Können Elternkurse einen Beitrag zur positiven Paarbeziehung ......Eine Typologie von...

20
Können Elternkurse einen Beitrag zur positiven Paarbeziehung leisten? Sabine Walper Universität München Erziehung in den Schlagzeilen

Transcript of Können Elternkurse einen Beitrag zur positiven Paarbeziehung ......Eine Typologie von...

  • Können Elternkurse einenBeitrag zur positiven

    Paarbeziehung leisten?

    Sabine WalperUniversität München

    Erziehung in den Schlagzeilen

  • Das Partizipiations-Ideal:∅ Vom „Befehls-“ zum „Verhandlungshaushalt“

    ∅ Hohe Anforderungen an kommunikativeKompetenzen

    Das Harmonie-Ideal:∅ Konfrontation und Grenzen setzen wird

    schwieriger

    Was macht Erziehung heute so schwierig?Familienbeziehungen im Wandel

    Zunehmende Instabilität von Ehen

  • Übersicht� Stärkung familialer Beziehungs- und Erziehungs-

    kompetenzen als familienpolitische Aufgabe� Entwicklungsförderliche Elternkompetenzen� Erziehung im Kontext außer- und innerfamilialer

    Belastungen: Die Rolle der elterlichenPartnerschaft

    � Interventionsansätze: Das Beispiel Familienteam� Fazit und Ausblick

    (1) Stärkung familialer Beziehungs- und Erziehungs-kompetenzen als familienpolitische Aufgabe

    � „Erziehungsnotstand“ ?� Ca. 50 % der Eltern fühlen sich in der Erziehung unsicher

    und finden es schwierig, konsequent zu sein und Grenzenzu setzen.

    � In Deutschland werden schätzungsweise 8-12% der Kindervon ihren Eltern körperlich misshandelt

    � 10-20 % aller Kinder und Jugendlichen entwickeln klinischrelevante psychische Störungen (z.B. Hyperaktivität,Aggressivität, Angst- oder Eßstörungen)

    � Geschätzte Folgekosten inkompetenten Erziehungs-verhaltens in den USA: jährlich $ 38,6 Milliarden

  • (1) Stärkung familialer Beziehungs- und Erziehungs-kompetenzen als familienpolitische Aufgabe

    Wissenschaftlicher Beirat für Familienfragen am BMFSFJ:

    � Elternkompetenzen sind prinzipiell lernbar.Entscheidend ist Wissen um ...� Voraussetzungen seitens der Eltern� Voraussetzungen seitens der Kinder� Situative und kontextuelle Bedingungen

    � Zentral: Erziehungspartnerschaften

    (2) EntwicklungsförderlicheElternkompetenzen

    Die grundlegende Perspektive:�Individuelle Entwicklung als Prozess der

    Selbstorganisation

  • (2) Entwicklungsförderliche Elternkompetenzen

    Befunde der� Erziehungsstilforschung� Bindungsforschung� Kommunikationsforschung� Motivationsforschung� Emotionsforschung

    3 Eckpfeiler der Erziehung

    Liebe, Verständnis Autonomie

    Ori

    en

    -t i

    eru

    ng

    Wu

    rze

    ln

    Klare Grenzen

    Flü

    ge

    l

    Wu

    rze

    ln

  • Eine Typologie von Erziehungstilen:

    GeringeZuwendung

    HoheZuwendung

    HoheKontrolle

    NiedrigeKontrolle

    AutoritäreErziehung

    AutoritativeErziehung

    Vernach-lässigung Verwöhnung

    (2) Entwicklungsförderliche Elternkompetenzen

    Kinder, die autoritativ erzogen werden(„Fördern und Fordern“ / „Freiheit in Grenzen),

    � haben ein positiveres Selbstbild� zeigen weniger Problemverhalten� sind weniger depressiv� sind weniger ängstlich� zeigen bessere schulische Leistungen� haben bessere Beziehungen zu Gleichaltrigen

  • Das Problem der Kontrolle:� Strenge Kontrolle behindert die Autonomie-

    Entwicklung

    � Laisser-faire liefert keine Orientierung

    � „Monitoring“ = elterliches Wissen um die Belangeihrer Kinder

    ����Basiert (im Jugendalter) nicht auf „Ausfragen“oder direkter Einflussnahme, sondern aufSelbstöffnungsbereitschaft der Kinder

    (2) Entwicklungsförderliche Elternkompetenzen

    (2) Entwicklungsförderliche Elternkompetenzen

    Der Umgang mit kindlichen GefühlenEin häufiges Problem: unangenehme, „negative“

    Gefühle der Kinder (Ärger, Wut, Angst)

    � Werden häufig ignoriert, bagatellisiert, bestraft

    �Kinder lernen nicht, ihre Gefühle zu verstehen undzu regulieren

    � Alternativ: feinfühlige Eltern als „Emotions-Coach“ihrer Kinder

  • � Die Gefühle des Kindes wahrnehmen

    � Die Gefühle des Kindes respektieren

    � Dem Kind helfen, seine Gefühle auszudrücken

    � Dem Kind bei der Problembewältigung helfen

    (2) Entwicklungsförderliche Elternkompetenzen

    Emotions-Coaching: Was ist das?

    (2) Entwicklungsförderliche Elternkompetenzen

    Kinder, deren Eltern emotionale Kompetenzenfördern,

    � Können ihre Emotionen besser regulieren� Sind seltener krank� Können sich besser konzentrieren� Zeigen bessere schulische Leistungen (Mathe, Lesen)� Kommen besser mit ihren Spielkameraden aus� Zeigen weniger Verhaltensstörungen� Neigen weniger zu Gewalt

    (Gottman, Katz & Hooven, 1997)

  • (3) Erziehung im Kontext außer- undinnerfamilialer Belastungen und Ressourcen

    � Soziale Netze� Außerfamiliale Betreuung der Kinder� Schule� Mediennutzung und Einflüsse der Medien� Erwerbstätigkeit und berufliche Belastungen� Ökonomische Belastungen� Familienstrukturelle Faktoren: Trennung, neue

    Partnerschaften� Persönlichkeit und Befindlichkeit der Eltern� Elternbeziehung und Coparenting

    Beziehungs- und Erziehungskompetenzender Eltern

    AußerfamilialeEntwicklungs-

    kontexteder Kinder

    Entw

    ickl

    ungs

    gesc

    hich

    tede

    r Elte

    rn

    Familien-struktur

    Medien-nutzung

    Persönlichkeitder Eltern

    SozialeNetzeÖkonomische

    Lage

    Partnerschaft /Coparenting

    Erwerbs-tätigkeit

  • (3) ... Die Rolle der elterlichenPartnerschaft

    „Spill-over“ von Konflikten und Antagonismen?

    Kompensation?

    (3) Die Rolle der elterlichen Partnerschaft

    � Elternkonflikte scheinen vielfältige Probleme von Kindern ausTrennungsfamilien zu erklären

    � Negative Effekte sind auch für Kernfamilien gut belegt� Erklärungsmodelle:

    ∅∅∅∅ Soziale Lerntheorie: Modellierung von Aggression ∅∅∅∅ Theorie sozial-kognitiver Informationsverarbeitung ∅∅∅∅ Emotional Insecurity“-Hypothese (Bindungstheorie / Stress und Coping Theorie) ∅∅∅∅ Familiensystemtheorie: Intergenerationale Allianzen ∅∅∅∅ Stresstheorie: Spill-over von Feindseligkeiten zwischen den Eltern auf die Eltern-Kind-Beziehung

  • konfliktreichkonfliktarm konfliktarm

    konfliktreichkein Kontakt

    1,20

    1,30

    1,40

    1,50

    1,60

    1,70

    1,80

    1,90

    2,00

    Dep

    ress

    ivitä

    t

    Kernfamilien Trennungsfamilien

    AB C A ABC

    Depressivität der Kinder in Abhängigkeit von Konfliktenzwischen den Eltern in Kern- und Trennungsfamilien

    Was erklärt die Effekte von Elternkonflikten?

    Konflikteder Eltern

    Belastungen des Erziehungsverhaltens:-Weniger Zuwendung

    -Mehr negative Interaktion-Mangelnde Konsequenz

    Befindlichkeitder Kinder

  • Was erklärt die Effekte von Elternkonflikten?

    Konflikteder Eltern

    Belastungen des Erziehungsverhaltens

    Befindlichkeitder Kinder

    Mangelnde Kooperationder Eltern

    Koalitionsdruckauf Kinder

    1

    1,2

    1,4

    1,6

    1,8

    2

    2,2

    2,4

    Neg

    ativ

    e K

    omm

    unik

    atio

    n M

    utte

    r

    konfliktarm konfliktarmkonfliktrei konfliktreich kein Kontakt

    Kernfamilien Trennungsfamilien

    Negative Kommunikation der Mutter in Abhängigkeit von Elternkonflikten in Kern- und Trennungsfamilien

  • Negative Kommunikation des Vaters in Abhängigkeit von Elternkonflikten in Kern- und Trennungsfamilien

    Negative Kommunikation des Vaters nach Familientyp und Elternkonflikten

    11,21,41,61,8

    22,2

    Kernfam. Trennungsfam.

    Familientyp

    Nega

    tive

    Kom

    mun

    ikat

    ion

    konfliktarm konfliktreich

    Depressivität

    Somatische Beschwerden

    Unterstützendes Erziehungsverhalten des Vaters in Abhängigkeit von Elternkonflikten

    in Kern- und Trennungsfamilien

    Unterstütung durch Vater nach Familientyp und Elternkonflikten

    22,2

    2,42,6

    2,83

    Kernfam. Trennungsfam.

    Familientyp

    Unte

    rstü

    tzen

    de

    Erzi

    ehun

    g

    konfliktarm konfliktreich

    Selbstwert

    Peer-Akzeptanz

  • Gemeinsame Wurzeln von Elternkonflikten undErziehungsproblemen

    Persönlichkeitund Befindlichkeit

    der Eltern����

    Beziehungskompetenzen

    Konflikteder Eltern

    Belastungen des Erziehungsverhaltens

    (5) Prävention von Erziehungsproblemen

    Unterschiedliche Arten der Prävention inAbhängigkeit vom Bedarf:

    � Universelle Prävention: für alle

    � Selektive Prävention: für Risikogruppen

    � Indizierte Prävention: in Problemfällen (mitfließenden Grenzen zur therapeutischen Intervention)

  • (5) Präventionsansätze

    Beispiele:� Universelle Prävention:� „Starke Eltern – starke Kinder“� „Familienteam“� „Freiheit in Grenzen“ (CD-ROM)

    � Selektive Prävention:� „Video-Home-Training“� Opstaapje� Triple-P

    � Indizierte Prävention:� Therapieprogramm für Kinder mit hyper-kinetischem und

    oppositionellem Problem-verhalten (THOP)� Training mit aggressiven Kindern

    (5) Präventionsansätze

    � Lerntheorie (z.B. Triple-P)� Humanistische Theorie (z.B. Step,

    Gordons Familienkonferenz)� Bindungstheorie (z.B. van den Boom,

    Ziegenhain)� Emotionstheorie (z.B. Gottman)

    Die theoretische Basis:

  • Methodisches Vorgehen:

    � Home-based Training vs. Gruppenprogramme

    Schwerpunkte:� Gruppendiskussionen� Modellierung� Rollenspiel / erfahrungsbasiertes Lernen

    Was hat sich bewährt?Befunde einer Meta-Analyse von Layzer et al. (2001) aus 665

    Studien, durch die 260 Eltern-Programme evaluiert wurden: Die Eltern-Kind-Interaktion profitiert mehr von Programmen,

    die� frühzeitig ansetzen� professionelles Personal haben� Gegenseitige Unterstützung der Eltern fördern und� Gruppenarbeit anbieten statt nur auf Hausbesuche zu

    rekurrieren.Ein kombiniertes Vorgehen erzielt die besten Effekte.

  • (6) Das Beispiel „Familienteam“

    Ehebeziehung

    ErziehungKindliche

    Entwicklung

    Einstellungen, Gedanken,Gefühle über Gefühle

  • Autoritative Erziehung („Freiheit in Grenzen“)� Wärme, Wertschätzung, Akzeptanz� Klare Regeln und Grenzen� Positive Anleitung, Autonomieförderung

    vgl. Diana Baumrind

    vgl. John Gottman

    vgl. EPL/KEK

    Emotionale Kompetenzen� Emotions-Coaching => Emotionale Regulation

    Kommunikative Kompetenzen� Selbstöffnung, konkrete Beschreibung� Zusammenfassung, offene Fragen

    � Elterngruppe à 4-6 Elternpaare bzw. 8-12einzelne ElternZielgruppe: Familien mit Kindern imKindergarten- bis Grundschulalter)

    � 2 Trainer/innen

    Insgesamt 8 Einheiten à 3 Stunden

  • Lerninhalte

    Einh

    eit 5

    , 6, 7

    Die Beziehungpflegen

    Problemenvorbeugen

    Konflikteangehen

    8. Ein Elternteam bilden

    Einheit 8

    1. Meine Erziehungs- ziele

    3. Mein Kind verstehen

    5. Liebevoll Grenzen setzen

    4. Die Kooperation gewinnen

    6. Akute Konflikte angehen

    2. Beachtung und Aner- kennung schenken

    Ein

    heit

    1 Ei

    nhei

    t 2, 3

    Einh

    eit 4

    Wie Eltern ihre Kinder beeinflussenkönnen

    7. Probleme langfristig lösen

    Prinzip „Erfahrungs- und erlebnisorientiertes Lernen“: Lernenerfolgt durch emotionales Erleben, aktives Tun und Transfer in denAlltag.

    Arbeitsweise

    Mehr als Theorie oderAustausch in der Gruppe

    � Imaginationsübungen

    � Video-Beispiele

    � intensives Training der Eltern-Kind-Interaktion

    Blick auf das, was gelingt

    Schrittweises Vorgehen

    Umsetzungshilfen für denAlltag

    � konkrete Alltagssituationen

    � Anregungen für Zuhause

    � ausführliches Elternbuch mit Lösungsbeispielen

    � Tandem-Partner zum persönlichen Austausch

  • Fazit und Ausblick� Kompetente Erziehung ist zunehmend anspruchsvoll geworden,

    entscheidet aber in hohem Maße über die Entwicklung derKinder.

    � Die Qualität der elterlichen Partnerschaft stellt eine zentraleRahmenbedingung für zuwendungsvolle, konsequente undkonsistente Erziehung dar.

    � Elternprogramme können einen wichtigen Beitrag zur Stärkungvon Beziehungskompetenzen auch im Kontext der Partnerschaftleisten.

    � Besonders erfolgversprechend scheint hierbei der Fokus auf dieelterliche Erziehungspartnerschaft (Coparenting) zu sein.

    � Unzureichend erkundet sind bislang die Möglichkeiten, mitHochkonflikt-Familien zu arbeiten.

    � Die Möglichkeiten einer Prävention von partnerschafts-bezogenen Beziehungsproblemen im Kontext von Elternbildungund Beratung dürften höher sein, wenn der Gewinn für dieKinder in den Vordergrund gestellt wird.

    Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit