Klinische Relevanz genetischer Tests in der Kardiologie · 2019-11-04 · Aktuelle Test bei...

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Klinische Relevanz genetischer Tests in der Kardiologie Prof. Dr. med. Christian Hengstenberg Deutsches Herzzentrum München

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Klinische Relevanz genetischer

Tests in der Kardiologie

Prof. Dr. med. Christian Hengstenberg

Deutsches Herzzentrum

München

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Gliederung

1.Rechtliche Voraussetzungen

2.Technische Möglichkeiten

3.Genetische Voraussetzungen

4.Genetische Diagnostik

5.Zusammenfassung

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Rechtliche Voraussetzungen

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Gendiagnostik-Gesetz (GenDG)

• Regelung der Voraussetzung für

– Genetische Untersuchungen

– Verwendung genetischer Proben

– Umgang mit genetischen Daten

• Verbot von Benachteiligung auf Grund genetischer Eigenschaften

• Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung

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Methodischer Anwendungsbereich des GenDG

• Genetische Untersuchung ist eine auf den Untersuchungszweck gerichtete

– Analyse zur Feststellung genetischer Eigenschaften (Zytogenetik, Molekulargenetik, Genproduktanalyse)

– Vorgeburtliche Risikoabklärung

Beispiele: Knochenmarksspender: Untersuchung auf Erreger,

Blutbild, F2 und F5, Blutgruppe, HLA

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§7: Arztvorbehalt

Genetische Analysen zu medizinischen Zwecken: •diagnostische Untersuchungen und Analysen:

alle Ärzte •prädiktive Untersuchungen:

nur Fachärzte (qualifizierter Arztvorbehalt) •Von Ärzten beauftragte Personen und Leistungen:

Alle diagnostischen, pränatalen und prädiktiven Analysen

Der veranlassende Arzt ist die verantwortliche ärztliche Person iSd GenDG.

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Fazit für die Praxis der Rechtsvorschriften

• Keine genetische Untersuchung ohne dokumentierte Aufklärung und ohne schriftliche Einwilligung

• Einwilligung muss den Untersuchungsauftrag voll abdecken

• Organisatorische Vorkehrungen für pünktliche Vernichtung von Daten und Proben treffen

• Ggf. Verfügungen treffen für – Verwendung des restlichen Probenmaterials – Dauer der Aufbewahrung der Unterlagen – Mitteilung der Befunde an andere Ärzte durch den

verantwortlichen Arzt – Vertretungsregelung für den verantwortlichen Arzt

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Technische Möglichkeiten

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Molekulargenetische Analysen

• Einzel-Genotypisierung

• Sequenzierung

– Next generation sequencing (whole genome, exome, panels)

– Sanger

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Sequenzierung

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Anwendungen des Next Generation Sequencing

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Daten-Analyse, Datenbanken

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Genetische Voraussetzungen Genetische Voraussetzungen

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Vererbungsmuster (formale Genetik)

• autosomal-dominant

• autosomal-rezessiv

• X-chrom.

• Multifaktorielle (komplexe) Vererbung

Umweltbedingungen (Ernährung, Sonneneinstrahlung, sozio-ökonomisches Umfeld,...) spielen eine bedeutende Rolle.

„Die Nase, ganz die Mama; die Augen, ganz der Papa!“

Liv & Julianne Moore

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Genetische Effektstärke komplexer Erkrankungen

modifiziert nach Nature 2009 461:747-753

„Monogen“

„Komplex“

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Genetische Diagnostik

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Fallbericht: concealed LQTS

• 26-jährige Pat.

• Synkope bei Schwimmen an heissem Sommertag

• Reanimation, stabil, Defibrillation bei erneutem VF

auf Transport

• 7 Tage Intensiv, ARDS, Rehabilitation

• Entlassung

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Fallbericht: concealed LQTS

• Wochen später: Mallorca-Urlaub

• Erneute Synkope im Hotelpool; letaler Ausgang

• Postmortale Sequenzierung: Punktmutation (Cytosin nach

Adenosin Transversion) in Position 959 des Exons 6 aus dem

KCNQ1-Gen

• Med.: Escitalopram (Prufungsstress), Domperidon (Übelkeit

während des Fluges), Moxifloxazin (schwere Bronchitis)

• Familie: keine weiteren Träger dieser Mutation spontan

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Plötzlicher Herztod Inzidenz & Ursachen

KHK

nicht-kardiale Ursache

nicht-ischämische strukturelle Herzerkrankung

primäre Arrhythmie

70%

15%

10%

5%

25%

30%

35%

10%

etwa 100.000 Fälle jährlich

Alter ≥ 35 Jahre

Inzidenz 1/1000

Alter < 35 Jahre

Inzidenz 1/100.000

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Erbliche Arrhythmiesyndrome Krankheitsbilder

Primäre Arrhythmiesyndrome

• Long-QT-Syndrome (LQTS)

• Katecholaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie (CPVT)

• Brugada-Syndrom (BrS)

Strukturelle Herzerkrankungen mit Arrhythmierisiko

• Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM)

• Dilatative Kardiomyopathie (DCM)

• Arrhythmogene rechtsventrikuläre Dysplasie (ARVD)

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Prävalenz

Brugada Syndrom 1 : 5.000

Dil. Kardiomyopathie 1 : 2.500

LQTS, CPVT 1 : 2.000

Arrhythmo. RV Kardiomyop. 1 : 1.000

Hypertr. Kardiomyopathie 1 : 500

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• 12-Kanal-Ruhe-EKG

• Ergometrie

• Langzeit-EKG

• Echokardiographie

• systematische Familienanamnese

Basisdiagnostik bei Verdacht auf erbliches Arrhythmiesyndrom

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EKG: LQTS und Katecholaminerge polymorphe ventrikuläre Tachykardie (CPVT)

LQTS CPVT

QTc > 450 ms Frauen > 440 ms Männer

• 10 – 40% „concealed LQTS“ • T-Wellen-Veränderungen • Torsade de pointes VT

Circ 1992;85 [Suppl I]:I140-I144

Bei Belastung: • polytope VES, SVT, VHF • bidirektionale VT • polymorphe VT

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EKG: Brugada Syndrom

Typ 1 (beweisend) Typ 2 Typ 3

J- Amplitude V1-3 ≥ 0,2 mV ≥ 0,2 mV ≥ 0,2 mV

T-Welle negativ positiv oder biphasisch positiv

ST-T-Konfiguration gewölbt „coved“

sattelförmig „saddleback“

sattelförmig oder gewölbt

Terminale ST-Strecke leicht abfallend gehoben ≥ 0,1 mV

gehoben < 0,1 mV

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ARVD

EKG: HCM und ARVD

HCM

T-Negativierungen LVH-Kriterien Schenkelblock

T-Negativierungen in V1-3 Epsilon-Welle am Ende des QRS-Komplex

(in)kompletter RSB

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Weiterführende Diagnostik

Indikation • plötzliche Herztodesfälle in der Familie • Synkopen • atypische Epilepsien +/- Trigger • dokumentierte Arrhythmien, überlebter PHT

Untersuchung

• BrS: 12-Kanal-EKG in höherem Interkostalraum, Ajmalin-Test

• ARVD/CMP: Kardio-MRT, Biopsie • EPU: Nutzen kontrovers diskutiert

• Genetische Analyse

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Krankheits-assoziierte Gene Häufigkeit des Auftretens

Ionen-

kanäle

Sarkomer

Desmosom

75 %

60 %

60 %

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• EIN Baustein einer umfassenden kardiologischen Evaluation

• Kein „einfacher Bluttest“

• Phänotyp-orientiert

• Familien-basiert

• Testergebnis nicht deterministisch: Angabe von Wahrscheinlichkeiten

• Bestätigungstest – nicht diagnostisch!

• Negatives Testergebnis in Index- Patienten schließt Erkrankung NIE aus

Genetischen Diagnostik: Grundlagen und Caveats

Genetik

KEINE Screening-Methode

hohe Falsch-Positiv-Raten

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Aussagekraft genetischer Tests

2011 HRS/EHRA Consensus Statement

Aussagekraft des Tests abhängig von - Erkrankung - Sicherheit der klinischen Diagnose - Vorkommen von VUS (Variants of Uncertain Significance):

seltene, wenig informative DNA-Varianten, die auch in gesunden Kontrollindividuen zu finden sind

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Gezielte vs. Mutations-spezifische genetische Tests

• Indexpatienten

• Suche nach Mutationen in bekannten, krankheitsrelevanten Genen

• Bestätigungstests bei zweifelhafter klinischer Diagnose

Gezielte Tests

• Familienangehörige

• Nachweis der spezifischen familiären Mutation

• NEGATIV: Diagnoseausschluss

• POSITIV: Beratung, klinisches Follow-up, Primärprävention

Mutations-spezifische

Tests

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Beitrag der genetische Diagnostik

Erkrankung Diagnostischer Beitrag

Prognostischer Beitrag

Therapeutischer Beitrag

LQTS +++ +++ ++

CPVT +++ + -

BrS + + -

HCM +++ ++ +

ARVD + +/- -

DCM +/- - -

2011 Heart Rhythm Society/European Heart Rhythm Association

Consensus Statement on the State of Genetic Testing

for Channelopathies and Cardiomyopathies

Level of Evidence C (Expertenmeinung)

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LQTS 1-3

• 13 LQTS-Gene bekannt

• LQTS 1-3 für 75% der Erkrankungen verantwortlich

• 10-Jahres-Mortalität symptomatischer, unbehandelte Index-Fälle 50%

• Romano-Ward-Syndrom: autosomal-dominante Vererbung

• Jervell-Lange-Nielsen Syndrom: autosomal-rezessive Vererbung (1:1 Mio.)

LQTS1 LQTS2 LQTS3

Gen KCNQ1 KCNH2 SCN5A

Häufigkeit 30 – 35 % 25 – 40 % 5 – 10 %

Trigger

emotionaler, physischer Stress,

Schwimmen, Tauchen

emotionaler, physischer Stress,

plötzliche laute Geräusche

Ruhe, Schlaf

Ansprechen auf b-Blocker

sehr gut unsicher nein

Genetische Tests mit hohem Stellenwert für Diagnose, Prognose, Therapie

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LQTS 1-3 • Empfohlen - symptomatischer Index-Patient

- asymptomatischer QTc-Intervall >500 ms - Familienangehörigen I°

Diagnose

• LQT3: höchstes Mortalitätsrisiko pro Ereignis

• Risikostratifikation in Klassen: nach Typ, Lage der Mutation

• Ansätze: Mutations-spezifische Risikostratifikation (z.B. A341V-KCNQ1)

Prognose

• Index Ansprechen auf b-Blocker

• Familie NEGATIV: Diagnoseausschluss (keine Symptomatik, normale QTc-Zeit) POSITIV: asymptomatische Mutationsträger: ggf. prophylaktisch b-Blocker

Therapie

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CPVT

• PHT in 30% Erstmanifestation, z. T. auch schon bei Neugeborenen

• 60% RyR2-Mutationen: autosomal-dominant

• 5% CASQ2-Mutationen: autosomal-rezessiv

• Empfohlen - symptomatischer Index-Patient (ideal typische bi-direktionale VT) - Familienangehörige I°

Diagnose

• keine Genotyp-basierte Risikostratifikation Prognose

• Index keine Genotyp-basierte Therapie

• Familie klinisches Follow-up, Lebensstil-Modifikation, prophylaktische b-Blocker-Therapie

Therapie

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Brugada-Syndrom

• 90% Männer

• Phänotyp z.T. nur intermittierend vorhanden – Prävalenz unterschätzt

• PHT in 30% Erstmanifestation, Manifestationsalter 30 – 40 Jahre

• 25% SCN5A-Mutationen, >65% genetisch nicht fassbar

• Hilfreich Bestätigungstest zur Diagnosesicherung bei klinischem Zweifel

• Empfohlen Familienangehörige I°

• Nicht empfohlen asymptomatisches Typ 2- oder -3-EKG

Diagnose

• keine Genotyp-basierte Risikostratifikation Prognose

• Index keine Genotyp-basierte Therapie

• Familie klinisches Follow-up, Lebensstil-Modifikation (Meidung von Wettkampfsport, Fieber rechtzeitig senken, Na-Kanal-Blocker meiden)

Therapie

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Hypertrophische Kardiomyopathie

• meist asymptomatisch – Gefahr: PHT als Erstmanifestation

• 90 % der Fälle familiär

• 60% Mutation in Genen, die für Sarkomerproteine kodieren (Myosin,

Troponin)

• häufig einzigartige, familiäre Mutation

Gezielter Test

Mutations-spezifischer Test

• Empfohlen: Indexpatient mit sicherer klinischer Diagnose • Identifikation der familiären Mutation • Besonders sinnvoll in Familien mit klinischen Risikofaktoren

(PHT, hohe Anzahl Betroffener)

• Empfohlen: Familienangehörige I° • Sehr effektiv! • POSITV: Beratung, Follow-up • NEGATIV: Diagnoseausschluss

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Familie mit HCM autosomal-dominante Vererbung

Hengstenberg et al. Nature Genetics 4, 311 - 313 (1993)

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ARVD

Genetische Diagnostik: im Fluss Aktuelle Test bei klinisch robusten Fällen in 50% positiv Hohe Rate an „rare variants of uncertain significance“ (16%) Bis zu 30% falsch-positive Ergebnisse

• Progressiver Myozytenverlust und fibroadipöser Umbau v.a. des rechten Ventrikels

• Präsentation mit ventrikulären Arrhythmien, weniger mit Herzinsuffizienz

• Männer < 35 Jahre, PHT ca. 5%/Jahr, häufig Erstmanifestation

• Mutationen in Genen, die für desmosomale Proteine kodieren

• Starke phänotypische Heterogenität

Klinische Diagnosesicherung

Genetischer Test

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Dilatative Kardiomyopathie

Genetische Diagnostik: ^30% Sensitivität bei Pat. mit AV-Block/ Myopathien Ziele: 1) Identifikation von Pat. mit

hohem Risiko für extra-kardiale Manifestationen

2) Identifikation von Familien-angehörigen mit hohem Risiko

• Familiäre Form: idiopathische DCM – ca. 30% der Fälle

• > 25 bekannte Gene, keines mit Beitrag > 5%

• Assoziation mit extra-kardialen Muskeldystrophien/Myopathien

• Bei gleichzeitiger Erkrankung des Reizleitungssystems höchstes Risiko für PHT

(Lamin A oder Desmin-Mutationen)

Mutations-spezifische Gentests

Familienangehörige I°

Primärprophylaxe

Gezielte Suche nach LMNA- oder DES-Mutation

Empfohlen bei Pat. mit DCM + AV-Block

Niedrigere Schwelle bei Empfehlung für ICD-Therapie

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Zusammenfassung

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Zusammenfassung

• Gendiagnostik-Gesetz regelt die Grundlagen genetischer Diagnostik (2012)

• fachgebundene genetische Beratung

• molekular-genetische Analysen ergänzen die klinische Diagnostik

• unterschiedliche Evidenzen für unterschiedliche kardiale Erkrankungen

• wichtig ist die diagnostische, therapeutische und prognostische Konsequenz

• derzeit keine Empfehlung für komplexe kardiale Erkrankungen (KHK, Vorhofflimmern, Herzinsuffizienz, LVH, EKG-Parameter)

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Zukunft der genetischen Testung?

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Personalisierte Medizin

Genotyp-Phänotyp

Korrelation

Genotyp-basierte Risiko-

stratifikation

Genotyp-basierte Therapie

Primär-prophylaxe

asymptomat. Mutations-

träger

Comprehensive genetic profiling

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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Prof. Dr. Christian Hengstenberg Tel: 089-1218-4025 [email protected]