschaftliche Organisationen, ein Memorandum of Understanding (MoU) zur Zusammenarbeit mit weiteren Partnern für die effektive Umset-zung unterzeichnet. Darüber hinaus hat die Regierung mehrere soziale Schutzmaßnahmen und Interventionen eingeleitet, um das Wohlergehen von Kindern und ihren Familien zu verbessern. Dazu gehören die Bereitstellung von kostenlosen Lehrbüchern, Schulspeisungsprogramme für Schulkinder und Programme zur Unterstützung des Lebensunterhaltes.

11 National Plan of Action (NPA) for the Elimination of the Worst Forms of Child Labour in Ghana (2009 – 2015), 200912 National Plan of Action, Phase II (NPA2), For the Elimination of the Worst Forms of Child Labour in Ghana (2017 – 2021), 2017

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Beitrag des Forum Nachhaltiger Kakao

Die Herausforderungen bei der Bekämpfung von missbräuch-licher Kinderarbeit im Kakaosektor sind nach wie vor groß. Das Forum Nachhaltiger Kakao bündelt die Erfahrungen seiner Mit-glieder und entwickelt Strategien und Lösungsansätze gemein-sam mit den Produzentenvertretungen, den Regierungen in den Anbauländern und internationalen Akteuren im Kakaosektor. Die einzelnen Mitgliedsgruppen des Forum Nachhaltiger Kakao, die Bundesregierung (vertreten durch das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), die deutsche Süßwarenindustrie, der deutsche Lebensmittelhandel und die Zivilgesellschaft, setzen sich, wie im Einzelziel 6 verein-bart, gezielt dafür ein, missbräuchliche Kinderarbeit zu bekämp-fen. Eine Auswahl der Aktivitäten der Mitglieder wird im Folgen-den dargestellt.

Initiative der Bundesregierung

Am 21. Dezember 2016 hat die Bundesregierung den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) im Bundes-kabinett verabschiedet. Damit erklärt die Bundesregierung ihre Erwartung, dass Unternehmen die menschenrechtliche Sorgfalts-pflicht einhalten und die Menschenrechte entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungsketten achten. Den Vorsitz zur Erstellung des NAP hatte das Auswärtige Amt, beteiligt waren unter anderem das BMEL und das BMZ. Die in dem Aktionsplan genannte Sorg-faltspflicht orientiert sich an den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen, die 2011 einstimmig im Menschenrechtsrat nach sechsjährigem Forschungs- und Konsul-

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tationsprozess beschlossen wurden. Der NAP soll die Umsetzung der Leitprinzipien in Deutschland voranbringen und eine verant-wortliche Weltwirtschaft sicherstellen. Unter dem Punkt „Staat-liche Pflicht und gesellschaftliche Verantwortung zum Schutz der Menschenrechte“ werden die Abschaffung von Kinderarbeit und die Zusammenarbeit in Multiakteurs-Initiativen explizit genannt.

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Initiativen der Privatwirtschaft

International Cocoa InitiativeDie International Cocoa Initiative (ICI) wurde 2002 vor dem Hinter-grund des Harkin-Engel-Protokolls gegründet. Die Stiftung ist eine Multistakeholder-Plattform unter Beteiligung der Industrie, der Zivilgesellschaft und der Regierungen von Côte d’Ivoire und Ghana. Die größten Kakaoverarbeiter und Schokoladenhersteller haben sich der Initiative angeschlossen. Sie verfolgt das Ziel, eine bessere Zukunft für Kinder sicherzustellen und zur Bekämpfung der Kinderarbeit in den Kakaoanbauregionen beizutragen. ICI ist seit 2007 in Ghana und Côte d’Ivoire tätig und arbeitet auf vier Ebenen: mit der Gemeinde, der Lieferkette, auf nationaler und auf internationaler Ebene. Die Zusammenarbeit innerhalb der Lieferkette, Sensibilisierung und Capacity Building der Akteure sowie eine auf dem Wohl der Kinder beruhende Gemeindeent-wicklung und die Stärkung der Einkommen der Frauen stehen im Fokus. Ein wichtiges Instrument innerhalb der Strategie von ICI ist das gemeinsam mit Nestlé im Jahr 2012 entwickelte Child Labour Monitoring and Remediation System (CLMRS). Das Monitoring and Remediation System stützt sich auf Ansprechpartner und mobi-le Datensysteme. ICI bearbeitet und analysiert die gemeldeten Verstöße, um entsprechende Abhilfemaßnahmen und Vorkeh-rungen zusammen mit der Gemeinde bereitzustellen und diese dann gemeinsam mit lokalen Institutionen in der betreffenden Gemeinde zu implementieren. Im Anschluss wird die Entwicklung des jeweiligen Kindes weiterverfolgt, um den anhaltenden Erfolg sicherzustellen. Bis heute wurden mehr als 4.000 Fälle von Kinder-arbeit identifiziert und Maßnahmen zur Abhilfe umgesetzt. Bis 2018 erreichte ICI im Rahmen des CLMRS gemeinsam mit den beteiligten Unternehmen 149 Bauerngruppen und 112.840 Bauern. 24.973 arbeitende Kinder wurden identifiziert und

13 International Cocoa Initiative, Annual Report 2017 und 2018

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23.666 Abhilfemaßnahmen durchgeführt, die 16.297 Kindern zu-gute kamen.13 Nestlé hat sich dazu verpflichtet, CLMRS in allen im Nestlé Cocoa Plan beteiligten Bauernkooperativen in Côte d‘Ivoire und Ghana einzuführen. Alle an CocoaAction beteiligten Unter-nehmen wie Barry Callebaut – Forever Chocolate, Cargill – Cocoa Promise, Mars – Cocoa for Generations, Mondelez – Cocoa Life, OLAM – Livelihood Charter und Ferrero14 folgten dem Beispiel und haben CLMRS in ihre Projekte integriert.

World Cocoa Foundation – CocoaAction StrategieDie im Jahr 2000 gegründete World Cocoa Foundation (WCF) ist ein gemeinnütziger Zusammenschluss von mehr als 100 Unter-nehmen entlang der Kakao-Wertschöpfungskette. Die gemeinsa-me CocoaAction-Strategie wird von neun Mitgliedsunternehmen der WCF (Barry Callebaut, Blommer, Cargill, Ferrero, The Hershey Company, Mars, Mondelez International, Nestlé, Olam) in Westafrika umgesetzt. Dies umfasst die Unterstützung der Dorfgemeinschaf-ten in den Kakaoanbauregionen und die Schulausbildung der dortigen Kinder. Zudem soll die Produktivität der Farmen gestei-gert werden. CocoaAction beinhaltet im Rahmen ihres Community Packages eine Richtlinie, die zu einer Erhöhung der Schutzvor-kehrungen für Kinder und einer signifikanten Reduzierung der Kinderarbeit beitragen soll. Als wichtiges Instrument dienen das Child Labour Monitoring and Remediation System (CLMRS) und die Child Protection Committees (CPC) in den Gemeinden.

14 Aufgeführt: Mitglieder des Forum Nachhaltiger Kakao aus der Gruppe Süßwaren-industrie, die Partner von CLMRS sind. Aus den Reihen des Forums sind außerdem Mitglied: Fairtrade und Rainforest Alliance. Eine komplette Liste der Partner findet sich hier: https://cocoainitiative.org/about-ici/our-partners/industry-members/

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Kakao aus zertifiziertem Anbau

Die wichtigsten Standards im Kakaoanbau (Fairtrade, Rainforest Alliance Certified/UTZ Certified) machen die Einhaltung der ILO-Übereinkommen 138 und 182 zur Voraussetzung einer Zerti-fizierung. Damit leisten die Standards einen wichtigen Beitrag, um Kakaobauern und -bäuerinnen und Käufer für die Proble-matik von Kinderarbeit zu sensibilisieren. Zertifizierungssysteme können schlimmste Formen der Kinderarbeit in Westafrika zwar nicht ausschließen, sie unterstützen jedoch systematisch die Aufdeckung bzw. Unterbindung. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Prävention und Aufklärung: Schlimmste Formen der Kinderarbeit sollen verhindert werden, bevor sie überhaupt entstehen. So sind Produzentenorganisationen verpflichtet, das Risiko für schlimms-te Formen der Kinderarbeit abzuschätzen und, wo nötig, Vorkeh-rungen zu ergreifen. Dies kann unter anderem der Aufbau eines Überwachungs- und Abhilfesystems durch Produzentenorgani-sationen oder dörfliche Gemeinschaften sein, ähnlich dem Child Labor Monitoring and Remediation System (CLMRS).

Alle Zertifizierungsorganisationen legen darüber hinaus Wert dar-auf, dass Maßnahmen zur Bekämpfung der schlimmsten Formen der Kinderarbeit von Produzentenorganisationen vor Ort selbst entwickelt und verantwortet werden. Sie unterstützen diese Maß-nahmen durch Training und Vermittlung von Fachwissen vor Ort und arbeiten außerdem mit Nichtregierungsorganisationen und der Privatwirtschaft eng zusammen. Weiterhin fördern sowohl Fairtrade als auch Rainforest Alliance gezielt Frauen innerhalb von Kakaoanbaugemeinden, um so eine Verbesserung der Lebensbe-dingungen für die gesamte Familie zu erreichen und die Position der Frauen zu stärken.15,16 Viele Unternehmen aus der deutschen Süßwarenindustrie, die sich auch im Forum Nachhaltiger Kakao engagieren, beziehen und verarbeiten zertifizierten Kakao.

15 Fairtrade: Stärkung der Frau durch fairen Handel (in German) / Blog 3/2018: Six-ways-Fairtrade-is-empowering-women16 UTZ: Celebrating the women who grow our cocoa

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2018 lag der Anteil des nach Nachhaltigkeitsstandards zertifizier-ten oder gleichwertig unabhängig verifizierten Kakaos in den in Deutschland verkauften Süßwaren bei 62 % (bezogen auf Mitglie-der des Forum Nachhaltiger Kakao bei 65 %). Im Jahr 2011 waren es erst 3 %.

Auch Handelsunternehmen sind aktiv und haben mit eigenen Programmen ihre Marken gestärkt. Die im Forum Nachhaltiger Kakao engagierten Handelsunternehmen (Aldi Nord, Aldi Süd, Edeka, Lidl, Rewe Group und Tegut) haben sich verpflichtet, ihre kakaohaltigen Eigenmarkenartikel in Deutschland zu 100 % auf Basis von zertifiziertem Kakao zu verkaufen. Alle Unternehmen, die zertifizierten und oder nachhaltig verifizierten Kakao beziehen und verarbeiten, leisten auch einen Beitrag zur Unterbindung von Kinderarbeit.

In einem Multistakeholder-Prozess mit vielen weiteren Akteuren entlang der Kakao-Wertschöpfungskette arbeiten Mitglieder des Forum Nachhaltiger Kakao am weltweiten Standard EN ISO 34101 Nachhaltiger und rückverfolgbarer Kakao, der im Mai 2019 ver-öffentlicht wurde. Im EN ISO 34101-2 ist im Kapitel zu sozialen Anforderungen die Bekämpfung der schlimmsten Formen von Kinderarbeit ein zentraler Bestandteil.

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Initiativen der Zivilgesellschaft

Zivilgesellschaftliche Organisationen wie die Hamburger Stiftung für Wirtschaftsethik, das INKOTA-netzwerk, die Schülerinitiative SCHOKOFAIR – Stoppt Kinderarbeit und das Südwind-Institut sen-sibilisieren mit Kampagnen, öffentlichen Auftritten, Ausstellungen, Veranstaltungen und wissenschaftlichen Studien Verbraucherinnen und Verbraucher für die Problematik der Kinderarbeit im Kakao-anbau. Innerhalb des VOICE Network (Voice of Organizations in Cocoa in Europe) engagieren sich europäische Organisation der Zivilgesellschaft und Gewerkschaften (u.a. das INKOTA-netzwerk und das Südwind-Institut) gemeinsam, um auf Nachhaltigkeitsthe-men in der globalen Kakao-Lieferkette aufmerksam zu machen. Sie setzen sich u. a. dafür ein, dass Kakaobauernfamilien über ein existenzsicherndes Einkommen verfügen, um den Ursachen von Kinderarbeit entgegenzuwirken. Zudem fordern sie Gesetze zur Einhaltung und Einklagbarkeit von Menschenrechten entlang globaler Lieferketten. Weitere Organisationen wie die Jacobs Foundation sind aktiv in den Kakaoanbauländern und unterstützen Kinder dort beim Zugang zu Bildung.

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Ausblick

Bei der Betrachtung der verschiedenen Initiativen zur Bekämp-fung von Kinderarbeit wird deutlich, dass es nicht einfach ist, Ver-änderung zu erzielen. Gemeinsam mit der Bundesregierung und der ivorischen Regierung setzt das Forum Nachhaltiger Kakao das Projekt PRO-PLANTEURS um. 20.000 kakaoproduzierende Fami-lienbetriebe und ihre Kooperativen sollen in den südöstlichen Re-gionen der Côte d’Ivoire professionalisiert werden. Insbesondere Frauen sollen die Möglichkeit erhalten, ihr eigenes Einkommen zu erzielen bzw. zu verbessern, und durch weitere Anbaufrüchte eine bessere Nahrungsgrundlage für die Familien erreichen.

Das Forum Nachhaltiger Kakao arbeitet gemeinsam mit weiteren internationalen Akteuren an dem Lösungsansatz eines existenz-sichernden Einkommens (Living Income) für die Kakaobauernfamilien in Côte d’Ivoire und Ghana.

Weiterführende Informationen finden Sie auf unserer Homepage unter anderem im Bereich Studien & Reports. 

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Definition von KinderarbeitZu unterscheiden ist: Kinder in Beschäftigung, Kinderarbeit und schlimmste Formen der Kinderarbeit, von der gefährliche Kinderarbeit (hazardous child labor) eine Unterkategorie ist. Die Abgrenzungen der Begrifflichkeiten basieren auf Alter, Arbeitsdauer und Art und Weise der Tätigkeiten. Ausschlaggebend sind die Rechtsrahmen der einzelnen Länder. Grundlage für den Begriff der Kinderarbeit ist das ILO-Übereinkommen 138. Der Begriff „missbräuchliche Kinderarbeit“ wird im deutschen Sprachgebrauch häufig als Synonym zu „schlimmste Formen der Kinderarbeit“ verwendet und findet daher auch in diesem Hintergrundpapier Anwendung.

Kinderarbeit ist enger definiert als der Begriff Kinder in Beschäftigung. Kinderarbeit schließt alle Kinder aus, die älter als 12 Jahre sind und nur einige Stunden pro Woche eine erlaubte leichte Arbeit verrichten. Ebenfalls ausgeschlossen sind Kinder, die älter als 15 Jahre sind und deren Arbeit nicht als gefährlich eingestuft wird.17

Zu den schlimmsten Formen der Kinderarbeit (worst forms of child labor) gehören nach dem ILO-Übereinkommen 182, Artikel 3:18

• alle Formen der Sklaverei und alle Sklaverei-ähnlichen Praktiken (Kinderhandel, Schuld-knechtschaft, Leibeigenschaft, Zwangs- oder Pflichtarbeit, Zwangs- oder Pflichtrekrutie-rung für den Einsatz in bewaffneten Konflikten);

• das Heranziehen, Vermitteln oder Anbieten eines Kindes zur Prostitution, zur Herstellung von Pornografie oder zu pornografischen Darbietungen;

• das Heranziehen, Vermitteln oder Anbieten eines Kindes zu unerlaubten Tätigkeiten, insbesondere zur Gewinnung von und zum Handel mit Drogen, wie diese in den ein-schlägigen internationalen Übereinkünften definiert sind;

• (entspricht gefährlicher Kinderarbeit) Arbeit, die ihrer Natur nach oder aufgrund der Umstände, unter denen sie verrichtet wird, voraussichtlich für die Gesundheit, die Sicherheit oder die Sittlichkeit von Kindern schädlich ist.

Von Kindern verrichtete gefährliche Arbeit ist somit jede Tätigkeit oder Beschäftigung, die sich schädlich auf die Sicherheit, die körperliche oder seelische Gesund-heit oder die sittliche Entwicklung des Kindes auswirkt oder auswirken kann. Gefahren können auch von einer übermäßigen Arbeitsbelastung ausgehen – selbst dann, wenn eine Tätigkeit oder Beschäftigung als solche als nicht gefährlich gilt.

In Artikel 7 wird zudem auf die wirksame Durchführung und Durchsetzung des Überein-kommens hingewiesen. Besonders hervorgehoben wird die Umsetzung der Maßnahmen unter Berücksichtigung der Bedeutung der unentgeltlichen Schulbildung für die Beseitigung der Kinderarbeit.

Artikel 32 der UN-Kinderrechtskonvention konkretisiert Artikel 10 Nr. 3 Satz 2 des Inter-nationalen Paktes über wirtschaftliche und soziale Rechte (UN-Sozialpakt), der bestimmt, dass Kinder und Jugendliche vor wirtschaftlicher und sozialer Ausbeutung geschützt werden sollen. In Artikel 28 der UN-Kinderrechtskonvention wird weiterhin das Recht des Kindes auf Bildung festgeschrieben.19

17 ILO Convention No. 138, The Minimum Age, 197318 ILO Convention No. 182, Worst Forms of Child Labour Convention, 199919 UN Kinderrechtskonvention, Recht auf Bildung - Recht auf Schule, n.d.

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KINDERARBEIT IN WESTAFRIKA HINTERGRUND UND LÖSUNGSANSÄTZE 20

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