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Rechtswissenschaftliche Fakultät | Institut für Strafrecht und Strafprozessrecht 1 Lehrstuhl für Strafrecht, Strafrechtstheorie und Strafrechtsvergleichung KÖLNER PAPIERE ZUR KRIMINALPOLITIK COLOGNE PAPERS ON CRIMINAL LAW POLICY Michael Kubiciel (Hrsg.)

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Rechtswissenschaftliche Fakultät | Institut für Strafrecht und Strafprozessrecht 1

Lehrstuhl für Strafrecht, Strafrechtstheorie und Strafrechtsvergleichung

KÖLNER PAPIERE ZUR KRIMINALPOLITIK – COLOGNE PAPERS ON CRIMINAL LAW POLICY Michael Kubiciel (Hrsg.)

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Universität zu Köln 2

DIE VERBANDSSTRAFE

VERFASSUNGSKONFORMITÄT, SYSTEMKOMPATIBILITÄT, FOLGEN

Michael Kubiciel

Kölner Papier zur Kriminalpolitik 2/2014

Zitiervorschlag: Verf., KPKp 2/2014

Lehrstuhl für Strafrecht, Strafrechtstheorie und Strafrechtsvergleichung

Prof. Dr. Michael Kubiciel Universität zu Köln

Albertus-Magnus Platz 50923 Köln

[email protected] [email protected]

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I. Gegenläufige Entwicklungslinien∗

In dem seit Jahrzehnten andauernden Streit um die Strafbarkeit von Verbänden

zeichnen sich bemerkenswerte Veränderungen ab. Lehnten Wissenschaft und

Rechtspolitik eine Verbandsstrafe bislang aus prinzipiellen Erwägungen ab,

mehren sich seit einiger Zeit die Stimmen jener, die zu einer pragmatischen

Diskussion über die kriminalpolitischen Vor- und Nachteile einer Verbandsstrafe

aufrufen. Begründet werden die Forderungen nach einer Pönalisierung von

Verbänden mit Präventionszielen: Eine Strafandrohung habe einen größeren

Abschreckungseffekt als die geltenden Bußgeldvorschriften und stärke die

Compliance-Anstrengungen der Unternehmen, heißt es1. Dabei wachsen

ausgerechnet in den USA, dem „gelobten Land“ der corporate criminal liability2,

die Zweifel an der general- und spezialpräventiven Wirkkraft der

Unternehmensstrafe, so dass dort die individual criminal liability wieder in den

Mittelpunkt der staatsanwaltschaftlichen Aktivitäten rückt.

Dies wirft die Frage auf, wie sich die gegenläufigen Entwicklungstendenzen

dies- und jenseits des Atlantiks deuten und miteinander in Einklang bringen

lassen: Zwingen die Zweifel an der präventiven Praktikabilität gar zu einer

Verneinung der Verfassungskonformität? Dem ist nicht so. Nach hiesiger

Auffassung sprechen die in den USA gewonnenen Erkenntnisse nicht gegen

die Verbandsstrafe, sondern für einen Austausch des Legitimationsmodells.

Nach dem im Folgenden entwickelten Gedankengang ist die Bestrafung eines

Unternehmens nicht legitimiert, weil und soweit dies Präventionszielen dient;

gerechtfertigt ist sie vielmehr, wenn der juristischen Person eine Verletzung des

Rechts zugerechnet werden kann. Positive Auswirkungen der Strafe in der

Zukunft sind willkommen, ihr tatsächlicher Eintritt ist aber keine Voraussetzung

für das Recht zu strafen. Strafe ist vielmehr eine legitime Reaktion auf die

∗ Der Text basiert auf einem Vortrag, den der Verf. am 8.4.2014 bei einer von ihm und der DAJV, Wistev und dem Amerika-Haus veranstalteten Konferenz mit dem Titel „Unternehmensstrafe – The Times They Are A-Changin“ in der Fritz-Thyssen-Stiftung (Köln) gehalten hat. Eine kürzere Fassung erscheint in Zeitschrift für Rechtspolitik 5/2014. 1 Umfassend Heine, Die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Unternehmen, 1995, S. 75 ff.

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schuldhafte Verletzung von Rechtsnormen, deren Geltung eine Voraussetzung

personaler Freiheit ist. Dieser Gedanke ist nicht neu: Er trägt vielmehr auch die

Strafvollstreckung an natürlichen Personen, deren Präventionsnutzen

(ebenfalls) nicht hinreichend empirisch nachweisbar ist3, ohne dass dies

verfassungsrechtlich problematisch wäre4. Mit Hilfe dieses allgemeingültigen

Legitimationsmodells kann eine Verbandsstrafe mit den Anforderungen der

Verfassung und jenen des Strafrechtssystems in Einklang gebracht werden.

Damit ist zugleich eine Grundlage für eine verfassungskonforme Ausgestaltung

der Zurechnungstatbestände gefunden.

II. Die veränderte Diskussionslage in Deutschland

1. Dogmatik als Ausschlussgrund?

Der Gesetzgeber könne überall dort zur „legislativen Verwendung der Strafe“

greifen, wo die Gesellschaft ohne sie nicht auskomme; „doctrinäre Gründe“

könnten ihn nicht dazu veranlassen, seine „Hände in den Schooß zu legen“,

meinte Rudolf von Jhering mit Blick auf das (Wirtschafts-)Strafrecht im Jahr

18935. Dessen ungeachtet nimmt die Strafrechtwissenschaft seit ihrer

Formierungsphase im frühen 19. Jahrhundert für sich in Anspruch, dem

Gesetzgeber rechtsphilosophische oder strafrechtssystematische Grenzen zu

ziehen6. Noch heute fällt es ihr schwer anzuerkennen, dass es „Sache des

demokratisch legitimierten Gesetzgebers ist, ebenso wie die Strafzwecke auch

die mit den Mitteln des Strafrechts zu schützenden Güter festzulegen und die

Strafnormen gesellschaftlichen Entwicklungen anzupassen.“7 So waren es im

20. Jahrhundert vor allem dogmatische Erwägungen, welche die

2 Schünemann, FS Tiedemann, 2008, S. 429 (440). 3 Vgl. Eisenberg, Kriminologie, 6. Aufl. 2005, § 41 Rn. 6, § 42 Rn. 3; Hassemer, Warum Strafe sein muss, 2009, S. 89; Gärditz, Der Staat 49 (2010), 331 (337). 4 Vgl. Tiedemann, Verfassungsrecht und Strafrecht, 1991, S. 51 f. 5 v. Jhering, Der Zweck im Recht, Bd. 1, 1893, S. 488 (490). 6 Näher dazu Kubiciel, Die Wissenschaft vom Besonderen Teil des Strafrechts, 2013, S. 14 ff. 7 BVerfGE 120, 224 (240). S. auch Hilgendorf, NK 2010, 125; Gärditz, Der Staat 49 (2010) 331 (346); Stuckenberg, GA 2011, 653.

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Strafrechtswissenschaft gegen die Einführung der Unternehmensstrafe ins Feld

führte. Juristische Personen, heißt es seit rund einhundert Jahren, seien weder

handlungs- noch schuldfähig und damit auch keine potenziellen Adressaten von

Strafrechtsnormen, auf deren Verletzung das Strafrecht mit einem Strafübel und

einem Tadel reagiere8. An diese „sachlogischen“ Strukturen des Strafrechts sei

der Gesetzgeber gebunden9. Von Zweckmäßigkeitserwägungen dürfte er sich

daher nicht blenden lassen: Eine Bestrafung juristischer Personen lasse sich

mit Begriff und Rechtfertigung der Strafe nicht vereinbaren10. Bei all dem läuft

die Strafrechtswissenschaft freilich Gefahr, sich von der Überzeugungskraft der

eigenen Begriffe blenden zu lassen. Werden hier nicht Begriffe von Schuld und

Strafe als absolut und überzeitlich gültig ausgewiesen, die in Wahrheit

soziokulturell wandelbar und folglich offen für die Einbeziehung juristischer

Personen sind? Verstößt die Unternehmensstrafe wirklich gegen Regeln der

Sachlogik, obgleich Korporationen in Deutschland bis in das 19. Jahrhundert

hinein bestraft wurden und heute in vielen Ländern der Erde (wieder) bestraft

werden?

Die von großen Teilen der Strafrechtwissenschaft praktizierte „technokratische

Politikberatung“11 war in den letzten Jahrzehnten nur mäßig erfolgreich12. Denn

der Strafrechtswissenschaft fehlen seit langem die Begriffe und Methoden für

eine gleichermaßen kritische wie überzeugende Begleitung der

Gesetzgebung13. Zudem neigen nicht wenige ihrer Vertreter dazu, einen Teil für

das Ganze zu nehmen: Indem sie komplexe soziale Probleme ausschließlich

durch den Filter der Dogmatik betrachten, reduzieren sie das

8 S. u.a. Engisch, Verhandlungen des 40. Deutschen Juristentages, 1953, Gutachten E, S. 7, 23 ff.; Heinitz, ebd., S. 67 ff.; Schmitt, Strafrechtliche Maßnahmen gegen Verbände, 1958, S. 178 ff., 196 f., 231; Schünemann, Unternehmenskriminalität und Strafrecht, 1979, S. 232 ff.; Ransiek, Unternehmensstrafrecht, 1996, S. 343; v. Freier, Kritik der Verbandsstrafe, 1998, S. 179 f.; Bock, Criminal Compliance, 2011, S. 397. 9 Zieschang, GA 2014, 91 (95 f.). Ähnlich Bock (o. Fn. 8), S. 400; Schünemann, ZIS 2014, 1 (2 f.). 10 v. Freier, GA 2009, 98 (102 ff.). S. auch Schünemann, ZIS 2014, 1 (4). 11 Heinrich/Lange, in: Lange (Hrsg.) Kriminalpolitik, 2008, S. 431 (433). 12 Den geringen Einfluss beklagen Albrecht, in: Institut für Kriminalwissenschaften (Hrsg.), Vom unmöglichen Zustand des Strafrechts, 1995, S. 429 ff.; Hirsch, FS Tröndle, 1989, S. 19 (38); Lackner, FS Tröndle, S. 41 (42). 13 Kubiciel (o. Fn. 6), S. 2 f., 78 ff., 115 ff.

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Regelungsproblem auf die Frage nach der Kompatibilität möglicher Lösungen

mit strafrechtssystematischen Vorgaben. Demgegenüber hat der Gesetzgeber

eine Vielzahl höchst unterschiedlicher Informationen rechtlicher, ökonomischer,

sozialer und genuin politischer Art gegeneinander abzuwägen14. Bei der

Bewertung der Handlungsoptionen kann die Politik die Steuerungswirkungen

einer Unternehmensstrafe und die Bürokratiekosten für Unternehmen und

Strafverfolgungsbehörden15 ebenso berücksichtigen wie die in der Gesellschaft

verbreiteten Anschauungen über eine angemessene Reaktion auf

Wirtschaftskriminalität. In diesem politischen Kraftfeld, aus dem Gesetze

hervorgehen, kann die Rechtswissenschaft zwar Impulse setzen. Die Zeiten

aber, in denen sie sich als „Herrin“ verstehen konnte, die der Legislative

Weisungen gibt16, sind mit der Etablierung eines demokratischen

Verfassungsstaates vorüber17. Es ist das Grundgesetz, das die

Geltungsgrenzen des demokratischen Gesetzes beschreibt. Über deren

Einhaltung kann die Wissenschaft zwar wachen; verbindlich festgestellt werden

können Grenzverletzungen aber nur durch das BVerfG. Mit „doktrinären

Gründen“ (Jhering) kann die Wissenschaft daher auch die Frage nach der

Strafbarkeit von Verbänden nicht letztgültig beantworten.

2. Renaissance der Rechtspolitik

Die Debatte um die Unternehmensstrafe ist denn auch in den vergangenen

Jahrzehnten nicht zum Erliegen gekommen. Korruptionsskandale namhafter

deutscher Konzerne und die (auch) von Banken ausgelöste Finanzmarktkrise

haben ihr in den letzten Jahren jedoch eine neue Dynamik verliehen.

Sichtbarstes Zeichen ist der im Jahr 2013 vom Justizminister des Landes

Nordrhein-Westfalen vorgelegte „Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der

strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen und sonstigen

14 Heinrich/Lange (o. Fn. 11). S. 432 f., 435. 15 Vogel, StV 2012, 427 (429). 16 Schmidt, Einführung in die Geschichte der deutschen Strafrechtspflege, 3. Aufl. 1965, S. 223.

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Verbänden“18, den die 84. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister

als Diskussionsgrundlage begrüßt hat19. Der Koalitionsvertrag enthält den

kryptisch formulierten Auftrag, „ein Unternehmensstrafrecht für multinationale

Konzerne“ zu prüfen20. Diese Stellungnahmen zeigen, dass eine kritische

Masse an Rechtspolitikern im Bund und in den Ländern die Pönalisierung

juristischer Personen für ein grundsätzlich zulässiges Instrument zur Verhütung

unternehmensbezogener Kriminalität erachtet. Die Idee eines

Verbandsstrafrechts ist folglich kein „kriminalpolitischer Zombie“21, sondern

höchst vital22.

Auch in der Strafrechtswissenschaft haben sich die seit Jahrzehnten

verfestigten Meinungen aufgelöst23. Wie schon in der Vergangenheit ist es eine

vergleichsweise kleine Schrift gewesen24, die den unter der Oberfläche weit

fortgeschrittenen Meinungsumschwung deutlich gemacht hat. In einem Aufsatz

konstatiert Joachim Vogel, dass die Frage nach der Zulässigkeit einer

Unternehmensstrafe „eher wenig mit Dogmatik und eher viel mit Kriminalpolitik

zu tun hat.“25 Grundsätzlich sei es Sache des Gesetzgebers zu bestimmen, wer

Zurechnungsendpunkt eines strafrechtlich relevanten Verhaltens sei26. Schüfe

er eine Unternehmensstrafe, hätten Unternehmen fortan als strafrechtlich

17 Vgl. Appel, Verfassung und Strafe, 1998, S. 390; ders., KritV 1999, 278 (301 ff.); Gärditz, Der Staat 49 (2010), 331; Lagodny, Strafrecht vor den Schranken der Grundrechte, 1996, S. 162 f.; Stuckenberg, GA 2011, 653 (654 ff.). 18 Gesetzesantrag des Landes NRW: „Gesetz zur Einführung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen und sonstigen Verbänden.“ 19 Beschluss der 84. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister 2013, Beschluss TOP II.5: Unternehmensstrafrecht. 20 Deutschlands Zukunft gestalten – Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, 18. Legislaturperiode, S. 145. 21 So Schünemann, ZIS 2014, 1. 22 S. nur die Monographien Kempf/Lüderssen/Volk (Hrsg.), Unternehmensstrafrecht, 2012; Pieth/Ivory (Hrsg.), Corporate Criminal Liability, 2011; Schmitt-Leonardy, Unternehmenskriminalität ohne Strafrecht?, 2013; Tschierschke, Die Sanktionierung des Unternehmensverbundes, 2013. 23 Zieschang, GA 2014, 91 (93). 24 Heinitz (o. Fn. 8), S. 71, weist auf eine kleine Schrift aus dem Jahr 1793 hin, die zur Ablehnung der ehedem anerkannten strafrechtlichen Haftung von Korporationen führte. 25 Vogel, StV 2012, 427; ders., JA 2012, Editorial Heft 1. Ebenso Tiedemann, Wirtschaftsstrafrecht AT, 4. Aufl. 2013, Rn. 372. 26 Dazu und zum Folgenden Vogel, StV 2012, 427 (428).

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handlungs- und schuldfähig zu gelten27. Die Strafrechtswissenschaft könne

diese Entscheidung nicht ignorieren, ohne die Geltung eines demokratisch

legitimierten Gesetzes zu bestreiten28. Damit ist die Diskussion um die

Unternehmensstrafe vom dogmatischen Kopf auf die kriminalpolitischen Füße

gestellt worden. Dies zu Recht: Der Entscheidungsspielraum des Gesetzgebers

ist nichts anderes als die Kehrseite der verfassungsrechtlich verbürgten Form

demokratischer Selbstbestimmung29.

3. Verfassungsrechtliche Vorgaben

Diese Betrachtungsweise hat den Vorwurf auf sich gezogen, sie sei Ausfluss

„erzpositivistischen“ Rechtsdenkens30. Kennzeichnend für ein

rechtspositivistisches Verständnis der Gesetzgebung ist die Annahme, die

Legislative sei zur Rechtschöpfung ex nihilio berechtigt, könne also im Rahmen

der Verfassung beliebige Regeln erlassen31. Tatsächlich hat der

Strafgesetzgeber nach Auffassung des BVerfG lediglich jene Grenzen zu

beachten, die ihm das Grundgesetz zieht32. Diese Grenzen sind jedoch weit

gespannt, denn zu Fragen wie die Schuld- und Straffähigkeit juristischer

Personen verhält sich das Grundgesetz nicht explizit33. Doch ist der

Gesetzgeber damit nicht zu einer „beliebigen“ Rechtssetzung ermächtigt. Will

der Gesetzgeber ein Regelungsproblem in einer tatsächlich und normativ

angemessenen Weise lösen34, hat er auch jene Rechtswerte und Prinzipien zu

beachten, die das Bundesverfassungsgericht dem Strafrecht unterlegt hat.

Diese „Grammatik“ des Strafrechts hat der Gesetzgeber bei der Fortschreibung

des Rechts zu berücksichtigen. Dabei handelt es sich nicht allein um ein Gebot

27 Ähnlich Kommission zur Reform des strafrechtlichen Sanktionensystems, 2000, S. 192; Dannecker, FS Böttcher, 2007, S. 465 (484); Salditt, FS Achenbach, 2011, S. 433 (440 f.). 28 Vogel, StV 2012, 427 (428). Vorsichtig zustimmend Hoven/Wimmer/Schwarz/Schumann, NZWiStr 2014, 161 (162); Mitsch, NZWiStr 2014, 1 (3). 29 Gärditz, Der Staat 49 (2010), 331 (347). 30 So Schünemann, ZIS 2014, 1 (4). 31 Braun, Einführung in die Rechtsphilosophie, 2. Aufl. 2011, S. 372. 32 Deutlich BVerfGE 120, 224 (240). 33 Vgl. Landau, ZStW 121 (2009), 965 (970). 34 Frisch, in: Stürner (Hrsg.), Die Bedeutung der Rechtsdogmatik für die Rechtsentwicklung, 2010, S. 169 (173).

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der politischen Klugheit35, sondern um einen Verfassungsauftrag: Wer eine

(juristische) Person Strafzwang unterwirft, den er nur formell-vordergründig als

Strafe ausweisen, nicht aber materiell-kohärent rechtfertigen kann, verletzt die

Grundrechte der strafunterworfenen (juristischen) Person36.

Daher darf auch die Einführung einer Unternehmensstrafe nicht jenen

grundlegenden Regeln widersprechen, die dem geltenden Strafrecht

eingeschrieben sind. Deren Fundament bildet die Straftheorie, also die Antwort

auf die Frage nach dem Recht des Staates zu strafen37. Zwar bekennt sich das

BVerfG ebenso wenig zu einer Straftheorie wie sich die Wissenschaft auf eine

Straftheorie verständigt hat38. Gleichwohl ist sich das BVerfG mit der

Wissenschaft zumindest darin einig, dass die Schuld Grund und Grenze der

Strafe ist39. Die Strafe sei vornehmlich eine repressive Übelszufügung als

Reaktion auf schuldhaftes Verhalten, „welche – jenseits anderer denkbarer

zusätzlicher Strafzwecke, die die Verfassung nicht ausschließt – dem

Schuldausgleich dient.“40 Demzufolge beruhe das Strafrecht auf dem

Schuldgrundsatz, der in der – juristische Personen nicht erfassenden41 –

Menschenwürdegarantie und im – auch hier geltenden42 – Rechtsstaatsprinzip

verankert sei43. Der Schuldgrundsatz ist nicht nur verfassungsrechtlich verbürgt,

er gehört auch zur „inneren Einrichtung“ unseres liberalen und rationalen

Strafrechts44.

Dennoch lässt sich die Bestrafung juristischer Personen allein deshalb für

unzulässig erklären, weil das Schuldprinzip vor dem Hintergrund eines auf

35 So aber Gärditz, Der Staat 49 (2010), 331 (366). 36 Insoweit wie hier Zaczyk, Der Staat 50 (2011), 295 (300). 37 Zur Bedeutung der Straftheorie Kubiciel (o. Fn. 6), S. 120 ff.; Pawlik, FS Jakobs, 2007, S. 469 ff. 38 BVerfGE 45, 187 (253 ff.); Hörnle, Straftheorien, 2011, S. 15 ff.; Pawlik, Das Unrecht des Bürgers, 2013, S. 61 ff. 39 Zur Bedeutung der Schuld Roxin, JöR 59 (2011), 1 (11 f.); Jescheck/Weigend, Strafrecht AT, 5. Aufl. 1996, S. 23. 40 BVerfGE 128, 326 (374); 109 (133); 168 (173); 99 (96, 140 f.). 41 So schon Böse, FS Jakobs, 2007, S. 15 (18). 42 Schünemann, ZIS 2014, 1 (8). 43 BVerfGE 123, 267 (413). S. auch H.A. Wolff, AöR 124 (1999), 55 ff. 44 Zu letzterem Kubiciel (o. Fn. 6), S. 135 ff.

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natürliche Personen bezogenen Strafrechts entwickelt worden ist45. Denn der

Satz, dass Strafe Schuld voraussetzt, ist weder biologisch noch anthropologisch

oder sachlogisch begründet46, sondern normativ und funktional. Denn der Satz,

Strafe setze Schuld voraus, ist weder anthropologisch noch sachlogisch

begründet, sondern normativ und funktional. Er soll gewährleisten, dass die

Strafe nur verhängt wird, wenn dies vor den Sinn- und Zweckzuschreibungen

der Strafe gerechtfertigt werden kann47. Lassen sich die Sinn- und

Zweckzuschreibungen der Strafe auf juristische Personen übertragen, kann

mithin auch Verbänden eine Schuldfähigkeit attestiert werden.

III. Präventionsmodelle

Die Forderungen nach Einführung einer Unternehmensstrafe werden heute

ausnahmslos mit der Präventionsleistung begründet. Kriminalstrafrechtliche

Sanktionen, liest man in unterschiedlichen Variationen, könnten eine stärkere

Präventionswirkung entfalten als die Bußgelder, die nach §§ 30, 130 OWiG

verhängt werden können48. Eine solche Begründung steht freilich vor dem

Problem, dass sie die Legitimation der Strafe an empirisch nachweisbare

Präventionserfolge koppelt49. Denn man kann die Bestrafung nicht mit dem

Verweis auf die verfolgten Zwecke rechtfertigen, wenn keine Klarheit darüber

besteht, ob diese Ziele realistischerweise erreicht werden können50. Angesichts

dessen ist der rechtsvergleichende Blick in Länder lohnend, die bereits

Erfahrungen mit der Unternehmensstrafe haben51. Trotz des internationalen

„Megatrends“52 zur Verschärfung der Sanktionen gegen Unternehmen ist das

Anschauungsmaterial jedoch weniger umfangreich als man annehmen könnte.

45 S. den berechtigten Hinweis von Sachs, in: Kempf/Lüderssen/Volk (o. Fn. 22), S. 195 (197). 46 NRW-Gesetzesvorschlag (o. Fn. 18), S. 29. 47 Insoweit übereinstimmend Roxin, Strafrecht AT I, 4. Aufl. 2006, § 19 Rn. 47; Jakobs, Schuld und Prävention, 1976, S. 8 ff. S. auch Böse (o. Fn. 41), S. 19. 48 Insofern übereinstimmend Alwart, ZStW 105 (1993), 752 (772); Dannecker (o. Fn. 27), S. 483; Salditt (o. Fn. 27), S. 436; Wessing, ZHW 2012, 301 (305); NRW-Entwurf (o. Fn. 18) S. 2, 4, 22. Krit. Rübenstahl, ZRFC 2014, 26 ff. 49 LK-Weigend, StGB, Bd. 1, 12. Aufl. 2007, Einl. Rn. 59. 50 Bosch, Organisationsverschulden in Unternehmen, 2002, S. 37 f. 51 Zur Bedeutung der Rechtsvergleichung Eser, FS Frisch, 2013, S. 1441 (1450 ff.); Kubiciel, RW 2012, 212 (217 ff.).

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Denn in der Rechtsentwicklung fließen sowohl echte strafrechtliche als auch –

dem deutschen Ordnungswidrigkeitenrecht vergleichbare – parastrafrechtliche

Haftungsregime zusammen53. Daher fehlt vielen ausländischen

Sanktionstatbeständen die Aussagekraft für die in Deutschland zu treffende

Entscheidung, ob die strafähnlichen Bußgeldvorschriften durch echte

Straftatbestände ersetzt werden sollen. Andere Regelungen sind bislang ohne

aussagekräftige praktische Wirkungen geblieben54. Daher wird im Folgenden

der Blick in die USA gerichtet, die seit mehr als 100 Jahren Erfahrungen mit

einer echten Verbandsstrafe sammeln konnten55.

1. Abschreckung?

In den USA wird die corporate criminal liability traditionell mit der

Abschreckungswirkung gerechtfertigt56. Dem wird entgegengehalten, eine

Geldstrafe habe keine größere Abschreckungswirkung als zivilrechtliche

Rechtsfolgen oder verwaltungsrechtliche Bußgelder, weil die

Abschreckungswirkung von der Höhe der zu zahlenden Geldsumme abhänge57.

Der Einwand überzeugt nicht. Er vernachlässigt den Umstand, dass die

Bezeichnung der Sanktion als Strafe zu einem größeren Reputationsverlust

führen und damit eine stärkere Lenkungswirkung entfalten kann als andere

Reaktionsformen58. Doch weist das abschreckungstheoretische

Rechtfertigungsmodell eine grundlegende Schwäche auf. Eine

Unternehmensstrafe trifft primär die juristische Person und sekundär die hinter

52 In diese Richtung Wohlers, in: Kempf/Lüderssen/Volk (o. Fn. 22), S. 231 (245 f.). 53 Pieth/Ivory, in: dies. (o. Fn. 22), S. 1 (13 f.); Pieth, in: Kempf/Lüderssen/Volk (o. Fn. 22), S. 395 (400); Schünemann, ZIS 2014, 1 (12). 54 Für die Schweiz Hilf, ZStR 129 (2011), 258 (274 f.). Für Österreich Fuchs u.a., Generalpräventive Wirksamkeit, Praxis und Anwendungsprobleme des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes (VbVG), 2011, S. 3 f. 55 S. dazu Diskant, Yale L. Journal 118 (2008), 126 (134 ff.). 56 Engelhart, Sanktionierung von Unternehmen und Compliance, 2010, S. 541 ff.; Kelly-Kilgore/Smith, American Criminal L. Review 48 (2011), 421 (436). 57 Brown, University of Pennsylvania L. Review 149 (2001), 1295 (1325); Leipold, ZRP 2013, 34 (37). 58 Modlinger, Brauchen wir zur Korruptionsbekämpfung ein Unternehmensstrafrecht?, 2010, S. 79; Wessing, ZHR 2012, 301 (305). A.A.: Leipold, FS Gauweiler, 2009, S. 375 (380); Ransiek, NZWiSt 2012, 45 (46).

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dieser stehenden natürlichen Personen, etwa Anteilseigner, nicht jedoch die

Geschäftsführung und andere Entscheidungsträger im Unternehmen59. Eine

Sanktionsandrohung kann sich aber nur dann auf das Unternehmenshandeln

auswirken, wenn der Normbefehl über vermittelnde Schritte, etwa verschärfte

Compliance-Vorgaben der Anteilseigner60, an die Entscheidungsträger

weitergetragen wird61. Auf diesen Mechanismus zu vertrauen, begegnet zwei

Einwänden. Zunächst begründet die Normverletzung für sich nur die Schuld des

handelnden Entscheidungsträgers, nicht jene des Unternehmens62. Daher lässt

das abschreckungstheoretische Modell die entscheidende Frage offen, weshalb

die Normverletzung des Entscheidungsträgers dem Verband als eigene Schuld

zugerechnet werden kann. Dies stellt eine verfassungsrechtlich erhebliche

Legitimationslücke dar. Einem Verband allein deshalb fremde Schuld

zuzurechnen, weil er selbst nicht schuldfähig ist63, ignoriert das

Legitimationsproblem, löst es aber nicht. Unabhängig davon ist die präventive

„Hebelwirkung“, die von einer Pönalisierung des Unternehmens auf das

Handeln der Geschäftsleitung ausgeht, eine Second-best-Lösung: Deutlich

größer ist die Abschreckungswirkung, wenn die Strafverfolgung der handelnden

Manager verschärft wird. Daher baut die amerikanische Rechtspolitik seit

Jahren die strafrechtliche Verantwortung von Managern aus64. Zudem führen

auch die Staatsanwaltschaften Untersuchungen gegen Unternehmen häufig nur

noch zu dem Zweck, strafrechtliche Ermittlungen gegen Individuen

vorzubereiten oder zu unterstützen65.

59 Prüfer, Korruptionssanktionen gegen Unternehmen, 2004, 81 ff. 60 Kudlich, in: Kuhlen/Kudlich/Ortiz de Urbina (Hrsg.), Compliance und Strafrecht, 2013, S. 209 (212 ff.); Prüfer (o. Fn. 59), S. 104 f. 61 Dannecker, GA 2001, 110 f.; Freier, GA 2009, 98 (115); Wohlers, in: Kempf/Lüderssen/Volk (o. Fn. 22), S. 231 (243). 62 Vgl. auch Schünemann, ZIS 2014, 1 (3). 63 S. aber Vogel, StV 2012, 427. Krit. Hoven, ZIS 2014, 19 (21); Freier, GA 2009, 98 (108); ders. (o. Fn. 8), S. 95 ff., 162 ff.; Schünemann (o. Fn. 8), S. 209, 225. 64 Dazu Schünemann (o. Fn. 2), S. 443 ff. 65 Diskant, Yale L. Journal 118 (2008), 126 (168 f.). Vgl. auch Hamdani/Klement, Stanford L. Review 61 (2008), 271 (304 f.).

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2. Verbesserung der corporate governance?

Eine andere Wirkung, die der Verbandsstrafe zugeschrieben wird, ist die der

positiven Spezialprävention, d.h. der Besserung. Die Androhung und

Verhängung einer Strafe soll Verbände nach dieser Logik zur Implementierung

interner Kontrollsysteme anhalten66. In den USA ist der Compliance-Ansatz eine

wichtige Legitimationsstütze der corporate criminal liability67. Er ist aber

keineswegs unumstritten. So wird darauf hingewiesen, dass die Unternehmen

durch die Gefahr strafrechtlicher Ermittlungen zur Etablierung von Compliance-

und Kontrollstrukturen motiviert werden, welche die Verantwortung vom

Unternehmen auf Individuen verlagern68. Tatsächlich haben Compliance-

Strukturen betriebsintern die Funktion, die Haftung des Unternehmens zu

vermeiden69. Hat die Prävention versagt und droht dem Unternehmen Strafe,

handelt es rational, wenn es das intern erkannte Delikt nach außen kaschiert70

oder die Verantwortung bei einzelnen Mitarbeitern isoliert71. Die Folge eines

Unternehmensstrafrechts muss also nicht die Verbesserung der corporate

governance sein, sie kann auch der Bildung von Strukturen Vorschub leisten,

welche die corporate liability minimieren72. Unabhängig davon lässt sich

bezweifeln, dass es einer Strafandrohung bedarf, um die Leitungsorgane zur

Implementierung von Compliance-Regeln zu motivieren. Denn in Deutschland

verfügen bereits 74% aller Unternehmen über entsprechende Regeln und

Programme73, ohne dass dazu eine Unternehmensstrafe notwendig gewesen

wäre. Ausschlaggebend für diese Welle waren die Einsicht in die strategische

Bedeutung solcher Vorkehrungen74 sowie die Sorge vieler Geschäftsleiter, beim

Fehlen hinreichender Compliance-Strukturen selbst zivilrechtlich zu haften oder

66 Dannecker (o. Fn. 27), S. 483; Schmitt-Leonardy (o. Fn. 22), S. 332 f.; Tschierschke (o. Fn. 22), S.146. 67 Engelhart (o. Fn. 56), S. 542 f., 654. 68 Hamdani/Klement, Stanford L. Review 61 (2008), 271 ff. 69 Saliger, RW 2013, 263 (266). 70 Kölbel, ZStW 125 (2013), 499 (504 f.). 71 Bock (o. Fn. 8), S. 227; Wessing, ZHW 2012, 301 (302). 72 Baer, Boston University L. Journal 92 (2012) 577 (636); Kelly-Kilgore/Smith, American Criminal L. Review 48 (2011), 421 (436). 73 Nestler/Salvenmoser/Bussmann, Wirtschaftskriminalität und Unternehmenskultur, 2013, S. 26.

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strafrechtlich verfolgt zu werden75. Von einer Unternehmensstrafe dürften keine

entscheidenden zusätzlichen Impulse ausgehen76. Die Integritätswelle, welche

die Privatwirtschaft in den letzten Jahren erfasst hat, lässt auch erwarten, dass

kleinere und mittlere Unternehmen jene Compliance-Defizite ausgleichen, die

kürzlich die EU festgestellt hat77. Schließlich führt auch der Compliance-Ansatz

zu der bereits beschriebenen Legitimationslücke: Wenn Vorstände und andere

Entscheidungsträger keine hinreichenden Integritätsstrukturen schaffen,

verletzen sie eigene gesellschafts- oder arbeitsrechtliche Pflichten. Weshalb

diese Pflichtverletzung zugleich die Schuld des Unternehmens begründet, bleibt

innerhalb dieses Rechtsfertigungsmodells offen.

IV. Alternativer Legitimationsansatz

1. Retribution

Angesichts der Schwächen der präventionstheoretischen Begründung der

Unternehmensstrafe kann es nicht überraschen, dass in den USA zunehmend

retributive Erwägungen zur Rechtfertigung der corporate criminal liability

eingeführt werden78. Diese sehen in der Strafe primär einen Ausgleich

begangenen Unrechts und lassen erst im zweiten Schritt eine

Zweckorientierung der Strafe, d.h. spezial- oder generalpräventive

Überlegungen gelten79. Auch die Unternehmensstrafe hat dann die primäre

Funktion, auf die Verletzung des Rechts zu reagieren80. Der Charme dieses

Legitimationsmodells besteht nicht nur darin, dass es die Berechtigung der

Strafvollstreckung von der Erreichung von Präventionszielen entkoppelt. Es

74 Rotsch, ZStW 125 (2013), 481 (485 ff.); Saliger, RW 2013, 263 (275 ff.). 75 Vgl. dazu Leyendecker, SZ v. 14.1.2011. 76 Ebenso Rotsch, in: ders. (Hrsg.), Criminal Compliance vor den Aufgaben der Zukunft, 2013, S. 3 (10). S. ferner Kudlich (o. Fn. 60), S. 224. 77 Dazu Kubiciel/Spörl, Journal of Business Compliance 2014, 5 ff. 78 Vgl. Baer, Boston University L. Journal 92 (2012) 577 (621, 629); Buell, Indiana L. Journal 81 (2006), 473 (516 ff.); Harlow, Duke L. Journal 61 (2011), 123 (137, 143); Neumann Vu, Columbia L. Review 104 (2004), 459 (492 f.). 79 Kubiciel (o. Fn. 6), S. 171; Zaczyk, Der Staat 50 (2011), 295. 80 Hirsch, ZStW 107 (1995), 285 (295).

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gewährleistet auch eine „Mindestparallelität“ 81 mit dem für Menschen geltenden

Strafrecht, dessen Grundlage der Gedanke des Schuldausgleichs bildet.

Indes setzt der retributive Ansatz voraus, was es nach h.M. nicht geben kann:

eine eigene Schuld des Verbandes82. Schuld und Verantwortung sind die

Kehrseite von Freiheit. Auch die Freiheit von Verbänden, am Sozial- und

Wirtschaftsleben teilzunehmen und dabei jene rechtliche Infrastruktur zu

nutzen, die Freiheit allererst ermöglicht, begründet mithin Verpflichtungen.

Verletzen sie diese Pflichten, müssen sie sich gefallen lassen, dass auf ihre

Kosten die Unverbrüchlichkeit des Rechts demonstriert wird83. Der Ausgleich

des Geltungsschadens, den die Person durch die Verletzung des Rechts

angerichtet hat, ist mithin legitim84. Überträgt man diesen Zusammenhang von

Freiheit, Fairness und Strafe auf die Verbände heißt das: Da Verbände die vom

Strafrecht geschützten Freiheiten (etwa die Wettbewerbsfreiheit, §§ 298 f.

StGB) genießen, können sie sich nicht beschweren, wenn sie für die ihnen

zurechenbaren Gefährdungen der Freiheit selbst bestraft werden85.

Für welche Gefährdungen der Freiheit aber sind sie zuständig? Nicht zuständig

ist ein Verband für das Unterlassen (betriebsbezogener) Straftaten; Träger

dieser Verpflichtung sind nur die eigenverantwortlich handelnden Individuen.

Wohl aber schuldet der Verband eine Binnenorganisation, welche die

Begehung von Straftaten aus dem Verband heraus bzw. zu seinem Nutzen

erschwert. Zwar hängt auch diese interne Organisation faktisch von

Handlungen natürlicher Personen ab: Compliance-Regeln können nur von

Menschen erarbeitet werden. Doch lässt sich aus der Tatsache, wer eine Pflicht

erfüllt, nicht schließen, wen diese Pflicht rechtlich trifft, wer also Subjekt der

Pflicht ist86. Bedient sich beispielsweise eine Person zur Erfüllung ihrer

81 Wendung: Vogel, StV 2012, 427 (430). 82 Zusammenfassend Hoven, ZIS 2014, 19 (20 ff.). 83 Vgl. Pawlik, Person, Subjekt, Bürger, 2004, S. 87, 90 f. 84 Vgl. Kubiciel (o. Fn. 6), S. 164 f. 85 Ähnlich Schmitt-Leonardy (o. Fn. 22), S. 333 f. Vgl. auch Löffelmann, JR 2014, 185 (188). 86 So aber offenbar Bock (o. Fn. 8), S. 403; Löffelmann, JR 2014, 185 (189); Schünemann, in: LK (o. Fn. 49), Vor § 25 Rn. 24.

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Verpflichtungen eines Erfüllungsgehilfen (§ 278 BGB), wird diese nicht aus ihrer

Pflichtenstellung entlassen. Daher kann auch das Unternehmen eine Pflicht zur

sorgfältigen Betriebsorganisation treffen, obgleich es der Geschäftsführung

oder besonders Beauftragten obliegt, diese Pflicht faktisch umzusetzen.

Unbeschadet eigener Pflichten der Geschäftsführer und sonstigen Mitarbeiter

kann der Verband mithin Verantwortung für seine Binnenorganisation tragen87.

Organisationsverschulden meint also nicht Zurechnung fremder Straftaten88,

sondern Zuständigkeit für organisatorische Fehler89.

Damit bleibt die Frage zu beantworten, ob die Fehlerhaftigkeit der

Binnenorganisation dem Verband auch strafrechtlich zugerechnet werden kann.

Dies ist zu bejahen. Denn die Schuldfähigkeit einer Person ist keine natürliche

Eigenschaft, sondern eine (rechts-)kulturelle: Sie wird zugeschrieben, wobei

sich diese rechtliche Zuschreibung an sozialen Zuschreibungsprozessen

orientiert90. Anders wäre es auch nicht zu erklären, dass Kooperationen in

Deutschland bis in das 19. und 20. Jahrhundert hinein bestraft werden

konnten91. Auch die heutige Gesellschaft hat sich seit langem (wieder) daran

gewöhnt, Unternehmen Verantwortung und Schuld für betriebsbezogene

Straftaten zuzuschreiben92. Der Gesetzgeber kann diesen sozialen

Anschauungen Rechnung tragen und damit das Strafrecht auf die Höhe der Zeit

bringen. Denn in unserem Sozial- und Wirtschaftsleben sind Kollektivsubjekte

wie (Unternehmens-)Verbände längst von „bloßen Randphänomenen“93 zu

bedeutenden Destinatären gesellschaftlicher Freiheit geworden, die zugleich

das Potenzial haben, die sozialen und politischen Voraussetzungen unserer

Freiheit zu gefährden94. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, den von Verbänden

87 Vgl. Böse (o. Fn. 41), S. 20 f.; Heine (o. Fn. 1), S. 264 f.; Schmitt-Leonardy (o. Fn. 22), S. . 407 ff., 532; Tiedemann (o. Fn. 25), Rn. 375, 377; ders., NJW 1988, 1169, 1172. Ähnlich Dannecker (o. Fn. 27). S. 484. 88 Dazu krit. Bosch (o. Fn. 50), S. 48. 89 Schünemann (o. Fn. 8), S. 238. 90 Hassemer, ZStW 121 (2009) 829 (848 ff.); Kindhäuser, ZStW 121 (2009), 954 (955); Kubiciel (o. Fn. 6), S. 91 f. 91 Heinitz (o. Fn. 8), S. 70 ff.; Tiedemann, NJW 1988, 1169. 92 So auch Hirsch, ZStW 107 (1995), 285 (292). 93 Alwart, ZStW 105 (1993), 751 (757). 94 Zur politischen Dimension von Wirtschaftsstraftaten Kubiciel, ZIS 2013, 53 ff.

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ausgehenden Gefahren für das Gemeinwesen und die Grundrechte der Bürger

mit angemessenen Mitteln zu begegnen95. Die Strafe ist eine

verfassungskonforme und mit den Prinzipien des Strafrechts kompatible

Reaktion auf ein Organisationsverschulden eines Verbandes.

2. Folgen für die Gesetzgebung

Die Verbandsstrafe reagiert auf eine unzureichende Innenorganisation. Sie ist

folglich eine „echte“ Strafe, die auf denselben Grundlagen ruht wie die

herkömmliche Strafe. Es steht dem Gesetzgeber daher frei, die

Bußgeldvorschriften der §§ 30, 130 OWiG durch einen oder mehrere

Straftatbestände zu ersetzen. Weil eine Verbandsstrafe auch innerhalb des

Strafrechts kein aliud darstellt, etwa eine kriminalpräventive Sanktion eigener

Art, besteht auch keine systematische Notwendigkeit, für sie ein eigenes, vom

StGB getrenntes Gesetz zu schaffen. Gleichwohl ist die legalistische Trennung

sinnvoll. Zum einen trägt dies dem Umstand Rechnung, dass nicht jeder

Tatbestand des StGB als Ausdruck einer betrieblichen Fehlorganisation

Anknüpfungspunkt für eine Verbandstrafe sein kann96. Zum anderen ist es

ungeklärt, ob sämtliche Regeln des Allgemeinen Teils des StGB auf die

Verbandsstrafe Anwendung finden können. Sollte sich bei der Anwendung

herausstellen, dass die Besonderheiten der Verbandsstrafe

Regelanapassungen notwendig machen, welche die Rechtsprechung nicht

durch eine Interpretation der lex lata vornehmen kann, lässt ein eigenes Gesetz

Raum für die Einführung besonderer Anwendungsregeln. Insofern ist der

Vorschlag Nordrhein-Westfalens zu begrüßen, ein eigenes Verbandsstrafgesetz

zu schaffen. Das gewählte Vorgehen ist zudem von hohem politischem

Symbolwert: Ähnlich wie der Transfer des Umweltstrafrechts vom

Verwaltungsrecht in das StGB während der 1980er Jahre97 macht die

Umwandlung der bisherigen Bußgeldvorschriften in Straftatbestände mitsamt

der Einführung eines besonderen Gesetzes deutlich, dass der Gesetzgeber die

95 S. etwa BVerfGE 31, 1 (44 ff.); 90, 145 (174); 120, 224 (240). 96 Vgl. dazu Kudlich, in: Kempf/Lüderssen/Volk (o. Fn. 22), S. 217 ff. 97 Dazu Saliger, Umweltstrafrecht, 2012, S. 7 ff.

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Gefahren, die von unzureichend organisierten Verbänden ausgehen, erkannt

hat, diese ernst nimmt und ihnen in einer Weise entgegen tritt, die große Teile

der Bevölkerung als angemessen erachten. Dass die Sanktion für die

Errichtung eines Systems schwarzer Kassen zu Korruptionszwecken denselben

Namen trägt wie ein Alltagsvergehen im Straßenverkehr, ist gesellschaftlich und

politisch nicht mehr zu vermitteln.

Verfassungsrechtlich bedenklich an dem NRW-Entwurf ist jedoch ein nicht

unbedeutender Teil seiner „Kernvorschrift“98. Nach § 2 I VerbStrG-E wird eine

„Verbandssanktion“ verhängt, wenn durch einen Entscheidungsträger in

Wahrnehmung der Angelegenheiten des Verbandes vorsätzlich oder fahrlässig

eine verbandsbezogene Zuwiderhandlung begangen worden ist. Im Ergebnis

schließt diese Vorschrift zwingend von einer Straftat des Einzelnen auf ein

Organisationsverschulden des Verbandes99. Da nach dem oben Gesagten die

schuldhafte Pflichtverletzung eines Organs nicht mit der Schuld des Verbandes

identisch ist100, ist ein solcher Schluss systematisch unzulässig. Vor allem ist er

verfassungsrechtlich problematisch: Denn den Verband für eine Straftat eines

Entscheidungsträgers ohne Nachweis seines Organisationsfehlers zwingend

haften zu lassen, widerspricht nicht nur dem Schuldprinzip, sondern ist auch

unverhältnismäßig. Die Begründung, mit welcher die Entwurfsverfasser diesem

Problem beikommen wollen, überzeugt nicht. Soweit es sich nicht um eine

Exzesstat ohne Verbandsbezug handele, beweise die Begehung einer

Zuwiderhandlung durch einen Entscheidungsträger, dass der Verband sein

Personal mangelhaft ausgesucht oder kontrolliert habe, heißt es101. Zwar ist die

von einem Entscheidungsträger begangene Zuwiderhandlung ein Indiz für eine

unzureichende Verbandsorganisation. Doch ist es ohne Weiteres vorstellbar,

dass eine leitende Person erst lange nach ihre Einstellung eine Straftat begeht,

die trotz zureichender Compliance-Systeme nicht zu verhindern gewesen ist.

Der Fall des ehemaligen Risikovorstands der BayernLB, Gribowsky, legt davon

98 Hoven/Wimmer/Schwarz/Schumann, NZWiStr 2014, 161 (162). 99 Zutr. kritisch Hoven, ZIS 2014, 19 (21). Befürwortend hingegen Tiedemann (o. Fn. 25), Rn. 377. 100 Böse (o. Fn. 41), S. 20 f.

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beredetes Zeugnis ab. Wer das politische Projekt „Verbandsstrafe“ nicht mit

dieser offen zu Tage liegenden verfassungsrechtlichen Problematik belasten

will, hat zwei Optionen: Die schlechtere Option ist es, auf eine restriktive

Auslegung des § 2 I VerbStrG-E in der Praxis zu vertrauen, die Fälle wie den

geschilderten als Exzesstat einstuft und dem Verband nicht zurechnet.

Vorzugswürdig wäre hingegen eine Ergänzung der Vorschrift. Diese müsste

klarstellen, dass eine Verbandsstrafe nicht verhängt werden darf, wenn der

Verband nachweist, dass er jene Compliance-Vorkehrungen getroffen hat, die

nach einer objektiven ex-ante Prognose notwendig und zumutbar erscheinen,

um Zuwiderhandlungen zu verhindern102. Diese Regel-Ausnahme-Lösung trüge

der oben skizzierten Indizwirkung Rechnung, gäbe dem Verband aber die

Möglichkeit, sich durch den Nachweis hinreichender Compliance-Strukturen zu

exkulpieren. Damit würde die verfassungsrechtliche Hürde mit Sicherheit

überwunden.

V. Ausblick

Aufgabe der Kriminalpolitik ist die fortdauernde Anpassung der Strafen an die

gesellschaftliche Realität103. Will der Gesetzgeber diesem Auftrag heute gerecht

werden, wäre die Verbandsstrafe eine verfassungskonforme Reaktion auf jene

Gefahren, die von unzureichend organisierten Verbänden ausgehen. Der

Entwurf des Landes NRW bietet für die Einführung einer solchen Strafe eine

exzellente Grundlage.

Wird er Gesetz, stellen sich straf-, verfahrens- und gesellschaftsrechtliche

Anwendungsfragen, die wegen der jahrzehntelangen Diskussion um das „Ob“

größtenteils nicht einmal gestellt worden sind, die aber von eminenter

praktischer Bedeutung für die unternehmerische, rechtsberatende und

gerichtliche Praxis sind. Beispielhaft seien genannt:

101 NRW-Entwurf (o. Fn. 18), S. 45. 102 Tiedemann (o. Fn. 25), Rn. 377.

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§ Wie weit reicht die materiell-strafrechtliche Zurechenbarkeit von

Zuwiderhandlungen zum Unternehmen?

§ Welche Compliance- und sonstigen Verhaltensanforderungen können an

Unternehmen, abhängig von ihrer Größe, gestellt werden?

§ Welche Regeln des Allgemeinen Teils des StGB sind auf die

Verbandsstrafe übertragbar?

§ Welche Tatbestände des Besonderen Teils sind zulässige

Anknüpfungspunkte für eine Verbandsstrafe?

§ Welche Rechte und Pflichten hat der Verband im Strafverfahren?

§ Welche Wechselwirkung bestehen zwischen einer Verbandsstrafe und

dem Gesellschaftsrecht?

Diesen Fragen will sich die an der Universität zu Köln angesiedelte und von Dr.

Elisa Hoven und Professor Dr. Michael Kubiciel initiierte interdisziplinäre

Forschungsgruppe „Unternehmensstrafe in der Rechtspraxis“ stellen. Als

Kooperationspartner wirken Professor Dr. Thomas Weigend

(Strafverfahrensrecht) sowie Professor Dr. Martin Henssler (Gesellschaftsrecht)

mit. Der bereits bestehende Austausch zwischen den Mitgliedern der

Forschungsgruppe und Vertretern von Rechtspraxis, Politik und

Nachbarwissenschaften soll fortgesetzt und ausgebaut werden.

103 Merkel, in: Vormbaum (Hrsg.), Moderne deutsche Strafrechtsdenker, 2010, S. 248 (263 f.).