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Direct Action ...

Konkrete Tipps ... Hintergrundinfos

Machtstrukturen offenlegen ... Rassismus + Sexismus stoppen ... Verstecktes Theater ...

www. direct-action .tk

Kommunikationsubversiv ... Widerstand im Alltag ... Antirepression... Von Überidentifikation bis "Notbremse" ... Dominanz demaskieren ... Fakes ...

kreativer Widerstand & herrschaftsfreie Visionen

1 Euro

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Die hier vorgestellte Aktion ist einerseits nur einBeispiel für viele Möglichkeiten, Kommunikationzu initiieren, zu steuern, inhaltlich zu füllen, nachaußen zu vermitteln usw. Darum soll es in diesemHeft gehen. Die Aktion zeigt als Beispiel, wie wert-voll es sein kann, viele Register zu ziehen. Anderer-seits ist die hier beschriebene Aktion mehr als nurKommunikation. Das ist auch wichtig. Keine Akti-onsform ist für sich allein befriedigend. Gelungenepolitische Interventionen oder Projekte bestehenimmer aus vielen Bausteinen − von der Informati-onsveranstaltung über die gezielten Brüche mit derNormalität herrschaftsförmiger Gesellschaftsorga-nisierung bis zu Militanz. Aktuelle politische Pra-xis ist meilenweit davon entfernt, besteht meist ausEinzelaktionen, die zudem noch vereinheitlichtsind, d.h. besteht nur aus einer oder wenigen Akti-onsformen. Nicht selten gibt es den Hang zu einerGroßaktion mit einheitlicher Struktur. Das Gegen-teil wäre nötig: Widerständigkeit überall, alltäg-lich. Und viele, viele selbstbestimmt agierende Ba-sis-Zusammenhänge wiederum gleichberechtigtund selbstbestimmt aktiver Menschen, die Aktions-formen trainieren, probieren, reflektieren, wei-terentwickeln und verbinden mit Projekten visionä-ren Charakters.Das soll hier vorab klargestellt werden. Die be-schriebene Aktion ist daher ebensowenig das Non-plusultra wie jede andere. Sie soll auch so darge-stellt werden, wie sie als Teil von mehr stattfand.Dennoch kann sie illustrieren, was mit der Ideesubversiver Kommunikation gemeint ist.

Der Kontext : Innere SicherheitIn Gießen begann im November 2002 ein umfang-reicher Aktionsreigen zur inneren Sicherheit. An-lass war die Verabschiedung der Gefahrenabwehr-verordnung, die zum Teil neue und teilweise auchbereits per Kleinverordnungen verbotene Handlun-gen zu einem beeindruckenden Law-and-Order-Ka-talog zusammenfasste.Am 12. Dezember sollte die Stadtverordnetenver-sammlung den Katalog verabschieden. Kurz vorhergab es erste Treffen politischer Gruppen, die dage-gen agieren wollten. Und erstmals saßen Akti-vistInnen demokratischer und herrschaftskriti-scher Gruppen zusammen. Kriselte es am Anfangnoch, so zeigte sich bald die Chance in dieser Mi-

schung. In die Proteste wurden Elemente kreativenWiderstandes hineingetragen und vermischten sichmit den traditionellen Mitteln wie Anträge, Demos,Infostände usw. In den Tagen vor der Sitzung über-schlugen sich bereits die Ereignisse − und es ge-lang, ein bis dahin kaum diskutiertes Thema zumStadtgespräch Nr. 1 zu machen. Eine Demo vor demEingang des Stadtverordnetensaales, einige kleine-re militante Aktionen (Graffiti, Farbbeutel usw.),Infoflyer, Pressearbeit und ein geniales Fake (ge-fälschtes Schreiben der Stadt Gießen an die Anwoh-nerInnen rund um den Stadtverordnetensaal, dermassive Sicherheitsvorkehrungen verkündete), dasviel Aufsehen erregte, schufen eine einzigartige At-mosphäre. Die Polit-Oberen versuchten, mit Hor-rorstories über den bevorstehenden Widerstand(„Autonome von außerhalb“ usw.) für Law-and-Or-der zu werben. Schließlich wurden zwei Aktivistisnoch im Vorfeld verhaftet (erster Fall von Unterbin-dungsgewahrsam nach dem erneuerten hessischenSicherheits- und Ordnungsgesetz), das Rathausvoll Polizei gestopft und am Eingang zum Sitzungs-saal viele BesucherInnen ausgesperrt. Bürgermei-ster Haumann, Meinungsführer der Gießener Law-and-Order-Combo griff selbst zur Subversion: Er er-fand eine Bombendrohung, um seine GegnerInnenkriminalisieren zu können (als das später rauskam,hatte das natürlich keinerlei Konsequenzen fürihn!).Kurzum: Die Stimmung war innerhalb weniger Ta-ge zu einem Siedepunkt gebracht. Auf diesen massi-ven Erregungskorridor, das erste Ziel vieler direk-ter Aktionen, sollten dann die weiteren Aktionenaufsetzen. Derer wurden viele geplant. Ein Bau-stein waren Innenstadtaktionen jeden Samstag um12 Uhr in der Mitte Gießens. Die erste gleich zweiTage nach der Stadtverordnetensitzung. Straßen-theater mit subversivem Ansatz (Reinigungskräftesäuberten Gießen von unerwünschten Menschen ...dazu gab es Infos, Flyer, Gespräche usw.), offensi-ves Lagern in der FußgängerInnenzone usw. füll-ten den Nachmittag, der mit einem Paukenschlagbegann. Die Polizei stellte eine Gruppe an die Wandund durchsuchte sie − mitten im Einkaufstrubel.Platzverweise folgten, aber am Ende siegte dieFrechheit und Platzverweise, Polizei usw. wurdengar nicht mehr beachtet.Am Folgesamstag fand eine Demo statt. Wiedersubversiv: Für mehr Polizei. Die waren dann auchda mit richtig vielen Einheiten ... und wurden an

Frech , kommunikativ, subversivBericht einer denkwürdigen Prozession für mehr Überwachungskameras in Gießen

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es von Kameras ... also ein optimalerOrt. Zudem wärmer und mit verdammtguter Akustik für Megafon, Gesängeund Gebete. Die Prozession zog auch imKarstadt den kompletten Kameradienstdurch (ca. 15min). Auch als alle Sicher-heitskräfte des Hauses zusammenge-kommen waren, zuppelten sie nur hilf-los an einzelnen AkteurInnen herum −immer wieder mit Konfetti überstreutoder angebetet. Nach Karstadt folgtenoch eine kleinere Aktion im Haupt-bahnhof. Fazit: Viel Spaß, viele Men-schen direkt erreicht, jederzeit komplettselbstbestimmt in den Handlungen, d.h.Gesetze, Normen, OrdnungshüterInnen

verschiedenen Stellen in die Aktioneneingebaut. Masse ist halt nicht Klasse −und Kreativität das Gegengift zu Herr-schaft.

Kamera dienstDann kam der dritte Samstag. WiederSubversion pur. Diesmal meldete eine„Initiative Sicheres Giessen“ eine Demofür mehr Überwachungskameras an.Das Ganze sollte als Prozession mit Got-tesdienst unter der Kamera am Markt-platz stattfinden. Und so geschah esauch. Zunächst ging es vom Treffpunktdurch die zentrale FußgängerInnenstraße, den Sel-tersweg. Dabei dominierte vor allem der Anti-Ka-mera-Song, ein Verschnitt auf „Wir lagen vor Mada-gaskar“ (siehe Kasten). Am Marktplatz angekom-men, lief dann der komplette Gottesdienst mit Ka-merabekenntnis, Kamera unser usw. ab − immermitten im Einkaufsrummel. Die Polizei hielt sichdiesmal für schlauer und kam gar nicht. Das warschon schade, denn den „Propheten des Sicherheits-gottes“ wäre einiges gewidmet gewesen − z.B. dieWeihrauchschwenker. Am Marktplatz tauchte eineStreife auf, fragte nach dem Demoanmelder, wurdeaber sofort lautstark bejubelt und angebetet als Pro-pheten der Sicherheit. Schnell flohen sie und ka-men auch nicht wieder. Kreativität aber zeigte sichauch hier als Gegengift: Kommen die Cops, werdensie eingebaut in das Geschehen. Kommen sie nicht,sind wir erst recht frech. So zog die Prozession vomMarktplatz nach getanem Kameradienst zurückdurch die gesamte FußgängerInnenzone und betratauf der anderen Seite den Karstadt. Dort wimmelt

Kamerabekenntnis

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Genauer: Umgang mit RepressionKreativ-subversive Kommunikation zeigt eine Stär-ke im Umgang mit Repression. EinE von Ord-nungskräften (Polizei, Gericht, Behörden u.ä.)angegangeneR Aktivisti ist nicht mehr nur Op-fer, sondern erlangt die Handlungsfähigkeitzurück. Im Verlauf der Auseinandersetzungenzeigte sich das vielfach deutlich: Repressions-maßnahmen wurden fast immer umgedreht inpolitische Aktionen mit starker Außenvermitt-lung. Das schützt nicht immer vor Bestrafungoder Polizeigewahrsam, aber mit der Zeit wurdesichtbar, dass der offensive Umgang mit der auf-tauchenden Po-lizei, bei Haus-durchsuchun-gen, Verhörenusw. die Repres-sionsbehördenmerklich zer-mürbte. Mehrauf den damali-gen Internetsei-ten: www.abwehr-der-ordnung.de.vu).

Kamera unser

Danke

Psalm 23

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usw. komplett nichtbeachtend und für al-le folgenlos. Und derkrönende Abschlussam Folgetag: Das An-zeigenblatt „Sonn-tagmorgenmagazin“hatte die Satire nichtkapiert und ernst-haft mit Foto berich-tet. Welch Freude ...

Mehr AktionenDie Innenstadtaktio-nen gingen weiter,mit immer neuen Ideen. Die Mischung reichte vonInfostand über Straßentheater und Demos bis zusubversiver Störung oder Militanz z.B. in Kaufhäu-sern. Endpunkt dieser Reihe, aber nicht das Endeder Aktionen insgesamt, war die Nachttanzdemo inder Nacht des 1. März. Verschiedene weitere Aktionen zur inneren Sicher-heit schufen zeitweise einen breiten Rahmen, indenen dann Menschen mit ihren Ideen einfach daseinbrachten, worauf sie Lust hatten. Militante Ak-tionen dieser Phase waren Farbbeutelattacken aufBehörden und Rathaus, Aktionen gegen Polizeige-bäude und -fahrzeuge, ständige Veränderungenvon Wahlplakaten, Aufkleber zu Videoüberwa-chung sowie Sprühaktionen auf die Geschäftsstel-len der Parteien.

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nen, Vertreibung aus der Innenstadt, herrschafts-stützender Propaganda usw. nur verärgert vorbei-zugehen. Kein Bulle, kein Parteistand, kein Türste-her ist mehr sicher selbst vor sehr kleinen Gruppenvon Menschen, die über Kommunikationsstrategi-en Bescheid wissen und Übung haben.Insgesamt gibt es zwei Möglichkeiten, wann undwie die Situationen entstehen, in denen die Kom-munikationsstrategien zur Anwendung kommen –entweder spontan, d.h. die Einzelperson oder Grup-pe trifft auf eine von anderen erzeugte Situationund will intervenieren. Beispiele sind Dominanzenin Veranstaltungen, rassistische, sexistische odersonstige diskriminierende Anmachen bzw. Über-griffe, Bullenrepression, Kontrollen und vielesmehr. Oder die Situation wird selbst erzeugt, d.h.durch verstecktes Theater sollen Debatten entste-hen, Utopien vermittelt und „Normalität“ in Fragegestellt werden.

Beispiel ... ê Fremdbestimmte Situation: Die Gruppeschlendert über den Bahnhof. BGS kontrolliertNicht-Deutsche. Normalerweise herrscht Hilfs-losigkeit. Mit geschicktem Rollenspiel, der Mi-schung aus Nachfragen, Argumentieren, Übe-ridentifikation bis zur technisch perfekten"Notbremse" kann die Kontrolle so gestörtwerden, dass den BGSlerInnen nur noch dieÜbersprungshandlung der Aggression gegendie Störung (die sich aber ja nicht als einheitli-che Gruppe zu erkennen gibt) oder die Fluchtübrigbleiben kann. ê Selbsterzeugte Situation: Gratiseinkauf ...Ziel dieser klassischen Aktion von Subversionmit geringem Aufwand ist die Thematisierungvon Verwertungslogik, Lohnarbeitszwang usw.Eine Gruppe geht in ein Kaufhaus. Eine oderzwei Personen stellen sich an der Kasse an,deuten dann auf ihre Produkte und sagen lautund deutlich (sonst ist es versuchter Diebstahl!... und außerdem sollen es ja alle mitbekom-men) so etwas wie: „Wir haben kein Geld, aberwir brauchen doch auch was zu essen. Daherwürden wir das gerne so mitnehmen.“ (oder:zum Anziehen, wollen auch Musik hören oderwas auch immer). Das schafft Irritation. Wahr-scheinlich reagieren schon verschiedene Men-schen. Die weiteren in der Gruppe stehen un-

Die Idee der Vermittlung und die Form einer Aktionals gezielte Kommunikation geht davon aus, dassAbläufe zu guten Teilen steuerbar sind. Zwar ist je-de Situation komplex, dennoch lassen sich konkre-te Wirkungen erzielen. Das kann für Aktionen,Außenvermittlung sowie zur Veränderung von Si-tuationen z.B. zwecks deren Weiterentwicklung,Entschärfung, des Einbringens von Themen, desProvozierens gewünschter Debatten oder auch desSchutzes vor Repression genutzt werden. Durchsolche gezielten Kommunikationsstrategien wer-den die jeweiligen Gegenüber teilweise oder ganz zuObjekten des eigenen Verhaltens. Das sollte bedachtwerden, ist doch Selbstbestimmung das Ziel eman-zipatorischer Politik. Gesteuerte Kommunikationist immer dann sinnvoll, wenn die Personen gegen-über selbst in Rollen agieren und vor allem Herr-schaftsansprüche durchsetzen wollen. Sie zu stop-pen, zu demaskieren, ihr Handeln aufzudecken undhinterfragen, Alternativen benennen oder Diskus-sionen darüber zu provozieren, kann und solltedann das Ziel von Kommunikationsstrategien sein.Sie sind dann zum einen direkte Gegenwehr undzum anderen Vermittlung nach außen, d.h. das Ge-spräch läuft nur scheinbar mit den VertreterInnender Herrschaft, tatsächlich aber für und mit denAußenstehenden, z.B. beobachtende oder günstigs-tenfalls immer mehr einbezogene Menschen in Fuß-gängerInnenzonen, Bussen und Bahnen, Gerichts-sälen, Veranstaltungen oder wo auch immer.

Die im folgenden genannten Strategien der Kom-munikation sind dabei allgemeingültig, d.h. siesind bei verschiedenen Anlässen anwendbar – nichtimmer jede, aber immer wieder viele von ihnen,gleichzeitig oder nacheinander, von den gleichenoder von verschiedenen Personen. Die jeweils ge-nannten Beispiele stehen folglich für endlos viele.Wer als Gruppe, FreundInnenkreis u.ä. diese Kom-munikationsformen trainieren will, übt nicht sche-matisches Verhalten oder einen festen Ablauf wiebei einem Theaterstück, sondern verschiedene Rol-len. Dazu nötig ist ein Verstehen der Rollen, dasmentale Durchspielen der Anwendung im Kopf,Übungen mit Rollenspielen, vor allem aber die An-wendung in der Praxis mit Auswertung und Weiter-entwicklung. Denn gesteuerte Kommunikation istauch und vor allem als Widerstandsstrategie im All-tag wertvoll. Endlich wäre es dann vorbei mit derZeit, bei rassistischen Polizeikontrollen, sexisti-schen Übergriffen, kinderunterdrückenden Sze-

Kommunikations strategien

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auffällig in der Schlange und entwickeln dieDebatte mit – sie nehmen die Rollen ein, dienicht von allein von den Nichteingeweihtenübernommen werden: Anmache, die neue Dia-loge zeugt („Wenn das alle machen würden“ –Antwort: „Ja, was dann ... das wäre dochgeil!“), Beschwichtigung, Überidentifikationoder andere Rollen.

Last but not least: Gezielte Kommunikation gehörtzu den Aktionsformen, die sich direkt vermitteln,die keiner Zeitung mehr bedürfen, um wahrgenom-men zu werden. Zudem ist sie eine Aktionsform vonMensch zu Mensch. Gerade das ist in der aktuellenpolitischen Landschaft in Deutschland selten unddaher ungewöhnlich. Zwar treten die meisten poli-tischen Gruppen für mehr Selbstbestimmung ein,politische Gruppen und Aktionsformen (Demo,Kundgebung, Infostand, Unterschriftensammlungusw.) organisieren aber eher geordnete Kollektivi-tät, in der der/die Einzelne nichts mehr zählt mit ei-genen Überzeugungen, sondern nur noch als Aus-führendeR der kollektiven Ideen des organisatori-schen „Wir“ – ob nun in Vorstandsetagen oder domi-nanzgeprägten Plena sog. basisdemokratisch be-schlossen.Insofern bedarf die Idee der kreativen Kommunika-tion auch der Befreiung des/der Einzelnen aus derselbstverschuldeten Unmündigkeit in politischenZusammenhängen. Der „Lohn“ ist faszinierend:Das Gefühl, interventionsfähig zu sein in einem All-tag, der bisher von Ohnmacht geprägt war.Die folgenden Kommunikationsstrategien und Rol-len in einem Gespräch sind teilweise kombinierbar.Was in welcher Situation passt, ist nicht vorherseh-bar. Wer als Gruppe unterwegs ist, sollte es so re-geln, dass ständig alle denkbar sind. Es ist also ge-nau nicht sinnvoll, als Einheit zu agieren, sondernin hoher Vielfalt. Es ist einfach besser, auch subver-siv die Rolle des eigenen Gegners zu spielen als die-se z.B. der Polizei, Faschos, PolitikerInnen, dem Ge-richt u.ä. zu überlassen.

1. Die eigene Position beziehenEs gibt verschiedene Möglichkeiten, eigene Inhaltezu benennen. Ziel kann dabei sein, die Person ge-genüber zu überzeugen, Dritte für die eigene Positi-on zu gewinnen, zum Nachdenken zu bringen u.ä.oder auch beides. Denkbar ist sogar auch, Drittewiederum einzubeziehen, um eine Vermittlung anVierte (z.B. später) zu ermöglichen, wenn der Ver-lauf des Ganzen veröffentlicht und interpretiertwird.

„Ähmm, entschuldigen Sie ... “ (Nachfragend höflich)Es ist immer gut, wenn nicht alle AkteurInnen inOpposition zu den Ausübenden von Herrschaft ste-hen. Zudem ist der Einstieg in die Kommunikationoftmals gar nicht anders denkbar als mit einerscheinbar höflichen Nachfrage. So kann es auchweitergehen – einfach immer nett nachfragend. Zu-dem besteht die Möglichkeit, die umgebenden Men-schen mit einzubeziehen, wenn Fragen nicht beant-wortet werden, mensch zurückgestoßen wird usw.Einfach andere ansprechen, sie fragen oder sich beiihnen beschweren über das Geschehen. Ziel vonkommunikativer Aktion ist, dass Menschen in dieDiskussion hineingezogen werden, eigene Positio-nen entwickeln oder sogar selbst handeln. Emanzi-patorische Aktion will Normalität und Gleichgül-tigkeit brechen. ê Jede Alltagssituation – allerdings mit derEinschränkung, dass in vielen Fällen die sichmächtiger fühlende Person genau das vermei-den will: Eine Situation, in der einfach Argu-mente gleichberechtigt ausgetauscht bzw. ge-geneinandergestellt werden. Penetrant-höfli-ches Nachfragen im Sinne von "Warum?"kann helfen, die Phalanx der dominanten Rhe-torik des „Das ist so“ oder „Das steht so im Ge-setz“ zu durchbrechen oder zumindest zu de-maskieren. Das gilt auch und gerade für alleSituation, in denen Normalität herrschaftsför-mig ist: „Warum ist das wichtig?“ als Frage imEinwohnerInnenmeldeamt, beim Ausfüllen vonFormularen usw. bezogen auf die Angaben vonGeschlecht, Nationalität usw. kann bemerkens-werte Diskussionen auslösen. Das wäre auchdas Ziel. Sollte eine Gruppe agieren, kann einePerson die auslösende Frage stellen und sichandere dann scheinbar unabhängig an der De-batte beteiligen mit anderen Rollen, die im fol-genden beschrieben sind.

„Hmmm, ich will Sie ja nicht belehren, aber ...“ (Argumentativ höflich)Herrschaftsausübung beruht meist auf einer eige-nen starken Stellung oder Recht. Ob dahinter auchArgumente zu finden wären oder nicht – in vielenFällen sind diese den Herrschaftsausübenden unbe-kannt oder nicht bewusst. Sie stützen ihr Verhaltenauf ihre Stärke, ihren Auftrag, einen Befehl odereben das Recht. Dem kann eine inhaltliche Argu-mentation entgegengesetzt werden. Der Unter-schied zur vorstehend beschriebenen Art ist, dasshier eine eigene (oder andere – kann ja auch tak-tisch gewählt sein, um einen bestimmten Ge-

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tend bis plakativer Totalverarsche (die dann auchauffällt, nützt nur nix!) alle Varianten kennt. Überi-dentifikation bedeutet, eine Äußerung, Handlungu.ä., die eigentlich kritisiert werden soll, zu über-spitzen und damit zu demontieren. Das kann auchlaut geschehen, besonders schnell kann Hilflosig-keit beim Gegenüber entstehen, wenn das zu kriti-sierende Verhalten offensiv und laut bejubelt bzw.die Person sogar angebetet u.ä. wird. ê Innerer Sicherheitswahn: In Gießen undFrankfurt wurde von Direct-Action-Gruppendie ständige Präsenz von Polizei und immermehr Kameras in mehreren Aktionen durchÜberidentifikation bis zum religiösen Sicher-heitswahn so karikiert, dass nicht nur Kame-ras angebetet wurden, sondern auch Unifor-mierte, die für Ordnung sorgen und eigentlicheinschüchternd wirken sollen; durch lautenJubel („Ja, die Propheten unseres Sicherheits-gottes“) bis hin zu Füße küssen oder offensiverAufforderung zum Gewalteinsatz (ganz laut:„Bitte, bitte hau mir endlich eine rein“ oderSlogan „Bullen lasst das Glotzen sein, fahrt dieDemonstranten ein ...“). Auf der FrankfurterZeil kam es Anfang April 2003 zu der bemer-kenswerten Situation, daß Polizisten regelrechtflüchteten vor ihren "VerehrerInnen", nach-dem sie zunächst eine Aktion stoppen wollten– die meisten PassantInnen reagierten rechtpositiv auf die komplette Dekonstruktion der(damals noch) grünen Machtfülle. ê Bei einer rassistischen Kontrolle die Ord-nungshüterInnen laut loben, dass endlich malwieder ordentlich durchgegriffen wird. Seit1945 hätte in Deutschland immer Lotterlebengegolten ... „mein Opa hat mir von früher er-zählt, da wars noch gut. Es ist zu hoffen, dassmehr wie Sie wieder diese alten deutschen Tu-genden ...“ usw. ê Bei Androhung von Repression (z.B. auch beider Aktion an der Kasse) noch mehr Recht undOrdnung fordern. Verweisen auf die Gründefür Recht und Ordnung, diese dabei ins Absur-de führen, ohne die eigene Glaubwürdigkeit zu

verlieren (auf autoritäre Regi-me verweisen oder auf die Zu-kunft, wo es allen schlechtergehen werde und dann mehrDisziplin nicht schaden kann...).

sprächsverlauf zu erzeugen) Position entgegenge-stellt wird. Eine Verknüpfung beider Formen istmöglich – sowohl als eine Person wie auch durchzwei scheinbar unabhängig agierende Personen.

2. Die Gegen position übernehmen und verändernDie bisher genannten Formen sind eher "normale"Kommunikation. Alle weiteren weichen davon ab,wenn das auch im besten Fall nicht sichtbar wird.Sie benutzen unauffällige Formen der Gesprächs-führung, wie sie auch tatsächlich vorkommen kön-nen. Aber sie setzen diese sehr gezielt ein und mi-schen die verschiedenen Rollen, die die AkteurIn-nen dabei spielen, so geschickt, dass die Chancewächst, eine Debatte auszuweiten, Kritik und Visi-on diskutieren und schließlich das Geschehen be-einflussen zu können.

„Sie haben ja Recht, aber vielleicht geht es auchohne Gewalt“ (Verständnisvoll liberal)Die Position des Herrschaftsausübenden wird un-terstützt, gleichzeitig aber dafür plädiert, das ur-sprünglich Gewollte nicht durchzuführen. Kom-munikationsstrategie ist also, sich „einzuschlei-men“ und dadurch Einfluss nehmen zu können.Das kann insbesondere dann sinnvoll sein, wenn esdarum geht, einen Schaden abzuwenden – z.B. füreinzelne Menschen. Gefahr droht, weil nach außendie Bullenattacke verteidigt wird. Es kann daherim Verlauf nötig sein, die Sache aufzuklären: Dasses darum ging, Menschen aus der Repression zu be-freien. Eigentlich würde mensch uniformierte Ord-nung ganz ablehnen, aber leider hätten sie dieMacht ... ê „Kontrolle“ oder „Repression“: Mit den Copsein Gespräch anfangen, wie wichtig sie sindoder ähnliches. Eigene Erlebnisse erfinden, diepassen. Und dann unauffällig dahin überge-hen, dass aber diesmal doch nicht übertriebenwerden sollte usw.

„Jetzt schlagen Siedoch mal richtig zu“ (Überidentifikation)Eine interessante Vari-ante ist die Überidentifi-kation. Ein krasses undäußerst wirksames Mit-tel, das von zurückhal-

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„Sehr gut, so wollten wir das haben“(Durch Loben Verhalten beenden)Wer sich in der Nähe von Wichtig-Uniformiertendarüber unterhält, dass die Polizei sich planmäßigverhält und deshalb alles gut weiterlaufen kann,hat mehr Chancen auf eine Veränderung derPolizeistrategie als wenn mensch sich beschwert.Die Polizei will ja keinen Applaus, sondern politi-sches Engagement behindern.ê Denkbar sind auch Aufrufe per Megafon an dieAktivistInnen, sich Zeit zu lassen oder weiter-zumachen, weil die Polizei sich wie erwartetund erwünscht verhält.

3. Die Kommunikation steuernMit verschiedenen Mitteln ist es möglich, nicht nurdie Inhalte, sondern auch die Form der Kommuni-kation zu steuern − also besänftigen, provozieren,stärker nach außen wirken usw.

„In § 108 steht aber ...“ (Formalisieren)Wer sich in Paragraphen auskennt, kann oftmalsHinweise auf Gesetze, Verordnungen oder Gerichts-urteile anfügen und damit viele Menschen, vor al-lem Repressionsorgane wie Polizei, BGS usw. beein-drucken. Da die meisten Cops wenig über Paragra-phen wissen, können sie damit irritiert werden –zumal mit der Androhung, den Fall aufrollen zuwollen, z.B. vor dem Verwaltungsgericht. Daherauch immer gleich nach Namen fragen − wegen derZeugenvorladung mit Vernehmung. Das schüchtertdann doch einige ein − auch wenn sich die Polizeigrundsätzlich erstmal folgenlos rechtswidrigverhalten kann.

„In der Benutzungsordnung für städtische Kreu-zungen steht aber ...“ (Blöffen)Wer sich nicht in Paragraphen auskennt oder weiß,dass es gar keinen solchen gibt, kann dennoch for-mal argumentieren. Denn wer weiß schon, was imParagraph xy der Soundso-Verordnung steht. Alsoeinfach mal behaupten, sauber zitieren und gu-cken, was es bewirkt. Optimal auch hier wieder dasZusammenspiel der verschiedenen Rollen. Menschstelle sich die Wirkung vor, wenn ein solcher Blöffkommt und die Person, die die Rolle der Unterstüt-zung des Gegners spielt, bestätigt den Paragra-phen, in dem sie sich spürbar ärgert, dass er leiderbekannt ist.

„Kennen Sie den Weg nach ...?“ (Ablenken)Alles, was die Strategien der Herrschaftsausüben-den durcheinander bringt, kann helfen. Wennscheinbar Unbeteiligte irgendwas fragen, Hilfebrauchen usw. (auch zu gänzlich anderen Sachen,eben scheinbar zufällig), kann erstmal Zeit gewon-nen werden, die Situation entschärft oder Öffent-lichkeit hergestellt werden.Zur Ablenkung gehören auch Aktionen, die zu Re-aktionen von Repressionsorganen führen, z.B.Kreuzungsbesetzungen, Blockaden usw.ê Stadtplan präparieren, z.B. in Hülle mit Na-men der Stadt einen anderen Stadtplan einkle-ben ... das kann dauern (außerdem sind Stadt-pläne immer gut, um Sichtschutz für kleineManöver zu schaffen).ê Glaubwürdigkeit erhöhen: Visitenkarte vonHotel oder Tagung dabeihaben und nach Wegdorthin fragen.

„Achtung! Eine Durchsage!“ (Notbremse ziehen)Sollte alles nichts nützen und der Ablauf der Dingenicht im eigenen Sinne zu organisieren sein, sobleibt neben der (oft nicht sinnvollen, weil aus-sichtslosen oder schwierig vermittelbaren) gewalt-förmigen Aktion die einer intelligenten Notbremse.Damit ist gemeint, ein Ereignis zu schaffen odervorzutäuschen, das die Aufmerksamkeit vom bishe-rigen Geschehen voll ablenkt. Hierzu sind ebenfallsÜbung in Kommunikation und Täuschung sowieoft technisches Know-How nötig. ê Rassistische Polizeikontrolle: Die verschiede-nen anderen Strategien haben nichts genützt.Die Kontrolle wird gnadenlos durchgezogen.Plötzlich kommt eine Durchsage durch denBahnhofslautsprecher: „Achtung, Achtung!Die Bediensteten des Bundesgrenzschutzes bit-te sofort auf Gleis 3 in den Abschnitt C!“ EinAktivisti hatte sinnvollerweise einen 8mm-Vier-kantschlüssel dabei und damit die Lautspre-cheranlage am Bahnhof freigeschaltet. DieBGSlerInnen bemerken das vielleicht erst aufGleis 3 ...

„Jetzt machen Sie endlich eine Anzeige!“ (Repression einfordern)In Zusammenhang mit offensiver Überidentifikati-on oder auch unabhängig davon ist das Begrüßen,Bejubeln oder sogar Einfordern von Repression ei-ne meist ziemlich überraschende Kommunikations-strategie. Generell gehen alle, die mit etwas drohen

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hervor, die gewollt sein können, um eine Situationzu verändern, Desinteresse zu durchbrechen, vonanderen Zielen abzulenken, Aufmerksamkeit zu er-reichen u.ä. Oft aber führt platte Provokation dazu,dass mensch sich in seinen Handlungsmöglichkei-ten einschränkt. In einer Gruppe, die allerdings jaals Gruppe nicht erkennbar wird, bietet das abergute Chancen, denn die anderen oder einige anderekönnen auf die Provokation reagieren − etwa umzwar zunächst die Provokation zu tadeln, aber danngenau den Faden aufzunehmen per Überidentifika-tion mit den Provozierten: „Du kannst doch die Poli-zei nicht schlecht machen, auch wenn sie Arschlö-cher sind. Schließlich brauchen wir die für ...“ unddann richtig was reinpacken an Inhalten.ê Gezielte Provokation kann auch genutzt wer-den, um Verstecktes an die Öffentlichkeit zuzerren. Ein prägnantes Beispiel ist der Überfalleiner Streifenwagenbesatzung auf fahrradfah-rende Projektwerkstättler im Frühjahr 2002.Das war reine Schikane, die ,Bullen' klauten

die Fahrradventile und drangsa-lierten die Aktivisten. Mit der An-kündigung, die dann folgendeHandlung zu machen, damit es ei-ne Anzeige und damit ein Ge-richtsverfahren gibt, wo über denVorgang Öffentlichkeit herge-stellt werden kann, stellte sichein Aktivist vor einen Uniformier-ten und formulierte: „Achtung!

Passen Sie auf! Zücken Sie schon mal ihrenNotizblock. Und jetzt hören Sie gut zu ...Arschloch!“ Der Betroffene wagte keine Anzei-ge, der Prozess blieb aus. Auch gut.

Beleidigungen können teuer werden. Mit etwas Ge-schick lassen sich aber, wenn es als sinnvoll erach-tet wird, doch solche aussprechen, die aber nurscheinbar welche sind. Wer etwa einen Uniformier-ten „Arschloch!“ nennt, wird wohl eine Anzeigekassieren. Wer aber sagt: „XY hatte doch recht, dassBullen einfach Arschlöcher sind“, sagt das gleicheaus, es ist aber eben keine Beleidigung, da diesekonkrete oder zumindest eine überschaubare Zahlvon Personen betreffen muss. Die Aussage „Solda-ten sind Mörder“ wurde früher mehrfach bestraft,bis das Bundesverfassungsgericht klarstellte, dassdas nicht ginge − unabhängig davon ist der Spruchaber blöd, denn Mörder haben immer ein Motiv,wenn auch oft ein schlechtes, und werden durchden Vergleich mit Soldaten diffamiert.Mit diesen Sätzen erfolgte nur ein rechtlicher Hin-weis. Ob ein Schimpfwort oder eine herabwürdigen-

oder drohen können, davon aus, dass im NormalfallEinschüchterung die Folge sein wird. Ganz Hartge-sottene reagieren höchstens cool, also unbeein-druckt. Politische Gruppen haben in ihrer Ge-schichte auch vor allem Angst gezeigt. Fast alle Ak-teurInnen sind solange radikal, bis sie einmal rich-tig Ärger mit Papi Staat bekommen. Vor allem aufDemonstrationen wird sich gerne verbal-radikal ge-geben, aber meistens reichen einige wenige Unifor-mierte, um eine Menge von Demonstrierenden inSchach zu halten.In einer solchen Situation sind die Verhältnisse vonDrohung und Eingeschüchtertsein normalerweisegeklärt. Umso überraschender kann die offensiveFormulierung kommen, unbedingt weitere Repres-sionen zu wollen, weil jede Festnahme oder jederGerichtsprozess eine Aktion werden wird. Wer An-drohung von Polizeigewalt erstens bejubelt undzweitens sowohl die Drohung wie auch eventuell dietatsächlich vollzogene nach außen zu vermittelnweiß, bricht den Schrecken derselben. ê Festnahmen sind inder Regel auffällig undöffentlich. Wenn dieFestgenommenen überlaute Dialoge mit denFestnehmenden oder in,Reden' nach außenthematisieren, warumFestnahmen und Poli-zeigewalt in einer auto-ritären Gesellschaft nötig sind, was der Sinnvon Einschüchterung und Norm-Durchsetzungist und dass die Polizei eine Herrschaftsstruk-tur ist, kann eine Festnahme zur Aktion ma-chen. Gut gelang das z.B. nach einer Straßen-theateraktion im Zuge der Anti-NATO-Proteste2001 in München, als die Festnahme mitDurchsuchung usw. auf einer öffentlich gutsichtbaren Fläche über eine Stunde dauerteund sowohl von den Festgenommenen als auchdurch Außenstehende in lauten Schein-Handy-Gesprächen über die Situation gegenüber Zu-schauenden gut vermittelt wurde.

4. Beleidigen und Provozieren„Haben Sie ein Rad ab?“ (Provozieren)Wem eine Debatte zu langweilig oder festgefahrenist, der/die kann provozieren. Das kann durchausgeschickt mit Inhalten verbunden werden. Provo-kation ruft emotionale oder repressive Reaktionen

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de Formulierung sinnvoll sein können, muss − derLogik von ,Direct Action' entsprechend − immerwieder neu und in der konkreten Situation genauüberlegt werden. Wütendes Anbrüllen ist oft zwarverständlich, aber ein Zeichen dafür, dass offenbarkeine organisierten Handlungsstrategien mehrverfolgt wurden.

5. Die AußenvermittlungAlles bisher Gesagte kann bereits sehr stark nachaußen wirken. In vielen Situationen bilden sichschnell Kreise von Interessierten bis Schaulustigenum das Geschehen. Dann ist wichtig, dass immerauch Teile der Kommunikation an diese gerichtetsind. Noch bedeutender ist das, wenn die Aufmerk-samkeit noch nicht da ist und erst hergestellt wer-den muss.

„Was ist denn da los?“ (Anfragen von außen)Um überhaupt die Situation so zu verändern, dassnicht alles im kleinen Kreis bleibt, kann eine Per-son als scheinbar Unbeteiligte laut anfragen, wasdenn da los sein. Neben Interesse am Vorgang kannauch ein ganz anderes Interesse vorgetäuscht wer-den (z.B. Ruhe, Konkurrenz um den Ort ...). Ausder Antwort oder dem Ausbleiben einer Antwortentsteht dann der gewollte Dialog.

„Geht arbeiten!“ (scheinbare Anpisse von außen)Eine Art Überidentifikation mit den allgemein re-pressiven Verhältnissen ist möglich, ohne jeglichenBezug zum konkreten Vorgang. Sätze wie „Geht ar-beiten!“ sind eigentlich immer möglich und bietenden anderen AkteurInnen der nicht erkennbarenGruppe die Möglichkeit, darauf zu reagieren und soeinen Dialog zu entwickeln.

„Der kann nicht anders!“ (Falsches Verständnis äußern)Vieles der alltäglichen Unterdrückung entsteht ausBefehlsnotstand oder Rollenverhalten in der Gesell-schaft. Das Auftreten des Verhaltens ist ein guterAnlass, die dahinterstehenden Herrschaftsstruktu-ren, Diskurse usw. zu thematisieren. Einen sexisti-schen Übergriff nicht platt anzugreifen, sondernper Nachfragen u.ä. aufzurollen, wie Sexismus ent-steht über Zurichtung in Erziehung, Ausbildung,gesellschaftlicher Rollenzuschreibung und Erwar-tungsdruck in mackrigen Zirkeln, kann einige

Überraschung bringen. Wenn die nicht erkennbareGruppe dann verschiedene Rollen spielt – auch diedes Zweifelns an gesellschaftlich bedingtem Sexis-mus – kann mensch den Ort des Geschehens mitder Diskussion (z.B. U-Bahn-Waggon) schnell kom-plett einnehmen.Die Steigerung: Die Diskriminerung auch selbstspielen und Nichtreaktionen von Anwesenden the-matisieren – ein bemerkenswertes verstecktesTheater, was schon einige Male probiert wurde underschreckende Ergebnisse über die Gleichgültig-keit von Menschen hervorbrachte.

6. Autorität demaskierenRepressionsorgane treten in vorgegebenen Rollenauf. Diese werden von ihnen nicht frei gewählt,sondern entsprechen den internen Zielen von Re-pression und den konkreten Befehlen an die han-delnden Personen. Zwar ist nie gänzlich klar, werwelche Strategie in Bezug auf das Ziel verfolgt, abermeist gibt es nur wenige Möglichkeiten. Teil einerAktion kreativer Antirepression kann immer dieDemaskierung der Rolle von Repression sein. Dabeibesteht immer die Chance, die Funktion zu brechen,d.h. über die Entlarvung von Repression bis zumLächerlichmachen des Herrschaftsauftritts.

„Kann ich auch so einen Ausweis haben?“ (Auslachen, Witze machen)Wenn sowieso keine Chance auf irgendeine inhaltli-che Vermittlung besteht, das Verhalten des Gegen-über z.B. durch besonders aggressive Sprüche ge-eignet ist für diese Strategie und die Gefahr einerEskalation gering bzw. kalkulierbar ist, können Re-pressionsorgane einfach durch gezielte Witze, spa-ßige Rückfragen, Satire usw. dekonstruiert wer-den. Oft ist Repression schon am Ende, wenn Ein-schüchterung nicht wirkt.Wichtig: Emanzipation ist der Prozess zur Selbstbe-stimmung von Menschen. Menschen erniedrigen,diskriminieren usw. ist das Gegenteil davon. Dassollte bedacht werden, wenn Repressionsorganeveralbert werden. Der Witz darf sich nur auf dieSprache, Form, Inhalte und Symbole der Repressi-on bzw. Herrschaft beziehen, nicht auf das Mensch-liche der handelnden Person. Wer einen Polizistenauslacht, weil er dick ist, oder eine Polizistin, weilsie stottert, sollte sich das noch mal durch den Kopfgehen lassen.

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Mitmachen und übertreibenWo immer Repressionskräfte auftreten, könnenEinzelne deren Rolle mitspielen − aber dann soblöd, dass auch das Auftreten der Repression an au-toritärer Ausstrahlung verliert. Wo z.B. BGS oderPolizei Befehle erteilen, können als Sheriffs u.ä.aufgedonnerte Menschen die Befehle wiederholen,dabei aber umformuliert ad absurdum führen.

7. Kommentieren und BeobachtenEs gibt einige Möglichkeiten, gar nicht selbst in derHandlung mitzuwirken, aber eine große Rolle beider Außenvermittlung zu spielen. Gerade bei selbstinganggesetzten Aktionen oder solche, wo die Au-ßenwirkung der Hauptzweck ist, kann das mit ein-geplant werden und eine Person diese Rolle über-nehmen.

Presse sein oder spielen ...Wer eine eigene Zeitung macht, dort oder bei einemRadio mitwirkt, kann als solcheS auftreten. Odermensch denkt sich das einfach aus – überprüft ja ehniemand. Und dann Umfragen machen – bei denHandelnden, aber gerade auch beim „Publikum“.

DuzenDas „Sie“ ist in der deutschen Sprache eine Formder Festlegung von Autorität. Es ist nicht zufällig,wer wenn duzen oder siezen muß. Folglich ist dasVerweigern des „Sie“ eine Form des Brechens vonAutorität. Besonders gut ist, dass anzukündigenund zu erklären, damit die Herrschaftskritik darinauch nach außen sichtbar wird. Gegenüber Amts-personen kann das „Duzen“ strafbar sein − ein be-sonders auffälliger Beweis des autoritären Charak-ters dieser Sprachform. Wer Amtspersonen aller-dings dazu bringt, einen selbst zu duzen, hat nichtszu befürchten, weil ein „Du“ auf Gegenseitigkeitkeine Beleidigung ist. Meist geschieht das bei etwasGeschick unauffällig.

Konfetti, Parfüm usw.Das Nicht-Ernstnehmen kann auch durch Hilfsmit-tel unterstrichen werden. Wenn Sicherheitsdienstebemalt oder besprüht werden, Lippenstift tragen,nach Parfüm duften oder in einem Konfettiregenuntergehen, verlieren sie ihren autoritären Charak-ter schnell. Sowas immer dabeihaben, hilft.

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Dort fragen „Was halten sie von ...?“ – so istPolizei z.B. nicht nur oft vorsichtiger, wennsie glaubt, Presse sei dabei, sondern auch irri-tiert, wenn ihr Handeln so unter die öffentli-che Begutachtung gestellt wird, dass in derSituation PassantInnen gefragt werden, wiesie die Polizeiaktion gerade finden.

Schein-Handy-GesprächeEs ist nicht so ohne weiteres immer er-laubt, laute Reden zu halten. Was aberkaum kriminalisierbar ist, sind lauteHandy-Gespräche – auch mitten in derFußgängerInnenzone, im Kaufhaususw. Und es fällt wenig auf, wenn einscheinbar zufälliger Passant jemand an-derem am anderen Ende der Leitung (den es garnicht gibt ...) erklärt, was gerade abgeht. Da kannmensch sogar harte Kritik oder Beleidigungen ver-stecken. Wer jemandem sagt „Die Bullen sind ein-fach Arschlöcher, die machen gerade das und das...“, so ist das gleiche ausgesagt wie eine direkte Be-leidigung, aber es ist eben keine. Tja ... und wenndie Leitung schlecht ist, wiederholt mensch dasGanze nochmal lauter ...

Spontandemo gegen die VorgängeWenn es hart auf hart kommt oder mensch dieHandlungsmöglichkeiten verteidigen bzw. erwei-tern will (Megaphon-Einsatz, Transparente usw.),kann zu einer Spontandemo gegen das, wasmensch nicht mehr anders attackieren kann/willaufrufen und sofort loslegen. Grundsätzlich ist dasmöglich – wenn auch nur auf öffentlichen Flächen.

8. Keine Aussagen bei Polizei & Co!Kreative Antirepression, also die Anwendung derKommunikationsstrategien bei Repression und ge-genüber Repressionsorganen ist ein wichtiger Teildes Überwindens der selbstverschuldeten Unfähig-keit der meisten politischen Gruppen, der Staats-macht kreativ-offensiv entgegenzutreten. DieChance dabei ist, selbst die Abläufe zu bestimmenund Repression als Herrschaft nach außen zu ver-mitteln. Allerdings kann nicht deutlich genug ge-sagt werden: So defensiv und bekloppt das einge-schüchterte „Anna und Arthur haltens Maul vielerLinker ist (die zudem bei Demos usw. ständig danndoch mit den Cops reden bis kooperieren), so wich-

tig ist es, jede Kommunikation mitRepressionsorganen als kreativ-feindlich zu begreifen und 100%igoffensiv zu führen. Also nie auf Fra-gen eingehen, sondern selbst dieFragen stellen. „Warum fragen Siedas? Ist das ein Befehl, dass Sie dastun?“ kann z.B. eine sinnvoll-offen-sive Reaktion in einem Verhör sein.Es muss gelten: Keine Antwortenauf die Fragen der Bullen, die ir-gendwelche Informationen bieten.Keine Aussagen zur Sache, zu Per-sonen, zu Zusammenhängen. Gar

nichts! Wir führen die Aktion. Repressionsorganeund -vorgänge sind Mittel. Wir nutzen sie, um da-rauf Aktionen zu machen. Auf keinen Fall dürfenPolizei, StaatsanwältInnen, RichterInnen irgendei-nen Nutzen daraus ziehen können!

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Und auch alle zusammen garantieren nichts. Aber:Je mehr Möglichkeiten bestehen, desto wahrschein-licher wird es, das Geschehen beeinflussen zu kön-nen. Insofern gilt zweierlei: Einzelpersonen undGruppen sollten möglichst alle Strategien und Rol-len verstanden haben und spielen können. Was je-weils als sinnvoll gesehen wird, entscheiden die Ak-teurInnen nach ihrer Einschätzung der Situation.Möglichst sollten mehrere Rollen in jeder Situationgespielt werden. Wenn die Gruppe nicht als zusam-mengehörig erkannt wird und alle jeweils andereRollen spielen, kann die Situation zum einen ambesten verändert werden, es entstehen die meistenAnsatzmöglichkeiten, sich einzumischen, zumzweiten können sich die Beiträge so auch optimalaufeinander beziehen. Die Chance wächst, dass dasganze Geschehen weitgehend von der nicht erkenn-baren Gruppe gesteuert wird sowie auf vielen Ebe-nen die politischen Positionen nach außen treten. ê ... Gratiseinkaufsaktion: Das schon genannteversteckte Theater an der Einkaufskasse mitdem Gratiseinkauf. Die einkaufende Person er-öffnet den Dialog. Andere aus der nicht er-kennbaren Gruppe polemisieren dagegen, er-öffnen so Dialoge über Bezahlzwang, Arbeiten-gehen, Sozialschmarotzerkonstruktion usw.Wieder andere argumentieren dagegen,schließlich fragt jemand nach Alternativen undwieder andere berichten von solchen – Utopien,Möglichkeiten oder am besten auch tatsächli-

che Projekte wie Gratisessen,Voküs oder gar einen Umsonst-laden. So greifen viele Rollenineinander und insgesamt kanndas Geschehen sehr stark poli-tisch aufgeladen und gefülltwerden.

Zu „Die Mischung macht's!“ isteine eigenständige Broschüre in der Direct-Action-Reihe erschie-nen: www.direct-action.tk.

Und nur zur Verdeutlichung sei zweierlei gesagt: ê Aussage bedeutet alles, was Informationen andie gibt, die sie sammeln. Wer gefragt wird, ober vorhin da war, ob sie XY kennt oder ob ges-tern mehr BesucherInnen da waren und „Nein“antwortet, macht bereits Aussagen zur Sache.Während innerhalb politischer Gruppen und zuden Menschen drumherum mehr Transparenzund Offenheit gut wäre, sollte den Repression-sorganen nie geholfen werden. ê Leider ist in „linken“ Zusammenhängen Dop-pelzüngigkeit an der Tagesordnung. Währendeinerseits mit „Anna und Artur haltens Maul“propagiert wird, keinerlei Gespräche mit Re-pressionsorganen zu führen, sind es gerade dieEliten der politischen Gruppen, die ständig mitder Polizei und mit Behörden reden, verhan-deln und dabei oft Einblicke in Strukturen ge-währen ... sei es bei der Vorbesprechung zu De-monstrationen, bei den Verhandlungen umstädtische Räume oder Zuschüsse und an vie-len Orten mehr. Zudem ist „Anna und Arturhalten's Maul“ nur ein klarer Verhaltensbefehlund hält die Betroffenen in der Abhängigkeitvon denen, die sich als „ExpertInnen“ inner-halb linker Zusammenhänge in Szene setzen.Wichtig wären neben dem RepressionsschutzTrainings und Aufklärung, wenn das Zielselbstbestimmtes Handeln sein soll. Zumal esfür die Repressionsbehörden eher die Arbeitvereinfachen dürfte, wenn sie aufein genormtes Verhalten treffen.Kreativität ist das Gegengift zurHerrschaft. Wie oben schon deut-lich gemacht, darf das aber nie da-zu führen, dass Aussagen gemachtwerden. Demaskieren, selbst fra-gen statt antworten, Scheiße la-bern, Lieder singen, Gedichte auf-sagen − all das ist möglich, aberkeine Aussagen!

9. Die Mischung macht́s!Keine Kommunikationsstrategie ist ei-ne sichere Form, ein Ziel zu erreichen.

www.antirepression.tk

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Diese Welt ist durchzogen von Codes, Labeln undModen. Sie ist aufgeladen voll Autorität. Ob Lies-chen Müller etwas sagt oder "der Vorsitzender derSPD X-Stadt", der "Präsident von und zu" oder der"Direktor der blablabla" ist ein Unterschied. An-strengend bis chancenlos erscheint, sich selbst diegleiche Wirkung beschaffen zu wollen. Gegenöf-fentlichkeit und eigene Vermittlung sind wichtig -aber das Salz in der Suppe ist die Subversion. Sie istso etwas wie japanische Kampfkunst auf politischeAktion angewendet: Die Wucht des Gegners nutzenfür die eigenen Ideen. Zum Beispiel statt zum x-tenMal gegen die Agenda 2010 wettern, diese nochüberdehnen und als SPD-Gruppe die ErweiterungAgenda 2020 ankündigen. Oder verdeckt als Stra-ßentheater agieren. In einer Veranstaltung stattprotestieren sich überidentifizieren mit den be-nannten Zielen - Law and Order, Wirtschaftsorien-tierung oder Aufrüstung bejubeln, einfordern. Pla-kate nicht mehr überall selbst kleben, sondern be-stehen unauffällig verändern, aber die Aussage ver-drehen.

Technische Tipps für FakesDamit es einschlägt, muss es aber gut gemachtsein. Das Aussehen muss glaubwürdig sein. HastDu Dir einen Absender ausgedacht, muss das Outfitzum Sinn passen. Benutzt Du den Namen einer vor-handene Organisation oder Institution, so sollte derFlugblatt, Plakat oder Briefpapier dem entspre-chen, was diese auch benutzt. Um an dieses ranzu-kommen, kannst Du im Internet nach dort gespei-cherten Dokumenten fahnden, d.h. solche, dienicht als Webseite gestaltet, sondern im Original-layout vorhanden sind – als Bild oder z.B. als PDFzum Downloaden. Geht das nicht so besuche dieGruppe oder schreibe sie unverfänglich an. KurzeZeit später hast Du wahrscheinlich einen Briefkopf.Aber mach das unauffällig, denk Dir einen einfa-chen Grund aus (z.B. Interesse an Mitgliedschaft,Bitte um Aufnahme in Presseverteiler ...) und eineandere Adresse. Unterschriften lassen sich so auchbesorgen, viele sind auch im Internet. Ansonsten:Wer kennt schon eine Unterschrift – im Zweifel ein-fach irgendeine machen.

Kosten meist nicht ganz zu vermeiden ...Damit Fakes glaubwürdig rüberkommen, müssensie ein bisschen schick aussehen. Auch wenn Ihr ei-

nen eigenen,guten Kopierer habt – aus Spurengründen ist daszumindest nicht anzuraten, wenn Ihr den Briefkopfanderer fälscht. Also wird etwas Geld an einen Co-pyshop gehen. Am besten immer auch andere Ko-piervorlagen dabeihaben, damit Ihr die Vorlage aus-tauschen könnt, wenn mal Papierstau ist und nie-mand was mitkriegen soll.

SpurenNutzt öffentliche Kopierer. Wenn Ihr später denoberen und unteren Zettel vernichtet, könnt Ihr ein-fach den fertigen Kopienstapel aus dem Kopierernehmen, denn die anderen Zettel sind ja von Euchnie berührt worden. Anschließend nur noch mitHandschuhen arbeiten.Je nachdem, was für ein Fake Ihr macht, ist es un-terschiedlich strafbar. Wenn Ihr Euch Gruppen aus-denkt (siehe z.B. die „Initiative Sicheres Gießen“oder das Bündnis „Mehr Sicherheit für Magde-burg“, die jeweils Law-and-Order-Politik durch Übe-ridentifikation veralbern und verwirren sollten), iststrafrechtlich nichts dagegen einzuwenden. Eskönnen aber zivilrechtliche Schäden geltend ge-macht werden, wenn das Fake z.B. Veranstaltungenabsagt u.ä. Fälscht Ihr Briefköpfe und Unterschrif-ten, gilt das meist auch nur. Anders wird es, wennAbsenderIn einE AmtsträgerIn ist. Das ist dasAmtsanmaßung. Am härtesten bestraft wird Ur-kundenfälschung bei Fakes. Das ist dann der Fall,wenn das Fake als Urkunde verwendbar ist, z.B. alsFahrschein. Mindestens bei den strafrechtlich rele-vanten Fakes solltet Ihr nicht nur Spuren auf denFakes vermeiden und das Original, Korrekturaus-drucke usw. konzentriert vernichten, sondern auchalles auf dem Computer. Im Prinzip reicht ein gutesWipe-Programm, wenn Ihr den Überblick behaltet,z.B. alle dazugehörigen Dateien in einem Extra-Ordner speichert und dann alles auf diese Art killt.Nicht einfach nur löschen, dass hilft gar nichts. Wi-pe-Programme können auch kostenfrei herunter-geladen werden, z.B. über www.direct-action.de.vu– sie befinden sich auch auf der Direct-Action-CD(www.aktionsversand.de.vu).

Einsatzorte und -möglichkeitenEs gibt endlose Einsatzbereiche für Fakes ... vonAnkündigungen auf dem Briefpapier anderer, vonStellungnahmen erfundener Gruppen oder Politi-

Faken, Faken, Faken

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Freie Menschen in Freien Vereinbarungen: Gegenbilder zu Verwer-tung, Herrschaft und Kapitalismus − Theorie der Herrschaftsfreiheit,Selbstorganisierung, Selbstentfaltung, Mensch-Natur-Verhältnis, emanzi-patorische Bewegung. 354 S., A5. 14 €Reader zu Ökonomie&Ökologie, Antire-pression, Selbstorganisierung, Hierrachie-abbau, Aktionstipps. A4, je ca. 70 S.&6 €.Aktionsmappe Umwelt, Tipps zur konkre-ten Arbeit vor Ort: Organisation, Recht, Ak-tionstipps, Finanzen. A4-Ordner. 15 €Das System ist schuld. Umweltzerstö-rung und die Ursachen. A5, 24 S., 1 €.Blockadefibel − Tipps für Blockaden,Lockon, Besetzungen ... A5, 52 S., 2 €.Food-Koop-Handbuch. Tipps fürGründung, Rechtliches. A5, 110 S., 8 €.Autonomie & Kooperation. Buch zuherrschaftsfreien Utopien, u.a. KapitelAlternativen zur Strafe. A5, 200 S., 14 €Romane zu konkreten Zukünften.Die Aliens sind unter uns, Suizidalien,Hinter den Laboren. Taschenbuch, 10 €Anarchie. Be-standsaufnahme imdeutschsprachigenRaum. 408 S., 6 €

Strafe − Recht auf Gewalt 4 ,- €Ein aufrüttelndes Buch mit Texten und Thesen zurKritik an Strafe sowie mehreren Interviews mitRechtsanwältInnen, RichterInnen, Gefangenen undKnast-Kritikern. Ab 3 St.: 3 €, ab 10 Stück 2,50 €.

Demokratie. 14 €Die Herrschaft des Volkes. Eine AbrechnungDemokratie ist zur Zeit das Lieblingsthema fast al-ler politischen Klassen, Strömungen, Parteien, so-zialen Bewegungen und internationaler Politik.Mit seinem Buch will der Autor Keile in die Har-monie treiben: Ist Herrschaft des Volkes wirklichetwas so Gutes? 208 S.

9 quadratische Büchlein zu Politik-Theorie je 3 ,- €Theorie, Analyse, kritische Hintergründe, konkrete Utopienfüllen die kompakt geschriebenen Bände. Themen: De-mokratiekritik ++ Herrschaft ++ Gefangen (Knastkritik)++ Gewalt ++ Offene Räume ++ Gentechnik und Macht++ Macht und Umwelt ++ Kritik an vereinfachten Welter-klärungen ++ Konsumkritik-Kritik. 56, 64 oder 72 S. Ab 3

St. 2,50 €, ab 10 St. 2 €.

Reich oder rechts 22 ,80 €Umweltgruppen und NGOs im Filz mit Staat,Markt und rechter Ideologie: Wer vertritt wel-che Konzepte, erhält welche Gelder? Wo sitzenParteileute in Gremien, wie werden Entschei-dungen durchgesetzt? Wo sind Schnittstellenzu rechten oder esoterischen Gruppen? A5,300 S. Ab 3 St.: 18 €, ab 10 St. 15 €.

Nachhaltig, modern, staatstreu? 14 ,- €Staats- und Marktorientierung aktuellerKonzepte von Agenda 21 bis Tobin Tax:.Eine schonungslose Kritik von NGOs bislinksradikalen Positionen. A5, 220 S. Ab 3 St.: 11 €, ab 10 St. 9 €.

Monsanto auf Deutsch 18 €Die Enzyklopädie der Seilschaften inder Agro-Gentechnik: Behörden,Firmen, Lobbyverbände, ForschungundParteien. Dazu Kapitel über dieKoexistenz-Lüge, Propaganda undRepression.Ab 3 St.: 12 €,ab 10 St. 10 €.

Strafanstalt. Einblicke in den Knast: Fotos und Texte, die hinter denMauern entstanden sind und den Alltag dort zeigen. Umrahmt vonTexten zu Kritik an Strafe und Alternativen. 110 S., Großformat, 14 €.Tatort Gutfleischstraße. Sammlung beeindruckender Blicke hinterdie Kulissen von Polizei und Justiz: Fälschungen, Fehlurteile, Rechts-beugung, Gewalt und viele fiese Tricks. 196 S., Großformat, 18 €.

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ê Behördenschreiben oder amtliche Plakate, die unbe-scholtene BürgerInnen mit kafkaesker amtlicher Willkürverunsichern. Diese greifen die Rechtmäßigkeit von staat-lichen Institutionen an.

ê Schreiben, die Handlungen provozieren, die bestimmtentaktischen Interessen nützen, z.B als Infohotline deklariertePrivatnummer des Vorstandsvorsitzenden einer Firma an-geben, die dick im Atomgeschäft ist o.ä.

ê Fakes, die die Exklusivtät von Räumen oder Handlungenangreifen, indem fingierte Eintrittskarten oder Einladun-gen für Nobelveranstaltungen oder Jet-Set-Restaurantsverteilt werden.

ê Als spaßig können sich gefälschte Werbeflyer von Waren-häusern erweisen, die angeblich zu einem Free-Shop-ping-Day/Kaufen ohne Knete einladen.

kerInnen – oder von realen. Mensch kann Mächtigeihre Politik oder Industriebosse ihre Entlassungenerklären lassen, kann BürgerInnen zu unsinnigenUnterstützungsaktionen für eine dadurch themati-sierte Politik auffordern oder einfach Pizza zurStaatskanzlei bzw. Preisausschreiben-Anrufe in einParteibüro bestellen. Viele solcher Ideen sind aufwww.direct-action.de.vu und in der dort ausleihba-ren Direct-Action-Ausstellung gezeigt. Hier soll esum etwas anderes gehen ...Generell kann in verschiedene Stoßrichtungen vonFakes unterschieden werden.

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Kommunikation im Internet

Materialien

Inhalt sverzeichnisBeispiel für subversive .......................... 2 Kommunikation: Der Kamera-Gottesdienst

Kommunikationsstrategien .................. 6

Internetseiten, Inhalt .......................... 16

Kontakt

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