Kongreßbericht

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Kurze Mitteilungen KongreBbericht Protoplasmatisches vom 4. internat. Kongre• fiir experiment. Zellforschung in Kopenhagen 10.-d5. August 1936 yon Hans Pieiffer (Bremen) Der eben abgeschlossene Kongreg zeigte bald noeh mehr als die ihm vor- angegangenen Tagungen (s. ProtoI)l~sma 20, 468 f.), wie protoplasmatische Fragestelhmgen heute mit im Vordergrunde cytologischen Interesses stehen. Leider fehlt es an Raum, diese Behauptung im einzelnen zu beweisen. Doeh mSgen zur Kennzeichnung der wissensehaftlichen Arbeiten des Kongresses im folgenden einige der haupts/~chlichsten einschl~gigen Vortr~ige kurz genannt werden, um zugleieh zu zeigen, wie mannigfMtig die behandelten Gegenst/hlde gewesen sind. Vielleicht werden sich dann in zwei Jahren in Zfirich noch mehr Protoplasmatiker um ein ganz sie angehendes Forschungsgebiet s~mmeln. Nach den offiziellen Begrfigungen und den Ansprachen yon A. Carrel fiber seine , Cytologie n ouvelle" und yon A u g u s t K r o g h fiber,,Moderne Biologie" t3efaBte sich die yon J. 1%unnstrSm eingeleitete erste Sitzung mit Arbeiten fiber die Physikochemie der Zelle. Hier ffihrte zuerst I~ef. durch retrak- tometrisehe und polarisationsmikroskopisehe Untersuchungen der Kulturgallerten und Vergleieh mit der Ausbildung in vitro gehaltener Zellen deren Formbildung .auf einen Antagonimus retraktiver Krgfte des Mediums und der Oberfl/ichen- spannung der Zelle zurfick, worauf Edm, Mayer bei seiner Mitteilung fiber Kraftmessungen zwischen Zellen und kolloidMen )Sedien auf die hohe Bedeu- tung quantitativer Methoden ffir die Cytologie einging und T. P6terfi fiber Grenzen der Kernplasmarelation bei Infusorien (Gr6Benschwankungen auBer vom Wachstum auch yore Altern usw. bedingt) berichtete.- Die n/~chste Sitzung mnfaBte Arbeiten zur Elektrophysiologie und Kolloidchemie und wurde von P 6t erfi eingeleitet mit Betrachtungen fiber die Fortffihrung einer strukturanalytischen Cytologie (deskriptiver oder experimenteller Arbeitsweise) zu einer histophysiologischen Funktionsanalyse, die die Funktion als Ausdruek, nicht so sehr als Ursache der Struktur sieht, freilich best~ndig mit der Struktur- analyse in Verbindung bleibt. Hier konnte Fr. Buehthal dureh seine mit Binantenelektrometer und KathodenstrahlosziUograph gewonnenen Messungen an einzelnen quergestreiften Muskelfasern die kaus~le Verknfipfung des exakt naehweisbaren Ruhepotentials mit der Querstreifung demonstrieren; durch Untersuchung der Temperaturabh/~ngigkeit ist aueh trotz gewisser Sohwierig- keiten ein bescheidener Einbliek in die Potentialentstehung m6glich. Reiehen Beif~ll fanden die sehSnen Darbietungen yon S. Strugger fiber Ss und Basenfs worfiber er soeben selbst beriehtet (s.Protoplasma 26, 56 f.), und fiber die prs gelungenen Vitalf~rbungen yon Plastiden, w/~hrend J. Zweib~um fiber die Salzbeeinflussung vitaler F~rbungen berichtete und A. Donnaggio Einflfisse des Alters und der Temperatur auf die Darstellbarkeit des neurofibrillgren Netzes der Nervenzellen yon S~ugern bespraeh. -- In der yon A. P olieard unter Hervorhebung der spektroskopisehen Methoden einge- leiteten histoehemischen Sitzung sind ffir die Protoplasmatik am bedeut-

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Kurze Mitteilungen

KongreBbericht Protoplasmatisches vom 4. internat. Kongre• fiir experiment. Zellforschung

in Kopenhagen 10 . -d5 . August 1936

yon Hans Pieiffer (Bremen)

Der eben abgeschlossene Kongreg zeigte bald noeh mehr als die ihm vor- angegangenen Tagungen (s. ProtoI)l~sma 20, 468 f.), wie protoplasmatische Fragestelhmgen heute mit im Vordergrunde cytologischen Interesses stehen. Leider fehlt es an Raum, diese Behauptung im einzelnen zu beweisen. Doeh mSgen zur Kennzeichnung der wissensehaftlichen Arbeiten des Kongresses im folgenden einige der haupts/~chlichsten einschl~gigen Vortr~ige kurz genannt werden, um zugleieh zu zeigen, wie mannigfMtig die behandelten Gegenst/hlde gewesen sind. Vielleicht werden sich dann in zwei Jahren in Zf i r ich noch mehr Protoplasmatiker um ein ganz sie angehendes Forschungsgebiet s~mmeln.

Nach den offiziellen Begrfigungen und den Ansprachen yon A. C a r r e l fiber seine , Cytologie n ouvelle" und yon A u g u s t K r o g h fiber,,Moderne Biologie" t3efaBte sich die yon J. 1%unnstrSm eingeleitete erste Sitzung mit Arbeiten fiber die P h y s i k o c h e m i e de r Zel le . Hier ffihrte zuerst I~ef. durch retrak- tometrisehe und polarisationsmikroskopisehe Untersuchungen der Kulturgallerten und Vergleieh mit der Ausbildung in vitro gehaltener Zellen deren Formbildung .auf einen Antagonimus retraktiver Krgfte des Mediums und der Oberfl/ichen- spannung der Zelle zurfick, worauf Ed m , M a y e r bei seiner Mitteilung fiber Kraftmessungen zwischen Zellen und kolloidMen )Sedien auf die hohe Bedeu- tung quantitativer Methoden ffir die Cytologie einging und T. P 6 t e r f i fiber Grenzen der Kernplasmarelation bei Infusorien (Gr6Benschwankungen auBer vom Wachstum auch yore Altern usw. bedingt) b e r i c h t e t e . - Die n/~chste Sitzung mnfaBte Arbeiten zur E l e k t r o p h y s i o l o g i e u n d K o l l o i d c h e m i e und wurde von P 6t e r f i eingeleitet mit Betrachtungen fiber die Fortffihrung einer strukturanalytischen Cytologie (deskriptiver oder experimenteller Arbeitsweise) zu einer histophysiologischen Funktionsanalyse, die die Funktion als Ausdruek, nicht so sehr als Ursache der Struktur sieht, freilich best~ndig mit der Struktur- analyse in Verbindung bleibt. Hier konnte Fr. B u e h t h a l dureh seine mit Binantenelektrometer und KathodenstrahlosziUograph gewonnenen Messungen an e i n z e l n e n quergestreiften Muskelfasern die kaus~le Verknfipfung des exakt naehweisbaren Ruhepotentials mit der Querstreifung demonstrieren; durch Untersuchung der Temperaturabh/~ngigkeit ist aueh trotz gewisser Sohwierig- keiten ein bescheidener Einbliek in die Potentialentstehung m6glich. Reiehen Beif~ll fanden die sehSnen Darbietungen yon S. S t r u g g e r fiber Ss und Basenfs worfiber er soeben selbst beriehtet (s.Protoplasma 26, 56 f.), und fiber die prs gelungenen Vitalf~rbungen yon Plastiden, w/~hrend J. Z w e i b ~ u m fiber die Salzbeeinflussung vitaler F~rbungen berichtete und A. D o n n a g g i o Einflfisse des Alters und der Temperatur auf die Darstellbarkeit des neurofibrillgren Netzes der Nervenzellen yon S~ugern bespraeh. - - In der yon A. P o l i e a r d unter Hervorhebung der spektroskopisehen Methoden einge- leiteten h i s t o e h e m i s c h e n Sitzung sind ffir die Protoplasmatik am bedeut-

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samsten die Mitteilungen fiber die Wiehtigkeit des Vitamin D neben Calcium- und Phosphorsalzen bei der Verkn5cherung yon Osteoblasten (Frl. C. F. F i s e h- m a n n ) , fiber die Notwendigkeit geringer Konzentrationen metalliseher Co- Wuehsstoffe bei der Wirksamkeit kiinstlich dargestellten Wuchsstoffes B (N. N i e 1 s e n), fiber die lumineszenzfluoriskopische Lipoiddarstellung in tierischen Zellen (A. H a d j i o 1 o f f) und fiber den absorptionsspektroskopischen Nacbweis (mittels UV-Licht) yon Nukleins/~ure in ~[engen bis herab zu 10 -~ mg (!), wodurch die Chromosomen als abweehselnd nukleins~urereiche und -arme Segmente erwiesen werden konnten (T. C a s p e r s s e n ) . - - I n der yon K . L i n d e r s t r o m - L a n g eingeleiteten Sitzung zu Z e l l a t m u n g u n d - M e t a b o l i s m u s sprachen dieser selbst und H. H o l t e r fiber ihre Methode, die granul/~ren Bestandteile des Ei- Cytoplasmas dureh Zentrifugieren schichtweise zu ordnen und getrennt enzy- matisch zu untersuchen. Als Enzymtr~ger des Cytoplasmas kommt f fir die Dipeptidase allein die hyaline Grundsubstanz (Matrix) in Betracht; unentsehieden blieb, ob etwa Teile dos oxydativen Enzymsystems dennoeh pigment~r gebunden sind. Das Redoxpotential bei G/~rung yon Hefeextrakten ist yon F r. L i p m a n n gemessen worden, w~hrend O. A. T r o w e l l und F. J a e o b y fiber ihre Versuehe der Beeinflussung yon Migration und mitotiseher T~tigkeit in vitro gezfiehteter Fibroblasten durch Embryogewebes/tfte v o r u n d nach Dialysieren beriehteten und Alb. F i s c h e r die Erns der Zellen in Beziehung zur Blutkoagulation darlegte. - - In mehr als 4 weiteren Sitzungen wurde fiber e x p e r i m e n t e l l - m o r p h o l o g i s e h e Ergebnisse gesproehen. Die erste leitete W. v. M S l l e n d o r f f unter seh/irferer Fassung des Viseosit/~tsbegriffes (Untersebeidung yon Arbeits- plasma und periplasmatisehem Ramn) und Viseosit/%sbestimmungen aus kinemato- graphiseh ermittelten Mitosezeiten ein; seine theoretisehe Analyse vor allem der Einflilsse yon Hypo- und Hypertonieis ffihrte zn einer einleuehtenden Deutung der in der Protoplasmatik bekannten Analogien der Wirkung soleher Median. Vorgeffihrt wurden ferner R. H. J. B r o w n s Ultrazentrifugenmethode zur Absonderung yon Golgiapparat, Mitochondrien, Nisslk6rper und Kern yon NeutralrotkSrpeml, P. V o n w i l l e r s Zellbeobaehtungen in situ und S. T e h a k - h o t i n e s Mikrostrahlstiehmethode. Die I~estitution an dissoziierter Spongilla lacustris besehrieb H. v. B r o n d s t e d , das h/~ufige Vorkommen kernloser Ery- throeyten auch bei Amphibien P. S l o n i m s k i , und fiber die Doppelbreehung der Chromosomen in der Anaphase (5 r Ganguntersehied) und doppelbreehende Kernspindeln und Polstrahlungen beriehtetenach Untersuehungen W. J. S e h m i d t s in dessen Abwesenheit sein Schiller Anke l . Die n/tehste Sitzung unter H. B. Fe l l stand ganz unter dem Zeiehen spezieller Gewebekultur, und die weitere, die O. S t e i n b 6 e k einleitete, braehte aul3er dessen auf Turbellarienuntersuchungen gegrilndeten Theorie fiber den plasmodialen Ursprung der Metazoen eine dutch direkte Mikrobestimmungen der hydrostatisehen und kolloidosmotischen Drueke ausgezeiehnete Arbeit fiber den Filtrationsmeehanismus an den I)armzotten (G. KSn iges ) . Aus den weiteren Sitzungen unter G. Ch. H i r s c h und E. H a a g e n seien nut noah erwghnt die versehiedenen Mitteilungen fiber die Drfisen- und besonders Pankreast~ttigkeit ( H i r s e h , E. R i e s , S. F r a n e k ) , fiber E. B a r t a s Mikroilluminator, den Kerneinf]ul3 auf die Zelldifferenzierung ( J. H/~ m m e r 1 i n g), die Str6mungsbewegungen im befruehteten Ascidien-Ei (G. V a n d e b r o e k ) und den Druckeinflul3 auf die Ausbildung der Blutgef~fle (A. F. W. H u g h e s ) . - - Dutch E. H a a g e n wurden aueh die e x p e r i m e n t e l l - p a t h o l o g i s e h e n Diskus- sionen geleitet, yon denen wir an dieser Stelle nut T. J. M a e d o u g a l d s Mit- teilung fiber Entstehen und Vergehen dos Golgiapparats in Fibro-, Chondro-

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und Osteoblasten erw/~hnen brauchen, w/~hrend die letzte Sitzung (R. J . L u d f or d) S t r a h l e n w i r k u n g e n behandelte und u. a. neben der Abh/~ngigkeit der Strah- lenempfindlichkeit von dem Aktivit/~tszustand der Objekte (B. F a b e r ) als Wirkung hochfrequenter Str6me eine eigenartige ZerstSrung der Mitoehondrien und des Golgiapparats and eine Chromatindispersion bis zur Pyknose oder Fragmentat ion des Kernes brachte (It. Okkels ) .

Uberreich waren die gebotenen D e m o n s t r a t i o n e n , die in versehiedenen Inst i tuten stattfanden, so da$ wit an dieser Stelle neben den benutzten Appara- turen yon I~. H. J . B r o w n , F. B u e h t h a l , S. T e h a k h o t i n e u. a. nur nennen kSnnen die Demonstrationen zu den Mitteilungen yon Br o n s t e d, F is e h m a n n und O k k e l s , die zellpathologisehen Pr/s L u d f o r d s und die Fluoreszenz- f/s H a d j i o l o f f s . Aueh mehr als ein Dutzend F i l m e wurden tells ws tells auBerhalb der Verhandlungen vorgefiihrt. Die hier nur in Auswahl aufgez/s zahlreichen Verhandlungsgegenst/s ]assen jedenfalls sehon jetzt das Erseheinen des ausffihrliehen Verhandlungsberiehtes, der wie bei den frfiheren Kongressen im Arch. f. exper. Zellforsch. (Jena, G. Fischer) zum Abdruck kommen wird, mit Spannung erwarten.

Das elektrokinetisehe Potential yon Trypanosomen

yon D. Grodzensky (Abt. f. biologische Physiko-Chemie [Verst. Prof. D. L. l~ubinstein] d. W. I. E. M.

[Institut f, experimentelle Medizin d. U.S.S.R.])

Eingeg~ngen am 8. Juli 1936

Der vergleichenden Untersuchung des elektrokinetischen Potentials le- bender Zellen steht die beschr/s Auswahl fiir elektrophoretisehe Versuehe geeigneter Objekte im Wege. Aber auch an isolierten Zellen, die sieh f fir Bestim- nmngen des ~-Potentials eignen, gelangen verschiedene Forscher nicht selten zu widersprechenden Resultaten. Solche Unstimmigkeiten werden meist dutch methodisehe Fehler verursacht - - dureh die Niehtbeachtung verschiedener Faktoren, insbesondere elektro-osmotischer Str6mungen, die bei rnangelhafter Anordnung yon Mikroelektrophoreseversuchen deren Ergebnisse f/s k6nnen. I m Lichte der theoretischen Betraehtungen fiber die physiologische Bedeutung des negativen ~-Potentials der lebendigen Plasmaoberfl/s die m ]ungster Zeit yon Prof. D . L . l ~ u b i n s t e i n (1935) ge/s wurden, ersehien es yon Interesse, in der Literatur vorkommende Angaben fiber positiv geladene Zellen einer experhnentellen Nachprfifung zu unterziehen. Nachdem derartige Angaben fiber die positive Ladung von Spiroeh/~ten dureh die sorgf/~ltigen Untersuehungen yon K r o s s und Z u e i z e r (1932) widerlegt worden sind, sind gegenw/s haupt- ss die Befunde einiger Forseher fiber positive Potentiale bei Trypanosomen naehzuprfifen.

Bereits im Jahre 1911 beobachtete C o m m a n d o n kathodisehe Wanderung bei Trypanosoma Brucei und T. equiperdum und zog den Sehlu[~, die elektro- phoretische (Tbertragung zur Kathode sei eine typisehe Eigenschaft aller Trypano- s o m e l ] .

S z e n t - G y 5 r g y i (1921) untersuehte versehiedene Trypanosomenarten und fand dabei, /~hnlieh wie C o m m a n d o n , dal3 Trypanosoma Brucei und Tr. equi-