Klausur zur Analysis (24-AN) 2. Termin: 30. September 2015 ·...
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Prof. Dr. Moritz KaßmannFakultät für MathematikSommersemester 2015 Universität Bielefeld
Klausur zur Analysis (24-AN)
2. Termin: 30. September 2015
Aufgabe 1 (8 Punkte)(a) Formulieren Sie den Banachschen Fixpunktsatz.(b) Beweisen Sie, dass durch cos : [−1, 1]→ [−1, 1] eine Kontraktion gegeben ist.
Lösungsvorschlag:
(a) Seien (X, d) ein (nichtleerer) vollständiger metrischer Raum und ϕ : X → X eine Kontraktion. Dannbesitzt ϕ genau einen Fixpunkt, d.h. es existiert genau ein x ∈ X mit ϕ(x) = x.
(b) Seien x, y ∈ [−1, 1]. Falls x = y, so ist die Aussage trivial. Es gelte also x 6= y. Da die Funktion sin :[−π
2 ,π2
]→ [−1, 1] eine streng monoton wachsende bijektive Abbildung ist und θ = sin(1) < sin
(π2
)= 1,
existiert nach dem Mittelwertsatz ein x0 ∈ (−1, 1) derart, dass
| cos(x)− cos(y)| =∣∣∣∣cos(x)− cos(y)
x− y
∣∣∣∣ · |x− y| = | sin(x0)||x− y| ≤ sin(1)|x− y| = θ|x− y|.
Folglich ist cos : [−1, 1]→ [−1, 1] eine Kontraktion.
Aufgabe 2 (10 Punkte)Seien (X, ‖ · ‖X) und (Y, ‖ · ‖Y ) normierte Räume und D ⊂ X,D 6= ∅ und f : D → Y . Entscheiden Sie, obdie folgenden Aussagen wahr oder falsch sind. Eine Begründung ist nicht erforderlich.
(a) Wenn D offen und f stetig ist, dann ist f(D) offen.
(b) Wenn X kompakt ist, dann ist jede Cauchy-Folge in X konvergent.
(c) Wenn X kompakt ist, dann besitzt jede Cauchy-Folge in X eine konvergente Teilfolge.
(d) Wenn D abgeschlossen und beschränkt ist, dann nimmt f auf D ein globales Maximum an.
(e) Wenn D = D gilt und (xn) eine Folge in D ist, dann ist (xn) konvergent.
Lösungsvorschlag:
(a) Falsch. Seien (X, ‖ · ‖X) = (Y, ‖ · ‖Y ) = (R, ‖ · ‖), D = (−π, π) und f : D → R, f(x) = sin(x). Dann giltf(D) = [−1, 1]. Also ist f(D) nicht offen.
(b) Wahr.
(c) Wahr.
(d) Falsch. Seien (X, ‖·‖X) = (Y, ‖·‖Y ) = (R, ‖·‖) und D = [0, 1]. Dann ist D abgeschlossen und beschränkt.Sei zudem f : D → R definiert durch
f(x) =
0, falls x = 0,1x , falls x ∈ (0, 1].
Dann nimmt die Funktion f offensichtlich kein globales Maximum auf der Menge [−1, 1] an.
(e) Falsch. Seien (X, ‖ · ‖X) = (Y, ‖ · ‖Y ) = (R, ‖ · ‖) und D = [−1, 1]. Dann gilt D = D, da D eineabgeschlossene Menge ist. Die Folge xn = (−1)n ist eine Folge in D, welche nicht konvergent ist.
1
Aufgabe 3 (14 Punkte)Sei M eine nichtleere Teilmenge des Rd. Sei
A = y ∈ Rd| ∃x ∈M : ‖x− y‖ < 1 .
(a) Beweisen Sie, dass die Menge A offen ist.(b) Skizzieren Sie A und M im Fall M = [0, 1]× 0 ⊂ R2.(c) Skizzieren Sie A und M im Fall M = ∂B1(0) ⊂ R2.
Lösungsvorschlag:
(a) Sei z ∈ A. Dann existiert ein x ∈M derart, dass
‖x− z‖ = δ < 1.
Sei ε = 1−δ2 . Zu zeigen ist, dass Bε(z) ⊂ A. Sei hierzu y ∈ Bε(z) beliebig. Dann gilt
‖x− y‖ ≤ ‖x− y‖+ ‖y − z‖ < δ +1− δ
2< 1.
Also gilt y ∈ A und somit Bε(z) ⊂ A.
(b)
(c)
2
Beachten Sie, dass der Nullpunkt nicht Teil der Menge A ist.
Aufgabe 4 (12 Punkte)Sei g : R2 → R definiert durch
g(x, y) = (y − x2)(y − 3x2) .
(a) Zeigen Sie, dass für jeden Vektor v ∈ R2, v 6= 0, die Funktion t 7→ g(tv) ein striktes lokales Minimum int = 0 besitzt.(b) Skizzieren Sie die Niveaumenge
N = (x, y) ∈ R2| g(x, y) = 0
und kennzeichnen Sie diejenigen Bereiche des R2, in denen g positive bzw. negative Werte annimmt.(c) Zeigen Sie, dass g im Nullpunkt kein lokales Minimum besitzt.
Lösungsvorschlag:
(a) Seien v = (v1, v2) ∈ R2 und f : R→ R definiert durch
f(t) = g(tv) = (tv2 − t2v21)(tv2 − 3t2v21) = t2v22 − 4t3v21v2 + 3t4v41.
Es gilt: f ′(t) = 2tv22−12t2v21v2 + 12t3v41 und f ′(0) = 0. Somit ist t = 0 ein kritischer Punkt der Funktionf . Des Weiteren gilt
f ′′(0) = 2v22 > 0, falls v2 6= 0.
Im Falle v2 = 0 gilt v1 6= 0 und es gilt f ′(t) = 12t3v41. Also besitzt f ′ im Nullpunkt ein Vorzeichenwechselvon − nach +.Folglich besitzt t 7→ g(tv) ein striktes lokales Minimum in t = 0.
(b) Es giltg(x, y) = 0 ⇐⇒ y = 3x2 oder y = x2.
Des Weiteren giltg(x, y) > 0 ⇐⇒ y > 3x2 oder y < x2
undg(x, y) < 0 ⇐⇒ x2 < y < 3x2.
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(c) Angenommen g besitzt im Punkt (0, 0) ein lokales Minimum. Dann existiert ein ε > 0 derart, dass füralle x, y ∈ Bε((0, 0)) gilt: g(x, y) ≥ g(0, 0) = 0.Betrachte die Folge (xn, yn) = ( 1
n ,2n2 ). Dann gilt
g(xn, yn) = 3x4n − 4x2nyn + y2n =3
n3− 8
n4+
4
n4= − 1
n4< 0.
Dies ist ein Widerspruch zur Annahme. Also besitzt g im Nullpunkt kein lokales Minimum.
Aufgabe 5 (12 Punkte)Seien f : R3 → R definiert durch f(x, y, z) = x2 + 4xz + z2 + 4yz − 1 und die Menge M ⊂ R3 durch
M = (x, y, z) ∈ R3| z ≥ 0, f(x, y, z) = 0) .
Durch M wird eine Funktion (x, y) 7→ z(x, y) festgelegt.Berechnen Sie ∂z
∂x und ∂z∂y im Punkt (x, y) = (1, 1).
Lösungsvorschlag:Seien f : R3 → R definiert durch
f(x, y, z) = x2 + 4xz + z2 + 4yz − 1
undM = (x, y, z) ∈ R3|z ≥ 0, f(x, y, z) = 0.
Dann gilt offensichtlich f ∈ C1(Ω) und f(1, 1, z) = 0 ⇐⇒ z = 0 oder z = −8. Da jedoch (1, 1,−8) /∈ M ,können wir diesen Punkt im Folgenden vernachlässigen. Zudem gilt:
∂
∂zf(x, y, z)
∣∣(1,1,0)
= (4x+ 2z + 4y)∣∣(1,1,0)
= 8 6= 0.
Der Satz über implizite Funktionen ist also anwendbar. Aus diesem Satz folgt die Existenz einer offenenUmgebung U ⊂ R2 von (1, 1) und V ⊂ R von 0 sowie einer Funktion g : U → V mit der Eigenschaft, dassg(x, y) = z die einzige Lösung der Gleichung f(x, y, z) = 0 ist, die in U × V liegt. Für die Ableitungen vong gilt:
∂g
∂x(1, 1) =
∂z
∂x(1, 1) =
−1
8(2x+ 4z)
∣∣(1,1,0)
= −1
4,
∂g
∂y(1, 1) =
∂z
∂y(1, 1) =
−1
8(4z)
∣∣(1,1,0)
= 0.
Aufgabe 6 (10 Punkte)(a) Sei f : R→ R, f(x) = exp(x2). Geben Sie die Taylorpolynome von Grad 1, 2 und 3 der Taylorreihe zumEntwicklunspunkt x = 0 an.(b) Sei f : R2 → R, f(x) = exp(‖x‖2). Geben Sie die Taylorpolynome von Grad 1 und 2 der Taylorreihe zumEntwicklunspunkt x = 0 an. Geben Sie mit ihrer Hilfe eine Approximation des Wertes f(0, 1
10) an.
Lösungsvorschlag:
a) Wir berechnen zunächst die Ableitungen der Funktion f : R → R, f(x) = exp(x2) bis zur drittenOrdnung. Es gilt:
f ′(x) = 2x exp(x2),
f ′′(x) = 2 exp(x2) + 4x2 exp(x2) = (2 + 4x2) exp(x2),
f ′′′(x) = (4x+ 8x3) exp(x2) + 8x exp(x2) = (12x+ 8x3) exp(x3).
4
Also sind die Taylorpolynome von Grad 1, 2 und 3 der Taylorreihe zum Entwicklunspunkt x = 0gegeben durch
T1(h, 0) = exp(0) + 0 · h = 1,
T2(h, 0) = exp(0) + 0 · h+ 2 exp(0)h2
2= 1 + h2,
T3(h, 0) = exp(0) + 0 · h+ 2 exp(0)h2
2+ 0 · h
3
6= 1 + h2.
b) Seien x = (x1, x2) und h = (h1, h2). Für das Taylorpolynom erster Ordnung sind die Multiindizesα1 = (1, 0) und α2 = (0, 1) zu betrachten. Es gilt
∂α1f(x) = 2x1 exp(‖x‖) und ∂α2f(x) = 2x2 exp(‖x‖).
Folglich ist das Taylorpolynom von Grad 1 der Taylorreihe zum Entwicklunspunkt x = 0 gegeben durch
T1(h, 0) = exp(0) + 0 · h1 + 0 · h2 = 1.
Für das Taylorpolynom zweiter Ordnung sind die Multiindizes α3 = (2, 0), α4 = (0, 2) und α5 = (1, 1)zu betrachten. Es gilt
∂α3f(x) = (2 + 4x21) exp(‖x‖),∂α4f(x) = (2 + 4x22) exp(‖x‖),∂α5f(x) = 4x1x2 exp(‖x‖).
Folglich ist das Taylorpolynom von Grad 2 der Taylorreihe zum Entwicklunspunkt x = 0 gegeben durch
T2(h, 0) = exp(0) + 0 · h1 + 0 · h2 + 2 · h21
2+ 2 · h
22
2+ 0 · h1h2
2= 1 + h21 + h22.
Es gilt:
f
(0,
1
10
)≈ T2
((0,
1
10
), 0
)= 1 + 0 +
1
100=
101
100.
Aufgabe 7 (12 Punkte)Bestimmen Sie die globalen Extrema der durch
f(x, y, z) = x− 8y + z
gegebenen Funktion f : R3 → R auf dem Schnitt der durch
g(x, y, z) = x2 + (y + 4)2 + z2 − 25 = 0 ,
h(x, y, z) = x2 + y2 + z2 − 9 = 0
gegebenen zwei Kugeloberflächen.
Lösungsvorschlag:Sei die Lagrange Funktion L : R5 → R definiert durch
L(x, y, z, λ, µ) = f(x, y, z) + λg(x, y, z) + µh(x, y, z)
= x− 8y + z + λ(x2 + (y + 4)2 + z2 − 25) + µ(x2 + y2 + z2 − 9).
Die notwendige Bedingung für kritische Punkte ∇L(x, y, z, λ, µ) = 0 liefert:
5
(i) 1 + 2xλ+ 2xµ = 0,
(ii) −8 + 2(y + 4)λ+ 2y = 0,
(iii) 1 + 2zλ+ 2zµ = 0,
(iv) x2 + (y + 4)2 + z2 − 25 = 0,
(v) x2 + y2 + z2 − 9 = 0.
Aus den Gleichungen (i) und (iii) folgt unmittelbar 2λ+ 2µ 6= 0 und
x = z =−1
2λ+ 2µ.
Einsetzen von (v) in (iv) liefert:
0 = x2 + (y + 4)2 + z2 − 25 = x2 + y2 + 8y − 16 + z2 − 25 = x2 + y2 + z2 − 9 + 8y = 8y.
Folglich gilt y = 0. Aus (ii) folgt daher λ = 1 und (v) impliziert
µ = −1− 1
3√
2oder µ = −1 +
1
3√
2.
Also gilt:
x = z =3√2
oder x = z =−3√
2.
Der Schnitt der beiden Kugeloberflächen ist eine abgeschlossene und beschränkte Teilmenge des R3. Alsonimmt f auf der Menge Minimum und Maximum an. Der Vergleich der Funktionswerte liefert:
f
(3√(2)
, 0,3√(2)
)= 3√
2 und f
(−3√(2)
, 0,−3√(2)
)= −3
√2.
Also hat f ein globales Maximum in(
3√(2), 0, 3√
(2)
)und ein globales Minimum in
(−3√(2), 0, −3√
(2)
).
Aufgabe 8 (12 Punkte)Sei a ∈ R. Berechnen Sie eine Lösung u : R→ R der Differentialgleichung
u′(t) = u2(t)(2t− 1
)mit u(0) = a
und geben Sie das maximale Definitionsintervall I ⊂ R mit a ∈ I an.
Lösungsvorschlag:(Hinweis: Die Aufgabenstellung enthält einen Fehler. Es muss hier "...mit 0 ∈ I an" heißen. Daher werdenAntworten zu diesem Teil der Aufgabe bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht bewertet.)Wir beobachten zunächst, dass u ≡ 0 eine Lösung der Differentialgleichung mit a = 0 ist. Sei also u 6= 0.Dann erhalten wir durch Trennung der Variablen
u′ = u2(2t− 1) ⇐⇒ u′
u2= 2t− 1.
Also: ∫1
u2du = −1
u+ c1 = t2 − t+ c2 ⇐⇒ u =
1
−t2 + t+ c1 − c2=
1
−t2 + t+ c.
Einsetzen der Bedingung u(0) = a liefert:
u(0) = a ⇐⇒ 1
c= a ⇐⇒ c =
1
a, falls a 6= 0.
6
Im Fall a = 0 ist u ≡ 0 die einzige Lösung der Differentialgleichung, dessen Definitionsintervall gegeben istdurch I = R. Im Fall a 6= 0 sind die Nullstellen des Polynoms f(t) = −t2 + t+ 1
a gegeben durch
t1 =1
2−√
1
2+
1
aund
1
2+
√1
2+
1
a.
Folglich existieren im Fall a ∈ (−2, 0) keine Nullstellen des Polynoms f und somit ist in diesem Fall das ma-ximale Definitionsintervall gegeben durch I = R. Im Fall a ∈ R\ (−2, 0] ist das maximale Definitionsintervall
gegeben durch das offene Intervall zwischen den Nullstellen von f , also I =(12 −
√12 + 1
a ,12 +
√12 + 1
a
).
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