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Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 Juli 2015

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Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 Juli 2015

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Redaktion: Olaf Boelsems, Solvy WeigertDesign und Layout: Sabine ReissnerLektorat: Jutta Cram

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Herausforderungen beim neuen Wertminderungskonzept? Eine frühe Analyse und Umsetzungs-planung ist wichtig!

Liebe Leserin, lieber Leser, IFRS 9 ist nun in Gänze veröffentlicht und das EU-Endorsement wird noch 2015 erwartet. Sie können daher die Auswirkungen des neuen Standards vollständig analysieren und die Vorteile einer vorzeitigen Anwendung bewerten. Unsere drei Broschüren zu den Phasen Klassifikation und Bewertung, Wertminderungen und Hedge Accounting nach IFRS 9 geben Ihnen einen tiefen Einblick in die neuen Regelungen. Wir empfehlen einen raschen Projektbeginn. Auch wenn der Standard erst für ab dem 1. Januar 2018 beginnende Geschäftsjahre verpflichtend anzuwenden ist, sind ins­besondere zu komplexen Wertminderungsfällen aufwendige Umstellungen zu erwarten. Auch wenn dies insbesondere die Finanzbranche betrifft, ist eine frühe Analyse wichtig, um Umfang und Zeitbedarf abzuschätzen. Insbesondere zu Hedge Accounting ergeben sich aber auch zahlreiche Vereinfachungen und erweiterte Möglichkeiten, die Appetit auf eine vorzeitige Anwendung des neuen Standards machen. Gerne stehen wir Ihnen mit Rat und Tat zur Seite.

Olaf Boelsems Prof. Dr. Steffen KuhnFinancial Accounting Advisory Financial Accounting Advisory Corporate Treasury Solutions Financial Services

3EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Überblick 5

1 Einführung 7

2 KlassifizierungfinanziellerVermögenswerte 9

2.1 Schuldinstrumente 11

2.2 Eigenkapitalinstrumente und Derivate 12

3 ÜberprüfungdesGeschäftsmodells 15

3.1 Zur Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows gehalten 16

3.2 Zur Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows und zum Verkauf gehalten 17

3.3 FVTPL-Geschäftsmodelle 17

4 AusstattungsmerkmaledesFinanzinstruments 19

4.1 Bedeutung des Begriffs „Kapitalbetrag“ 20

4.2 Bedeutung des Begriffs „Zinsen“ 20

4.3 Modifizierte vertraglich vereinbarte Cashflows 21

4.4 Vertraglich verknüpfte Instrumente 27

5 KlassifizierungfinanziellerVerbindlichkeiten 31

6 Einstufungals„erfolgswirksamzumFairValue“bewertet 33

7 EinstufungvonnichtderivativenEigenkapitalinstrumentenals „erfolgsneutralzumFairValue“bewertet 35

8 ReklassifizierungvonFinanzinstrumenten 37

9 ZeitpunktdesInkrafttretensundÜbergangsvorschriften 41

9.1 Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung 41

9.2 Durchführung der Überprüfung des Geschäftsmodells 41

9.3 Durchführung der Prüfung der Zahlungsstrombedingungen 41

9.4 Vornahme und Aufhebung von Einstufungen 42

9.5 Anpassung von Vergleichsinformationen 43

9.6 Ausbuchung vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung 43

9.7 Anpassungen zum Übergang und Bewertung 44

10 Anhang:FragenundAntwortenzurKlassifizierungvonFinanzinstrumenten 47

10.1 Überprüfung des Geschäftsmodells 47

10.2 Auswirkung von Verkäufen auf die Überprüfung 50

10.3 FVTPL-Geschäftsmodelle 58

10.4 Die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen 59

10.5 De-minimis- und Non-genuine-Merkmale 61

10.6 Modifizierte Zeitwert­des­Geldes­Komponente 62

10.7 Modifizierter Zeitpunkt und modifizierte Höhe der vertraglichen Cashflows 64

10.8 Merkmale, die die Zahlungsstrombedingungen nicht erfüllen 66

Inhalt

4 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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Überblick 5

1 Einführung 7

2 KlassifizierungfinanziellerVermögenswerte 9

2.1 Schuldinstrumente 11

2.2 Eigenkapitalinstrumente und Derivate 12

3 ÜberprüfungdesGeschäftsmodells 15

3.1 Zur Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows gehalten 16

3.2 Zur Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows und zum Verkauf gehalten 17

3.3 FVTPL-Geschäftsmodelle 17

4 AusstattungsmerkmaledesFinanzinstruments 19

4.1 Bedeutung des Begriffs „Kapitalbetrag“ 20

4.2 Bedeutung des Begriffs „Zinsen“ 20

4.3 Modifizierte vertraglich vereinbarte Cashflows 21

4.4 Vertraglich verknüpfte Instrumente 27

5 KlassifizierungfinanziellerVerbindlichkeiten 31

6 Einstufungals„erfolgswirksamzumFairValue“bewertet 33

7 EinstufungvonnichtderivativenEigenkapitalinstrumentenals „erfolgsneutralzumFairValue“bewertet 35

8 ReklassifizierungvonFinanzinstrumenten 37

9 ZeitpunktdesInkrafttretensundÜbergangsvorschriften 41

9.1 Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung 41

9.2 Durchführung der Überprüfung des Geschäftsmodells 41

9.3 Durchführung der Prüfung der Zahlungsstrombedingungen 41

9.4 Vornahme und Aufhebung von Einstufungen 42

9.5 Anpassung von Vergleichsinformationen 43

9.6 Ausbuchung vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung 43

9.7 Anpassungen zum Übergang und Bewertung 44

10 Anhang:FragenundAntwortenzurKlassifizierungvonFinanzinstrumenten 47

10.1 Überprüfung des Geschäftsmodells 47

10.2 Auswirkung von Verkäufen auf die Überprüfung 50

10.3 FVTPL-Geschäftsmodelle 58

10.4 Die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen 59

10.5 De-minimis- und Non-genuine-Merkmale 61

10.6 Modifizierte Zeitwert­des­Geldes­Komponente 62

10.7 Modifizierter Zeitpunkt und modifizierte Höhe der vertraglichen Cashflows 64

10.8 Merkmale, die die Zahlungsstrombedingungen nicht erfüllen 66

Überblick

• IFRS 9 Finanzinstrumente („IFRS 9“ oder „der Standard“) enthält ein neues Modell zur Klassifizierung finanzieller Vermögenswerte, das stärker grundsatzbasiert ist als die derzeit geltenden Regelungen des IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung.

• Finanzielle Vermögenswerte werden auf der Grundlage ihrer vertraglichen Cashflow­Merkmale und des Geschäftsmodells klassifiziert, in dessen Rahmen sie gehalten werden.

• Finanzinstrumente werden in die Kategorie „zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet“, in die neue Bewertungskategorie „erfolgsneutral zum Fair Value bewertet“ (fair value through other comprehensive income – FVOCI) oder in die Kategorie „erfolgswirksam zum Fair Value bewertet“ (fair value through profit or loss – FVTPL) eingestuft.

• IFRS 9 wird ein höheres Maß an Ermessensentscheidungen bei der Überprüfung der vertraglichen Cashflow­Merkmale und des Geschäftsmodells erfordern.

• Unternehmen wird daher geraten, die Auswirkungen des neuen Klassifizierungs­ und Bewertungsmodells frühzeitig zu analysieren, da es die Ergebnisvolatilität erhöhen und das Eigenkapital beeinflussen könnte.

• Die Klassifizierungs­ und Bewertungsvorschriften sind zusammen mit den anderen Vorschriften des IFRS 9 ab dem 1. Januar 2018 erstmals verpflichtend anzuwenden. Eine vorzeitige Anwendung ist zulässig.

10.9 Nachrangigkeit sowie Darlehen ohne und mit Rückgriffsrechten (non-recourse loans und full-recourse loans) 69

10.10 Vertraglich verknüpfte Instrumente 70

10.11 Option zur Einstufung in die Kategorien FVTPL und FVOCI 75

10.12 Reklassifizierung finanzieller Vermögenswerte 80

10.13 Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsbestimmungen 81

Ansprechpartner 85

EY-Publikationen 87

5EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Im Juli 2014 hat das International Accounting Standards Board („IASB“ oder „das Board“) die finale Fassung von IFRS 9 Finanz-instrumente veröffentlicht. IFRS 9 ist das Ergebnis einer um-fassenden Überarbeitung der Bilanzierungsregeln für Finanz-instrumente. Die jetzt veröffentlichte finale Version enthält die neuen Regelungen zur Bilanzierung von Sicherungsgeschäften1, zur Klassifizierung und Bewertung und zur Wertminderung von Finanzinstrumenten2 und ersetzt den bisherigen Standard IAS 39 Finanzinstrumente: Ansatz und Bewertung sowie alle bisher ver-öffentlichten Fassungen von IFRS 9. Die Klassifizierung von Finanz­instrumenten ist ausschlaggebend für ihre Bilanzierung und ins-besondere für ihre fortlaufende Bewertung.

Der stärker grundsatzbasierte Ansatz von IFRS 9 erfordert das sorgfältige Treffen von Ermessensentscheidungen. Für einige Sachverhalte gibt es kein einfaches und eindeutiges Ergebnis. Wir befassen uns in dieser Publikation mit den Faktoren, die berück-sichtigt werden müssen, um zu einer Schlussfolgerung gelangen zu können. Im Zuge der praktischen Anwendung dürften weitere Probleme und Fragen auftreten.

1 Einführung

Diese Publikation beleuchtet die Faktoren, die im Rahmen der Klassifizierung berücksichtigt werden müssen.

1 Weiter gehende Ausführungen zu den neuen Regelungen zur Sicherungsbilanzierung finden Sie in unserer umfangreichen Publikation „Hedge Accounting nach IFRS 9. Die neuen Regelungen und die damit verbundenen Herausforderungen“, abrufbar unter www.de.ey.com/ifrs in der Rubrik „Publikationen“.

2 Weiter gehende Ausführungen zu den neuen Regelungen zur Wertminderung von Finanzinstrumenten finden Sie in unserer umfangreichen Publikation „Wertminderungen finanzieller Vermögenswerte nach IFRS 9“, abrufbar unter www.de.ey.com/ifrs in der Rubrik „Publikationen“.

7EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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IFRS 9 unterscheidet zur Klassifizierung finanzieller Vermögens-werte die folgenden Bewertungskategorien:

• Schuldinstrumente zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet

• Schuldinstrumente erfolgsneutral zum Fair Value bewertet (FVOCI), wobei die kumulierten Gewinne und Verluste bei Aus-buchung des finanziellen Vermögenswerts in die Gewinn­ und Verlustrechnung umgegliedert werden

• Schuldinstrumente, Derivate und Eigenkapitalinstrumente erfolgswirksam zum Fair Value bewertet (FVTPL)

• Eigenkapitalinstrumente, die als FVOCI bewertet eingestuft wur-den, wobei die Gewinne und Verluste im sonstigen Ergebnis (other comprehensive income – OCI) bleiben (ohne Umgliederung)

2 Klassifizierung finanzieller Vermögenswerte

Die Klassifizierung beruht zum einen auf dem Geschäftsmodell des Unternehmens für die Verwaltung der finanziellen Vermögens-werte (Geschäftsmodellbedingung) und zum anderen auf den Charakteristika der mit dem finanziellen Vermögenswert einher-gehenden Cashflows (Zahlungsstrombedingungen). Abbildung 1 veranschaulicht die Überlegungen, auf denen die Klassifizierung finanzieller Vermögenswerte beruht.

Abbildung1:Synopse–Klassifizierung

9EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

Prüfung der „Zahlungsstrombedingungen“ (auf der Ebene des Finanzinstruments)

Prüfung der „Geschäftsmodellbedingungen“ (auf aggregierter Basis, z. B. Portfolio)

Zu Handelszwecken gehalten?

Wird die bedingte Fair-Value-Option ausgeübt?

Wird die FVOCI- Option ausgeübt?

Fortgeführte Anschaffungskosten

FVOCI (mit Umgliederung)

FVTPLFVOCI

(ohne Umgliederung)

Schuldinstrument (einschließlich eines hybriden Vertrags)

DerivatEigenkapital- instrument

Sowohl zur Verein- nahmung der vertraglichen Cashflows als auch zur Veräußerung gehalten

Weder (1) noch (2)

Kriterien erfüllt

Nicht erfüllt

Nicht erfüllt

Nicht erfüllt

Nein

NeinNeinNein Ja

Ja

Gehalten zur Vereinnahmung der vertrag lichen Cashflows

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Klassifizierung finanzieller Vermögenswerte

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Abbildung2:ZusammenfassungderErgebnisse–Klassifizierung

Abbildung 2 fasst die Ergebnisse der Überlegungen zusammen, die in der vorherigen Abbildung dargestellt sind:

Überprüfung der „Zahlungsstrombedingungen“

Kriterien erfüllt

Kriterien nichterfüllt

Geschäfts- modell

Im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten, dessen Zielsetzung darin besteht, finanzielle Vermögenswerte zu halten, um die vertraglichen Cash-flows zu vereinnahmen

Fortgeführte Anschaffungs- kosten

FVTPL

Im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten, dessen Zielsetzung darin besteht, vertragliche Cashflows zu vereinnahmen und finanzielle Ver-mögenswerte zu verkaufen

FVOCI (mit Um- gliederung)

FVTPL

Finanzielle Vermögenswerte, die we-der zu fortgeführten Anschaffungs-kosten bewertet werden noch in die FVOCI-Kategorie fallen

FVTPL FVTPL

Optionen Bedingte Fair-Value-Option wird ausgeübt

FVTPL entfällt*

Die Option, Änderungen des Fair Value eines Eigenkapitalinstruments, das nicht zu Handelszwecken gehal-ten wird, im OCI darzustellen, wird ausgeübt

entfällt** FVOCI (ohne Umgliederung)

* Finanzielle Vermögenswerte, die die Zahlungsstrombedingungen nicht erfüllen, werden erfolgswirksam zum Fair Value bewertet.

** Nur Schuldinstrumente können die Zahlungsstrombedingungen erfüllen. Die FVOCI-Option gilt für diese Finanzinstrumente nicht.

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2.1 Schuldinstrumente

Ein Schuldinstrument wird in der Regel zu fortgeführten Anschaf-fungskosten bewertet, wenn die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind:

• Der Vermögenswert wird im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten, dessen Zielsetzung darin besteht, aus den gehaltenen Vermögenswerten vertragliche Cashflows zu vereinnahmen.

• Die vertraglichen Ausstattungsmerkmale des finanziellen Ver-mögenswerts führen zu festgelegten Zeitpunkten zu Cashflows, die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den aus-stehenden Kapitalbetrag darstellen.

Ein Schuldinstrument wird in der Regel erfolgsneutral zum Fair Value bewertet, wenn die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind:

• Der Vermögenswert wird im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten, dessen Zielsetzung darin besteht, Vermögenswerte zu verwalten, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen, und finanzielle Vermögenswerte zu verkaufen.

• Die vertraglichen Ausstattungsmerkmale des finanziellen Ver-mögenswerts führen zu festgelegten Zeitpunkten zu Cashflows, die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den aus-stehenden Kapitalbetrag darstellen.

Die vorstehend genannten Vorschriften sind auf einen finanziellen Vermögenswert als Ganzes anzuwenden, selbst wenn dieser ein ein-gebettetes Derivat enthält. Entgegen den Vorschriften von IAS 39 wird ein Derivat, das in einen hybriden (zusammengesetzten) Vertrag eingebettet ist, der einen finanziellen Vermögenswert als Basisvertrag enthält, nicht separat bilanziert.

Ein Schuldinstrument, das weder zu fortgeführten Anschaffungs-kosten noch erfolgsneutral zum Fair Value bewertet wird, ist erfolgs-wirksam zum Fair Value zu bewerten.

Bis auf wenige Ausnahmen können nur Plain-Vanilla-Schuldinstrumente mit relativ einfachen Strukturen zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value bewertet werden.

Ungeachtet der oben beschriebenen Kriterien zur Klassifizierung von Schuldinstrumenten in die Kategorien „zu fortgeführten An-schaffungskosten bewertet“ oder „erfolgsneutral zum Fair Value bewertet“ kann ein Unternehmen ein Schuldinstrument beim erstmaligen Ansatz unwiderruflich als „erfolgswirksam zum Fair Value bewertet“ einstufen, wenn dadurch Bewertungs- oder An-satzinkongruenzen (zuweilen als „Rechnungslegungsanomalie“ bezeichnet) vermieden oder erheblich verringert werden. Diese Anomalien entstehen, wenn die Bewertung von Vermögenswerten oder Verbindlichkeiten oder die Erfassung von Gewinnen und Verlusten auf unterschiedlichen Grundlagen erfolgt.

Das IASB hat darauf hingewiesen, dass die Bewertungskategorie „erfolgsneutral zum Fair Value bewertet“ für Schuldinstrumente geschaffen wurde, für die sowohl Informationen zu den fortgeführ-ten Anschaffungskosten als auch zum beizulegenden Zeitwert relevant und nützlich sind. Dies ist der Fall, wenn deren Performance sowohl durch die Vereinnahmung der vertraglich vereinbarten Cashflows als auch durch die Realisierung ihrer beizulegenden Zeitwerte durch Verkauf beeinflusst wird.3

3 Vgl. IFRS 9.BC4.150–151 und 157.

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Die FVOCI-Bewertungskategorie ermöglicht einigen Versicherungs-unternehmen ein einheitlicheres Vorgehen bei der Bewertung von Vermögenswerten, die zur Deckung von Versicherungsverbind-lichkeiten gemäß dem neuen Modell für Versicherungsverträge in IFRS 4 gehalten werden.4 Gleichzeitig dürfte damit Bedenken von Abschlusserstellern Rechnung getragen werden, die erwarten, mehr finanzielle Vermögenswerte zu verkaufen, als es mit einem Geschäftsmodell, dessen Zielsetzung darin besteht, aus den gehal-tenen finanziellen Vermögenswerten die vertraglich vereinbarten Cashflows zu vereinnahmen, zu vereinbaren wäre, und die diese Vermögenswerte daher erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten hätten, wenn es die neue Kategorie nicht gäbe.

Die FVOCI-Kategorie unterscheidet sich von der Kategorie „zur Veräußerung verfügbar“ (available for sale – AFS) gemäß IAS 39 in den folgenden drei Aspekten. Erstens war die AFS-Kategorie hauptsächlich eine Restkategorie und konnte ohne Einschränkun-gen gewählt werden. Demgegenüber spiegelt die FVOCI-Klassi-fizierung nach IFRS 9 ein Geschäftsmodell wider, welches durch Fakten und Umstände belegt wird, und ist weder eine Rest- noch eine Wahlkategorie. Zweitens unterliegen finanzielle Vermögens-werte, die erfolgsneutral zum Fair Value bewertet werden, dem gleichen Wertminderungsmodell wie die zu fortgeführten Anschaf-fungskosten bewerteten finanziellen Vermögenswerte. Obwohl diese Finanzinstrumente zum Fair Value bewertet werden, werden Gewinne und Verluste genauso bilanziert wie bei einem zu fort-geführten Anschaffungskosten erfassten finanziellen Vermögens-wert. Dabei wird der Unterschiedsbetrag zwischen den fortgeführ-ten Anschaffungskosten und dem Fair Value bis zur Ausbuchung des Vermögenswerts im sonstigen Ergebnis erfasst. Drittens wer-den nur relativ einfach strukturierte Schuldinstrumente die Krite-rien für eine FVOCI-Bewertung erfüllen.

4 Vgl. IFRS 9.BC4.148–155.5 Vgl. IFRS 9.5.7.6 und IFRS 9.BC5.25(a).

2.2 Eigenkapitalinstrumente und Derivate

Eigenkapitalinstrumente und Derivate werden in der Regel erfolgs-wirksam zum Fair Value bewertet. Beim erstmaligen Ansatz kann ein Unternehmen jedoch ein unwiderrufliches (instrumentenbezoge-nes) Wahlrecht ausüben, um spätere Änderungen des beizu legen-den Zeitwerts von Finanzinvestitionen in Eigenkapitalinstrumente, die in den Anwendungsbereich von IFRS 9 fallen, im sonstigen Er-gebnis auszuweisen. Diese Option gilt nur für Finanzinstrumente, die nicht zu Handelszwecken gehalten werden und keine bedingte Gegenleistung darstellen, die von einem Erwerber im Rahmen eines Unternehmenszusammenschlusses gemäß IFRS 3 Unterneh-menszusammenschlüsse erfasst wurde. Für die Zwecke dieses Wahlrechts wird der Begriff „Eigenkapitalinstrument“ entsprechend der Definition in IAS 32 Finanzinstrumente: Darstellung verwendet.

Obwohl die meisten Gewinne und Verluste aus Finanzinvestitionen in Eigenkapitalinstrumente, die als FVOCI eingestuft wurden, im sonstigen Ergebnis erfasst werden, werden Dividenden in der Regel erfolgswirksam erfasst. Das IASB hat darauf hingewiesen, dass es sich bei Dividenden auch um eine Kapitalrückzahlung und nicht um eine Kapitalrendite handeln könnte. Das IASB entschied daher, dass Dividenden, die eindeutig als Rückzahlung eines Teils der Kosten des Eigenkapitalinstruments anzusehen sind, nicht in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen sind.5

Gewinne oder Verluste, die im sonstigen Ergebnis erfasst werden, werden hingegen niemals aus dem Eigenkapital in die Gewinn- und Verlustrechnung umgegliedert. Demzufolge müssen diese Inves-titionen nicht auf mögliche Wertminderungen überprüft werden.

Klassifizierung finanzieller Vermögenswerte

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Die Überprüfung des Geschäftsmodells ist einer der beiden Schritte zur Klassifizierung finanzieller Vermögenswerte. Das Geschäfts-modell eines Unternehmens spiegelt wider, wie das Unternehmen seine finanziellen Vermögenswerte verwaltet, um Cashflows zu erwirtschaften. Je nach Geschäftsmodell entstehen die Cashflows durch die Vereinnahmung vertraglicher Cashflows, den Verkauf der finanziellen Vermögenswerte oder beides. Diese Überprüfung wird anhand von Szenarien durchgeführt, deren Eintreten das Unter-nehmen nach vernünftiger Einschätzung erwartet. Die Überprü-fung findet also ohne Berücksichtigung sogenannter Worst­Case­ oder Stressszenarien statt. Wenn ein Unternehmen beispielsweise davon ausgeht, dass es ein bestimmtes Portfolio von finanziellen Vermögenswerten nur in einem Stressszenario verkaufen würde, würde dieses Szenario die Überprüfung des Geschäftsmodells durch das Unternehmen im Hinblick auf diese Vermögenswerte nicht beeinflussen, wenn das Unternehmen nach vernünftigem Ermessen nicht erwartet, dass dieses Szenario eintritt.

Wenn Cashflows auf eine andere Weise vereinnahmt werden, als das Unternehmen zum Zeitpunkt der Überprüfung des Geschäfts-modells beabsichtigt hat, zum Beispiel indem ein Unternehmen mehr oder weniger finanzielle Vermögenswerte verkauft als zum Zeitpunkt der Klassifizierung der Vermögenswerte erwartet, führt dies weder zu einer Fehlerkorrektur gemäß IAS 8 Rechnungs-legungsmethoden, Änderungen von rechnungslegungsbezogenen Schätzungen und Fehler noch zu einer Änderung der Klassifizie-rung der verbleibenden finanziellen Vermögenswerte, die im Rah-men dieses Geschäftsmodells gehalten werden (d. h. jener Ver-mögenswerte, die das Unternehmen in früheren Perioden erfasst hat und immer noch hält), solange das Unternehmen alle relevan-ten Informationen berücksichtigt hat, die zum Zeitpunkt der Über-prüfung des Geschäftsmodells verfügbar waren.

Bei der Überprüfung des Geschäftsmodells für neu ausgereichte oder neu erworbene finanzielle Vermögenswerte hat ein Unter-nehmen neben allen anderen relevanten Informationen jedoch auch zu berücksichtigen, wie die Cashflows in der Vergangenheit realisiert wurden. Das Vergiftungskonzept (tainting concept), wie es nach IAS 39 auf bis zur Endfälligkeit zu haltende finanzielle Vermögenswerte anzuwenden war, existiert demnach nicht mehr. Falls sich jedoch die Art und Weise der Vereinnahmung von Cash-flows ändert, wird dies Auswirkungen auf die Klassifizierung künftig zu erfassender Vermögenswerte haben.

3 Überprüfung des Geschäftsmodells6

Das Geschäftsmodell eines Unternehmens zur Verwaltung finan­zieller Vermögenswerte ist in der Regel durch bestimmte Aktivi-täten gekennzeichnet, die ein Unternehmen durchführt, um sein erklärtes Geschäftsziel zu erreichen. Unternehmen werden Er-messensentscheidungen treffen müssen, wenn sie das Geschäfts-modell zur Verwaltung finanzieller Vermögenswerte beurteilen. Diese Beurteilung basiert dabei nicht auf einem einzelnen Faktor oder einer einzelnen Aktivität. Stattdessen hat ein Unternehmen alle relevanten Nachweise zu berücksichtigen, die zum Zeitpunkt der Überprüfung verfügbar sind, u. a.:

• Art und Weise der Beurteilung der Performance des Geschäfts-modells und der finanziellen Vermögenswerte, die im Rahmen dieses Geschäftsmodells gehalten werden, sowie Art und Weise der diesbezüglichen Berichterstattung an Mitglieder der Unter-nehmensleitung

• Risiken, die sich auf die Performance des Geschäftsmodells (und der finanziellen Vermögenswerte, die im Rahmen dieses Geschäftsmodells gehalten werden) auswirken, und insbeson-dere die Art und Weise, wie diese Risiken gesteuert werden

• Ausgestaltung des Vergütungssystems für die Führungskräfte (z. B. Vergütung auf der Grundlage der Entwicklung des bei-zulegenden Zeitwerts der verwalteten Vermögenswerte oder der vereinnahmten vertraglichen Cashflows)

Zusätzlich zu diesen drei Arten von Nachweisen sind in den meisten Fällen die erwartete Häufigkeit und der erwartete Wert der Verkäufe wichtige Aspekte der Überprüfung.

6 Vgl. hierzu die Fragen 1 und 2 in der Anlage zu dieser Publikation.

Der Standard sieht kein Vergif-tungskonzept (tainting concept) vor. Dennoch hat ein Unternehmen neben allen anderen relevanten Informationen auch zu berücksich-tigen, wie die Cashflows in der Vergangenheit realisiert wurden.

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Überprüfung des Geschäftsmodells

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3.1 Zur Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows gehalten7

Finanzielle Vermögenswerte, die im Rahmen eines Geschäfts-modells gehalten werden, dessen Zielsetzung darin besteht, Ver-mögenswerte zu halten, um die vertraglichen Cashflows zu verein-nahmen, werden zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet, sofern die Vermögenswerte auch die Zahlungsstrombedingungen erfüllen. Diese Vermögenswerte werden gehalten, um Cashflows zu realisieren, indem vertraglich vereinbarte Zahlungen über die Laufzeit des Instruments vereinnahmt werden.

Bei der Beurteilung, ob Cashflows realisiert werden, indem die vertraglich vereinbarten Zahlungen aus dem finanziellen Vermö-genswert vereinnahmt werden, sind die Häufigkeit und der Um-fang der Verkäufe in früheren Perioden zu berücksichtigen, ob die verkauften Vermögenswerte kurz vor dem Fälligkeitstermin stan-den sowie die Gründe für diese Verkäufe und die Erwartungen hin-sichtlich der künftigen Verkaufsaktivitäten. Der Standard besagt jedoch, dass die Verkäufe allein nicht entscheidend für die Bestim-mung des Geschäftsmodells und nicht isoliert zu betrachten sind. Stattdessen liefern Informationen zu Verkäufen in der Vergangen-heit und die Erwartungen über die zukünftig geplanten Verkäufe dem Standard zufolge Hinweise zu der Art und Weise, wie das Un-ternehmen sein erklärtes Geschäftsziel bei der Verwaltung finan­zieller Vermögenswerte erreicht und wie insbesondere Cashflows vereinnahmt werden. Ein Unternehmen hat die Informationen zu den Verkäufen in der Vergangenheit dabei mit Fokus auf die Gründe, die zu den Verkäufen geführt haben, und die Bedingungen, die im Vergleich zu den aktuellen Gegebenheiten zum Zeitpunkt der Verkäufe geherrscht haben, zu berücksichtigen.

7 Vgl. hierzu die Fragen 3 bis 9 und 13 bis 19 in der Anlage zu dieser Publikation.

Die Verkäufe der Vergangenheit und die Erwartungen hinsichtlich künftiger Verkäufe sind wesent-liche Aspekte bei der Bestimmung des Geschäftsmodells, in dem ein Unternehmen seine finanziellen Vermögenswerte verwaltet.

Auf der Grundlage dieser Überlegungen hat ein Unternehmen den Vorhersagewert der Verkäufe in der Vergangenheit für die Erwar-tungen hinsichtlich künftiger Verkäufe zu bestimmen. Bei der Durch-führung dieser Beurteilung ist es laut Standard irrelevant, ob ein Dritter den Verkauf der finanziellen Vermögenswerte vorschreibt (z. B. eine Bankenaufsichtsbehörde im Fall einiger Liquiditäts-portfolios, die von Banken gehalten werden) oder ob das Unter-nehmen selbst über die Verkäufe entscheidet.

Unsere Sichtweise Aus IFRS 9 geht nicht genau hervor, welche Rolle Verkäufe spielen. Bei der Formulierung, dass die Verkäufe allein nicht entscheidend für die Bestimmung des Geschäftsmodells sind, scheinen in erster Linie die Verkäufe in der Vergangenheit gemeint zu sein. Angesichts der Anforderungen im Standard sind der Umfang und die Häufigkeit der Verkäufe sicherlich wichtige Nachweise bei der Bestimmung des Geschäftsmodells eines Unternehmens. Allerdings erfordert der Standard die Berücksichtigung erwarteter künftiger Verkäufe, während die Verkäufe in der Vergangenheit lediglich als Nachweisquelle von Bedeutung sind. Anders als bei der Klassifizierung als „bis zur Endfälligkeit zu halten“ nach IAS 39 existiert kein Vergif-tungskonzept (tainting concept).

16 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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8 Vgl. hierzu die Fragen 10 bis 13 und 17 in der Anlage zu dieser Publikation.9 Vgl. hierzu die Fragen 17 bis 20 in der Anlage zu dieser Publikation.

3.2 Zur Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows und zum Verkauf gehalten8

Die erfolgsneutrale Bewertung zum Fair Value (FVOCI) ist ver-pflichtend auf Portfolios von finanziellen Vermögenswerten anzu-wenden, die im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten werden, dessen Zielsetzung erfüllt wird, wenn vertragliche Cashflows aus diesen finanziellen Vermögenswerten vereinnahmt und finanzielle Vermögenswerte verkauft werden (sofern die Vermögenswerte auch die Zahlungsstrombedingungen erfüllen).

In einem solchen Geschäftsmodell haben die Mitglieder der Unter-nehmensleitung entschieden, dass sowohl die Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows als auch der Verkauf von Vermögens-werten für die Erreichung der Zielsetzung des Geschäftsmodells von grundlegender Bedeutung sind. Es gibt verschiedene Ziele, die mit dieser Art von Geschäftsmodell vereinbar sein können. Dazu zählen beispielsweise die Deckung des täglichen Liquiditätsbedarfs, die Erzielung eines bestimmten Zinsertragsprofils oder die Anpas-sung der Laufzeiten finanzieller Vermögenswerte an die Laufzeiten der Verbindlichkeiten, die mit diesen Vermögenswerten finanziert werden. Um diese Ziele zu erreichen, wird das Unternehmen so-wohl vertragliche Cashflows aus finanziellen Vermögenswerten vereinnahmen als auch finanzielle Vermögenswerte verkaufen.

Im Vergleich zu Geschäftsmodellen, deren Zielsetzung darin be-steht, finanzielle Vermögenswerte zur Vereinnahmung der ver-traglichen Cashflows zu halten, weisen die Verkäufe bei diesem Geschäftsmodell in der Regel eine größere Häufigkeit und einen höheren Wert auf. Der Grund hierfür ist, dass der Verkauf von finanziellen Vermögenswerten eine entscheidende Voraussetzung für die Erreichung der Zielsetzung des Geschäftsmodells ist und nicht nur gelegentlich stattfindet. Bei diesem Geschäftsmodell gibt es keinen Schwellenwert für die Häufigkeit oder den Wert der Ver-käufe, der erreicht werden kann oder muss.

3.3 FVTPL-Geschäftsmodelle9

Nach IFRS 9 ist die erfolgswirksame Bewertung zum Fair Value (FVTPL) bei finanziellen Vermögenswerten verpflichtend vor­zunehmen, wenn diese weder im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten werden, dessen Zielsetzung darin besteht, Vermögens-werte zu halten, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen, noch im Rahmen eines Geschäftsmodells, dessen Zielsetzung erfüllt wird, wenn vertragliche Cashflows vereinnahmt und finanzielle Vermögenswerte verkauft werden. Bei einem Geschäftsmodell, das zu einer FVTPL­Bewertung führt, werden die finanziellen Ver-mögenswerte zu Handelszwecken gehalten oder auf der Basis des Fair Value verwaltet. In beiden Fällen verwaltet das Unternehmen die finanziellen Vermögenswerte mit dem Ziel, Cashflows durch den Verkauf der Vermögenswerte zu realisieren. Das Unternehmen trifft Entscheidungen auf der Basis der beizulegenden Zeitwerte der Vermögenswerte und verwaltet die Vermögenswerte, um diese zu realisieren. Die Zielsetzung des Unternehmens hat insofern in der Regel zur Folge, dass das Unternehmen aktiv Vermögenswerte kauft und verkauft.

Unsere Sichtweise IFRS 9 definiert die FVOCI­Kategorie als eigenständige Bewer-tungskategorie und weder als Rest- noch als Wahlkategorie. In der Praxis könnten Unternehmen jedoch diejenigen Schuld-instrumente bestimmen, die zur Vereinnahmung vertraglicher Cashflows gehalten werden, diejenigen, die zu Handelszwecken gehalten werden, diejenigen, die auf der Basis des Fair Value verwaltet werden, und diejenigen, für die das Unternehmen die Fair-Value-Option ausgeübt hat, um Bewertungsinkongruenzen zu vermeiden. Anschließend könnten die verbleibenden Schuld-instrumente der Kategorie FVOCI zugewiesen werden. Infolge-dessen könnte die FVOCI-Kategorie tatsächlich als Restkatego-rie verwendet werden, da es viel einfacher ist, Geschäftsmodelle zu formulieren, die eine Bewertung zu fortgeführten Anschaf-fungskosten oder eine FVTPL-Bewertung erfordern.

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Bei der Überprüfung der Charakteristika der mit dem finanziellen Vermögenswert einhergehenden Cashflows (Zahlungsstrom­bedingungen) soll ermittelt werden, ob die vertraglichen Cashflows „ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehen-den Kapitalbetrag“ darstellen.

Die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen wurde entwickelt, um finanzielle Vermögenswerte herauszufiltern, bei denen die Anwendung der Effektivzinsmethode rein praktisch betrachtet nicht sinnvoll wäre oder keine nützlichen Informationen über die Unsicherheit, den Zeitpunkt und den Betrag der vertraglichen Cashflows aus den finanziellen Vermögenswerten liefern würde.

Da die Effektivzinsmethode im Wesentlichen eine Allokations-methode ist, bei der Zinserträge oder -aufwendungen über einen bestimmten Zeitraum verteilt werden, eignen sich die Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder die FVOCI-Bewertung nur für einfache Cashflows mit einer geringen Variabilität wie bei-spielsweise die Cashflows aus Plain­Vanilla­Krediten, Forderungen oder Schuldtiteln. Dementsprechend beruht die Prüfung der Zah-lungsstrombedingungen auf der Annahme, dass die Anwendung der Effektivzinsmethode nur dann zu nützlichen Informationen führt, wenn die Variabilität der vertraglichen Cashflows den Zweck hat, die Rendite des Inhabers bei einer einfachen Kreditverein-barung (basic lending arrangement) sicherzustellen.

Der Begriff einer „einfachen Kreditvereinbarung“ ist dabei weit gefasst und beinhaltet sowohl ausgereichte als auch erworbene finanzielle Vermögenswerte, deren Inhaber eine Rendite erzielen möchten, die vor allem als Vergütung für den Zeitwert des Geldes und des Kreditrisikos dient. Eine solche Kreditbeziehung kann je-doch auch weitere Elemente enthalten, mit denen andere grund-legende Risiken aus einem Kreditverhältnis wie z. B. Liquiditäts-risiken und Kosten in Verbindung mit dem Halten des finanziellen Vermögenswerts über einen bestimmten Zeitraum (z. B. Service- oder Verwaltungskosten) vergütet werden. Darüber hinaus kann eine Gewinnmarge enthalten sein.

4 Ausstattungsmerkmale des Finanzinstruments

Vertragsbedingungen, die zur Folge haben, dass ein Unternehmen Risiken oder Schwankungen ausgesetzt ist, die nicht „unerheb-lich“ (de minimis) sind und dem Konzept einer einfachen Kredit-vereinbarung widersprechen, führen im Gegensatz dazu nicht zu vertraglichen Cashflows, die ausschließlich Tilgungs­ und Zins­zahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen. Dabei kann es sich zum Beispiel um Schwankungen der Aktienkurse oder Rohstoffpreise handeln. Die folgenden Abschnitte gehen auf einzelne Aspekte der Prüfung der Zahlungsstrombedingungen ein, angefangen mit der Definition der Begriffe „Kapitalbetrag“ und „Zinsen“ in den Abschnitten 4.1 bzw. 4.2 bis hin zu den verschiedenen Arten von modifizierten vertraglich vereinbarten Cash flows und deren Auswirkungen auf die Prüfung der Zahlungs-strombedingungen in Abschnitt 4.3. Vertraglich verknüpfte Instru-mente werden gesondert in Abschnitt 4.4 betrachtet.

Nach Ansicht des IASB liefert eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten relevante und nützliche Informationen, so-lange die vertraglichen Cash-flows keine Risiken oder Schwan-kungen verursachen, die im Widerspruch mit einer einfachen Kreditvereinbarung stehen.

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Ausstattungsmerkmale des Finanzinstruments

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4.1 Bedeutung des Begriffs „Kapitalbetrag“

Der Begriff „Kapitalbetrag“ (principal) wird in IFRS 9 nicht defi-niert. Der Standard besagt jedoch, dass der Kapitalbetrag für die Zwecke der Durchführung der Prüfung der Zahlungsstrombedin-gungen dem „Fair Value des Vermögenswerts beim erstmaligen Ansatz“ entspricht und dass sich dieser über die Laufzeit des finanziellen Vermögenswerts ändern kann, z. B. bei einer Rück-zahlung des Kapitals. Das IASB ist der Auffassung, dass diese begriffliche Klarstellung den wirtschaftlichen Gehalt des finanziel-len Vermögenswerts aus der Sicht des aktuellen Inhabers wider-spiegelt; das Unternehmen würde demzufolge die Ausstattungs-merkmale der vertraglichen Cashflows durch einen Vergleich der vertraglichen Cashflows mit dem tatsächlich investierten Betrag beurteilen.10

4.2 Bedeutung des Begriffs „Zinsen“

Gemäß IFRS 9 dient die Verzinsung bei einer einfachen Kredit-vereinbarung in der Regel dazu, den Zeitwert des Geldes und das Kreditrisiko zu entgelten. Zinsen können zudem eine Vergütung für andere aus einer einfachen Kreditvereinbarung entstehende Risiken (z. B. Liquiditätsrisiken) oder Kosten in Verbindung mit dem Halten des finanziellen Vermögenswerts über einen bestimm-ten Zeitraum (z. B. Verwaltungskosten) darstellen. Darüber hinaus kann die Verzinsung auch eine Gewinnmarge enthalten, die mit dem Konzept einer einfachen Kreditvereinbarung im Einklang steht. Unter extremen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen können die Zinsen auch negativ sein, beispielsweise wenn der Inhaber eines finanziellen Vermögenswerts faktisch eine Gebühr dafür bezahlt, dass sein Geld für einen bestimmten Zeitraum verwahrt wird, und diese Gebühr das Entgelt übersteigt, das der Inhaber für den Zeit-wert des Geldes, das Kreditrisiko und andere Risiken und Kosten aus einer einfachen Kreditbeziehung erhält.

Vertragsbedingungen, die zur Folge haben, dass ein Unterneh-men Risiken oder Schwankungen der vertraglichen Cashflows ausgesetzt ist, die nicht dem Konzept einer einfachen Kreditver-einbarung entsprechen, z. B. Schwankungen der Aktienkurse oder Rohstoffpreise, generieren allerdings keine vertraglichen Cashflows, die ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen.

Ein ausgereichter oder erworbener finanzieller Vermögenswert kann eine einfache Kreditvereinbarung darstellen, unabhängig davon, ob es sich aus rechtlicher Sicht um einen Kredit handelt.

Das IASB wies in seiner Grundlage für Schlussfolgerungen darauf hin, dass die Überprüfung der Zinsen darauf abstellt, wofür das Unternehmen ein Entgelt erhält, ob es also eine Vergütung für die Risiken und Kosten, die mit einer einfachen Kreditvereinbarung verbunden sind, sowie eine Gewinnmarge erhält oder für etwas anderes entschädigt wird, und nicht darauf, welchen Betrag das Unternehmen für eine bestimmte Komponente erhält.11

10 Vgl. IFRS 9.BC4.182(a). 11 Vgl. IFRS 9.BC4.182(b).

Beispiel:BedeutungdesBegriffs„Kapitalbetrag“

Unternehmen A hat eine Anleihe ausgegeben, deren vertraglich vereinbarter Kapitalbetrag bei EUR 1.000 liegt. Die Anleihe wurde ursprünglich zu einem Nennwert von EUR 990 ausgegeben. Da der Zinssatz seit der ursprüng lichen Ausgabe stark gestiegen ist, hat Unternehmen B, der aktuelle Inhaber, die Anleihe am Sekundärmarkt zu einem Preis von EUR 975 erworben. Aus der Sicht von Unternehmen B liegt der Kapitalbetrag bei EUR 975.

Der Kapitalbetrag entspricht deshalb nicht notwendigerweise dem vertraglichen Nennwert und, wenn der Inhaber den Vermögens-wert nach dessen Ausreichung erworben hat, auch nicht notwen-digerweise dem Betrag, der an den Schuldner gezahlt wurde, als das Finanzinstrument ursprünglich ausgegeben wurde.

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Der in den Zinsen berücksichtigte Zeitwert des Geldes stellt ledig-lich den Gegenwert für den Zeitablauf dar. Demnach ist dieses Element also keine Vergütung für andere mit dem Halten des finan-ziellen Vermögenswerts verbundene Risiken oder Kosten. Bei dieser Beurteilung hat ein Unternehmen alle relevanten Faktoren wie die Währung, auf die der finanzielle Vermögenswert lautet, und den Zeitraum, für den der Zinssatz festgelegt wurde, zu berücksichtigen.

Das IASB stellt des Weiteren fest, dass allgemein davon ausgegan-gen werden kann, dass der Markt, an dem die Transaktion erfolgt, für die Überprüfung der Zinskomponente, die sich auf den Zeit-wert des Geldes bezieht, relevant ist. So ist es in Europa üblich, den LIBOR als Referenzzinssatz zu verwenden, während in den USA hierfür die Prime Rate verwendet wird. Ein bestimmter Zinssatz spiegelt jedoch nicht notwendigerweise allein das Entgelt für den Zeitwert des Geldes wider, nur weil dieser Zinssatz in einem be-stimmten Markt als „normal“ betrachtet wird. Wenn zum Beispiel ein Zinssatz jährlich angepasst wird, aber der Referenzzinssatz für einen Zeitraum von 15 Jahren gilt, würde ein Unternehmen schwerlich zu dem Schluss kommen, dass dieser Zinssatz lediglich den Gegenwert für den Zeitablauf darstellt, auch wenn diese Preis-gestaltung in diesem bestimmten Markt üblich ist. Das IASB ist dementsprechend der Auffassung, dass ein Unternehmen bei sei-ner Beurteilung, ob das Element des Zeitwerts des Geldes die Ziel-setzung erfüllt, dass es lediglich eine Vergütung für den Zeitab-lauf darstellt, auf Ermessensentscheidungen zurückgreifen muss.12

Unsere Sichtweise Es ließe sich argumentieren, dass der Standard keine eindeu-tigen Vorschriften zum Status von Referenzzinssätzen wie dem LIBOR enthält. Bei diesen Zinssätzen ist das Entgelt für das Kreditrisiko weder fest noch ändert es sich mit der Zeit, um das Kreditrisiko eines bestimmten Schuldners abzubilden. Statt-dessen variiert es, um die Kreditrisiken widerzuspiegeln, die mit einer Klasse von Schuldnern verbunden sind. Angesichts der Tatsache, dass der LIBOR im Standard als Beispiel für einen Zinssatz angeführt wird, der die Zahlungsstrombedingungen erfüllen würde, scheint dies jedoch kein Problem zu sein.

4.3 Modifizierte vertraglich vereinbarte Cashflows13

Gelegentlich werden die Cashflows eines Finanzinstruments durch vertragliche Bestimmungen so modifiziert, dass sie nicht aus-schließlich eine einfache Rückzahlung des Kapitalbetrags und der Zinsen darstellen.

4.3.1„Unerhebliche“(de minimis)und„nichtwirklichbestehende“(non-genuine) Merkmale14

Ein Merkmal hat keinen Einfluss auf die Klassifizierung eines finanziellen Vermögenswerts, wenn seine Auswirkungen auf die vertraglichen Cashflows des finanziellen Vermögenswerts ledig-lich „unerheblich“ (de minimis) sind. Für diese Beurteilung hat ein Unternehmen die möglichen Auswirkungen des Merkmals auf die vertraglichen Cashflows in jeder Berichtsperiode und kumu-liert über die Laufzeit des Finanzinstruments zu berücksichtigen.

12 Vgl. IFRS 9.BC4.178.13 Für Sachverhalte mit Instrumenten ohne vertraglich modifizierte Bedingungen vgl. die Fragen 21 bis 24 und 29 in der Anlage zu dieser Publikation.14 Vgl. hierzu die Fragen 25 und 26 in der Anlage zu dieser Publikation.

Das IASB räumt ein, dass Unternehmen die einzelnen Zinskomponenten unter-schiedlich bewerten können.

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Ausstattungsmerkmale des Finanzinstruments

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Darüber hinaus hat ein Merkmal keinen Einfluss auf die Klassifi-zierung eines finanziellen Vermögenswerts, wenn seine Aus-wirkungen auf die vertraglichen Cashflows zwar nicht unerheblich sind (entweder in einer einzigen Berichtsperiode oder kumu-liert), das Merkmal jedoch „nicht wirklich besteht“ (non-genuine). Ein Cashflow­Merkmal besteht nicht wirklich, wenn es die ver­traglichen Cashflows eines Instruments nur bei Eintreten eines Ereignisses beeinflusst, das extrem selten, äußerst ungewöhnlich und sehr unwahrscheinlich ist.

Unsere Sichtweise Obwohl die De-minimis- und Non-genuine-Regeln hohen Hürden unterliegen, wird die Tatsache, dass es Unternehmen gestattet ist, solche Merkmale bei der Analyse außer Acht zu lassen, dazu führen, dass in Zukunft mehr Schuldinstrumente die Kriterien für eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder eine erfolgsneutrale Bewertung zum Fair Value erfüllen wer-den als nach den bisher veröffentlichten Fassungen von IFRS 9. Abschlussersteller werden diese Begriffe künftig je nach Sach-lage interpretieren müssen, um deren Auswirkungen bei der Analyse der Zahlungsstrombedingungen zu beurteilen.

4.3.2ModifiziertesEntgeltfürdenZeitwertdesGeldes15

Einige vertragliche Bedingungen modifizieren die Zinskompo-nente, die das Entgelt für den Zeitwert des Geldes darstellt. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn die Zinslaufzeit nicht mit der Zins-anpassungsperiode übereinstimmt. Im Standard werden solche Komponenten als „nicht perfekt“ (imperfect) beschrieben.16 In diesen Fällen hat ein Unternehmen die Modifizierung zu über-prüfen, um zu bestimmen, ob die vertraglichen Cashflows aus-schließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag sind. In einigen Fällen kann das Unternehmen diese Feststellung treffen, indem es eine qualitative Beurteilung durch-führt, in anderen Fällen kann die Durchführung einer quantitativen Analyse erforderlich sein.

Bei einer quantitativen Beurteilung ist zu ermitteln, inwieweit die vertraglichen (nicht abgezinsten) Cashflows von den (nicht ab-gezinsten) Cashflows abweichen können, die sich ergäben, wenn die Zeitwerts­des­Geldes­Komponente nicht modifiziert worden wäre (im Standard als „Benchmark“­Cashflows bezeichnet). Wenn der zu überprüfende finanzielle Vermögenswert zum Beispiel einen variablen Zinssatz aufweist, der monatlich an einen 1-Jahres-Zins-satz angepasst wird, sollte das Unternehmen den finanziellen Ver-mögenswert mit einem Finanzinstrument mit identischen Vertrags-bedingungen und dem gleichen Kreditrisiko vergleichen, bei dem allerdings der variable Zinssatz monatlich an einen 1-Monats-Zins-satz angepasst wird.17 Wenn die modifizierte Komponente zu vertraglichen (nicht abgezinsten) Cashflows führen könnte, die von den (nicht abgezinsten) Benchmark­Cashflows erheblich abweichen, hat der finanzielle Vermögenswert die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen nicht bestanden. Für diese Beurtei-lung hat das Unternehmen die Auswirkungen der modifizierten Zeitwert-des-Geldes-Komponente in jeder Berichtsperiode sowie kumuliert über die Laufzeit des Finanzinstruments zu berücksich-tigen. Bei dieser Analyse ist es unerheblich, aus welchem Grund der Zinssatz modifiziert wurde. Sofern ohne eine (umfangreiche) Analyse klar ist, dass die vertraglichen (nicht abgezinsten) Cash-flows aus dem zu überprüfenden finanziellen Vermögenswert von den (nicht abgezinsten) Benchmark­Cashflows erheblich ab-weichen könnten (bzw. nicht erheblich abweichen könnten), ist eine detaillierte Beurteilung nicht notwendig.

Bei der Beurteilung einer modifizierten Zeitwert­des­Geldes­Kom-ponente hat ein Unternehmen die Faktoren zu berücksichtigen, die sich auf die künftigen vertraglichen Cashflows auswirken könnten. Dabei muss es jedoch nur die nach vernünftigem Ermessen mög-lichen Szenarien berücksichtigen und nicht jedes denkbare Szenario.

Gelangt ein Unternehmen zu dem Schluss, dass die vertraglichen (nicht abgezinsten) Cashflows von den (nicht abgezinsten) Benchmark­Cashflows erheblich abweichen könnten, so besteht der finanzielle Vermögenswert die Überprüfung der Zahlungs-strombedingungen nicht und kann nicht zu fortgeführten Anschaf-fungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value bewertet werden.

15 Vgl. hierzu die Fragen 27 bis 29 in der Anlage zu dieser Publikation.16 Vgl. IFRS 9.B4.1.9B.17 Der Zeitwert des Geldes beinhaltet kein Kreditrisiko; daher ist es wichtig, dieses bei der Beurteilung unberücksichtigt zu lassen. Der Standard empfiehlt, dazu das Instrument

mit einem Benchmark-Instrument zu vergleichen, welches das gleiche Kreditrisiko aufweist. Vermutlich könnte dieser Vergleich auch mit einem Instrument, das ein anderes Kreditrisiko aufweist, vorgenommen werden, solange der Effekt dieser Differenz eliminiert werden kann.

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4.3.3RegulierteZinssätze

In einigen Ländern legen die Regierung oder eine Aufsichtsbehörde die Zinssätze fest. Dies kann im Rahmen einer umfassenden makro-ökonomischen Politik erfolgen oder um Investitionen in einen be-stimmten Wirtschaftssektor zu fördern. In einigen dieser Fälle ist es beabsichtigt, dass die Zeitwert-des-Geldes-Komponente nicht lediglich den Gegenwert für den Zeitablauf darstellt. In seiner Grund-lage für Schlussfolgerungen weist das Board jedoch darauf hin, dass die Zinssätze aus ordnungspolitischen Gründen festgelegt und daher nicht so strukturiert wurden, dass für Rechnungslegungs-zwecke ein bestimmtes Ergebnis erzielt wird.18 Den Abschluss-erstellern wird demnach zugestanden, dass ein regulierter Zinssatz zum Zweck der Überprüfung der vertraglichen Cashflow­Merk-male an die Stelle der Zeitwert-des-Geldes-Komponente tritt, wenn dieser regulierte Zinssatz

• weitgehend dem Gegenwert für den Zeitablauf entspricht und

• nicht zu Risiken oder Schwankungen der vertraglichen Cash-flows führt, die nicht mit einer einfachen Kreditvereinbarung verbunden sind.

Unsere Sichtweise Da der Standard keine Kriterien vorgibt, nach denen ermittelt werden kann, ob die Höhe eines regulierten Zinssatzes weit-gehend dem Gegenwert für den Zeitablauf entspricht, wird es interessant sein, wie dieses Zugeständnis in der Praxis um gesetzt wird. In der Grundlage für Schlussfolgerungen wird jedoch vom Board impliziert, dass das in dem nachfolgenden Auszug aus IFRS 9 beschriebene Finanzinstrument die Zahlungs-strombedingungen erfüllen würde.

AuszugausderGrundlagefürSchlussfolgerungenzuIFRS9

LivretA(IFRS9BC4.180)Als Beispiel führte das IASB das von französischen auf das Privat-kundengeschäft spezialisierten Banken vertriebene Livret-A-Spar-konto an. Der Zinssatz der Livret-A-Spareinlagen wird von der französischen Zentralbank und der Regierung anhand einer Formel festgelegt, die Schutz vor der Inflation und eine angemessene Vergütung bietet, durch die Unternehmen einen Anreiz erhalten, dieses spezielle Sparkonto zu nutzen. Die auf das Privatkun-dengeschäft spezialisierten Banken sind nämlich gesetzlich ver-pflichtet, einen bestimmten Teil der Einlagen als Kredit an eine staat liche Institution auszureichen, die damit Sozialmaßnahmen finanziert. Das IASB vertritt die Auffassung, dass der in den Zinsen dieser Konten berücksichtigte Zeitwert des Geldes nicht lediglich den Gegenwert für den Zeitablauf darstellt. Allerdings würde eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten nach Ansicht des IASB relevante und nützliche Informationen liefern, solange die vertraglichen Cashflows keine Risiken oder Schwan-kungen verursachen, die nicht mit einer einfachen Kreditverein-barung vereinbar sind.

4.3.4AnderevertraglicheBestimmungen,diedenZeitpunktoderdieHöhedervertraglichenCashflowsändern19

Einige finanzielle Vermögenswerte enthalten vertragliche Bestim-mungen, die den Zeitpunkt oder die Höhe der vertraglichen Cash-flows verändern. Beispielsweise kann ein Vermögenswert vor Ende der Laufzeit vorzeitig zurückgezahlt oder seine Laufzeit verlän-gert werden. In diesen Fällen hat ein Unternehmen zu beurteilen, ob die vertraglichen Cashflows, die aufgrund dieser vertrag­lichen Bestimmung über die Laufzeit des Instruments entstehen können, ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen.

18 Vgl. IFRS 9.BC4.179–180.19 Vgl. hierzu die Fragen 30 und 31 in der Anlage zu dieser Publikation.

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Ausstattungsmerkmale des Finanzinstruments

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Für diese Feststellung hat das Unternehmen die vertraglichen Cashflows zu überprüfen, die sowohl vor als auch nach der Ände-rung der vertraglichen Cashflows entstehen können. Des Weite-ren hat das Unternehmen die Art jedes bedingten Ereignisses zu beurteilen, das den Zeitpunkt oder die Höhe der vertraglichen Cashflows verändern könnte. Die Art eines solchen Ereignisses ist zwar kein ausschlaggebender Faktor bei der Beurteilung, ob die vertraglichen Cashflows ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlun-gen darstellen, kann aber ein Indikator dafür sein.

Vergleicht man beispielsweise ein Finanzinstrument, dessen Zins-satz erhöht wird, wenn der Schuldner eine bestimmte Anzahl von Zahlungen nicht leistet, mit einem Finanzinstrument, dessen Zinssatz erhöht wird, wenn ein bestimmter Aktienindex ein be-stimmtes Niveau erreicht, wäre es beim ersten Finanzinstrument aufgrund des Verhältnisses zwischen den nicht geleisteten Zah-lungen und der dadurch bedingten Erhöhung des Kreditrisikos wahrscheinlicher, dass die vertraglichen Cashflows über die Lauf-zeit des Instruments ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen werden. Beim zweiten Finanzinstrument könnte das bedingte Ereignis zu einem Aktienkursrisiko führen, das kein Risiko aus einer einfachen Kre-ditvereinbarung darstellt.

Die folgenden beispielhaft genannten Vertragsbedingungen füh-ren zu vertraglichen Cashflows, die ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen:

Das IASB hat entschieden, unter bestimm-ten Bedingungen eine begrenzte Aus-nahmeregelung für Schuldinstrumente zuzulassen, die mit einem Agio oder Disagio ausgereicht oder erworben wurden und vorzeitig zum Nennwert zurückgezahlt werden können.

• ein variabler Zinssatz, der das Entgelt für den Zeitwert des Geldes und für das über einen bestimmten Zeitraum mit dem ausstehenden Kapitalbetrag verbundene Kreditrisiko (wobei das Entgelt für das Kreditrisiko nur beim erstmaligen Ansatz bestimmt und somit möglicherweise nicht mehr verändert wer-den kann) sowie für andere aus einer einfachen Kreditverein-barung entstehende Risiken und Kosten darstellt und der eine Gewinnmarge beinhaltet (die wahrscheinlich ebenfalls nicht mehr verändert werden kann)

• eine Vertragsbedingung, die es dem Emittenten (Schuldner) gestattet, ein Schuldinstrument vorzeitig zurückzuzahlen, oder dem Inhaber (Gläubiger) gestattet, ein Schuldinstrument vor dessen Endfälligkeit an den Emittenten zurückzugeben, wobei der vorzeitig zurückgezahlte Betrag im Wesentlichen den nicht gezahlten Tilgungs- und Zinsbeträgen auf den ausstehenden Kapitalbetrag entspricht; dies kann eine angemessene zusätz-liche Vergütung für die vorzeitige Beendigung des Vertrags beinhalten

• eine Vertragsbedingung, die es dem Emittenten oder Inhaber gestattet, die vertragliche Laufzeit eines Schuldinstruments zu verlängern (Verlängerungsoption), wobei die Bedingungen der Verlängerungsoption während des Verlängerungszeitraums zu vertraglichen Cashflows führen, die ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag dar-stellen; dies kann eine angemessene zusätzliche Vergütung für die Verlängerung des Vertrags beinhalten

Würde man den Begriff „Kapitalbetrag“ so streng wie im Standard vorgegeben verwenden, müssten Schuldinstrumente, die mit einem Agio oder Disagio ausgereicht oder erworben wurden und vor-zeitig zum Nennwert zurückgezahlt werden können, erfolgswirksam zum Fair Value bewertet werden. Würde der Emittent nämlich vor-zeitig zurückzahlen, könnte der Inhaber einen Gewinn realisieren, der unter oder über dem Ertrag aus einer einfachen Kreditverein-barung liegt. Das IASB hat jedoch beschlossen, eine begrenzte Ausnahmeregelung für einige dieser finanziellen Vermögenswerte zuzulassen. Bei finanziellen Vermögenswerten, die mit einem Agio oder Disagio ausgereicht oder erworben wurden und abgesehen von dem Effekt einer Vorfälligkeitsoption zu vertraglichen Cash-flows führen, die den Kapitalbetrag und Zinsen darstellen, gelten die Bedingungen für diese Ausnahmeregelung als erfüllt, sofern

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• der vorzeitig zurückgezahlte Betrag im Wesentlichen dem ver-traglichen Nennwert und den aufgelaufenen (nicht gezahlten) Zinsen entspricht; dies kann eine angemessene zusätzliche Ver-gütung für die vorzeitige Beendigung des Vertrags beinhalten;

• der Fair Value des Vorfälligkeitsmerkmals beim erstmaligen Ansatz des finanziellen Vermögenswerts unwesentlich ist.

Unsere Sichtweise Die oben beschriebenen Kriterien gelten unabhängig davon, ob (i) die Vorfälligkeitsoption vom Emittenten oder vom Inhaber aus-geübt werden kann, (ii) die Vorfälligkeitsbedingung freiwillig oder verpflichtend ist oder (iii) das Vorfälligkeitsmerkmal an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist.

Das Kriterium, wonach der Fair Value der Vorfälligkeitsoption beim erstmaligen Ansatz unwesentlich sein muss, kann in der Praxis dazu führen, dass viele finanzielle Vermögenswerte, die vorzeitig zurückgezahlt werden können, erfolgswirksam zum Fair Value erfasst werden, solange kein Merkmal enthalten ist, das eine angemessene Vergütung für die vorzeitige Beendigung des Vertrags vorsieht. Ohne ein solches Merkmal würde sich der Fair Value einer Vorfälligkeitsoption zum Nennwert in der Regel mit dem steigen-den oder fallenden Marktzinssatz verändern.

Da der vorzeitig zurückgezahlte Betrag zudem eine angemessene zusätzliche Vergütung für die vorzeitige Beendigung des Vertrags beinhalten kann, unterscheidet sich die bilanzielle Behandlung von Vorfälligkeitsoptionen nach IFRS 9 stark von der bilanziellen Behandlung nach IAS 39.

Nach IAS 39 wird ein Vorfälligkeitsmerkmal nur dann als eng mit dem Basisvertrag verknüpft betrachtet (und damit nicht als ein-gebettetes derivatives Finanzinstrument behandelt, das vom Basisvertrag zu trennen ist), wenn der vorzeitig zurückzuzahlende Betrag ungefähr den fortgeführten Anschaffungskosten entspricht.

Schwierigkeiten können sich jedoch bei variabel verzinslichen Finanzinstrumenten ergeben, die mit einem erheblichen Disagio oder Agio erworben wurden. So enthält ein variabel verzinslicher Vermögenswert, der mit einem hohen Disagio erworben wurde, eine gewisse Hebelwirkung (s. Abschnitt 4.3.5), da der variable Zinssatz auf dem Nominalbetrag beruht, während der Kapitalbetrag dem Fair Value beim erstmaligen Ansatz durch den Erwerber entspricht. Ein solches Finanzinstrument würde die Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen nicht bestehen. Es ist jedoch unklar, ob das IASB dies beabsichtigt hat.

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4.3.5VertraglicheCashflows,diekeineTilgungs-undZinszahlungendarstellen20

In einigen Fällen können finanzielle Vermögenswerte über ver-tragliche Cashflows verfügen, die nicht ausschließlich aus Tilgungs­ und Zinszahlungen bestehen. Sofern ein solches Merkmal nicht de minimis oder non-genuine ist, würde das Finanzinstrument die Überprüfungskriterien für die vertraglichen Cashflow­Merkmale nicht erfüllen. Beispiele für Finanzinstrumente mit vertraglichen Cashflows, die möglicherweise nicht ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen, sind u. a. Finanzinstrumente mit einer Hebelwirkung und Finanz-instrumente, die eine Finanzinvestition in bestimmte Vermögens-werte oder Cashflows darstellen.

Die Hebelwirkung ist bei einigen finanziellen Vermögenswerten ein Merkmal der vertraglichen Cashflows. Durch die Hebelwirkung erhöht sich die Variabilität der vertraglichen Cashflows, mit der Folge, dass diese nicht die wirtschaftlichen Merkmale von Zins-zahlungen aufweisen. Beispiele für finanzielle Vermögenswerte, die eine solche Hebelwirkung aufweisen, sind freistehende Options-, Termin- und Swapkontrakte. Diese Verträge erfüllen die Zahlungs-strombedingungen nicht und können somit nicht zu fortgeführ-ten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value be-wertet werden.

Ein finanzieller Vermögenswert kann über vertragliche Cashflows verfügen, die zwar als Tilgungs- und Zinszahlungen beschrieben werden, jedoch keine Tilgungs- und Zinszahlungen auf den aus-stehenden Kapitalbetrag sind. Dies kann dann der Fall sein, wenn der finanzielle Vermögenswert eine Finanzinvestition in bestimmte Vermögenswerte oder Cashflows darstellt. Bei manchen vertrag­lichen Vereinbarungen beschränkt sich zum Beispiel die Forderung eines Gläubigers auf bestimmte Vermögenswerte des Schuldners oder die Cashflows aus bestimmten Vermögenswerten (im Stan-dard als finanzieller Vermögenswert ohne Rückgriffsmöglichkeit [non-recourse] beschrieben).

Als weiteres Beispiel führt der Standard Vertragsbedingungen an, die vorsehen, dass die Cashflows aus einem finanziellen Vermö-genswert steigen, je mehr Fahrzeuge eine mautpflichtige Straße befahren.21 Diese vertraglichen Cashflows sind nicht mit einer einfachen Kreditvereinbarung vereinbar. Daher würde das Finanz-instrument die Zahlungsstrombedingungen nicht erfüllen, es sei denn, ein solches Merkmal wäre de minimis oder non-genuine.

Die Tatsache, dass ein finanzieller Vermögenswert keine über den zugrunde liegenden Vermögenswert hinausgehende Rückgriffs-möglichkeit bietet, hat jedoch nicht zwangsläufig zur Folge, dass dieser Vermögenswert die Prüfung der Zahlungsstrombedingun-gen nicht besteht. In solchen Situationen muss der Gläubiger im Rahmen einer Durchschau (look through) die einzelnen zugrunde liegenden Vermögenswerte oder Cashflows beurteilen, um zu be-stimmen, ob es sich bei den vertraglichen Cashflows des zu klassi-fizierenden finanziellen Vermögenswerts weiterhin lediglich um Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag handelt. Sofern die Bedingungen des finanziellen Vermögenswerts zu zusätzlichen Cashflows führen oder die Cashflows auf eine Weise beschränken, die mit Tilgungs- und Zinszahlungen unver-einbar ist, besteht der finanzielle Vermögenswert die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen nicht. Für diese Beurteilung ist es unerheblich, ob die zugrunde liegenden Vermögenswerte finan­zielle oder nichtfinanzielle Vermögenswerte sind.

Bei fast jeder Kredittransaktion wird das Instrument des Gläubi-gers im Verhältnis zu den Instrumenten der anderen Gläubiger des Schuldners eingestuft. Ein Instrument, das anderen Instrumenten nachgeordnet ist, kann als Instrument betrachtet werden, das über vertragliche Cashflows verfügt, die Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen, wenn der Zahlungs-ausfall des Schuldners nur bei einer Vertragsverletzung eintritt und der Inhaber auch im Falle der Insolvenz des Schuldners einen vertraglichen Anspruch auf die nicht gezahlten Tilgungs- und Zinsbeträge auf den ausstehenden Kapitalbetrag hat. Wenn das Nachrangmerkmal die vertraglichen Cashflows allerdings auf eine andere Weise beschränkt oder zu jeglicher Form von Hebelung führt, würde das Finanzinstrument die Überprüfung der Zahlungs-strombedingungen nicht bestehen.

20 Vgl. hierzu die Fragen 32 bis 41 in der Anlage zu dieser Publikation.21 Vgl. IFRS 9.B4.1.16.

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4.4 Vertraglich verknüpfte Instrumente22

Bei einigen Transaktionsarten kann ein Unternehmen bestimmten Zahlungen an die Inhaber von finanziellen Vermögenswerten durch Bildung mehrerer vertraglich verknüpfter Instrumente, die eine Konzentration von Kreditrisiken erzeugen (sogenannte Tranchen), Vorrang einräumen. Für jede Tranche gibt es eine Rangrücktritts-regelung, die die Rangfolge festlegt, in der vom Emittenten er-zeugte Cashflows der Tranche zugeordnet werden. In solchen Situationen haben die Inhaber einer Tranche nur dann einen An-spruch auf Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag, wenn der Emittent ausreichend hohe Cashflows er-zeugt, um vorrangigere Tranchen zu bedienen.

Bei diesen Arten von Vereinbarungen werden Kreditrisiken in be-stimmte Tranchen einer Struktur gebündelt. Diese Investitionen umfassen im Wesentlichen ein erhöhtes Kreditrisiko und das IASB ist daher der Auffassung, dass bei solchen Investitionen eine Bewer-tung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value unter bestimmten Umständen unangemessen sein kann.23

In einer Transaktion mit mehreren Tranchen, bei denen Kredit-risiken wie vorstehend beschrieben gebündelt werden, wird eine Tranche nur dann so betrachtet, als ob deren vertragliche Aus-stattungsmerkmale zu Cashflows führten, die Tilgungs­ und Zins-zahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen, wenn sämtliche der folgenden Kriterien erfüllt sind:

• Die vertraglichen Ausstattungsmerkmale der im Hinblick auf ihre Klassifizierung zu beurteilenden Tranche (ohne Berücksichti-gung des zugrunde liegenden Bestands an Finanzinstrumenten) führen zu Cashflows, die ausschließlich Tilgungs­ und Zins­zahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen (z. B. wenn der Zinssatz für die Tranche nicht an einen Rohstoffindex gekoppelt ist).

• Der zugrunde liegende Bestand an Finanzinstrumenten ent-hält ein oder mehrere Instrumente mit Vereinbarungen über vertragliche Cashflows, die ausschließlich Tilgungs­ und Zins-zahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen (die originären Finanzinstrumente), und alle anderen Instrumente in dem zugrunde liegenden Bestand bewirken Folgendes:

• Sie verringern die Variabilität der Cashflows der im Bestand gehaltenen originären Finanzinstrumente und führen in Kombination mit Letzteren zu Cashflows, die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapital-betrag darstellen, oder

• sie passen die Cashflows der Tranchen an die Cashflows der im Bestand gehaltenen zugrunde liegenden originären Finanz-instrumente an, um Abweichungen auszugleichen (und zwar ausschließlich) hinsichtlich

• der Art des Zinssatzes (d. h. ob es sich um einen festen oder variablen Zinssatz handelt),

• der Währung der Cashflows, einschließlich der Inflations-rate in der betreffenden Währung, oder

• des zeitlichen Anfalls der Cashflows.

Bei der Identifizierung des zugrunde liegenden Bestands an Finanz instrumenten sollte der Inhaber die gesamte Struktur im Rahmen eines look through analysieren, bis ein zugrunde liegender Bestand an Finanzinstrumenten identifiziert werden kann, die die Cashflows erzeugen und nicht nur weiterleiten.

• Das Kreditrisiko der Tranche in Bezug auf den zugrunde liegen-den Bestand an Finanzinstrumenten ist genauso hoch wie oder niedriger als das Kreditrisiko des gesamten zugrunde liegen-den Bestands an Finanzinstrumenten (z. B. wenn das Boni-tätsrating der Tranche genauso hoch wie oder niedriger als das Bonitätsrating eines einzelnen Darlehens ist, mit dem der zu-grunde liegende Bestand finanziert wurde).

Kann der Inhaber beim erstmaligen Ansatz nicht beurteilen, ob ein finanzieller Vermögenswert die vorstehend genannten Kriterien erfüllt, ist die Tranche erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten.

22 Vgl. hierzu die Fragen 42 bis 45 in der Anlage zu dieser Publikation.23 Vgl. IFRS 9.BC4.26.

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Ausstattungsmerkmale des Finanzinstruments

4

Aus praktischer Sicht kann es für den Inhaber schwierig sein, die Analyse durchzuführen, da noch nicht alle zugrunde liegenden Referenzvermögenswerte der besicherten Schuldverpflichtung (collateralised debt obligation – CDO) zum Zeitpunkt der Anlage erworben wurden. In diesem Fall wird der Inhaber bei der Beur-teilung, ob eine Bewertung der Anlage zu fortgeführten Anschaf-fungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value zulässig ist, unter anderem die vorgegebene Verwendung der CDO sowie das An-lagemandat des Verwalters berücksichtigen müssen. Wenn der Inhaber aus diesen Aspekten schließen kann, dass alle zugrunde liegenden Referenzvermögenswerte der CDO stets über vertrag-liche Cashflows verfügen werden, die ausschließlich aus Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag bestehen, können die Zinsen der CDO die Bedingungen für eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value erfüllen. Andernfalls sind die Zinsen der CDO erfolgswirk-sam zum Fair Value zu bewerten, da sie die Prüfung der Zahlungs-strombedingungen nicht bestehen.

Wenn sich der zugrunde liegende Bestand an Instrumenten nach dem erstmaligen Ansatz auf eine Weise ändern kann, die nicht mit den vorstehend genannten Kriterien in Einklang steht, dann muss diese Tranche erfolgswirksam zum Fair Value bewertet werden. Wenn der zugrunde liegende Bestand jedoch Instrumente umfasst, die durch Vermögenswerte besichert sind, welche die vorstehend genannten Kriterien nicht erfüllen (was oft der Fall sein wird), wird die Möglichkeit der Inbesitznahme dieser Vermögenswerte zum Zwecke der Anwendung dieser Vorschrift außer Acht gelas-sen, es sei denn, das Unternehmen erwarb die Tranche mit der Absicht, die Verfügungsgewalt über die Sicherheiten zu erlangen (was selten der Fall sein wird).

Das IASB vertrat die Auffassung, dass die Vorschriften für vertrag-liche Cashflows bei vertraglich verknüpften Instrumenten auf dem wesentlichen Grundsatz basieren sollten, dass ein Unternehmen nicht benachteiligt werden darf, nur weil es einen Vermögenswert indirekt hält, wenn der zugrunde liegende Vermögenswert über Cashflows verfügt, die ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen darstellen, und die Anlage keiner Hebelwirkung oder Konzentra-tion von Kreditrisiken unterliegt, die im Vergleich zu den zugrunde liegenden Vermögenswerten mehr als unerheblich ist.25

24 Anlage A zu IFRS 9 definiert einen Kreditausfall als „die Differenz zwischen den gesamten vertraglichen Cashflows, die auf Basis des Vertrages fällig sind, und den Cashflows, die das Unternehmen zu erhalten erwartet, abgezinst mit dem ursprünglichen Effektivzinssatz.“

25 Vgl. IFRS 9.BC4.206.

Unsere Sichtweise Während vertraglich verknüpfte Instrumente die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen bestehen könnten und demzufolge zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value bewertet werden können, beruhen die vertraglichen Cashflows der einzelnen Tranchen in der Regel auf einer fest-gelegten Wasserfallstruktur (d. h., Tilgungs- und Zinszahlungen erfolgen zunächst für die ranghöchste Tranche und anschließend sukzessive für die rangniedrigeren Tranchen).

Man könnte dementsprechend argumentieren, dass die rang-niedrigeren Tranchen niemals von einem Kreditausfall betroffen sein können, da die im Rahmen der Wasserfallstruktur vertrag-lich festgelegten Cashflows stets den Cashflows entsprechen, deren Erhalt das Unternehmen erwartet.24 Da diese Vermögens-werte jedoch auch so zu bilanzieren sind, als ob sie die Prü-fung der Zahlungsstrombedingungen bestanden hätten, sind wir der Auffassung, dass die Wertminderungsvorschriften des IFRS 9 auf solche Tranchen anzuwenden sind, wenn sie zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value bewertet werden. Bei der Berechnung der erwarte-ten Kreditausfälle hat ein Unternehmen nicht die unter Berück-sichtigung der Wasserfallstruktur ermittelten Cashflows, son-dern die angenommenen Tilgungs- und Zinszahlungen als ver-tragliche Cashflows zu behandeln.

Ein Unternehmen sollte nicht benachteiligt werden, nur weil es einen Vermögenswert indirekt hält.

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Das IASB hat daher deutlich gemacht, dass eine Tranche über ver-tragliche Cashflows verfügen kann, die ausschließlich aus Tilgungs­ und Zinszahlungen bestehen, auch wenn die Tranche für den Fall, dass der zugrunde liegende Bestand an Finanzinstrumenten vor-zeitig zurückgezahlt wurde, vorzeitig zurückzuzahlen ist. Da der zugrunde liegende Bestand an Vermögenswerten über vertrag-liche Cashflows verfügen muss, die ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen darstellen, müssen dem Board zufolge auch alle Vorfälligkeitsmerkmale dieser zugrunde liegenden Vermögens-werte ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen sein.26

Unsere Sichtweise Die Klarstellung des Boards, dass ein Vorfälligkeitsmerkmal des zugrunde liegenden Bestands an Vermögenswerten nicht zwangsläufig dazu führt, dass eine Tranche die Zahlungs-strombedingungen nicht erfüllt, ist hilfreich. Doch es kann sich sehr schwierig gestalten, den zugrunde liegenden Bestand im Rahmen eines look through zu analysieren, um festzustellen, ob dessen Vorfälligkeitsmerkmale ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen darstellen würden, es sei denn, der zugrunde liegende Bestand kann ausschließlich bei der Ausreichung erwor-ben werden. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass häufig die Informationen nicht verfügbar sind, mit denen sich bestimmen lässt, ob die Vermögenswerte mit einem Agio oder Disagio erwor-ben wurden und ob der Fair Value eines Vorfälligkeitsmerkmals zum Erwerbszeitpunkt unwesentlich war (s. Abschnitt 4.3.4).

4.4.1BeurteilungderMerkmaledeszugrundeliegendenBestands

Im Hinblick auf das zweite Kriterium auf Seite 27 kann der zu-grunde liegende Bestand finanzielle Vermögenswerte oder Ver-bindlichkeiten wie Zinsswaps umfassen. Damit diese Instrumente nicht dazu führen, dass die Inhaber einer Tranche diese nicht zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value bilanzieren können, müssen sie die Cashflow­Variabilität ver-ringern oder die Cashflows der Tranchen an die Cashflows aus den im Bestand gehaltenen zugrunde liegenden originären Finanz-instrumenten anpassen. Würde der zugrunde liegende Bestand

an Finanzinstrumenten einen erworbenen Credit Default Swap umfassen, so würde dies nicht dazu führen, dass die Tranchen nicht zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value bilanziert werden können, solange der Credit Default Swap lediglich den durch den Ausfall der Tilgungs- und Zinszah-lungen entstandenen Verlust ausgleicht. In der Praxis umfasst der zugrunde liegende Bestand jedoch eher geschriebene als erwor-bene Credit Default Swaps.

Dennoch kann es möglich sein, dass die ranghöheren Anlagen in Cash-CDOs, in deren zugrunde liegendem Bestand die Referenz-schuldinstrumente enthalten sind, zu fortgeführten Anschaffungs-kosten oder erfolgsneutral zum Fair Value bilanziert werden dür-fen. Vorrangige Tranchen synthetischer CDOs, bei denen das Risiko für die Tranchen durch Derivate generiert wird, würden die Prü-fung der Zahlungsstrombedingungen hingegen nicht bestehen.

4.4.2BeurteilungdesKreditrisikosdergehaltenenTranche27

IFRS 9 schreibt keine Methode vor, um das Kreditrisiko der gehalte-nen Tranche mit dem des zugrunde liegenden Bestands an Finanz-instrumenten zu vergleichen.

Im Hinblick auf die vorrangigen (senior) und nachrangigen (junior) Tranchen dürfte sich nach einer einfachen Analyse feststellen lassen, ob die Tranche mit einem höheren oder einem geringeren Risiko behaftet ist als die zugrunde liegenden Vermögenswerte. In einigen Fällen kann gegebenenfalls das Bonitätsrating der Tranche mit dem des zugrunde liegenden Bestands an Finanzinstrumenten verglichen werden, vorausgesetzt dass alle Finanzinstrumente mit einem Rating versehen sind.

Liegen jedoch komplexe Verbriefungsstrukturen vor, kann es not-wendig sein, eine detailliertere Beurteilung vorzunehmen. Bei-spielsweise könnte es angebracht sein, eine Analyse vorzunehmen, die die Entwicklung verschiedener Kreditausfallszenarien für den zugrunde liegenden Bestand an Finanzinstrumenten, die Berech-nung der wahrscheinlichkeitsgewichteten Ergebnisse dieser Szenarien, die Feststellung der wahrscheinlichkeitsgewichteten Auswirkungen auf die gehaltene Tranche sowie einen Vergleich der relativen Variabilität der gehaltenen Tranche mit jener der zu-grunde liegenden Vermögenswerte beinhaltet.

26 Vgl. IFRS 9.BC4.206(a).27 Vgl. hierzu die Frage 46 in der Anlage zu dieser Publikation.

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Die Klassifizierung finanzieller Verbindlichkeiten nach IFRS 9 folgt nicht dem Ansatz zur Klassifizierung finanzieller Vermögens-werte. Sie unterscheidet sich nicht wesentlich von den derzeitigen Regelungen zur Klassifizierung nach IAS 39. Mit Ausnahme von Finanzgarantien und Kreditzusagen, die vom Anwendungsbereich des Standards ausgenommen wurden, werden finanzielle Ver-bindlichkeiten entweder erfolgswirksam zum Fair Value oder zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet.

Finanzielle Verbindlichkeiten werden erfolgswirksam zum Fair Value bewertet, wenn sie unter die Definition „zu Handelszwecken gehalten“ fallen oder beim erstmaligen Ansatz dieser Bewertungs-kategorie unter Anwendung der Fair-Value-Option zugeordnet werden (s. Abschnitt 6).

Bei einer finanziellen Verbindlichkeit, die unter Anwendung der Fair-Value-Option in die FVTPL-Kategorie eingestuft wurde, sind Gewinne oder Verluste, die auf Änderungen des eigenen Kredit-risikos des Unternehmens zurückzuführen sind, in der Regel im sonstigen Ergebnis zu erfassen. Verbleibende Wertänderungen sind in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen. Die im sons-tigen Ergebnis erfassten Beträge werden nicht in die Gewinn- und Verlustrechnung umgegliedert, sollte die Verbindlichkeit jemals mit einem Disagio zurückgekauft werden.

Sofern die Erfassung der mit der Veränderung des eigenen Kredit-risikos verbundenen Änderung des Fair Value im sonstigen Ergeb-nis eine Rechnungslegungsanomalie zur Folge hätte oder eine be-stehende Rechnungslegungsanomalie verschärfen würde, sind die Gewinne und Verluste in voller Höhe in der Gewinn- und Ver-lustrechnung auszuweisen. Um zu bestimmen, ob diese Vorgehens-weise zu einer Rechnungslegungsanomalie führen oder eine be-stehende Rechnungslegungsanomalie vergrößern würde, muss das Unternehmen beurteilen, ob es erwartet, dass die Auswirkungen der Änderung des mit der Verbindlichkeit verbundenen Kredit-risikos in der Gewinn- und Verlustrechnung durch eine Änderung des Fair Value eines anderen Finanzinstruments aufgehoben werden, zum Beispiel wenn der Fair Value eines Vermögenswerts mit demjenigen der dazugehörigen Verbindlichkeit verknüpft ist. Im Falle einer solchen Rechnungslegungsanomalie muss das

5 Klassifizierung finanzieller Verbindlichkeiten28

Unternehmen sämtliche Veränderungen des Fair Value der Ver-bindlichkeit in der Gewinn- und Verlustrechnung darstellen. Diese Ausnahmeregelung wurde im Hinblick auf bestimmte in Dänemark ausgegebene Finanzinstrumente entwickelt und dürfte in der Praxis nur selten Anwendung finden. Die Feststellung, ob eine Rechnungslegungsanomalie entstehen wird, ist beim erstmali-gen Ansatz der einzelnen Verbindlichkeiten vorzunehmen und unwiderruflich. Finanzielle Verbindlichkeiten, die nicht erfolgs-wirksam zum Fair Value bewertet werden, werden bei der Folge-bewertung unter Anwendung der Effektivzinsmethode mit fort-geführten Anschaffungskosten angesetzt.

Im Gegensatz zur Bilanzierung hybrider Verträge mit einem finan-ziellen Vermögenswert als Basisvertrag sind in finanzielle Verbind-lichkeiten als Basisvertrag eingebettete derivative Finanzinstru-mente, die in den Anwendungsbereich von IFRS 9 fallen, oft separat zu erfassen. Dies entspricht der derzeitigen Vorgehensweise in IAS 39. Demnach sind diese Finanzinstrumente vom Basisvertrag zu trennen, wenn sie nicht eng mit dem Basisvertrag verbunden sind, der Definition eines Derivats entsprechen und der hybride Vertrag nicht erfolgswirksam zum Fair Value bewertet wird.

Änderungen des Fair Value von Ver-bindlichkeiten der FVTPL-Kategorie, die auf das eigene Kreditrisiko zu-rückzuführen sind, sind künftig im sonstigen Ergebnis zu erfassen. An-sonsten hat sich die Klassifizierung und Bewertung finanzieller Verbind-lichkeiten nicht geändert.

28 Vgl. hierzu die Frage 51 in der Anlage zu dieser Publikation.

31EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Finanzielle Vermögenswerte oder finanzielle Verbindlichkeiten können beim erstmaligen Ansatz unter Anwendung der Fair-Value-Option in die FVTPL-Kategorie eingestuft werden, wenn dadurch Bewertungs- oder Ansatzinkongruenzen, auch als „Rechnungslegungsanomalien“ bezeichnet, vermieden oder erheblich verringert werden, die andernfalls entstünden.

Finanzielle Verbindlichkeiten können darüber hinaus in die FVTPL­Kategorie eingestuft werden, wenn eine Gruppe von finan-ziellen Verbindlichkeiten oder eine Gruppe von finanziellen Ver-mögenswerten und finanziellen Verbindlichkeiten auf der Basis des Fair Value gesteuert und ihre Wertentwicklung anhand des Fair Value beurteilt wird. Finanzielle Vermögenswerte, die auf der Basis des Fair Value verwaltet werden, werden stets als erfolgswirksam zum Fair Value bewertet klassifiziert. Daher wird für diese Finanz­instrumente kein Wahlrecht benötigt.

Die erfolgswirksame Bewertung zum Fair Value ist in den beiden oben beschriebenen Situationen zulässig, sofern dies dazu führt, dass im Abschluss nützlichere Informationen dargestellt werden. Eine solche Einstufung ist unwiderruflich und kann nur beim erst-maligen Ansatz einmalig ausgeübt werden.

Des Weiteren kann ein hybrider Vertrag mit einem Basisvertrag, der kein Vermögenswert ist, der in den Anwendungsbereich von IFRS 9 fällt, und einem oder mehreren eingebetteten Derivaten, die bestimmte Bedingungen erfüllen, vollständig in die FVTPL- Kategorie eingestuft werden.

6 Einstufung als „erfolgswirksam zum Fair Value“ bewertet29

29 Vgl. hierzu die Frage 47 in der Anlage zu dieser Publikation.

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Ein Unternehmen kann eine Investition in ein Eigenkapitalinstru-ment, die nicht zu Handelszwecken gehalten wird, erwerben. Beim erstmaligen Ansatz kann das Unternehmen ein unwiderrufliches (instrumentenbezogenes) Wahlrecht ausüben, um die späteren Änderungen des beizulegenden Zeitwerts einer solchen Investition im sonstigen Ergebnis auszuweisen. Zu diesem Zweck wird der Begriff „Eigenkapitalinstrument“ entsprechend der Definition in IAS 32 verwendet.

Mit Ausnahme erhaltener Dividenden werden die damit verbunde-nen Gewinne und Verluste, einschließlich jedes dazugehörigen Bestandteils an Fremdwährungsänderungen, im sonstigen Ergeb-nis erfasst. Die im sonstigen Ergebnis dargestellten Beträge wer-den weder zu einem späteren Zeitpunkt noch zum Ausbuchungs-zeitpunkt in die Gewinn- und Verlustrechnung umgegliedert. Der kumulierte Gewinn oder Verlust kann jedoch innerhalb des Eigen-kapitals umgegliedert werden. Entgegen der Bilanzierung von zur Veräußerung verfügbaren Eigenkapitalinstrumenten nach IAS 39 werden auch keine Wertminderungen erfolgswirksam erfasst.

Erhaltene Dividenden sollen in der Gewinn- und Verlustrechnung erfasst werden, wenn der Rechtsanspruch auf die Zahlung wahr-scheinlich ist und verlässlich bestimmt werden kann, es sei denn, die Dividende ist eindeutig als Rückzahlung eines Teils der Kosten des Eigenkapitalinstruments anzusehen.

Gemäß IFRS 9 und IAS 39 werden sämtliche Derivate als zu Han-delszwecken gehalten betrachtet. Demzufolge kann dieses Wahl-recht nicht auf ein Derivat wie z. B. ein Optionsrecht (warrant) angewendet werden, das durch den Emittenten als Eigenkapital-instrument klassifiziert wurde. Es könnte jedoch auf Investitionen in Vorzugsaktien, dividend stoppers31 und ähnliche Finanzinstru-mente angewendet werden, sofern diese durch den Emittenten als Eigenkapitalinstrumente klassifiziert wurden.

Das IASB hatte ursprünglich beabsichtigt, dass diese Bilanzierungs-methode nur für Eigenkapitalinstrumente zur Verfügung stehen sollte, die eine „strategische Investition“ darstellen.32 Dies könnte

7 Einstufung von nichtderivativen Eigenkapitalinstrumenten als „erfolgsneutral zum Fair Value“ bewertet

30

Finanzinvestitionen umfassen, die nicht primär mit der Absicht gehalten werden, den Wert der Finanzinvestition zu erhöhen, son-dern aufgrund eines nichtfinanziellen Nutzens. Ein Beispiel wäre das verpflichtende Halten einer solchen Investition, damit ein Unternehmen seine Produkte in einem bestimmten Land verkau-fen darf. Das Board ist jedoch zu dem Ergebnis gekommen, dass es schwierig und vielleicht sogar unmöglich wäre, einen verständ-lichen und praxistauglichen Grundsatz zu entwickeln, der eine unterschiedliche Darstellung rechtfertigen könnte, und verwarf diesen Ansatz wieder.

Unsere Sichtweise Die Bestimmung, ob eine Dividende eindeutig als Rückzahlung eines Teils der Kosten des Eigenkapitalinstruments anzusehen ist oder nicht, könnte sich in der Praxis als ermessensabhängig herausstellen, insbesondere da der Standard keine weiteren Erläuterungen enthält. Da dies eine Ausnahme im Hinblick auf einen Grundsatz darstellt, eröffnet sich zudem die Möglich-keit, Transaktionen so zu strukturieren, dass Gewinne aus der Bewertung zum beizulegenden Zeitwert durch den Einsatz von Zwischenholdings in Dividenden umgewandelt werden.

30 Vgl. hierzu die Fragen 48 bis 51 in der Anlage zu dieser Publikation.31 Ein dividend stopper ist ein Instrument, das bestimmte Merkmale aufweist, die ein Unternehmen daran hindern, eine Dividende auf seine Stammaktien auszuzahlen,

sofern für das Instrument, dass diesen dividend stopper beinhaltet, keine Dividende/kein Coupon ausgezahlt wird.32 Vgl. IFRS 9.BC5.25(c).

35EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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In bestimmten, seltenen Fällen müssen nichtderivative finanzielle Vermögenswerte zwischen den Kategorien „zu fortgeführten Anschaffungskosten“, „FVOCI“ und „FVTPL“ reklassifiziert werden. Konkret muss ein Unternehmen dann (und nur dann), wenn es sein Geschäftsmodell für die Verwaltung seiner finanziellen Vermö-genswerte ändert, alle betroffenen finanziellen Vermögenswerte gemäß dem neuen Geschäftsmodell neu einstufen. Die Umgliede-rung soll prospektiv ab dem „Zeitpunkt der Reklassifizierung“ erfolgen. Dieser wird definiert als „der erste Tag der ersten Be-richtsperiode nach der Änderung des Geschäftsmodells eines Unternehmens, die dazu führt, dass das Unternehmen seine finan­ziellen Vermögenswerte reklassifiziert“.34 Bereits erfasste Ge-winne, Verluste oder Zinsen dürften demnach nicht nachträglich angepasst werden.

Unsere Sichtweise Der Verweis auf die Berichtsperiode schließt Perioden mit ein, für die das Unternehmen einen Zwischenbericht erstellt. So könnte beispielsweise ein Unternehmen, dessen Berichtsperiode am 31. Dezember endet, bestimmen, dass die Änderung des Geschäftsmodells im August 2016 stattfinden wird. Wenn das Unternehmen Quartalsberichte nach IAS 34 Zwischenbericht-erstattung aufstellt und veröffentlicht, wäre der Zeitpunkt der Reklassifizierung der 1. Oktober 2016. Wenn das Unterneh-men jedoch lediglich halbjährliche oder gar keine Zwischen-berichte aufstellt, wäre der Zeitpunkt der Reklassifizierung der 1. Januar 2017.

Änderungen des Geschäftsmodells für die Verwaltung finanzieller Vermögenswerte treten erwartungsgemäß nur sehr selten ein. Sie müssen von der Unternehmensleitung festgelegt werden, eine Folge externer oder interner Änderungen sein, für die Geschäfts-tätigkeit des Unternehmens von Bedeutung und für externe Par-teien transparent sein. Änderungen im Hinblick auf den Zweck des Geschäftsmodells eines Unternehmens treten demnach nur dann ein, wenn ein Unternehmen eine wesentliche Geschäfts-tätigkeit entweder aufnimmt oder einstellt, was in der Regel nur dann der Fall ist, wenn das Unternehmen einen Geschäftsbereich erworben oder veräußert hat.

8 Reklassifizierung von Finanzinstrumenten33

Im Folgenden sind zwei Beispiele aufgeführt, die eine Änderung eines Geschäftsmodells darstellen:

• Ein Unternehmen hält ein Portfolio von Firmenkrediten mit dem Ziel, diese kurzfristig zu veräußern. Das Unternehmen er-wirbt eine Gesellschaft, die Firmenkredite verwaltet und deren Geschäftsmodell vorsieht, die Kredite zu halten, um die vertrag-lichen Cashflows zu vereinnahmen. Das Portfolio von Firmen-krediten soll nicht mehr verkauft werden und wird jetzt gemein-sam mit den erworbenen Firmenkrediten verwaltet, sodass alle Firmenkredite mit dem Ziel gehalten werden, die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen.

• Ein Finanzdienstleistungsunternehmen beschließt, sein Hypo-thekengeschäft mit Privatkunden einzustellen. Dieser Unterneh-mensbereich schließt keine neuen Geschäfte mehr ab und das Finanzdienstleistungsunternehmen bietet sein Hypotheken-portfolio aktiv zum Verkauf an.

Änderungen im Hinblick auf den Zweck des Geschäftsmodells eines Unternehmens müssen vor dem Zeitpunkt der Reklassifizierung erfolgen. Beschließt ein Finanzdienstleistungsunternehmen bei-spielsweise am 15. Februar, sein Privathypothekengeschäft ein-zustellen, sodass es alle betroffenen finanziellen Vermögenswerte am 1. April (d. h. am ersten Tag seiner nächsten Berichtsperiode, unter der Annahme, dass es vierteljährlich berichtet) neu einstufen muss, darf es nach dem 15. Februar keine neuen Hypotheken-geschäfte mehr abschließen oder andere mit dem bisherigen Ge-schäftsmodell in Einklang stehende Tätigkeiten mehr durchführen.

33 Vgl. hierzu die Fragen 53 bis 55 in der Anlage zu dieser Publikation.34 Vgl. IFRS 9 Appendix A.

Änderungen des Geschäftsmodells für die Verwaltung finanzieller Vermögenswerte treten erwartungs-gemäß nur sehr selten ein.

37EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Reklassifizierung von Finanzinstrumenten

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Die folgenden Fälle werden nicht als Änderung des Geschäfts-modells betrachtet:

• eine Änderung der Absicht in Bezug auf bestimmte finanzielle Vermögenswerte (auch bei wesentlichen Änderungen der Marktbedingungen)

• das zeitweilige Verschwinden eines bestimmten Marktes für finanzielle Vermögenswerte

• eine Übertragung finanzieller Vermögenswerte zwischen Teilen des Unternehmens, für die unterschiedliche Geschäftsmodelle gelten

Anders als bei einer Änderung des Geschäftsmodells sind die vertraglichen Bedingungen eines finanziellen Vermögenswerts zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes bekannt. Die vertrag-lichen Cashflows aus einem finanziellen Vermögenswert können sich jedoch während dessen Laufzeit basierend auf den ursprüng-lichen Vertragsbedingungen ändern. Da ein Unternehmen den finanziellen Vermögenswert bei dessen erstmaligem Ansatz auf der Grundlage der vertraglichen Bedingungen über die Laufzeit des Instruments klassifiziert, ist eine Neueinstufung aufgrund einer Änderung der vertraglichen Cashflows aus dem finanziellen Ver-mögenswert nicht zulässig, es sei denn, der Vermögenswert wurde derart modifiziert, dass er ausgebucht wurde.

Stuft ein Unternehmen finanzielle Vermögenswerte neu ein, hat es die Neueinstufung prospektiv ab dem Zeitpunkt der Reklassi-fizierung vorzunehmen. Bereits erfasste Gewinne, Verluste oder Zinsen dürfen nicht nachträglich angepasst werden. Finanzielle Verbindlichkeiten dürfen niemals reklassifiziert werden.

Die nachfolgende Tabelle fasst die Behandlung der Gewinne und Verluste zum Zeitpunkt der Reklassifizierung zusammen.

Finanzielle Verbindlichkeiten dürfen niemals reklassifiziert werden.

38 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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Beispiel:GewinneundVerlusteausderReklassifizierung

BewertungskategorievorderReklassifizierung

FortgeführteAnschaffungskosten

FVOCI FVTPL

Bewertungs- kategorie nach der Reklassi- fizierung

Fortgeführte Anschaffungs- kosten

Der im sonstigen Ergebnis er-fasste kumulierte Gewinn oder Verlust wird aus dem Eigen-kapital ausgebucht und mit dem Fair Value des finanziellen Ver-mögenswerts verrechnet. Der Effektivzinssatz wird dagegen nicht angepasst.

Der Fair Value des finanziellen Vermögenswerts zum Zeit-punkt der Reklassifizierung wird zu dessen neuem Buch-wert. Der Effektivzinssatz wird auf der Grundlage dieses Werts neu ermittelt. Zum Zwecke der Anwendung der Wertminderungsvorschriften gilt der Zeitpunkt der Re-klassifizierung als Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung.

FVOCI Gewinne oder Verluste, die sich aus der Differenz zwischen dem früheren Buchwert und dem Fair Value ergeben, werden im sonstigen Ergebnis erfasst.Der Effektivzinssatz wird nicht angepasst.

Der Fair Value des finanziellen Vermögenswerts zum Zeit-punkt der Reklassifizierung wird zu dessen neuem Buch-wert. Der Effektivzinssatz wird auf der Grundlage dieses Werts neu ermittelt. Zum Zwecke der Anwendung der Wertminderungsvorschriften gilt der Zeitpunkt der Re-klassifizierung als Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung.

FVTPL Gewinne oder Verluste, die sich aus der Differenz zwischen dem früheren Buchwert und dem Fair Value zum Zeitpunkt der Reklassifizierung ergeben, werden in der Gewinn- und Ver-lustrechnung erfasst.

Der Fair Value des finanziellen Vermögenswerts zum Zeit-punkt der Reklassifizierung wird zu dessen neuem Buchwert. Der im sonstigen Ergebnis er-fasste kumulierte Gewinn oder Verlust wird aus dem Eigen-kapital in die Gewinn- und Ver-lustrechnung als Reklassizie-rungsbetrag umgegliedert.

39EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Dieser Abschnitt behandelt die Übergangsvorschriften für Unter-nehmen, die die vorherigen Versionen des IFRS 9 (in den Fassun-gen vom November 2009, Oktober 2010 oder November 2013) nicht angewendet haben und erstmals die finale Fassung von IFRS 9 anwenden. Frühere Versionen von IFRS 9 dürfen nicht mehr vorzeitig angewendet werden, wenn der Zeitpunkt der erst-maligen Anwendung der 1. Februar 2015 oder ein späteres Datum ist.

Die finale Fassung des Standards ist verpflichtend auf Berichts­perioden anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2018 be-ginnen. Eine vorzeitige Anwendung ist zulässig und muss im An-hang angegeben werden. Sie kann jedoch eine Genehmigung der zuständigen Behörden eines Landes oder eine Übernahme in das dort geltende Recht erfordern.36

Nach IFRS 9 darf ein Unternehmen die Vorschriften zum „eigenen Kreditrisiko“ für nichtderivative finanzielle Verbindlichkeiten be-reits vorzeitig anwenden, bevor es die finale Fassung des Standards anwendet. Diesen Vorschriften zufolge muss ein Unternehmen für nichtderivative finanzielle Verbindlichkeiten der FVTPL­Kategorie Änderungen des Fair Value, die auf Änderungen des eigenen Kre-ditrisikos zurückzuführen sind, im sonstigen Ergebnis erfassen. Unternehmen könnten somit bis zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des IFRS 9 von der Möglichkeit Gebrauch machen, nur die Vor-schriften zum eigenen Kreditrisiko vorzeitig anzuwenden, wäh-rend die Finanzinstrumente weiterhin in Einklang mit IAS 39 bilanziert werden.

Wenn ein Unternehmen beschließt, lediglich diese Vorschriften vor-zeitig anzuwenden, hat es diese Tatsache anzugeben und konti-nuierlich die entsprechenden Angaben zu machen. IFRS 9 enthält die allgemeine Vorschrift, dass der Standard rückwirkend anzu-wenden ist. Darüber hinaus sind jedoch eine Reihe von Ausnahme-regelungen vorgesehen, die im Folgenden erläutert werden.

9 Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften35

9.1 Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung

Einige Übergangsbestimmungen nehmen Bezug auf den „Zeit-punkt der erstmaligen Anwendung“, der dem Zeitpunkt entspricht, an dem ein Unternehmen erstmals die Vorschriften von IFRS 9 anwendet. Dieser Zeitpunkt muss außerdem dem Beginn einer Berichtsperiode entsprechen, die nach dem Datum der Veröffent-lichung von IFRS 9 (24. Juli 2014) beginnt.

9.2 Durchführung der Überprüfung des Geschäftsmodells

Unternehmen haben die Überprüfung des Geschäftsmodells (s. Abschnitt 3) auf der Grundlage der Fakten und Umstände durchzuführen, die zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung bestehen. Die sich daraus ergebende Klassifizierung ist unab­hängig von dem in früheren Berichtsperioden verwendeten Ge-schäftsmodell des Unternehmens rückwirkend vorzunehmen.

9.3 Durchführung der Prüfung der Zahlungsstrombedingungen

Für bereits nach IFRS bilanzierende Unternehmen gibt es keine Übergangsbestimmungen hinsichtlich der Überprüfung der Ausstat-tungsmerkmale der vertraglichen Cashflows. Dementsprechend sind die vertraglichen Cashflow­Merkmale eines Vermögenswerts auf der Grundlage der Bedingungen zu überprüfen, die zum Zeit-punkt des erstmaligen Ansatzes des Finanzinstruments vorlagen, und nicht zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung des Standards.

Zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung kann es für ein Unter-nehmen undurchführbar sein(gemäß der Definition in IAS 8), eine modifizierte Zeitwert­des­Geldes­Komponente (wie in Abschnitt 4.3.2 beschrieben) auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der erst-maligen Erfassung des finanziellen Vermögenswerts vorliegenden

35 Vgl. hierzu die Fragen 56 bis 61 in der Anlage zu dieser Publikation.36 In der Europäischen Union ist eine vorherige Übernahme in europäisches Recht erforderlich.

41EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften

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Fakten und Umstände zu überprüfen. In solchen Fällen hat das Unternehmen die vertraglichen Cashflow­Merkmale dieses finan-ziellen Vermögenswerts auf der Grundlage der zum Zeitpunkt seiner erstmaligen Erfassung bestehenden Fakten und Umstände zu überprüfen. Dabei sind die Vorschriften für die Modifizierung der Zeitwert-des-Geldes-Komponente nicht zu berücksichtigen. In solchen Fällen würde das Unternehmen die Merkmale der vertraglichen Cashflows des Vermögenswerts also gemäß den ursprünglichen in IFRS 9 (2009) veröffentlichten Vorschriften überprüfen, d. h. ohne das Konzept eines modifizierten wirt-schaftlichen Verhältnisses. Dies führt voraussichtlich zu einer FVTPL­Klassifizierung des Vermögenswerts.

Zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung kann es für ein Unter-nehmen undurchführbar sein (gemäß der Definition in IAS 8), auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung des finanziellen Vermögenswerts vorliegenden Fakten und Umstände zu beurteilen, ob der Fair Value eines Vorfälligkeitsmerkmals (wie in Abschnitt 4.3.4 beschrieben) unwesentlich war. In solchen Fällen hat das Unternehmen die vertraglichen Cashflow­Merk-male dieses finanziellen Vermögenswerts auf der Grundlage der zum Zeitpunkt der erstmaligen Erfassung des finanziellen Ver­mögenswerts bestehenden Fakten und Umstände zu überprüfen. Dabei ist die Ausnahmeregelung für Vorfälligkeitsmerkmale nicht zu berücksichtigen. Dies führt zu einer FVTPL­Klassifizierung des Vermögenswerts.

Für vertraglich verknüpfte Instrumente ist der look through bei der erstmaligen Anwendung des Standards zu dem Zeitpunkt vor-zunehmen, zu dem das berichtende Unternehmen (d. h. der In-vestor der Tranche) das vertraglich verknüpfte Instrument erst-mals erfasst hat. Es ist nicht erlaubt, die Risikoeinschätzung auf der Grundlage der zu dem Zeitpunkt, zu dem die Vereinbarung abgeschlossen wurde, oder der zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 vorliegenden Umstände vorzunehmen.

Bei IFRS-Erstanwendern stellt sich die Lage anders dar. Sie müssen die Überprüfung der vertraglichen Cashflow­Merkmale bei zuvor erworbenen Vermögenswerten auf der Grundlage der Fakten und Umstände vornehmen, die zum Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS (oder zu Beginn der ersten IFRS-Berichtsperiode für Unterneh-men, die sich in den Vergleichsperioden gegen die Anwendung von IFRS 9 entschieden haben) bestehen.

9.4 Vornahme und Aufhebung von Einstufungen

Bei der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 haben Unternehmen die zuvor gemäß IAS 39 vorgenommenen Einstufungen zu über-prüfen. Dabei haben sie die Gelegenheit, eine neue Designation gemäß IFRS 9 vorzunehmen. Konkret gilt zum Zeitpunkt der erst-maligen Anwendung Folgendes:

• Eine zuvor vorgenommene FVTPL­Einstufung eines finanziellen Vermögenswerts kann in jedem Fall aufgehoben werden und muss zwingend aufgehoben werden, wenn eine solche Einstu-fung Rechnungslegungsanomalien nicht oder nicht mehr besei-tigt oder erheblich verringert.

• Ein finanzieller Vermögenswert oder eine finanzielle Verbind-lichkeit kann in die FVTPL-Kategorie eingestuft werden, wenn diese Einstufung zum gegenwärtigen Zeitpunkt Rechnungs-legungsanomalien beseitigt oder erheblich verringert.

• Eine zuvor vorgenommene FVTPL­Einstufung einer finanziellen Verbindlichkeit auf der Grundlage, dass dadurch Rechnungs-legungsanomalien beseitigt oder erheblich verringert werden, kann in jedem Fall aufgehoben werden und muss zwingend aufgehoben werden, wenn eine solche Einstufung Rechnungs-legungsanomalien nicht mehr beseitigt oder erheblich verringert.

• Eine Investition in ein nichtderivatives Eigenkapitalinstrument, das nicht zu Handelszwecken gehalten wird, kann in die FVOCI- Kategorie eingestuft werden.

Diese Neueinstufungen und Aufhebungen sind auf der Grundlage der Fakten und Umstände vorzunehmen, die zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung bestehen, und die sich daraus ergebende Klassifizierung ist rückwirkend anzuwenden. Zum Zweck der Be-urteilung des letzten Punktes muss das Unternehmen feststellen, ob die Investitionen in Eigenkapitalinstrumente die Definition „zu Handelszwecken gehalten“ erfüllen, so als ob sie zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung erworben worden wären.

42 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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Zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung hat ein Unternehmen festzustellen, ob die Vorschriften des IFRS 9 zum Ausweis der auf das eigene Kreditrisiko zurückzuführenden Wertänderungen auf der Grundlage der Fakten und Umstände, die zu diesem Zeitpunkt bestehen, eine Rechnungslegungsanomalie in der Gewinn- und Verlustrechnung hervorrufen bzw. erhöhen würden. Die Vorschrif-ten sind auf der Grundlage dieser Feststellung rückwirkend anzuwenden.

9.5 Anpassung von Vergleichsinformationen

Ungeachtet der allgemeinen Vorschrift, den Standard rückwirkend anzuwenden, hat ein Unternehmen, das erstmals die Vorschriften des IFRS 9 für die Klassifizierung und Bewertung anwendet, die in IFRS 7 Finanzinstrumente: Angaben vorgeschriebenen Angaben zu machen. Es muss jedoch frühere Perioden nicht anpassen. Viel-mehr dürfen Unternehmen vergangene Berichtsperioden dann und nur dann anpassen, wenn sie sich dabei nicht auf aktuelle In-formationen stützen müssen.

Werden frühere Perioden nicht angepasst, sind Abweichungen zwischen dem früheren Buchwert und dem zu Beginn des Ge-schäftsjahres, in dem IFRS 9 erstmals angewendet wird, festge-stellten Buchwert von finanziellen Vermögenswerten und Ver-bindlichkeiten im Eröffnungssaldo der Gewinnrücklagen (oder ggf. einer anderen Eigenkapitalkomponente) der Berichtsperiode, in der IFRS 9 erstmals angewendet wird, zu erfassen. Sofern ein Unternehmen frühere Perioden anpasst, müssen die angepassten Abschlüsse allen Anforderungen von IFRS 9 entsprechen.

Werden Zwischenberichte nach IAS 34 erstellt, müssen die in IFRS 9 enthaltenen Vorschriften nicht auf Zwischenberichtsperio-den angewendet werden, die vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung liegen, wenn dies undurchführbar ist.

Unternehmen, die erstmals IFRS 9 anwenden, müssen zusätzliche Angaben bereitstellen, aus denen die Änderungen der Klassifizie-rung von finanziellen Vermögenswerten und finanziellen Verbind-lichkeiten zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung aufgrund

des Wechsels der Klassifizierungs­ und Bewertungsvorschriften von IAS 39 zu IFRS 9 hervorgehen. Diese zusätzlichen Angaben sind auch dann erforderlich, wenn ein Unternehmen die Ver-gleichsinformationen zum Zweck der Anwendung von IFRS 9 freiwillig anpasst.

9.6 Ausbuchung vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung

Wenn frühere Perioden angepasst werden, darf IFRS 9 nicht auf finanzielle Vermögenswerte oder finanzielle Verbindlichkeiten angewendet werden, die bereits zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung ausgebucht waren. Anders ausgedrückt: Finanzielle Vermögenswerte und finanzielle Verbindlichkeiten, die nur vor dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung gehalten und dar-gestellt waren, werden nach der Anwendung von IFRS 9 in dem Umfang gemäß IAS 39 bilanziert.

Unsere Sichtweise Wenn das berichtende Unternehmen beschließt, die Ver-gleichs informationen anzupassen oder IFRS 9 zum Beispiel zu Beginn einer Zwischenberichtsperiode erstmalig anzuwenden, könnten die Auswirkungen einer Ausbuchung für die Ab schluss-adressaten möglicherweise irreführend sein. Eventuell sind hier ausführliche Erläuterungen notwendig, da die Informatio-nen für Berichtsperioden, die dem Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung vorausgehen, auf verschiedenen Grundlagen erstellt werden. Zum einen wird IFRS 9 angewendet (für Finanzinstru-mente, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausgebucht wor-den waren), zum anderen IAS 39 (für Finanzinstrumente, die zu diesem Zeitpunkt bereits ausgebucht worden waren). Dies vermindert die Einheitlichkeit der angegebenen Informationen.

43EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsvorschriften

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9.7 Anpassungen zum Übergang und Bewertung

9.7.1HybridefinanzielleVermögenswerte

Ein hybrider finanzieller Vermögenswert, der gemäß IFRS 9 er-folgswirksam zum Fair Value bewertet wird, kann zuvor gemäß IAS 39 als aus einem finanziellen Vermögenswert bestehender Basisvertrag und als separates eingebettetes Derivat bilanziert worden sein. Wenn das Unternehmen in einem solchen Fall ver-gangene Berichtsperioden anpasst und der Fair Value des hybri-den Vertrags in den entsprechenden Vergleichsperioden nicht bestimmt wurde, wird angenommen, dass der Fair Value des hy -briden Vertrags in den Vergleichsperioden der Summe der Fair Values der Vertragsbestandteile (d. h. des nichtderivativen Basis-vertrags und des eingebetteten Derivats) am Ende jeder dar-gestellten Vergleichsperiode entspricht.

Zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung ist jegliche Differenz zwischen dem Fair Value des gesamten hybriden Vertrags zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung und der Summe der beizu-legenden Zeitwerte der Bestandteile des hybriden Vertrags im Eröffnungssaldo der Gewinnrücklagen (oder ggf. einer anderen Eigenkapitalkomponente) der Berichtsperiode, in der IFRS 9 erstmals angewendet wird, zu erfassen.

9.7.2ZufortgeführtenAnschaffungskostenbewertetefinanzielleVermögenswerteundVerbindlichkeiten

Es kann sich beim Übergang auf IFRS 9 als undurchführbar erwei-sen, die Effektivzinsmethode rückwirkend auf einen finanziellen Vermögenswert oder eine finanzielle Verbindlichkeit anzuwenden, die zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden, wenn diese zuvor z. B. in der FVTPL-Kategorie eingestuft waren. In diesem Fall sollte der Fair Value des finanziellen Vermögenswerts oder

der finanziellen Verbindlichkeit zum Ende jeder Vergleichsperiode als deren Bruttobuchwert bzw. fortgeführte Anschaffungskosten behandelt werden. Darüber hinaus sollte der Fair Value des finan-ziellen Vermögenswerts oder der finanziellen Verbindlichkeit zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung als deren neuer Brutto-buchwert bzw. deren neue fortgeführte Anschaffungskosten zu diesem Zeitpunkt behandelt werden.

Abgesehen von dieser Ausnahme ist die Effektivzinsmethode rück-wirkend anzuwenden, und zwar für alle finanziellen Vermögens-werte, die gemäß den Änderungen zu IAS 39 vom Oktober 2008 umgegliedert wurden (z. B. von der Kategorie „zu Handels-zwecken gehalten“ in die Kategorie „Kredite und Forderungen“ oder „zur Veräußerung verfügbar“), auf der Basis der Anschaf-fungskosten des Vermögenswerts und nicht auf der Basis des Betrags, der zum Zeitpunkt der Umgliederung ermittelt wurde. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass die rückwirkende Anwen-dung zur Folge hat, dass ein Unternehmen seinen Abschluss so darstellt, als ob es IFRS 9 schon immer angewendet hätte. IFRS 9 enthält jedoch nicht die gleichen Vorschriften zur Reklassifizie-rung wie IAS 39. Daher muss das Unternehmen den Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes des Finanzinstruments betrachten, um die Bilanzierungsmethode zu bestimmen.

9.7.3NichtnotierteEigenkapitalinstrumente

Eine Investition in ein nicht notiertes Eigenkapitalinstrument (oder ein derivatives Finanzinstrument, das an solche Eigen-kapitalinstrumente gebunden und durch Abgabe solcher Eigen-kapitalinstrumente zu begleichen ist) kann zuvor gemäß IAS 39 zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet worden sein. In einem solchen Fall ist dieses Instrument zu dem zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 festgestellten Fair Value zu bewerten. Abweichungen zwischen dem früheren Buchwert und dem Fair Value sind im Eröffnungssaldo der Gewinnrücklagen (oder ggf. einer anderen Eigenkapitalkomponente) der Berichts-periode zu erfassen, in der IFRS 9 erstmals angewendet wird. Frühere Perioden können somit nicht angepasst werden. Das Board begründet dies damit, dass ein Unternehmen den Fair Value einer Investition in ein nicht notiertes Eigenkapitalinstrument in früheren Berichtsperioden nicht bestimmt hätte und es daher zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht über ausreichende Informationen verfügt, um den Fair Value ohne Heranziehung aktueller Kennt-nisse retrospektiv zu bestimmen.

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Die Effektivzinsmethode ist grund-sätzlich rückwirkend anzuwenden. Dies könnte sich auf die finanziellen Vermögenswerte auswirken, die gemäß den Änderungsvorschlägen zu IAS 39 vom Oktober 2008 um-gegliedert wurden.

45EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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10.1 Überprüfung des GeschäftsmodellsEbeneundGranularitätderÜberprüfung

Definition von Portfolios

Frage 1 Wie definiert ein Unternehmen Portfolios bei der Überprüfung des Geschäftsmodells? 37

ZusätzlicheInformationenUnternehmen A hält und verwaltet ein Portfolio von Finanzinves-titionen mit dem Ziel, vertragliche Cashflows zu vereinnahmen, während es ein anderes Portfolio von Finanzinvestitionen zu Han-delszwecken hält und verwaltet, um Fair-Value-Änderungen zu realisieren. Unternehmen B hält ein Portfolio von Hypothekendar-lehen und verwaltet einige der Darlehen mit dem Ziel, vertrag-liche Cashflows zu vereinnahmen, während es die anderen Dar­lehen mit dem Ziel verwaltet, aktiv mit ihnen zu handeln, um Fair-Value-Gewinne zu realisieren.

AnalyseDie Überprüfung ist auf der Grundlage des Geschäftsmodells des Unternehmens vorzunehmen, das von Mitgliedern des Manage-ments in Schlüsselpositionen (gemäß Definition in IAS 24 Angaben über Beziehungen zu nahestehenden Unternehmen und Personen) festgelegt wurde. Das Geschäftsmodell eines Unternehmens wird auf der Ebene bestimmt, auf der man erkennen kann, wie Grup-pen finanzieller Vermögenswerte gemeinsam verwaltet werden, um ein bestimmtes Geschäftsziel zu erreichen. Das Geschäfts-modell des Unternehmens richtet sich nicht nach den Absichten des Managements in Bezug auf ein bestimmtes Finanzinstru-ment. Diese Bedingung stellt somit keinen Klassifizierungsansatz auf Einzelfallbasis dar und die Überprüfung bezüglich ihrer Erfül-lung sollte daher auf einer übergeordneten Ebene vorgenommen werden.

Ein einzelnes Unternehmen kann jedoch über mehrere Geschäfts-modelle verfügen, um seine Finanzinstrumente zu verwalten. In diesem Fall wird die Klassifizierung nicht auf der Ebene des berichtenden Unternehmens vorgenommen.

10 Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

Umgekehrt kann es in einigen Fällen angemessen sein, ein Port-folio finanzieller Vermögenswerte in Unterportfolios aufzuteilen, um daran abzulesen, wie ein Unternehmen sie verwaltet. Die Un-terportfolios werden als separate Portfolios behandelt, vorausge-setzt es wurde festgelegt, welche Vermögenswerte den jeweiligen Portfolios zugeordnet sind.

Für Unternehmen A bedeutet das, dass es wahrscheinlich zwei Portfolios im Rahmen von zwei verschiedenen Geschäftsmodellen hält, wobei das erste Portfolio zu fortgeführten Anschaffungskos-ten bewertet wird und das zweite erfolgswirksam zum Fair Value.

Unternehmen B könnte die gleiche bilanzielle Behandlung wie Un-ternehmen A erreichen, wenn es das von ihm gehaltene Portfolio in zwei Unterportfolios aufteilt. Die Aufteilung in Unterportfolios wäre jedoch nicht angemessen, wenn das Unternehmen nicht fest-legen kann, welche Vermögenswerte gehalten werden, um ver-tragliche Cashflows zu vereinnahmen, und welche Vermögenswerte möglicherweise aktiv gehandelt werden. Es werden eindeutig Er-messensentscheidungen erforderlich sein, um die Aggregations-ebene zu bestimmen, auf der die Überprüfung des Geschäfts-modells vorzunehmen ist.

37 Die Frage basiert auf IFRS 9.B4.1.2.

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38 Vgl. IFRS 9.B4.1.2C und B4.1.3B.

Beispiel:ÜberprüfungdesGeschäftsmodells

Unternehmen A verfügt über Schuldinstrumente im Wert von EUR 100, die sich aus Schuldverschreibungen mit Restlaufzeiten zwischen drei und fünf Jahren zusammensetzen. Bisher wurden diese Schuldinstrumente nach IAS 39 als zur Veräußerung verfügbar klassifi-ziert. Aus dem Portfolio werden mindestens einmal pro Jahr Vermögenswerte im Wert von EUR 10 veräußert und reinvestiert, während die restlichen Vermögenswerte in Höhe von EUR 90 im Allgemeinen bis kurz vor Fälligkeit gehalten werden. Zunächst muss das Unter-nehmen Ermessen ausüben, um zu beurteilen, ob es

(a) über zwei Geschäftsmodelle verfügt: (i) Schuldinstrumente in Höhe von EUR 90, die bis kurz vor Fälligkeit gehalten werden, und (ii) Schuldinstrumente in Höhe von EUR 10, die aktiv ge- und verkauft werden, sofern die betreffenden Vermögenswerte gesondert identifiziert werden können, oder

(b) über ein einziges Geschäftsmodell verfügt, das auf das Gesamtportfolio mit Schuldinstrumenten in Höhe von EUR 100 angewendet wird.

Sofern Szenario (a) als wahrscheinlicher angesehen wird, könnte das Unternehmen die meisten seiner Schuldinstrumente als zu fort-geführten Anschaffungskosten bewertet klassifizieren. Die restlichen müsste es dann wahrscheinlich erfolgswirksam oder erfolgs­neutral zum Fair Value bewerten. Dieses Szenario ist wahrscheinlich eher der Fall, wenn die beiden Gruppen von Vermögenswerten eindeutig mit einer anderen Zielsetzung verwaltet werden und ihre Entwicklung entsprechend bewertet und das Management ent-sprechend vergütet wird.

Sofern Szenario (b) zutreffender erscheint, muss das Unternehmen bestimmen, ob die Anzahl der erwarteten Verkäufe und Reinves-titionen mehr als gering und deren Wert so erheblich ist, dass das gesamte Portfolio erfolgswirksam oder erfolgsneutral zum Fair Value zu bewerten ist. Ob die Vermögenswerte in die FVTPL-Kategorie anstelle der FVOCI-Kategorie einzustufen sind, hängt davon ab, ob das Portfolio auf der Basis des Fair Value verwaltet wird und ob die Fair-Value-Informationen in erster Linie zur Beurteilung der Entwick-lung der Vermögenswerte und als Entscheidungsgrundlage genutzt werden.

Der Standard nennt eine geringe Häufigkeit von Verkäufen oder Verkäufe mit einem erheblichen Wert als Indikatoren (und nicht als Kriterien) für die Bestimmung, ob das Geschäftsmodell darauf ausgerichtet ist, Finanzinstrumente zur Vereinnahmung von vertraglichen Cashflows zu halten. Andere zu berücksichtigende Faktoren sind die Gründe für die Verkäufe sowie die Art und Weise, wie das Manage-ment über die Entwicklung der Geschäftsperformance informiert wird und diese beurteilt.

Gemäß IFRS 9 liefern jedoch Informationen zu Verkäufen in der Vergangenheit und Erwartungen hinsichtlich der künftigen Verkäufe Hinweise auf das Geschäftsziel des Unternehmens, und ein Unternehmen muss – außer bei Verkäufen, die getätigt wurden, wenn sich das Kreditrisiko der Vermögenswerte erhöht hat (s. Frage 7) – beurteilen, wie Verkäufe, deren Häufigkeit mehr als gering und deren Wert mehr als erheblich ist, mit dem Ziel der Vereinnahmung vertraglicher Cashflows in Einklang stehen.38

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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48 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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Ebene der Überprüfung des Geschäftsmodells

Frage 2Wie kann ein großes multinationales Unternehmen die Gra-nularität seiner Geschäftsmodelle bestimmen? Wie viele Geschäftsmodelle wendet beispielsweise der Bankkonzern im folgenden Szenario für die Zwecke der Konzernabschluss-erstellung an?

ZusätzlicheInformationenEin globaler Bankkonzern ist in zwei Geschäftsbereichen tätig, dem Privatkundengeschäft und dem Investmentbanking. Beide Spar-ten werden an den gleichen fünf Standorten durch separate Toch-tergesellschaften betrieben. Jede Tochtergesellschaft hat einen eigenen Vorstand, der für die Umsetzung der von der Konzernfüh-rung festgelegten strategischen Ziele verantwortlich ist.

Die von der Investmentbanking­Sparte gehaltenen finanziellen Vermögenswerte werden in Übereinstimmung mit der Strategie des Konzerns, nach der das Geschäftsmodell des Konzerns darin besteht, diese Vermögenswerte aktiv zu handeln, erfolgswirksam zum Fair Value bewertet. In der Privatkundensparte halten vier der fünf Tochtergesellschaften in Übereinstimmung mit der Ziel-setzung des Konzerns Schuldtitel, um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen. Die fünfte Tochtergesellschaft geht jedoch davon aus, das von ihr gehaltene Portfolio von Schuldtiteln vor deren Fälligkeit zu verkaufen. Diese Vermögenswerte werden nicht zu Handelszwecken gehalten, sondern einzelne Vermögenswerte werden verkauft, wenn der Portfoliomanager der Meinung ist, dass er die Mittel in Vermögenswerte mit einer höheren Rendite reinvestieren kann. Infolgedessen wird für dieses Portfolio eine mehr als geringe Anzahl von Verkäufen erwartet, deren Wert erheblich ist, und es ist unwahrscheinlich, dass dieses Portfolio die Kriterien für eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungs-kosten erfüllen würde, wenn es separat beurteilt würde.

AnalyseDie Bank wird Ermessensentscheidungen treffen müssen, um zu bestimmen, auf welcher Ebene ihr(e) Geschäftsmodell(e) zu überprüfen ist (sind). Daher sind in Abhängigkeit von den Fakten und Umständen verschiedene Schlussfolgerungen denkbar. Das heißt nicht, dass die Bank ein Bilanzierungswahlrecht hat. Viel-mehr handelt es sich um eine Tatsache, die sich anhand der Art und Weise, wie das Unternehmen strukturiert ist und geführt wird, ablesen lässt. In zahlreichen Unternehmen können die Mitglieder der Unternehmensleitung die Gesamtstrategie festlegen und ihre Verantwortung für die Umsetzung der Strategie an Dritte dele-gieren. Die Kombination von Gesamtstrategie und Auswirkung der weiterdelegierten Verantwortung ist einer der Faktoren, die bei der Bestimmung von Geschäftsmodellen in Betracht gezogen werden können.

In diesem Beispielfall ist es entscheidend, ob die fünfte Tochter-gesellschaft unabhängig von den anderen vier Tochtergesell-schaften gesteuert wird (und ihre Leistung ebenso beurteilt und das Management entsprechend vergütet wird). Wenn sie separat gesteuert wird, hat die Bank drei Geschäftsmodelle (d. h. Invest-mentbanking, ein Geschäftsmodell für die ersten vier Tochtergesell-schaften und ein weiteres Geschäftsmodell für die fünfte Tochter-gesellschaft). Andernfalls hat die Bank zwei Geschäftsmodelle (eines für das Privatkundengeschäft und eines für das Investment-banking). Im Fall von zwei Geschäftsmodellen wären alle in der Privatkundensparte gehaltenen Schuldtitel erfolgsneutral zum Fair Value zu bilanzieren.

49EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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10.2 Auswirkung von Verkäufen auf die Überprüfung

Allgemeine Überlegungen

Frage 3Wie beeinflussen in der Vergangenheit getätigte Verkäufe die Geschäftsmodelle eines Unternehmens und die im Rahmen dieser Geschäftsmodelle gehaltenen Vermögenswerte?

ZusätzlicheInformationenEin Unternehmen beurteilt sein Geschäftsmodell zunächst so, dass eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten zulässig ist, allerdings werden dann aus Gründen, die vorher nicht absehbar waren, Vermögenswerte verkauft.

AnalyseEine Erhöhung der Häufigkeit oder des Werts der Verkäufe in einer bestimmten Periode steht nicht notwendigerweise dem Ziel ent-gegen, finanzielle Vermögenswerte zur Vereinnahmung der vertrag-lichen Cashflows zu halten, wenn das Unternehmen die Gründe für die Verkäufe erläutern und darlegen kann, warum diese Verkäufe keine Änderung des Geschäftsmodells des Unternehmens darstel-len und deshalb künftig weniger häufig oder in einem geringerem Umfang getätigt werden.

Bei dieser Beurteilung geht es um Erwartungen und nicht um Absichten. So reicht die Tatsache, dass die Zielsetzung des Unter-nehmens nicht darin besteht, Fair-Value-Gewinne oder -Verluste zu realisieren, an sich noch nicht aus, um daraus den Schluss ziehen zu können, dass eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungs-kosten zulässig ist.

Gelangt das Unternehmen zu dem Schluss, dass die Häufigkeit der Verkäufe künftig mehr als gering (und deren Wert erheblich) ist, ist das Geschäftsmodell eher darauf ausgerichtet, Vermögenswerte zu halten, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen und finanzielle Vermögenswerte zu verkaufen. Im Rahmen dieses Ge-schäftsmodells neu erworbene finanzielle Vermögenswerte sind

erfolgsneutral zum Fair Value zu bilanzieren, während bestehende finanzielle Vermögenswerte weiterhin zu fortgeführten Anschaf-fungskosten bewertet werden.

Bestehende finanzielle Vermögenswerte werden nur bei einer Änderung des Geschäftsmodells umgegliedert. Dieser Fall tritt jedoch erwartungsgemäß nur „sehr selten“ ein, z. B. wenn ein Unternehmen eine wesentliche Geschäftstätigkeit entweder auf-nimmt oder einstellt. Die im Standard angeführten Beispiele umfassen den Erwerb, die Veräußerung oder die Aufgabe von Geschäftsbereichen. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass unvorher-gesehene Verkäufe die Voraussetzungen erfüllen werden.

Frage 4Wie hat ein Unternehmen die Begriffe „gering“ und „unerheblich“ auszulegen?

AnalyseWenn mehr als eine geringe Anzahl von Verkäufen aus einem Portfolio heraus getätigt wird und deren Wert (entweder einzeln oder kumuliert betrachtet) mehr als unerheblich ist, muss das Unternehmen gemäß IFRS 9 beurteilen, ob und wie solche Ver-käufe mit dem Ziel der Vereinnahmung der vertraglichen Cash-flows in Einklang stehen.

IFRS 9 enthält jedoch keine Hinweise darauf, wie die Begriffe „gering“ und „unerheblich“ zu verstehen sind.

Unserer Ansicht nach stützt sich die Überprüfung auf die Cash-flow­Verläufe, die sich aus einem Portfolio ergeben, sowie auf die Frage, ob diese verwendet werden können, um den internen Zinsfuß (internal rate of return) zu bestimmen. Ein Unternehmen würde demnach die Auswirkungen der Verkäufe auf den Split zwischen den erfassten Zinserträgen und den erfolgswirksam er-fassten Gewinnen und Verlusten aus der Ausbuchung untersuchen. Die sich daraus ergebenden Schwellenwerte könnten zu unter-schiedlichen Anwendungen in der Praxis führen, wobei sich in die-sem Bereich im Lauf der Zeit ein Konsens und sog. Best Practices durchsetzen dürften.

50 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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39 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4, Beispiel 4.40 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4, Beispiel 1.

Frage 5Hat ein Unternehmen die Tatsache zu berücksichtigen, dass Verkäufe von Dritten, z. B. einer Bankenaufsichtsbehörde, vorgeschrieben werden? 39

ZusätzlicheInformationenEine Bank ist nach der Vorgabe der zuständigen Aufsichtsbehörde verpflichtet, aus ihrem Liquiditätsportfolio regelmäßig finanzielle Vermögenswerte zu verkaufen, um deren tatsächliche Liquidität nachzuweisen. Der Wert der verkauften Vermögenswerte ist kumu-liert betrachtet erheblich.

AnalyseWenn mehr als eine geringe Anzahl solcher Verkäufe aus einem Portfolio heraus getätigt wird und deren Umfang (entweder ein-zeln oder kumuliert betrachtet) mehr als unerheblich ist, muss das Unternehmen beurteilen, ob und wie solche Verkäufe mit dem Ziel der Vereinnahmung vertraglicher Cashflows in Einklang stehen.

Bei der Durchführung dieser Einschätzung ist es irrelevant, ob ein Dritter den Verkauf der finanziellen Vermögenswerte vorschreibt (z. B. eine Bankenaufsichtsbehörde im Fall einiger Liquiditätsport-folios, die von Banken gehalten werden) oder ob das Unterneh-men selbst über die Verkäufe entscheidet.

In diesem Fall wird es den Banken nicht möglich sein, die finanziel-len Vermögenswerte in dem Portfolio als „zu fortgeführten An-schaffungskosten bewertet“ einzustufen. Stattdessen werden diese Vermögenswerte in die FVOCI-Kategorie einzustufen sein, sofern sie auch die Zahlungsstrombedingungen erfüllen.

Frage 6Wie wirken sich Verkäufe finanzieller Vermögenswerte kurz vor ihrem Fälligkeitstermin auf die Überprüfung des Ge-schäftsmodells aus?

ZusätzlicheInformationenEin Unternehmen verkauft finanzielle Vermögenswerte, die kurz vor dem Fälligkeitstermin stehen. Die Erlöse aus den Verkäufen entsprechen annähernd der Vereinnahmung der verbleibenden vertraglichen Cashflows.

AnalyseDie unter den ergänzenden Informationen beschriebenen Ver-käufe stehen im Einklang mit dem Ziel, finanzielle Vermögens-werte zu halten, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen. Es wird jedoch im Ermessen jedes einzelnen Unternehmens liegen, wie die Begriffe „kurz vor dem Fälligkeitstermin“ und „annähernd entsprechen“ definiert werden.

Verkäufe im Rahmen von Maßnahmen zur Steuerung des Kreditrisikos

Frage 7Stünden Verkäufe im Rahmen von Maßnahmen zur Steue-rung des Kreditrisikos einem Geschäftsmodell entgegen, dessen Zweck darin besteht, finanzielle Vermögenswerte zur Vereinnahmung vertraglicher Cashflows zu halten? 40

ZusätzlicheInformationenEin Unternehmen hält Finanzinvestitionen mit dem Ziel, die ver-traglichen Cashflows aus diesen Vermögenswerten zu verein­nahmen. Der Finanzierungsbedarf des Unternehmens ist vorher-sehbar und die Laufzeiten seiner finanziellen Vermögenswerte sind an den geschätzten Finanzierungsbedarf angepasst.

Das Unternehmen ergreift Maßnahmen zur Steuerung des Kredit-risikos, damit das Kreditrisiko des Portfolios innerhalb eines vor-gegebenen Risikolimits bleibt. In der Vergangenheit wurden Ver-käufe in der Regel getätigt, wenn das Kreditrisiko der finanziellen Vermögenswerte so stark gestiegen war, dass die Vermögens-werte nicht mehr mit der dokumentierten Anlagepolitik des Unter-nehmens in Einklang standen.

51EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Schwerpunkte der Berichterstattung an die Mitglieder der Unter-nehmensleitung sind die Kreditqualität der finanziellen Vermögens-werte und die vertraglich vereinbarte Rendite. Darüber hinaus überwacht das Unternehmen unter anderem die beizulegenden Zeitwerte der finanziellen Vermögenswerte.

AnalyseUnabhängig von ihrer Häufigkeit und ihrem Wert stehen Verkäufe, die aufgrund der Erhöhung des Kreditrisikos der Vermögenswerte getätigt wurden, einem Geschäftsmodell nicht entgegen, dessen Zielsetzung darin besteht, finanzielle Vermögenswerte zur Verein-nahmung vertraglicher Cashflows zu halten, da die Kreditqualität der finanziellen Vermögenswerte für die Fähigkeit des Unterneh-mens, die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen, relevant ist.

Maßnahmen zur Steuerung des Kreditrisikos, durch die mögliche Kreditausfälle aufgrund einer Verschlechterung der Kreditqualität vermieden werden sollen, sind ein wichtiger Bestandteil eines sol-chen Geschäftsmodells. Der Verkauf eines finanziellen Vermögens-werts, weil dieser die Kreditkriterien in der dokumentierten Anlage-politik des Unternehmens nicht mehr erfüllt, ist ein Beispiel für einen Verkauf, der aufgrund einer Erhöhung des Kreditrisikos ge-tätigt wurde. Diese Schlussfolgerung gilt jedoch nicht für Verkäufe, die getätigt wurden, um unverhältnismäßig hohe Kreditrisiko-konzentrationen zu vermeiden (siehe hierzu auch Frage 8).

Zwar betrachtet das Unternehmen neben anderen Informationen die beizulegenden Zeitwerte der finanziellen Vermögenswerte unter dem Gesichtspunkt der Liquidität (d. h. den Betrag, der rea-lisiert würde, wenn das Unternehmen Vermögenswerte verkaufen müsste), seine Zielsetzung besteht jedoch darin, die finanziellen Vermögenswerte zu halten, um die vertraglichen Cashflows zu ver-einnahmen. In diesem Beispielfall kann das Unternehmen das Portfolio deshalb weiterhin zu fortgeführten Anschaffungskosten bewerten.

Wenn es keine dokumentierte Anlagepolitik oder Ähnliches gibt, kann das Unternehmen möglicherweise einen anderen Nachweis dafür erbringen, dass der Verkauf aufgrund einer Erhöhung des Kreditrisikos getätigt wurde.

Frage 8Wie behandelt ein Unternehmen Verkäufe, die zur Steuerung von Risikokonzentrationen getätigt wurden?

ZusätzlicheInformationenEin Unternehmen verkauft finanzielle Vermögenswerte, um Kre-ditrisikokonzentrationen zu vermeiden, ohne dass sich das Kredit-risiko der betreffenden Vermögenswerte erhöht hat.

AnalyseDiese Verkäufe entsprechen einem Geschäftsmodell, dessen Zweck darin besteht, finanzielle Vermögenswerte zur Vereinnahmung vertraglicher Cashflows zu halten, solange die Anzahl der Verkäufe gering ist (auch wenn ihr Wert erheblich ist) oder ihr Wert sowohl einzeln als auch kumuliert betrachtet unerheblich ist (auch wenn häufig Verkäufe stattfinden). Dies bedeutet, dass solche Verkäufe nicht anders behandelt werden als Verkäufe, die aus einem ande-ren Grund getätigt wurden. Solche Verkäufe entsprechen deshalb wahrscheinlich einem Geschäftsmodell, dessen Zweck darin be-steht, finanzielle Vermögenswerte zu halten, um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen und finanzielle Vermögenswerte zu verkaufen.

Liquiditätsportfolio für Stressszenarien

Frage 9Führen Verkäufe von Schuldinstrumenten, die zu Liquiditäts-zwecken in Stressszenarien gehalten werden, dazu, dass ein Portfolio nicht zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden kann? 41

ZusätzlicheInformationenEine Bank hält finanzielle Vermögenswerte, um den unvorherge-sehenen Liquiditätsbedarf in einem Stressszenario zu decken (z. B. ein Run auf die Einlagen einer Bank). Das Unternehmen

41 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4, Beispiel 4.

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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52 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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42 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4C, Beispiel 6.

geht nicht davon aus, diese Vermögenswerte zu verkaufen, es sei denn, ein solches Szenario tritt ein. Das Unternehmen überwacht die Kreditqualität der finanziellen Vermögenswerte und verwaltet sie mit dem Ziel, die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen. Es beurteilt die Performance der Vermögenswerte auf der Grund-lage der vereinnahmten Zinserträge und der realisierten Kredit- ausfälle.

Darüber hinaus überwacht das Unternehmen den beizulegenden Zeitwert der finanziellen Vermögenswerte unter dem Gesichts-punkt der Liquidität, um sicherzustellen, dass der Betrag, der realisiert würde, wenn das Unternehmen die Vermögenswerte in einem Stressszenario verkaufen müsste, hoch genug wäre, um den Liquiditätsbedarf des Unternehmens zu decken. Das Unterneh-men tätigt regelmäßig Verkäufe, deren Wert allerdings unerheblich ist, um die Liquidität dieser Vermögenswerte nachzuweisen.

AnalyseDas Geschäftsmodell des Unternehmens ist darauf ausgerichtet, die finanziellen Vermögenswerte zu halten, um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen.

Die Überprüfung würde auch dann zu keinem anderen Ergebnis führen, wenn das Unternehmen in einem früheren Stressszenario Verkäufe mit einem erheblichen Wert getätigt hätte, um seinen Liquiditätsbedarf zu decken. Auch regelmäßig wiederkehrende Verkäufe, deren Wert sowohl einzeln als auch kumuliert betrach-tet unerheblich ist, stehen nicht dem Ziel entgegen, finanzielle Vermögenswerte zu halten, um vertragliche Cashflows zu verein­ nahmen.

Die Überprüfung würde allerdings zu einem anderen Ergebnis füh-ren, wenn das Unternehmen regelmäßig Schuldinstrumente mit einem erheblichen Wert verkauft, um deren Liquidität nachzuwei-sen, oder wenn das Unternehmen die Schuldinstrumente verkauft, um den täglichen Liquiditätsbedarf zu decken. Siehe hierzu auch die Fragen 5 und 10.

Liquiditätsportfolio zur Absicherung des täglichen Liquiditätsbedarfs

Frage 10Führen Verkäufe von Schuldinstrumenten, die zur Deckung des täglichen Liquiditätsbedarfs gehalten werden, dazu, dass ein Portfolio nicht zu fortgeführten Anschaffungskos-ten bewertet werden kann? 42

ZusätzlicheInformationenEine Bank hält finanzielle Vermögenswerte, um ihren täglichen Liquiditätsbedarf zu decken. In der Vergangenheit führte dies zu häufigen Verkäufen, deren Wert erheblich war. Solche Verkäufe werden voraussichtlich auch in Zukunft stattfinden, da der tägliche Liquiditätsbedarf selten genau prognostiziert werden kann.

AnalyseDas Geschäftsmodell des Unternehmens ist darauf ausgerichtet, den täglichen Liquiditätsbedarf zu decken. Das Unternehmen erreicht dieses Ziel, indem es vertragliche Cashflows vereinnahmt und finanzielle Vermögenswerte verkauft. Das bedeutet, dass so-wohl die Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows als auch der Verkauf von finanziellen Vermögenswerten wesentlich sind im Hinblick auf die Erreichung der Zielsetzung des Geschäftsmodells. Daher sind die finanziellen Vermögenswerte erfolgsneutral zum Fair Value zu bewerten (sofern die finanziellen Vermögenswerte auch die Zahlungsstrombedingungen erfüllen).

53EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Opportunistisches Portfoliomanagement

Frage 11Führt ein opportunistisches Portfoliomanagement dazu, dass ein Portfolio nicht zu fortgeführten Anschaffungs-kosten bewertet werden kann? 43

ZusätzlicheInformationenEin Finanzinstitut hält ein Portfolio von finanziellen Vermögens-werten. Das Unternehmen verwaltet die Erträge aus dem Port-folio aktiv auf opportunistischer Basis mit dem Ziel, die Rendite zu steigern, und ohne die eindeutige Absicht, die finanziellen Ver-mögenswerte zu halten, um vertragliche Cashflows zu vereinnah-men (obwohl es auch dazu kommen kann, dass das Unternehmen die Vermögenswerte hält, weil sich keine anderen Anlagemöglich-keiten ergeben). Die Rendite besteht aus der Vereinnahmung ver-traglich vereinbarter Cashflows sowie aus Gewinnen und Verlusten aus dem Verkauf finanzieller Vermögenswerte.

Demzufolge hält das Unternehmen finanzielle Vermögenswerte, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen, und verkauft finan-zielle Vermögenswerte, um in höher verzinsliche finanzielle Ver-mögenswerte zu reinvestieren. In der Vergangenheit führte diese Strategie zu Verkäufen mit großer Häufigkeit, deren Wert erheb-lich war. Es ist zu erwarten, dass solche Verkäufe auch in Zukunft stattfinden werden.

Analyse Das Unternehmen erreicht das oben dargelegte Ziel, indem es vertragliche Cashflows vereinnahmt und finanzielle Vermögens-werte verkauft. Sowohl die Vereinnahmung vertraglicher Cash-flows als auch der Verkauf von finanziellen Vermögenswerten sind für die Erreichung der Zielsetzung des Geschäftsmodells von we-sentlicher Bedeutung und die finanziellen Vermögenswerte sind demnach erfolgsneutral zum Fair Value zu bewerten (sofern die finanziellen Vermögenswerte auch die Zahlungsstrombedingungen erfüllen).

Replikationsportfolio

Frage 12Ist eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten für ein Portfolio von Finanzinstrumenten, dessen Durationen an diejenigen bestimmter Verbindlichkeiten angepasst werden, sachgerecht? 44

Sachverhalt1:VersicherungsgesellschaftEin Versicherungsunternehmen hält finanzielle Vermögenswerte, um seine Versicherungsverbindlichkeiten zu decken. Das Unter-nehmen verwendet die Einnahmen aus den vertraglichen Cashflows der finanziellen Vermögenswerte zur Begleichung der Versiche-rungsverbindlichkeiten, sobald diese fällig werden. Um sicherzu-stellen, dass die vertraglichen Cashflows der finanziellen Ver-mögenswerte ausreichen, um die Verbindlichkeiten zu begleichen, kauft und verkauft der Versicherer regelmäßig finanzielle Ver­mögenswerte in wesentlichem Umfang, um sein Portfolio anzu-passen und seinen Liquiditätsbedarf zu decken, sobald dieser entsteht.

AnalyseSachverhalt1Das Geschäftsmodell des Unternehmens ist darauf ausgerichtet, die Versicherungsverbindlichkeiten zu decken. Um dieses Ziel zu erreichen, vereinnahmt das Unternehmen vertragliche Cashflows, sobald diese fällig werden, und verkauft finanzielle Vermögens-werte, damit das Portfolio das gewünschte Profil beibehält. Sowohl die Vereinnahmung vertraglicher Cashflows als auch der Verkauf finanzieller Vermögenswerte sind daher für die Erreichung der Zielsetzung des Geschäftsmodells von wesentlicher Bedeutung und die finanziellen Vermögenswerte werden folglich erfolgsneutral zum Fair Value bewertet (sofern sie die Zahlungsstrombedingun-gen erfüllen).

Sachverhalt2:BankEine Bank teilt Finanzanlagen analog zu den voraussichtlichen Lauf-zeiten ihrer Termineinlagen in Laufzeitbänder ein. Fälligkeitsprofil und Betrag der angelegten Vermögenswerte sind mit denen der korrespondierenden Termineinlagen vergleichbar. In jedem Lauf-zeitband ist das Verhältnis zwischen Vermögenswerten und Termin-einlagen nach oben und unten begrenzt. Überschreitet das

43 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4C, Beispiel 6. 44 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4C, Beispiel 7.

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

10

54 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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45 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4C, Beispiel 5.

Verhältnis beispielsweise die festgelegte Obergrenze infolge ei-ner unerwarteten Entnahme von Termineinlagen, wird die Bank einige Vermögenswerte veräußern, um das Verhältnis zu verrin-gern. Die Entscheidung, welche Vermögenswerte veräußert wer-den sollen, richtet sich danach, welche Vermögenswerte den höchsten Erlös erzielen bzw. den geringsten Verlust verursachen werden.

In der Zwischenzeit werden neue Vermögenswerte erworben, sofern erforderlich (d. h. wenn sich das Verhältnis zwischen Vermögens-werten und Termineinlagen unter die festgelegte Untergrenze ver-ringert). Das erwartete Rückzahlungsprofil der Einlagen wird vier-teljährlich auf der Grundlage des veränderten Kundenverhaltens angepasst. Nach IAS 39 wurden derartige Vermögenswerte als zur Veräußerung verfügbar klassifiziert und nicht aktiv gehandelt.

AnalyseSachverhalt2Die Frage lautet, ob eine Anpassung des Verhältnisses zwischen Vermögenswerten und Termineinlagen durch den Verkauf von Vermögenswerten zwecks Angleichung an die geänderten Erwar-tungen bezüglich des Rückzahlungsprofils der Einlagen bedeuten würde, dass das Geschäftsmodell nicht mit der Zielsetzung des Haltens von Vermögenswerten zur Vereinnahmung der vertrag-lichen Cashflows in Einklang steht. Hier lassen sich Parallelen zu der oben beschriebenen Versicherungsgesellschaft ziehen.

Ist die Bank jedoch in der Lage, verlässliche Prognosen im Hinblick auf die Rückzahlung der Einlagen zu erstellen, dürften die Ver-käufe nur selten stattfinden. Werden hingegen in jedem Jahr zahl-reiche Verkäufe getätigt, könnte es schwierig sein, eine solche Vorgehensweise mit dem Ziel des Haltens von Vermögenswerten zwecks Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows in Einklang zu bringen. Daneben ist auch der Umfang der Verkäufe zu berück-sichtigen. Sofern der Wert der Verkäufe erheblich ist, müssen die Bedingungen und Gründe für diese Verkäufe genauer analysiert werden, bevor eine angemessene Schlussfolgerung gezogen werden kann.

Erwartete Investitionskosten

Frage 13Darf ein Unternehmen in Erwartung von Investitionen finanzielle Vermögenswerte verkaufen? 45

ZusätzlicheInformationenEin Unternehmen, das kein Finanzunternehmen ist, geht davon aus, in einigen Jahren eine Investition zu tätigen. Das Unterneh-men investiert seine überschüssigen Zahlungsmittel in kurz- und langfristige finanzielle Vermögenswerte, um die Investitionsaus-gaben finanzieren zu können, sobald sie anfallen. Viele der erwor-benen finanziellen Vermögenswerte haben vertragliche Laufzeiten, die über den vom Unternehmen geschätzten Investitionszeitraum hinausgehen.

Das Unternehmen wird die finanziellen Vermögenswerte halten, um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen. Wenn sich die Gelegenheit dazu bietet, wird es finanzielle Vermögenswerte verkaufen, um die Zahlungsmittel in höher verzinsliche finanzielle Vermögenswerte zu reinvestieren. Die für das Portfolio verant-wortlichen Manager werden auf der Basis der Gesamtrendite des Portfolios vergütet.

AnalyseDie Zielsetzung des Geschäftsmodells wird erreicht, indem vertrag-liche Cashflows vereinnahmt und finanzielle Vermögenswerte ver-kauft werden. Das Unternehmen entscheidet fortlaufend darüber, ob die erwarteten Erträge aus dem Portfolio durch die Vereinnah-mung vertraglicher Cashflows oder den Verkauf finanzieller Ver-mögenswerte gesteigert werden, bis die Zahlungsmittel für die Investition benötigt werden.

In einem anderen Fall erwartet ein Unternehmen in fünf Jahren einen Zahlungsmittelabfluss zur Finanzierung von Investitionen und investiert überschüssige Zahlungsmittel in kurzfristige finan-zielle Vermögenswerte. Wenn die Finanzanlagen fällig werden, reinvestiert das Unternehmen die Zahlungsmittel in neue kurz-fristige finanzielle Vermögenswerte. Es behält diese Strategie so

55EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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lange bei, bis die Zahlungsmittel benötigt werden. Zu diesem Zeit-punkt verwendet das Unternehmen die Erlöse aus den fällig ge-wordenen finanziellen Vermögenswerten zur Finanzierung der Investitionen. Vor Fälligkeit finden nur unerhebliche Verkäufe statt (es sei denn, das Kreditrisiko erhöht sich). Die Zielsetzung eines solchen Geschäftsmodells besteht darin, finanzielle Vermö-genswerte zu halten, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen.

Wertgeminderte finanzielle Vermögenswerte und Sicherungs-geschäfte im Rahmen eines Geschäftsmodells, dessen Zweck darin besteht, finanzielle Vermögenswerte zur Vereinnahmung vertraglicher Cashflows zu halten

Frage 14Sollte ein Unternehmen bei der Beurteilung des Geschäfts-modells die Tatsache berücksichtigen, dass es aus bestimm-ten Finanzinstrumenten nicht alle vertraglich vereinbarten Cashflows realisieren wird? 46

ZusätzlicheInformationenDas Geschäftsmodell eines Unternehmens besteht darin, Portfolios finanzieller Vermögenswerte, z. B. in Form von Krediten, zu er-werben. Die Portfolios können (müssen aber nicht) finanzielle Ver-mögenswerte enthalten, die wertgemindert sind. Werden die auf den Kredit anfallenden Zins- und Tilgungszahlungen nicht pünkt-lich geleistet, versucht das Unternehmen, die vertraglichen Cash-flows durch unterschiedliche Möglichkeiten zu realisieren, z. B. durch Kontaktaufnahme mit dem Schuldner per E-Mail, Telefon oder mittels anderer Methoden. Die Zielsetzung des Unterneh-mens besteht in der Vereinnahmung vertraglicher Cashflows und das Unternehmen verwaltet die Kredite in diesem Portfolio nicht mit dem Ziel, Cashflows zu realisieren, indem es die Kredite verkauft.

AnalyseDas Geschäftsmodell des Unternehmens ist darauf ausgerichtet, die finanziellen Vermögenswerte zu halten, um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen. Dies ist auch dann der Fall, wenn das Unternehmen nicht erwartet, alle vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen (z. B. weil einige finanzielle Vermögenswerte beim erstmaligen Ansatz wertgemindert sind). Die finanziellen

Vermögenswerte, die wertgemindert sind, könnten mit einem Disagio erworben worden sein. Für die Feststellung, dass die ver-traglichen Cashflows ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen, muss das Unter-nehmen die Vorfälligkeitsmerkmale überprüfen (s. Abschnitt 4.3.4 und Frage 28).

Frage 15Sollte ein Unternehmen bei der Beurteilung des Geschäftsmodells durchgeführte Absicherungsaktivitäten berücksichtigen? 47

ZusätzlicheInformationenAufbauend auf dem Sachverhalt in Frage 14 schließt das Unter-nehmen zusätzlich Zinsswaps ab, um den variablen Zinssatz für bestimmte finanzielle Vermögenswerte in einem Portfolio gegen einen festen Zinssatz zu tauschen oder umgekehrt.

AnalyseDie Tatsache, dass das Unternehmen Derivate erworben hat, um die Cashflows aus dem Portfolio zu ändern, hat keinen Einfluss auf das Geschäftsmodell.

Finanzielle Vermögenswerte, die zwar aus rechtlicher Sicht veräußert, aber nicht ausgebucht werden

Frage 16Sollte ein Unternehmen bei der Beurteilung des Geschäfts-modells prüfen, ob es Vermögenswerte aus rechtlicher Sicht „veräußert“ oder ob es sie für Rechnungslegungszwecke ausgebucht hat?

AnalyseEs gibt Fälle, in denen ein Unternehmen einen finanziellen Vermö-genswert zwar verkauft, der Vermögenswert jedoch in der Bilanz des Verkäufers verbleibt. So kann eine Bank ein „Repogeschäft“ tätigen, bei dem sie einen Schuldtitel verkauft und gleichzeitig ver-einbart, ihn zu einem festen Preis zurückzukaufen. Ein anderes

46 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4, Beispiel 2.47 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4, Beispiel 2.

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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56 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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48 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.4, Beispiel 3.

Beispiel ist ein Hersteller, der Forderungen aus Lieferungen und Leistungen im Rahmen einer Factoringvereinbarung verkauft, dem Käufer gegenüber aber eine Garantie abgibt, diesem sämtliche Zahlungsausfälle der Schuldner zu erstatten. In beiden Fällen behält der Verkäufer im Wesentlichen alle mit den Vermögens-werten verbundenen Risiken und Chancen und die finanziellen Vermögenswerte würden nicht gemäß den Vorschriften von IFRS 9 ausgebucht.

In solchen Fällen stellt sich zwangsläufig die Frage, ob solche Trans-aktionen bei der Überprüfung des Geschäftsmodells als Verkäufe zu betrachten sind.

In diesem Zusammenhang enthält IFRS 9 nur eine Randbemerkung zur Ausbuchung. Diese lässt jedoch darauf schließen, dass die bilanzielle Behandlung und nicht die rechtliche Form einer Trans-aktion ausschlaggebend dafür ist, ob das Unternehmen einen Ver-mögenswert nicht länger zwecks Vereinnahmung vertraglicher Cashflows hält. Die Anwendung eines solchen Ansatzes würde in Bezug auf Repogeschäfte, bei denen es sich wirtschaftlich gese-hen eher um besicherte Finanzierungsgeschäfte als um Verkäufe handelt, eine intuitiv richtige Antwort liefern. Es ist jedoch noch nicht klar, ob die gleiche Analyse auch für einen finanziellen Vermö-genswert angewendet werden kann, der im Rahmen des Factoring mit einem Rückgriffsrecht verkauft wurde, da der Übertragende den Vermögenswert nicht wieder in Besitz nimmt.

Verbriefung von Kredit- und Einlagepositionen

Frage 17Wie wirken sich geplante Verbriefungen auf die Überprüfung des Geschäftsmodells aus? 48

ZusätzlicheInformationenEin Unternehmen verfügt über ein Geschäftsmodell, dessen Zweck darin besteht, Kredite an Kunden auszureichen und sie anschlie-ßend an ein Verbriefungsvehikel zu verkaufen. Das Verbriefungs-vehikel gibt Finanzinstrumente an Anleger aus. Das Unternehmen, das den Kredit ausreicht, beherrscht das Verbriefungsvehikel

und konsolidiert es. Das Verbriefungsvehikel vereinnahmt die ver-traglichen Cashflows aus den Krediten und leitet sie an seine Anleger weiter.

Für die Zwecke dieses Beispiels sei angenommen, dass die Kredite weiterhin in der Konzernbilanz erfasst werden, da sie von dem Ver-briefungsvehikel nicht ausgebucht werden.

AnalyseDer Konzern hat die Kredite mit dem Ziel ausgereicht, sie zu halten, um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen, und bewertet das Schuldinstrument zu fortgeführten Anschaffungskosten. Ziel des die Kredite ausreichenden Unternehmens ist es jedoch, Cashflows aus dem Kreditportfolio zu realisieren, indem es die Kre-dite an das Verbriefungsvehikel verkauft. Für die Zwecke seines Einzelabschlusses könnte daher nicht angenommen werden, dass das Unternehmen dieses Portfolio verwaltet, um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen. Das Portfolio könnte sogar die Defi-nition „zu Handelszwecken gehalten“ erfüllen, da es hauptsächlich mit der Absicht eingegangen wurde, kurzfristig verkauft zu wer-den, und wäre deshalb erfolgswirksam zum Fair Value zu bewer-ten. Wenn das Verbriefungsvehikel nicht konsolidiert wird, würde man zu der gleichen Schlussfolgerung für den Konzern gelangen.

Kredite, an denen eine Unterbeteiligung gewährt werden soll

Frage 18Wie sind ausgereichte Kredite zu bilanzieren, wenn die Absicht besteht, einige davon zu verkaufen oder Unter-beteiligungen daran zu gewähren?

ZusätzlicheInformationenEin Unternehmen kann Kredite mit der Absicht ausreichen, einen Teil seines Portfolios bis zur Endfälligkeit zu halten, den anderen Teil jedoch in naher Zukunft zu verkaufen oder anderen Banken eine Unterbeteiligung an bestimmten Krediten zu gewähren. Es stellt sich die Frage, ob das Unternehmen für die Zwecke der Anwendung von IFRS 9 über ein oder zwei Geschäftsmodelle verfügt.

57EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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AnalyseDas Unternehmen könnte die Ausreichung von Krediten mit dem Ziel, diese zu halten, und die Ausreichung von Krediten mit dem Ziel, diese zu verkaufen oder Unterbeteiligungen daran zu gewäh-ren, als zwei separate Geschäftsmodelle einstufen, die unter-schiedliche Fähigkeiten und Verfahren erfordern. Während die dem ersten Geschäftsmodell zugeordneten finanziellen Vermögens-werte normalerweise die Voraussetzungen für eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten erfüllen dürften, weil sie zur Vereinnahmung vertraglicher Cashflows gehalten werden, wäre dies beim zweiten Modell nicht der Fall. Da diese Vermögenswerte kurzfristig verkauft oder eine Unterbeteiligung daran gewährt werden soll, müssten sie erfolgswirksam zum Fair Value bewertet werden.

Wenn ein Kredit dahin gehend überprüft wird, ob Teile davon ver-kauft oder ob eine Unterbeteiligung an bestimmten Komponen-ten gewährt werden soll, wirft dies die Frage auf, ob dann nicht auch ein einzelner finanzieller Vermögenswert in zwei separate Geschäftsmodelle unterteilt werden kann. Da Kredite bereits nach der bisherigen Regelung gemäß IAS 39 in eine zu Handelszwecken gehaltene und eine zu fortgeführten Anschaffungskosten bewer-tete Komponente aufgespalten werden konnten, dürfte dies künf-tig auch nach IFRS 9 möglich sein.

Frage 19Was geschieht, wenn der Verkauf oder die Unterbeteiligung, auf die in Frage 18 Bezug genommen wird, fehlschlagen bzw. nicht erforderlich sind?

ZusätzlicheInformationenEs kann vorkommen, dass der beabsichtigte Verkauf nicht statt-findet, nachdem das Unternehmen die betreffende Kreditkompo-nente aufgrund der Verkaufsabsicht zuvor als erfolgswirksam zum Fair Value bewertet klassifiziert hat.

AnalyseDer Standard schreibt vor, dass die Klassifizierung in Überein­stimmung mit dem Geschäftsmodell zu erfolgen hat, das zum Zeit-punkt der erstmaligen Erfassung des Vermögenswerts ange-wendet wird. Im vorliegenden Beispiel führt die Tatsache, dass der beabsichtigte Verkauf nicht zustande kommt, nicht zu einer

Umgliederung gemäß dem Standard, da an die Kriterien für eine Umgliederung hohe Anforderungen gestellt werden. Daher würden Kredite oder Kreditkomponenten, die das Unternehmen nicht verkaufen kann, weiterhin erfolgswirksam zum Fair Value erfasst.

10.3 FVTPL-Geschäftsmodelle

Verwaltung eines Portfolios auf der Basis des Fair Value

Frage 20Welche Geschäftsmodelle führen zu einer FVTPL-Bewertung?

ZusätzlicheInformationenEin Unternehmen verwaltet ein Portfolio, bewertet dessen Ent-wicklung auf der Basis des Fair Value und trifft Entscheidungen auf der Grundlage des Fair Value der finanziellen Vermögenswerte. Eine solche Zielsetzung führt in der Regel dazu, dass finanzielle Vermögenswerte mit großer Häufigkeit verkauft und gekauft werden.

AnalyseEin Portfolio finanzieller Vermögenswerte, das auf der Grundlage des Fair Value verwaltet wird und dessen Entwicklung auf dieser Grundlage bewertet wird, wird weder gehalten, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen, noch um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen und finanzielle Vermögenswerte zu verkaufen. Darüber hinaus wird ein Portfolio finanzieller Vermögenswerte, das die Definition „zu Handelszwecken gehalten“ erfüllt, weder gehalten, um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen, noch um vertragliche Cashflows zu vereinnahmen und finanzielle Vermö-genswerte zu verkaufen. Das Unternehmen konzentriert sich in erster Linie auf Fair-Value-Informationen und nutzt diese Informa-tionen zur Beurteilung der Entwicklung der Vermögenswerte und als Entscheidungsgrundlage.

Obwohl das Unternehmen vertragliche Cashflows vereinnahmen wird, während es finanzielle Vermögenswerte der FVTPL­Kate­gorie hält, fallen diese nur nebenbei an und sind nicht wesentlich im Hinblick auf die Erreichung der Zielsetzung des Geschäfts-modells. Solche Portfolios finanzieller Vermögenswerte sind daher erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten.

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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58 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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49 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.13 Instrument C. 50 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.13 Instrument A.

10.4 Die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen

Instrumenteohne„modifizierte“Cashflows

Anleihe mit einem nach oben hin begrenzten Zinssatz

Frage 21Kann ein Instrument mit einem nach oben hin begrenzten Zinssatz die Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen bestehen? 49

ZusätzlicheInformationenEin Unternehmen hält eine Anleihe mit einer festen Laufzeit und einem variablen Marktzinssatz. Der variable Zinssatz ist nach oben hin begrenzt.

AnalyseDie vertraglichen Cashflows eines Instruments mit einem festen Zinssatz und eines Instruments mit einem variablen Zinssatz sind Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag, sofern die Zinsen das Entgelt für den Zeitwert des Geldes, für das mit dem Instrument verbundene Kreditrisiko während der Lauf-zeit des Instruments und für andere Risiken und Kosten aus einer einfachen Kreditbeziehung sowie eine Gewinnmarge darstellen.

Ein solches Instrument kann daher über Cashflows verfügen, die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehen-den Kapitalbetrag darstellen. Ein Merkmal wie eine Zinsober- oder -untergrenze (interest rate cap or floor) kann die Variabilität der Cashflows durch Begrenzung des variablen Zinssatzes verringern oder durch Umwandlung eines festen Zinssatzes in einen variablen Zinssatz erhöhen.

Ein Unternehmen muss anscheinend nicht bestimmen, ob die Zinsobergrenze beim erstmaligen Ansatz im Geld ist, wie dies bei der Überprüfung nach IAS 39 der Fall war, um zu beurteilen, ob ein abzutrennendes eingebettetes Derivat existiert.

Inflationsgebundene Anleihe ohne Hebelwirkung

Frage 22Würde eine inflationsgebundene Anleihe die Voraussetzun-gen für eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungs-kosten erfüllen, wenn die Tilgungs- und Zinszahlungen an den Inflationsindex gekoppelt, der Kapitalbetrag jedoch nicht garantiert wäre?50

ZusätzlicheInformationenEin Unternehmen hält eine Anleihe mit einer festen Laufzeit. Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag der Anleihe sind an einen Inflationsindex der Währung gekoppelt, auf die das Instrument lautet. Die Inflationskopplung weist keinen Hebel auf und der Kapitalbetrag ist geschützt.

AnalyseDie vertraglichen Cashflows stellen ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag dar. Durch die Anbindung solcher Tilgungs­ und Zinszahlungen an einen Inflations-index ohne Hebel wird der Zeitwert des Geldes an ein aktuelles Niveau angepasst. Anders ausgedrückt: Der Zinssatz für das Instru-ment entspricht dem Realzins. Folglich stellen die Zinsbeträge das Entgelt für den Zeitwert des Geldes auf den ausstehenden Kapi-talbetrag dar.

Sofern die Zinszahlungen jedoch an eine andere Variable wie etwa die Leistung des Schuldners (z. B. sein Jahresergebnis) oder einen Aktienindex gekoppelt sind, dann stellen die vertraglichen Cashflows nicht ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag dar (es sei denn, die Kopplung an die Leistung des Schuldners ist eine Anpassung, die den Inhaber lediglich für Änderungen des Kreditrisikos des Instruments für den Inhaber entschädigt, sodass die vertraglichen Cashflows aus-schließlich Tilgungs- und Zinszahlungen darstellen). In diesem Fall stellen die vertraglichen Cashflows eine Rendite dar, die nicht mit einer einfachen Kreditvereinbarung vereinbar ist.

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Frage 23Im Zusammenhang mit Frage 22 sei das Beispiel von Unter-nehmen A angeführt, das in eine von Unternehmen B aus-gegebene Euro-Anleihe mit einer festen Laufzeit investiert. Die Zinsen auf die Anleihe sind direkt an den Inflationsindex von Land C gekoppelt, das in der Eurozone liegt und Haupt-geschäftssitz von Unternehmen B ist. Kann Unternehmen A die Euro-Anleihe zu fortgeführten Anschaffungskosten be-werten, obwohl die Zinsen nicht an den Inflationsindex der gesamten Eurozone gekoppelt sind?

ZusätzlicheInformationenDie Anleihe lautet auf Euro und Land C gehört zur Eurozone. Daher halten wir die Inflationskopplung für akzeptabel. Der Inflations­index spiegelt die Inflationsrate der Währung wider, in der die An-leihe ausgegeben wird, da dies der für das wirtschaftliche Umfeld von Unternehmen B verwendete Inflationsindex und der Euro die in diesem Umfeld gültige Währung ist.

AnalyseDurch die Kopplung des Inflationsindex an die Inflationsrate von Land C bildet Unternehmen B den „Realzins“ für das wirtschaft-liche Umfeld ab, in dem es tätig ist. In diesem Fall könnte Unter-nehmen A die Zinsen als Entgelt für den Zeitwert des Geldes und für das mit dem ausstehenden Kapitalbetrag verbundene Kredit-risiko betrachten.

Doppelwährungsanleihen

Frage 24Ist ein finanzieller Vermögenswert, bei dem die Zinszahlun-gen und der Nominalbetrag auf unterschiedliche Währungen lauten, als Instrument anzusehen, dessen Cashflows aus-schließlich Tilgungs- und Zinszahlungen darstellen?

ZusätzlicheInformationenBei manchen finanziellen Vermögenswerten lauten die Zinszahlun-gen und der Nominalbetrag auf unterschiedliche Währungen. IFRS 9 schreibt vor, dass ein Unternehmen zu bestimmen hat, ob vertragliche Cashflows ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag in der Währung, auf die der finanzielle Vermögenswert lautet, darstellen.51

AnalyseDas bedeutet, dass Finanzinstrumente, deren Zinsen auf der Basis eines anderen Betrags als des bei Fälligkeit zu zahlenden Kapital-betrags berechnet werden, die Voraussetzungen für eine Bilanzie-rung zu fortgeführten Anschaffungskosten nicht bestehen wer-den. Werden variable Zinszahlungen beispielsweise auf der Basis eines festgelegten Kapitalbetrags in einer anderen Währung, z. B. US-Dollar, berechnet, obwohl die Rückzahlung des Kapitalbetrags in Pfund Sterling erfolgt, werden die Zahlungen aus dem finan­ziellen Vermögenswert nicht ausschließlich als Tilgungs- und Zins-zahlungen betrachtet.

Es kann jedoch Fälle geben, in denen die Zinsen auf eine andere Währung lauten als auf die des Kapitalbetrags, die vertraglichen Cashflows aber dennoch ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlun-gen darstellen.

Der Kapitalbetrag einer Anleihe lautet zum Beispiel auf kanadische Dollar (CAD) und wird zu einem festen Fälligkeitstermin in dieser Währung abgelöst. Die Zinszahlungen werden zu Beginn der Lauf-zeit der Anleihe auf der Basis der zu diesem Zeitpunkt geltenden Marktzinssätze, Devisenkassakurse und Forwardsätze in indischen Rupien (INR) festgeschrieben.

Obwohl es nicht eindeutig aus IFRS 9 hervorgeht, sind wir der Auf-fassung, dass, wenn die Anleihe in zwei Komponenten aufgeteilt werden kann, die für sich genommen die Kriterien für die Überprü-fung der Cashflow­Merkmale erfüllen, dies auch auf das zusam-mengesetzte Finanzinstrument zutrifft. Das heißt, wenn die Anleihe als Kombination aus einer auf CAD lautenden Zerokuponan- leihe und einem auf INR lautenden Strom von festen Zahlungen

51 Vgl. IFRS 9.B4.1.8.

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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60 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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betrachtet werden kann und wenn beide Finanzinstrumente als Cashflows angesehen werden können, die ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen darstellen, so gilt dies auch für das kombi-nierte Investment. Ausschlaggebend hierfür ist die Tatsache, dass die Zinszahlungen bereits zu Beginn der Laufzeit der An-leihe festgelegt wurden und kein Risiko von Veränderungen der Cashflows in der Währung, auf die die Cashflows lauten, besteht.

10.5 De-minimis- und Non-genuine-Merkmale

De-minimis-Merkmale

Frage 25Wie hat ein Unternehmen bei der Durchführung der Prüfung der Zahlungsstrombedingungen das De-minimis-Kriterium anzuwenden?

AnalyseDer Standard schreibt nicht vor, ob eine qualitative oder eine quanti-tative Analyse durchzuführen ist, um zu ermitteln, ob ein Merkmal de minimis ist oder nicht. Der Begriff „de minimis“ wird zwar in IFRS 9 nicht definiert, im Allgemeinen jedoch als „unerheblich“ ausgelegt, d. h., die Auswirkungen sind zu unbedeutend, um be-rücksichtigt zu werden.

Diese Definition impliziert, dass die Auswirkungen mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht de minimis sind, wenn das Unternehmen untersuchen muss, ob dies der Fall ist – sei es mittels quantitativer oder qualitativer Analyse.

Um als de minimis zu gelten, müssen die Auswirkungen des Merk-mals auf die Cashflows des finanziellen Vermögenswerts in jeder Berichtsperiode und kumuliert über die Laufzeit des finanziellen Vermögenswerts de minimis sein.

Non-genuine-Merkmale

Frage 26Wie hat ein Unternehmen bei der Durchführung der Prüfung der Zahlungsstrombedingungen das Non-genuine-Kriterium anzuwenden?

AnalyseEin Cashflow­Merkmal „besteht nicht wirklich“ (non-genuine), wenn es die vertraglichen Cashflows eines Instruments nur bei Eintre-ten eines Ereignisses beeinflussen wird, das extrem selten, äußerst ungewöhnlich und sehr unwahrscheinlich ist. Obwohl sich aus einem solchen Merkmal also möglicherweise Cashflows ergeben können, die nicht ausschließlich aus Tilgungs- und Zinszahlungen bestehen und deren Höhe sogar wesentlich sein kann, würde das Instrument dennoch die Voraussetzungen für eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder eine erfolgsneutrale Be-wertung zum Fair Value (je nach Geschäftsmodell) erfüllen.

Wir sind der Ansicht, dass alle Bedingungen eines Vertrags einen wirtschaftlichen Zweck haben und deshalb grundsätzlich genuine sind. Der Non-genuine-Schwellenwert zielt möglicherweise auf Klauseln ab, die aus rechtlichen oder steuerlichen Gründen oder zur Erzielung eines bestimmten Rechnungslegungsergebnisses in die Bedingungen eines Finanzinstruments aufgenommen wurden, ohne einen echten wirtschaftlichen Zweck zu verfolgen oder echte wirtschaftliche Folgen zu haben.

Ein Beispiel einer Klausel mit dem Begriff „non-genuine“, die im Zusammenhang mit IAS 32.AG28 viele Fragen aufgeworfen hat, ist eine Klausel zu „regulatorischen Änderungen“, die in der Regel in den Bedingungen von Kapitalinstrumenten enthalten ist, die von Finanzinstituten wie Banken und Versicherungsgesellschaften ausgegeben werden. Diese Unternehmen müssen in der Regel gemäß den Vorgaben der lokalen Aufsichtsbehörden Eigenkapital oder nachrangige Verbindlichkeiten in einer bestimmten Mindest-höhe vorhalten (im Allgemeinen als „regulatorisches Eigenkapital“ bezeichnet), um ihrer Geschäftstätigkeit nachgehen zu dürfen.

61EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Eine Klausel zu „regulatorischen Änderungen“ schreibt in der Regel vor, dass ein Instrument, das zum Zeitpunkt der Ausgabe als regulatorisches Eigenkapital eingestuft wird, zurückgezahlt wird, falls es die für eine solche Einstufung erforderlichen Kriterien nicht mehr erfüllt. Die Aufsichtsbehörden in vielen Ländern gehen bislang so vor, dass sie Änderungen in der regulatorischen Klassi-fizierung ausschließlich prospektiv vornehmen, sodass alle bereits ausgegebenen Instrumente weiterhin als regulatorisches Eigen-kapital betrachtet werden, auch wenn sie dies nach den neuen Vorschriften nicht mehr wären. Dies hat mancherorts die Frage aufgeworfen, ob eine Klausel zu „regulatorischen Änderungen“ als bedingte Erfüllungsvereinbarung betrachtet werden kann, die non-genuine ist. Letztendlich liegt dies im Ermessen jedes einzel-nen Unternehmens, das die jeweiligen regulatorischen Rahmen-bedingungen zu berücksichtigen hat. Durch die größere Unbe-rechenbarkeit der Märkte (und die darauf folgenden Reaktionen der Aufsichtsbehörden) in der jüngsten Finanzkrise wurde diese Ermessensentscheidung nicht unbedingt einfacher. Da die Klausel aufgenommen wurde, um den Aufsichtsbehörden einen größeren Handlungsspielraum zu geben, auch wenn sie diesen für gewöhn-lich nicht nutzen, wäre es schwierig, dieses Merkmal als non- genuine einzustufen.

10.6 Modifizierte Zeitwert-des-Geldes-Komponente

Instrumente mit abweichenden Zinslaufzeiten

Frage 27Ein Unternehmen investiert in Staatsanleihen mit einem variablen Zinssatz und einer Laufzeit von 15 Jahren; die Zins-kupons werden alle sechs Monate auf der Basis des Zins-satzes für 10-jährige Anleihen angepasst. Würde das Finanz-instrument die Voraussetzungen für eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten erfüllen?

AnalyseDas Merkmal der abweichenden Zinslaufzeiten modifiziert die Zeitwert-des-Geldes-Komponente des Finanzinstruments. Wenn die Vertragsbedingungen eine solche Modifizierung enthalten, vergleicht das Unternehmen die vertraglichen nicht abgezinsten Cashflows mit den nicht abgezinsten Cashflows, die sich ergäben, wenn das Element des Zeitwerts des Geldes nicht modifiziert worden wäre (Benchmark­Cashflows), d. h. wenn der Zinssatz alle sechs Monate an einen variablen 6-Monats-Zinssatz angepasst würde. Wenn die modifizierte Zeitwert­des­Geldes­Komponente zu Cashflows führt, die von den Benchmark­Cashflows erheblich abweichen (significantly different), besteht das Finanzinstrument die Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen nicht.

Bei dieser Überprüfung hat ein Unternehmen alle Zinssatzszena-rien zu berücksichtigen, die nach vernünftigem Ermessen möglich sind. Das Unternehmen kann nicht schlussfolgern, dass die ver-traglichen Cashflows ausschließlich aus Tilgungs­ und Zinszahlun-gen bestehen, nur weil sich die Zinsstrukturkurve zum Zeitpunkt der Überprüfung so darstellt, dass die Differenz zwischen dem 6-Monats- und dem 10-Jahres-Zinssatz nicht zu erheblich abwei-chenden Cashflows führt. In einigen Fällen kann das Unterneh-men diese Feststellung treffen, indem es eine qualitative Beurtei-lung der Zeitwert-des-Geldes-Komponente durchführt, in anderen Fällen kann die Durchführung einer quantitativen Überprüfung erforderlich sein (s. Abschnitt 4.3.2).

Bei dieser Überprüfung hat das Unternehmen die Auswirkungen des modifizierten Elements in jeder Berichtsperiode und kumu-liert über die Laufzeit des Finanzinstruments zu berücksichtigen.

Unter Einbeziehung zukünftiger Entwicklungen wird das Unterneh-men wahrscheinlich nicht zu dem Schluss gelangen können, dass die vertraglichen Cashflows von den Benchmark­Cashflows nicht erheblich abweichen könnten, da die Abweichungen zwischen den Zinslaufzeiten des in dieser Frage beschriebenen Instruments so groß sind. Das in dieser Frage beschriebene Instrument besteht die Prüfung der Zahlungsstrombedingungen wahrscheinlich nicht.

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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62 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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52 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.13 Instrument B.

Zinsen, die im Rahmen einer Zinsauktion festgesetzt werden (auctionratesecurities)

Frage 28Würden die vertraglichen Cashflows eines Instruments, dessen Zinsen im Rahmen einer Auktion festgesetzt werden, die Voraussetzungen für eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder eine FVOCI-Bewertung erfüllen?

AnalyseAuction rate securities sind Anleihen mit langen Laufzeiten, deren Zinssatz jedoch in kürzeren Abständen im Rahmen von Zinsauktio-nen festgesetzt wird. Aufgrund des Auktionsverfahrens werden die Zinsen jeweils nur für kurze Zeiträume festgesetzt; die Instru-mente werden daher als kurzfristige Anlagen klassifiziert.

Bleibt eine Auktion erfolglos (d. h., es gehen nicht genug Gebote für die Anleihe ein, um einen neuen Zinssatz festzulegen), wird der Zinssatz auf den maximal zulässigen Wert gesetzt (penalty rate). Die penalty rate wird zu Beginn der Laufzeit der Anleihe fest-gelegt und spiegelt nicht notwendigerweise den Marktzins wider, falls die Auktion fehlschlägt. Sie soll den Inhaber oftmals für die mangelnde Liquidität des Instruments entschädigen, die durch die erfolglose Auktion nachgewiesen wurde. Für viele dieser An-leihen schlug die Auktion während der Finanzkrise fehl.

Beim erstmaligen Ansatz ist die Klassifizierung auf der Basis der für die Laufzeit des Instruments festgelegten vertraglichen Bedingun-gen vorzunehmen. Auch wenn das Unternehmen zum Erwerbs-zeitpunkt evtl. davon ausgeht, dass keine der Auktionen fehlschla-gen wird, sollte die möglicherweise zur Anwendung kommende penalty rate bei der beim erstmaligen Ansatz vorzunehmenden Überprüfung der Ausstattungsmerkmale des finanziellen Vermö-genswerts dennoch berücksichtigt werden. Sofern davon ausge-gangen werden kann, dass die penalty rate den Inhaber der Anleihe für das langfristige Kreditrisiko des Instruments entschädigt, nach-dem die Auktion aufgrund einer Verknappung der Marktliquidität fehlgeschlagen ist, kann es sein, dass die penalty rate der in IFRS 9

enthaltenen Zinsdefinition entspricht. Da solche Instrumente in der Regel jedoch im Rahmen mehrerer Emissionen mit unter-schiedlichen penalty rates begeben werden, müsste jede Emission einzeln beurteilt werden, bevor eine Schlussfolgerung getroffen werden kann.

Zinsperiode nach Wahl des Kreditnehmers

Frage 29Kann ein Instrument, dessen Zinslaufzeit nach dem Ermes-sen des Kreditnehmers festgelegt wird (siehe zusätzliche Informationen im Fallbeispiel), die Zahlungsstrombedingun-gen erfüllen?52

ZusätzlicheInformationenEin Unternehmen hält ein Instrument mit einem variablen Zinssatz und einer festen Laufzeit, das dem Kreditnehmer gestattet, den Zinssatz für das Instrument laufend an den aktuellen Marktzins-satz anzupassen. So kann der Kreditnehmer beispielsweise zu jedem Zinsanpassungstermin wählen, ob er den 3-Monats-LIBOR für den Zeitraum von drei Monaten oder den 1-Monats-LIBOR für den Zeitraum von einem Monat zahlen will.

AnalyseDie vertraglichen Cashflows stellen nur dann ausschließlich Til-gungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag dar, wenn es sich bei den während der Laufzeit des Instruments gezahlten Zinsen um das Entgelt für Risiken und Kosten aus einer einfachen Kreditvereinbarung sowie eine Gewinnmarge handelt. Die Risiken und Kosten aus einer einfachen Kreditvereinbarung umfassen das Entgelt für den Zeitwert des Geldes, für das mit dem Instrument verbundene Kreditrisiko und für andere Risiken und Kosten in Verbindung mit einer einfachen Kreditvereinbarung. Die Tatsache an sich, dass der LIBOR-Satz während der Laufzeit des Instruments angepasst wird, hat nicht zur Folge, dass das Instrument die Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen nicht besteht.

63EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Wenn der Kreditnehmer jedoch die Möglichkeit hat, einen 1-Monats- Zinssatz zu wählen, der alle drei Monate angepasst wird, stimmt die Anpassungshäufigkeit nicht mit seiner Laufzeit überein. In die-sem Fall handelt es sich um eine Modifizierung der Zeitwert­des­ Geldes-Komponente. Vergleichbares gilt für ein Instrument, für das ein vertraglicher Zinssatz vereinbart wurde, der auf einer Lauf-zeit basiert, die länger ist als die Restlaufzeit des Instruments (z. B. bei einer Anleihe mit einer Laufzeit von fünf Jahren und einem variablen Zinssatz, der zwar regelmäßig angepasst wird, aber immer die fünfjährige Laufzeit widerspiegelt). In diesem Fall läge ebenfalls eine Modifizierung der Zeitwert­des­Geldes­Komponente vor. Dies liegt darin begründet, dass die in jeder Periode zu zah-lenden Zinsen von der Zinsperiode unabhängig sind.

In solchen Fällen hat das Unternehmen die vertraglichen Cashflows qualitativ oder quantitativ mit den Cashflows eines Benchmark­instruments zu vergleichen, um festzustellen, ob die jeweiligen Cashflows erheblich voneinander abweichen. Das Benchmarkinst-rument ist in jeder Hinsicht mit dem zu analysierenden Instrument identisch, mit der Ausnahme, dass dessen Zinslaufzeit der Zins-periode entspricht. Gelangt man bei der Überprüfung zu dem Ergebnis, dass die beiden Cashflows erheblich voneinander ab-weichen könnten, würden die Zahlungen keine Tilgungs- und Zins-zahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen (s. auch Frage 25).

Bei der Überprüfung einer Anleihe mit einer Laufzeit von fünf Jah-ren und einem variablen Zinssatz, der zwar halbjährlich angepasst wird, aber unverändert die fünfjährige Laufzeit wider spiegelt, ver-gleicht ein Unternehmen die Cashflows der Anleihe beispielsweise mit den vertraglichen Cashflows eines identischen Instruments, bei dem allerdings der Zinssatz halbjährlich an einen 6-Monats-Zins-satz angepasst wird.

Dies würde auch dann gelten, wenn der Kreditnehmer zwischen den verschiedenen veröffentlichten Zinssätzen des Kreditgebers wählen kann (z. B. kann der Kreditnehmer zwischen dem veröf-fentlichten variablen 1-Monats-Zinssatz und dem veröffentlichten variablen 3-Monats-Zinssatz des Kreditgebers wählen).

10.7 Modifizierter Zeitpunkt und modifi-zierte Höhe der vertraglichen Cashflows

Vorfälligkeitsmerkmale

Frage 30Führen Vorfälligkeitsmerkmale bei Schuldinstrumenten, die mit einem Agio oder Disagio erworben wurden, dazu, dass diese Instrumente die Überprüfung der Zahlungsstrom-bedingungen nicht bestehen?

AnalyseWürde man die Definition des Begriffs „Kapitalbetrag“ (s. Ab-schnitt 4.1) streng auslegen, müssten Schuldinstrumente, die mit einem Agio oder Disagio ausgereicht oder erworben wurden und vorzeitig zum Nennwert zurückgezahlt werden können, erfolgswirksam zum Fair Value bewertet werden. Würde der Emittent nämlich vorzeitig zurückzahlen, könnte der Inhaber einen Gewinn erhalten, der unter oder über dem Ertrag aus einer ein-fachen Kreditvereinbarung liegt. Das IASB hat jedoch beschlossen, eine begrenzte Ausnahmeregelung für solche finanziellen Vermö-genswerte zuzulassen, sofern

• der vorzeitig zurückgezahlte Betrag im Wesentlichen dem ver-traglichen Nennwert und den aufgelaufenen (nicht gezahlten) Zinsen entspricht; dies kann eine angemessene zusätzliche Ver-gütung für die vorzeitige Beendigung des Vertrags beinhalten;

• der Fair Value des Vorfälligkeitsmerkmals beim erstmaligen Ansatz des finanziellen Vermögenswerts unwesentlich ist.

Die oben dargestellten Kriterien gelten unabhängig davon, ob (i) die Vorfälligkeitsoption vom Emittenten oder vom Inhaber ausgeübt werden kann, (ii) die Vorfälligkeitsbedingung freiwillig oder verpflichtend ist oder (iii) das Vorfälligkeitsmerkmal an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist.

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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64 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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53 Vgl. IFRS 9.BC4.194. 54 Vgl. IFRS 9.BC4.195.

Nach dieser Ausnahmeregelung dürften einige finanzielle Vermö-genswerte, die normalerweise nicht über vertragliche Cashflows verfügen, die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen darstellen, zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value bewertet werden (je nach Art des Geschäftsmodells, in dessen Rahmen sie gehalten werden).

Das IASB hat darauf hingewiesen, dass diese Ausnahmeregelung auf viele finanzielle Vermögenswerte mit Vorfälligkeitsmerkmalen zutreffen wird, die bereits bei Erwerb wertgemindert sind. Wurde ein solcher Vermögenswert mit einem hohen Disagio erworben, würden die vertraglichen Cashflows nicht ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen darstellen, wenn der Vermögenswert den Ver-tragsbedingungen zufolge sofort zum Nennwert zurückgezahlt werden könnte. Der Fair Value dieses vertraglich vereinbarten Vor-fälligkeitsmerkmals wäre jedoch unwesentlich, wenn es sehr un-wahrscheinlich ist, dass die vorzeitige Rückzahlung eintritt. Die vorzeitige Rückzahlung könnte sehr unwahrscheinlich sein, da der Schuldner eines wertgeminderten finanziellen Vermögenswerts nicht in der Lage sein könnte, den finanziellen Vermögenswert vorzeitig zurückzuzahlen.53

Das IASB hat außerdem darauf hingewiesen, dass diese Ausnahme-regelung auf einige finanzielle Vermögenswerte zutreffen wird, die vorzeitig zurückgezahlt werden können und mit einem unter dem Marktzins liegenden Zinssatz ausgereicht wurden. Dieses Szenario könnte eintreten, wenn ein Unternehmen ein Gut (z. B. ein Auto) verkauft und dem Kunden als Anreiz zur Verkaufs-förderung eine Finanzierung zu einem Zinssatz zur Verfügung stellt, der unter dem aktuellen Marktzins liegt. Das Unternehmen würde den finanziellen Vermögenswert beim erstmaligen Ansatz zum Fair Value bewerten und der Fair Value wäre aufgrund des unter dem Marktzins liegenden Zinssatzes niedriger als der ver-tragliche Nennwert. Das IASB hat darauf hingewiesen, dass in einem solchen Fall der Fair Value eines Vorfälligkeitsmerkmals wahrscheinlich unwesentlich wäre, da es unwahrscheinlich ist, dass der Kunde sich für eine vorzeitige Rückzahlung entscheidet, ins-besondere da der Zinssatz unter dem Marktniveau liegt und die Finanzierung daher vorteilhaft ist.54

Instrumente, die vorzeitig zum Fair Value zurückgezahlt werden können, werden in Frage 37 behandelt.

Kreditauflagen

Frage 31Führen Kreditauflagen zu Cashflows, die ausschließlich Til-gungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbe-trag darstellen?

ZusätzlicheInformationenEine Kreditvereinbarung enthält eine Auflage, wonach der über dem Benchmarksatz liegende, vertraglich vereinbarte Spread steigen wird, wenn sich das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Ab-schreibungen (EBITDA) oder der Verschuldungsgrad des Kredit-nehmers zu einem festgelegten Zeitpunkt um einen bestimmten Betrag verschlechtern.

AnalyseOb dieses Instrument die Überprüfung der Zahlungsstrombedin-gungen besteht, hängt von den Bedingungen der Kreditvereinba-rung ab. Der Kredit würde die Überprüfung bestehen, wenn die Auflage dazu dient, den Kreditgeber für das höhere Kredit­ oder Liquiditätsrisiko zu entschädigen. Hat die Auflage jedoch mehr als nur eine Entschädigung für das Kredit- oder Liquiditätsrisiko zur Folge oder bewirkt sie eine Erhöhung der Rendite, die bei einer einfachen Kreditvereinbarung als nicht angemessen betrachtet würde, würde das Instrument die Überprüfung nicht bestehen. Erhöht sich die Rendite beispielsweise, um einen Anstieg des EBITDA widerzuspiegeln, wären die Voraussetzungen für eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten nicht erfüllt.

65EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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10.8 Merkmale, die die Zahlungs-strombedingungen nicht erfüllen

Wandelbare Schuldinstrumente

Frage 32Besteht ein Instrument mit einem Recht auf Umwandlung in ein Eigenkapitalinstrument die Überprüfung der Zahlungs-strombedingungen zwangsläufig nicht? 55

ZusätzlicheInformationenEin Unternehmen hält eine Anleihe, die in Eigenkapitalinstrumente des Emittenten umgewandelt werden kann.

AnalyseDer Inhaber würde die Wandelanleihe in ihrer Gesamtheit beur-teilen, da eingebettete Derivate und finanzielle Vermögenswerte nach IFRS 9 nicht voneinander zu trennen sind.

Die vertraglichen Cashflows stellen keine Tilgungs­ und Zinszah-lungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag dar, da sie eine Rendite widerspiegeln, die nicht mit einer einfachen Kreditvereinbarung vereinbar ist, d. h., die Rendite ist auch an den Wert der Eigenkapi-talinstrumente des Emittenten geknüpft.

Die Überprüfung würde zu einem anderen Ergebnis führen, wenn der Emittent seine eigenen Aktien als „Währung“ verwenden würde, d. h. wenn die Anleihe in eine variable Anzahl von Aktien umge-wandelt werden könnte, deren Wert den nicht gezahlten Tilgungs- und Zinsbeträgen auf den ausstehenden Kapitalbetrag entspricht. In diesem Fall würde die Anleihe die Kriterien zur Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen erfüllen und bei der Umwandlung ausgebucht werden. Allerdings unterliegen solche Rechte auf Um-wandlung oft einer Obergrenze, da der Emittent andernfalls ver-pflichtet sein könnte, eine möglicherweise unbegrenzte Anzahl von Aktien zu liefern. Das Vorliegen einer solchen Obergrenze würde, sofern sie realitätsnah (genuine) ist, dazu führen, dass das Instru-ment die Überprüfung nicht besteht.

Von einer Aufsichtsbehörde vorgeschriebene Bail-in-Verfahren

Frage 33Führt die Möglichkeit einer Aufsichtsbehörde, beim Inhaber einer Anleihe die Erfassung von Verlusten zu veranlassen (auch als „Wertberichtigung“ bezeichnet) oder die Umwand-lung in Aktien vorzuschreiben, zu Cashflows, die die Zahlungs-strombedingungen nicht erfüllen? 56

Sachverhalt1:DieRegelungistkeinMerkmaldesVertragsEine regulierte Bank gibt ein Instrument mit einer festen Laufzeit aus. Das Instrument ist mit einem festen Zinssatz versehen und alle vertraglichen Cashflows sind genau festgelegt.

Der Emittent unterliegt jedoch einer Gesetzgebung, nach der eine nationale Abwicklungsbehörde unter bestimmten Umständen dazu berechtigt oder verpflichtet ist, bei den Inhabern bestimmter Finanzinstrumente, einschließlich des oben erwähnten Instru-ments, die Erfassung von Verlusten zu veranlassen. Die nationale Abwicklungsbehörde hat beispielsweise die Möglichkeit zu ver-anlassen, dass der Nennwert eines solchen Instruments abge-schrieben wird oder dass ein solches Instrument in eine feste An-zahl von Stammaktien des Emittenten umgewandelt wird, wenn sie feststellt, dass der Emittent erhebliche finanzielle Schwierig-keiten hat, zusätzliches regulatorisches Eigenkapital benötigt oder in Zahlungsunfähigkeit geraten ist.

AnalyseSachverhalt1Der Inhaber würde die Vertragsbedingungen des Finanzinstru-ments analysieren, um zu ermitteln, ob sie zu Cashflows führen, die ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausste-henden Kapitalbetrag darstellen, und daher mit einer einfachen Kreditvereinbarung vereinbar sind.

Dem Standard zufolge würde diese Analyse eine Wertberichtigung, die allein deshalb erfolgt, weil die nationale Abwicklungsbehörde nach geltendem Recht die Möglichkeit hat, bei den Inhabern solcher Finanzinstrumente die Erfassung von Verlusten zu veranlassen, außer Acht lassen. Dies liegt darin begründet, dass diese Möglich-keit keine Vertragsbedingung des Finanzinstruments ist.

55 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.14 Instrument F. 56 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.14 Instrument E.

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66 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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57 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.14 Instrument G. 58 Dieses Beispiel basiert auf IFRS 9.B4.1.14 Instrument H.

Obwohl in diesem Beispiel ein gängiger Grundsatz angewendet wird, weisen wir darauf hin, dass diese Vorgehensweise nicht mit der in IFRIC 2 Geschäftsanteile an Genossenschaften und ähnliche Instrumente vertretenen Position übereinstimmt. Danach hat ein Unternehmen bei der Klassifizierung eines Finanzinstruments als Schuld- oder Eigenkapitalinstrument „die einschlägigen lokalen Gesetze und Vorschriften sowie die zum Zeitpunkt der Klassifizie-rung gültige Satzung des Unternehmens“ zu berücksichtigen.

Sachverhalt2:DieBestimmungisteinMerkmaldesVertragsDie Vertragsbedingungen des Finanzinstruments berechtigen oder verpflichten den Emittenten oder ein anderes Unternehmen dazu, beim Inhaber die Erfassung von Verlusten zu veranlassen (z. B. durch Wertberichtigung des Nennwerts oder durch Umwand-lung des Instruments in eine feste Anzahl von Stammaktien des Emittenten), wenn der Emittent bestimmte regulatorische Eigen-kapitalanforderungen nicht erfüllen kann (non-viability event).

AnalyseSachverhalt2Sofern die Non-viability-Bestimmung realitätsnah ist, was norma-lerweise der Fall sein wird, wird das Instrument die Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen nicht bestehen, selbst wenn die Wahrscheinlichkeit, dass die Erfassung eines solchen Verlustes veranlasst wird, eher gering ist.

Zinsen, die ein Mehrfaches des Benchmarksatzes betragen

Frage 34Würden Schuldinstrumente, deren Zinssatz bezogen auf einen bestimmten Zeitraum das Mehrfache eines Benchmarkzins-satzes (z. B. das Zweifache des 3-Monats-EURIBOR) beträgt, als Instrumente betrachtet, deren vertragliche Cashflows aus-schließlich Tilgungs- und Zinszahlungen darstellen?

AnalyseSolche Merkmale sorgen für einen Hebeleffekt. IFR 9.B4.1.9 regelt klar, dass Hebeleffekte die Variabilität der vertraglichen Cashflows erhöhen, wodurch diese nicht die wirtschaftlichen Merkmale von Zinszahlungen aufweisen. Infolgedessen wären solche Instrumente erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten.

Inversefloaters

Frage 35Würde ein Instrument mit einem umgekehrt variablen Zinssatz (z. B. 6 % minus das Zweifache des LIBOR) die Zahlungsstrombedingungen erfüllen?57

AnalyseDie vertraglichen Cashflows einer Anleihe mit einem umgekehrt variablen Zinssatz (d. h., der Zinssatz verhält sich gegenläufig zu den Marktzinssätzen) stellen nicht ausschließlich Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag dar.

Die Zinsbeträge sind nicht das Entgelt für den Zeitwert des Geldes auf den ausstehenden Kapitalbetrag.

Ewige Finanzinstrumente mit potenziell aufschiebbaren Kuponzahlungen

Frage 36Besteht ein ewiges Finanzinstrument ohne Laufzeitbegren-zung mit potenziell aufschiebbaren Kuponzahlungen die Über-prüfung der Zahlungsstrombedingungen? 58

ZusätzlicheInformationenEin Unternehmen hält ein Finanzinstrument ohne Laufzeitbegren-zung. Der Emittent kann das Instrument jedoch jederzeit kündigen und dem Inhaber dafür den Nennwert zzgl. aufgelaufener Zinsen zahlen.

Das Instrument ist verzinslich. Die Zinsen können jedoch nur dann ausgezahlt werden, wenn der Emittent direkt danach zahlungsfähig bleibt. Es sind zwei Szenarien möglich:

• Szenario1:Durch den Aufschub von Zinszahlungen fallen keine zusätzlichen Zinsen an.

• Szenario2:Auf die aufgeschobenen Zinszahlungen fallen Zinsen an.

67EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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AnalyseSzenario1Die vertraglichen Cashflows stellen keine Tilgungs­ und Zinszah-lungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag dar. Denn der Emittent muss möglicherweise Zinszahlungen aufschieben und dadurch fallen keine zusätzlichen Zinsen an. Folglich stellen die Zinsbeträge nicht das Entgelt für den Zeitwert des Geldes auf den ausstehen-den Kapitalbetrag dar.

Von Bedeutung ist, dass im vorliegenden Beispiel der Inhaber nicht berechtigt ist, die Wahrscheinlichkeit zu beurteilen, dass die Zins-zahlungen jemals aufgeschoben werden. Solange das Merkmal realitätsnah ist, ist der Aufschub von Zinszahlungen bei der Beur-teilung zu berücksichtigen, ob die Zinsbeträge das Entgelt für den Zeitwert des Geldes auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen.

AnalyseSzenario2Die vertraglichen Cashflows könnten Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen.

Dem Beispiel im Standard zufolge bedeutet die Tatsache an sich, dass es sich bei dem Instrument um ein Finanzinstrument ohne Laufzeitbegrenzung handelt, und nicht, dass die vertraglichen Cashflows keine Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehen-den Kapitalbetrag darstellen. Tatsächlich kann ein Finanzinstru-ment ohne Laufzeitbegrenzung laufend (und mehrfach) verlängert werden. Solche Verlängerungsoptionen können zu vertraglichen Cashflows führen, die Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den aus-stehenden Kapitalbetrag darstellen, wenn die Zinszahlungen ver-pflichtend und dauerhaft geleistet werden müssen.

Es mag seltsam wirken, dass angenommen wird, dass das Instru-ment die Zahlungsstrombedingungen erfüllt, obwohl die Tilgungs-zahlungen niemals geleistet werden. Auch hat die Tatsache, dass das Instrument kündbar ist, nicht zur Folge, dass die vertraglichen Cashflows keine Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den ausstehen-den Kapitalbetrag darstellen, es sei denn, das Instrument kann in Höhe eines Betrags gekündigt werden, der nicht im Wesentlichen den Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapital-betrag entspricht. Selbst wenn der kündbare Betrag einen Betrag

beinhaltet, der den Inhaber auf angemessene Weise für die vor-zeitige Kündigung des Instruments entschädigt, könnten die ver-traglichen Cashflows Tilgungs­ und Zinszahlungen auf den aus-stehenden Kapitalbetrag darstellen.

Anleihen, die vorzeitig zum Fair Value zurückgezahlt werden können

Frage 37Würde eine Plain-Vanilla-Anleihe, die vorzeitig zum Fair Value zurückgezahlt werden kann (d. h. deren Emittent eine Kauf-option hat, die zum Fair Value ausübbar ist), zu vertraglichen Cashflows führen, die ausschließlich Tilgungs- und Zinszah-lungen darstellen?

ZusätzlicheInformationenEin Unternehmen erwirbt eine Anleihe, bei der der Emittent einen festen Zinssatz zu zahlen und den Kapitalbetrag zu einem festge-legten Zeitpunkt zurückzuzahlen hat. Der Emittent hat jedoch das Recht, die Anleihe vor dem Fälligkeitsdatum vom Inhaber zurück-zuerwerben (oder zu kaufen). Der Ausübungspreis der Option ent-spricht dem Fair Value der Anleihe (d. h. dem Fair Value der zum Ausübungszeitpunkt noch ausstehenden vertraglich vereinbarten Zins- und Tilgungszahlungen). Beträgt die Laufzeit der Anleihe beispielsweise fünf Jahre und würde die Kaufoption am Ende des zweiten Jahres ausgeübt, würde der Fair Value durch Abzinsung des Kapitalbetrags und der für die restlichen drei Jahre fälligen Zinszahlungen mit dem aktuellen Marktzinssatz für eine Anleihe mit einer Laufzeit von drei Jahren und vergleichbaren Ausstat-tungsmerkmalen ermittelt.

Der Ausübungspreis in Höhe des Fair Value stellt nicht gezahlte Tilgungs- und Zinsbeträge auf den zum Ausübungszeitpunkt ausstehenden Kapitalbetrag dar, obgleich die Abzinsung zum aktuellen und nicht zum ursprünglichen Marktzinssatz vorge-nommen wird.

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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AnalyseDie Tatsache, dass der Ausübungspreis dem Fair Value entspricht, könnte so ausgelegt werden, dass der Inhaber für die vorzeitige Tilgung der Anleihe ein angemessenes zusätzliches Entgelt erhält. Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass dies nur dann zu-trifft, wenn der Marktzinssatz seit der Emission der Anleihe gefallen ist. Bei steigenden Marktzinsen wird der Inhaber kein zusätzliches Entgelt für die vorzeitige Tilgung der Anleihe bekommen, sondern einen Betrag erhalten, der unter dem Kapitalbetrag liegt. In die-sem Fall würde der Inhaber der Anleihe aufgrund der negativen Vergütung nicht den Kapitalbetrag und Zinsen erhalten.

Sofern der vorzeitige Tilgungsbetrag eine „Untergrenze“ in Höhe des Nennwerts zuzüglich aufgelaufener Zinsen bildet (d. h., der an den Inhaber zurückgezahlte Betrag darf nicht unter dem Nennwert der Anleihe liegen), würde dieser Tilgungsbetrag wahrscheinlich nicht gezahlte Tilgungs- und Zinsbeträge darstellen.

Anlagen in offene Geldmarkt- oder Schuldenfonds

Frage 38Könnte ein Unternehmen ein Investment in von einem offe-nen Geldmarkt- oder Rentenfonds begebene Anteile zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value bewerten?

ZusätzlicheInformationenBei einem offenen Fonds werden nach Auflegung des Fonds neue Anleger aufgenommen und bestehende Anleger können jederzeit aus dem Fonds aussteigen. Der Preis, zu dem Neuanleger in den Fonds einsteigen oder bestehende Anleger aussteigen, richtet sich gewöhnlich nach dem Fair Value des Fondsvermögens.

AnalyseAngesichts dieser Tatsache würde es sich bei der Anlagerendite wahrscheinlich nicht ausschließlich um Tilgungs- und Zinszahlun-gen handeln.

Darüber hinaus kämen solche Investments in der Regel nicht für eine erfolgsneutrale Bewertung zum Fair Value infrage, da sie aus Sicht des Fonds (d. h. des Emittenten) normalerweise nicht der

Definition eines Eigenkapitalinstruments entsprechen und folglich erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten sind. Eigenkapital-instrumente, die in die Kategorie „erfolgsneutral zum Fair Value bewertet“ eingestuft werden können oder nicht, werden in den Fragen 48 bis 50 behandelt.

10.9 Nachrangigkeit sowie Darlehen ohne und mit Rückgriffsrechten (non-recourse loans und full-recourse loans)

Klassische Nachrangigkeitsklauseln

Frage 39Würde das Vorhandensein einer klassischen Nachrangig-keitsklausel dazu führen, dass ein finanzieller Vermögens-wert die Zahlungsstrombedingungen nicht erfüllt?

AnalyseBei fast jeder Kredittransaktion wird das Instrument des Gläubi-gers im Verhältnis zu den Instrumenten der anderen Gläubiger des Schuldners eingestuft. Ein Instrument, das anderen Instru-menten nachgeordnet ist, kann so betrachtet werden, als ob es über vertragliche Cashflows verfügte, die Tilgungs­ und Zinszah-lungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag darstellen, wenn der Zahlungsausfall des Schuldners nur bei einer Vertragsverletzung eintritt und der Inhaber auch im Fall der Insolvenz des Schuldners einen vertraglichen Anspruch auf die nicht gezahlten Tilgungs- und Zinsbeträge auf den ausstehenden Kapitalbetrag hat.

Zum Beispiel würde eine Forderung aus Lieferungen und Leistun-gen, deren Gläubiger als allgemeiner Gläubiger eingestuft ist, so betrachtet, als ob sie über Tilgungs- und Zinszahlungen auf den ausstehenden Kapitalbetrag verfügte. Dies ist auch dann der Fall, wenn der Schuldner besicherte Kreditinstrumente ausgegeben hat, die ihren Inhabern gegenüber dem allgemeinen Gläubiger im Insolvenzfall vorrangige Ansprüche auf die Sicherheiten einräu-men, jedoch den vertraglichen Anspruch des allgemeinen Gläubi-gers auf die ausstehenden Tilgungs- und sonstigen Zahlungen nicht beeinträchtigen.

69EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Darlehen ohne Rückgriffsrechte (non-recourseloans)

Frage 40Würden Kredite für Projektfinanzierungen die Voraussetzun-gen für eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungs-kosten erfüllen?

AnalyseDer Kreditgeber sollte die Vorschriften für non-recourse loans aus IFRS 9 anwenden und die zugrunde liegenden Vermögenswerte oder Cashflows analysieren. Für Projektfinanzierungen bereitge-stellte Kredite können an den Erfolg eines Projekts geknüpft sein. Wird zum Beispiel ein Kredit für den Bau und die Instandhaltung einer mautpflichtigen Straße gewährt, bei dem die Cashflow­Zah-lungen an den Kreditgeber verringert oder eingestellt werden, wenn weniger als eine bestimmte Anzahl von Fahrzeugen diese Straße benutzen, dann wird dieser Kredit die Zahlungsstrom-bedingungen nicht erfüllen.

Gleichermaßen dürfte ein Kredit, bei dem die Cashflows vom Er-folg eines bestimmten zugrunde liegenden Geschäfts abhängig sind, diese Überprüfung nicht bestehen. In anderen Fällen, in de-nen nicht auf ein spezielles Geschäft Bezug genommen wird und ausreichend verlustausgleichendes Kapital in dem Projekt vor-handen ist, dürfte eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaf-fungskosten durchaus sachgerecht sein.

Frage 41Würde ein an eine Zweckgesellschaft gewährter Kredit, mit dem der Erwerb anderer Vermögenswerte finanziert werden soll, die Zahlungsstrombedingungen erfüllen?

AnalyseOb ein Kredit, der an eine Zweckgesellschaft gewährt wurde und mit dem der Erwerb anderer Vermögenswerte finanziert werden soll, die Voraussetzungen für eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten erfüllt, richtet sich bei jeder Vereinbarung nach den jeweiligen Gegebenheiten.

Wenn die Zweckgesellschaft den Kredit beispielsweise dazu ver-wendet, Anlagen in Vermögenswerte zu finanzieren, welche die Zahlungsstrombedingungen selbst nicht erfüllen, z. B. Eigenkapi-taltitel oder nichtfinanzielle Vermögenswerte, und der Kredit die einzige Finanzierungsquelle für die Zweckgesellschaft darstellt, sodass damit sämtliche Verluste aus den zugrunde liegenden Ver-mögenswerten der Zweckgesellschaft aufgefangen werden, so würde der Kredit die Voraussetzungen wahrscheinlich nicht erfüllen.

Bei diesem Szenario ist es irrelevant, ob die Kreditbedingungen kein Rückgriffsrecht (non-recourse) oder ein volles Rückgriffs-recht (full-recourse) vorsehen, da die Zweckgesellschaft nur in begrenztem Umfang über weitere Vermögenswerte verfügt. Wenn die Kreditbedingungen ein volles Rückgriffsrecht vorsähen und die Zweckgesellschaft ausreichend Eigenkapital hätte, um Verluste aus ihren Anlagen aufzufangen, könnte der Kredit die Voraus-setzungen für eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungs-kosten erfüllen.

Wenn darüber hinaus alle Vermögenswerte Schuldinstrumente wären, die die Voraussetzungen für eine Bilanzierung zu fort-geführten Anschaffungskosten selbst erfüllen würden, könnte der Kredit an die Zweckgesellschaft diese Kriterien auch erfüllen.

Würde der Kreditgeber die Zweckgesellschaft konsolidieren, wäre die Frage weniger relevant, da der Kredit an die Zweckgesellschaft im Konzernabschluss des Kreditgebers eliminiert würde.

10.10 Vertraglich verknüpfte Instrumente

Die Auswirkungen von Bonitätsverbesserungen auf die Analyse der vertraglich verknüpften Instrumente

Frage 42Welche Auswirkungen ergäben sich für die Analyse der vertraglich verknüpften Instrumente, wenn die Zweck-gesellschaft ihre Bonität durch den Kauf eines Credit Default Swaps verbesserte?

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70 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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AnalyseBei erworbenen Credit Default Swaps (CDS) würde grundsätzlich unterstellt, dass sie das Risiko des zugrunde liegenden Bestands an Finanzinstrumenten verringern, vorausgesetzt dass auch in Ver-bindung mit den zugrunde liegenden Finanzinstrumenten die Cashflows ausschließlich Tilgungs­ und Zinszahlungen darstellen. Dies gilt unter der Voraussetzung, dass das Derivat lediglich den durch den Ausfall der Tilgungs- und Zinszahlungen entstandenen Verlust ausgleicht und nicht den Verlust, der beispielsweise durch Änderungen des Fair Value des Instruments entsteht.

Es könnte schwierig sein, diese Voraussetzungen zu erfüllen, da die meisten CDS zum Nennwert zurückgezahlt werden, der nicht dem Kapitalbetrag entsprechen wird, wenn die Vermögenswerte mit einem Agio oder Disagio erworben wurden.

In der Praxis enthalten die Strukturen der Zweckgesellschaften jedoch eher geschriebene als erworbene CDS, für die nicht ange-nommen wird, dass sie das Kreditrisiko des zugrunde liegenden Bestands verringern. Siehe auch die Antwort auf Frage 43.

Investments in besicherte Schuldverpflichtungen (collateraliseddebtobligations; CDOs)

Frage 43Wie wären Anlagen in CDOs nach IFRS 9 zu bilanzieren?

AnalyseEs ist wichtig, zwischen Cash-CDOs (bei denen die Zweckgesell-schaft die zugrunde liegenden Referenzvermögenswerte hält) und synthetischen CDOs (bei denen das Referenzrisiko durch ein Derivat abgesichert wird) zu unterscheiden. Die Bilanzierung von Investments in Cash-CDOs zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value kann zulässig sein, wenn die zugrunde liegenden Vermögenswerte die Voraussetzungen hier-für erfüllen und dies in Einklang mit den weiteren Vorschriften des IFRS 9 steht. Ein Investment in eine synthetische CDO würde diese Voraussetzungen nicht erfüllen, da die Derivate auf das Referenzportfolio die Variabilität der Cashflows aus den im Bestand enthaltenen Vermögenswerten nicht reduzieren würden bzw. nicht

bewirken würden, dass die Cashflows auf die nach IFRS 9 zuläs-sige Weise angepasst werden (siehe die Antwort auf Frage 42).

Aus praktischer Sicht kann es für den Inhaber schwierig sein, die Analyse durchzuführen, wenn nicht alle zugrunde liegenden Refe-renzvermögenswerte der CDO zum Zeitpunkt des Investments in die CDO erworben wurden. Infolgedessen könnte der Inhaber nicht in der Lage sein zu beurteilen, ob alle zugrunde liegenden Referenzvermögenswerte der CDO die Kriterien für eine Bewer-tung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value erfüllen würden. In diesem Fall wird der Inhaber u. a. die beabsichtigte Verwendung der CDO sowie das Anlagemandat des Verwalters der CDO in Betracht ziehen müssen, bevor er fest-legt, ob eine Bewertung des Investments zu fortgeführten An-schaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value zulässig ist.

Zwangsvollstreckung der Sicherheiten einer CDO und die Auswirkung auf die Klassifizierung einer Tranche

Frage 44Wie würde die Zwangsvollstreckung von Sicherheiten (in der nachfolgend beschriebenen Situation) die Klassifizierung eines Investments in eine CDO-Tranche beeinflussen, die an-dernfalls zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgs-neutral zum Fair Value bewertet würde?

AnalyseDer zugrunde liegende Bestand an Instrumenten einer CDO darf ausschließlich Vermögenswerte umfassen, die die Voraussetzungen für eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value erfüllen. Werden jedoch Sicherheiten zwangsvollstreckt, weil der Kreditnehmer seinen Zahlungsver-pflichtungen in Bezug auf einen Vermögenswert in der CDO nicht nachgekommen ist, dürfen auch Immobilien- oder Eigenkapitaltitel in den Bestand aufgenommen werden. Die Zwangsvollstreckung der Sicherheiten kann dazu führen, dass der ursprüngliche abge-sicherte Vermögenswert ausgebucht und der Immobilien- bzw. Eigenkapitaltitel als neuer Vermögenswert durch den Emittenten der CDO erfasst wird. Der Immobilien- bzw. Eigenkapitaltitel kann anschließend nach Ermessen des Vermögensverwalters der CDO veräußert werden.

71EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Zu beachten ist, dass IFRS 9.B4.1.26 ausdrücklich festlegt, dass die Tranche erfolgswirksam zum Fair Value zu bewerten ist, wenn sich der zugrunde liegende Bestand an Instrumenten nach dem erstmaligen Ansatz auf eine Weise verändern kann, dass er der Analyse der vertraglich verknüpften Instrumente möglicherweise nicht standhält.

Wenn der zugrunde liegende Bestand jedoch Instrumente umfasst, die durch Vermögenswerte besichert sind, welche die vorstehend genannten Kriterien nicht erfüllen, sollte die Möglichkeit der In-besitznahme dieser Vermögenswerte zum Zwecke der Überprüfung der Zahlungsstrombedingungen eines vertraglich verknüpften Instruments außer Acht gelassen werden, es sei denn, das Unter-nehmen erwarb die Tranche mit der Absicht, die Verfügungsgewalt über die Sicherheiten zu erlangen.

CDO mit einer einzelnen Tranche

Frage 45Würde ein Investment in eine CDO mit einer einzelnen Tranche die Voraussetzungen für eine Bilanzierung zu fort-geführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value erfüllen?

AnalyseDie Analyse der vertraglich verknüpften Instrumente bezieht sich auf „mehrere vertraglich verknüpfte Instrumente, die eine Kon-zentration von Kreditrisiken bilden (Tranchen)”.59 Darüber hinaus wird in der Grundlage für Schlussfolgerungen auf Wasserfallstruk-turen mit mehreren Tranchen und nicht auf eine Struktur mit einer einzigen Tranche verwiesen.60 Investitionen in Verbriefungen mit einer einzigen Tranche würden im Rahmen dieser Analyse folglich nicht beurteilt.

Allerdings dürften in solchen Fällen die Non-recourse-Vorschrif-ten des IFRS 9 Anwendung finden, die eine Analyse der zugrunde liegenden Vermögenswerte erfordern, um zu bestimmen, ob es sich bei den Cashflows aus der Tranche ausschließlich um Tilgungs­ und Zinszahlungen handelt, die lediglich das Entgelt für den Zeit-wert des Geldes und das Kreditrisiko darstellen.

Bestimmung des mit der Tranche verbundenen Kreditrisikos

Frage 46Wie sollen Unternehmen bestimmen, ob das mit der Tranche verbundene Kreditrisiko niedriger oder höher ist als das Kreditrisiko des zugrunde liegenden Bestands an Finanzinstrumenten?

AnalyseIFRS 9 schreibt keine Methode vor, anhand derer das Kreditrisiko der vom jeweiligen Unternehmen gehaltenen Tranche mit dem des zugrunde liegenden Bestands an Finanzinstrumenten zu ver-gleichen ist. In einigen Fällen kann gegebenenfalls das Bonitäts-rating der Tranche mit demjenigen des zugrunde liegenden Be-stands an Finanzinstrumenten verglichen werden, sofern alle Finanzinstrumente mit einem Rating versehen sind. Auch dürfte sich im Hinblick auf die vorrangigen (senior) und nachrangigen (junior) Tranchen mittels einer einfachen Analyse feststellen las-sen, ob die Tranche mit einem geringeren oder einem höheren Risiko behaftet ist als die zugrunde liegenden Vermögenswerte.

In anderen Fällen, in denen komplexe Verbriefungsstrukturen vor-liegen, kann es allerdings notwendig sein, eine detaillierte Beurtei-lung vorzunehmen. Ein Beispiel dafür findet sich nachstehend. Die Analyse würde die Entwicklung verschiedener Kreditausfallszena-rien für den zugrunde liegenden Bestand an Finanzinstrumenten, die Berechnung der wahrscheinlichkeitsgewichteten Ergebnisse dieser Szenarien, die Feststellung der wahrscheinlichkeitsgewich-teten Auswirkungen auf die gehaltene Tranche sowie einen Ver-gleich der relativen Variabilität der gehaltenen Tranche mit jener der zugrunde liegenden Vermögenswerte beinhalten.

59 Vgl. IFRS 9.B4.1.20. 60 Vgl. IFRS 9.BC4.26.

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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72 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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Beispiel:BeurteilungdesKreditrisikos

Bank A ist der Sponsor eines Verbriefungsvehikels (die Zweckgesellschaft) und hält die von der Zweckgesellschaft begebenen nach-rangigen Schuldtitel („Junior Notes“). Die Vermögenswerte der Zweckgesellschaft bestehen aus einem Portfolio von Privathypotheken, die Bank A der Zweckgesellschaft gewährt und ihr übertragen hat. Die Zweckgesellschaft hält keine Derivate. Eine Reihe anderer Banken investiert in die Mezzanine-, Senior- und Super-Senior-Tranchen der von der Zweckgesellschaft begebenen Schuldtitel. Keine der Banken unterhält weiter gehende Beziehungen zur Zweckgesellschaft und alle Banken haben bestimmt, dass die Zweckgesellschaft nicht in den jeweiligen Abschlüssen der Banken konsolidiert werden sollte. Der gesamte Nennwert des Hypothekenbestands und der begebenen Schuldtitel beläuft sich auf EUR 1.000.*

In der folgenden Übersicht sind verschiedene Kreditausfallszenarien, die im Hinblick auf das Hypothekenportfolio zum Zeitpunkt der Auflage erwartet werden, sowie die geschätzten Eintrittswahrscheinlichkeiten dieser Szenarien dargestellt:

Ausfallverlust Geschätzte

Eintrittswahrscheinlichkeit

vonKreditausfällen

Geschätzter

gewichteterdurchschnittlicher

Ausfallverlust

EUR % EUR

Szenario I 40 10 4

Szenario II 70 25 18

Szenario III 110 30 33

Szenario IV 180 25 45

Szenario V 230 10 23

GewichtetedurchschnittlicheAusfallerwartung 123

* Dieses Beispiel geht nicht auf das Szenario der Nichtkonsolidierung der Zweckgesellschaft ein und sollte nicht zur Beurteilung der Beherrschung in einem ähnlichen Sachverhalt herangezogen werden.

73EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Beispiel:BeurteilungdesKreditrisikosFortsetzung

Die wahrscheinlichkeitsgewichtete erwartete Ausfallquote der zugrunde liegenden Vermögenswerte beträgt somit 12,3 %.

Die folgende Übersicht zeigt, wie ein Unternehmen das mit der Tranche verbundene Kreditrisiko mit dem des zugrunde liegenden Bestands an Finanzinstrumenten vergleichen kann:

Tranche Super

Senior

Senior1 Senior2 Mezzanine Junior Summe

NennwertinEUR(A) 630 150 100 40 80 1.000

Wahrscheinlichkeit Wahrscheinlichkeitsgewichtete erwartete Ausfälle der Tranchen**

Szenario I 10 % – – – – 4 4

Szenario II 25 % – – – – 18 18

Szenario III 30 % – – – 9 24 33

Szenario IV 25 % – – 15 10 20 45

Szenario V 10 % – 1 10 4 8 23

Erwartete Ausfälle je Tranche (B) – 1 25 23 74 123

Erwartete Ausfallquote je Tranche

(B)/(A)0,0 0,01 25,0 57,5 92,5 12,3

Ist das Kreditrisiko der Tranche

niedriger als dasjenige der zugrunde

liegenden Vermögenswerte?

Ja Ja Nein Nein Nein –

Tranche erfüllt die

ZahlungsstrombedingungenJa Ja Nein Nein Nein –

** In jedem Szenario werden die erwarteten Ausfälle zunächst den Junior-Tranchen und danach den jeweils vorrangigeren Senior-Tranchen zugeordnet, bis alle erwarteten Ausfälle verteilt sind. Beispielsweise würde der Ausfall in Höhe von EUR 180 in Szenario IV auf die Junior-Tranche (EUR 80), die Mezzanine-Tranche (EUR 40) und die Senior-2-Tranche (EUR 60) verteilt. Die gewichtete Wahrscheinlichkeit von 25 % für Szenario IV wird dann auf die den einzelnen Tranchen zugeordneten erwarteten Ausfallverluste angewendet.

Die in Bezug auf die Junior Notes erwarteten Ausfälle sind prozentual höher als die gesamten erwarteten Ausfälle aus dem zugrunde liegenden Bestand. Daher müssen diese Schuldtitel erfolgswirksam zum Fair Value bewertet werden. Auch für die Mezzanine und die Senior 2 Notes werden im Vergleich zum zugrunde liegenden Bestand höhere Ausfallverluste erwartet, sodass sie die Zahlungsstrom-bedingungen nicht erfüllen würden.

Die im Hinblick auf die Senior Notes und die Super Senior Notes erwarteten Ausfallverluste sind niedriger als die für den zugrunde liegen-den Bestand an Instrumenten erwarteten Ausfälle. Eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value dürfte daher möglich sein, vorausgesetzt dies steht in Einklang mit den weiteren Vorschriften des IFRS 9 und die Instrumente werden nicht zu Handelszwecken gehalten.

Im vorliegenden Beispiel hätte man eventuell auch ohne numerische Berechnung der Junior- und Super-Senior-Tranchen zu dieser Schlussfolgerung gelangen können. Diese Methode ist jedoch hilfreich, um zu bestimmen, wie die Mezzanine Notes zu bilanzieren sind. In der Praxis kann es außerdem notwendig sein, Ermessensentscheidungen in Form qualitativer Beurteilungen bestimmter Fakten und Umstände zu treffen.

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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74 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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61 Vgl. IFRS 9.4.1.5 und 4.2.2. 62 Vgl. IFRS 9.BC5.21.

10.11 Option zur Einstufung in die Kategorien FVTPL und FVOCI

EinstufungeinesfinanziellenVermögenswertsals„erfolgswirksamzumFairValue“bewertet

Anwendung der Fair-Value-Option auf einen Teil eines Finanzinstruments

Frage 47Kann die Fair-Value-Option auf einen Teil eines finanziellen Vermögenswerts oder einer finanziellen Verbindlichkeit angewendet werden, z. B. auf Änderungen des Fair Value eines Schuldinstruments, die einem anderen Risiko als dem Kreditrisiko zuzurechnen sind, z. B. Änderungen eines Referenzzinssatzes?

AnalyseDie Fair-Value-Option kann nicht auf einen Teil oder eine Kompo-nente eines finanziellen Vermögenswerts oder einer finanziellen Verbindlichkeit angewendet werden, z. B. auf Änderungen des Fair Value eines Schuldinstruments, die einem anderen Risiko als dem Kreditrisiko zuzurechnen sind, z. B. Änderungen eines Refe-renzzinssatzes, da im Standard explizit von „einem finanziellen Ver-mögenswert“ und „einer finanziellen Verbindlichkeit“ die Rede ist.61 Darüber hinaus kann die Fair-Value-Option nicht auf einen Teil eines Finanzinstruments angewendet werden.

Wenn ein Unternehmen allerdings gleichzeitig zwei oder mehrere identische Finanzinstrumente ausgibt, ist es dem Unternehmen nicht untersagt, für nur einen Teil dieser Instrumente die Fair-Value- Option auszuüben (z. B. wenn dadurch Rechnungslegungsano-malien erheblich verringert werden). Emittiert ein Unternehmen beispielweise eine Anleihe in Höhe von insgesamt USD 100 Mio. in Form von 100 Zertifikaten zu je USD 1 Mio., könnte es für zehn Zertifikate die Fair­Value­Option ausüben, sofern die in Abschnitt 6 dargestellten Kriterien erfüllt sind.

EinstufungvonnichtderivativenEigenkapitalinstrumenten als„erfolgsneutralzumFairValuebewertet“

Klassifizierung kündbarer Finanzinstrumente

Frage 48Erfüllen kündbare Instrumente, die vom Emittenten gemäß der Ausnahmeregelung in IAS 32 als Eigenkapitalinstru-mente eingestuft werden, die Voraussetzungen, um durch den Inhaber der Kategorie „erfolgsneutral zum Fair Value bewertet“ zugeordnet zu werden?

AnalyseBestimmte kündbare Instrumente werden vom Emittenten in Übereinstimmung mit IAS 32 als Eigenkapitalinstrumente klassifi-ziert. Dies ist aufgrund einer Ausnahmeregelung zur allgemei-nen Definition von finanziellen Verbindlichkeiten und Eigenkapital­instrumenten möglich. Tatsächlich erfüllen diese Instrumente aber nicht die Definition eines Eigenkapitalinstruments im Sinne von IAS 32.62 Sie dürfen daher nicht in die FVOCI-Kategorie ein-gestuft werden.

In IFRS 9, Anhang A wird auf die Definition eines „Eigenkapital­instruments“ in IAS 32 verwiesen. Von dieser Definition sind künd-bare Instrumente ausgeschlossen, da sie der Definition finanziel-ler Verbindlichkeiten entsprechen. Die Änderungen an IAS 32 in Bezug auf kündbare Instrumente gestatten dem Emittenten zwar die Klassifizierung bestimmter kündbarer Instrumente durch den Inhaber als Eigenkapitalinstrumente, die Definition eines Eigen-kapitalinstruments bleibt jedoch unverändert.

75EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Klassifizierung kündbarer Tier-1-Schuldinstrumente ohne Laufzeitbegrenzung

Frage 49Kann ein kündbares Tier-1-Schuldinstrument ohne Laufzeit-begrenzung vom Inhaber in die FVOCI-Kategorie (für Eigen-kapitalinstrumente) eingestuft werden?

AnalyseEin solches Instrument kann in die FVOCI-Kategorie (für Eigen-kapitalinstrumente) eingestuft werden, wenn es aus Sicht des Emittenten der Definition eines „Eigenkapitalinstruments“ entspricht.

Als Beispiel sei Unternehmen A angenommen, das in ein kündbares Tier-1-Schuldinstrument ohne Laufzeitbegrenzung investiert, das nach Ermessen des Emittenten (Unternehmen B) zurückgekauft werden kann. Das Instrument ist mit einem festen Zinssatz aus-gestattet, der ausgesetzt wird, wenn Unternehmen B den Inhabern seiner Stammaktien keine Dividende zahlt. Wird der Zinskupon nicht ausgezahlt, laufen dadurch keine zusätzlichen Zinsen auf.

Das Instrument hat kein Fälligkeitsdatum. Der Zinskupon erhöht sich jedoch 20 Jahre nach Emission des Instruments und Unter-nehmen B hat das Recht, das Instrument nach diesem Zeitpunkt zu seinem Nennwert zuzüglich der nicht gezahlten Zinsen zurück-zuerwerben. Nach IFRS 9 wäre die Bilanzierung eines solchen Instruments zu fortgeführten Anschaffungskosten durch den In haber nicht zulässig. Da das Instrument aus Sicht des Emittenten der Definition eines Eigenkapitalinstruments in Übereinstimmung mit IAS 32 entspricht und Unternehmen B vertraglich nicht ver-pflichtet ist, das Instrument in Zahlungsmitteln zu begleichen, ist es möglich, das Instrument – sofern es nicht zu Handelszwecken gehalten wird – in die FVOCI-Kategorie (für Eigenkapitalinstru-mente) einzustufen.

Eigenkapitalderivate

Frage 50Erfüllen Eigenkapitalderivate (z. B. Options- oder Bezugs-rechte), die aus Sicht des Emittenten die Definition eines Eigenkapitalinstruments erfüllen, die Voraussetzungen für eine erfolgsneutrale Bewertung zum Fair Value durch den Inhaber?

AnalyseEigenkapitalinstrumente, die zu Handelszwecken gehalten werden, dürfen nach IFRS 9 nicht in die FVOCI-Kategorie eingestuft wer-den. IFRS 9, Anhang A enthält eine Definition von „zu Handels-zwecken gehalten“, die mit der Definition in IAS 39 identisch ist. Da sämtliche Derivate als zu Handelszwecken gehalten behandelt werden müssen, sind Eigenkapitalderivate als zu Handelszwecken gehaltene Finanzinstrumente zu betrachten und kommen somit nach IFRS 9 nicht für eine Einstufung in die FVOCI-Kategorie infrage.

Angaben gemäß IFRS 7 zu Posten, die erfolgsneutral zum Fair Value bewertet werden

Frage 51Gemäß der an IFRS 7 vorgenommenen Folgeänderung ist zum Bilanzstichtag der Fair Value jeder Finanzinvestition in Eigenkapitalinstrumente der FVOCI-Kategorie anzugeben. Müssen Unternehmen diese Angaben tatsächlich für jedes einzelne Instrument machen?

AnalyseDer Standard legt eindeutig fest, dass diese Angaben für jede ein-zelne Finanzinvestition zu machen sind, die wesentlich ist. IFRS 7 Finanzinstrumente: Angaben, Tz. 11A schreibt vor, dass ein Unter-nehmen, wenn es Finanzinvestitionen in Eigenkapitalinstrumente als erfolgsneutral zum Fair Value zu bewerten eingestuft hat, diese Finanzinvestitionen zu identifizieren und neben anderen Infor-mationen den Fair Value jeder dieser Finanzinvestitionen zum Ende der Berichtsperiode anzugeben hat.

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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76 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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Die Angabevorschrift ist für ein Unternehmen dann aufwendig, wenn es von seinem Wahlrecht, Finanzinstrumente erfolgsneutral zum Fair Value zu bewerten, häufig Gebrauch macht. Hieraus könnte sich ein negativer Anreiz zur Anwendung der Vorschrift ergeben, weshalb die Unternehmen bei der Wahl der gemäß dem Standard zur Verfügung stehenden Alternativen sorgfältig abwägen müssen. Des Weiteren stellt sich die Frage, ob es erfor-derlich ist, detaillierte Angaben zu machen, wenn jedes Instrument für sich genommen unwesentlich ist. Unserer Meinung nach wäre das Konzept der Wesentlichkeit anzuwenden, wonach die vor-geschriebenen Angaben für diejenigen Finanzinvestitionen, die für sich genommen wesentlich sind, einzeln darzustellen sind und es ausreichend ist, für unwesentliche Posten zusammengefasste Angaben zu machen.

EinstufungeinerfinanziellenVerbindlichkeitals„erfolgswirksamzumFairValue“bewertet

Eigenes Kreditrisiko von finanziellen Verbindlichkeiten der FVTPL-Kategorie

Frage 52Wie sind Gewinne und Verluste, die auf Änderungen des eigenen Kreditrisikos des Unternehmens zurückzuführen sind, zu bewerten?

AnalyseSofern nicht mittels einer alternativen Methode genauer bestimmt werden kann, wie sich der Fair Value einer finanziellen Verbind-lichkeit durch das Kreditrisiko ändert, ist dieser Betrag als der Betrag der Änderung des Fair Value der Verbindlichkeit zu ermit-teln, der nicht auf Veränderungen der Marktbedingungen, die zu Marktrisiken führen, zurückzuführen ist. Zu den Änderungen der Marktbedingungen, die das Marktrisiko beeinflussen, gehören Änderungen eines Referenzzinssatzes, des Preises eines Finanz-instruments eines anderen Unternehmens, eines Rohstoffpreises, Wechselkurses oder Preis- oder Zinsindex. Der folgende Auszug aus IFRS 9 beschreibt eine mögliche Methode:

AuszugausIFRS9

(IFRS9.B5.7.18)Bestehen die einzigen wesentlichen relevanten Änderungen der Marktbedingungen bei einer finanziellen Verbindlichkeit in Ände-rungen eines beobachtbaren (Referenz-)Zinssatzes, kann der im sonstigen Ergebnis zu erfassende Betrag wie folgt ermittelt werden:

a) Zunächst wird anhand des Fair Value sowie der vertraglichen Cashflows zu Beginn der Berichtsperiode die interne Verzinsung der Verbindlichkeit berechnet. Von dieser Verzinsung wird der beobachtbare (Referenz-)Zinssatz zu Beginn der Berichtsperiode abgezogen, um den instrumentenspezifischen Bestandteil der internen Verzinsung zu ermitteln.

b) Als Nächstes wird der Barwert der mit der Verbindlichkeit ver-bundenen Cashflows berechnet; zu diesem Zweck werden die vertraglichen Cashflows der Verbindlichkeit am Ende der Berichtsperiode sowie ein Abzinsungssatz herangezogen, der der Summe aus dem beobachtbaren (Referenz-)Zinssatz am Ende der Berichtsperiode und dem unter a) ermittelten instru-mentenspezifischen Bestandteil der internen Verzinsung zu Beginn der Berichtsperiode entspricht.

c) Die Differenz zwischen dem Fair Value der Verbindlichkeit am Ende der Berichtsperiode und dem unter b) ermittelten Betrag entspricht der Änderung des Fair Value, die nicht auf Änderun-gen des beobachtbaren (Referenz-)Zinssatzes zurückzuführen ist. Dieser Betrag ist im sonstigen Ergebnis zu erfassen.

77EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9 |

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Diese Methode beruht auf der Annahme, dass Änderungen des Fair Value, die nicht auf ein geändertes Kreditrisiko des Finanzin-struments oder auf Änderungen des beobachtbaren (Referenz-)Zinssatzes zurückzuführen sind, nicht wesentlich sind. Die Anwen-dung dieser Methode wäre jedoch nicht angemessen, wenn Ände-rungen des Fair Value, die auf andere Faktoren zurückzuführen sind, wesentlich sind. In solchen Fällen sollte eine alternative Methode verwendet werden, mit der die Auswirkungen von Ände-rungen des mit der Verbindlichkeit verbundenen Kreditrisikos genauer ermittelt werden können. Wenn das Finanzinstrument im vorstehenden Beispiel ein eingebettetes Derivat enthalten würde, müsste die Änderung des Fair Value dieses eingebetteten Derivats bei der Ermittlung des im sonstigen Ergebnis darzustellenden Betrags unberücksichtigt bleiben.

Der nach der oben beschriebenen Methode ermittelte Betrag enthält alle Änderungen des von Marktteilnehmern berechneten Liquiditätsspreads, da diese Änderungen nicht „auf solche Ände-rungen der Marktbedingungen zurückzuführen sind, die das Markt-risiko beeinflussen“.63 Diese Lösung wird in der Praxis angewen-det, da die Auswirkungen eines Liquiditätsspreads in der Regel nicht von den Auswirkungen des Kreditspreads getrennt werden können.

Wie bei allen Schätzungen des Fair Value sollten bei der Bewertungs-methode zur Bestimmung des Anteils der Fair-Value-Änderungen der Verbindlichkeit, die dem Kreditrisiko der Verbindlichkeit zuzu-rechnen sind, möglichst viele Marktdaten verwendet werden. Folgendes Beispiel veranschaulicht diese Methode:

63 Vgl. IFRS 9.B5.7.16(a).

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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78 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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64 Das Beispiel basiert auf IFRS 9 IE 1–5.

Beispiel:BestimmungdesAnteilsderFair-Value-ÄnderungeinesFinanzinstruments, diedemeigenemKreditrisikozuzurechnenist64

Am 1. Januar 2014 emittiert Unternehmen J eine Anleihe mit einer Laufzeit von 10 Jahren, einem Nennwert von EUR 150.000 und einem jährlichen festen Kuponzinssatz von 8 %, der dem Marktzinssatz von Anleihen mit ähnlichen Merkmalen entspricht. Unter-nehmen J verwendet den LIBOR als beobachtbaren (Referenz-)Zinssatz. Zum Emissionszeitpunkt der Anleihe beträgt der LIBOR 5 %. Zum Ende des ersten Jahres

• ist der LIBOR auf 4,75 % gefallen;

• liegt der Fair Value der Anleihe bei EUR 153.811, was einem Zinssatz von 7,6 % entspricht (d. h., werden die verbleibenden Cashflows aus der Anleihe – EUR 12.000 pro Jahr für neun Jahre und EUR 150.000 nach Ablauf von neun Jahren – mit 7,6 % abgezinst, ergibt sich ein Betrag von EUR 153.811).

Aus Vereinfachungsgründen geht Unternehmen J von einer flachen Renditekurve aus und nimmt an, dass alle Änderungen der Zinssätze aus einer parallelen Verschiebung der Renditekurve resultieren und dass die Änderungen des LIBOR die einzigen relevanten Änderungen der Marktbedingungen sind. Die Höhe der Änderung des Fair Value der Anleihe, die nicht auf Änderungen der Markt-bedingungen zurückzuführen ist, die das Marktrisiko beeinflussen, wird wie folgt ermittelt:

Schritt(a):Die interne Verzinsung der Anleihe zu Beginn der Berichtsperiode beträgt 8 %. Da der beobachtbare (Referenz-)Zinssatz (LIBOR) 5 % beträgt, liegt der instrumentenspezifische Bestandteil der internen Verzinsung bei 3 %.

Schritt(b):Die vertraglichen Cashflows aus dem Finanzinstrument betragen zum Ende der Berichtsperiode:

• Zinsen: EUR 12.000 [EUR 150.000 × 8 %] pro Jahr für jedes der Jahre von 2015 bis 2023

• Kapitalbetrag: EUR 150.000 im Jahr 2023

Der zur Berechnung des Barwerts der Anleihe zu verwendende Abzinsungssatz beträgt damit 7,75 % und entspricht der Summe aus dem LIBOR-Satz von 4,75 % zum Ende der Berichtsperiode und dem zu Beginn der Berichtsperiode ermittelten instrumentenspezifischen Bestandteil der internen Verzinsung von 3 %. Damit ergibt sich ein Barwert von nominal EUR 152.367 [EUR 12.000 × (1 – 1,07759) : 0,0775) + EUR 150.000 × 1,07759], der auf der Basis der Annahme berechnet wurde, dass sich der instrumentenspezifische Bestandteil nicht geändert hat.

Schritt(c):Der Marktpreis der Verbindlichkeit zum Ende der Berichtsperiode (der den realen instrumentenspezifischen Bestandteil zum Ende der Berichtsperiode innerhalb der Rendite von 7,6 % widerspiegelt) beträgt EUR 153.811. Deshalb sollte Unternehmen J EUR 1.444 [EUR 153.811 – EUR 152.367] als Erhöhung des Fair Value der Anleihe angeben, die nicht auf Änderungen der Markt bedingungen zurückzuführen ist, die das Marktrisiko beeinflussen.

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10.12 Reklassifizierung finanzieller Vermögenswerte

Änderung der Art und Weise, in der ein Portfolio verwaltet wird

Frage 53Bei der Überprüfung des Geschäftsmodells erfüllt die Ziel-setzung eines Unternehmens in Bezug auf ein Portfolio die Voraussetzungen für eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten. Anschließend ändert das Unternehmen jedoch die Art und Weise, in der es die Vermögenswerte verwaltet. Wie sind (i) die vorhandenen Vermögenswerte und (ii) neu erworbene Vermögenswerte zu bewerten?

ZusätzlicheInformationenDas Geschäftsmodell war ursprünglich darauf ausgerichtet, ein Portfolio zu halten, um die vertraglichen Cashflows zu verein-nahmen. Ändert das Unternehmen später die Art und Weise, in der es die Vermögenswerte verwaltet (z. B. wird mehr als eine geringe Anzahl von Verkäufen getätigt), sodass das Geschäftsmodell nicht mehr die Voraussetzungen für eine Bilanzierung zu fortgeführten Anschaffungskosten erfüllt, stellt sich die Frage, wie die vorhan-denen sowie neu erworbene Vermögenswerte zu bewerten sind.

AnalyseObwohl eine mehr als geringe Anzahl von Verkäufen stattge-funden hat, die nicht auf eine grundlegende Modifizierung des Geschäftsmodells des Unternehmens zurückzuführen ist, ist es unwahrscheinlich, dass die Umgliederungsvorschriften des Stan-dards zur Anwendung kommen. Änderungen des Geschäftsmo-dells für die Verwaltung finanzieller Vermögenswerte, die zu einer Umgliederung der finanziellen Vermögenswerte führen, müssen für die Geschäftstätigkeit des Unternehmens von Bedeutung und für externe Parteien transparent sein. Sie treten erwartungs-gemäß nur sehr selten ein.

Sofern die Vermögenswerte nicht umgegliedert werden, ist es wahrscheinlich, dass das Unternehmen das Portfolio so zu behan-deln hat, als ob es künftig zwei Geschäftsmodelle umfasste – eines für die alten und eines für die neu erworbenen Vermögenswerte.

Finanzielle Vermögenswerte, die bereits zuvor gehalten wurden, werden weiterhin zu fortgeführten Anschaffungskosten erfasst. Neu erworbene finanzielle Vermögenswerte werden erfolgswirk-sam oder erfolgsneutral zum Fair Value bewertet. Ob die Ver-mögenswerte in die FVTPL-Kategorie oder in die FVOCI-Kategorie einzustufen sind, hängt vom neuen Geschäftsmodell und von den Ausstattungsmerkmalen der Vermögenswerte ab.

Der Zeitpunkt für die Erfassung von Umgliederungen

Frage 54Ein Unternehmen ändert im Verlauf des Geschäftsjahres sein Geschäftsmodell und muss deshalb alle betroffenen finanz iellen Vermögenswerte umgliedern. Wann wird die Umgliederung erfasst?

AnalyseEine Änderung des Geschäftsmodells ist prospektiv ab dem Zeit-punkt der Umgliederung zu erfassen, der im Standard als „der erste Tag der ersten Berichtsperiode nach der Änderung des Ge-schäftsmodells eines Unternehmens“ definiert ist.

So könnte beispielsweise ein Unternehmen, dessen Berichts-periode am 31. Dezember endet, bestimmen, dass die Änderung des Geschäftsmodells im August stattfinden wird.

Wenn das Unternehmen Quartalsabschlüsse nach IFRS aufstellt und veröffentlicht, sollte es die bisherige Klassifizierung bis zum 30. September beibehalten. Zum 1. Oktober sollte es alle betrof-fenen finanziellen Vermögenswerte umgliedern und die neue Klassifizierung ab diesem Zeitpunkt prospektiv anwenden. Stellt das Unternehmen jedoch nur einen Jahresabschluss auf, hat es alle betroffenen finanziellen Vermögenswerte umzugliedern und die neue Klassifizierung ab dem 1. Januar des folgenden Jahres anzuwenden.

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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80 | EY Klassifizierung von Finanzinstrumenten nach IFRS 9

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65 Vgl. IFRS 9 BC4.117. 66 Vgl. IFRS 9.7.2.15.

Änderungen der Merkmale eines finanziellen Vermögenswerts

Frage 55Ist eine Umgliederung zulässig oder vorgeschrieben, wenn sich die Ausstattungsmerkmale eines finanziellen Ver-mögenswerts ändern, z. B. wenn das Wandlungsrecht einer Wandelanleihe verfällt? Lautet die Antwort anders, wenn die Wandelanleihe in Aktien des Emittenten getauscht wird?

AnalyseUmgliederungen sind weder zulässig noch vorgeschrieben, wenn sich die Merkmale eines finanziellen Vermögenswerts während dessen Laufzeit basierend auf den ursprünglichen Vertragsbedin-gungen ändern. Anders als bei einer Änderung des Geschäfts-modells sind die vertraglichen Bedingungen eines finanziellen Ver-mögenswerts zum Zeitpunkt des erstmaligen Ansatzes bekannt und ein Unternehmen klassifiziert den finanziellen Vermögenswert bei dessen erstmaligem Ansatz auf der Grundlage der vertraglichen Bedingungen über die Laufzeit des Instruments.65

Daher sind Umgliederungen weder zulässig noch vorgeschrieben, wenn beispielsweise das Wandlungsrecht einer Wandelanleihe verfällt. Wird eine Wandelanleihe jedoch in Aktien umgewandelt, stellen die Aktien einen neuen finanziellen Vermögenswert dar, der vom Unternehmen zu erfassen ist. Das Unternehmen müsste dann die Klassifizierungskategorie für das neue Eigenkapital­instrument festlegen.

10.13 Zeitpunkt des Inkrafttretens und Übergangsbestimmungen

Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung des Standards

Frage 56Wann ist der Standard erstmals anzuwenden?

AnalyseWird IFRS 9 erstmals 2016 oder 2017 angewendet, ist der Zeit-punkt der erstmaligen Anwendung der erste Tag der Berichts-periode, in welcher der Standard erstmals angewendet wird. Bei Unternehmen, die Quartalsabschlüsse in Übereinstimmung mit IAS 34 Zwischenberichterstattung veröffentlichen, bezieht sich der Begriff „Berichtsperiode“ unseres Erachtens nicht nur auf Ge-schäftsjahre, sondern auch auf Zwischenberichtsperioden. Die betreffenden Unternehmen könnten somit den Beginn jeder Zwischenberichtsperiode als Zeitpunkt der erstmaligen Anwen-dung bestimmen.

Für Unternehmen, die IFRS 9 nicht vorzeitig anwenden, ist der Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung der Beginn des Geschäfts-jahres, das am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnt.

Auswirkungen der vorzeitigen Anwendung von IFRS 9 und der Nichtanpassung von Vergleichszahlen im Abschluss

Frage 57Ein Unternehmen, dessen Geschäftsjahr am 31. Dezember endet, beschließt, IFRS 9 erstmals am 1. Oktober 2017 anzuwenden. Welche Auswirkungen ergäben sich auf den Abschluss 2017, wenn das Unternehmen beschließen würde, die Vergleichszahlen nicht anzupassen?

AnalyseDie Überprüfung des Geschäftsmodells ist für finanzielle Vermö-genswerte, die das Unternehmen in der Bilanz erfasst hat, zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung (d. h. 1. Oktober 2017) unter Berücksichtigung der zu diesem Zeitpunkt bestehenden Ge-gebenheiten und Umstände vorzunehmen. Dabei hat das Unter-nehmen die vorgenommene Klassifizierung nach IFRS 9 rückwir-kend anzuwenden. Die Differenz zwischen den ursprünglichen und den angepassten Buchwerten ist zu Beginn des Geschäfts-jahres (in diesem Beispiel 1. Januar 2017, sofern das Unternehmen einen Jahresabschluss aufstellt) im Eröffnungssaldo der Gewinn-rücklagen zu erfassen.66

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Würde das Unternehmen die Vergleichsinformationen nicht an-passen, blieben die Vergleichszahlen für 2016 unverändert. Daher wären die bisherigen Klassifizierungskategorien nach IAS 39 (bis zur Endfälligkeit zu halten, zur Veräußerung verfügbar etc.) in der Bilanz 2017 als Vorjahreszahlen darzustellen.

Die Ergebnisse für finanzielle Vermögenswerte, die in den ersten drei Quartalen des Jahres ausgebucht wurden, würden 2017 nicht angepasst. Dies könnte verwirrend sein und Erläuterungen erforderlich machen. Diese Komplexität kann vermieden werden, indem IFRS 9 zu Beginn des Geschäftsjahres und nicht zu Beginn einer Zwischenberichtsperiode erstmals angewendet wird.

Kredite, die nach IAS 39 zuvor aus der Kategorie „zu Handelszwecken gehalten“ umgegliedert wurden

Frage 58Welche Wechselwirkung besteht zwischen IFRS 9 und den im Oktober 2008 geänderten Umgliederungsvorschriften?

ZusätzlicheInformationenZum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 hält eine Bank ein Kreditportfolio, das sie so bald wie möglich veräußern will, was aufgrund mangelnder Liquidität am Markt derzeit jedoch nicht möglich ist. Die Bank hatte die Änderungen zu IAS 39 vom Oktober 2008 angewendet und dieses Portfolio von der Kategorie „zu Handelszwecken gehalten“ in die Kategorie „Kredite und For-derungen“ umgegliedert, da sie die Absicht und Möglichkeit hatte, die Vermögenswerte auf absehbare Zeit zu halten.

AnalyseEin Unternehmen, das IFRS 9 erstmals anwendet, hat die Über-prüfung des Geschäftsmodells zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung vorzunehmen. Angesichts der Absicht des Manage-ments, die Vermögenswerte so schnell wie möglich zu veräußern, ließe sich unterstellen, dass das Portfolio in die FVTPL-Kategorie eingestuft werden sollte. Die Tatsache, dass die Bank das Portfolio aufgrund der mangelnden Marktliquidität möglicherweise auf absehbare Zeit halten muss, ist dabei irrelevant. Der Standard be-stimmt eindeutig, dass die Zielsetzung des Unternehmens darin

bestehen sollte, die Vermögenswerte zu halten, um die vertrag-lichen Cashflows zu vereinnahmen, wenn das Portfolio die Krite-rien für eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten erfüllen soll. Ein solches Portfolio würde auch die Kriterien für eine FVOCI-Bewertung nicht erfüllen, wenn das Unternehmen die Ab-sicht hat, alle finanziellen Vermögenswerte in naher Zukunft zu verkaufen.

Kredite, die von einem Geschäftsbereich gehalten werden, der veräußert werden soll

Frage 59Wie ist das Geschäftsmodell für ein Kreditportfolio, das von einem Geschäftsbereich gehalten wird, den die Bank veräußern will, zum Zeitpunkt des Übergangs auf IFRS 9 zu überprüfen?

ZusätzlicheInformationenEine international tätige Bank unterhält verschiedene Geschäfts-bereiche (im Sinne von IFRS 3 Unternehmenszusammenschlüsse), die unabhängig voneinander gesteuert werden. Vor dem Zeit-punkt der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 trifft die Bank die strategische Entscheidung, ihren Geschäftsbereich Autofinan-zierung, der Kredite vergibt, zu verkaufen. Der Zweck des Auto-finanzierungsgeschäfts besteht darin, Kredite zu halten, um die daraus resultierenden vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen. Die Bank beabsichtigt, nicht nur ihr Kreditportfolio, sondern den gesamten Geschäftsbereich einschließlich der Mitarbeiter, IT-Systeme und Gebäude zu veräußern.

AnalyseAngesichts der dargestellten Gegebenheiten gibt es keine „rich-tige“ Antwort. Es lassen sich sowohl Argumente anführen, die eine Bewertung zu fortgeführten Anschaffungskosten, als auch solche, die eine erfolgswirksame Bewertung zum Fair Value rechtfertigen.

Befürworter einer Bewertung zu fortgeführten Anschaffungs-kosten würden argumentieren, dass die Kredite zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 noch im Rahmen eines

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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Geschäftsmodells gehalten werden, das darauf ausgerichtet ist, die vertraglichen Cashflows aus diesen Krediten zu vereinnahmen, auch wenn die Bank die Absicht hat, den Geschäftsbereich in der Zukunft zu veräußern. Diese Zielsetzung gilt ungeachtet dessen, ob die Bank die Absicht hat oder in der Lage ist, den Geschäftsbereich zu veräußern. Darüber hinaus könnten einige der Kredite schon vor Verkauf des betreffenden Geschäftsbereichs in voller Höhe ge-tilgt werden. Daher wird auf der Basis der zum Zeitpunkt der erst-maligen Anwendung von IFRS 9 bestehenden Gegebenheiten und Umstände angenommen, dass die Kredite im Rahmen eines Ge-schäftsmodells gehalten werden, dessen Ziel darin besteht, die Kredite zu halten, um die vertraglichen Cashflows zu vereinnahmen.

Befürworter einer FVTPL­Klassifizierung würden dagegen anführen, dass zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 die Erwartung besteht, dass die Bank die Kredite eher verkaufen wird, statt sie zwecks Vereinnahmung der vertraglichen Cashflows weiter zu halten. Daher würden die Kredite aus der Perspektive der Bank nicht mehr im Rahmen eines Geschäftsmodells gehalten, das auf das Halten von Vermögenswerten und die Vereinnahmung der daraus resultierenden vertraglichen Cashflows ausgerichtet ist.

Aufgrund der kontroversen Ansichten und der Tatsache, dass es sich hierbei um eine der vorrangigen Fragestellungen handelt, die daraus resultiert, dass Aufsichtsbehörden und Regierungen Initiativen ergriffen haben, um Banken dazu zu verpflichten, nicht zum Kerngeschäft gehörende Geschäftsaktivitäten oder bestimmte Geschäftsbereiche abzustoßen, wären zusätzliche Leit-linien des IASB oder des IFRS Interpretations Committee zu begrüßen.

Neuverhandlung eines hybriden Instruments vor dem Übergang auf IFRS 9

Frage 60Ist es möglich, vor der Umstellung auf IFRS 9 ein hybrides Instrument als zwei separate Instrumente neu zu verhandeln, damit der Basisvertrag zu fortgeführten Anschaffungskosten bewertet werden kann?

ZusätzlicheInformationenIm folgenden Beispiel reicht ein Unternehmen einen Kredit aus, der eine Gewinnbeteiligung vorsieht. Das Unternehmen geht davon aus, das Instrument bis zur Fälligkeit zu halten. Das Instru-ment sieht neben der Tilgung des Kapitalbetrags und den Zins-erträgen einen zusätzlichen Ertrag auf der Grundlage eines Anteils am Gewinn des Kreditnehmers vor.

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AnalyseDie Vorschrift aus IAS 39, wonach eingebettete Derivate und finanzielle Vermögenswerte voneinander zu trennen waren, wurde nicht in IFRS 9 übernommen. Nach IFRS 9 wären die meisten Instrumente mit abtrennbaren eingebetteten Derivaten in ihrer Gesamtheit als erfolgswirksam mit dem Fair Value bewertet zu klassifizieren. In einigen Fällen könnte es jedoch möglich sein, das hybride Instrument vor der Umstellung auf IFRS 9 als zwei sepa-rate Instrumente neu zu verhandeln. Dabei würde ein Instrument den Kredit, also den Basisvertrag (der zu fortgeführten Anschaf-fungskosten oder erfolgsneutral zum Fair Value erfasst werden könnte), und das andere das die Gewinnbeteiligung verbriefende Derivat (welches erfolgswirksam mit dem Fair Value zu erfassen wäre) darstellen.

Dies wäre unserer Auffassung nach nur möglich, wenn die beiden Instrumente nach der Neuverhandlung im Wesentlichen separate Finanzinstrumente darstellten. Dafür würden u. a. folgende Merk-male sprechen:

i) Jedes Instrument kann liquidiert bzw. durch ein Gegengeschäft glattgestellt oder separat von dem anderen Instrument über-tragen werden. Auf diese Weise werden die wirtschaftliche Prak-tikabilität sowie die rechtliche Zulässigkeit überprüft.

ii) Es gibt keine Bestimmungen, die dazu führen, dass die Cash-flows aus einem Instrument die Cashflows aus dem anderen Instrument beeinflussen. Eine Ausnahme bilden gängige Globalverrechnungsverträge.

Für die getrennte Erfassung zweier separater Instrumente spräche insbesondere, wenn die beiden neuen Verträge zu aktuellen Markt-preisen abgeschlossen würden, sodass das alte hybride Instru-ment nach IAS 39 ausgebucht und ein Gewinn bzw. Verlust erfasst würde, wenn die beiden neuen Instrumente bei ihrem erstmaligen Ansatz zum Fair Value eingebucht würden.

Zeitpunkt der Analyse der vertraglich verknüpften Instrumente

Frage 61Zu welchem Zeitpunkt sollten für die Zwecke der Analyse von vertraglich verknüpften Instrumenten die relativen Risiken der gehaltenen Tranche und die Risiken der zugrunde liegen-den Vermögenswerte bestimmt werden?

AnalyseGemäß dem Standard ist die Klassifizierung dann vorzunehmen, wenn das Unternehmen Vertragspartei des Finanzinstruments wird.67 Die Analyse ist zu dem Zeitpunkt vorzunehmen, zu dem das Unternehmen (d. h. der Investor) das vertraglich verknüpfte Instrument erstmals erfasst hat. Es ist nicht angebracht, die Risiko-einschätzung auf der Basis der Gegebenheiten vorzunehmen, die zum Zeitpunkt der Gründung der Zweckgesellschaft oder zum Zeitpunkt der erstmaligen Anwendung von IFRS 9 vorlagen.

Die Übergangsbestimmungen in IFRS 9.7.2.4 legen fest, dass ein Unternehmen das Geschäftsmodell auf der Basis der zum Zeit-punkt der erstmaligen Anwendung bestehenden Gegebenheiten und Umstände zu überprüfen hat und dass die sich daraus erge-bende Klassifizierung rückwirkend anzuwenden ist. Diese Über-gangserleichterung erstreckt sich jedoch nicht auf die Überprüfung der Ausstattungsmerkmale des finanziellen Vermögenswerts.

67 Vgl. IFRS 9.3.1.1.

Anhang: Fragen und Antworten zur Klassifizierung von Finanzinstrumenten

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Ansprechpartner

Ihr Corporate-Treasury-Services-TeamDeutschlandProf. Dr. Steffen Kuhn Olaf Boelsems Thomas SchmidtTelefon +49 711 9881 14063 Telefon +49 40 36132 17715 Telefon +49 89 14331 [email protected] [email protected] [email protected]

SchweizRoger Disch Roger MüllerTelefon +41 58 286 4159 Telefon +41 58 286 [email protected] [email protected]

Ihre Ansprechpartner in den RegionenWestDr. Henrik Pferdehirt Dr. Christoph Berentzen Dr. Christian VethTelefon +49 211 9352 12070 Telefon +49 211 9352 16901 Telefon +49 6196 996 [email protected] [email protected] [email protected]

Bayern Mitte OstMichèle Färber Jochen Kirch Michael Bätz Telefon +49 89 14331 25558 Telefon +49 6196 996 24240 Telefon +49 36 6589 [email protected] [email protected] [email protected]

SüdwestThomas Seitter Susanne Herrmann Telefon +49 711 9881 13138 Telefon +49 711 9881 [email protected] [email protected]

Financial ServicesDeutschlandChristoph Hultsch Andreas C. Loetscher Dr. Jana WährischTelefon +49 6196 996 26833 Telefon +49 89 14331 27636 Telefon + 49 6196 996 [email protected] [email protected] [email protected]

Österreich SchweizWolfgang Tobisch Stefan SchmidTelefon +43 1 21170 1126 Telefon +41 58 286 [email protected] [email protected]

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EY-Publikationen

WertminderungfinanziellerVermögenswertenachIFRS9Diese Publikation gibt einen umfassenden Überblick über die neuen Regelungen zur Wertminderung finanzieller Vermögenswerte. Die neuen Wertminderungsvorschriften sind komplexer als bisher, und gerade in weiten Bereichen der Finanzindustrie muss mit umfassenden Umsetzungsarbeiten gerechnet werden. Aber auch bei den Corporates sind bei einigen Geschäftsmodellen aufwendige Arbeiten nötig. Daher sind eine frühe Analyse und die rechtzeitige Umsetzungsplanung wichtig.

HedgeAccountingnachIFRS9In dieser Publikation stellen wir Ihnen das neue Modell zur Bilanzierung von Siche-rungsbeziehungen vor. Durch dieses Modell soll ein besserer Zusammenhang zwischen der Risikomanagementstrategie eines Unternehmens und den Auswirkungen der Bilanzierung von Sicherungsbeziehungen auf den Abschluss des Unternehmens her-gestellt werden. Neben den möglichen Vorteilen, die sich voraussichtlich für die Unternehmen ergeben, untersuchen wir in der Publikation auch einige der wesent-lichen Herausforderungen, die durch die Neuregelungen entstehen werden.

ImFokus:DerneueStandardzurUmsatzrealisierungAls Gemeinschaftsprojekt haben IASB und FASB ein einheitliches Modell zur Erfassung von Umsatzerlösen aus Verträgen entwickelt und im Mai 2014 den finalen Standard IFRS 15 Revenue from Contracts with Customers veröffentlicht. Dieser ist verpflich-tend für Geschäftsjahre anzuwenden, die am oder nach dem 1. Januar 2017 beginnen. In diesem Rahmen ist zu beachten, dass eine frühzeitige Vorbereitung von entschei-dender Bedeutung für eine erfolgreiche Umsetzung ist. Diese Publikation enthält eine detaillierte Darstellung der Regelungen des neuen IFRS 15. Sie beinhaltet zahl-reiche Beispiele und Erläuterungen, die vom Anwendungsbereich bis zu ersten Implementierungsüberlegungen für das Fünf-Schritte-Modell reichen.

EYScout:EineSkizzedesneuenLeasingstandardsDer neue Leasingstandard, dessen Verabschiedung für das vierte Quartal 2015 erwartet wird, dürfte für viele Unternehmen erhebliche Veränderungen mit sich bringen und hat Auswirkungen, die weit über den Finanzbereich hinausgehen. Daher sollten Unternehmen sich bereits jetzt damit auseinandersetzen, welche Aus-wirkungen sich für sie ergeben werden, sodass ein Implementierungsplan für den neuen Standard erstellt werden kann. Unsere Publikation stellt die geplanten Neuregelungen auf der Basis der ver-öffentlichten Entscheidungen des IASB anhand von zahlreichen Beispielen und Erläuterungen, die vom Anwendungsbereich über Auslegungsfragen bis hin zu ersten Implementierungsüberlegungen reichen, vor.

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EY | Assurance | Tax | Transactions | Advisory

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