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Tag des Systems Engineering 2014 Komplexitätsmanagement im Anlagenbau Christian Wölfling 1 1 Rücker und Schindele GmbH, Kapellenweg 6, 81371 München, Christian.Wö[email protected] Zusammenfassung: Auch im Anlagenbau stellt die kontinuierlich zunehmende Komplexität der Systeme eine ganz besondere Herausforderung dar. Der bewusste und erfolgreiche Umgang mit ihr erfordert ein umfassendes Verständnis der Kom- plexität sowie ein umfassendes Komplexitätsmanagement. In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, inwieweit das Komplexitätsmanage- ment Einzug in den Anlagenbau gefunden hat und Handlungsempfehlungen abge- leitet. Hierzu werden das Phänomen „Komplexität“ untersucht die Besonderheiten des Anlagenbaus aufgezeigt. Auf Basis der Erkenntnisse in anderen Branchen wird in einer Expertenbefragung die Bedeutung verschiedener Komplexitätsarten sowie die Anwendung von Strate- gien und Methoden zum Management von Komplexität in der Praxis des Anlagen- baus ermittelt. Als Handlungsempfehlungen werden sowohl das ganzheitliche Komplexitätsma- nagement als auch die Anwendung von Systems Engineering als wesentlicher Schlüssel zum erfolgreichen Umgang mit Komplexität vorgeschlagen. 1 Einführung und Motivation Laut einer Studie des Beratungsunternehmens PRICEWATERHOUSECOOPERS (2012) scheitern 75% aller Großprojekte im Anlagen-, Kraftwerks- und Infrastrukturbau bei Kosten-, Zeit- und Qualitätszielen. Diese stellen die klassischen Zieldimensionen zur Bewertung des Projekterfolgs dar (WIT 1988, S. 165; VIDAL & MARLE 2008, S. 1095), der als „zusammenfassendes Ergebnis der Beurteilung des Projekts hinsichtlich der Ziel- erreichung“ (DIN 69901 TEIL 5 2009, S. 13) definiert ist. BARTEN (2008, S. 419) stellt fest, dass in einem Anlagenprojekt hinsichtlich der Zieler- reichung in Qualität und Leistungsumfang die Kundenwünsche und nicht die Anlage selbst, also das Produkt, den Ausgangspunkt bildet. Die Qualität hat hierbei die Bedeu- tung von Eignung. Diese Eignung ist technologisch, ökonomisch, verwendungsbezogen und subjektiv zu verstehen. Die Vermutung liegt nahe, dass die Probleme bei der Erreichung der Projektziele im Anlagenbau mit der auftretenden Komplexität und dem Umgang mit dieser zusammen- hängen. Nach SCHUH (2005, S. 292) wird „Komplexitätsmanagement […] zu einem der kritischen Erfolgsfaktoren der Zukunft“. GIEßMANN (2010, S. 285) kommt zu dem Schluss, dass „die Durchführung eines Komplexitätsmanagements keine Frage des „ob“, sondern allenfalls eine des „wie“ sei. 1

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Tag des Systems Engineering 2014

Komplexitätsmanagement im Anlagenbau

Christian Wölfling1

1Rücker und Schindele GmbH, Kapellenweg 6, 81371 München, Christian.Wö[email protected]

Zusammenfassung: Auch im Anlagenbau stellt die kontinuierlich zunehmende Komplexität der Systeme eine ganz besondere Herausforderung dar. Der bewusste und erfolgreiche Umgang mit ihr erfordert ein umfassendes Verständnis der Kom-plexität sowie ein umfassendes Komplexitätsmanagement. In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, inwieweit das Komplexitätsmanage-ment Einzug in den Anlagenbau gefunden hat und Handlungsempfehlungen abge-leitet. Hierzu werden das Phänomen „Komplexität“ untersucht die Besonderheiten des Anlagenbaus aufgezeigt. Auf Basis der Erkenntnisse in anderen Branchen wird in einer Expertenbefragung die Bedeutung verschiedener Komplexitätsarten sowie die Anwendung von Strate-gien und Methoden zum Management von Komplexität in der Praxis des Anlagen-baus ermittelt. Als Handlungsempfehlungen werden sowohl das ganzheitliche Komplexitätsma-nagement als auch die Anwendung von Systems Engineering als wesentlicher Schlüssel zum erfolgreichen Umgang mit Komplexität vorgeschlagen.

1 Einführung und Motivation

Laut einer Studie des Beratungsunternehmens PRICEWATERHOUSECOOPERS (2012) scheitern 75% aller Großprojekte im Anlagen-, Kraftwerks- und Infrastrukturbau bei Kosten-, Zeit- und Qualitätszielen. Diese stellen die klassischen Zieldimensionen zur Bewertung des Projekterfolgs dar (WIT 1988, S. 165; VIDAL & MARLE 2008, S. 1095), der als „zusammenfassendes Ergebnis der Beurteilung des Projekts hinsichtlich der Ziel-erreichung“ (DIN 69901 TEIL 5 2009, S. 13) definiert ist.

BARTEN (2008, S. 419) stellt fest, dass in einem Anlagenprojekt hinsichtlich der Zieler-reichung in Qualität und Leistungsumfang die Kundenwünsche und nicht die Anlage selbst, also das Produkt, den Ausgangspunkt bildet. Die Qualität hat hierbei die Bedeu-tung von Eignung. Diese Eignung ist technologisch, ökonomisch, verwendungsbezogen und subjektiv zu verstehen.

Die Vermutung liegt nahe, dass die Probleme bei der Erreichung der Projektziele im Anlagenbau mit der auftretenden Komplexität und dem Umgang mit dieser zusammen-hängen. Nach SCHUH (2005, S. 292) wird „Komplexitätsmanagement […] zu einem der kritischen Erfolgsfaktoren der Zukunft“. GIEßMANN (2010, S. 285) kommt zu dem Schluss, dass „die Durchführung eines Komplexitätsmanagements keine Frage des „ob“, sondern allenfalls eine des „wie“ sei.

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Die theoretische Behandlung von Arten und Ursachen der Komplexität im Unternehmen sowie das Management dieser ist auf anderen Gebieten wie der Logistik (GIEßMANN 2010), Distributionssystemen (KERSTEN ET AL. 2012), Dienstleistungen (BLOCKUS 2010) bereits behandelt worden. Nun soll das Feld des Komplexitätsmanagements in der Bran-che des Anlagenbaus untersucht werden.

2 Begriffsklärung Komplexität

Wie auch in vielen Beschreibungen des Anlagenbaus und seiner Produkte ist „Komple-xität“ ein Begriff, der häufig – auch im Alltag – Verwendung findet. Dabei wird die genaue Bedeutung oft nicht erklärt. Gemeint sind damit verwirrende, schwer verständli-che, unübersichtliche oder komplizierte Problemstellungen (MALIK 2008, S. 167; BRUHN & BLOCKUS 2009, S. 28F; LASCH & GIEßMANN 2009, S.196; LASCH & GIEßMANN 2009A, S. 96; KERSTEN ET AL. 2012, S. 4).

Aufgrund einer fehlenden standardisierten Definition kommt es zur Vermischung ver-schiedener Ansätze und Aspekte der Komplexität (LINDEMANN ET AL. 2009, S. 25; WEBER 2005, S.1; MAURER 2007, S. 32).

Bild 1: Aspekte der Komplexität nach BLOCKUS (2010, S.5)

In vielen wissenschaftlichen Definitionen von Komplexität sind die folgenden vier kon-stitutiven Merkmale zu finden: Vielzahl, Konnektivität, Varietät und Veränderlichkeit. Konnektivität beschreibt die Vielfalt, das heißt die Art und Anzahl der Beziehungen (auch Interdependenz), während Varietät die Vielfalt und Vielzahl der Elemente be-schreibt (SCHUH 2005, S.292; BLOCKUS 2010, S.5; GIEßMANN 2010, S.292;).

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Massachusetts Institute of Technology (MIT) und dem International Council on Systems Engineering (INCOSE) verwenden die Definition von Magee & De Weck (2004, S. 2), für die ebenfalls diese vier Merkmale ausschlaggebend sind. Ein komplexes System wird demnach definiert als

„a system with numerous components and interconnections, interactions or interdepend-encies that are difficult to describe, understand, predict, manage, design, and/or change.”

Hier ist anzumerken, dass Kompliziertheit nicht synonym mit Komplexität verwendet werden darf. Der Unterschied liegt darin, dass für komplexe Probleme eine hohe Dyna-mik an Veränderungen kennzeichnend ist, während komplizierte Probleme stabil und determinierbar bleiben (BLOCKUS 2010; S. 8; LINDEMANN ET AL 2009, S. 25).

Während die Merkmale Vielzahl, Konnektivität und Varietät also jeweils zur Kompli-ziertheit eines Systems beitragen, so beschreibt die Veränderlichkeit die Dynamik, mit der sich z.B. Anforderungen, Rahmenbedingungen oder aber die Systeme (Anlagen) selbst verändern.

Vereinfacht lässt sich Komplexität wie folgt abgebildet in zwei Dimensionen begreifen:

Komplexität = Kompliziertheit + Dynamik

Damit lassen sich Systeme in einfache, komplizierte, relativ komplexe und äußerst kom-plexe Systeme unterteilen:

Bild 2: Portfolio Komplexität von Systemen

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Es ist anzumerken, dass Komplexität kein negativer Begriff ist (A.T. KEARNEY 2004, S. 3), sondern „als allgemeines Phänomen ist zunächst weder positiv noch negativ zu be-werten [ist]“ (MAYER 2007, S. 33). Nach SCHALCHER (2008, S. 2-14) ist Komplexität „die Fähigkeit eines Systems, in kurzen Zeiträumen eine große Zahl von verschiedenen Zuständen annehmen zu können.“

3 Herausforderungen und Besonderheiten im Anlagenbau

Der Maschinen- und Anlagenbau ist eine der wichtigsten Branchen der deutschen In-dustrie. 931.000 Menschen in Deutschland waren 2011 in dieser Branche beschäftigt. Der im selben Jahr erwirtschaftete Umsatz betrug 200,5 Mrd. Euro (VDMA 2012).

Für den Anlagenbau existiert keine eindeutige Definition in der Literatur (RAPP 2004, S. 26). Der Verband deutscher Maschinen- und Anlagenbau e.V. (VDMA) definiert Firmen als Anlagenbauer, „die in der Lage sind, allein auf der Basis umfassender Kenntnis über den verfahrenstechnischen Ablauf des Prozesses ein- oder mehrmals jährlich für Produk-tions- und Energieerzeugungsanlagen der Industrie Projekte zu planen, zu konstruieren, die Ausrüstung für sie herzustellen oder weltweit einzukaufen, zu liefern, zu montieren und in Betrieb zu setzen“ (VDMA 1991, ZITIERT NACH PEKRUL 2006)

Die Besonderheiten im Anlagenbau ergeben sich grundsätzlich daraus, dass es sich bei technischen Anlagen nicht um Konsum-, sondern um Investitionsgüter, bei denen Kun-denwünsche und -nutzen im Vordergrund stehen (BARTEN 2008, S. 419).

Wesentliche Herausforderungen sind die Kundenindividualität, veränderliche Rahmen-bedingungen sowie diversen beteiligten Rollen.

3.1 Kundenindividualität

Kundenindividualität ist nach BACKHAUS & VOETH (2010, S. 327) ein konstitutives Merkmal des Anlagenbaus. Die Einzigartigkeit der Anlage ergibt sich aus den spezifi-schen Rahmenbedingungen (Umwelt, Bevölkerung, behördliche Auflagen) und der indi-viduellen Funktionalität (individuelle Konzepte für Betrieb- und Wartung, Funktions- und Arbeitssicherheit).

Damit ergibt sich ein wesentlicher Unterschied zur Massenproduktion: Während im Automobilbau zum Beispiel eine Vor- oder Nullserie produziert wird, an der das fertig entwickelte Produkt vor Produktionsstart getestet und überprüft werden kann (SCHUH ET AL. 2008, S. 2), entsteht fertige Produkt im Anlagenbau hingegen erst durch die Integra-tion der Anlage und kann daher erst nach der Produktions- und Errichtungsphase getestet und überprüft werden (TREUE 2013, S. 26).

Zudem handelt es sich bei den Produkten des Anlagenbaus um „komplexe Sach- und Dienstleistungsbündelungen, […] die in ihrer komplexen Struktur einmalig angesehen werden können“ (BRÖKER 1993, S. 9, zitiert nach PEKRUL 2006).

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Durch die Kundenindividualität erhöht sich das (wahrgenommene) Risiko für sowohl für die Kunden als auch für die Anbieter (BARTEN 2008, S. 417; BACKHAUS & VOETH 2010, S. 325).

3.2 Veränderliche Rahmenbedingungen

Ein weiterer Unterschied zu anderen Branchen, in denen die Massenproduktion über-wiegt, ist, dass im Anlagenbau während der Erstellung der Anlage in der Regel Ände-rungseinflüsse in größerem Umfang auftreten. Dies ist im klassischen Maschinenbau nicht der Fall (HEIN 2007, S. 22).

Hintergrund hierbei ist die oft lange Planungs- und Errichtungsdauer der Anlagen, die im Bereich von mehreren Jahren bis Jahrzehnten liegt. In dieser Zeit kann es zu Verände-rungen im gesellschaftlichen Bewusstsein, der Gesetzeslage, des gesellschaftlichen Be-darfs, im Umweltschutz oder der landschaftlichen Gestaltung kommen. Vor allem bei Infrastrukturprojekten ist von einem großen öffentlichen und politischen Interesse aus-zugehen, was zu erheblichen Änderungseinflüssen während der Planung und Errichtung kommen kann (HEIN 2007, S. 22).

Die Veränderungen der Rahmenbedingungen sowie der dadurch bedingten Kundenan-forderungen sorgen dafür, dass der letzte beauftragte Leistungsumfang unsicher und Änderungen unterworfen ist, wodurch sich das Planungsrisiko erhöht (BACKHAUS & VOETH 2010, S. 327).

3.3 Beteiligte Rollen

Vor allem zur Erstellung von Groß- und Infrastrukturanlagen sind verschiedene Gewerke und Disziplinen notwendig. Dies hat zur Folge, dass verschiedene Arten von Unterneh-men in verschiedenen Rollen beteiligt sind. Diese Rollen umfassen nicht nur Käufer und Verkäufer der Anlage, sondern Betreiber, Berater, Fachplaner und Auftragnehmer, oft mit mehreren Stufen an Subauftragnehmern. Für das Management solcher Projekte wird (oft unbewusst) eine temporäre multi-organisationale Struktur geschaffen (BACCARINI 1996, S. 202).

Die Vielfalt der Aufgaben sorgt für eine Vielfalt an beteiligten Unternehmen: Typische Arten von beteiligten Unternehmen im Anlagen sind Produktionsunternehmen des Ma-schinenbaus, Produktionsunternehmen der Elektrotechnik, Bauunternehmen, Enginee-ring-Unternehmen, Handelsunternehmen und Consulting-Unternehmen. Daneben exis-tieren noch Mischformen in Form von Großkonzernen, die mehrere der anderen Unter-nehmensarten im Konzern halten (VDI 1991, S. 13FF).

Dies erfordert enorme überbetriebliche Kooperation, was sich zusätzlich komplexitäts-treibend auswirkt.

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4 Komplexitätsarten und Ursachen

Die in Kapitel 2 vorgestellten konstitutiven Merkmale von Komplexität haben für ver-schiedene Bezugsobjekte verschiedene Ausprägungen. Die bisherige Forschung zum Thema Komplexität und Komplexitätsmanagement hat neben verschiedenen Definitio-nen auch diverse Arten und Ursachen in Unternehmen auftretender Komplexität ermit-telt, die im Folgenden ohne weitere Erklärung genannt werden.

Hier ist anzumerken, dass, wie LASCH & GIEßMANN (2009A, S. 97) feststellen, die Ursa-chen und Folgen von Komplexität so vielfältig sind, dass diese nicht vollständig aufge-listet werden können. Demnach kann auch in der Literatur keine erschöpfende Auflis-tung gefunden werden.

Die Verursacher der strukturellen Komplexität können in interne und externe Faktoren unterschieden werden. Eine solche oder ähnliche Einteilung findet sich in vielen Stellen der Literatur (WILDEMANN 1998, S.48; SCHUH 2005, S. 5; DEHNEN 2004, S. 33, LINDEMANN ET AL. 2009, S. 26) Bei KIRCHHOF (2003, S. 39; AUCH BLISS 1998, S. 147) werden diese endogene bzw. exogene Komplexitätstreiber genannt.

4.1 Externe Komplexität aus Unternehmenssicht

Die Komplexität der Gesellschaft und die des Marktes stellen von außen auf das Unter-nehmen wirkend die exogenen Komplexitätstreiber dar (KIRCHHOF 2003, S. 39).

Diese bilden die Komplexität der Umwelt des Unternehmens. Das Unternehmen muss der vorgegebenen externen Komplexität entsprechen, um in der Gesellschaft und am Markt zu bestehen. Diese Entsprechung kann durch gewisse endogene Komplexität sichergestellt werden (KIRCHHOF 2003, S. 39).

Zu den Ursachen der Komplexität des gesellschaftlichen Umfelds wird neben politi-schen, ökologischen und wirtschaftlichen Faktoren auch die Komplexität des Rechtssys-tems gezählt (LASCH & GIEßMANN 2009, S. 201; KIRCHHOF 2003, S. 41). Zu letzteren zählen Vielzahl der zu beachtenden Regelungen sowie als dynamische Komponente der gesellschaftliche Wertewandel (BLOCKUS 2010, S. 17). Als weitere Einflussgrößen gel-ten kulturelle Faktoren und das Umweltbewusstsein des jeweiligen Unternehmens (LASCH & GIEßMANN 2009, S. 201; GIEßMANN 2010, S. 38).

Die Marktkomplexität setzt sich laut GIEßMANN (2010, S. 38), LASCH & GIEßMANN (2009, S. 201) und KIRCHHOF (2003, S. 39FF) zusammen aus der Nachfrage-, der Wett-bewerbs- und der Beschaffungskomplexität. BLISS (1998, 2000) nennt die Beschaffungs-komplexität nicht, dafür jedoch die von außen wirkende technologische Komplexität.

4.2 Interne Komplexität aus Unternehmenssicht

Die internen oder endogenen Komplexitätstreiber setzen sich zusammen aus der auto-nomen und der korrelierten Unternehmenskomplexität (KIRCHHOF 2003, S. 39).

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Letztere dient dabei dazu, der Komplexität der Umwelt gerecht zu werden. Dadurch wird für das Unternehmen Nutzen geschaffen; allerdings entstehen dadurch auch Kosten. Autonome Unternehmenskomplexität wird dagegen nicht von der Umweltkomplexität beeinflusst. Ihr Nutzen besteht darin, die korrelierte Komplexität zu ermöglichen und zu unterstützen. Ist sie größer als dafür notwendig, entstehen ausschließlich Kosten.

Teil der korrelierten Unternehmenskomplexität nach KIRCHHOF (2003, S. 39F) sind die Kundenstrukturkomplexität, die Programmkomplexität, die Produktkomplexität und die technologische Komplexität.

Die autonome Unternehmenskomplexität nach KIRCHHOF (2003, S. 41) umfasst die Komplexität der Informations-, Planungs-, Steuerungs- und Kontrollsysteme, die Pro-duktionsprogrammkomplexität, die Prozesskomplexität sowie die Organisationskomple-xität. Weiter sind hier zu nennen die Komplexität des Fertigungssystems (LASCH & GIEßMANN 2009, S. 201), die Mitarbeiterkomplexität (BLOCKUS 2010, S. 113f) sowie die Standort- und Filialkomplexität (BLOCKUS 2010, S. 115f).

5 Komplexitätsmanagement

Nach SCHUH (2005, S. 5) ist Komplexität die genuine Aufgabe des Managements: Wo keine Komplexität auftritt, ist auch kein Management nötig. KIRCHHOF (2003, S. 57) bezeichnet die „Bewältigung und Beherrschung der Komplexität des Unternehmens und seiner Umwelt als Grundproblem des Managements“.

Zentrale Herausforderung des Komplexitätsmanagements ist nach SCHUH (2005, S. 42) das Ermitteln und Anstreben des Komplexitätsoptimums, also des „Fits zwischen inter-ner und externer Komplexität“

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Bild 3 Komplexitätsmanagement zum Abgleich zwischen interner und externer Komplexität (aus SCHUH 2005, S. 13)

5.1 Paradigmen im Umgang mit Komplexität

Bei der grundsätzlichen Betrachtung der Komplexität gibt es zwei gegensätzliche Ansät-ze (KRAMP 2011, S. 151FF; BLOCKUS 2010, S. 32; BRUHN & BLOCKUS 2009, S. 29; KIRCHHOF 2003, S. 49)

Im „konstruktivistische[n], mechanistische[n], konstruktivistisch-technomorphe[n], positivistisch-mechanistische[n] oder kartesianische[n]“ (KIRCHHOF 2001, S. 49) bzw. dem „deterministischen“ (HERTOGH & WESTERVELD 2009, S. 185) Paradigma wird Komplexität als Problem betrachtet, für das eine Lösung gefunden werden muss. Die Komplexität stört die Erklärbarkeit des Systems und muss daher „beherrscht, vereinfacht und reduziert“ werden (KIRCHHOF 2003, S. 49).

Im Gegensatz dazu sieht das „systemische[], evolutionäre[], ganzheitlich-evolutionäre[], interpretative[], konstruktivistische[] oder systemisch-evolutionäre[] Paradigma“ Kom-plexität als Systemeigenschaft, die allen Systemen eigen ist. Demzufolge „muss man in und mit Komplexität leben“.

KRAMP (2011, S. 151FF) nennt diese „komplexitätsverneinende“ beziehungsweise „kom-plexitätsbejahende“ Ansätze. Eine Übersicht der Unterschiede der Sichtweisen findet sich bei HERTOGH & WESTERVELD (2009, S. 185). Die Autoren unterscheiden die deter-ministische (komplexitätsverneinend) von der Komplexitätssichtweise (komplexitätsbe-jahend):

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Merkmal Deterministische Ausprägung Systemische Ausprägung

Erfassbarkeit Die Welt ist erfassbar, steuerbar, vorhersehbar und handhabbar

Die komplexe Natur der Welt ist nicht vollständig erfassbar, steu-erbar, vorhersehbar und hand-habbar

Rationalität Objektive Rationalität und Urteil Begrenzte Rationalität und be-grenztes Urteilsvermögen

Zufall Zufälle sind von untergeordneter Bedeutung

Zufälle wichtiger als jede einzel-ne Entscheidung

Natur Stabilität Instabilität

Sichtweise Betrachter als unabhängiger externer Beobachter der Welt

Betrachter als Teil des Systems

Offenheit Geschlossenes System, das sepa-rat von der Systemumwelt be-schrieben werden kann

Offenes System, das sich durch Umwelteinflüsse verändert, und umgekehrt; komplexe Situatio-nen entwickeln sich über die Zeit weiter.

Emergenz: Das System als Gan-zes ist der Ursprung von Eigen-schaften.

Kausalität Klare, einfache und lineare Ursa-che-Wirkungs-Zusammenhänge

Verhalten ist das Ergebnis von Schleifen mit voneinander ab-hängigen Variablen

Tabelle 1: Sichtweisen der Paradigmen nach HERTOGH & WESTERVELD (2009, S. 185)

Diese haben Auswirkungen auf die Managementansätze, wie in Tabelle 2 gezeigt wird.

Merkmal Deterministische Ausprä-gung

Systemische Ausprägung

Aufgliederung Reduktionismus. Das Ganze kann in seine Teile zerlegt werden, ohne Information zu verlieren.

Ganzheitlichkeit. Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile.

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Merkmal Deterministische Ausprä-gung

Systemische Ausprägung

Faktoren für die erfolgreiche Orga-nisation

Steuerung und Kontrolle. Die Dynamik wird von einer zent-ralen Stelle gesteuert, mit formalen Anweisungen

Verbindung herstellen, die zu Netzwerken führen. Sinnstif-tendes Management

Problemlösung Probleme können identifiziert, Lösungen lokalisiert und im-plementiert und so alles unter Kontrolle gehalten werden

Problemlösung muss mit vie-len Interdependenzen und Emergenz umgehen

Zielsetzung Fokus auf langfristige Planung und festgeschriebene Umset-zung

nur lokale Gegebenheiten sind handhabbar, kontinuierliche Überprüfung

Selbstorganisation Keine. Der Fokus liegt auf dem Organisieren aus einer unabhängigen Position.

Dynamisches Verhalten kann unerwartete Vielfalt und Neu-heit durch spontane Selbstor-ganisation erzeugen.

Theoretische Grundlage

Projektmanagement Prozessmanagement

Tabelle 2: Deterministische vs. komplexitätsorientierte Managementansätze nach HERTOGH & WESTERVELT (2009, S. 185)

5.2 Strategien des Komplexitätsmanagements

Im Umgang mit Komplexität sind in der Literatur drei grundlegende Strategien verbrei-tet. Diese sind die Komplexitätsreduzierung, die Komplexitätsbeherrschung und die Komplexitätsvermeidung (WILDEMANN 2008, S. 76; JANIA 2004, S. 9). Für das systemi-sche Paradigma besteht weiterhin die Strategie der Komplexitätserhöhung (PUHL 1999, S. 22; KIRCHHOF 2003, S. 62).

JANIA (2004, S. 10) identifiziert drei Schritte des „erfolgreiche[n] und operativ wirksa-me[n] Komplexitätsmanagement[s]“, die er in die gleichnamigen Ebenen gliedert, die Abbildungs-, Bewertungs- und Entscheidungsebene.

Ausgangspunkt für weitere Strategieentscheidungen ist die möglichst ganzheitliche, vollständige und transparente Abbildung oder Modellierung der Komplexität.

Um zielgerichtete Managementaktivitäten zu ermöglichen, ist die Bewertung der Aus-wirkungen der ermittelten Komplexität hinsichtlich Kosten und Nutzen notwendig (SCHEITER ET AL. 2007, S. 2).

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Auf der Ebene der Entscheidung werden komplexitätsbeeinflussende Entscheidungen getroffen. Diese Entscheidungen werden an vielen Stellen im Unternehmen getroffen. Dabei gilt das Komplexitätsmanagement als Führungsaufgabe, die im strategischen Management verankert sein sollte. Aus der Unternehmensstrategie werden dann Strate-gien zum Umgang mit Komplexität abgeleitet (JANIA 2004, S. 17; BLOCKUS 2010, S. 271).

5.3 Methoden des Komplexitätsmanagements

Das Komplexitätsmanagement im engeren Sinn befasst sich vorwiegend mit der Entste-hung von Komplexität hinsichtlich der Prozesse und der Organisation (LASCH & GIEßMANN 2009A, S. 101). Es umfasst Ansätze hinsichtlich des Managements der Pro-zess- und der Organisationskomplexität sowie der Komplexität des Fertigungssystems und der des Produktionsprogramms, die in Tabelle X im Einzelnen in dargestellt sind.1

Ansatz Prozess-komplexität

Komplexität des Ferti-gungssys-tems

Produkti-onspro-grammkom-plexität

Organisati-onskomple-xität

Prozessstandardi-sierung

Prozessmodularisie-rung

Horizontale Prozes-sintegration

● ●

Fertigungs- / Verti-kale Prozessseg-mentierung

● ● ●

Selbststeuernde Regelkreise

● ● ●

Vertikale Autono-mie

● ●

Nachverlagerung des Variantenbe-stimmungspunktes

● ●

1 An dieser Stelle werden die Methoden des Komplexitätsmanagements nur genannt. Eine ausführliche Beschreibung findet sich in der eigentlichen Diplomarbeit.

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Ansatz Prozess-komplexität

Komplexität des Ferti-gungssys-tems

Produkti-onspro-grammkom-plexität

Organisati-onskomple-xität

Reduktion der Wertschöpfungstie-fe

Sourcingstrategien ● ●

Abbau von Hierar-chieebenen

Tabelle 3: Ansätze des Komplexitätsmanagements auf Prozess- und Organisationsebene (nach KNOTT 2012, S. 63)

Die Prozesskomplexität gehört mit der Produktkomplexität zum „Kernstück der Unter-nehmenskomplexität“ (JANIA 2004, S. 21). Für die Betrachtung der Komplexität muss das System, also die Produkte und Prozesse vollständig modelliert werden. Prozesstrans-parenz gilt dabei als Grundvoraussetzung: Nur durch ein Prozessmanagement können komplexe Wirkzusammenhänge beherrschbar gemacht werden (JANIA 2004, S. 21).

5.4 Standards zu Vorgehens- und Referenzmodellen

Für den Anlagenbau ist der unternehmensübergreifende Umgang mit Komplexität von Bedeutung. Es existieren diverse Standards und Normen zu Vorgehens- und Referenz-modellen, die im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht alle geprüft werden können. Daher werden im Folgenden Ansätze vorgestellt, die in einer Norm oder von einer Insti-tution definiert und standardisiert sind. Weiterhin sollen die ausgewählten Standards disziplinunabhängig oder -übergreifend sein.2

Diese Kriterien treffen auf die ISO/IEC 15288 und die VDI-Richtlinie 2221 zu. Beide Standards beschreiben Vorgehensmodelle zum Entwickeln und Realisieren komplexer technischer Systeme, im Gegensatz zu anderen, z.B. ISO/IEC 12207 „Software lifecycle processes“, die nur den Bereich Software behandelt.

Das CMMI ist ein internationales und branchenunabhängiges Prozessreifegrad- und Fähigkeitsmodell. Dieses kann zur Prozessverbesserung eingesetzt werden.

Das Objekt der Untersuchung ist der deutsche Anlagenbau. Dazu gehören auch die Bera-tenden Ingenieure als Planer und damit wesentliche Entwickler der Anlage. Deren Leis-

2 Diese vier Standards wurden ermittelt und in der Befragung abgefragt. Den Befragten wurde durch eine offene Frage die Möglichkeit gegeben, weitere ihnen bekannte Stan-dards zu nennen, sodass damit keine Standards ausgeschlossen wurden.

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tungen und Vergütungen sind in der HOAI geregelt. Diese hat auch in den meisten Fäl-len Gültigkeit.

6 Empirische Untersuchung zur Komplexität im Anlagenbau

6.1 Hypothese und Studiendesign

Die aus den theoretischen Überlegungen und der Ergebnisse der Literaturrecherche ab-geleitete Hypothese, die anhand der empirischen Untersuchung überprüft werden soll, lautet:

„Komplexitätsinduzierte Probleme im Anlagenbau können mit Hilfe von Strategien und Methoden des Komplexitätsmanagements und des Systems Engineering des State-of-the-art verringert werden.“

Für diese Arbeit wurde der Ansatz der Expertenbefragung gewählt. Um die Vergleich-barkeit der Antworten der befragten Experten zu gewährleisten, fiel die Entscheidung auf eine Befragung per Fragebogen.

Die einzelnen Komplexitätsarten aus Kapitel 4 konnten nicht direkt abgefragt werden, da die Begriffe nicht definiert und daher unklar waren. Es war anzunehmen, dass die Exper-ten kein einheitliches Verständnis für diese gezeigt hätten. Daher erfolgte die Überprü-fung der Bedeutung der einzelnen Komplexitätsarten an Hand deren jeweiligen Treiber, die aus der Literatur bekannt waren. Diese wurden zusätzlich in ihren Begrifflichkeiten vereinheitlicht. Die Komplexitätstreiber stellen im Vergleich zu den Komplexitätsarten weniger abstrakte und daher besser abfragbare Einschätzungen dar. Sie sind nach Ein-fluss auf die Komplexität zu bewerten, von „ohne Einfluss“ bis „großer Einfluss“.

Der überwiegende Teil der Fragen sind geschlossene Fragen mit vierstufiger, endpunkt-benannter Intervallskala. Diesen wurden Werte von 1 bis 4 zugeordnet. Aus diesen kann bei der Analyse der Daten die Lage des Antwortschwerpunkts berechnet werden. Dane-ben wurden manche Fragen offen gestellt, um einer Einschränkung der Antwortmög-lichkeit entgegenzuwirken.

6.2 Erkennisse der Expertenbefragung

Insgesamt wurden 65 Fragebögen versandt, von denen 41 beantwortet und ausgewertet wurden. Dies entspricht einer Rücklaufquote von 63%. Die befragten Experten sind für öffentliche und private Unternehmen oder Einrichtungen tätig, die Anlagen planen, bau-en, betreiben oder errichten. Die Branchen umfassen die Automations-, Elektro-, Ener-gie-, Gebäude-, Umwelt- und (Ab-) Wassertechnik sowie die Branchen (Petro-) Chemie, Industriegase, Verkehr und Infrastruktur, Öl und Gas sowie Telekommunikation.

Die gewonnen Ergebnisse wurden einer Ursachenanalyse unterzogen. Es wurden sechs grundlegende Ursachen gefunden, denen die Ergebnisse zugeordnet werden konnte. Die

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Interpretation der Expertenbefragung ergab sechs Themenfelder, die sich im Umgang mit Komplexität im Anlagenbau stellen:

Cluster 1: Bedarf an Standards. Es scheint ein Bedarf nach überbetrieblichen Rahmenmodellen zu existieren.

Cluster 2: Umgang mit Anforderungen. Viele Arten von Komplexität erhöhen letztendlich die Komplexität der Anforderungen in erheblichem Um-fang. Dies erschwert den Umgang mit den Anforderungen.

Cluster 3: Komplexität der Schnittstellen. Analog zur Komplexität der Anforde-rungen haben viele andere Ausprägungen der Komplexität letztlich ei-ne Erhöhung der Komplexität der Schnittstellen zur Folge.

Cluster 4: Systemische Denkweise. Die Anlage wird nicht als Teil des Problem-raums, sondern als Teil des Lösungsraums gesehen. Weiterhin werden zumeist nicht alle Phasen des Lebenszyklus und alle Stakeholder in die Gestaltung einbezogen.

Cluster 5: Prozesstransparenz und Kommunikation. Überbetriebliche Prozesse sind nicht transparent, verschiedene Nomenklaturen und unklare Ver-antwortungsbereiche erschweren die Zusammenarbeit und führen zu Missverständnissen.

Cluster 6: Ganzheitliches Komplexitätsmanagement. Methoden des Komplexi-tätsmanagements kommen auf operativer Ebene zum Einsatz. Es fehlt die strategische Ausrichtung des Komplexitätsmanagements.

6.2.1 Cluster 1: Bedarf an Standards

Die abgefragten Standards zu Rahmenmodellen, VDI 2221 (1993) und ISO/IEC 15288 (2008), werden als wenig verbreitet betrachtet. Der mit 30 % bzw. 23 % hohe Anteil der Befragten, die die Frage nicht beantwortet haben, lässt vermuten, dass diese entweder un-bekannt sind oder die Verbreitung nicht einschätzbar. Das Prozessmodell des CMMI ist als noch weniger verbreitet anzusehen. Auch hier beträgt der Anteil der Nichtantwor-ten 31 %. Als deutlich weiter verbreitet wird die HOAI eingeschätzt. Allerdings wurde auch diese Frage von 20 % der Befragten nicht beantwortet. Weitere Standards oder Modelle wurden nur von 10 % der Befragten genannt. Dies waren unternehmenseigene Modelle sowie Standards zur Anlagenkennzeichnung. Ein Teilnehmer verwies auf die Standards des Project Management Institute (PMI).

Insgesamt wird Rahmenmodellen jedoch ein großes Potenzial zugesprochen. So schei-nen sich durch den Einsatz von Rahmenmodellen in der Entwicklung signifikante Kos-teneinsparungen erzielen zu lassen.

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Auch gibt es nach der großen Mehrheit der Befragten keine wichtigen Gründe, die gegen den Einsatz von Rahmenmodellen sprechen. Die Anwendung von Vorgehensmodellen erfreut sich nach Einschätzung der Experten lediglich mittlerer Verbreitung.

6.2.2 Cluster 2: Umgang mit Anforderungen

Die als einflussreich bewerteten Komplexitätsarten der Märkte, Kundengruppen und Kundenanforderungen führen zu zusätzlichen oder geänderten Anforderungen und erhö-hen so deren Komplexität. Die Ergebnisse zeigen, dass vor allem die Dynamik großen Einfluss auf die wahrgenommene Komplexität ausübt. So ist bei Kundenanforderungen und Märkten deren Veränderlichkeit der Treiber mit dem höchsten Einfluss, bei der Komplexität der Kundengruppen wir die Veränderlichkeit am zweithöchsten bewertet. Dies gilt ebenso für Rahmenbedingungen.

Andere Komplexitätsarten wie Wettbewerber oder Technologie am Markt sind nur we-nig über dem Durchschnitt. Die Komplexität der Wettbewerber ergibt sich vor allem aus deren Preisen. Beide Komplexitätsarten können durch zusätzliche technische oder Kos-tenanforderungen ausgedrückt werden.

Das Anforderungsmanagement scheint Verbesserungspotenzial zu bieten. Die Zustim-mung zu Aussagen, die den Umgang mit Anforderungen betreffen, liegt im Vergleich zu anderen lediglich im mittleren Bereich. Die Fähigkeit der Erfassung von Abhängigkeiten erfährt die größte Zustimmung, gefolgt von der systematischen Erfassung, der Mess- und Prüfbarkeit der Anforderungen und der Verfolg- und Nachvollziehbarkeit.

6.2.3 Cluster 3: Komplexität der Schnittstellen

Dieses Cluster spiegelt die strukturelle Komplexität von Anlagenbauprojekten wider. Diese drückt sich durch die Komplexität der Schnittstellen aus. Analog zu Cluster 2, in dem verschiedene Phänomene auf Anforderungen zurückgeführt werden konnten.

Die Vielzahl an Disziplinen und Gewerken ist die bedeutendste Ursache für die Kom-plexität im Anlagenbau, gefolgt von der Vielzahl an Beteiligten sowie die Vielzahl an Beziehungen zwischen diesen. Die Komplexitätsarten der Beteiligten, der Mitarbeiter und der Organisation finden sich der bedeutenderen Hälfte der Komplexitätsarten wie-der. All diese erhöhen die Komplexität der Schnittstellen:

Viele und verschiedene Disziplinen führen zu Schnittstellen zwischen diesen, Organisa-tions-komplexität führt zu Schnittstellen zwischen Unternehmen, Abteilungen und Standorten und die Komplexität der Mitarbeiter und der Beteiligten hat einen erhöhten Koordinations-aufwand zur Folge, der über Schnittstellen erfolgt. Komponentenkomple-xität kann zu einer Erhöhung der Anzahl an technischen Schnittstellen führen.

Die Unübersichtlichkeit der Zuständigkeiten und der Projektorganisation wird als bedeu-ten-der Treiber für die anlagenbauspezifische Komplexität gesehen. Der Aussage der systematischen Erfassung von Zuständigkeit wurde weitgehend zugestimmt, jedoch liegt

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diese im Vergleich zur Zustimmung zu anderen Aussagen im unteren Bereich. Die Ver-änderlichkeit der Zuständigkeiten scheint hingegen nur geringen Einfluss auszuüben. Zuständigkeiten werden an Schnittstellen abgegrenzt. Daher kann dieses Ergebnis als ein weiteres Indiz für Probleme im Umgang mit Schnittstellen betrachtet werden.

6.2.4 Cluster 4: Systemisches Denkweise

Auffallend in Bezug auf die Komplexität im Anlagenbau ist der geringe Einfluss der Anlage selbst. Die Anlage scheint weder schwer zu durchschauen noch schwer zu be-schreiben. Produkte und Komponenten werden ebenfalls den weniger einflussreichen Komplexitätsarten zugeschrieben.

Das System „Anlage“ umfasst viele der zuvor als komplexitätstreibend beschriebenen Schnittstellen und Anforderungen. Daher müsste die Anlage als einflussreicher auf die Komplexität gesehen werden, als dies hier der Fall ist. Dieses Phänomen wird dahinge-hend interpretiert, als dass die Anlage als Teil des Lösungsraums betrachtet wird und nicht wie andere Komplexitätstreiber als Teil des Problemraums. Die Anlage wird als Lösung für ein gegebenes Problem betrachtet und als wenig komplex angesehen. Das-selbe gilt auch für die als gering eingeschätzte Komplexität der Produkte. Diese Denk-weise in Bezug auf die Anlage kann dementsprechend nicht als systemisch bezeichnet werden.

Sowohl die Beschaffungs- als auch die Lieferantenkomplexität wird als wenig einfluss-reich angesehen. Dafür werden zwei Erklärungen angeführt. Zum einen ist die Bedeu-tung der Supply Chain Managements (SCM) in der Industrie des Anlagenbaus bekannt, es könnte daher angenommen werden, dass das SCM einen gewissen Stand erreicht hat. Bei genauerer Betrachtung der Ergebnisse zeigt sich jedoch, dass Befragte aus der Ziel-gruppe Einkauf die Beschaffungskomplexität höher bewerten. Es sind Experten aus den anderen Zielgruppen, insbesondere aus dem Bereich Entwicklung, die die Beschaffung als wenig komplex betrachten. Dies stellt ein weiteres Indiz dafür dar, dass die Denkwei-se nicht ganzheitlich und systemisch ausfällt.

Weitere Indizien dafür sind, dass Entsorgung oder Erneuerung der Anlage einen nur geringen Einfluss auf Planung und Entwicklung der Anlagen haben. Dies entspricht nicht der im Systemdenken geforderten ganzheitlichen Lebenszyklusbetrachtung. Eben-so wird die Gesellschaft als Teil der Umwelt nur bedingt in die Planung miteinbezogen. Dies ist konsistent mit der Beobachtung, dass die Komplexitätsart „Gesellschaft“ als wenig einflussreich angesehen wird. Überraschenderweise wird auch der Investor als Stakeholder nur geringfügig in die Planung miteinbezogen.

Die Praxis von Ausschreibung und Vergabe bestätigt die disziplinorientierte Sichtweise: Arbeitspakete werden eher nach Gewerken vergeben denn als gewerkübergreifende Teilsysteme.

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6.2.5 Cluster 5: Prozesstransparenz und Kommunikation

Das fünfte Cluster zeigt den Bedarf an unternehmensübergreifender Prozesstransparenz und neuen Kommunikationsmitteln. Unter den abgefragten Aussagen erfuhr die zur Transparenz überbetrieblicher Prozesse die geringste Zustimmung.

Die Komplexität der Aufgaben wird als sehr einflussreich beschrieben. Vor allem der Einfluss deren Unterschiedlichkeit scheint sehr bedeutend zu sein. Die Komplexität der Aufgaben ergibt sich auch aus der Komplexität der Prozesse. Die Komplexität der Pro-jektinformations-, -planungs-, -steuer- und -überwachungssysteme wird als etwas weni-ger einflussreich erachtet.

Die Unvorhersehbarkeit von Auswirkungen von Aktionen und (Plan-)Änderungen stel-len sich als wichtiger Treiber für die anlagenbauspezifische Komplexität heraus. Bei gegebener Prozesstransparenz können diese Auswirkungen zumindest teilweise absehbar werden.

Missverständnisse sind meistens die Folge einer fehlenden gemeinsamen Kommunikati-ons-basis und einflussreiche Komplexitätstreiber. Die in Cluster 2 beschriebene Kom-plexität der Schnittstellen sorgt ebenfalls für einen erhöhten Kommunikationsbedarf.

6.2.6 Cluster 6: Ganzheitliches Komplexitätsmanagement

Die Befragungsergebnisse zeigen, dass kein durchgängiges und ganzheitliches Komple-xitätsmanagement vorzuherrschen scheint. Komplexität ist in vielen Fällen nicht defi-niert und wird weder erfasst noch bewertet.

Die dominierende Strategie im Umgang mit Komplexität scheint die der Reduktion zu sein. Dabei steht vor allem die Reduktion von Varianten im Mittelpunkt. Die Strategie der Beherrschung, also dem Management der Komplexität nach Gesichtspunkten der Kosteneffizienz, erfährt mittlere Zustimmung. Die Strategie mit der geringsten Verbrei-tung ist nach Ansicht der Experten die der Vermeidung von Komplexität durch strategi-sche Maßnahmen.

Bei den Ansätzen des Komplexitätsmanagements gelten die Prozessmodularisierung und -standardisierung als am weitesten verbreitet. Auf der anderen Seite sind Maßnahmen wie die Bereinigung der Kundenstruktur und des Produktprogramms, die Schaffung von Entscheidungsspielräumen, der Abbau von Hierarchieebenen oder die Reduktion der Wert-schöpfungstiefe nicht sehr verbreitet. In den Bereichen der Beschaffung und des Vertriebs scheinen die Lieferantenintegration sowie das Bilden von Unternehmensnetz-werken gängig zu sein. Die geringste Verbreitung haben selbststeuernde Ansätze nach dem Postponement- und dem Hol-Prinzip.

Als Erklärung und in Konsistenz mit den Ergebnissen hinsichtlich der Strategie wird hier an-genommen, dass die zuerst genannten, weiter verbreiteten Maßnahmen auf operativer Ebene stattfinden, während die weniger verbreiteten Ansätze auf strategischer Ebene anzusiedeln sind. Komplexitätsmanagement findet also mehr im operativen als im stra-

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tegischen Bereich Anwendung. Dabei ist das Komplexitätsmanagement im strategischen Management anzusiedeln. Daraus lässt sich ein Bedarf an einem Ansatz für ein ganzheit-liches und durchgängiges Komplexitätsmanagement ableiten.

7 Ableitungen von Handlungsempfehlungen

Ausgehend von den sechs Clustern aus Kapitel 6.2 werden im Folgenden Handlungs-empfehlungen gegeben.

Auf grober Ebene wird ein zweistufiger Ansatz empfohlen: Dieser umfasst als einen ersten Schritt die Anwendung der Prozesse und Methoden des Systems Engineering nach ISO/IEC 15288 (2008). Damit kann den Clustern 1 bis 5 begegnet werden. Zudem soll ein ganzheitlicher Komplexitätsmanagementprozess auf Basis des aus dem Qualitätsma-nagement bekannten Deming-Zyklus in das strategische Management integriert werden, dessen Fehlen auf strategischer Ebene in Cluster 6 festgestellt wurde.

7.1 Anwendung von Systems Engineering zum Umgang mit Komplexität

Die Anwendung des Systems Engineering als Ansatz für den Umgang mit Komplexität wird jeweils für die Cluster 1–5 an konkreten Beispielen aus dem Anlagenbau vorgestellt und kritisch bewertet.

Wie in Kapitel 2 dargestellt, lassen sich Systeme an Hand der zwei Hauptkriterien Kom-pliziertheit (Vielfalt, Vielzahl und Interkonnektivität) und Dynamik (Veränderung und Eigendynamik) einteilen (siehe Bild 4, rechte Seite). Ein handhabbares, kompliziertes System unterscheidet sich also von einem nicht handhabbaren, komplexen System durch seine Dynamik.

Ein dynamisches System kann nur durch das Schließen eines Regelkreises kontrolliert werden. Ein wesentlicher Ansatz des Systems Engineering im Umgang mit Komplexität besteht darin, die Dynamik des Systems herauszunehmen und es so von einem komple-xen in ein kompliziertes System zu überführen. Wie bei der Digitalisierung wird das System abgetastet. Zwischen zwei Abtastpunkten werden alle Systemzustände eingefro-ren.

Auf diese Weise erhält man stabile Bedingingen für die Entwickling, Planung und Errichtung der Anlage innerhalb beliebig wählbarer aber festgelegter Zeitintervallen.

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Bild 4: Dynamikreduktion als Ansatz zum Umgang mit Komplexität

Dazu kommt ein Konfigurations- in Verbindung mit einem formalen Änderungsma-nagementprozess zur Anwendung. Änderungen werden proaktiv kommuniziert und zentral eingepflegt. Dies geschieht formal mittels eines Änderungsvorschlags (Enginee-ring Change Proposal ECP, oder Change Request, CR). Die Änderungen entsprechen der Rückführung im Regelkreis. So wird die dynamische Komponente der Komplexität nicht vernachlässigt, aber auf das Notwendige reduziert, da nur die erforderlichen Änderungen verfolgt werden. Auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass der Informationsstand zu jedem Zeitpunkt nachvollziehbar ist. Dies reduziert wiederum die Unsicherheit.

Die verbleibende Kompliziertheit kann durch ein zentrales Datenmanagement bewältigt werden.

Bild 5: Lösungsansätze des Systems Engineering

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Systems Engineering bietet Ansätze zum Umgang mit Komplexität für jedes der gefun-denen Themenfelder.

7.1.1 Cluster 1: Bedarf an Standards

Für viele Branchen existieren Standards und Vorgehensmodelle für Entwicklungsprozes-se, die auf die Anforderungen der jeweiligen Branche zuschnitten sind. Bekannte und weit verbreitete Beispiele sind die ISO/IEC 12207 für Prozesse im Software-Lebenszyklus, NASA/SP-2007-6105 für den Bereich Raumfahrt, FAA SEM in der Luft-fahrt oder Standards des US-Verteidigungsministeriums (U.S. Department of Defense, DoD) im militärischen Bereich.

Der Anlagenbau zählt auf Grund seiner Ausprägungsvielfalt zu den Branchen, für die kein solcher Standard existiert. Die ISO 15288 als branchenübergreifender Standard für eine generische Prozessbeschreibung bildet einen geeigneten Ausgangspunkt für die Ableitung von Entwicklungsprozessen im Anlagenbau. Darüber hinaus sind im SE Handbook branchenübergreifende Best Practices enthalten.

In anderen Staaten wird dies bereits genutzt: So hat in den Niederlanden das Rijkswater-staat, eine Organisation, die im Namen des niederländischen Ministeriums für Infrastruk-tur und Umwelt die nationalen Infrastrukturnetzwerke verwaltet und entwickelt, im Jahr 2008 eine Richtlinie zur Anwendung von Systems Engineering für öffentliche Arbeiten und Wassermanagement herausgegeben (RIJKSWATERSTAAT 2008). In den USA hat im selben Jahr das Energieministerium (DOE, Department of Energy) einen Leitfaden zur Anwendung von Systems Engineering bei Großprojekten veröffentlicht (U.S. DOE 2008, S. 1).

7.1.2 Cluster 2: Umgang mit Anforderungen

Die Ermittlung von und der Umgang mit Anforderungen nehmen einen zentralen Platz im Systems Engineering ein. Der Fokus liegt auf den Kundenbedürfnissen und dem systematischen Management von Anforderungen. Ziel ist es, ein qualitativ hochwertiges Produkt zu erzeugen, das den Bedürfnissen der Stakeholder gerecht wird.

Hierbei zeigen sich in der Praxis die Vorteile des Systems Engineering: So wird durch die lösungsneutrale Formulierung von Anforderungen der Lösungsraum der Fachplaner nicht eingeschränkt, sondern das Problem und die Bedürfnisse der Stakeholder beschrie-ben. Dies ist vor allem bei Projekten von Vorteil, bei denen widersprüchliche Anforde-rungen die Regel sind. Nur bei konsequenter Problemorientierung kann der Widerspruch durch sinnvolle Priorisierung gelöst werden.

Als Beispiel dient an dieser Stelle die Erfahrung aus einem Projekt, in dem eine Druck-luftanlage als Teilsystem einer größeren Gesamtanlage entwickelt werden sollte. Hierbei wurden zunächst einige Ressourcen darauf verwendet, verschiedene Lösungskonzepte für die Erzeugung und Bereitstellung der Druckluft mit gewissem Volumenstrom und Luftreinheitsklasse erarbeiten zu lassen, ohne zuvor zu definieren, für welche Umfänge

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diese verwendet werden soll (Ventilbetätigung, Reinigung von Anlagenteilen) und wel-che Anforderungen damit an eine Druckluftanlage existieren.

Die bewusste Trennung von Problem und Lösung ermöglicht auch, den Zeitpunkt der Variantenbestimmung nach hinten zu verschieben, also die Postponement-Strategie anzuwenden.

7.1.3 Cluster 3: Komplexität der Schnittstellen

Der Komplexität der Schnittstellen wird dadurch begegnet, dass der physikalische, funk-tionale und logische Aufbau des Systems in sogenannten „Breakdown Structures“ fest-gelegt wird. Dieser Prozess wird dokumentiert. So sind die entstehenden Schnittstellen auf allen Detaillierungsebenen klar definiert. Für die technischen Schnittstellen werden sogenannte Schnittstellenkontrolldokumente (engl. Interface Control Documents, ICD) früh im Entwicklungsprozess erstellt. Diese dienen als Grundlage bei Abstimmung zwi-schen den an der Schnittstelle beteiligten Parteien. Zur Verringerung der Unübersicht-lichkeit werden jeder Schnittstelle eine Schnittstellenarbeitsgruppe und ein Verantwortli-cher zugeordnet. Damit werden Zuständigkeiten klar abgegrenzt.

7.1.4 Cluster 4: Systemische Denkweise

Systemdenken ist Grundlage des Systems Engineering. Komplexe Probleme und mögli-che Lösungen werden ganzheitlich betrachtet, das heißt das Problem wird im Kontext eines größeren Ganzen untersucht. Das Systemdenken hilft dabei, eine Struktur zu schaf-fen, mit der ein Projekt transparent und wiederholbar entwickelt und gemanagt werden kann [Rij08].

Gerade im Anlagenbau ist ganzheitliches Systemdenken von entscheidender Bedeutung. Die vielen verschiedenen beteiligten Organisationen richten ihren Fokus meist auf ihre jeweiligen Umfänge, sodass Gesamtfunktionen in den Hintergrund geraten können.

7.1.5 Cluster 5: Prozesstransparenz und Kommunikation

Für die Erkennung der Ursachen eines bestehenden Komplexitätsproblems ist Prozess-transparenz von grundlegender Bedeutung (GIEßMANN 2010, S. 292; AUCH SCHUH 2005, S. 292).

Diese ist in Anlagenbauprojekten auf Grund der Vielzahl an beteiligten Unternehmen vor allem im unternehmensübergreifenden Bereich nicht gegeben. Diese überbetriebli-chen Prozesse müssen definiert werden. Es geht also darum, die für das System, also die Anlage, über den gesamten Lebenszyklus erforderlichen Prozesse festzulegen: Wie wird die Anlage geplant, wie wird sie errichtet, betrieben und gewartet und wie entsorgt man sie letztlich. Diese Prozesse müssen unternehmensübergreifend beschrieben und verein-bart werden. Durch einen minimal zu haltenden Grad an Formalisierung kann so ein ausreichender Level an Prozesstransparenz erreicht werden.

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Nachdem für die unterschiedlichen Aufgaben zu den unterschiedlichen Lebenszyklus-phasen viele unterschiedliche Unternehmen verantwortlich sind, werden diese Prozesse nicht in die Planung miteinbezogen. An dieser Stelle ist der Bedarf an einem Systems Engineer für die besagte Anlage festzustellen.

Einheitliche, zu Projektbeginn vereinbarte Nomenklaturen und visuelle Modelle wie das V-Modell erleichtern zusätzlich die Kommunikation zwischen verschiedenen Diszipli-nen und Gewerken.

7.2 Cluster 6: Einführung eines ganzheitlichen Komplexitätsmanagements

Einige der Einzelansätze kommen auch bereits zur Anwendung, das Manko scheint die kontinuierliche Umsetzung auf strategischer Ebene zu sein. Darum wird Implementie-rung eines strategischen Komplexitätsmanagementprozesses empfohlen.

Konkrete Aussagen zur Gestaltung der Komplexität, also wie mit welchen Komplexi-tätsarten und -treiber umgegangen werden soll, können nur situations- und unterneh-mensbezogen und daher nicht an dieser Stelle gemacht werden (BLOCKUS 2010, S. 269). Es kann aber eine Empfehlung gegeben werden, wie der Komplexitätsmanagementpro-zess in das Unternehmen einzubinden ist. Ferner muss ein adäquater Detaillierungsgrad gefunden werden, der die Praktikabilität nicht beeinträchtigt (BLOCKUS 2010, S. 271), da mit der Genauigkeit der Betrachtung auch die Komplexität des Problems steigt (BLISS 2000, S. IX).

7.2.1 Komplexität und Qualität

Komplexität ist nach PUHL (1999, S. 1) wie Qualität eine „Optimierungsgröße für die Gestaltung der Aufbau- und Ablaufstrukturen in Unternehmen“. In Analogie zum „Total Quality Management (TQM)“, auf Deutsch „Umfassendes Qualitätsmanagement“ (HUMMEL & MALORNY, S.1), spricht PUHL (1999, S. 1) vom „Total Complexity Ma-nagement (TCM)“.

Der vorgeschlagene Komplexitätsmanagementprozess nach LASCH & GIEßMANN (2009A) beruht auf dem Ansatz des TQMs. Diesem wird in der vorliegenden Arbeit im Wesentlichen aus zwei Gründen gefolgt:

1. Aufgrund der Gemeinsamkeiten von Komplexität und Qualität, die im Folgenden aufgezeigt werden

2. Aufgrund der Praktikabilität. Der Ansatz dieses vorgeschlagenen Komplexitätsma-nagementsystems entspricht dem anderer Managementsysteme, zum Beispiel neben dem der QMs auch denen des Umwelt- oder Energiemanagements (UM bzw. EM). Weiterhin sind QM-Systeme in Unternehmen des Anlagenbaus gut bekannt und weit verbreitet, sodass durch diese Analogie schnell Akzeptanz geschaffen werden kann.

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Wie LASCH & GIEßMANN (2009A) ausführen, bestehen Gemeinsamkeiten zwischen Qua-lität und Komplexität. Diese sind

1. Mehrdeutigkeit, -dimensionalität der Begriffe: Es existiert kein einheitliches Verständnis der Begriffe in der Literatur

2. Direkte Messung nicht möglich: Bewertung nur als Konstrukt aus messbaren Hilfsgrößen (sog. Indikatoren)

3. Zeitverzögerte Auswirkungen: Schwierigkeit bei der Bewertung des Erfolgs einzelner Maßnahmen

4. Gegenseitige Beeinflussung: Qualitätsdefizite können sowohl Ursache als auch Auswirkung von Komplexität sein

Die Entwicklungsstufen des Komplexitätsmanagements sind ebenfalls mit denen des Qualitätsmanagements (QM) vergleichbar. Auch im QM erfolgte die Orientierung zu-nächst am Produkt, dann am Prozess und schließlich an der Supply Chain. Es wurden zunächst die Symptome und dann die Ursachen betrachtet, um ein schließlich präventi-ves und proaktives Management einzuführen (LASCH & GIEßMANN 2009A, S. 101).

Viele Anforderungen an ein umfassendes Qualitätsmanagement gelten auch für das Komplexitätsmanagement. Beide Managementsysteme müssen ganzheitlich, präventiv wirkend, prozessorientiert und kundenbezogen sein sowie Unterstützung durch das Top Management erfahren (TQM: BRUNNER & WAGNER 2011, S. 6; HUMMEL & MALORNY 2012, S. 2; S. 4; TCM: SCHUH 2005, S. 289F; S. 293; LASCH & GIEßMANN 2009, S. 202: S. 286; S. 290; S. 296).

7.2.2 Komplexitätsmanagementprozess als Teil eines Integrierten Managementsystems

LASCH & GIEßMANN (2009A, S. 114FF) schlagen einen Komplexitätsmanagementprozess auf Basis des Deming-Zyklus vor. Dieser ist auch Grundlage des Kontinuierlichen Ver-besserungsprozesses, der wiederum wesentlicher Bestandteil des TQMs ist. Er umfasst die Phasen Planung („Plan“), Umsetzung („Do“), Überprüfen („Check“) und Verbesse-rung („Act“).3 Durch die kontinuierliche Wiederholung ergibt sich der Effekt der stabili-sierenden Regelung.

3 Daher wird der Deming-Zyklus auch PDCA-Zyklus genannt (KOSTKA & KOSTKA 2012, S. 130).

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Bild 6: Zyklus des Komplexitätsmanagementprozesses

Ein Hilfsmittel für die Wahl der Strategie stellt die Einordnung der Komplexitätstreiber in das Strategieportfolio in Bild 7 dar:

Bild 7: Portfolio zur Wahl der Strategie

KRAMP (2011, S. 129) stellt fest, dass eine große Zahl von Aktivitäten, die miteinander verknüpft sind, nur wirkungsvoll koordiniert werden können, wenn sie in ihrem Zusam-menspiel und nicht isoliert betrachtet werden.

Daher wird vorgeschlagen, das Komplexitätsmanagement als Teil eines Integrierten Managementsystems zu etablieren, das auch andere Bereiche wie Umweltmanagement nach DIN EN ISO 14001 (2009), Energiemanagement nach DIN EN ISO 50001 (2011) oder Arbeitssicherheits- und Gesundheitsmanagement nach OHSAS 18001 umfasst. Diese Managementsysteme sind in ihrem Aufbau ähnlich. Es bietet sich daher an, diese in einem Integrierten Managementsystem zusammenzufassen (BRÜGGEMANN & BREMER 2012, S. 147).

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Voraussetzung für die Einführung eines Integrierten Managementsystems ist die Aus-richtung der einzelnen Managementsysteme auf ein gemeinsames Ziel, die Abstimmbar-keit, wenn die Managementsysteme auf Normen aufgebaut sind, die Prozessorientierung der Normen sowie der Umstand, dass „die Managementsysteme und Normen auf dem PDCA-Zyklus basieren“ (DGQ 2008, S. 38). Daher wurde oben ein Komplexitätsma-nagementprozess auf Basis des PDCA- oder Deming-Zyklus vorgeschlagen.

Ein QMS, das die Anforderungen nach DIN EN ISO 9001 (2008) erfüllt, umfasst sowohl ein Prozessmodell, als auch einen Prozess zur kontinuierlichen Verbesserung. Nach TREUE (2013, S. 2) kann als Vorlage für ein Prozessmodell die ISO/IEC 15288 (2008) angewendet werden. Das CMMI kann als Standard zur Messung der Prozessreife und zur Prozessverbesserung eingesetzt werden. Das Modell des CMMI enthält neben den in der DIN EN ISO 9001 (2008) geforderten Methoden noch weitere, die darüber hinausge-hen (YOO ET AL. 2006, S. 954).

7.2.3 Zusammenhang der vorgestellten Standards

Ein QMS, das die Anforderungen nach DIN EN ISO 9001 (2008) erfüllt, umfasst sowohl ein Prozessmodell, als auch einen Prozess zur kontinuierlichen Verbesserung. Nach TREUE (2013, S. 2) kann als Vorlage für ein Prozessmodell die ISO/IEC 15288 (2008) angewendet werden. Das CMMI kann als Standard zur Messung der Prozessreife und zur Prozessverbesserung eingesetzt werden. Das Modell des CMMI enthält neben den in der DIN EN ISO 9001 (2008) geforderten Methoden noch weitere, die darüber hinausge-hen (YOO ET AL. 2006, S. 954).

TONGELEN & HULIN (2013) stellen in der Praxis fest, dass sich die ISO/IEC 15288 (2008) und das CMMI-Modell ergänzen.

Bild 8: Zusammenhang der vorgestellten Ansätze und Standards

In Kapitel 7.6.1 wird auf die Ähnlichkeit und gegenseitige Abhängigkeit von Komplexi-tät und Qualität sowie zwischen den diesbezüglichen Managementansätzen hingewiesen.

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Der vorgestellte Komplexitätsmanagementprozess greift diese auf. Beide sind Teil des Integrierten Managements, das noch andere Bereiche (Umwelt, Energie, Gesundheit, Sicherheit, Risiko u.a.) umfassen kann.

In der vorliegenden Arbeit wurde der Zusammenhang zwischen SE und dem Komplexi-tätsmanagement gezeigt. In Kapitel 7.1 wurde dargelegt, dass SE ein Ansatz darstellt, mit dessen Hilfe die auftretende Komplexität im Anlagenbau gehandhabt werden kann. Um unnötige zusätzliche Komplexität durch den Einsatz von SE zu vermeiden, erfolgt eine Anpassung und Verbesserung der Lebenszyklusprozesse, das Tailoring, unter dem Aspekt der Komplexitätsoptimierung.

8 Fazit

Die Probleme des Anlagenbaus hinsichtlich Zeit- und Kostenüberschreitungen lassen sich auf Probleme im Umgang mit Komplexität zurückführen. In einer Expertenbefra-gung wurde die Bedeutung einzelner Komplexitätsarten und die Anwendung von Me-thoden zum Management von Komplexität abgefragt. Als Ergebnis wurden sechs Cluster gefunden von Handlungsbedarfen gefunden.

In Kapitel 7 wird gezeigt, dass die Anwendung von Systems Engineering und ein ganz-heitliches Komplexitätsmanagement Antworten auf diese Cluster darstellen. Damit kann die Hypothese

„Komplexitätsinduzierte Probleme im Anlagenbau können mit Hilfe von Strategien und Methoden des Komplexitätsmanagements und des Systems Engineering des State-of-the-art verringert werden.“

verifiziert werden.

Die vorliegende Arbeit stellt einen ersten Schritt bei der Untersuchung der Komplexität im Anlagenbau dar. Mit der in dieser Arbeit gewählten Forschungsmethode der Exper-tenbefragung können die gestellten Forschungsfragen qualitativ beantwortet werden. Ein nächster Schritt könnte die Quantifizierung dieser Ergebnisse sein. Dazu muss eine re-präsentative Studie unter Firmen des Anlagenbaus durchgeführt werden. Die Ergebnisse dieser Arbeit können dabei als Ausgangspunkt dienen.

Auch im Hinblick auf Methoden zur Messung von Komplexität besteht weiterer For-schungsbedarf. BLOCKUS (2010, S. 301) und GIEßMANN (2010, S. 85) stellen hierzu ei-nen Mangel in der Literatur fest. Sämtliche ganzheitliche Ansätze unterstellen, dass ein Komplexitätsproblem existiert, ohne zuvor eine Analyse der bestehenden und geforder-ten Komplexität durchzuführen (GIEßMANN 2010, S. 85). Dies lässt auf die Schwierigkeit der Erfassung der Komplexität schließen.

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Literaturverzeichnis

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