Klebstoffe und Klebstoffauswahl - KLEBTECHNIK

Einzelschritte des Klebprozesses

Anforderungsliste/Lastenheft

Klebgerechte Konstruktion

Klebstoffauswahl

Applikationstechnik

KLEBTECHNIK Dr. Hartwig Lohse e.K.www.how-do-you-glue.de

Qualitätssicherung

Arbeitssicherheit/Umweltschutz

© KLEBTECHNIK Dr. Hartwig Lohse e.K.

Klebstoffe undKlebstoffauswahl

2/39



nach: G. Habenicht, Kleben, Springer Verlag, 2002

GeometrischeBauteilgestaltung

Beanspruchungen

Qualität &Festigkeit der

Klebung

KlebungAnlagentechnikKlebarbeitsplatzMitarbeiterqualifikation

KlebgerechteKonstruktion

Klebstoff- Auswahl- Transport- Lagerung- Verarbeitung- Auftrag- Härtung

Adhäsio

nsschic

ht Fügeteil

-Werkstoff-Oberflächenqualität-Design/-konstruktion-Fertigungsbedingungen-toleranzen-transport/-lagerung

Oberf

läche

Qualitätsbestimmende Einflussfaktoren beim Kleben

3/39



Einzelschritte bei der Planung einer Klebung/eines Klebprozesses

nach: Industrieverband Klebstoffe e.V.Leitfaden Kleben – aber richtig

http://leitfaden.klebstoffe.com/index.php

Idee Lastenheft erstellen

Werkstoffeigenschaften derFügeteile berücksichtigenKlebgerechte

Konstruktion

Klebstoffauswahl Oberflächenbehandlung

Gebrauchssicherheit derKlebung nachweisen

Planung des Fertigungsgrozesses

Klebung fachgerechtausführen

Produkt

4/39







Konstruktion





Produkt


5/39



Erstellung des Lastenhefts

• Zusammenstellung der unmittelbaren, überprüfbaren Anforderungen an dasBauteil insgesamt und daraus resultierend, an die Klebung, den Klebstoff undden Klebprozesso Klimatische Beanspruchungen:

o Temperatur-und Feuchtigkeitsbereich (min./max., Zeitdauer, Frequenz)o UV-Strahlung

o Mediale Beanspruchungen:o Reinigungsmittel, Treibstoffe, Chemikalien, Kühlmittel, Schmierstoffe,

etc.o Mechanische Beanspruchungen:

o Statisch/dynamisch (Fmax, Häufigkeit des Auftretens)o Schwingungen (Frequenz), schlagartige Belastung (Geschwindigkeit)o Schub-, Schäl-, Druck-, Zug- oder Torsionsbelastung

o Langzeitbeständigkeit

o Preis

6/39




• Zusammenstellung der unmittelbaren, überprüfbaren Anforderungen an dasBauteil insgesamt und daraus resultierend an die Klebung, den Klebstoff undden Klebprozess

• Mitwirkung aller beteiligten Institutionen

7/39




• Zusammenstellung der unmittelbaren, überprüfbaren Anforderungen an dasBauteil insgesamt und daraus resultierend an die Klebung, den Klebstoff undden Klebprozess

• Mitwirkung aller beteiligten Institutionen

• Unterscheidung zwischen Aspekten, die erfüllt werden müssen, und solchen, dieerfüllt werden können.

• Wunschkriterien können zusätzlich mit aufgenommen werden.

• Jeder weitere Schritt der Konstruktion und Fertigung muss in Abstimmung mitdem Lastenheft erfolgen, das gegebenenfalls auch modifiziert oder erweitertwerden kann.

• Jede Information bzw. deren Änderung im Lastenheft sollte in schriftlicher Formdokumentiert werden.

8/39








Konstruktion





Produkt

9/39



Berücksichtigung der Werkstoffeigenschaften

Die Werkstoffauswahl wird ohne Frage nicht allein aus Sicht einer gutenKlebbarkeit erfolgen können. Vielmehr wird sich umgekehrt die Wahl des Klebstoffsmeist nach dem Fügeteilwerkstoff richten müssen.

Es sollte jedoch schon bei der Wahl des Fügeteilwerkstoffs das Kleben alsFügeverfahren (mit) berücksichtigt werden. Dadurch können später ggf. Problemeund somit zusätzliche Kosten vermieden werden.

Die wichtigsten zu berücksichtigenden Fügeteileigenschaften aus Klebstoffsichtsind:

• Fügeteilwerkstoff:

• Benetzbarkeit/Oberflächenenergie, ggf. Vorbehandeln

• Mechanische Eigenschaften (Dehnfähigkeit)

• Thermische Beständigkeit

• Thermische Eigenschaften (Ausdehungskoeffizient)

• Chemische Beständigkeit gegen Klebstoffbestandteile z.B. (Spannunsgriss)-Korrosion

10/39








Konstruktion





Produkt

11/39




Schon bei der Konstruktion der Bauteile müssen, wie auch bei anderenFügeverfahren die Besonderheiten des Fügeverfahrens berücksichtigtwerden .

Die Klebtechnik erfordert ein Umdenken vom Anwender, der bisher evtl.ausschließlich mechanisch bzw. durch Löten oder Schweißen gefügt hat:

• Auseinandersetzung mit einem neuen Werkstoff mit einer Vielfaltvon bisher vielleicht ungewohnten Eigenschaften:

o Anfälligkeit gegen Schälbelastungen (Spannungsspitzen)o mechanische Eigenschaften von Klebstoffeno Verformungseigenschaften von Klebstoffeno Beeinflussung der Eigenschaften durch Temperatur,

Feuchtigkeit, UV, …o Reaktivität des nicht ausgehärteten Klebstoffs

12/39




Eine klebgerechte Konstruktion ist für die Qualität einerKlebverbindung von ausschlaggebender Bedeutung.

Ziel der Klebgerechten Konstruktion ist es:

• eine ausreichende Klebfläche bereitzustellen

• die optimale Klebschichtdicke vorzusehen

Es existiert eine optimaleKlebschichtdicke, bei der die Kohäsionihren Maximalwert hat (es gibt jedochgute Gründe von dieser optimalenKlebschichtdicke abzuweichen)

13/39



Beispiel: Direktverglasung Automobil

Der Klebstoff hat nicht nur die Aufgabe die Scheibe dauerhaft und dichtmit der Karosserie zu verbinden, sondern muss auch die im Fahrbetriebauftretenden Verformungen der Stahlkarosserie kompensieren.

Dies geht nur mit einem elastischen Klebstoff und einer ausreichendenSchichtdicke.

Bild: SCA Schucker

14/39






• Eine ausreichende Klebfläche bereitzustellen


• Eine möglichst gleichmäßige Kraftverteilung ohneAuftreten von übermäßigen Spannungsspitzen zuerreichen

Belastungen bei denen die Kraft auf eine großeFläche verteilt wird und entweder parallel odersenkrecht zu der Klebfläche wirkt sind zubevorzugen. Spannungsspitzen werden minimiert.

Scher- undSchub-belastung

Zug- undDruckbelastung

Torsions-belastung

Bilder: Horst Stepanski/IVK

15/39



Klebgerechte Konstruktion:






Linienförmige Belastungen sind zu vermeiden.Auftreten von Spannungsspitzen bei Spalt-Schälbelastung

Schälbelastung

Spaltbelastung

Bilder: Horst Stepansk

16/39




Einfluss der Klebschichtdicke auf die Bruchkraft

• Zunehmende Klebschichtdicke:• Zunahme des auf die Klebung wirkenden

Drehmoments durch exzentrische Kraftein-leitung.

• Eine Zunahme von Inhomogenitäten (Luft-blasen, Bereiche unzureichender Vermischung,Verunreinigungen, etc.) verringert ggf. dieBruchkraft

Bild: KLEBTECHNIKDr. Hartwig Lohse e.K.

17/39









• Klebschichten ggf. vor schädlichen Medien zu

Vermeidung der Gefahr von stehendem Wasser und Feuchtigkeitskondensation imHohlraum durch vollständig gefüllte Klebfuge

Klebstoff

18/39






• eine ausreichende Klebfläche bereitzustellen


• eine möglichst gleichmäßige Kraftverteilung ohneAuftreten von übermäßigen Spannungsspitzen zuerreichen

• Klebschichten ggf. vor schädlichen Medien zuschützen

• schlecht belüftete Hohlräume zu vermeiden

• Ermöglichen des Fügevorgangs ohneBeschädigung der Klebstoffschicht

• eine mechanische Fixierung bis zur Aushärtungdes Klebstoffs zu ermöglichen

19/39








Konstruktion





Produkt

20/39



Klebstoffauswahl:

Die aus dem Lastenheft resultierenden Anforderungen an den Klebstoff müssenberücksichtigt werden, diese betreffen:

geeigneter Klebstoff

Arbeits- &Umweltschutz Prozessführung

Qualitäts-sicherung

Beanspruchung

BeständigkeitKosten

Fügeteile

Verfügbarkeit

21/39



Klebstoffauswahl:

Beanspruchungen/Beständigkeit:

• mechanisch (dynamisch, statisch,Stoß/Crash)

• Temperatur Extrema, kurzzeit, langzeit,schnelle WechselAbhängigkeit der mech.Eigenschaften von der Temperatur

• Medien Feuchtigkeit, (See-)WasserSalze, Treibstoffe, Öle,Frostschutz, …

• Strahlung Sonneneinstrahlung, UV, ɣ-Strahlung (Medizintechnik)

Langzeitbeständigkeit: wie lange muss die Klebung unter welchenBedingungen auftretenden Belastungen standhalten, bzw. wie hoch darf derFestigkeitsverlust nach einer bestimmten Einwirkungsdauer sein.

22/39



Klebstoffauswahl:

Fügeteile:

• Werkstoff, Werkstoffeigenschaften• Thermische Ausdehnung• Beständigkeit des Werkstoffs• Oberfläche• Dimensionen• …

Qualitätssicherung

• Welche QS-Maßnahmen sind möglich und erforderlich

Arbeits- & Umweltschutz

• Notwendige Arbeitssicherheitsmaßnahmen

23/39



Klebstoffauswahl:

Prozessführung/Fertigungsbedingungen:

• Einzel- oder Serienfertigung, Stückzahlen• Taktzeiten• Bauteilgröße, Klebnahtlänge• 2D- oder 3D-Teile, Verlaufeigenschaften

des Klebstoffs (standfest, selbstverlaufend)• Härtungsbedingungen (insb. Temperatur und Zeit)• Möglichkeiten einer Oberflächenvorbehandlung

Verfügbarkeit/Kosten

• Preis- Leistungs- Verhältnis

24/39



Klebstoffauswahl:

Anhand der erstellten Anforderungsliste kann die (Vor-)Auswahl des Klebstoffs undder Oberflächenvorbehandlung erfolgen (z.B. Klebstofftyp festlegen)

entweder:

• vom Anwender selbst (setzt entsprechende Markt- und Fachkenntnisse voraus)

oder

durch den Anwender zusammen mit

• einem Klebstoff-Hersteller bzw. –Händler (eingeschränkte Produktpalette)

• einem neutralen Dienstleister (herstellerunabhängig, umfangreiches Fachwissenund Erfahrung aber nicht kostenlos)

25/39



Klebstoffauswahl - Vorgehensweise:

• Identifizierung geeignet erscheinender Klebstofftechnologien

• Identifizierung von Anbietern dieser Klebstoffe

• Kontaktaufnahme zu den identifizierten Klebstoffanbietern, Diskussion derAnforderungsliste

• Vergleich der vorgeschlagenen Klebstoffe anhand ihrer technischen Datenblätter(Achtung: auf einheitliche Prüfmethodik achten)

• Vergleich der vorgeschlagenen Klebstoffe, Klebstofftechnologien bzgl. Kosten(Klebstoffpreis, Verarbeitungsgerätschaften, Arbeitssicherheit)

• Prüfung von Klebstoffmustern nach genormten Prüfmethoden gem. deridentifizierter Belastungen auf den zu verklebenden Fügeteilen

• Ggf. Bauteilversuche und Prüfung der Bauteile

26/39








Konstruktion




ProduktKlebung fachgerecht

ausführen

27/39



Klebstoffprüfung:

Durchführung von Prüfungen anhand geeigneter Prüfkörpern und –bedingungenunter Einbeziehung von relevanten Einsatzbedingungen (Temperatur) und nachbeschleunigten Alterungsverfahren.

Verifizierung und Validierung der am Normprüfkörper ermittelten Werte am realenBauteil

Ziel: Belastbarkeit > Belastung x Sicherheitsfaktor

28/39



zerstörende Prüfverfahren

zyklisch- Prüfung derSchwingfestigkeit

ggf. unter Einbeziehungvon Umweltbedingungen,wie Temperatur oder nachAlterungen simuliertdurch Klimaauslagerung,z.B. gem. DIN EN 9142:- Schwitzwassertest- Salzsprühtestoder auch:- „Kataplasma-Test“- BMW PR 308.1- P-VW-1200-Test)- VDA-Wechseltest

zerstörungsfreie Prüfverfahrenstatisch• Zugscherversuch• Cross-Peel-Versuch• Schubspannungs- Gleitungs-

Versuch• Prüfung der Zeitstandfestigkeit• Druckscherversuch• Torsionsscherfestigkeit• Losbrechmoment• Cleavage Peel• Winkelschälversuch• Rollenschälversuch• Klettertrommelschälversuch• Folienschälversuch• Biegeschälversuch• 3-Punkt-Biegeversuch• Keilspalttest• etc.

schlagartig- Prüfung beischlagartigerBean-spruchung

akustisch

optisch

thermisch

quasistatisch• geringe Prüf-

geschwindigkeit

Klebstoffprüfung:

29/39



Klebstoffprüfung:

Durchführung von Prüfungen anhand geeigneter Prüfkörpern und –bedingungenunter Einbeziehung von relevanten Einsatzbedingungen (Temperatur) und nachbeschleunigten Alterungsverfahren.

Verifizierung und Validierung der am Normprüfkörper ermittelten Werte am realenBauteil

Ziel: Belastbarkeit > Belastung x Sicherheitsfaktor

Zerstörende, stichprobenartige Prüfungvon Serienteilen

• subjektive Beurteilung derKlebfestigkeit

• Bruchbildbeurteilung

30/39








Konstruktion





Produkt

31/39



Nicht nur ein guter Klebstoff, sondern auch die Applikations- und Aushärtetechnikist für den Erfolg einer Klebung von ausschlaggebender Bedeutung

Planung des Fertigungsprozesses:

32/39



Planung des Fertigungsprozesses:

• Bereitstellung und Handling der Fügeteile, einschließlich Reinigung

• Sofern erforderlich: Konzipierung der Oberflächenbehandlung

• Konzipierung einer geeigneten Klebstoff-Applikationsanlage einschließlich derVorrichtung zur Klebstoffaushärtung auf Grundlage der spezifischenKlebstoffeigenschaften und der geforderten Stückzahlen

• Dem Härtungszustand des Klebstoffs und dem Bauteil angepasstes schonendesHandling der geklebten Teile

• Festlegung der Qualitätssicherungsmaßnahmen

• Erstellen einer Arbeitsanweisung

33/39



Anforderungen an die Klebstoffapplikationsanlage:

Bereitstellung des Klebstoffs in der erforderlichen Menge

• Entnahme aus dem Liefergebinde

• Transport zum Bauteil

• ggf. Mischen im korrekten Verhältnis mit einer 2. Komponente

• Auftragen in der richtigen Menge und Form an den richtigen Ort des Bauteils

ohne den Klebstoff z. B. durch

• thermische Schädigung

• Abbau der Standfestigkeit (Scherung)

• Verunreinigung

negative zu beeinflussen

34/39



Anforderungen an eine Vorrichtung zum Fügen und Aushärten:

• Sicherstellen der Maßhaltigkeit des gefügten Bauteils

• Teilehandling und Fügevorgang ohne Deformation oder ‚Verschmieren‘ desKlebstoffs

• Sichere Fixierung der Bauteile, Vermeiden jeglicher Relativbewegungenwährend der Klebstoffhärtung

• An den Klebstoff und den Fügeteilwerkstoff angepasste Härtungsbedingungen(Temperatur, Druck, Zeit). Bei hohen Stückzahlen können ggf. mehrererFügevorrichtungen notwendig werden

• …

35/39



Arbeitsanweisung:

Der Arbeitsanweisung kommt eine besondere Bedeutung zu, sie muss:

o fachlich zutreffend seino den gesamten Prozess einschl. der vorbereitenden und der

fertigungsbegleitenden QS-Maßnahmen vollständig beschreibeno aktuell seino verständlich und anschaulich seino Vorgaben für Maßnahmen bei Abweichungen enthalteno chronologisch gem. des Arbeitsfortschritts aufgebaut seino eine Liste aller benötigten Materialien und Arbeitsmittel enthalteno übersichtlich sein (evtl. Langfassung für Schulung, Kurzfassung für

täglichen Gebrauch in der Fertigung)

36/39








Konstruktion




ProduktKlebung fachgerecht

ausführen

37/39



Klebung fachgerecht ausführen:

Kleben ist ein sog. spezieller Prozess, d.h. die Konformität des erzeugten Produktskann nicht oder nur z.T. zerstörungsfrei geprüft werden. Entsprechend kommt derEinhaltung (und Dokumentation) aller in der Arbeitsanweisung festgelegten Schrittesomit eine besondere Bedeutung zu.

… und last but least wird ausreichend geschultes Personal benötig!

Dazu haben Sie ja heute den ersten Schritt gemacht.

Bitte berücksichtigen Sie auch die mit der Planung und Konzeption betrauten unddie, die Klebung ausführenden Mitarbeiter adäquat zu schulen.

38/39



Weitere Informationsquellen:

Aufgrund der Vielzahl der verschiedenen Klebstoffsysteme, die allespezifischen Anforderungen an den Klebprozess stellen, konnten nur diegrundlegenden Punkte angesprochen werden.

Weite Informationen erhalten Sie

• im IVK-Leitfaden Kleben – aber richtig*,

• in den technischen Datenblättern zu den Klebstoffen bzw. denKlebstoffherstellern

• von unabhängigen, beratenden Fachleuten

• bei klebtechnischen Seminaren und Fortbildungen (z.B. KuK und IFAM)

* http://leitfaden.klebstoffe.com/index.php


Vielen Dank für IhreAufmersamkeit

Fragen?

KLEBTECHNIK Dr. Hartwig Lohse e.K.www.how-do-you-glue.de

Klebstoffe und Klebstoffauswahl - KLEBTECHNIK

Documents

Transcript of Klebstoffe und Klebstoffauswahl - KLEBTECHNIK