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1. Internationale Holzbrückentage 2010 Konstruktive Auswirkungen der Einwirkungen auf Brücken | M. Gerold 1 Konstruktive Auswirkungen der Einwir- kungen auf Brücken - Wichtigkeit des baulichen Holzschutzes Matthias Gerold Harrer Ingenieure Gesellschaft Beratender Ingenieure VBI mbH Karlsruhe, Deutschland

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1. Internationale Holzbrückentage 2010

Konstruktive Auswirkungen der Einwirkungen auf Brücken | M. Gerold

1

Konstruktive Auswirkungen der Einwir-

kungen auf Brücken - Wichtigkeit des baulichen Holzschutzes

Matthias Gerold

Harrer Ingenieure

Gesellschaft Beratender

Ingenieure VBI mbH

Karlsruhe, Deutschland

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Konstruktive Auswirkungen der Einwir-kungen auf Brücken - Wichtigkeit des

baulichen Holzschutzes Kurzfassung

Auf Grund der bundesweit Hunderttausenden von Brücken und ihrer Standzeiten von

teilweise über 100 Jahren summieren sich die Unterhaltungs- und Neubaukosten be-

trächtlich. Um die Volkswirtschaft finanziell so gering wie möglich zu belasten, wird zu

Recht eine größtmögliche Robustheit und Wirtschaftlichkeit gefordert. Dies äußert sich

auch in den normativen Anforderungen.

Im vorliegenden Beitrag erfolgt ein Überblick über die aktuell gültigen Einwirkungen auf

Holz- und Holz-Beton-Verbundbrücken. Dabei werden insbesondere die Besonderheiten

bei der Planung der Überbauten von Straßenbrücken vorgestellt und erläutert. Diese kor-

relieren mit den 2006 erstellten Musterzeichnungen. Die dabei berücksichtigten grund-

sätzlichen baulichen Maßnahmen zum Holzschutz und deren Zusammenhang mit der Le-

bensdauer und den Unterhaltungskosten von Bauwerken werden im Vortrag aufgezeigt.

An dieser Stelle wird auch auf die parallel erschienene Neuausgabe der DIN 1074 sowie

auf den Entwurf der Normenreihe DIN 68800 hingewiesen.

1. Planung von Brücken (Besonderheiten)

1.1. Querschnittsgestaltung (Lichtraumprofile)

Lichte Höhe und lichte Weite unter Überführungsbauwerken

a) über Eisenbahnanlagen (gemäß RIL 804 sowie ARS 25/2003)

Soweit bei Überführungsbauwerken kein Raum für eine Oberleitung freigehalten werden

soll, muss die lichte Höhe – bezogen auf die Sollhöhe der Schienenoberkante (SO) – bei

nicht überhöhten Gleisen auf der freien Strecke und in Bahnhöfen von mindestens

4,90 m betragen.

Bei elektrifizierten und zur Elektrifizierung vorgesehenen Strecken müssen – in Abhän-

gigkeit von der Ausbaugeschwindigkeit v – mindestens folgende lichte Höhen über SO

berücksichtigt werden:

- auf der freien Strecke im Normalbereich bei

v 160 km/h: 160 km/h < v 200 km/h: v > 200 km/h:

5,70 m 5,90 m 6,70 m

- auf der freien Strecke im Bereich von Nachspannungen und in Bahnhöfen bei

v 200 km/h: v > 200 km/h:

6,20 m 7,20 bis 7,90 m

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Als lichte Weiten von Über-

führungs-bauwerken der frei-

en Strecke sollen mindestens

die Breiten des Planums der

freien Strecke nach Regel-

zeich-nungen AQU 51 (siehe

Figure 1) und 52 eingehalten

werden; in Bahnhöfen soll

von Gleismitte mindestens

ein Abstand a von 3,80 m

eingehalten werden.

Figure 1: Auszug AQU_51

b) über Straßen (gem. ARS 12/1991)

Die Lichtraumprofile sind hier im Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau, kurz ARS, mit

mindestens 4,50 m festgelegt.

1.2. Baustoffe

a) Hölzerner Überbau GL 32c

b) Kappen, Verbundplatte, Widerlager

Beton C 35/45

Gesimskappen C 25/30 LP

Betonstahl BSt 500 S (B)

Spannstahl 1570/1770 (DIN-FB 102, Kap. II, Abs. 3.3.1)

- Expositionsklassen gemäß ZTV-ING, ggf. ergänzend gemäß LV

- Anforderungsklasse D gemäß ARS Nr. 11/2003

- Anforderungen an die Begrenzung der Rissweite (0,2 mm) und an die Dekompression

(bei Spannbetonbauteilen) gemäß DIN-Fachbericht (kurz DIN-FB) 102, Tab. 4.118

2. Einwirkungen auf Brücken (hier: Überbau)

2.1. Ständige Einwirkungen

Eigengewicht (gem. DIN 1055-1 [8])

= 5 bzw. 6 kN/m³ für Holzkonstruktionen (Nadelholz bzw. Laubholz)

= 25,0 kN/m³ für Konstruktionsbeton

Ausbaulasten

Unterlüftete Schrammborde aus Hartholz sind mit = 6 kN/m³;

ein Kappenbeton mit einem spezifischem Gewicht von = 25,0 kN/m³ und das Eigenge-

wicht des z.B. bituminösen Fahrbahnbelages mit von = 24,0 kN/m³ (DIN-FB 101 [9],

Kap. III, bei einer Gesamtstärke von i.M. 8,0 cm) zu berücksichtigen. Für einen evtl.

Mehreinbau von Fahrbahnbelag (Gradientenausgleich) ist eine zusätzliche Flächenlast von

0,5 kN/m² über die gesamte Fahrbahnbreite als ständige Einwirkung in Ansatz zu bringen

(DIN-FB, Kap. III, Abs. 4.10.1.).

Bei Klappbrücken ist zum Ausgleich von Ungenauigkeiten bei der Bestimmung der Eigen-

lasten zur Berechnung von Antriebsvorrichtungen zusätzlich eine gleichmäßig verteilte

Last von 0,25 kN/m² durchgehend über die Brückenfläche anzusetzen.

Nach Abs. 4.10.2 sind Lasten von Versorgungsleitungen und anderen ruhenden Lasten

(Leiteinrichtungen, Geländer, etc.) ungünstigst zu berücksichtigen.

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Baugrundbewegungen (Zwangsschnittgrößen)

Verschiebungen und Verdrehungen der Gründungen infolge Baugrundbewegungen sind

grundsätzlich als ständige Einwirkungen zu berücksichtigen.

Dabei ist zwischen wahrscheinlichen und möglichen Baugrundbewegungen zu unterschei-

den. Die Größe der auftretenden Setzungen wird i.d.R. vom Baugrundgutachter festge-

legt.

a) wahrscheinliche Baugrundbewegungen (i.d.R. gemäß Baugrundgutachten)

Für den Überbau wird häufig eine Setzungsdifferenz von s = 1 cm voll-elastisch

in ungünstigster Kombination (bei Mehrfeldträgern "zickzack-förmig") als ständige

Einwirkung Gk,SET für die Nachweise berücksichtigt.

Von diesem Wert wird der überwiegende Teil der elastischen Setzung unmittelbar

nach Erstellung des Überbaus bereits vollständig eingetreten sein, da sowohl das

Pfeilereigengewicht als auch das Gewicht des Überbaus über die Pfeiler bzw. Trag-

gerüstjoche auf den Fundamenten einen Großteil der endgültigen Belastung erge-

ben. Der restliche plastische Anteil der Setzung verläuft affin zum Kriechen des

Überbaus und wird als allmählicher Zwang zu geschätzt 50% aufgebaut.

Für den Nachweis der Gebrauchstauglichkeit (Dekompression) sowie für die Nachweise

der Tragsicherheit (Rissbreite, Bruchsicherheit) eines Holz-Stahlbeton-Verbund-

Überbaus ist für alle Achsen eine Setzungsdifferenz von z.B. s = 1,0 cm vollelastisch

in ungünstiger Kombination zu berücksichtigen.

b) mögliche Baugrundbewegung (DIN-FB 102, Kap. II, Abs. 2.3.2.2.)

Für den Überbau wird eine Setzungsdifferenz von s = 1 cm vollelastisch in ungüns-

tigster Kombination ("zickzackförmig") als mögliche Baugrundbewegung berücksich-

tigt. Die Steifigkeiten dürfen aber im Grenzzustand der Tragfähigkeit gemäß Ziffer

(103) auf 60% abgemindert werden und werden damit häufig gegenüber der wahr-

scheinlichen Setzung nicht maßgebend.

Vorspannung Stahlbeton – Verbundplatte (sofern vorhanden)

Für die interne Vorspannung werden Litzenspannglieder verwendet. Es wird davon aus-

gegangen, dass nach einer Länge, die etwa der halben Bauhöhe des Überbaues ent-

spricht, die Spannkraft vom Anker in den Querschnitt eingeleitet ist.

2.2. Veränderliche Einwirkungen

Im DIN-Fachbericht 101 "Einwirkungen auf Brücken" wurden sämtliche für Brücken rele-

vanten Regelungen zusammengefasst und aufeinander abgestimmt. Er ist insgesamt in

8 Kapitel untergliedert, u.a.

Kapitel IV "Verkehrslasten auf Brücken"

Kapitel V "Temperatureinwirkungen"

Soweit nicht anders angegeben, beziehen sich daher die nachfolgenden Angaben auf den

DIN-FB 101 (Ausgabe 2009-03), Kap. IV bzw. Kap. V.

Verkehrslasten

Das Kapitel IV "Verkehrslasten auf Brücken" gliedert sich in die Abschnitte

IV.1 Allgemeines

IV.2 Einteilung der Einwirkungen

IV.3 Bemessungssituationen

IV.4 Einwirkungen aus Straßenverkehr und andere …

IV.5 Einwirkungen aus Fußgänger- und Radverkehr …

IV.6 Einwirkungen aus Eisenbahnverkehr und andere …

IV. Anhang C Ergänzungen für Straßenbrücken

IV. Anhang D Ergänzung zu Geh- und Radwegbrücken

IV. Anhang E ... M Ergänzungen für Eisenbahnbrücken

IV. Anhang N Windeinwirkungen auf Brücken

IV. Anhang O Ermittlung der Bewegungen an Lagern und

Übergangskonstruktionen sowie ergänzende

Regelungen für die Bemessung von Lagern

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Entsprechend dem Grundgedanken des Eurocode 1 werden auch im Kap. IV des Fachbe-

richtes die Einwirkungen für die unterschiedlichen Bemessungssituationen angegeben:

- normale Bedingungen

- außergewöhnliche Bedingungen (z.B. Anprall, abirrende Radlasten)

- Ermüdungsnachweise

a) Fußgänger- und Radwegbrücken

- Vertikallast qfk = 5,0 kN/m² auf der sicheren Seite liegend

entspricht damit dem Wert im Lastmodell 4 für Menschengedränge.

Für lokale Nachweise ist eine Einzellast von Qfwk = 10 kN mit 10x10 cm Aufstandsflä-

che zu berücksichtigen. Diese wirkt nicht gleichzeitig mit qfk bzw. ist bei Vorhanden-

sein von außergewöhnlichen Einwirkungen (vgl. Abs. 2.3.3) nicht anzusetzen.

- Falls vom Bauherrn nach Abs. 5.3.2.3 (1) festgelegt, müssen ein oder mehrere zwei-

achsige Dienstfahrzeuge für z.B. Unterhaltungsarbeiten, Schneeräumung oder Ret-

tungsdienst berücksichtigt werden.

Die Achslasten betragen 80 kN und 40 kN bei einem Achsabstand von 3,0 m und Rad-

aufstandsflächen von 20x20 cm.

- Horizontallasten in Brückenlängsrichtung nach Abs. 5.4

1.) 10% von qfk,ges = 0,1 * (2 Lsj1 + Lsj2) * b * qfk1 = 33,5 kN (Bsp.)

2.) 60% von Qfwk,ges = 0,6 * 4 Qfwk = 0,6 * 4 * 10 = 24,0 kN

Der größere Wert ist maßgebend.

Die Lasten wirken in der Brückenachse in Höhe OK Gehbahnbelag.

b) Straßenbrücken

- Lastmodell 1: Doppelachslasten und gleichmäßig verteilte Flächenlasten nach DIN-FB

101, Kap. IV, Abs. 4.3.2:

Fahrstreifen 1: Qik = Q1 * 300 = 240 kN sowie qik = 9,0 kN/m²

Fahrstreifen 2: Qik = Q2 * 200 = 160 kN sowie qik = 2,5 kN/m²

Die Beiwerte Qi und qi stellen nationale Anpassungsfaktoren dar. Sie könnten somit

für verschiedene Straßenklassen oder für verschiedene erwartete Verkehrszusammen-

setzungen unterschiedlich sein. Für die Anwendung in Deutschland sind diese festge-

legt worden zu:

Q1 = Q2 = 0,8 sowie Q3 = 0 und qi = 1,0 für i 1

Die Fahrstreifenbreite wi beträgt im Normalfall 3,0 m.

Zur Berechnung globaler Einwirkungen in Brückenquerrichtung ist eine exzentrische

Stellung der Doppelachsen des Lastmodells 1 am Rand der rechnerisch anzusetzenden

Fahrstreifen anzunehmen.

Die Lastmodelle beschreiben keine tatsächlichen Lasten, sie decken jedoch die meis

ten Einwirkungen aus LKW- und PKW-Verkehr ab.

Da in den charakteristischen Werten auch maßgebende Zustände mit Staubildung enthal-

ten sind, dürfen die Schnittgrößen aus LM 1 für die Bemessung der Unterbauten nicht

abgemindert werden.

- Lastmodell 2: Einzelachse (nur) für örtliche Nachweise nach Abs. 4.3.3;

wird i.d.R. für die Querrichtung maßgebend.

- Ermüdungs-Lastmodell 3: Achslasten für Spezialfahrzeuge nach Abs. 4.6.4; der

Grenzzustand der Ermüdung wird mit den entsprechenden Faktoren nach DIN-FB 102,

Anhang 106, durchgeführt;

die Anzahl der LKW-Fahrstreifen sind nach Abs. 4.6.4 wie folgt festzulegen:

- 2 Fahrstreifen bei Straßen mit Regelquerschnitten bis RQ 15,5

- je Fahrtrichtung 1 LKW-Fahrstreifen bei Straßenquerschnitten bis RQ26

- je Fahrtrichtung 2 LKW-Fahrstreifen bei Straßenquerschnitten bis RQ33;

die Verkehrskategorie ist i.d.R. nach Tabelle IV-4.5 wie folgt festzulegen:

- Verkehrskategorie 1 bei Bundesautobahnen und

Straßen mit zwei oder mehr Fahrstreifen je Fahrtrichtung

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- Verkehrskategorie 2 bei Straßen bis Regelquerschnitt RQ 15,5

In den Lastmodellen sind Schwingbeiwerte bereits enthalten.

In der Nähe von Fahrbahnübergängen sollte ein Erhöhungsfaktor fat gemäß Abs. 4.1.6

(7) berücksichtigt werden.

Der DIN-Fachbericht 101 gilt nur für zivile Verkehrslasten. Die Berücksichtigung von mili-

tärischen Verkehrslasten nach STANAG 2021 wird mit gesondertem Allgemeinen Rund-

schreiben Straßenbau (ARS) geregelt.

Lasten aus Bremsen und Anfahren

untere Grenze: Qlk = Qi * 360 = 288 kN Brems- und Anfahrlast

obere Grenze: Qlk = 900 kN

gemäß Formel 4.6 des DIN-FB 101, Kap. IV, Abs. 4.4 ergibt sich dann:

Qlh = 0,6 * Q1 * (2 Q1K) + 0,10 * q1 * q1k * w1 * L

Qlk = 0,6 * 0,8 * 2 * 300 + 0,10 * 1,0 * 9,0 * 3 * L

Qlk = 288 kN + 2,7 * L (in m) [kN]

bei L 70 m -> Qlk = 475 kN < 900 kN (Beispiel)

Zentrifugallasten

Der Ansatz der Last erfolgt analog Abs. 4.4.2 (3) nur in den Auflagerachsen quer zur

Fahrbahnachse mit

Qv = Q1 * (2 Q1K) + Q2 * (2 Q2K) = 2 * (240+260) = 800 kN

Für r < 200 m gilt: Qtk = 0,2 * Qv = 160 kN pro Auflagerachse (Beispiel)

Temperatureinwirkunqen (Ansatz nach DIN-FB 101, Kap. V)

Wenn Verformungen verhindert werden, treten im Bauteil Zwangsschnittgrößen und so-

mit Spannungen auf. Erfolgt dies in Folge Wärme, so werden bei Brückenüberbauten da-

bei folgende drei Gruppen unterschieden:

Gruppe 1 Stahlüberbau aus Hohlkasten, Fachwerk oder Plattenbalken

Gruppe 2 Verbundüberbau: Betonplatte auf einem Hohlkasten,

Fachwerk oder Plattenbalken aus Stahl

Gruppe 3 Fahrbahnplatten oder Überbauten aus Beton

auf Betonbalken oder Betonhohlkästen

Holzbrücken sind bisher nicht eingruppiert.

Bei Brücken sind i.d.R. nur der konstante Temperaturanteil TN und der lineare Tempera-

turunterschied TMz bzw. TMy mit ihren entsprechenden nachgenannten Werten zu be-

rücksichtigen.

a) Konstanter Temperaturanteil:

Die Differenz zwischen dem minimalen und maximalen Niveau der konstanten Tempera-

turanteile verursacht in Tragwerken ohne Verformungsbehinderung eine Längenände-

rung.

Die Maximal- und Minimalwerte des konstanten Temperaturanteils Te,min bzw. Te,max müs-

sen aus der minimalen und maximalen Außenlufttemperatur von

-24oC bzw. +37oC bestimmt werden. Sie können gemäß Abs. 6.3.1.3 in Deutschland wie

folgt angenommen werden:

Gruppe 1 Stählerne Brücken Te,min = - 26K Te,max = +51 K

Gruppe 2 Verbundbrücken Te,min = - 20K Te,max = +41 K

Gruppe 3 Betonbrücken Te,min = - 17K Te,max = +37 K

Die Aufstelltemperatur darf i.d.R. mit To = 10°C angenommenen werden.

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Somit ergeben sich folgende Schwankungen des konstanten Temperatur-anteiles:

- für den Überbau:

TN,neg = Te,min - To max. Schwankungen des neg. Temperaturanteiles

TN,pos = Te,min - To max. Schwankungen des pos. Temperaturanteiles

TN = Te,max - Te,min Gesamtschwankung des Temperaturanteiles

- für die Verformungslager und Fahrbahnübergänge (ÜKO):

analog zum Überbau

Sofern der Überbau direkt auf die Lager gesetzt und der endgültige Festpunkt sofort

hergestellt wird, muss eine zusätzliche Erhöhung der o.g. Temperaturgrenzwerte nach

Abs. 6.3.1.3.3 (6) um 15K (Gruppe 1) bzw. 10K (Gruppen 2, 3) nicht berücksichtigt

werden. Für die Voreinstellung der ÜKO wird eine Messung der Überbautemperatur

vorgenommen.

Für die Bemessung von Lagern und Dehnwegen von Fahrbahnübergängen sind zusätz-

liche Temperaturunterschiede von 10K zu berücksichtigen.

b) Lineare Temperaturunterschiede:

gem. DIN-FB 101, Kap. V, Abs. 6.3.1.4

Zu bestimmten Zeitperioden verursachen eine Erwärmung und Abkühlung der Oberfläche

des Brückenüberbaues maximale positive (Oberseite wärmer) und maximale negative

(Unterseite wärmer) Temperaturveränderungen.

Diese Temperaturveränderung ruft im Tragwerk Beanspruchungen hervor, wenn einer

der folgenden Effekte eintritt:

b1) Behinderung der freien Verkrümmung infolge Tragwerksform

(z.B. Rahmen, Durchlaufträger, usw.)

b2) Reibung bei Drehlagern

b3) Nicht-lineare geometrische Einflüsse (Theorie 2. Ordnung)

- Für den Endzustand wären dann in Analogie anzusetzen

Beispiel: Holz-Beton-Verbund-Straßenbrücke Gruppe 2, Plattenbalken

gemäß Tabelle 6.1: TM,pos.= + 15K TM,neg.= - 8K

gemäß Tabelle 6.2 bei Belagsdicke d = 8 cm > 5 cm (= Regeldicke):

Ksur = 0,82 (Oberseite wärmer)

Ksur = 1,0 = const. (Unterseite wärmer)

TM,pos.= 15K * 0,82 = + 12,3K TM,neg.= -8K * 1,0 = - 8K

- Für den Bauzustand würde dann gelten:

Belagsdicke d = 0 cm Ksur = 1,5 (Oberseite wärmer)

TM,pos.= 15K * 1,5 = + 22,5K TM,neg.= -8K * 1,0 = - 8K

Der Nachweis im Bauzustand wird nur bei großen Talbrücken maßgebend.

- Horizontalkomponente

In besonderen Fällen (z.B. flacher Sonneneinstand) ist gemäß Abs. 6.3.1.4.2 (2) ein

horizontaler Temperaturunterschied von 5K anzusetzen, sofern keine Hinweise auf hö-

here Werte (z.B. bei einseitigem Asphalteinbau) vorliegen.

Müssen sowohl der konstante Temperaturanteil TN , als auch der lineare Temperaturun-

terschied TM gleichzeitig (z.B. in Rahmentragwerken) betrachtet werden, so ergibt sich

die Gesamttemperaturbeanspruchung zu

TM + 0,75 * TN oder 0,35 * TM + TN

c) Ungleiche Erwärmung verschiedener Bauteile

Bei benachbarten Bauteilen mit stark unterschiedlichen Abmessungen – wie z.B. bei

Bogenbrücken Bogen und Fahrbahn als Zugband, bei Schräg-

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Tab. B.1: Lineare Ausdehnungskoeffizienten

Material T (x 10-6/K)

1 Aluminium, Aluminiumlegierungen 24

2 Nichtrostender Stahl 18

3 Baustahl, Schmiede- oder Gusseisen 12

4 Beton, mit Ausnahme von Zeilen 5 und 6 10

5 Beton, Zuschlag aus Kalkstein 9

6 Beton, Leichtzuschlag 7

9 Holz, in Faserrichtung 5

10 Holz, quer zur Faserrichtung 30 – 70

seilbrücken Überbau und Schrägkabel oder Ober- und Untergurt bei durchlaufenden

Fachwerken – kann ein Unterschied der konstanten Temperatur zu ungünstigen Bean-

spruchungen führen. Für diesen Unterschied sind 15K anzunehmen.

Zur Ermittlung der Temperatureinwirkungen gibt Tabelle B.1 im Anhang B Werte für den

linearen Temperatur-Ausdehnungskoeffizienten von einigen gebräuchlichen Materialen

an.

Windlasten

gemäß DIN-FB 101, Kap. IV, Anhang N

Die Windeinwirkungen auf Brückenüberbauten sind in Abhängigkeit von der Windzone

WZ 1 bis WZ 4, den geometrischen Verhältnissen b/d des Überbaus, der Windangriffsflä-

che mit oder ohne Verkehrsband (2m ab OK Fahrbahnbelag) bzw. Lärmschutzwand

(LSW) und der Geländekategorie den Tabellen N.1 und N.2 (Binnenland) bzw. N.3 und

N.4 (küstennahe Gebiete) dem Anhang zu entnehmen.

Anhaltswerte für max. auf Brücken im Binnenland anzusetzende Windwir-kungen bei ei-

ner Höhe des Überbaus über Gelände von 20 m < ze 50 m:

- auf Überbau ohne / mit Verkehr oder LSW wk 3,55 / 2,95 kN/m²

- auf Stützen ohne / mit Verkehr oder LSW wk 2,40 / 4,00 kN/m²

Für zeitlich begrenzte Bauzustände dürfen die charakteristischen Werte der Tabellen nach

DIN-FB 101, Kap. IV, Anhang N (3), bei Einhaltung maximaler Windgeschwindigkeiten

wie folgt abgemindert werden:

Dauer max. Windgeschwindigkeit v Faktor

Tabelle N.1 und N.3 1 Tag < 18 m/s 0,55 (0,40)

(Tabelle N.2 und N.4) 1 Woche < 22 m/s 0,80 (0,55)

Vertikale Windkomponenten sind ggf. nach DIN V ENV 1991-2-4 zu berück-sichtigen.

Schneelasten

Im Brückenbau sind auch zukünftig im Regelfall keine Schneelasten anzusetzen.

Schneelasten sind nur bei überdachten Brücken und bei beweglichen Brücken zu be-

rücksichtigen.

Lasten auf Geländer

gemäß DIN-FB 101, Kap. IV, Abs. 4.8.1: qk = 0,8 kN/m

Dieser Lastfall erzeugt für den Überbau keine Einwirkungen (actio = reactio) und ist

deshalb nur für die Bemessung des Geländer selbst sowie dessen Verankerung anzu-

setzen.

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Vorübergehende Einwirkungen

a) Ersatzlast für Brückenbesichtigungsgerät QK = 150 kN

b) Ersatzlasten für Erhaltungsmaßnahmen

c) Belagseinbau: Ersatzlast für Temperatureinwirkungen

d) Ersatz des Fahrbahnbelages für eine Richtungsfahrbahn: Sonderlasten

e) Anheben zum Auswechseln von Lagern:

Nach DIN-FB 101, Kap. IV, Abs. 4.10.4, vollelastisches Anheben jeweils nur einer

Auflagerachse um s = 1 cm. Rein formal handelt es sich um eine vorübergehende

Bemessungssituation, die i.d.R. kleinere charakteristische Schnittgrößen als die aus

wahrscheinlicher Stützensenkung ergibt.

Bewegungs- und Verformungswiderstände der Lager und ÜKO's

- Die Bewegungs- und Verformungswiderstände der Lager ergeben sich gemäß DIN EN

1337-1, Abs. 6, bzw. bei Gleitlagern nach DIN EN 1337-1, Abs. 6.7. Als Lagerreibung

Gk bzw. Qk sind danach ca. 3,5 % der ständigen Last und 50% der Verkehrslast anzu-

setzen.

- Die Bewegungswiderstände der ÜKO's sind in Abhängigkeit von der Art der ÜKO und in

Abstimmung mit dem Hersteller anzusetzen mit

Qk = 3,0 + (1,5 * n) [kN/m], wobei n = Anzahl der Dichtprofile

2.3. Außergewöhnliche Einwirkungen

Erdbeben gemäß DIN 4149 bzw. Eurocode 8

Anpralllasten auf Schutzeinrichtungen gem. DIN-FB, Kap. IV, Abs. 4.7.3.3

Die zu übertragende Horizontallast beträgt zwischen 100 kN und 600 kN. Der Angriffs-

punkt der Last liegt 1,25 m über OK Fahrbahn bzw. Gelände.

Gleichzeitig wirkt die Vertikallast wie beim Anprall an Schrammbord.

a) Fußgänger- und Radwegbrücken

Falls keine dauerhaften Absperreinrichtungen Fahrzeuge am Befahren der Brücke hin-

dern, ist nach Abs. 5.6.3 (2) die unplanmäßige Anwesenheit von Fahrzeugen zu be-

rücksichtigen.

Wie beim Dienstfahrzeug betragen die Achslasten 80 kN und 40 kN bei einem Achsab-

stand von 3,0 m und Radaufstandsflächen von 20x20 cm.

Die zugehörige Bremslast beträgt jeweils 60% der Vertikallast,

also 0,6 x 120 = 72 kN.

b) Straßenbrücken

Fahrzeuge auf Geh- und Radwegen von Straßenbrücken

Unmittelbar vor der Schutzeinrichtung ist nach Abs. 5.6.3 (3) auf Geh- und Radwegen

eine Einzelachse mit einer Achslast von

Q2 * Q2K = 160 kN, gegebenenfalls auch nur ein einzelnes Rad,

in ungünstigster Stellung anzusetzen (abirrendes Rad). Diese Achslast wirkt nicht

gleichzeitig mit den anderen Verkehrslasten auf der Fahrbahn.

Hinter einer starren Schutzeinrichtung (Betongleitwand) ist dennoch mindestens eine

Radlast von 40 kN mit einer Aufstellfläche von 20x20 cm anzunehmen (vgl. Abs.

4.7.3.1 (2); bei einer verformbaren Schutzeinrichtung (Seil, Schutzplanken) ist hinge-

gen eine Achslast dahinter zu berücksichtigen.

Seitenstoß auf Schrammborde (Anpralllast)

gemäß DIN-FB 101, Kap. IV, Abs. 4.7.3.2

horizontal Qk = 100 kN auf 0,5 m Einflussbreite

vertikal Qk = 160 kN gleichzeitig wirkend

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Anpralllasten an tragenden Bauteilen des Überbaus

Tragende Bauteile oberhalb der Fahrbahnebene, wie Endpfosten und

-diagonalen von Fachwerkträgern, aber auch Seile und Pylone von Schrägseilbrücken

sind wie Pfeiler unter der Brücke auf Anprall mit 1,0 MN in Längsrichtung und 0,5 MN

in Querrichtung mit einem Kraftangriff von 1,25 m über der Fahrbahn nachzuweisen.

Die vertikale Belastungslänge beträgt lv = 0,5 m.

Abminderungen sind gemäß DIN 1055-9 [8] – in Abhängigkeit von der Straßengeo-

metrie – möglich.

Anpralllasten an Unterbauten

- Berücksichtigung entgleister Eisenbahnfahrzeuge (bzw. Lastkraftwagen)

Tragende Stützen von Brücken und Überbauungen für eine Ersatzlast von i.d.R. Fxk =

2,0 MN (bzw. 1,0 MN) in Fahrtrichtung und Fyk = 1,0 MN (bzw. 0,5 MN) sind quer dazu

zu bemessen. Gegebenenfalls ist auch Ausfall einzelner Unterstützungen (z.B. Stüt-

zenstrebenpaar) zu untersuchen.

Bei der Bemessung der Unterbauten sind gemäß DIN-FB 101, Kap. IV – C.2.1.2 (3)

die Anpralllasten gleichzeitig mit den häufigen Einwirkungs-kombinationen der Ver-

kehrsregellasten auf der Brücke zu überlagern.

Bei Vorhandensein von Führungen im Gleis oder Leitplanken brauchen auf die Trag-

werke keine Ersatzlasten berücksichtigt zu werden.

- Schiffsanpralllasten sind ebenfalls in DIN 1055-9, Tabelle 3, geregelt

Bei ovalen Stahlbetonstützen können bis auf Weiteres Anpralllasten auf einer Breite von

bis zu b = 1,20 m angesetzt werden.

Bei Betonscheiben ab 4 m Länge kann auf einen rechnerischen Nachweis der Anpralllas-

ten verzichtet werden.

Auf die evtl. erforderlichen konstruktiven Maßnahmen (gegen Abplatzung Schellschicht)

gemäß DIN-FB 102, Anhang 108, wird hingewiesen.

Anprallgefährdete Pfeiler oder andere stützende Bauteile, bei denen keine Anpralllasten

anzusetzen sind, müssen durch besondere Maßnahmen nach DIN-Fachbericht 101, Kap.

IV, Abs. 4.7.2.1 (3) und (4), gesichert werden.

2.4. Rechenannahmen

Vertikalsystem in Längsrichtung

Die Berechnung der Überbauschnittgrößen erfolgt an einem ebenen 1-Stab-System. Der

Überbau wird durch einen biege- und torsionssteifen Längsstab, welcher in der Bau-

werksachse verläuft, dargestellt. Der Grundrissverlauf wird dabei berücksichtigt.

Vertikalsystem in Querrichtung

Für die Querrichtung werden i.d.R. nur die Kragarme bei einer Stahlbetonplatte zusätzlich

für die quer vorgespannte Brücke die Spannungsbegrenzung nach DIN-FB 102, III, 6.1,

nachgewiesen.

Lagerungssystem

Als Lager kommen – in Abhängigkeit von den Verdrehungen und Lasten - i.d.R. an allen

Achsen Elastomerlager, bei schweren Brücken teilweise Kalottenlager zum Einsatz. Häufig

werden Lager auf den Widerlagern tangential ausgerichtet.

Auf dem einen Widerlager wird das bogenäußere Lager allseits fest und i.d.R. das bogen-

innere Lager längsfest ausgebildet. Auf dem gegenüber liegenden Widerlager ist dann

das bogenäußere Lager querfest und das bogeninnere Lager allseits beweglich. Die Lager

auf möglichen Pfeilern sind allseits beweglich und entsprechend der Pfeilerstellung ausge-

richtet.

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3. Wirtschaftlichkeit moderner Holzbrücken

3.1. Ausgangssituation

In [1] konnte anhand einer repräsentativen Anzahl von Holzbrücken nachgewiesen wer-

den, dass sich moderne geschützte Brücken genauso dauerhaft verhalten wie die seit

Jahrhunderten bewährten Holzbrücken mit Satteldach. Als geschützte Holzbrücken (vgl.

DIN 1076 [6]) können Brücken bezeichnet werden

- mit einem ausreichend über die Hauptkonstruktion auskragendem Schutzdach (Abbil-

dung 1, Abbildung 8),

- mit geschlossenem Geh- und Fahrbahnbelag

aus Gussasphalt (Abbildung 2, vgl. auch [2]) oder

aus Stahlbeton (Abbildung 3 zeigt eine moderne Schwerlastbrücke in Holz-Beton-

Verbundbauweise aus der benachbarten Schweiz (siehe auch [3]) ),

- mit einer Blech-Abdichtung unter einem offenen Bohlenbelag (Abbildung 4), oder

mit offenem Bohlenbelag, bei denen die Hauptträger dreiseitig (seitlich, als auch ober-

seitig) mittels Holzverschalung oder Blechverkleidung geschützt sind (bei der Bogen-

brücke Abbildung 5 fehlt so gesehen die innere Bekleidung) und die Längsträger unter

den Bohlen oberseitig eine auskragende Blechabdeckung besitzen (Abbildung 6),

- aus ausgewählten, hochresistenten Harthölzern, deren exponierte Teile der Haupttrag-

konstruktion baulich geschützt sind.

Abbildung 1: Geh- und Radwegbrücke Emmendingen-Wasser (D)

Abbildung 2: Detailansicht Asphaltbelag als Fahr-bahnabdeckung und Schrammbord Straßenbrücke Hoyerswerda (D)

Abbildung 3: Straßenbrücke über den Averser Rhein bei Innerferrera (CH)

Abbildung 4: Pürschlingsteg über die Ammer in Oberammergau (D)

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Abbildung 5: Fußgänger- und Radwegbrücke über die Donau in Altheim bei Riedlingen (D)

Abbildung 6: Musterzeichnung HS 7

Holz hat bei richtiger Behandlung (Beachtung der grundsätzlichen baulichen Maßnahmen

zum Holzschutz) eine hohe Lebensdauer; mehr als 200 Jahre alte Holzbrücken – vor al-

lem in den Alpenländern – beweisen dies [3].

Auch wurde für Deutschland einmal mehr bestätigt, dass – ausreichende Betondeckungen

bzw. Holz- und Korrosionsschutz unterstellt – bei guter Planung keine gravierenden Un-

terschiede zwischen Holz-, Aluminium, Stahl-, Verbund-, Stahlbeton- und Spannbeton-

brücken bestehen.

Bei der Realisierung auch von Straßenbrücken dürfte künftig der natürliche und wieder-

verwendbare Rohstoff Holz an Einsatz gewinnen. Neben den fast unbegrenzten Gestal-

tungsmöglichkeiten sprechen die äußerst günstige Gesamtenergie- und CO2-Bilanz bei

zugleich steigenden Energiekosten und Umweltschutzproblemen, die Um- und Rückbau-

möglichkeiten sowie die stoffliche Verwertung für den Baustoff Holz.

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3.2. Musterzeichnungen / Leitdetails

Auch im Hinblick auf die nach DIN 1076 [7]

gleich langen Überwachungsintervalle für

Brücken verschiedener Werkstoffe war es

sinnvoll, die allgemein anerkannten Richt-

zeichnungen (RiZ) des Bundes und der

Länder um Musterzeichnungen für moder-

ne Holzbrücken zu ergänzen. Eine Grund-

lage hierfür könnte GEROLD 2006 [4] dar-

stellen. Gute Detailausbildungen reduzie-

ren nämlich die Unterhaltungskosten und

verlängern die Lebensdauer (sog. Magi-

sches Dreieck Abbildung 7).

Lebensdauer

Unterhaltungs- Muster-

kosten zeichnungen

Abbildung 7: Magisches Dreieck der Wirtschaftlichkeit

von Baukonstruktionen

Abbildung 8: Musterzeichnung HS 1

Abbildung 8 zeigt als Beispiel zum Baulichen Holzschutz die erste Musterzeichnung HS1

mit der alt bewährten Form des Schutzes, nämlich dem Satteldach und dem durch die

Brüstungsbekleidung geschützte Untergurtbereich. In Abbildung 8 sind auch textliche

Hinweise enthalten für den Fall, dass sich unter der Brücke z.B. ein Wasserfall befindet

(zusätzliche Bekleidung an der Unterseite) oder dass es sich um eine Straßenbrücke han-

delt (zusätzliche Innenbekleidung im Untergurtbereich gegen Spritzwasser); vgl. hierzu

auch DIN 1074, Anhang A.2 (6).

Die wirtschaftliche Herstellung einer Tragstruktur hängt aber auch mit dem Grad der

Werksvorfertigung zusammen. Dieser wird neben den Transport- und Montagebedingun-

gen vor Ort auch von der Wahl des Tragsystems und somit bereits durch den Entwurf

beeinflusst.

Weitere Hinweise enthält GEROLD 2009 [5].

4. Literatur

[1] GEROLD, M. 2005

Ablösebeträge für moderne Holzbrücken

Abschlussbericht Forschungsvorhaben

[2] FINGER, A.; MEILI, M. 2002

Dauerhaftigkeit von offenen Holzbrücken.

Forschungsbericht 115/49 der EMPA Dübendorf, November 2002

[3] GEROLD, M. 2007

Holzbrücken am Weg – einschließlich

Geschichte des Holzbrückenbaus unter Berücksichtigung neuester Entwicklungen

und heutiger Anwendungsgebiete.

ISBN 9783-00-023624

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[4] GEROLD, M. 2006

Musterzeichnungen als Grundlage zur ZTV-ING 9-3 für Holzbrücken.

Abschlussbericht Forschungsvorhaben

[5] GEROLD, M. 2009

Holzbrücken aus Sicht der neuen DIN 1074:2006-09 (D)

und Folgerungen für den baulichen Holzschutz.

13. EIPOS-Sachverständigentagung Holzschutz, TU Dresden

In: Schutz des Holzes III – Beiträge aus Praxis, Forschung und Weiterbildung.

Forum EIPOS, Band 20, H. Hertel (Hrsg.), S. 42 – 65,

Expert Verlag, Renningen, ISBN 978-3-8169-2951-2

[6] DIN 1074 Holzbrücken (09/06)

[7] DIN 1076 Ingenieurbauwerke im Zuge von Straßen und Wegen –

Überwachung und Prüfung. (11/99)

[8] DIN 1055 Einwirkungen auf Tragwerke

Teil 1 Wichten und Flächenlasten von Baustoffen, Bauteilen und

Lagerstoffen (06/02)

Teil 9 Außergewöhnliche Einwirkungen (08/03)

[9] DIN-Fachbericht 101 Einwirkungen auf Brücken (03/09)