Kirchen info - Gesundheit & Soziales+file++... · Arbeitsgemeinschaft der MAVen in...
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Vereinte
Dienstleistungs-
gewerkschaft
Gesundheit, Soziale Dienste,
Wohlfahrt und Kirchen
Kirchen infoNr. 23 Sommer 2014
Nur wer mitmacht kann etwas verndern!
Foto: ver.di
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InhaltInhaltzum Kirchen.info Sommer 2014 3
Resolution der Bundeskonferenz der Arbeitsgemeinschaften und 4 Gesamtausschsse der Mitarbeitervertretungen im diakonischen Bereich:
Interview: Wir knnen viel erreichen 5
ver.di-Betriebsgruppe am Paul Gerhardt Stift in Wittenberg gegrndet 7 Wir werden ihnen unsere Thesen an die Tr schlagen
Alpenklinik Santa Maria in Oberjoch/Allgu: Standhafte ver.di-Betriebsgruppe 8
Dominikus-Ringeisen-Werk: Jetzt mit ver.di-Betriebsgruppe 9
Konflikt und Kooperation: Aktuelle Beschlsse der EKD und ver.di 10
Gemeinsame Tagung in Berlin: 16 Sozialpolitisch ziehen ver.di und Diakonie an einem Strang
Gefahr fr Gesundheit und Soziales: Das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU 17
Diakonisches Werk Hessen: Dritter Weg im dritten Anlauf gescheitert 18
Persnlicher Erfahrungsbericht: 19 Die angekndigte und nicht zu Ende gekommene Wahl zur ARK Hessen
Kirchengericht stellt klar: ACK-Klausel gilt nicht 21 fr den Gesamtausschuss des Diakonischen Werks in Hessen und Nassau
Tarifvertrag ffentlicher Dienst: Diakonie Wrttemberg sagt Danke 22
Diakonie in Thringen: Nichtchristen haben weniger Rechte 23
Diakonie Wrttemberg: 23 bernahme des Tarifvertrags Sozial- und Erziehungsdienst verweigert
Nordkirche: Kndigt ver.di den Grundlagentarifvertrag? 24
Caritas und Grundordnung: War da was? 25
Grundordnung der Katholischen Kirche: Randnotizen aus gegebenem Anlass 27
Impressum:
ver.di Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
V.i.S.d.P.: Sylvia Bhler, ver.di Bundesvorstand
Briefe an die Redaktion: ver.di BuV, Ressort 9, Paula-Thiede-Ufer 10, 10179 Berlin e-mail: [email protected]
Redaktionsteam: Uta von Schrenk, Herbert Deppisch, Erich Sczepanski, Erhard Schleitzer, Berno Schuckart-Witsch
Redaktionsschluss nchste Ausgabe: 15. September 2014
Layout: Andreas Hesse Druck: Druckerei Bunter Hund
W-2872-13-0514
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3Kirchen .info Nr. 23 Sommer 2014
wir haben mal wieder viel zusammengetragen an Nach-richten und Informationen aus kirchlichen Betrieben und darber hinaus: Nachdenkenswertes, rgerliches, aber auch Erfreuliches, ja Mutmachendes. Zu letzterem gehren die Berichte aus den bayerischen Voralpen. Richtig gelesen: Dort gibt es neue und standhafte ver.di-Betriebsgruppen in Caritas-Einrichtungen. Des-halb sind die Berichte ganz vorn in diesem Kirchen.info zu lesen. Gleich nach dem Interview mit Annette Klausing, der ver.di-Verhandlungsfhrerin fr einen Diakonie-Tarifvertrag in Niedersachsen. Beide Ereignisse sind nicht zu unterschtzen. Sie gehren zusammen, denn ohne aktive Gewerkschaftsgruppen keine Tarif-vertrge mit guten Lhnen und Arbeitszeiten. Das ist gelebte Demokratie.
zum Kirchen.info Sommer 2014
Liebe Leserinnen, liebe Leser, Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Kurz vor Redaktionsschluss kam diese Meldung herein: Im evangelischen Krankenhaus Paul Gerhard Stift in Lutherstadt Wittenberg hat sich die erste ver.di-Be-triebsgruppe in Mitteldeutschland gegrndet. Noch besser: Am Tag der Pflege, am 12. Mai, mobilisierte die ver.di-Gruppe erfolgreich rund hundert Kolleg/innen. Das fanden wir richtig gut, deshalb schmckt ein Foto von dieser Aktion die Titelseite dieser Ausgabe.
Wir freuen uns ber die neuen Kolleginnen und Kol-legen. Allen, neuen wie alten, ver.di-Mitstreiter/innen wnschen wir erfolgreiche gewerkschaftliche Arbeit!
Eure Kirchen.info-Redaktion
Aktionstag Pflege am Boden Paul Gerhard Stift, Lutherstadt WittenbergAktionstag Pflege am Boden Paul Gerhard Stift, Lutherstadt Wittenberg Foto: ver.diFoto: ver.di
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Marburger Bund auf der anderen Seite aufeinander zu bewegt. Zuknftig wird es dort Tarifvertrge fr die Beschftigten der Diakonie geben, die auf Augenhhe ausgehandelt worden sind und die Mglichkeit erff-nen durch Einbeziehung anderer Wohlfahrtsverbnde zu einem 'Tarifvertrag Soziales' zu kommen. Dieser kann dann fr allgemeinverbindlich erklrt werden und den Kostenwettbewerb zu Lasten der Beschftigten endlich beenden.
Die Bundeskonferenz fordert deshalb: Keine neue Besetzung der Arbeitsrechtlichen
Kommission Diakonie Deutschland Den Abschluss von Tarifvertrgen fr alle
Beschftigten in der DiakonieSpringe, im April 2014
Gezeichnet:
Florian Wolf und Daniel Wenk, Gesamtausschuss der MAVen im DW BadenKarin Janneck, Gesamtausschuss der MAVen im DW BremenMichael Imbusch, Arbeitsgemeinschaft der MAVen im DW HamburgHans Appel, Gesamtausschuss der MAVen im DW Hessen-NassauImke Ropel, Gesamtausschuss der MAVen im DW Kurhessen- WaldeckEdda Busse und Manfred Quentel, Gesamtausschuss der MAVen im DW der Ev. Kirche in MitteldeutschlandLothar Germer, Arbeitsgemeinschaft der MAVen in NiedersachsenMichael Hemmerich und Werner Mller, Gesamtausschuss der MAVen im DW der PfalzHans-Jrgen Piest, Arbeitsgemeinschaft der MAVen in Schleswig-HolsteinWiltrud Karbe und Max Jalaly, Arbeitsgemeinschaft der MAVen in WestfalenSonja Gathmann, Arbeitsgemeinschaft der MAVen in WrttembergSiegfried Lhlau, Gesamtmitarbeitervertretung im CJD
Die Evangelische Kirche und mit ihr die Diakonie ver-suchen weiterhin mit allen Mitteln, den gescheiterten sogenannten Dritten Weg der Arbeitsrechtssetzung gegen alle Widrigkeiten zu bewahren. In der weiterhin beanspruchten Sonderstellung der Kirchen im Arbeits-recht verwirklicht sich jedoch kein christlicher Wert, es manifestiert sich kein hheres Ma an Gerechtigkeit, Geschwisterlichkeit, Friedfertigkeit und gegenseitiger Wertschtzung. Vielmehr werden de facto die Rechte der Beschftigten gemindert und eingeschrnkt.
Die Dienstgemeinschaft als Schlsselbegriff der "besonderen" Arbeitsbeziehungen hat keine eigene kirchliche Herkunft, weder als Glaubensbegriff noch als Sozialverbund, noch als Handlungsnorm. Er ist viel-mehr ein arbeitsrechtliches Erbe des Nationalsozialismus (Hermann Lhrs in der Evangelischen Zeitung vom 12.1.2014).
Das Festhalten an dem von den Beschftigten der Diakonie nicht akzeptierten Verfahren der Arbeits-rechtssetzung steht im Widerspruch zu den von der EKD immer wieder postulierten Werten und gefhrdet die Glaubwrdigkeit von Kirche und Diakonie. Tarifver-trge hingegen ermglichen eine faire Konfliktlsung und erffnen die Option fr einen Branchentarifvertrag Soziales, mit dem die Lohnkonkurrenz zwischen den Anbietern der Sozialbranche aufgehoben werden kann.
Die Gewerkschaften sind ein strategischer Partner der Kirchen und ihrer Diakonie bei der Gestaltung der Zukunft. Diese Partnerschaft schliet Auseinanderset-zungen ber die Arbeitsbedingungen ein. Sie beein-trchtigt die kirchliche Selbstbestimmung nicht.
Das Arbeitsrechtsregelungsgrundstzegesetz der Evangelischen Kirche Deutschland (ARGG-EKD), die neue Ordnung fr die Arbeitsrechtliche Kommission (ARK) Diakonie Deutschland und die nun erlassene Ent-sendeordnung sind kein Schritt hin zu mehr Demokratie und Teilhabe. Sie bieten der Arbeitnehmerseite keinerlei Verbesserungen substanzieller Rechte, nicht Partner-schaft und Kooperation, Paritt und faire Konfliktre-gelung. Sie ermglichen den Gewerkschaften nicht im Mindesten eine "koalitionsgeme" gewerkschaftliche Beteiligung wie vom Bundesarbeitsgericht gefordert.
Dass es auch anders geht, wurde jetzt in Nie-dersachsen deutlich. Dort haben sich Kirche und Dia-konie auf der einen und die Gewerkschaften ver.di und
Resolution der Bundeskonferenz der Arbeitsgemeinschaften und Gesamtausschsse der Mitarbeitervertretungen im diakonischen Bereich:
Fr eine faire und gerechte ArbeitsrechtssetzungFr eine faire und gerechte Arbeitsrechtssetzung Fr angemessene Lhne und GehlterFr angemessene Lhne und Gehlter Fr Tarifvertrge in der Diakonie Fr Tarifvertrge in der Diakonie
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trieben und bei Mitgliederversammlungen. Ohne dem vorgreifen zu wollen, vermute ich, dass sich die Lohn-forderung am Tarifabschluss des ffentlichen Dienstes orientieren wird.
Die bereits unterschriebene Vereinbarung sieht bei Streitigkeiten ein verbindlich durchzufhren-des Schlichtungsverfahren vor. Wie sieht dieses aus?Es soll zwei Schlichter geben, die von jeweils einer Seite benannt werden. Diese sollen im Konfliktfall zunchst moderierend eingreifen. Kommt dennoch keine Eini-gung zustande, beginnt ein zweistufiges Schlichtungs-verfahren. Das Besondere daran: In der zweiten Stufe hat die Arbeitnehmerseite ein leichtes bergewicht, so dass wir nicht berstimmt werden knnen. Freilich steht ein Schlichterspruch unter dem Vorbehalt der Zu-stimmung der Tarifparteien.
Die Kirche bestreitet nach wie vor das Streikrecht ihrer Beschftigten. Was sagt die in Niedersachsen getroffene Vereinbarung darber aus?Nichts. Das Prozedere der Tarifverhandlungen wird so sein, dass sich Arbeitskmpfe vermutlich vermeiden las-sen. Sollten wir dennoch an einen Punkt kommen, an dem weder in den Verhandlungen noch in der Schlich-tung ein Kompromiss gefunden wurde, werden wir im Einzelfall prfen, ob wir in den Arbeitskampf gehen knnen. Das heit: Ob wir es aus juristischer Sicht dr-fen, und ob die Mobilisierungsbereitschaft der Beschf-tigten dafr ausreicht. Ich schliee einen Arbeitskampf jedenfalls nicht grundstzlich aus. Denn das Streikrecht gilt fr alle Beschftigten dabei bleiben wir.
Die abgeschlossene Sozialpartnerschaft zwischen ver.di und der Diakonie Niedersachsen ist weg-weisend und Basis fr die derzeitigen Tarifver-handlungen. Ein Gesprch mit Annette Klausing, der zustndigen ver.di-Verhandlungsfhrerin
Kirchen.info: ver.di hat mit der Evangelischen Kir-che und dem Diakonischen Werk in Niedersachsen eine Grundsatzvereinbarung ber eine soziale Partnerschaft unterzeichnet. Ist das bereits der seit langem angestrebte Tarifvertrag?Nein. Wir haben mit der Vereinbarung aber die Grund-lage fr einen regulren Tarifvertrag geschaffen. Wir haben uns darin auf gemeinsame Ziele und ein Proze-dere verstndigt, wie Konflikte gelst werden knnen. Klar ist, dass wir einander als Tarifparteien auf Augen-hhe gegenbertreten wollen.
Das heit, ber Lohn- und Arbeitszeitfragen wurde noch nicht gesprochen?Die materiellen Tarifverhandlungen finden jetzt statt. Zunchst einmal geht es darum, die bisher geltenden Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) in einen Tarifvertrag zu transformieren. Unmittelbar nachdem es hierzu eine Einigung gibt, steigen wir in die Entgeltverhandlungen ein. Ich hoffe, dass im Sommer zu beiden Themen Er-gebnisse vorliegen.
Was will ver.di fr die rund 37.000 Beschftigten der niederschsischen Diakonie an materiellen Verbesserungen rausholen?Die konkreten Ziele wird die Tarifkommission beschlie-en, nach entsprechenden Diskussionen in den Be-
Interview:
Wir knnen viel erreichen Wir knnen viel erreichen
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Ein Problem in der Diakonie ist bislang, dass Einrichtungen Vereinbarungen oftmals schlicht ignorieren. Ist das auch in Niedersachsen zu be-frchten?Die niederschsische Diakonie ist schon um Verbindlich-keit bemht. Sie plant eine Satzungsnderung, die den Einrichtungen eine Mitgliedschaft im Arbeitgeberver-band vorschreibt. Das soll zu einer hohen Verbindlich-keit beitragen. Man kann allerdings nicht ausschlieen, dass einige schwarze Schafe den Tarifvertrag dennoch nicht anwenden. Die Praxis muss erweisen, ob die vereinbarten Regelungen nun auch tatschlich flchen-deckend umgesetzt werden.
Der Vereinbarung sind langjhrige Auseinander-setzungen vorausgegangen. Was hat den Aus-schlag dafr gegeben, dass es schlielich doch zu einer Einigung gekommen ist?Entscheidend war die Geschlossenheit und Beharr-lichkeit der Beschftigtenseite. Wir haben ber einen langen Zeitraum sehr viele Aktionen gemacht und ge-meinsam fr einen Tarifvertrag gestritten. Der Arbeitge-ber hat niemanden mehr gefunden, der im Rahmen des Dritten Weges kircheninterner Lohnfindung die Rolle des Verhandlungspartners bernehmen wollte. Letztlich haben Kirche und Diakonie deshalb eingesehen, dass sie das Arbeitsrecht der Beschftigten nur gemeinsam mit den Gewerkschaften regeln knnen. Beschleunigt hat diesen Prozess womglich das Urteil des Bundes-arbeitsgerichts vom November 2012, das die Einbezie-hung der Gewerkschaften explizit gefordert hat.
Hinzu kommt die Erkenntnis, dass Tarifregelungen fr kirchliche Trger auch von Nutzen sein knnen. Ein allgemeinverbindlicher Tarifvertrag zum Beispiel in der Altenpflege kann die Dumpingkonkurrenz beenden, die letztlich allen schadet.
Ist ein solcher Tarifvertrag nach der Einigung mit der Diakonie in Niedersachsen nun realistisch?Ja. Hierbei knnte uns das Vorhaben der Bundesregie-rung helfen, das Zustandekommen allgemeinverbind-licher Tarifvertrge zu erleichtern. Bisher war hierfr ntig, dass die Regelungen fr mindestens 50 Prozent der Beschftigten in der jeweiligen Branche gelten. Jetzt heit es, das Kriterium fr die Allgemeinverbind-lichkeitserklrung knnte sein, ob ein ffentliches Inte-resse daran besteht. Insbesondere in der Pflege steht das vor dem Hintergrund der demographischen Ent-wicklung und des drohenden Fachkrftemangels wohl auer Frage.
Welche Bedeutung hat die in Niedersachsen ge-troffene Vereinbarung aus bundesweiter Perspek-tive?Ich wnsche mir, dass sie fr die Beschftigten ermu-tigend wirkt, dass sie sehen: Wenn man geschlossen auftritt und einen langen Atem hat, kann man viel erreichen. Welchen Effekt die Vereinbarung auf Arbeit-geberseite haben wird, wei ich nicht. Ich hoffe, dass zumindest Einige ins Nachdenken geraten.
Interview: Daniel Behruzi
Aktionstag Pflege am Boden Paul Gerhard Stift, Lutherstadt Wittenberg Foto: ver.di
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ver.di-Betriebsgruppe am Paul Gerhardt Stift in Wittenberg gegrndet
Wir werden ihnen unsere Thesen Wir werden ihnen unsere Thesen an die Tr schlagen an die Tr schlagen
situation zu reden, wurde mit Verweis auf die Mitarbei-tervertretung abgelehnt. Hier werden wir nachhaken und nicht locker lassen. Gegebenenfalls lassen wir be-stimmte Sachverhalte behrdlich prfen.
Natrlich wird auch Tarifpolitik ein Thema werden. Aber da ist noch einiges an Mitgliederentwicklung notwendig. ver.di ist vor Ort, wir unterbreiten unsere Angebote gemeinsam mit den Mitgliedern und wenn die Kolleginnen und Kollegen mit ihrem Eintritt in ver.di das Angebot annehmen, werden wir auch tarifpolitisch aktiv. Die Strukturen mssen stimmen und wir mssen durchsetzungsfhig werden. Das ist noch ein weiter Weg.
Wie war das mit Luther? Er wollte seine Kirche ver-ndern und hat die Welt verndert.
So weit wollen wir gar nicht gehen. Die Arbeitsbe-dingungen mssen besser werden, die Bezahlung muss stimmen und wir wollen eine Tarifkommission, die ent-sprechend Artikel 9 des Grundgesetzes (Tarifautono-mie) ihre Arbeit machen kann. Das reicht schon. Fr die Kirche wre das natrlich eine Vernderung der Welt. Fr uns nur Normalitt.
Steffen Podstawa, Anke Ptzsch, Thomas Mhlenberg
Wittenberg, Sachsen-Anhalt, Geburtssttte der Re-formation. Eine Stadt, in der vor 500 Jahren einer den Hammer in die Hand genommen und seine Thesen an die Stadtkirche geschlagen hat. Martin Luther hatte gute Grnde.
Wittenberg, Paul Gerhardt Stift. Ein groes Dia-koniekrankenhaus, wo die Beschftigten zwar keinen Hammer in der Hand halten, aber trotzdem ihre Thesen bekannt machen. Auch sie haben gute Grnde.
Der Frust ber die Belastungssituation am Kranken-haus war so gro, dass zuerst, ber die Mitarbeiterver-tretung vermittelt, im Januar die zustndigen ver.di- Sekretre der Bundesebene und des Bezirks kamen und sich die massiven Nte anhrten. Das Signal an die Beschftigten: Da geht was. Und wenn da was geht, machen wir auch was, so Thomas Mhlenberg, ver.di-Sekretr vor Ort.
Von nun an ging es Schlag auf Schlag! Knapp fnf-zig Eintritte in den letzten Wochen. Am 13. Februar Grndung der Betriebsgruppe, weitere zwei Mitglieder-versammlungen und Teilnahme am Tag der Pflege am 12. Mai mit fast hundert Beschftigten.
Und jetzt? Der Arbeitgeber hlt sich zurck. Ein Gesprchsangebot von ver.di, um ber die Belastungs-
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Alpenklinik Santa Maria in Oberjoch/Allgu:
Standhafte ver.di-Betriebsgruppe Standhafte ver.di-Betriebsgruppe
Die von der Katholischen Jugendfrsorge (KJF) ge-tragene Alpenklinik Santa Maria in Deutschlands hchstem Bergdorf, Oberjoch, ist eine Klinik mit jahr-zehntelanger Tradition. Sie ist eine Klinik fr Kinder und Jugendliche, die an Erkrankungen der Atmungsorgane und der Haut, an Allergien, Ernhrungs- und psychoso-matischen Erkrankungen leiden.
Mit ver.di bestand immer wieder ein lockerer Kontakt, der dann am 11. Mai 2011 zur Grndung der ver.di-Betriebsgruppe fhrte. Initiativ wurden gewerk-schaftlich orientierte Kolleginnen und Kollegen, die er-kannt haben, dass auch in einer kirchlichen Einrichtung die Gewerkschaft nicht auen vor sein darf, denn auch kirchliche Arbeitgeber reagieren in der Arbeitswelt nicht anders als weltliche. Wettbewerbs- und Markt-streben haben auch bei den Kirchen Einzug gehalten.
Im geschtzten Kreis der ver.di-Betriebsgruppe trafen und organisierten sich immer mehr Kolleginnen und Kollegen der Alpenklinik Santa Maria. In den Be-triebsgruppensitzungen wurden und werden aktuelle Probleme, die die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erkannt haben, angesprochen, diskutiert und gemein-sam Wege zur Lsung gesucht. Groen Raum nahmen immer wieder die Finanzierung und dadurch bedingte Umstrukturierungsmanahmen in der Klinik ein. Der Versuch, mit der Leitung der Klinik gemeinsam die Pro-bleme, die sowohl die Klinik als auch die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen betrafen, anzugehen, scheiterte. Eine Zusammenarbeit mit der Gewerkschaft wurde abgelehnt.
Unbeirrt gingen die Betriebsgruppenmitglieder trotzdem ihren Weg mit ver.di weiter; Anfeindungen und deutliche Hinweise durch die Vorgesetzten blieben dabei nicht aus.
Zahlreiche Presse- und ffentlichkeitsarbeit leisteten die Betriebsgruppenmitglieder. Gerade die Finanzie-rungsproblematik konnte dadurch breit ins Bewusstsein der ffentlichkeit getragen werden. Der Besuch von Sylvia Bhler in der Klinik im November 2013 war ein Hhepunkt fr die Betriebsgruppe. Erstmalig im Allgu besuchte eine hohe Gewerkschafterin eine Caritas-Einrichtung. Ein offener Brief an die regionalen Politiker war ein weiterer Hhepunkt der aktiven Betriebsgrup-penmitglieder. Zahlreiche positive Resonanz ging daraus hervor.
Von der Klinikleitung Anfang 2014 eingeleitete Umstrukturierungsmanahmen begleitete die Betriebs-gruppe medial. Wir sind berzeugt, damit Politik und Kostentrger wachgerttelt zu haben: Ein Standort, der auf 1200 Meter Hhe einzigartige Reha-Therapie fr asthmakranke Kinder und Jugendliche anbietet, darf nicht durch kurzsichtige Personalkosten-Sparpolitik ge-fhrdet werden.
Und noch eines wurde klar: Die Arbeit der Mitarbei-tervertretung kann nicht die Arbeit der Betriebsgruppe ersetzen, noch umgekehrt. Nur gemeinsam kann viel-leicht ein Gesundheitssystem gerettet werden, in dem es nicht nur um Budgetierung und begrenzte Finanz-mittel geht, sondern um den Menschen und wie ihm am besten geholfen werden kann.
Jutta Aumller
ver.di-Arbeit bringt auch Spaver.di-Arbeit bringt auch Spa Foto: ver.diFoto: ver.di
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Das Dominikus Ringeisen Werk (DRW) ist eine katholische Stiftung des ffentlichen Rechts in Bayern mit der Aufgabe, Menschen mit Behinde-rung zu betreuen und nun auch eine kirchliche Einrichtung mit einer ver.di-Betriebsgruppe.
Im Dominikus Ringeisen Werk gab es schon lnger ein paar Kolleginnen und Kollegen, die es als richtig erachtet haben, Gewerkschaftsmitglied zu sein und sich fr die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer einzusetzen. Jedoch fehlte eine weitere Klammer, um sich zu vernetzen und auch ein Zeichen zu setzen, dass Mitarbeiter kirchlicher Einrichtungen sehr wohl den Dienstgemeinschaftsgedanken mit dem Gewerkschafts-gedanken in Einklang bringen knnen.
So pflegte man Kontakt mit ver.di-Augsburg, sei es auf den Fachtagungen, bei individuellen Anfragen oder gemeinsamen Veranstaltungen. Mit dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts von 2012 war dann ein wichtiger Schritt erfolgt, um die gewerkschaftliche Arbeit ins Licht zu rcken. Arina Wolf, Gewerkschaftssekretrin ver.di-Augsburg, erinnert sich an viele Medienberichte und Publikationen in den regionalen Zeitungen sowie an ein Sich-Trauen-Gefhl bei den Kolleginnen und Kollegen in den kirchlichen Einrichtungen und eine Er-leichterung bei den bereits gewerkschaftlich organisier-ten Aktiven, die neuen Mitgliedern Mut machten.
Das Urteil ist mitverantwortlich dafr, dass wir hier im Bezirk mittlerweile einige Betriebsgruppengrn-dungen haben. Das Schne ist, jede Betriebsgruppe hat ihre eigene Geschwindigkeit, sagt Arina Wolf. So war das auch bei den Kolleginnen und Kollegen vom DRW-Ursberg. Bereits aktive Mitglieder hatten die Idee, eine Betriebsgruppe zu grnden. Wir haben uns zu-sammengesetzt und geschaut, wie, wann und wo. Ein Termin im Mrz 2013 wurde festgesetzt, die Einladung geschrieben und persnlich per Post jedem einzelnen Mitglied zu gestellt.
Und siehe da das war fr mich eine schne berraschung, sagt Arina Wolf, es haben sich fnf Menschen gefunden, die aktive Gewerkschaftsarbeit vor Ort machen wollten. Fr mich als Gewerkschafts-sekretrin ist das eine groe Untersttzung. Dabei un- tersttzen die Betriebsgruppenmitglieder mich auf unterschiedliche Weise: Sei es dadurch, dass ver.di- Themen in die Einrichtungen gelangen und auch an-dersrum. Sei es, dass Kolleginnen und Kollegen nun den Raum haben, sich offen und vertrauensvoll ber ihre Arbeit vor Ort auszutauschen, Mut zu gewinnen und Lsungen fr Probleme zu finden. Denn da, wo Gewerkschaftsarbeit betriebsnah erfolgt, wissen die Kolleginnen und Kollegen, es geht um sie und nicht um
irgendein Thema in den Nachrichten. Und das macht Mut weiterzumachen. Mittlerweile sind wir grer geworden und es kommen regelmig immer wieder neue Gesichter dazu. Das macht die Arbeit lebendig und zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind!
Aber Gewerkschaftsarbeit ist eben auch Arbeit. Es ist jeden Tag immer wieder eine Herausforderung, Arbeitskollegen und Arbeitskolleginnen fr die Gewerk-schaft zu begeistern. Und dies, obwohl dieselben von der Tarifarbeit von ver.di fr den ffentlichen Dienst profitieren, sagt Richard, ein Betriebsgruppenmitglied. Denn die Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kom-mission orientiert sich ja meist an den Forderungen von ver.di im ffentlichen Dienst, um dann, wenn es gut luft, vergleichbare Konditionen auszuhandeln. Die Anlage 33 der Arbeitsvertragsrichtlinie (AVR) Caritas Bayern ist an den Tarifvertrag des ffentlichen Dienstes (TVD) angelehnt.
Fikret, Betriebsgruppensprecher, erinnert sich, wie alles begann:
Mit dem Wissen, dass ver.di Tarifverhandlungen im ffentlichen Dienst fhrt und diese spter auch fr die Beschftigten des DRW durch die AK-Forderungen meist bertragen werden, trafen sich fnf Beschftigte unserer Einrichtung mit der fr unsere Region zustn-digen ver.di-Sekretrin. Bei diesem Treffen ging es darum, Informationen auszutauschen: Warum sind die einzelnen Sitzungsteilnehmer/innen
eigentlich ver.di-Mitglied geworden? Was haben ver.di und wir fr Ziele und Erwartungen
bei einem kirchlichen Trger? Was kann eine ver.di-Betriebsgruppe auf den Weg
bringen? Wie kann eine ver.di-Betriebsgruppe gegrndet wer-
den?
Schnell stand der Entschluss fest: Wir wollen eine ver.di-Betriebsgruppe grnden. Wir wollen aktiv ber unsere Arbeitsbedingungen mitbe-stimmen und sie mitgestalten.
So wurde ich zum Betriebsgruppensprecher gewhlt und wir unterhielten uns noch eine Weile ber aktuelle Belange der rtlichen Arbeitswelt. Natrlich ist es hilf-reich gewesen, eine Vertrauensleuteschulung zu besu-chen. Denn fr eine erfolgreiche Betriebsgruppenarbeit mssen wir auch wissen, was wir tun drfen, worber wir reden knnen und wie unsere gewerkschaftliche Stellung in der Einrichtung abgesichert ist.
Seitdem trifft sich die Betriebsgruppe einmal im Monat zum Routinetermin. Darber hinaus findet ein regelmiger Austausch mit Arina Wolf statt, insbeson-
Dominikus-Ringeisen-Werk:
Jetzt mit ver.di-Betriebsgruppe Jetzt mit ver.di-Betriebsgruppe
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und der Einrichtung. Ein erfolgreiches Projekt also, und es kommen mehr und mehr Standorte der ver.di-Info-Tafeln hinzu. Die Arbeitgeberseite zeigt sich offen und verhindert nicht die Aufhngung der Info-Tafeln. Selbst-verstndlich bleiben wir im Gesprch mit der Leitung, damit dies ein akzeptiertes Mittel der Informationswei-tergabe bleibt.
Als nun im Frhjahr 2014 die Tarifverhandlungen zwischen ver.di und dem ffentlichem Dienst stattfan-den, engagierten sich die Betriebsgruppenmitglieder solidarisch an den ver.di-Aktionen. Auch folgten Einige dem Aufruf der AK-Mitarbeiterseite und untersttzten die Aktionen von ver.di durch einen Fotogru aus un-serer Einrichtung. Weitere Aktionen, nun uns selbst betreffend, folgen in Krze!
Dies alles hrt sich recht einfach an. Doch ms-sen wir auch in manchen Situationen mit Gegenwind umzugehen wissen. So bestehen bei den kirchlichen Dienstgebern natrlich gewisse Berhrungsngste und Unsicherheiten, wie denn mit der neuen Gegebenheit ver.di und der ver.di-Betriebsgruppe im eigenen Haus umgegangen werden soll. Bis jetzt konnten wir viele Situationen durch Gesprche zwischen Betriebsgrup-penmitgliedern und den jeweiligen Dienstgebervertre-tern klren. Dabei gilt es immer wieder Unsicherheiten abzubauen und die rechtliche Situation zu klren. Letztendlich handelt es sich um ein zartes Pflnzchen, das da gerade zu wachsen beginnt. Das Tolle an dem Ganzen ist: Wir wissen, die Betriebsgruppe steht hinter jeder und jedem Einzelnen! Wenn es schwierig wird, steht auch die Gewerkschaftssekretrin mit Rat und Tat zur Stelle und spricht, wenn es notwendig ist, auch selbst mit den verantwortlichen Chefs.
Wir knnen allen kirchlichen Mitarbeiter/innen nur empfehlen, eine Betriebsgruppe zu grnden, sich aktiv einzumischen und am Ball zu bleiben. Denn nur wer mitmacht, wird gehrt und kann etwas verndern. Schritt fr Schritt.
ver.di-Betriebsgruppe in Dominikus Ringeisen Werk
dere wenn es mal wieder kniffelige, arbeitsrechtliche Fragen vor Ort zu klren gibt. Neue ver.di-Mitglieder konnten geworben werden, die die Betriebsgruppenar-beit bereichern und untersttzen.
Wir, die ver.di-Betriebsgruppe, haben selbstver-stndlich dem Arbeitgeber mitgeteilt, dass es uns nun gibt. Und auch Mitarbeiterversammlungen mit dem Tagesordnungspunkt Bericht der Gewerkschaft ver.di finden bei uns in der Einrichtung statt. Hier zeigt sich dann schnell, wie die Gewerkschaft fundiert und kom-petent die Mitarbeitervertretung flankieren kann.
Wir haben uns berlegt, wie wir die Kolleginnen und Kollegen mit den Informationen der Betriebsgrup-pe erreichen wollen. Natrlich schafft man es nicht, immer alle persnlich anzutreffen und ber Neuigkeiten zu informieren. So hatten wir die Idee, ver.di-Info-Tafeln in Husern unserer Einrichtung aufzustellen, damit alle Kolleginnen und Kollegen von den Informationen und Aktionen der Betriebsgruppe profitieren knnen. Diese fanden schnell einen guten und geeigneten Platz neben den Info-Tafeln der Mitarbeitervertretung (MAV)
Konflikt und Kooperation:
Streitpunkt kirchliches Arbeitsrecht Streitpunkt kirchliches Arbeitsrecht
ver.di als zivilgesellschaftlicher Akteurver.di ist eine zivilgesellschaftliche Organisation. Sie bildet sich aus dem Bedrfnis der abhngig arbeiten-den Menschen nach Beteiligung am erwirtschafteten gesellschaftlichen Reichtum durch angemessene Lhne, anstndige Arbeitsbedingungen und eine sichere Le-bensperspektive.
Der tiefere Grund fr die Existenz von Gewerkschaften liegt in den Grundstrukturen dieser Gesellschaft: Der Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit gilt un-
mittelbar in gewinnorientierten Unternehmen der Industrie und des Dienstleistungsbereichs und drckt sich aus in der Primrverteilung der Einkommen zwi-schen Lhnen und Gewinnen.
Aktivist/innen aus der ver.di-Betriebsgruppe Aktivist/innen aus der ver.di-Betriebsgruppe Dominikus Ringeisen Werk, man beachte das Dominikus Ringeisen Werk, man beachte das bunte Brett im Hintergrund bunte Brett im Hintergrund Foto: ver.diFoto: ver.di
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Dieser Gegensatz wirkt aber auch mittelbar ber die politisch vermittelte Ausgestaltung von Staat und sozialen Sicherungssystemen. Hier wird ber Steuern und Sozialversicherungsbeitrge der Sozialstaat aus-gestaltet (Sekundrverteilung), in dem sich auch die Kirchen mit ihren Wohlfahrtsverbnden und sozialen Dienstleistungen tummeln.
Die Kirchen sehen diese gesellschaftlich-politischen Ursachen: Im Beschluss der Synode der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD) vom 13. November 2013 zum kirchlichen Arbeitsrecht heit es: Die tiefere Ursache des Konfliktes um die Arbeits-
bedingungen in der Sozial- und Gesundheitsbranche liegt in den vernderten Bedingungen in diesem Bereich: Durch die Einfhrung von Kostenpauschalen und Marktmechanismen hat sich der Wettbewerb verschrft, und ein enormer Kostendruck lastet auf den Einrichtungen. Grundproblem ist die mangel-hafte finanzielle Ausstattung des Sozial- und Ge-sundheitswesens.
Ein weiterer Existenzgrund der Gewerkschaften ist die strukturelle Unterlegenheit der/des einzelnen Beschf-tigten gegenber der Arbeitgeberseite. Dies gilt auch bei den Kirchen.
Beschftigte schlieen sich freiwillig in Gewerk-schaften zusammen, um ihre Arbeitskraft zu gleichen Bedingungen anbieten zu knnen. Der freien Kartell-bildung entspricht der Tarifvertrag zu Minimierung der Anbieterkonkurrenz untereinander.
Bei der gewerkschaftlichen Interessenvertretung geht es den Mitgliedern immer um beides: eine gerechte bzw. als gerecht empfundene Entloh-
nung, die Sinnhaftigkeit der Arbeit selbst und die Identi-
fikation mit der jeweils individuell ausgebten kon-kreten Ttigkeit, um Arbeit und Beruf als Berufung im Sinne des Arbeitsbegriffs von Martin Luther.
Soweit sich Kirchen und Diakonie bei der Rekrutierung ihrer Arbeitskrfte auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bewegen, gilt das Gesagte auch fr kirchliche Arbeits-verhltnisse: kirchliche und diakonische Mitarbeiter/innen wollen
eine anstndige Bezahlung und sie suchen einen Sinn in ihrer Arbeit, der auch ein
religis gemeinter Sinn sein kann, wie er sich im Be-griff der Dienstgemeinschaft als gemeinsame Arbeit im Weinberg des Herrn ausdrckt.
ver.di als gesellschaftlicher Akteur ver.di ist eine Organisation mit mehr als zwei Millionen freiwillig beigetretenen Mitgliedern. Und ver.di ist wieder eine wachsende Organisation. Der Zuwachs ist sehr unterschiedlich verteilt, der soziale Bereich wchst am strksten und hier wiederum haben Kirchen und Diakonie die hchsten Mitgliederzuwchse.
Die gesellschaftliche Bedeutung von ver.di beruht im Wesentlichen auf ihrer Organisationsmacht, das heit neben der
Zahl der Mitglieder auch auf der Existenz von aktiven Strukturen in Betriebsgruppen, Tarifkommissionen, Vorstnden und auf den demokratischen Prozessen der Willensbildung;
auf ihrer institutionellen Verankerung in der Gesell-schaft und im Rechtssystem von der Tarifautono-mie ber die Betriebsverfassung, Mitbestimmung bis hin zur Selbstverwaltung bei der Sozialversicherung und zu den Rundfunkrten;
auf ihrer strukturellen Fhigkeit, dem Willen ihrer Mitglieder zum Durchbruch zu verhelfen. Dies kann sich ausdrcken in gewerkschaftlicher Betriebsarbeit, Tarifmchtigkeit, politischen Aktionen bis hin zu klassischer Lobbyarbeit.
Diese gesellschaftliche Bedeutung erlaubt es ver.di, zum Beispiel in Verteilungsauseinandersetzungen Tarifstan-dards zu setzen, die ber die betroffenen Branchen hinaus einen Mastab fr die gesamte Gesellschaft setzen. So eine Tariffhrerschaft erleben wir zur Zeit in der Tarifrunde des ffentlichen Dienstes, von der unmittelbar 2,1 Millionen Beschftigte der Kommunen und des Bundes betroffen sind, weitere etwa zwei Mil-lionen mittelbar, darunter wesentlich auch Beschftigte bei Caritas und Diakonie. Das Ergebnis dieser Tarifrunde ist die Marge, an der sich alle anderen Tarifbereiche in Deutschland in diesem Jahr messen lassen mssen.
Mit dieser Tariffhrerschaft bernimmt ver.di aber auch eine gesamtwirtschaftliche Verantwortung: die Durchsetzung einer sozialen Komponente ver-
mindert die Lohnspreizung, ein guter materieller Abschluss steigert die Binnen-
kaufkraft, vermindert den Leistungsbilanzber- schuss und vermindert die Gefahr einer drohenden Deflation.
Gewerkschaft und Mitarbeiterverband In dieser gesellschaftlichen Bedeutung und Verantwortung unterscheidet sich ver.di grundlegend von anderen Formen von Mitarbeitervereinigungen, die sich manchmal auch Gewerkschaft nennen. ver.di
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Kirchen absolut Notwendige zu regeln, um dem BAG-Urteil gerecht zu werden.
Auch das dann neu bestimmte Verfahren des Dritten Weges erlaubt Beschlsse, die die eigen-stndige Handlungsfhigkeit von ver.di nicht bercksichtigt.
Deshalb erklre ich hier auch ganz offiziell: ver.di wird sich an dem hier vorgelegten Dritten Weg nicht be-teiligen. Und ich appelliere auch an die anwesenden Synodalen, in dem anstehenden Synodenbeschluss den Tarifvertragsweg nicht zu verbauen.
Das kirchliche Arbeitsrecht ist auch kein geeignetes Feld, bei der Tarifvertragsfrage gleich den status con-fessionis auszurufen. Die dritte These der Barmer The-ologischen Erklrung dass Kirche sich nicht den je-weils herrschenden weltanschaulichen und politischen berzeugungen berlassen drfe ist unter den heutigen Bedingungen nicht einschlgig. Erfahrungen vor dem Hintergrund des Nationalsozialismus sind nicht vergleichbar mit einer sozialstaatlich verfassten Gesellschaft, bei der Tarifautonomie und Arbeitskampf als demokratische Mittel anerkannt sind. Unter dem Ultima-Ratio-Prinzip sind Verfahren mglich, bei denen Rechte nicht aufgegeben werden mssen, sie aber praktisch nicht angewendet zu werden brauchen.
Auch die Katholische Kirche ist dabei, ihr Arbeits-recht zu ndern. Die Loyalittspflichten sollen neu gefasst werden. Bischof Gebhard Frst sieht Hand-lungsmglichkeiten der deutschen Bischfe, weil die arbeitsrechtlichen Regelungen auf dem Kirchenrecht in Deutschland grnden und nicht auf Glaubensstzen (zitiert nach Stuttgarter Zeitung vom 22. Mrz 2014).
Wenn man dem zustimmt, ergeben sich Spielru-me fr eine mehr politisch begrndete Gestaltung des kirchlichen Arbeitsrechts.
Das heit, wenn Sie uns, wenn Sie ver.di dabei haben wollen, dann werden Sie mit uns reden mssen, und zwar vorher und nicht, wenn alles schon geregelt ist.
Und wenn Sie uns nicht dabei haben wollen, dann stellt sich die Frage, ob das unsere Mitglieder im Kir-chenbereich so hinnehmen wollen. Dann geht der Kon-flikt gegebenenfalls weiter.
Der weitere Wegver.di geht im Moment davon aus, dass unsere Verfas-sungsklage zum BAG-Urteil vom Verfassungsgericht an-genommen wird. ber die Annahme soll wohl noch in diesem Jahr entschieden werden. So lange ist bei uns die Pausentaste gedrckt. Davon ist aber, wie vorhin erlutert, die Ausgestaltung eines Zweiten Weges kir-chengemer Tarifvertrge im Konsens nicht erfasst.
Dabei sollte uns gemeinsam das Ziel leiten, der sozialen Arbeit mehr Anerkennung und gesellschaft-liche Wertschtzung zu verleihen. Die Konflikte um das
und kirchliche Mitarbeiterverbnde sind grundstzlich nicht miteinander vergleichbar. Mitarbeiterverbnde sind weder von der Anzahl ihrer Mitglieder noch von ihrer finanziellen Ausstattung oder ihrem Apparat her aus sich selbst heraus stark. Sie werden erst dadurch stark, dass Kirche und Diakonie sie als Vertretung der Mitarbeiter akzeptieren. Ohne mehr oder weniger stillschweigende Akzeptanz der Arbeitgeberseite wren sie nahezu bedeutungslos.
In der zivilgesellschaftlichen Organisationsform und der gesellschaftlichen Bedeutung gibt es im b-rigen viele Gemeinsamkeiten zwischen ver.di und den Kirchen. Die institutionelle Verankerung der Kirchen in der bundesrepublikanischen Gesellschaft ist je- doch unvergleichlich viel grer als die der Gewerk-schaften.
Dialog gleichberechtigter PartnerAus dem Vorhergehenden ergibt sich, dass eine Ge-werkschaft wie ver.di einem kirchlichen Arbeitgeber nur auf Augenhhe begegnen kann und will. Dies gilt fr die Verhandlungen selbst wie auch fr die Verfahren, wie diese Verhandlungen gefhrt werden.
Teil 2 des EKD-Zustimmungsgesetzes zum kirch-lichen Arbeitsrecht, der Weg kirchengemer Tarifver-trge, erlaubt eine solche Beteiligung von ver.di auf Augenhhe, soweit dort vorgesehen wird, Friedens-pflicht und Schlichtung bei Nichteinigung zwischen den Tarifvertragsparteien zu vereinbaren.
Das ist inzwischen in der niederschsischen Diako-nie auch in Form eines Sozialpartnerschaftsabkommens und einer Schlichtungsvereinbarung zwischen ver.di und der Diakonie umgesetzt worden. Voraussetzung, dass diese Vertrge in Kraft treten knnen, ist ein ent-sprechendes Gesetz zur Arbeitsrechtsregelung in Nie-dersachsen, das auf der nchsten Synode verabschiedet werden soll.
Der niederschsische Weg, der eine Lsungsform des Urteils des Bundesarbeitsgerichts (BAG) darstellt und der kirchenrechtlich mglich ist, wird von ver.di nicht nur in Niedersachsen, sondern auch bundesweit akzeptiert.
Und ver.di Baden-Wrttemberg ist ausdrcklich bereit, sich in einen vergleichbaren Prozess hineinzube-geben, an dessen Schluss nach einer bereinkunft mit ver.di ein neues Arbeitsrechtsregelungsgesetz in Baden stehen msste.
Vorgesehener Weg der badischen KircheDer vorliegende Entwurf des badischen Ausfhrungsge-setzes zum EKD-Gesetz erlaubt eine solche Begegnung auf Augenhhe nicht: Das Verfahren ist nicht im Konsens mit ver.di entwi-
ckelt worden. Das einseitig erlassene Gesetz, wenn es denn so
verabschiedet wird, versucht nur das aus Sicht der
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Arbeitsrecht mssen ausgetragen und geklrt werden, damit der gemeinsame Einsatz fr soziale Gerechtigkeit wirksam mglich ist. Nur wenn wir den Konflikt aus-halten, werden wir kooperieren knnen. Konflikt und Kooperation gehren zusammen.
Gnter BuschDer Text beruht auf dem Referat des Autors
auf einer Fachtagung zum Dritten Weg in Karlsruhe
Das Arbeitsrecht der Kirchen im Konikt mit Grundrechten
Die Sonderstellung der Kirchen im Arbeitsrecht sozialethisch vertretbar?Ein deutscher Sonderweg im Konikt mit Grundrechten
Von Prof. Dr. Hartmut Kre
In der Bundesrepublik Deutschland sind die Kirchen mit Caritas und Diakonie sehr groe Arbeitgeber. Fr ihr Arbeitsrecht hat ihnen der Staat weitgehende Sonderrechte zugestanden. Hierzu gehren das Verbot von Arbeitsstreiks, die Befreiung von der Mitbestimmung und Beschrnkungen fr Gewerkschaften. Durch Vorgaben fr die Lebensfhrung oder fr die Religionszugehrigkeit greifen kirchliche Arbeitgeber in die Privatsphre von Arbeitnehmern ein. Zur Begrndung sttzen sich die Kirchen auf ihr korporatives Selbstbestimmungsrecht. An die staatlichen Grundrechte sind sie nicht gebunden.
Das Buch legt dar, dass der Schutz der Grundrechte auch fr kirchliche Arbeitnehmer gelten sollte. Es geht auf Rechtsunsicherheiten ein, die das kirchliche Arbeitsrecht erzeugt, und stellt die Frage, ob ein Sonderweg der Religionsgemeinschaften im Arbeits -recht heute noch vertretbar ist.
Bei dem Buch handelt es sich um ein Gutachten, das fr die Hans-Bckler-Stiftung verfasst wurde.
Die Sonderstellung der Kirchen im Arbeitsrecht sozialethisch vertretbar?
Hartmut Kre
Ein deutscher Sonderweg im Konflikt mit Grundrechten
Schriften der Hans-Bckler-Stiftung
Nomos
-
Bestellschein
Portofreie Buch-Bestellungen unter www.nomos-shop.de
Name, Vorname: Ttigkeitsschwerpunkt:
Firma, Institution: Tel.-Nr. fr Rckfragen:
Strae: E-Mail:
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Ich bin damit einverstanden, dass ich ber interessante Produkte per E-Mail oder telefonisch informiert werde. Datum, Unterschrift:
Kre Die Sonderstellung der Kirchen im Arbeitsrecht
Das Arbeitsrecht der Kirchen im Konikt mit Grundrechten
Die Sonderstellung der Kirchen im Arbeitsrecht sozialethisch vertretbar?Ein deutscher Sonderweg im Konikt mit Grundrechten
Von Prof. Dr. Hartmut Kre
In der Bundesrepublik Deutschland sind die Kirchen mit Caritas und Diakonie sehr groe Arbeitgeber. Fr ihr Arbeitsrecht hat ihnen der Staat weitgehende Sonderrechte zugestanden. Hierzu gehren das Verbot von Arbeitsstreiks, die Befreiung von der Mitbestimmung und Beschrnkungen fr Gewerkschaften. Durch Vorgaben fr die Lebensfhrung oder fr die Religionszugehrigkeit greifen kirchliche Arbeitgeber in die Privatsphre von Arbeitnehmern ein. Zur Begrndung sttzen sich die Kirchen auf ihr korporatives Selbstbestimmungsrecht. An die staatlichen Grundrechte sind sie nicht gebunden.
Das Buch legt dar, dass der Schutz der Grundrechte auch fr kirchliche Arbeitnehmer gelten sollte. Es geht auf Rechtsunsicherheiten ein, die das kirchliche Arbeitsrecht erzeugt, und stellt die Frage, ob ein Sonderweg der Religionsgemeinschaften im Arbeits -recht heute noch vertretbar ist.
Bei dem Buch handelt es sich um ein Gutachten, das fr die Hans-Bckler-Stiftung verfasst wurde.
Die Sonderstellung der Kirchen im Arbeitsrecht sozialethisch vertretbar?
Hartmut Kre
Ein deutscher Sonderweg im Konflikt mit Grundrechten
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Kre Die Sonderstellung der Kirchen im Arbeitsrecht
13Kirchen .info Nr. 23 Sommer 2014
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Nur wer mitmacht kann etwas verndern!
www.mitgliedwerden.verdi.de www.gesundheit-soziales.verdi.de www.streikre
cht-ist-grundrecht.de
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16 Kirchen .info Nr. 23 Sommer 2014
Wir brauchen eine Debatte darber, in was fr einer Gesellschaft wir leben wollen, sagte Jrg Krutt-schnitt vom Diakonie-Vorstand zum Abschluss der Tagung. Auf diese Frage bestehe zwischen Diakonie und ver.di eine hnliche Sicht. So selbstverstndlich, wie das heute hier war, ist das aber durchaus nicht berall, betonte Kruttschnitt. Deshalb mssten beide Organisationen gemeinsam in die Gesellschaft hinein-wirken.
Trotz der groen Harmonie wurden aber auch kritische Themen nicht ausgespart. Wenn wir uns so einig sind, warum ist es fr die Diakonie dann so schwer, einen Tarifvertrag mit ver.di abzuschlieen?, fragte Stefan Schenke, der in der diakonischen Jugend-hilfe in Kln arbeitet. Dann knnten zumindest die Dumpinglhne beseitigt werden. Auch Bhler hatte diese Frage zuvor angesprochen. Die Antworten der Diakonie-Vertreter blieben vage. Uwe Becker von der Diakonie Rheinland-Westfalen-Lippe verwies darauf, dass die Kosten der Einrichtungen nicht angemessen refinanziert wrden. Dagegen sollten wir gemeinsam angehen.
Dem will sich ver.di keineswegs verschlieen, be-harrt jedoch auf dem Abschluss regulrer Tarifvertrge und fordert eine deutliche Verbesserung der Arbeits- und Entlohnungsbedingungen. Ich bin guter Hoff-nung, dass wir das Ziel eines allgemeinverbindlichen Tarifvertrags Soziales in absehbarer Zukunft erreichen knnen, erklrte Wolfgang Uellenberg-van Dawen, Bereichsleiter Politik und Planung beim ver.di-Bundes-vorstand. Dadurch wrden sich nicht nur die Bedingun-gen der rund 500 000 Beschftigten bei der Diakonie verbessern, sondern in der gesamten Branche.
Daniel Behruzi
ver.di und die Diakonie geht das zusammen? In der Sozialpolitik schon. Sogar sehr gut, wie sich bei der Tagung Die Rckkehr des Sozialen in die Politik? am 11. April in Berlin gezeigt hat. Das Soziale ist der Kitt unserer Gesellschaft, betonte ver.di-Bundesvorstands-mitglied Sylvia Bhler zu Beginn der Veranstaltung, die den Auftakt zu einer Reihe vertiefender Foren in den kommenden Monaten darstellte. Gewerkschaft und Wohlfahrt sind Bndnispartner, denn die Zukunft des Sozialstaats bewegt uns gleichermaen, erklrte Maria Loheide, Vorstand Sozialpolitik der Diakonie Deutsch-land.
In der Tat waren sich die rund achtzig Teilnehmer/innen des von der Evangelischen Kirche Deutschlands (EKD) und der Hans-Bckler-Stiftung untersttzten Kongresses in der Analyse weitgehend einig. Union und SPD htten in ihrer Koalitionsvereinbarung soziale The-men nach jahrelangem Stillstand wieder aufgegriffen, sagte Gerhard Bcker, Professor am Institut fr Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universitt Duisburg-Essen. Aber es gibt keinen grundstzlichen Richtungswech-sel in der Sozialstaatspolitik. Zudem seien viele der vereinbarten Manahmen wie die Schaffung eines neuen Pflegebedrftigkeitsbegriffs und die tatschliche Einfhrung des gesetzlichen Mindestlohns erst fr die zweite Hlfte der Legislaturperiode geplant. Kirchen und Gewerkschaften forderte Bcker vor diesem Hin-tergrund auf, der Umsetzung von Verbesserungen kritische Aufmerksamkeit zu schenken, Widerspruch gegen Fehlentwicklungen zu erheben und zugleich die Forderung nach weitergehenden Reformen nicht aus dem Blick zu verlieren.
Das wollen ver.di und Diakonie knftig noch strker gemeinsam tun. Dokumentiert wurde das mit einer am selben Tag verffentlichten Stellungnahme beider Organisationen fr die vollstndige Einbeziehung von Langzeitarbeitslosen in den gesetzlichen Mindest-lohn. Wir wollen einen gesetzlichen Mindestlohn, der Lohndumping wirksam verhindert und nicht neue Schlupflcher fr Arbeitsausbeutung bietet, sagte Loheide. Bhler warnte vor einem Drehtreffekt, bei dem Langzeitarbeitslose fr sechs Monate unterhalb des Mindestlohns beschftigt und danach wieder auf die Strae gesetzt werden knnten. ver.di und Diakonie sind sich zugleich einig darin, dass die Lohnuntergrenze eine konsequente Bekmpfung von Armut und die Strkung der sozialen Sicherungssysteme keineswegs berflssig macht.
Gemeinsame Tagung in Berlin:
Sozialpolitisch ziehen ver.di und Sozialpolitisch ziehen ver.di und Diakonie an einem Strang Diakonie an einem Strang
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17Kirchen .info Nr. 23 Sommer 2014
Seit Mitte 2013 verhandeln die USA und die EU ber ein Transatlantisches Freihandelsabkommen (TTIP) in enger Kooperation mit Wirtschaftslobbyisten, jedoch abgeschottet von der ffentlichkeit, von gesellschaft-lichen Gruppen und demokratischen Institutionen.
Was bislang an die ffentlichkeit gelangt ist, zeigt: Im Rahmen dieses Abkommens sind die Regierungen der Nationalstaaten, Unternehmen und Wirtschaftsverbn-de dabei, bisher in Deutschland und Europa geltende Sozial- und Arbeitsstandards weiter auszuhhlen sowie Privatisierung und Liberalisierung auch der ffentlichen Dienstleistungen weiter voranzutreiben. Das kann dann auch die Gesundheitsversorgung vor allem in den Kran-kenhusern und soziale Dienstleistungen zum Beispiel im Bereich des Rettungsdienstes und der Pflege lterer Menschen betreffen. Gerade in Deutschland mit seinem Trend zur Privatisierung ffentlicher Dienstlei-stungen wren durch eine solche ffnung der Mrkte, der Bestand der Gesundheits- und Pflege- dienste als Daseinsvorsorge gefhrdet. Mit dem Frei-handelsabkommen wird die Konkurrenz privater An-bieter von Gesundheits- und Pflegeleistungen weiter gefrdert. Nationale Konzerne und wir haben mit Helios-Rhn einen der grten der Branche in Deutsch-land vertreten konkurrieren mit ebenso starken Anbietern aus den USA. Zu befrchten ist, dass dabei die ffentliche Gesundheitspolitik, eine solidarische Ge-sundheitsversorgung und die Gewhrleistung sozialer Standards fr Beschftigung auf der Strecke bleiben.
ver.di fordert unter anderem, dass ffentliche Dienstleistungen der Daseinsversorgung wie Gesund-heit und Pflege und andere soziale Dienste aus dem
Freihandelsabkommen ausgeklammert werden und dass dieses Abkommen endlich transparent und unter umfassender Beteiligung der Parlamente, der Zivilgesell-schaft und der Gewerkschaften verhandelt wird.
Dass die Gewerkschaften bei einem solchen Prozess ein gewichtiges Wort mitzureden haben, haben wir bereits gezeigt. Was wir in Europa organisieren kn-nen, ist bei der Dienstleistungsrichtlinie 2007 sichtbar geworden. Demonstrationen, Gesprche mit Abgeord-neten aus dem EU-Parlament in ihren Wahlkreisen in Deutschland und eine sehr aktive Lobbyarbeit hat zur Bereichsausnahme fr Gesundheits- und Soziale Dien-ste in der Richtlinie gefhrt. Viel besser wre es natr-lich im Fall des Freihandelsabkommens, wir wrden es durchsetzen, dass Gesundheits- und Soziale Dienste gar nicht erst verhandelt werden. Und noch besser wre es, Europa wrde sich zu seinem Solidarmodell bekennen und die Rechte von Gewerkschaften und den Gesund-heits- und Arbeitsschutz nicht in Frage stellen. Und noch viel besser wre es, endlich Gesundheits- und soziale Dienste und andere Dienste der Daseinsversor-gung in einer eigenen Richtlinie zu regeln und grund-stzlich aus dem Binnenmarkt und aus dem Wettbe-werb in Europa und schon gar aus dem Wettbewerb im Internationalen Markt herauszunehmen.
Margret Steffen und Uta von Schrenk
Mit diesem Beitrag erffnen wir eine Diskussion zum Freihandelsabkommen USA EU.
Mehr Informationen dazu unter: www.gesundheitspolitik.ver.di.de/themen/europawww.verdi.de
Gefahr fr Gesundheit und Soziales:
Das geplante Freihandelsabkommen Das geplante Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU zwischen den USA und der EU
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18 Kirchen .info Nr. 23 Sommer 2014
In einer breiten Umfrage der Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (AGMAV) Hessen und Nas-sau hatten sich im Herbst 2012 insgesamt sechzig Ein-richtungen beteiligt und sich mit einer Mehrheit von 98 Prozent fr Tarifvertrag und gegen die Beteiligung am Dritten Weg ausgesprochen. Man stelle sich das nur mal im wirklichen Leben der Bundesrepublik vor: Die Arbeitgeber von Gesamtmetall leiten eine Versamm-lung von Betriebsrten der IG Metall und zwingen diese, Vertreter/innen in ein Gremium zu whlen, das explizit keine Tarifvertrge abschliet.
Kirche und die Diakonie Hessen haben hier noch ein gewaltiges Demokratiedefizit.
Wir stellen die einfache Frage an die Diakonie Hessen:
Mit wem und welchen Vertreter/innen mch-ten Sie zuknftig das Arbeitsrecht aushandeln?
Die Diakonie als ernst zu nehmender Sozialverband kann wohl im Ernst nicht darauf spekulieren, mit einer Handvoll isolierter und von ihr ausgewhlter Mitar-beitervertreter, die keine Untersttzung bei der Mit-arbeiterschaft haben, die ARK zwangsweise zu beset-zen. Wo soll denn da ein konsensfhiges Arbeitsrecht herkommen? Die Diakonie in Hessen wrde ihren Rest an Glaubwrdigkeit verlieren. Auf der Kundgebung in Friedberg war die aktuelle Entwicklung in Richtung Ta-rifvertrge in Niedersachsen das beherrschende Thema (s. Artikel Seite 5) und der Vorstand des Diakonischen Werkes wurde zur Besinnung aufgefordert.
Weshalb ist eine Entwicklung wie in Nie-dersachsen in Hessen nicht mglich?
Erhard Schleitzer
Das neu fusionierte Diakonische Werk (DW) Hessen versucht mit der Brechstange eine neue Arbeitsrecht-liche Kommission (ARK) einzurichten. Nun ist die Wahl der Arbeitnehmervertreter zur ARK Hessen am 31. Mrz in Friedberg zum dritten Mal gescheitert. War die erste Wahlversammlung am 22. August 2013 schlampig vorbereitet und scheiterte an gravierenden Formfehlern, wurde die zweite fr den 29. November 2013 vorgese-hene Wahlversammlung kurzfristig verschoben, um den Beteiligten angeblich ausreichend mehr Zeit fr Ge-sprche zu geben. Die dazwischen liegende Zeit wurde vom Diakonischen Werk jedoch nicht dazu genutzt, um ernsthafte Gesprche auch mit ver.di ber die zuknf-tige Gestaltung des Arbeitsrechts zu fhren.
Zur vom Aufsichtsrat des Diakonischen Werks Hes-sen aufgerufenen Wahl am 31. Mrz waren zahlreiche Demonstrant/innen erschienen. Als diese nicht sofort den Vorraum des Versammlungsortes verlieen, wurde ein groes Polizeiaufgebot bestellt und den Demons-trant/innen mit Anzeige wegen Hausfriedensbruch gedroht. Die Wahl sollte auf Biegen und Brechen durchgezogen werden. Endlose Hakeleien um Form-vorschriften, anschlieende Massenkandidatur und Abbruch der Vorstellungsrunde der Kandidat/innen nach fast zehn Stunden waren das Ergebnis davon, dass der Aufsichtsrat des Diakonischen Werks sich an-mate, eine Versammlung der Mitarbeitervertretungen (MAVen) zu leiten und zur Wahl zu zwingen. Hatten doch die beiden Gesamtausschsse der MAVen in Hes-sen und Nassau und Kurhessen-Waldeck im Vorfeld in zahlreichen Beschlssen und Gesprchen bereits diese Zwangswahlen abgelehnt und eine tarifvertragliche L-sung gefordert.
Diakonisches Werk Hessen:
Dritter Weg im dritten Anlauf gescheitert Dritter Weg im dritten Anlauf gescheitert
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19Kirchen .info Nr. 23 Sommer 2014
Der Aufsichtsrat des Diakonischen Werks (DW) Hessen lud am 31. Mrz 2014 seine Mitarbeitervertretungen nach Friedberg ein, um sich die Arbeitnehmervertreter/innen fr die speziell hessisch konstruierte Arbeitsrecht-liche Kommission (ARK) whlen zu lassen. Den Vorsitz der Wahlversammlung hatten, nach kirchengemen Verstndnis der Dienstgemeinschaft, zwei Vertreter vom Aufsichtsrat des DW, Herr Bertelmann und Frau Gebhardt. Also: zwei Arbeitgebervertreter leiteten die Versammlung der Mitarbeitervertretungen (MAVen), deren Gesamtvorstnde vorher erklrt hatten, dass sie diese Wahl gar nicht wollten und lieber Tarifvertrge htten. So etwas gibt es hierzulande nur noch bei den Kirchen.
Die neue Paritt: Neun Polizeiautos fr neun Vertreter in der ARK Die beiden Vertreter/innen des Aufsichtsrats wollten unbedingt den Erfolg und versuchten es gleich mit der Brechstange. Als protestierende Mitarbeiter/innen sich im Vorraum des Versammlungsraumes aufhielten und etwas auf den mitgebrachten Trillerpfeifen herumpfif-fen, wurde sofort der starke Arm des staatlichen Rechts bemht. Die Polizei wurde wegen des unbotmigen Auftretens der aufmpfigen Mitarbeiter/innen alarmiert und sollte einschreiten, um die kirchliche Ordnung in der Friedberger Stadthalle wiederherzustellen. Die Dia-konieoberen drohten mit Anzeige wegen Hausfriedens-bruch. Weil sich nun einige der protestierenden Pro-testant/innen nicht ganz so schnell bewegten, wurde Verstrkung angefordert. Mit Absicht oder ungewollt hatten die beiden aufrechten Vertreter/innen des Auf-sichtsrats des Diakonischen Werks eine neue Paritt bei der ARK-Wahl Hessen eingefhrt: Auf die neun Arbeit-nehmervertreter/innen in die ARK kam die gleiche An-zahl, nmlich auch neun, Einsatzwagen der Polizei.
Der Aufsichtsrat des DW wird dem Kandidat/innenansturm nicht HerrMit Blick auf die Friedberger Polizei und die neun Strei-fenwagen erklrte Versammlungsleiter Bertelmann: Wir whlen heute auf jeden Fall. Die Stadthalle ist bis 21 Uhr gemietet und notfalls machen wir auf dem Parkplatz weiter. Nun sollen sich die Kandidat/innen melden. Pltzlich waren es 64. Herr Bertelmann und Frau Gebhard stutzen: So viele und woher pltzlich die Begeisterung? Es musste nun ein Wahlzettel geschrie-ben und ausgedruckt werden. Das dauerte. Und dann waren auf dem ausgedruckten Wahlzettel Fehler drin,
die Namen nicht richtig alphabetisch angeordnet und die Einrichtungen der Kandidat/innen fehlten. Ein neuer Wahlzettel musste geschrieben werden. Und das dau-erte wieder. Mittlerweile war es frher Nachmittag und abgesehen von den Sitzungsunterbrechungen hatten die Delegiert/innen noch keine ordentliche Pause ge-schweige denn ein Mittagessen erhalten. Die Delegiert/innen, die ihr Hungergefhl zum Ausdruck brachten und auf Abhilfe drngten, bekamen die aufmunternde Antwort, dies sei doch ihre Veranstaltung und da ht-ten doch sie fr ihre eigene Verkstigung zu sorgen. Aha, dachten sich manche, genauso luft es bei den Veranstaltungen von unseren Arbeitgebern wohl auch.
Drauen demonstrierten derweil die Sympathisant/innen der geplagten und hungernden ARK-Delegiert/innen. Praktisch, dass der Versammlungssaal eine breite Fensterfront hatte, so konnten die Demonstrant/innen ihren Delegiert/innen aufmunternd zuwinken. Diese freuten sich und gingen an die Tren und winkten be-geistert zurck. Die Dame und der Herr vom Aufsichts-rat schauten indigniert.
Die Kandidatenvorstellung begann. Der erste Kan-didat redete vierzig Minuten. Die Dame und der Herr auf dem Podium sahen genervt auf die Uhr, Was sie da erzhlen, das wissen wir doch alles schon. Nein, nein, wissen wir nicht, er soll weiterreden, kam es aus dem Publikum zurck. Die Kandidatenvorstellung muss-te weitergehen.
Persnlicher Erfahrungsbericht:
Die angekndigte und nicht zu Ende Die angekndigte und nicht zu Ende gekommene Wahl zur ARK Hessen gekommene Wahl zur ARK Hessen
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20 Kirchen .info Nr. 23 Sommer 2014
Auch der zweite Redner stellte sich ausgiebig vor und wurde mit tosendem Applaus bedacht, genauso auch die folgende Rednerin, die es nicht ganz auf eine halbe Stunde brachte. Der vierte Redner stellte mit seiner Kandidatur ausfhrlich die Probleme in der Al-tenpflege vor.
Zehn Stunden mit Wasser und ohne BrotMittlerweile war es 18.30 Uhr und weitere sechzig Kandidat/innen harrten auf ihre Vorstellung, soweit sie nicht vor lauter Hunger oder huslicher Verpflichtungen bereits abgereist waren. Und immer noch keine richtige Pause fr die versammelten MAVler und man glaubt es nicht nichts zu essen. Kein Brot oder Brtchen (nur am frhen Morgen zur Beginn der Versammlung), nur Wasser und Kaffee. Die Versammlung wurde unterbro-chen. Die Dame und der Herr vom Aufsichtsrat ahnten, dass ihnen die Wahlversammlung aus dem Ruder lief und meinten, die versammelten MAVen knnten doch das Ende der Versammlung beschlieen. Das wollten die aber nicht, denn das knnte eine bse Falle sein. Erklren die Delegiert/innen mehrheitlich, dass sie sich am Wahlverfahren nicht beteiligen, dann droht das DW Hessen mit dem so genannten Ersatzentsendeverfah-
ren. Alle 35.000 Mitarbeiter/innen des DW Hessen sol-len dann die neun bzw. acht Vertreter/innen in die ARK whlen (jeder kann dann kandidieren; ob das dann der lngste Wahlzettel in der Geschichte der demokra-tischen Wahlen wird?).
Nach langem Hin und Her einigte sich man, also die noch anwesenden Delegiert/innen und Herr und Frau Aufsichtsrat, auf die Formulierung, dass die Ver-sammlung fr ergebnislos beendet erklrt wird. Angenommen durch Tischklopfen und vorsorglich nicht durch formale Abstimmung. Das wars. Erschpft, aber die meisten Delegiert/innen mit einem Dauergrinsen im Gesicht, zogen sie nach Hause. Frau, Mann, Kind, Hund warteten schon und vor allen Dingen: das Essen.
PS: Tags drauf zeigte das DW Hessen in einer Presse-erklrung Mitgefhl mit den traktierten Delegiert/innen, aber nicht mit allen: Wir bedauern, dass eine Wahl nicht zustande gekommen ist, insbesondere im Sinne der Mitarbeitervertretungen, deren Delegierte gerne ihre Stimme abgeben htten. Solche Aufsichts-ratsversteher gab es wirklich, sie waren aber an einer Hand abzuzhlen.
Redaktion Kircheninfo
Friedberg in Hessen erlebte aufregende Stunden: Der Dritte Weg in der Sackgasse.Friedberg in Hessen erlebte aufregende Stunden: Der Dritte Weg in der Sackgasse. Fotos auf den Seiten 18 bis 20:ver.diFotos auf den Seiten 18 bis 20:ver.di
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21Kirchen .info Nr. 23 Sommer 2014
Der Juristische Vorstand der Diakonie Hessen hatte im vergangenen Oktober die Wahl von zwei Kollegen in den neuen Gesamtausschuss ehemals der Vorstand der Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen (MAVen) in Hessen und Nassau fr unwirksam erklrt, da sie nicht Mitglieder einer Kirche der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Deutschland (ACK) sind. Sie htten deshalb keinen Anspruch auf Dienstbe-freiung zur Bettigung fr den Gesamtausschuss. Hiermit erlitt die Diakonie nun vor dem Kirchen-gericht eine Niederlage.
Im Detail: Auf der Mitgliederversammlung am 10. Sep-tember 2013 wurde auf Grundlage der Paragraphen 8 und 14 des Mitarbeitervertretungsgesetzes des Dia-konischen Werks (MVG.DW) der Gesamtausschuss fr den Bereich Hessen und Nassau gewhlt. Die in 8 (4) enthaltene Magabe, dass je Einrichtung und Dienst-stellenverbund nur ein Mitglied im Gesamtausschuss vertreten sein darf, wurde vom Wahlvorstand kontrol-liert und umgesetzt. Ebenso achtete er darauf, dass, wie im gleichen Paragraphen in Absatz 3 festgelegt, der Gesamtausschuss aus der Mitte der anwesenden Vertreter/innen der entsendenden MAVen gewhlt wurde. An keiner Stelle des 8 mit der berschrift Bildung des Gesamtausschusses gibt es weitere Einschrnkungen oder Querverweise auf den von der Diakonie zitierten 3 des MVG.DW bezglich der Whlbarkeit in den Gesamtausschuss.
Das Wahlergebnis wurde verffentlicht und mit den in der Konstituierenden Sitzung getroffenen Be-schlssen zum Vorsitz und der Reihenfolge der Stellver-tretungen am 18. September 2013 dem Vorstand der Diakonie Hessen schriftlich mitgeteilt. Der Gesamtaus-schuss nahm damit seine Arbeit auf.
Mit Schreiben vom 2. Oktober 2013 teilte der Ju-ristische Vorstand der Diakonie Hessen dann mit, die Wahl der Kollegen sei unwirksam, da beide nicht Mit-glied einer sogenannten ACK-Kirche sind. Dies habe auch zur Folge, dass beide keinen Anspruch auf Frei-stellung aus dem Kontingent des Gesamtausschusses htten.
Eine Rechtsberatung kam jedoch klar zu dem Er-gebnis, dass die Vorgabe, Mitglied einer ACK-Kirche sein zu mssen, um fr den Gesamtausschuss whlbar zu sein, aus dem Aufbau und der Logik des MVG.DW nicht ableitbar ist.
Das erste Gesprch zwischen dem neu gewhlten Gesamtausschuss und einem Vertreter des Vorstands der Diakonie Hessen im November 2013 brachte in der Frage der strittigen Mandate keine Annherung. Eine Anfechtung der Wahl war weder seitens der Diakonie Hessen noch von wahlberechtigten MAVlern erfolgt trotzdem weigerte sich der Vorstand der Diakonie Hes-sen eine entsprechende Klage vor dem Kirchengericht einzureichen. Vielmehr wurde nochmals betont, die Wahl beider sei unwirksam, es gbe keine Freistellung und es wrden ihnen keine Reisekosten erstattet.
Daraufhin klagte der Gesamtausschuss mit anwalt-licher Untersttzung vor dem Kirchengericht. Sein zen-trales Argument: Die Rechtssystematik im MVG.DW kann nicht stimmig sein, wenn fr die Wahl in die rt-liche MAV die ACK-Kirchenzugehrigkeit keine Rolle spielt, dies aber bei der Wahl in den Gesamtausschuss pltzlich der Fall sein soll.
Die aufgebaute Logikkette der anwaltlichen Gegen-seite erschien verblffend einfach: Es wre ja theore-tisch denkbar, dass in allen MAVen im Geltungsbereich Hessen und Nassau ausschlielich Mitarbeiter/innen gewhlt wurden, die keiner ACK-Kirche angehren in der Folge knnte es dann fr Hessen und Nassau kei-nen Gesamtausschuss mehr geben. Allein: Das steht nirgends so im Gesetz und widerspricht elementaren Grundstzen der Gleichbehandlung.
In der Zwischenzeit nahmen und nehmen die beanstandeten Mitglieder im Gesamtausschuss trotz der Behauptung, ihre Wahl sei unwirksam, in vollem Umfang ihre durch die Wahl ausgelsten Aufgaben im Gesamtausschuss, in den Beratungen und Schulungen von MAVen und in Gesprchen mit dem Vorstand der Diakonie Hessen wahr.
Die Klage vor dem Kirchengericht im Auftrag des Gesamtausschusses in Hessen und Nassau wurde nun am 23. April verhandelt und entschieden in allen Punkten erhielt der Gesamtausschuss ohne Einschrn-kungen recht:
Die am 10. September 2013 erfolgte Wahl der bei-den Kollegen in den Gesamtausschuss des DW in Hessen und Nassau ist wirksam.
Das Diakonische Werk Hessen ist verpflichtet, den Arbeitgebern die Freistellungen zu melden.
Das Diakonische Werk Hessen ist verpflichtet, die durch deren Ttigkeit fr den Gesamtausschuss ent-stehenden Kosten zu tragen.
Kirchengericht stellt klar:
ACK-Klausel gilt nicht fr den ACK-Klausel gilt nicht fr den Gesamtausschuss des Diakonischen Gesamtausschuss des Diakonischen Werks in Hessen und Nassau Werks in Hessen und Nassau
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22 Kirchen .info Nr. 23 Sommer 2014
Gewerkschaft ist das Strkste, das die Schwachen haben! Dies sagte die ver.di-Landesbezirksleiterin von Baden-Wrttemberg, Leni Breymaier, in ihrer Rede beim zweiten Warnstreiktag in Stuttgart und erhielt to-senden Beifall. Das Tarifergebnis im ffentlichen Dienst von 3 Prozent, mindestens aber 90 Euro zustzlich, lsst sich durchaus sehen. Die Laufzeit wurde fr eine Dauer von 24 Monaten vereinbart und so gibt es ab dem 1. Mrz 2015 noch einmal 2,4 Prozent obendrauf. Die ver.di Jugend erreichte fr dieses Jahr 40 Euro und
fr das kommende 20 Euro. Auerdem gibt es nun fr alle im ffentlichen Dienst 30 Tage Urlaub pro Jahr und fr die Auszubildenden 28 Tage.
Wir, die Beschftigten der Diakonie Wrttemberg, sagen Danke, zunchst den Beschftigten im ffent-lichen Dienst, die dieses Tarifergebnis auch fr uns miterstreikt haben. Denn dank der Tarifautomatik wer-den die Gehaltserhhungen auch bei uns rckwirkend zum 1. Mrz 2014 ankommen, sobald die Mitglieder-befragungen auf beiden Seiten grnes Licht fr den Abschluss geben und der Tarifvertrag redaktionell ins Reine geschrieben wurde.
Darber hinaus bedanken wir uns bei den Kolle-ginnen und Kollegen der Einrichtungen, die in ihrer Freizeit die Warnstreiks begleiteten und sowohl am er-sten Warnstreiktag in Esslingen, als auch am zweiten in Stuttgart herzlich begrt wurden.
Leni Breymaier baute sogar die Tageslosung der Herrnhuter Brdergemeinde in ihre Rede mit ein. Ein deutliches Zeichen, wie wichtig die Beschftigten in Diakonie und Caritas bei ver.di genommen werden, aber auch ein Appell an uns, weiter mit gutem Engage-ment und Solidaritt gemeinsam die gleichen Ziele zu verfolgen. Denn Beschftigte bei Kirche und Diakonie bezahlen nicht weniger fr Strom oder Lebensmittel und auch wir sind es wert, von unseren Lhnen und Gehltern auskmmlich leben zu knnen.
Gewerkschaft ist das Strkste, das die Schwachen haben! Dies gilt nach wie vor auch in Diakonie und Caritas, welche sich immer noch und immer mehr An-forderungen eines imaginren Marktes stellen wollen oder zu mssen glauben. Je strker die Gewerkschaft im kirchlichen Umfeld ist, um so strker werden auch die vermeintlich Schwachen.
Wir in der Diakonie Wrttemberg, haben die auskmmliche Situation, dass der Tarifvertrag des f-fentlichen Dienst Eins zu Eins bei uns gilt und haben deshalb ein besonderes Interesse an einer starken Ge-werkschaft ver.di, auch wenn wir in dieser Tarifrunde, anders als 2012, nicht streikten, sondern die Veranstal-tungen solidarisch in unserer Freizeit begleiteten, um unsere Krfte fr den Tarifvertrag Sozial- und Erzie-hungsdienst zu schonen.
Martin Auerbach
Ziel der politischen Arbeit der nchsten Jahre muss es nun sein, die unzeitgeme ACK-Klausel ganz aus dem Mitarbeitervertretungsrecht zu verbannen. Denn: Wenn in Mitgliedseinrichtungen auch Nicht-Kirchen-mitglieder als Arbeitnehmer/innen beschftigt werden, mssen sich diese bei der Wahl ihrer betrieblichen (und
berbetrieblichen) Interessenvertretung vllig gleichbe-rechtigt beteiligen knnen alles andere widerspricht dem Geist des Allgemeinen Gleichbehandlungsge-setzes.
Redaktion Kirchen.info
Tarifvertrag ffentlicher Dienst:
Diakonie Wrttemberg sagt Danke Diakonie Wrttemberg sagt Danke
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23Kirchen .info Nr. 23 Sommer 2014
Diakonie Wrttemberg:
bernahme des Tarifvertrags Sozial- bernahme des Tarifvertrags Sozial- und Erziehungsdienst verweigert und Erziehungsdienst verweigert
Gewerkschaften sind auch bei Diakonie und Ca-ritas zu beteiligen, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) 2012 festgestellt. Und dass unterschiedliche Standpunkte zwischen Arbeitgeber- und Arbeits-kraftgeberseite mittels Schlichtung abschlieend geregelt werden, ist praktizierter Dritter Weg.
Was jedoch derzeit in der wrttembergischen Diakonie geschieht, spottet beidem und auch jeder Beschreibung. Den Sozial- und Erziehungsdiensttarif-vertrag (TV SuE), welchen es im ffentlichen Dienst seit 2009 gibt, versuchte die Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen Wrttemberg (AGMAV) ge-nauso lange auch fr die Beschftigten der wrttem-bergischen Diakonie zu bernehmen, schlielich war es 2008 gelungen, den Tarifvertrag des ffentlichen Dienstes (TV D) Eins zu Eins zu bernehmen.
2013 war es den Beschftigten zu bunt geworden und sie hatten die bernahmeverhandlungen am 19. Juli 2013 vom Oberkirchenrat in Stuttgart (wo die Ar-beitsrechtliche Kommission tagt) hinunter getragen zur Gewerkschaft ver.di. Denn Tarifverhandlungen sind Sache der Gewerkschaft. Eine Tarifkommission war auch schnell gebildet, tagte und schrieb auch die Ar-beitgeberseite an.
Die Arbeitgeber aber zogen es vor, die Angelegen-heit vor die Schlichtung zu tragen. Mit dem Ergebnis dieser Schlichtung nmlich, dass der TV SuE zu ber-nehmen sei waren sie nicht zufrieden. Sie hofften auf ein anderes Ergebnis in einer weiteren Schlichtung. Auch diese weitere Schlichtung brachte kein anderes Ergebnis, sondern lediglich eine Zeitschiene bis zu der der Schlichterspruch umgesetzt werden msse: Bis 31. Mai soll der TV SuE in der wrttembergischen Diakonie gelten und zwar rckwirkend zum 1. Februar 2014.
Daraufhin beschloss die Tarifkommission, das Diako-nische Werk anzuschreiben, schlielich sind nach BAG-Urteil Gewerkschaften einzubinden und die bernahme drfte nicht ganz einfach sein, nachdem seit 2009 schon wieder einige Jahre ins Land gezogen sind.
Auf eine Antwort wartet die Tarifkommission (TK) allerdings bislang vergebens und man darf gespannt sein, wie die TK nun den Druck auf die diakonischen Dienstgeber erhht oder ob diese doch noch einlen-ken und sich auf den von ihnen propagierten Dritten Weg besinnen, nach welchem Schlichtungsergebnisse umgesetzt werden mssen.
Martin Auerbach
Diakonie in Thringen:
Nichtchristen haben weniger Rechte Nichtchristen haben weniger Rechte
Nichtchristen haben bei der Diakonie weniger Rech-te. So titelte die Thringer Allgemeine am 28. April zu den aktuellen Vorkommnissen am kumenischen Hai-nich Klinikum in Mhlhausen. Die vergangenen zwlf Jahre arbeitete Uwe Schenke aktiv in der Mitarbeiter-vertretung, war aber nun bei den abgeschlossenen Neuwahlen nicht mehr whlbar.
Grund ist die seltsam anmutende Regelung im Mit-arbeitervertretungsgesetz (MVG) Mitteldeutschland, wonach die erforderliche Zugehrigkeit zu einer christ-lichen Kirche als Voraussetzung fr die Whlbarkeit in die Mitarbeitervertretung (MAV) ausgesetzt werden kann, wenn weniger als die Hlfte der Mitarbeiter/innen nicht einer christlichen Kirche angehren. Fr die Wahlen 2014 stellte die Leitung des Klinikums fest, dass nun angeblich 51 Prozent der Mitarbeiter/innen einer
christlichen Kirche angehrten. Damit waren der be-troffene Mitarbeitervertreter und drei weitere MAVler nicht mehr whlbar. Ihnen wurde genauso wie etwa der Hlfte der 1100 Beschftigten das passive Wahl-recht entzogen.
Auf diesen Vorgang angesprochen, erklrte die Diakonie Mitteldeutschland, dass diese Regelung notwendig sei, um das kirchliche Profil sichtbar zu ma-chen. Ausgrenzung und Einschrnkung demokratischer Rechte sind aber wohl alles andere als die Werte, die der Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zu Grunde liegen. Es ist eine spannende Frage, ob diese Regelung und das Vorgehen der Diakonie in Mhlhau-sen nicht ein grober Versto gegen das Antidiskriminie-rungsgesetz darstellen.
Erhard Schleitzer
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24 Kirchen .info Nr. 23 Sommer 2014
GrulaTV eine besondere Stellung. Dort wurde nmlich mit der Diakonie bereits im Mai 2013 ein Tarifvertrag ber eine Tarifsteigerung fr die 30.000 Beschftigen abgeschlossen. Zustzlich wurde auf Grundlage des Arbeitsrechtsregelungsgesetzes im Frhjahr 2014 eine Sozialpartnerschafts- sowie eine Schlichtungsvereinba-rung abgeschlossen; die erste regulre Tarifrunde fr die Diakonie in Niedersachsen luft zurzeit!
Daher werden jetzt auf unterschiedlichen Ebenen Gesprche zur Klrung der rechtlichen Situation aber auch zur Sondierung zwischen den Verhandlungspart-nern gefhrt. Jngster Termin war ein Gesprch zwi-schen den beteiligten ver.di-Landesbezirken Nord und Hamburg mit dem Landesbischof Gerhard Ulrich am 29. April. Hier wurden bereits konkrete Vereinbarungen getroffen, wie man die offenen Fragen konstruktiv diskutieren und an Lsungen arbeiten kann. Beide Sei-ten werden die fr sie wichtigen Themen einbringen und ergebnisoffen bearbeiten knnen. Die komplexe und komplizierte Thematik von Tarifrecht und Arbeits-rechtsregelungsgrundstzegesetz (ARRGG) erfordern Transparenz und abgestimmtes Vorgehen. Ganz einfach werden die Lsungen nicht sein knnen. Aber einfach kann ja jeder.
Sabine Da
Oder knnen Lsungen gefunden werden, mit der beide Tarifpartner besser leben knnen als bisher?
Keine Gewerkschaft dieser Welt kann auf die Mglich-keit eines Arbeitskampfes verzichten. Dies gilt selbst-verstndlich auch fr ver.di. Das hat das Bundesarbeits-gericht in seiner Entscheidung zum Streikrecht im No-vember 2012 auch so entschieden. Seither ist Streiken grundstzlich in Kirche und Diakonie zulssig.
Doch in der Nordkirche sind wir durch den Grund-lagentarifvertrag (GrulaTV) an die Friedenspflicht lnger gebunden als die Laufzeiten der jeweiligen Tarifvertr-ge. Und dieser erlaubt uns eben nicht, fr bessere Ent-lohnungen und Arbeitsbedingungen zu streiken.
Deshalb haben die ver.di-Tarifkommissionen fr den Kirchlichen Arbeitnehmer Tarifvertrag (KAT) fr die ver-fasste Kirche und fr den Kirchlichen Tarifvertrag Diako-nie (KTD) entschieden, den Grundlagentarifvertrag zum nchst mglichen Zeitpunkt, den 31. Dezember 2016, zu kndigen. So knnte ver.di mit dem Druckmittel des Streikes auch auf Augenhhe verhandeln.
Alle betroffenen Mitglieder wurden befragt, welche Position sie in dieser Sache vertreten. Die Beteiligung an der Befragung war zwar nicht berwltigend, aber aussagekrftig: Kndigung des GrulaTV. Insgesamt hat-ten rund 15 Prozent der Mitglieder den Fragebogen an uns zurckgefaxt oder waren zu einer der bezirklichen Informationsveranstaltungen gekommen.
Grundstzlich gibt es im Zusammenhang mit der Umsetzung des Votums jedoch eine Reihe noch unge-klrter Fragen: Welche Alternativen bestehen? Zum Beispiel ein n-
derungstarifvertrag, der die Laufzeit von fnf Jahren verkrzt.
Wie wirkt sich eine mgliche Kndigung auf die bis dahin noch zu fhrenden Tarifverhandlungen aus?
Wie wirkt der GrulaTV, wenn die Kirchengewerk-schaft, ehemals vkm, die ihn mitverhandelt, nicht kndigt? Hintergrund: Im Rahmen des Arbeitsrechts-regelungsgesetzes der Nordkirche existiert ein Diffe-renzierungsverbot.
Welche Folgen hat das Ganze fr die Gesprche zum Tarifvertrag Soziales in Nord bzw. fr die Ver-handlungen zur Allgemeinverbindlichkeit des KTD in Hamburg?
Was ist gewerkschaftspolitisch, was tarifpolitisch sinnvoll?
Vor dem Hintergrund der uerst spannenden Entwick-lung in Niedersachsen bekommt die Kndigung des
Nordkirche:
Kndigt ver.di den Grundlagentarifvertrag? Kndigt ver.di den Grundlagentarifvertrag?
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25Kirchen .info Nr. 23 Sommer 2014
Mit geradezu ambulanzschnellem Einsatz haben Caritas und Katholische Kirche auf zwei Entscheidungen aus Rom vom Jahr 2010 reagiert. Bis zum 31. Dezember 2013, so hie es, muss die Grundordnung in den Sta-tuten der einzelnen kirchlichen Gesellschaften, der Ver-eine und Genossenschaften, der Orden und und und rechtsverbindlich bernommen werden. Sonst, so die unterschwellige Drohung, drfe die jeweilige Einrich-tung nicht mehr das kirchliche Arbeitsrecht anwenden. Sie msse sich den Normen des Betriebsverfassungs-gesetzes beugen und wrde den Gewerkschaften zum Fra vorgeworfen! Beelzebub ante portas!
Und jetzt?Aus kirchlichen Arbeitnehmerkreisen war zu hren, dass zu Jahresbeginn die Quote der Einrichtungen,
Caritas und Grundordnung:
War da was? War da was?
die mit der bernahme der Grundordnung konfron-tiert waren und ihr entsprochen hatten, dizesan unterschiedlich, zwischen siebzig bis neunzig Prozent lag. Valide Zahlen wurden bislang nicht verffent-licht. Offenbar waren die zweieinhalb Jahre zwischen der Neufassung der Grundordnung und dem Termin sptestens zum 31. Dezember 2013 zu knapp, um der Verpflichtung zu gengen. Wobei es neben der eigentlich zu erwartenden gehorsamen bernahme alle mglichen Varianten gab: Nichtbernahme, zu einem spteren Zeitpunkt in Aussicht gestellte bernahme, dispensierte Versptung, Ignorieren der Norm
Wo die Grundordnung nicht bernommen wurde, war zum 1. Januar den Mitarbeitervertretungen (MAVen) die Rechtsgrundlage entzogen. Natrlich war es aber auch nicht so, dass man sich jetzt in Einrich-
Baumann-Czichon Gathmann Germer
MVG-EKD KommentarMITARBEITERVERTERUNGSGESETZ DER EVANGELISCHEN KIRCHE IN DEUTSCHLAND
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26 Kirchen .info Nr. 23 Sommer 2014
tungen, die keine oder schwache MAVen hatten, pltzlich darum gerissen htte, Betriebsrte whlen zu drfen, sowenig wie die weggefallene Missbilligung von Arbeitskmpfen gleich zu wilden Streiks gefhrt htte.
Nur wo bleibt die Konsequenz der Bischfe und des Caritasverbandes? Wo bleibt eine klare Verffentli-chung in den dizesanen Amtsblttern, welche Einrich-tungen knftig noch oder nicht mehr dem kirchlichen Arbeitsrecht unterliegen? Drfen die Beschftigten nicht wissen, ob sie kirchliche Loyalittspflichten auch in ihrem Privatleben beachten mssen?
Nur in wenigen Einrichtungen ist die dezidierte Ent-scheidung getroffen worden, sich auf Dauer nicht mehr der Grundordnung zu unterwerfen. Die Beschftigten dieser Einrichtungen finden sich seit dem 1. Januar auerhalb der Dienstgemeinschaft wieder und haben von einem Tag auf den anderen nicht mehr Teil am Sendungsauftrag der Kirche. Dass dieser Sachverhalt ein Aspekt theologischer Sorge gewesen wre, konnte man in keiner der zahlreichen Konferenzen und Ver-anstaltungen, die es zu diesem Thema gab, erfahren und in keinem der ungezhlten juristischen Analysen und Expertisen lesen, die die einschlgigen juristischen Fachzeitschriften fllen. Vielleicht auch, weil das Thema ausschlielich Juristen und Kirchenfunktionre im Feld des kirchlichen Arbeitsrechts interessiert und ansonsten weder die Theologen, noch die Glubigen, noch die Mitarbeiter/innen, noch die Klient/innen der kirchlichen oder nun nichtkirchlichen Dienste. Ob die Praxis der Nchstenliebe in qualitativer oder quantitativer Hinsicht von der Frage der bernahme der Grundordnung be-rhrt wird, wre eine spannende Frage, die interessante Debatten versprche, wenn sie denn gefhrt wrden.
Dort wo man die Grundordnung fristgerecht ber-nommen hat, hat man die kirchlichen Normen formal respektiert. Wenngleich auch klar ist: Wer das Recht hat, die Grundordnung in die Satzung zu bernehmen, kann sie aus dieser Satzung auch wieder entfernen. Jene, die dieser Norm dann unterworfen werden und auch ihr Privatleben an der katholischen Sittenlehre zu orientieren haben, haben es da deutlich schwerer: Mit der neuen Partnerschaft nach einer gescheiterten Ehe oder einer eingetragenen Lebenspartnerschaft riskiert man seinen Arbeitsplatz.
In den zahlreichen Einrichtungen, die die Grund-ordnung nicht zum Stichtag bernommen haben, son-dern die Verpflichtung erst spter erfllt haben, wird es nach Einschtzung der Kirchenjuristen knftig zwei Arten von Mitarbeiter/innen geben: solche, fr die die starken Loyalittspflichten gelten und solche, die nur die einfachen Loyalittspflichten zu beachten haben, die eigentlich jedem Arbeitnehmer auch weltlicher Betriebe selbstverstndlich sind. Spannend knnte es werden, wie die Gerichte diese Konstellation bewerten, die der ohnehin bestehenden prekren Konsistenz der
Sanktionierung von Loyalittsversten einen weiteren Aspekt hinzufgt.
Was sich abzeichnet, wenn man sich einen ber-blick ber die verschiedenen Varianten der bernahme und Nichtbernahme verschafft, ist: Sogar viele kir-chen- und ordenseigene Betriebe und Einrichtungen haben, auch unabhngig von betrieblichen Zwecken, die Wahl, die Grundordnung zu bernehmen oder nicht zu bernehmen selbst die hundertprozentige Trgerschaft einer sozialen Einrichtung durch Kirche und/oder Caritas zieht nicht zwangslufig die Verpflich-tung zur bernahme der Grundordnung nach sich.
Wie auch immer: Zweck des ganzen Unternehmens ist weiterhin, Gewerkschaften und Betriebsrte aus den kirchlichen Betrieben fernzuhalten, dies aber nicht ohne die Bedeutung ihrer Tarifvertrge und Ttigkeiten fr die Arbeitnehmer/innen und das Gemeinwohl in Sonn-tagsreden und -predigten hochzuhalten. Fr kirchliche Betriebe gengen die Surrogate, die sich der Vorbilder (Tarifvertrge, staatliche Mitbestimmungsregelungen, Gewerkschaften) zwar als Vorlagen fr entsprechende Light-Versionen bedienen, sie aber gleichzeitig ver-achten und schwchen, indem sie suggerieren, dass es ohne selbstbewusste und selbstorganisierte Arbeit-nehmerorganisationen Fortschritte bei Arbeitnehmer-rechten und Arbeitsbedingungen geben knnte.
Man mag sich gar nicht vorstellen, welchen Schwung die Branchen Pflege, Gesundheit, Erziehung und Soziales erfahren knnten, wenn die Beschftigten sich Konfessions-, Wohlfahrtsverbands- und Arbeit-geber-bergreifend gemeinsam fr die Verbesserung von Arbeitsbedingungen und Ergebnisqualitten ihrer Arbeitsgebiete einsetzen wrden und dabei auch Un-tersttzung von den Kirchen erhalten wrden.
Ein Erfordernis der grundgesetzlich garantierten Re-ligionsfreiheit ist das Sonderrecht der Kirchen jedenfalls nicht: Niemand behauptet ernsthaft, in den europ-ischen Lndern, die kein kirchliches Sonderarbeitsrecht kennen, wrde die Religionsfreiheit systematisch miss-achtet.
Redaktion Kirchen.info
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27Kirchen .info Nr. 23 Sommer 2014
Einrichtungen der Katholischen Kirche muss-ten sich zum Jahreswechsel fr oder gegen die Grundordnung entscheiden. Indes: Keine Einrich-tung interessiert es.
In einem sddeutschen Bistum soll der Generalvikar im Amtsblatt verffentlicht haben, dass die vom Bischof als Gesetzgeber gesetzte bernahmefrist erst einmal fr alle Bedrftigen verlngert wird. Der Leiter der Ver-waltung befreit vom Gesetz? Grundordnung? Knnen wir selbst!
Eine ambulante Krankenhilfe erklrt den Mitarbei-tern, dass knftig die Mitarbeitervertretungsordnung (MAVO) nicht mehr angewendet werden kann, aber das Betriebsverfassungsgesetz auch nicht angewen-det werden darf und die Beschftigten lassen sich breitschlagen und whlen eine/n Sprecher/in der Be-schftigten. Ohne Rechte, ohne Pflichten, aber ganz vertrauensvoll.Grundordnung? Ohne alles lebt es sich so befreit!
Gewerbebetriebe in kirchlichem Eigentum, die bisher einen Betriebsrat hatten, sollen pltzlich erzieherisch oder caritativ ttig sein, und daher nicht mehr dem Betriebsverfassungsgesetz unterliegen. Grundordnung? Ganz neue Mglichkeiten!
Caritativ (gemeinntzig) oder erzieherisch ttig oder nicht? Die Entscheidung ber die bernahme/Nicht-
bernahme der Grundordnung erfolgte hufig nach pragmatischen/wirtschaftlichen berlegungen, nicht nach kirchlichen oder juristischen Vorgaben. Grundordnung? Mal sehen, ob sie zu uns passt.
Die kirchlichen Arbeitsgerichte stehen wie der Erzengel Michael mit dem Flammenschwert und prfen, ob sie in einem Streitverfahren berhaupt zustndig sind, ob denn die Grundordnung wirklich rechtzeitig in den Sta-tuen verankert wurde. Grundordnung? Anarchie!
Aus der ultimativen Drohung der Entkirchlichung ist was geworden? Kuschelkurs mit allen, die sich schon bisher nicht die Bohne um die Vorgaben der Bischfe gekmmert haben? Hauptsache, der katholische Lie-beskonzern bleibt mglichst umfangreich erhalten. Und seit der ADAC vom Finanzamt geprft wird, wei man ja allgemein, dass ein angeblich gemeinntziger Verein irgendwie weniger Steuern zahlen muss als ein gewerbliches Unternehmen.Grundordnung? Sind wir doch irgendwie alle.
Der kreiende Berg gebar eine Maus oder so. Wer derart grozgig mit seiner Sonderrolle spielt, riskiert seinen Sonderweg. Aber wie knnte man Besonder-heit auch bezeichnen? Das Wort absonderlich trifft es wohl besser.
Redaktion Kirchen.info
Grundordnung der Katholischen Kirche:
Randnotizen aus gegebenem Anlass Randnotizen aus gegebenem Anlass
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ver.di BundesverwaltungGeorg Gttner-MayerTel. 030 / [email protected]
Berno Schuckart-WitschTel. 030 / [email protected]
NordSabine DaTel. 0451 / [email protected]
HamburgDr. Arnold RekittkeTel. 040 / [email protected]
Niedersachsen-BremenAnnette KlausingTel. 0 511 / [email protected]
HessenSaskia JenschTel. 06151 / [email protected]
Nordrhein-WestfalenMaria TschautTel. 0211 / [email protected]
Berlin-BrandenburgKalle KunkelTel. 030 / 8866 [email protected]
SAT (Sachsen, Sachsen-Anhalt, Thringen)Gisela MendeTel. 0341 / [email protected]
Rheinland-PfalzAndrea HessTel. 06131 / [email protected]
SaarLisa SummkellerTel. 0681 / [email protected]
BayernLorenz GantererTel. 089 / [email protected]
Baden-WrttembergIrene GlzTel. 0711 / [email protected]
Unsere Ansprechpartner/innen in den ver.di Landesbezirken
Vereinte
Dienstleistungs-
gewerkschaft
Vereinte
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gewerkschaftGesundheit, Sozia
le Dienste,
Wohlfahrt und Kirchen
Mglich und erlaubt:
Gewerkschaftliche Arbeit
in kirchlichen Betrieben
Vereinte
Dienstleistungs-
gewerkschaftGesundheit, Sozia
le Dienste,
Wohlfahrt und Kirchen
Leitfaden fr
Mitarbeitervertretungen
in der Evangelischen
Kirche und der Diakonie
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