Kollegiales Hospitieren - blogs¼r eine kollegiale Hospitation spielen alle diese Konzepte eine...

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Kollegiales Hospitieren Gedanken, Erfahrungen, Anregungen Fortbildungsveranstaltung für Lehrpersonen im Berufsbildungs- und Probejahr Referentin: Sigrun Falkensteiner

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Kollegiales Hospitieren

Gedanken, Erfahrungen, AnregungenFortbildungsveranstaltung für Lehrpersonen im Berufsbildungs- und Probejahr

Referentin: Sigrun Falkensteiner

http://blogs.rpi-virtuell.de/berufsbildungsjahr2016/

Blickwinkel lat. hostis: Feind, Gegner

lat. hospitari: als Gast einkehren, sich aufhalten

„Es braucht zwei, damit einer sich kennenlernt“ Gregory Bateson

»Die größten Effekte auf das Lernen treten dann auf, wennLehrpersonen in Bezug auf das Lehren selbst zu Lernenden werden

und wenn Lernende zu ihren eigenen Lehrpersonen werden.« (Hattie, 2013, S. 27)

Meine Zugänge(1) Einleitung

(2) Was ist kollegiale Hospitation?

(3) Der Bezugsrahmen der kollegialen Hospitation

(4) Vor- und Nachteile / Grenzen

(5) Ablauf einer kollegialen Hospitation

(6) Einblicke in eine kollegiale Hospitation

(7) Hinweise auf Instrumente

Kollegiale Hospitation – Was ist das?Kollegiale Hospitation bzw. Beratung meint

den Besuch von Lehrpersonen im Unterricht von Kollegen/innen

Ihnen voraus geht eine Vorbereitung, in der eine Verabredung über zu

beobachtende zu analysierende Aspekte des gezeigten Unterricht getroffen und

schriftlich festgehalten werden soll

Nach der Durchführung des Unterrichtsbesuchs findet eine Besprechung und

Auswertung dieser Stunde statt, in der die Beteiligten auf Kenntnisse der Feedback-

Kultur zurückgreifen können

Persönliche Einstellung 1. Erkunden Sie Ihre persönliche Einstellung zur Kollegialhospitation

2. Notieren Sie Ihre Überlegungen, Fragen, Befürchtungen, Erwartungen,

Hoffnungen

3. Tauschen Sie sich innerhalb einer Kleingruppe (2-3 Personen) dazu aus

ca. 5 min

Warum eine

Außensicht,

ein"fremder Blick" auf den Unterricht so wichtig ist

…oder: Wozu eigentlich?

• gegenseitige, unterrichtsbezogene Unterstützung• Erfahrungsschatz im Kollegium zum Vorteil aller nutzen• brauchbare Rückmeldung (da situationsimmanent)• Lernen im Zentrum: Schüler/innen und Lehrpersonen• Impulse für die eigene Arbeit

Hospitation als kollegialer Lernprozess

• Welche Faktoren tragen zu einem wirksamen Unterricht bei?• Welche Faktoren sind hilfreich für das Lernen der Schüler/innen?• Veränderungsmöglichkeiten erkunden für Dinge, die unbefriedigend sind

Komplexität des Lehr-Lern-Geschehens Multidimensionalität

Viele Ereignisse

GleichzeitigkeitVieles passiert gleichzeitig

UnvorhersehbarkeitVieles ist nicht vorhersagbar

UnaufschiebbarkeitReaktionen können nicht aufgeschoben werden

Relevanz für künftiges HandelnFolgenreiches Entstehen von Präzedenzfällen

Selbstevaluation erfordert eine Außensicht, einen "fremden Blick" Selbsteinschätzungen reichen nicht aus

Eine gezielte Weiterentwicklung des Unterrichts setzt eine empirisch

fundierte Bestandsaufnahme (Orientierung über Stärken und Schwächen)

voraus.

»Die kontinuierliche Kontrolle der Wirksamkeit des eigenen Tun‘s ist die

Schlüsselbedingung für erfolgreiche, das heißt sich selbst ständig

nachsteuernde didaktische Arbeit.« (Terhart, 2014, S. 216)

Andernfalls: Gefahr des „Stocherns im Nebel“ (Schratz)

Bezugsrahmen der KHDie «Kollegiale Hospitation» baut auf mehrere theoretische Lernkonzepte auf:

Erfahrungsorientiertes Lernen

Kooperatives Lernen

Kritische Reflexion

Reflexive Praxis

Für eine kollegiale Hospitation spielen alle diese Konzepte eine Rolle. Sie betonen, dass die kollegiale Hospitation mehr als nur ein Besuch im Unterricht, sondern Teil eines immer wiederkehrenden Zyklus ist, der mehrere Elemente beinhaltet.

Grundelemente einer KH

KH als Möglichkeit der Veränderung

Argumente für Kollegialhospitationen

Bestätigung und Anerkennung finden

mehr über das Lernen der Schüler/innen erfahren

mehr über die Wirkung von Lehr- und Lernarrangements erfahren

herausfinden, welche Verhaltensweisen als förderlich erlebt werden

Hinweise zur Optimierung der eigenen Praxis

Feedbackkultur und gemeinsames Verständnis von Unterricht

Professionalität nach außen hin

Nachteile / Grenzen gelingt nicht bei fehlendem Vertrauen oder komplexen Spannungen im

Kollegium

institutionelle Grenzen: Hierarchien, Kontrolle

stagniert bei fehlender Unterstützung

meist zeitlicher Mehraufwand

ersetzt nicht den Besuch von Fortbildungen

»Es muss die Bereitschaft der Lehrperson da sein, den Unterricht ständig

zu evaluieren und zu verbessern, sowohl im Team,

innerhalb der Schule als auch mit externer Hilfe.«

Eckhard Klieme

Menschenbild…

• Feedback, um sich mit dem eigenen Verhalten und der eigenen Wirkung auseinandersetzen zu können

• Wertschätzung für die Person und für die Fachkompetenz

• Herausforderung: Konfrontation veranlasst zur Prüfung der eigenen Person

• Lernen am Modell als Bereicherung und Anregung

• Interne Kausalattribution

Verschiedene Modelle der KH Freie Tandemhospitation/Teamhospitation: Interessierte Kollegen/innen bilden ein

Team oder eine Kleingruppe und besuchen sich im Unterricht

Jahrgangsstufen-Hospitation: Die Lehrer/innen einer Jahrgangsstufe besuchen sich

gegenseitig in ihrem Unterricht

Jahrgangs-/ Stufenübergreifende Hospitation: Die Lehrer/innen verschiedener

Jahrgänge / Stufen besuchen sich gegenseitig in ihrem Unterricht

So gelingt das Vorhaben am besten Kommunikation zwischen Partnern („auf Augenhöhe“)

Gegenseitiges Vertrauen

Gemeinsam vereinbarte Regeln

Rückmeldung statt Wertungen

Kein Erfolgsdruck

Beobachtet wird, was von Interesse ist

Organisatorische und räumliche Rahmenbedingungen

Ablauf

Vorbereitung: Zeit und Information

Zeitpunkt der Hospitation(en) festlegen Termin für die Vor- und Nachbesprechung fixieren

Absprache mit Direktor/in und Kollegen/innen Information an die Schüler/innen

Vorbereitung: ZieleAustausch der Basisinformationen zu Inhalten und didaktischer Planung der

Unterrichtssequenz

Austausch über Beobachtungsschwerpunkte und Indikatoren◦ Welches Ziel wird verfolgt?◦ Was soll beobachtet werden?◦ Woran kann man erkennen, dass das Ziel erreicht wurde?

eine Auswahl treffen Entwicklung / Vereinbarung eines Beobachtungsrasters in der Vorbesprechung

Ideen für Beobachtungsschwerpunkte

Instrumente

http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/9753.html?tx_solr%5Bq%5D=Ibox&id=9753&L=0

Beispiele: Beobachtungsschwerpunkt mit Kriterium / Qualitätsziel

Kriterium

Die Gruppenarbeit in meiner Klasse gelingt effizient und altersgemäß.

Indikatoren

(Indikatoren sind immer ganz konkret beobachtbar: „Daran würde ich erkennen ich, dass es so ist:“)

Die Schüler/innen beginnen nach normaler Organisationsphase sachbezogen zu arbeiten.

Es kommen mehrere zum Zug.

Sie bleiben mindestens eine Viertelstunde bei der Aufgabenstellung.

Beobachtungsschwerpunkt als Fragestellung Ausgangslage

In den vergangenen Wochen habe ich immer wieder Gruppenarbeiten geübt, die Arbeitsform in Gesprächen thematisiert und zu optimieren versucht. Der Erfolg ist unterschiedlich.

Fragestellung

Können möglichst alle Schülerinnen und Schüler in den Gruppenphasen an der Lernaufgabe arbeiten?

Auftrag:

Beobachte die Kinder bei der Gruppenarbeit. Sie sollten nun nach kurzer Zeit

- sachbezogen arbeiten können

- alle zu Wort kommen lassen

- mindestens eine Viertelstunde intensiv am Thema bleiben.

Focussierte Beobachtungsaufträge:Focus: Schüler/innen-Verhalten

• Wie nimmst du das Klima zwischen den Schüler/innen wahr? Fällt im Verhältnis bestimmter Gruppen (z.B. Buben / Mädchen) etwas auf?

Focus: Unterrichtsgestaltung

• Wie lange warte ich nachdem ich eine Frage gestellt habe? Wie viel Zeit lasse ich den Schüler/innen, um eigene Antworten zu finden? Gebe ich Zeit zum Nachdenken, Überlegen?

Focus: Lehrer/innen-Verhalten

• Wie gehe ich auf die Schüler/innen ein? Werde ich allen Jugendlichen gerecht oder bevorzuge ich einige wenige?

In der Freiarbeit arbeiten die Schüler/innen zielgerichtet und selbstständig.

Schüler/innen arbeiten konzentriert und ausdauernd.

Schüler/innen führen angefangene Aufgabe zu Ende.

Schüler/innen kontrollieren sich selbstständig.

Schüler/innen nutzen den Arbeitspass, indem sie ihr bearbeitetes Angebot abhaken.

Vereinbarung:• Ich führe mit Kleingruppen „neues“ Freiarbeitsmaterial ein.• Ich gebe motivierende Unterstützung bei der Bearbeitung und Nutzung des Arbeitspasses.• Ich nutze gezielter die Teilungsräume.

Beobachtungsbogen Freiarbeit

ZeitUnterrichtsbeobachtung

(Was ich sehe, was geschieht)

Meine Interpretationen(Was ich denke, meine Überlegungen, Fragen)

Gesprächspunkt(Besprechungspunkt)

Beobachtungsaufträge: Offene Beobachtungsaufträge

Aufträge mit konkreten Fragestellungen

Beobachtungsaufträge mit Kriterien guten Unterrichts

Achte auf das, was dir auffällt und melde mir das zurück.

Wie verständlich sind meine Anweisungen? Wie unterstützt mein Unterricht das selbstständige Lernen

der Schüler/innen?

Kriterien und Indikatoren

Unterrichtsbesuch die Klasse darauf kurz vorbereiten

klären, wo sich der/die Hospitationspartner/in aufhält (evtl. Sitzplatz

vorbereiten)

den/die Kollegen/in zu Beginn der Stunde in der Klasse offiziell begrüßen

Kritischer Blick auf mich (Beobachter): Wie verhalte ich mich, damit die Lernenden nicht durch mich abgelenkt werden?

Wir gelingt es, Wahrnehmung und Interpretation zu trennen?

Wie gehe ich mit Wahrnehmungen um, die mich emotional stark bewegen?

Wie kann ich mir bewusst bleiben, was eben in mir abläuft?

Wie gelingt es mir, mich auf die Fokusthemen zu konzentrieren ohne das Unterrichtsgeschehen als Ganzes aus den Augen zu verlieren?

Agierende Lehrperson• Passen Unterricht und Beobachtungsschwerpunkt zusammen?

• Ist diese Unterrichtsstunde wie sonst auch?

• Kein „Schaulaufen“

• Reagiere ich anders auf die Schüler/innen? Reagieren sie anders?

Reflexion und Nachbereitung

Wertschätzung

Empathie

SachlichkeitVertraulichkeit

Einige Regeln guten Feedbacks:

Auch über Positives Feedback geben. Warum? Feedback mit positivem Inhalt verbessert das Gesprächsklima. Feedback mit negativem Inhalt kann in der Folge leichter akzeptiert werden.

Feedback muss umkehrbar formuliert sein. Was ich dem Partner sage, sollte dieser dem Ton nach auch von mir sagen dürfen.

Warum? Umkehrbarkeit von sprachlichen Äußerungen ist ein Merkmal von Beziehungen gleichberechtigter Partner.

Feedback möglichst unmittelbar geben, aber den eigenen psychischen Verfassung und jener des Empfängers Rechnung tragen.

Warum? Der Bezug zur realen Situation ist bald nach der beobachteten Unterrichtssequenz leichter herstellbar. Unter starker psychischer Belastung ist man weder imstande, Feedback "regelkonform" zu geben, noch ist es zu akzeptieren

Feedback klar und genau formulieren. (evtl. auffordern, das Feedback zusammen zu fassen, so wie es verstanden wurde)

Warum? Ungenaues Feedback führt zu Missverständnissen.

Beim Gesprächsbeginn der Empfängerin / dem Empfänger Gelegenheit zu einer Selbsteinschätzung geben.

Warum? Verhindert oft ein späteres Verteidigen, klärt die Umstände und Hintergründe, verhindert ungerechtfertigte Kritik, bringt Vieles auf den Tisch, das im Feedback gar nicht mehr erwähnt werden muss.

„Sender“• Betreffen meine Rückmeldungen Aspekte, bei welchen die LP Möglichkeiten zur Veränderung hat?

• Wie kann ich meine Beobachtungen mitteilen, damit sie aufgenommen werden können?

• Wie gebe ich Antwort auf die vereinbarten Fragestellungen?

• Wie melde ich weitere eigenen Beobachtungen zurück?

• Worüber spreche ich nicht?

• Wo lobe ich? Wo melde ich Kritik an und wie genau will ich etwas sagen?

• Wie ist das Verhältnis von positiven und kritischen Rückmeldungen?

• Schaffe ich es zu trennen zwischen Wahrnehmung, Vermutung und Gefühl?

„Sender“• Eindruck beschreiben, nicht bewerten oder urteilen

• Gefühle in direkter Form als Ich-Botschaften aussprechen

• Feedback muss sich auf begrenzbares, konkretes Verhalten beziehen, nicht auf die ganze Persönlichkeit

• Rezepte und gute Tipps vermeiden

• den Gesprächspartner nicht analysieren oder psychologisieren

„Empfänger“

• Will ich in diesem Setting etwas lernen?

• Bin ich wirklich bereit, mich mit dem Gehörten auseinanderzusetzen?

• Wie vermeide ich es, in eine Verteidigungshaltung zu geraten?

• Wie kann ich Sachinformation von einer Wertung meiner Person trennen?

• Setze ich mir kleine und erreichbare Ziele?

• wenn möglich nur zuhören (aktiv zuhören)

Metaebene:• Wie haben wir zusammengearbeitet?

• Was an den Feedbacks wurde als hilfreich und förderlich erlebt? Was war schwierig?

• Fortschritte und Misserfolge

• Was brauchen wir noch? Woran sollten wir noch arbeiten?

• Resümee für weitere Hospitationen

Einblicke in eine kollegiale Hospitation

http://bildungsserver.berlin-brandenburg.de/10394.html

Eine sinnvolle Ergänzung

Potenzial des Schülerfeedbacks

Gibt Hinweise auf Stärken und Schwächen des Unterrichts aus Sicht der Adressaten

Hilft zu erkennen, wie Unterricht „ankommt“

Liefert Anlässe, um mit der Klasse ins Gespräch zu kommen

Sensibilisiert für Heterogenität in der Klasse

Abgleich:

lern-

förder-liches

Klima

Eigene Einschätzung Kollegiale Einschätzung Schüler/innen-Feedback

Der Umgangston zwischen mir und den Schüler/innen ist wertschätzend und respektvoll

Der Umgangston zwischen Lehrkraft und Schüler/innen ist wertschätzend und respektvoll

Die Lehrperson ist zu allen Schülerinnen und Schülern freundlich.

Die Lernatmosphäre ist entspannt und angstfrei (es wird auch mal gelacht)

Die Atmosphäre ist entspannt und angstfrei (es wird auch mal gelacht)

Die Lehrperson unterrichtet mit Freude und sagt auch einmal etwas Lustiges.

Ich gehe mit Fehlern von Schüler/innen verständnisvoll um (positive Fehlerkultur, keine Beschämung)

Die Lehrkraft geht mit Schülerfehlern verständnisfördernd um (positive Fehlerkultur, keine Beschämung)

Die Lehrperson bespricht Fehler so, dass ich nachher weiß, was ich falsch gemacht habe.

Ich danke Dir für dein Feedback – ich werde darüber nachdenken. Ich bin aber nicht auf der Welt, um so zu sein, wie ihr mich haben wollt.

(in Anlehnung an Fritz Perls)

… da kann einem schon mal der Kopf rauchen!

…Lehrer/innenpersönlichkeit

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!