Magisterarbeit Ernährungsverhalten von 3-6jährigen Kindern ... · Anhang 7: Verzehrhäufigkeiten...
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Magisterarbeit
Ernährungsverhalten von 3-6jährigen Kindern
verschiedener Ethnien im Quartier Soldiner Strasse, Berlin-Wedding
Technische Universität Berlin Studiengang Public Health/ Gesundheitswissenschaften Freie wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung des Grades Magistra Public Health (MPH)
vorgelegt von: Dipl.oec.troph. Anne-Madeleine Bau Erstgutachterin: Diplom Statistikerin Raffaella Matteucci Gothe, Studiengang Epidemiologie, TU-Berlin
Zweitgutachter: PD Dr. med. Matthias David, Projekt Migration und Gesundheit, Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Charité, Campus Virchow-Klinik
Berlin, September 2002
Vorwort und Danksagung
Vorwort Nach fünf Jahren als Beraterin in Ernährungssicherungs- und Armutsminderungsprojekten in Armenien und Indonesien habe ich vielfältige Erfahrungen im Management dieser Projektty-pen gesammelt. Diese beinhalten die Eingrenzung der marginalisierten Zielgruppen durch Ernährungsstatusuntersuchungen sowie Planung und Durchführung von Ernährungs- und Gesundheitsinterventionen. Dabei war interkulturelle Zusammenarbeit sowie partizipative Planung und Durchführung der Maßnahmen von großer Bedeutung. Aufgrund dieses Hintergrunds interessiere ich mich in Deutschland für das Thema „Migration und Gesundheit“. Das Quartiersmanagement (QM), das seit 01.04.1999 im Gebiet Soldiner Straße in Berlin- Wedding arbeitet, hat die Zielsetzung „Lösungen“ in einem Stadtteil mit ho-hem Entwicklungsbedarf zu erarbeiten. Die Zusammenarbeit innerhalb eines sehr multikultu-rellen Quartiers spiegelt für mich „Entwicklungszusammenarbeit“ im nationalen Kontext wie-der, die ich gerne im Rahmen meiner Magisterarbeit unterstützen möchte. Um Maßnahmen in diesem Zusammenhang zu planen, erscheint es mir notwendig, zunächst gezielte Untersuchungen durchzuführen, um dann anhand der Ergebnisse Konzepte zu ent-wickeln und Interventionen mit der Zielgruppe umzusetzen. Deshalb bin ich an das QM he-rangetreten und habe mein Forschungsinteresse vor dem Hintergrund der Ergebnisse der in Kapitel 2.1 beschriebenen Einschulungsuntersuchung deutlich gemacht. Das QM war zu ei-ner Zusammenarbeit bereit, da es sich des Problems durch die öffentliche Diskussion be-wusst war und an der Konzeption von Ernährungs- und Gesundheitsinterventionen arbeitete.
Danksagung An dieser Stelle möchte ich mich bei allen bedanken, die durch ihre Mitarbeit und ihre Unter-stützung zur Entstehung dieser Arbeit beigetragen haben. Mein besonderer Dank gilt Diplom Statistikerin Raffaella Matteucci Gothe, Studiengang Epi-demiologie, Technische Universität Berlin und Dr. Theda Borde, Projekt Migration und Ge-sundheit, Charité, Campus Virchow-Klinik, für die fachliche und persönliche Betreuung wäh-rend der Magisterarbeit sowie die vertrauensvolle Zusammenarbeit. Herrn PD Dr. med. Matthias David, Projekt Migration und Gesundheit, Klinik für Frauenheil-kunde und Geburtshilfe, Universitätsklinikum Charité, Campus Virchow-Klinik, danke ich für die Erstellung des Zweitgutachtens. Ganz herzlich bedanken möchte ich mich bei Frau Sükran Altun-Kaynak für die engagierte und stets angenehme Zusammenarbeit und Unterstützung beim Zugang zu den Migrantin-nen und während der Übersetzungsarbeiten, sowie den Mitarbeitern des QM Soldiner Stras-se. Mein Dank richtet sich auch an Frau Hesseken-Wiedemann, Plan- und Leitstelle Gesundheit und Frau Narowski-Schulz, Regionalleitung Jugend, Wedding beide im Bezirksamt Berlin-Mitte für die Unterstützung bei den behördlichen Gängen. Bedanken möchte ich mich für die herzliche Aufnahme und engagierte Unterstützung der Teams in den Kindertagesstätten Kolonie- und Freienwalderstrasse. Mein besonderer Dank geht an Frau Korth und ihrem Team. Nicht zuletzt möchte ich mich bei den Eltern und Kindern bedanken, die an meiner Studie teilgenommen haben. Ohne ihre Unterstützung und Geduld, den Fragebogen auszufüllen, wäre es nicht zu dieser Untersuchung gekommen. Last but not least möchte ich meiner „kleinen“ Magisterarbeitsgruppe danken für die kon-struktive, ehrliche und immer aufmunternde Unterstützung sowie allen meinen Freundinnen und Freunden, die mich während des Sommers 2002 bei der Erstellung der Arbeit moralisch unterstützt haben. Anne-Madeleine Bau ● Bugenhagenstrasse 6 ● 10551 Berlin ● E-mail: [email protected]
I
Inhaltsverzeichnis
Vorwort und Danksagung
Abkürzungsverzeichnis ........................................................................................................IV Abbildungsverzeichnis ..........................................................................................................V Tabellenverzeichnis ..............................................................................................................VI
1 Einleitung..................................................................................................................1 1.1 Hintergrund ................................................................................................................1 1.2 Berliner Daten zur gesundheitlichen Lage von Kindern.............................................2 1.3 Problembeschreibung und Public Health Relevanz...................................................3 1.4 Ziel der Arbeit.............................................................................................................4 1.5 Aufbau der Arbeit .......................................................................................................4
2 Theoretischer Hintergrund......................................................................................5 2.1 Untersuchungen in Berlin zur gesundheitlichen Lage von Kindern ...........................5 2.2 Ernährungsverhalten von Migranten und Migrantenkinder ........................................6 2.2.1 Internationale Studien zum Ernährungsverhalten von Migrantenkinder ....................6 2.2.1.1 Stillverhalten der Mütter .............................................................................................7 2.2.1.2 Ernährungsverhalten von Migrantenkindern ..............................................................8 2.2.2 Ernährungsverhalten von Migranten in Deutschland ...............................................10 2.3 Ernährungsverhalten von Kindern in Deutschland...................................................11 2.3.1 Stillverhalten ............................................................................................................11 2.3.2 Ernährungsverhalten von Kindern ...........................................................................12 2.4 Adipositas im Kindesalter.........................................................................................13 2.5 Ernährungsempfehlungen für Kinder in Deutschland ..............................................14 2.5.1 Stillen .......................................................................................................................15 2.5.2 Beikost .....................................................................................................................15 2.5.3 Familiennahrung - Optimierte Mischkost .................................................................15 2.6 Die Rolle der Ernährungserziehung/ -beratung .......................................................17 2.7 Hypothesenbildung ..................................................................................................19
3 Methodik .................................................................................................................20 3.1 Studiendesign ..........................................................................................................20 3.2 Feldzugang/ Rekrutierung........................................................................................20 3.3 Erhebungsinstrumente.............................................................................................22 3.3.1 Standardisierter Fragebogen ...................................................................................22 3.3.2 Anthropometrische Messungen in der Kindertagesstätte Koloniestrasse:...............22 3.4 Konzeptspezifikation ................................................................................................23 3.5 Datenauswertung.....................................................................................................24 3.5.1 Datenaufbereitung ...................................................................................................24 3.5.2 Statistische Testverfahren .......................................................................................26
II
4 Ergebnisse..............................................................................................................27 4.1 Akzeptanz der Studie und Rücklauf der Fragebögen ..............................................27 4.1.1 Einflussfaktoren auf Beteiligung an der Studie ........................................................27 4.1.2 Unterscheidung der deutschen und nicht-deutschen Vergleichsgruppen................27 4.2 Beschreibung der Untersuchungspopulation ...........................................................28 4.2.1 Altersverteilung und Ernährungsstatus ....................................................................28 4.2.1.1 Altersverteilung und Geschlecht der Kitakinder........................................................28 4.2.1.2 Ernährungsstatus der Kinder....................................................................................29 4.2.1.3 Altersverteilung der Mütter und Väter.......................................................................30 4.2.1.4 Ernährungsstatus der Eltern.....................................................................................31 4.2.2 Migrationsaspekte....................................................................................................32 4.2.2.1 Staatsangehörigkeit und Herkunftsland ...................................................................32 4.2.2.2 Aufenthaltsjahre der Eltern in Deutschland ..............................................................32 4.2.2.3 Sprachkenntnisse und Familiensprache ..................................................................33 4.2.3 Soziale Lage der Eltern............................................................................................35 4.2.3.1 Familiensituation ......................................................................................................35 4.2.3.2 Alter der Mutter bei Geburt des ersten Kindes .........................................................35 4.2.3.3 Bildungssituation und Berufstätigkeit .......................................................................36 4.2.3.4 Schichtzugehörigkeit der Familien ...........................................................................38 4.2.3.5 Finanzielle Beihilfen .................................................................................................39 4.2.3.6 Familien-Netto-Einkommen und Lebensmittelausgaben der Familien .....................39 4.2.3.7 Wohnsituation in den Familien .................................................................................41 4.3 Ernährungsverhalten der 3-6jährigen Kitakinder .....................................................42 4.3.1 Frühere Stillgewohnheiten .......................................................................................42 4.3.2 Verzehrgewohnheiten ..............................................................................................43 4.3.2.1 Nahrungsmittel mit hoher Nährstoffdichte ................................................................43 4.3.2.2 Nahrungsmittel mit geringer Nährstoffdichte ............................................................44 4.3.2.3 Verzehrmuster hinsichtlich Nahrungsmittel mit hoher Nährstoffdichte .....................45 4.3.2.4 Verzehrmuster hinsichtlich Nahrungsmittel mit geringer Nährstoffdichte .................45 4.3.2.5 Unterschiede des Ernährungsmusters nach Ethnizität.............................................46 4.3.3 Ernährungsmusterindexe.........................................................................................49 4.3.3.1 Ernährungsmusterindex für alle erhobenen 35 Lebensmittel ...................................51 4.3.3.2 Ernährungsmusterindex für eine Auswahl von 23 Lebensmitteln
(normale Mischkost) .................................................................................................51 4.3.3.3 Ernährungsmusterindex für eine Auswahl von 12 Lebensmitteln (Fast food,
Knabberartikel, Süßigkeiten, Erfrischungsgetränke) ................................................52 4.3.4 Mahlzeitenanzahl .....................................................................................................52 4.4 Einflüsse auf das Ernährungsverhalten der Kinder..................................................54 4.4.1 Migrationsaspekte (Aufenthaltsjahre und Sprachkenntnisse der Mutter) ................54 4.4.2 Ernährungsmuster und Migrationsaspekte ..............................................................54 4.4.3 Soziale Lage der Eltern............................................................................................55 4.5 Einfluss des Ernährungsmusters auf den Ernährungsstatus ...................................57 4.5.1 Beziehung Ernährungsmuster zu Ernährungsstatus der Kitakinder ........................57 4.5.2 Subjektiver Ernährungsstatus der Kitakinder aus Sicht der Eltern ..........................57 4.6 Informationsquellen und Bedarf für Ernährungsberatung ........................................59
III
5 Diskussion..............................................................................................................63 5.1 Methodenkritik..........................................................................................................63 5.2 Untersuchungspopulation ........................................................................................64 5.3 Ernährungsverhalten................................................................................................67 5.4 Einflüsse auf das Ernährungsverhalten der Kinder..................................................74 5.5 Einfluss des Ernährungsmusters auf den Ernährungsstatus ...................................75 5.6 Informationsquellen und Bedarf für Ernährungsberatung ........................................77
6 Empfehlungen für Interventionen ........................................................................79 6.1 Informationen zur gesunden Ernährung von Kindern ..............................................79 6.2 Informationen in mehreren relevanten Sprachen.....................................................80 6.3 Sensibilisierung für den Ernährungsstatus der Kleinkinder .....................................81 6.4 Zugang zu Kindern außerhalb der Kita ....................................................................82
7 Zusammenfassung ................................................................................................83
Literaturverzeichnis .............................................................................................................85
Anhang 1: Informationsblatt für Eltern in der KITA Freienwalderstrasse (in deutscher und türkischer Sprache) ..............................................................X
Anhang 2: Arbeitsplan für Projekt- und Magisterarbeit...................................................XIII
Anhang 3: Fragebogen (in deutscher und türkischer Sprache) .................................... XVI
Anhang 4: Bewertungsmatrix zur Beurteilung des Ernährungsmusters für die „Optimale Mischkost“ ................................................................................... XXIII
Anhang 5: Referenzwerte für den BMI nach Rolland-Cachera et al. 1991 ...................XXV
Anhang 6: Tabellen 1 bis 7 .............................................................................................XXVII
Anhang 7: Verzehrhäufigkeiten der Kitakinder gesamt und nach Ethnie....................XXX
IV
Abkürzungsverzeichnis
AID Auswertungs- und Informationsdienst für Ernährung, Landwirtschaft und
Forsten e.V. BMI Body Mass Index = Körpermassindex b-s-k-r Bosnisch, serbisch, kroatisch und rumänisch
Gemeint sind die Sprachen der Länder Bosnien u. Herzegowina, Kroatien, Slowenien, Mazedonien, ehem. Jugoslawien (Serbien und Montenegro)
BZGA Bundeszentrale für Gesundheitliche Aufklärung bzw. beziehungsweise DGE Deutsche Gesellschaft für Ernährung DONALD-Studie
Dortmund Nutritional and Anthropometric Longitudinally Designed Study
EMI Ernährungsmusterindex EM Ernährungsmuster et al. Et alii (lateinisch: und andere) ff. und folgende Seiten FKE Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund GG Geburtsgewicht GKV Gesetzliche Krankenversicherung Hrsg. Herausgeber KOPS Kieler Adipositaspräventionsstudie LM Lebensmittel o.g. oben genannte QM Quartiersmanagement Kita Kindertagesstätte Kitakinder Kinder, die in die Kindertagesstätte gehen S. Seite SuSe-Studie Studie zu Stillen und Säuglingsernährung in Deutschland 1997/ 1998 u. a. unter anderem UNICEF United Nations Children’s Fund vgl. vergleiche WHO World Health Organizsation WWW World Wide Web z.B. zum Beispiel
V
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 4.1: Verzehrmuster von Obst nach Herkunftssprache ..........................................46 Abbildung 4.2: Verzehrmuster von Blattsalat nach Herkunftssprache ...................................46 Abbildung 4.3: Verzehrmuster von Vollkornbrot nach Herkunftssprache...............................47 Abbildung 4.4: Verzehrmuster von Kartoffeln nach Herkunftssprache...................................47 Abbildung 4.5: Verzehrmuster von frittierten und gebratenen Kartoffeln nach
Herkunftssprache ............................................................................................48 Abbildung 4.6: Verzehrmuster von Fast Food nach Herkunftssprache..................................48 Abbildung 4.7: Verzehrmuster von Knabberartikeln nach Herkunftssprache.........................48 Abbildung 4.8: Verzehrmuster von Erfrischungsgetränken nach Herkunftssprache ..............48 Abbildung 4.9: Ernährungsmusterindex für alle 35 Lebensmittel nach Muttersprache der
Mutter ..............................................................................................................50 Abbildung 4.10: Ernährungsmusterindex für 23 Lebensmittel (normale Mischkost) nach
Muttersprache der Mutter................................................................................50 Abbildung 4.11: Ernährungsmusterindex für 12 Lebensmittel (Fast Food) nach Muttersprache
der Mutter........................................................................................................50 Abbildung 6.1: Beispiel für eine Wachstumskarte ..................................................................81
VI
Tabellenverzeichnis
Tabelle 2.1: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Studienteilnehmer nach Staatsangehörigkeit der Einschulungsuntersuchungen, Berlin und Berlin-Mitte (absolute Zahlen in Klammern) .........................................................................5
Tabelle 2.2: Anteil von Einschülern mit Adipositas bei der Einschulungsuntersuchung in Berlin 1999 nach Staatsangehörigkeit, Geburtsgewicht und sozialer Schicht – in % - .................................................................................................................6
Tabelle 2.3: Vergleich der Adipositasprävalenzen (%) in Berlin und Berlin Mitte .....................6 Tabelle 2.4: Stillverhalten (%) in Deutschland SuSe Studie ...................................................12 Tabelle 2.5: Empfehlungen für die Ernährung von Klein- und Schulkindern
(Forschungsinstitut für Kinderernährung, Dortmund 1994) .............................16
Tabelle 3.1: Herkunft der Kinder in den Kindertagesstätten ...................................................21
Tabelle 3.2: Operationalisierung der Fragestellung................................................................24
Tabelle 4.1: Absolute Häufigkeitsverteilung der Muttersprachen von Mutter und Vater der Kitakinder.........................................................................................................28
Tabelle 4.2: Prozentuale Altersverteilung (in Monaten) der Kinder nach Geschlecht (absolute Werte in Klammern).........................................................................................29
Tabelle 4.3: Prozentuale Altersverteilung (in Monaten) der Kinder nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern)..............................................................29
Tabelle 4.4: Medianwerte für Geburtsgewicht und –größe der Kinder nach Geschlecht .......29 Tabelle 4.5: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des aktuellen Ernährungsstatus der Kinder in
der Kita Koloniestrasse (2002) nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern) .......................................................................................30
Tabelle 4.6: Altersmedian der Eltern nach Muttersprache der Mutter und des Vaters ...........30 Tabelle 4.7: Anthropometrische Daten der Eltern...................................................................31 Tabelle 4.8: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsstatus der Mutter nach
Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern) ..............................31 Tabelle 4.9: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsstatus des Vaters nach
Muttersprache des Vaters (absolute Zahlen in Klammern) .............................31 Tabelle 4.10: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Staatsangehörigkeit der Mütter und
Väter im Vergleich zu der Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern) .......................................................................................................32
Tabelle 4.11: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Staatsangehörigkeit der Mütter und Väter im Vergleich zu der Muttersprache des Vaters (absolute Werte in Klammern) .......................................................................................................32
Tabelle 4.12: Median der Aufenthaltsdauer der Eltern in Deutschland nach Muttersprache der Mutter und des Vaters ...............................................................................33
Tabelle 4.13: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Selbsteinschätzung der Deutschkenntnisse, Muttersprachkenntnisse und Familiensprache nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern) ...............................34
Tabelle 4.14: Median der Aufenthaltsdauer bei Sprachkenntnissen und Familiensprache nach Muttersprache der Mutter .......................................................................35
VII
Tabelle 4.15: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Familienstands nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern)..............................................................35
Tabelle 4.16: Prozentuale Altershäufigkeitsverteilung der Mutter bei der Geburt des ersten Kindes nach der Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern) ....36
Tabelle 4.17: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der höchsten Schulbildung der Mutter nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern) ...............................36
Tabelle 4.18: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der höchsten Schulbildung des Vaters nach Muttersprache des Vaters (absolute Werte in Klammern)...............................37
Tabelle 4.19: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des höchsten Ausbildungsabschluss der Mutter nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern) ...........37
Tabelle 4.20: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des höchsten Ausbildungsabschluss des Vaters nach Muttersprache des Vaters (absolute Werte in Klammern) ..........37
Tabelle 4.21: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Berufstätigkeit der Mutter nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern) ...............................38
Tabelle 4.22: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Berufstätigkeit des Vaters nach Muttersprache des Vaters (absolute Werte in Klammern)...............................38
Tabelle 4.23: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Schichtzugehörigkeit der Familie nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern) ...............................38
Tabelle 4.24: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der finanziellen Beihilfen der Mutter nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern) ...............................39
Tabelle 4.25: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der finanziellen Beihilfen des Vaters nach Muttersprache des Vaters (absolute Werte in Klammern)...............................39
Tabelle 4.26: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des monatlichen Netto-Einkommens der Familie nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern) ..........40
Tabelle 4.27: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Ausgaben für Lebensmittel der Familie pro Woche nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern) ....40
Tabelle 4.28: Median der Zimmerzahl, Personenanzahl und Kinderzahl pro Haushalt nach Muttersprache der Mutter ................................................................................41
Tabelle 4.29: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Stilldauer und des ausschließlichen Stillens nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern).........43
Tabelle 4.30: Prozentuale Verzehrhäufigkeiten einzelner Lebensmittelgruppen bei 3-6jährigen Kitakindern im Vergleich zu den Verzehrempfehlungen der Optimierten Mischkost (absolute Zahlen in Klammern)...................................44
Tabelle 4.31: Prozentuale Verzehrhäufigkeiten einzelner Lebensmittelgruppen von 3-6jährigen Kitakindern im Vergleich zu den Verzehrempfehlungen der Optimierten Mischkost (absolute Zahlen in Klammern)...................................44
Tabelle 4.32: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Verzehrmusters 3-6jähriger Kitakinder im Vergleich zu den Verzehrempfehlungen der Optimierten Mischkost (absolute Zahlen in Klammern) .......................................................................45
Tabelle 4.33: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Verzehrmusters (EM) 3-6jähriger Kitakinder im Vergleich zu den Verzehrempfehlungen der Optimierten Mischkost (absolute Zahlen in Klammern) ......................................................46
Tabelle 4.34: Medianwerte für 3 Ernährungsmusterindexe nach Muttersprache der Mutter..49
VIII
Tabelle 4.35: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsmuster (EMI) für alle 35 Lebensmittel* nach Muttersprache der Mutter – (absolute Zahlen in Klammern) .......................................................................................................51
Tabelle 4.36: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsmuster (EMI) normale Mischkost (23 Lebensmittel)* nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern) ...................................................................................................52
Tabelle 4.37: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsmuster (EMI) für Fast food, Knabberartikel, Süßigkeiten und Erfrischungsgetränke (12 Lebensmittel)* nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern) .....................52
Tabelle 4.38: Median der Mahlzeitenanzahl und Mahlzeitenzubereitung nach Muttersprache der Mutter ........................................................................................................53
Tabelle 4.39: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Einschätzung der deutschen Sprachkenntnisse und Aufenthaltsjahre in Deutschland, Mutter (absolute Zahlen in Klammern) .......................................................................................54
Tabelle 4.40: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Einschätzung der deutschen Sprachkenntnisse in Beziehung zum Ernährungsmusterindex für alle Lebensmittel (absolute Zahlen in Klammern) ..................................................55
Tabelle 4.41: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Aufenthaltsjahre in Deutschland der Mutter in Beziehung zum Ernährungsmusterindex für alle Lebensmittel (absolute Zahlen in Klammern) .......................................................................55
Tabelle 4.42: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Schichtzugehörigkeit in Beziehung zum Ernährungsmuster für alle Lebensmittel (absolute Zahlen in Klammern)........56
Tabelle 4.43: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsmusterindex für alle Lebensmittel in Beziehung zum Ernährungsstatus der Kinder Koloniestrasse (absolute Zahlen in Klammern) .......................................................................57
Tabelle 4.44: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der subjektiven Einschätzung der Eltern des Ernährungsstatus ihres Kindes (Koloniestrasse) zum aktuellen Ernährungsstatus der Kinder (absolute Zahlen in Klammern).........................58
Tabelle 4.45: Prozentuale Häufigkeitsverteilung den Antworten auf die Frage „Wurden Sie bei der Ernährung ihres Kindes beraten zu Herkunftsgruppen“ nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern) ..............................59
Tabelle 4.46: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Antworten auf die Frage „Haben Sie sich selbst zu dem Thema Ernährung von Säuglingen und Kindern informiert“ nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern) ..............................60
Tabelle 4.47: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Antworten auf die Frage „Wünschen Sie sich mehr Informationen zum Thema Ernährung ihres Kindes“ nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern) ..............................60
Tabelle 4.48: Prozentuale Häufigkeitsverteilung auf die Frage „Welche Aufklärungsform bevorzugen Sie“ nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern) .......................................................................................................61
Tabelle 5.1:Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Einwohner nach Staatsangehörigkeit (%) im QM-Gebiet, Berlin- Mitte und der Kitastudie (absolute Zahlen in Klammern)65
Tabelle 5.2: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsstatus nach Muttersprache der Mutter in der Kitastudie (absolute Zahlen in Klammern) ...........................66
Tabelle 5.3: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsstatus nach Staatsangehörigkeit in Berlin und Berlin-Mitte (absolute Zahlen in Klammern)66
IX
Tabelle 5.4: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Schichtzugehörigkeit der Familien im QM Gebiet Soldiner Strasse und in der Kitastudie (absolute Zahlen in Klammern)66
Tabelle 5.5: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Schichtzugehörigkeit nach Staatsangehörigkeit in Berlin-Mitte (absolute Zahlen in Klammern)................67
Tabelle 5.6: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Schichtzugehörigkeit nach Muttersprache der Mutter in der Kitastudie (absolute Zahlen in Klammern) ...........................67
1
1 Einleitung
1.1 Hintergrund Nach dem zweiten Weltkrieg wurden Migranten1 als Arbeitsimmigranten (1955-1973) nach
Deutschland geholt. Migranten gelten als eine sehr heterogene Gruppe. Hauptgruppen der
Migranten in Deutschland kamen und kommen vom Balkan und aus der Türkei. Nach Collatz
et al. (1992) unterscheiden sich Migranten bezüglich ihrer kulturellen Hintergründe, ihrer Bil-
dung, ihrer Familiensysteme, ihrer Wert- und Ehrbegriffe, ihrer Rollenauffassungen und -
ausübungen, ihrer Verarbeitung der Migrationsprozesse, ihrer Lebenschancen und Lebens-
gestaltung im Aufnahmeland.
In Deutschland leben zurzeit 7,3 Millionen Ausländer, die einem Anteil von 9% an der Ge-
samtbevölkerung entsprechen. Die meisten Migranten stammen aus der Türkei (29%), aus
dem ehemaligen Jugoslawien (15%), aus Italien (8%), Griechenland (5%) und Polen (4%)
(Statistisches Bundesamt 2002). Hinsichtlich der Altersstruktur lassen sich deutliche Unter-
schiede zur deutschen Bevölkerung aufzeigen. Die ausländische Bevölkerung ist wesentlich
jünger. 57% der ausländischen Bevölkerung ist zurzeit im Alter zwischen 6 und 18 Jahren,
sie leben seit ihrer Geburt in Deutschland und wachsen hier auf. In der Altersgruppe bis 6
Jahre sind es sogar 88,8% (Beauftragte der Bundesregierung für Ausländerfragen 2002).
Derzeit können drei Migrationsgenerationen charakterisiert werden (vgl. David und Borde
2001, zitiert nach Frogner 1994):
• Die Mehrheit der ersten Generation passte sich nur im wirtschaftlichen und sozialen Be-
reich des Aufnahmelandes an. Es kam nur zu einer partiellen Integration, da die migrier-
ten Personen zum Zeitpunkt der Migration bereits eine abgeschlossene Sozialisation hin-
ter sich hatten.
• Die zweite Generation lebt in zwei Kulturen mit gemischten Wertestandards, woraus sich
Kulturkonflikte zwischen Heimatkultur und Aufnahmeland-Kultur ergeben.
• Die dritte Generation gibt die Herkunftskultur ihrer Eltern auf und assimiliert sich gänzlich
in die Kultur des Aufnahmelandes.
Zu Vermischungen zwischen der ersten und zweiten Generation kommt es in den Ehen bzw.
Familien durch die Heiratsmigration. Die so genannten nachgezogenen Ehepartner (zumeist
Ehefrauen) stellen eine neue erste Generation dar. Diese haben meist keine Kenntnis der
Sprache des Gastlandes und der Kultur und sind völlig auf ihren Ehepartner (zweite Genera-
tion) oder die Schwiegereltern (erste Generation) angewiesen.
1 Die in der vorliegenden Arbeit durchgängig verwendete männliche Form von Migranten (Probanden, Studien-
teilnehmer) bezieht sich sowohl auf Frauen als auch auf Männer. Diese vereinfachte Schreibweise wurde im Hinblick auf eine verbesserte Lesbarkeit gewählt.
2
Obwohl in Deutschland, besonders in den Ballungsgebieten, viele Migranten leben, sind nur
wenige Studien zu Gesundheit und Gesundheitsverhalten von Migranten vorhanden. Zwar
können im Rahmen der Gesundheitsberichterstattung des Bundes Aussagen zur Prävalenz
von Krankheiten gemacht werden, allerdings sind die Ursachen nur unzureichend für diese
Gruppen bekannt. Nach Koctürk (1996) setzt sich das Krankheitsmuster bei Migranten durch
drei Faktoren zusammen:
• importierte Krankheiten
• die veränderte physikalische und soziale Umwelt im Gastland
• Veränderung der Ernährungs- und Lebensstilgewohnheiten.
Bezogen auf die Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten beschreibt die Literatur (Koc-
türk 1996, Holm 1996, Darmon und Khlat 2001, Kunst 1998), dass diese für Migranten posi-
tive und negative Effekte haben können. Der unmittelbare positive Effekt ist ein Rückgang
des Risikos an Unterernährung, ein besserer Schutz gegen Infektionskrankheiten und besse-
re Überlebenschancen für Frauen (Mütter) und Kinder im Vergleich zum Herkunftsland. Al-
lerdings sind Migranten durch die Nahrungsveränderung auch einem erhöhten Risiko für
chronische Krankheiten ausgesetzt, die ihre Ursachen in der Nahrungszusammensetzung
haben können (den Hartog 1994, Landman 2001). Dabei behalten Migranten größtenteils die
traditionellen Ernährungsmuster bei und passen ihre Ernährungsweise entsprechend den
Möglichkeiten einer wohlhabenden Industriegesellschaft im Rahmen ihrer Kultur an. Dies
bedeutet eine höhere Energieaufnahme und Verzehr von mehr verarbeiteten Lebensmitteln.
Studien zeigen, dass die Prävalenz von Diabetes, kardiovaskulären Erkrankungen, Blut-
hochdruck und Adipositas zunimmt und vergleichbar mit der des Einwanderungslandes wird
(Kunst 1998, Landman 2001). Mehr systematische Forschung als Voraussetzung für ein
Verstehen dieser Zielgruppen in Bezug auf ihr Gesundheits- und Ernährungsverhalten wird
immer wieder in der zitierten Literatur gefordert, um mit Gesundheitsförderungs- und Präven-
tionsprogrammen die Zielgruppen besser erreichen zu können.
1.2 Berliner Daten zur gesundheitlichen Lage von Kindern Der Spezialbericht der Gesundheitsberichterstattung Berlin zur gesundheitlichen Lage von
Kindern in der Hauptstadt (Delekat und Kis 2001) stellt Ergebnisse und Empfehlungen vor,
die auf der Basis von Daten aus den Einschulungsuntersuchungen von 1999 gewonnen
wurden.
3
Die Ergebnisse zeigen, dass
• die Häufigkeit von Adipositas2 zwischen 1994 und 1999 von 11,2% auf 13% gestiegen
ist,
• Staatsangehörigkeit, Geburtsgewicht und bei deutschen Kindern die soziale Lage der El-
tern einen großen Einfluss haben;
• 12% der Kinder deutscher Eltern adipös sind (mit sozialem Gradienten),
• 20,4% der Kinder türkischer Eltern adipös sind (ohne sozialen Gradienten),
• 12,4% der Kinder von Eltern nichtdeutscher Herkunft adipös sind.
Kinder aus Migrantenfamilien, insbesondere Kinder türkischer Herkunft, weisen somit eine
höhere Adipositasprävalenz auf, verglichen mit deutschen Kindern. Auffallend ist, dass bei
den Kindern aus Migrantenfamilien außer dem Geburtsgewicht keine weiteren Einflussgrö-
ßen festgestellt wurden. Fast ¾ der türkischen Familien zählen nach dem Gesundheitsbe-
richt (Delekat und Kis 2001) zur Unterschicht.
1.3 Problembeschreibung und Public Health Relevanz Ernährungsabhängige Erkrankungen bestimmen heute wesentlich Morbidität und Mortalität
der in den westlichen Industrienationen lebenden Menschen. Schlechte Ernährungsgewohn-
heiten und eine ungesunde Lebensweise werden auch schon bei Kindern und Jugendlichen
beobachtet. Es ist wahrscheinlich, dass frühe Ernährungsgewohnheiten die spätere Manifes-
tation ernährungsbedingter Erkrankungen mit verursachen (WHO 1990). Eine Prävention er-
nährungsabhängiger Erkrankungen sollte deshalb schon im Kindesalter beginnen.
Für die inhaltliche Gestaltung einer erfolgreichen Intervention sind Kenntnisse über das Er-
nährungsverhalten grundlegend. Aktuelle Ernährungsempfehlungen basieren auf der Kennt-
nis allgemeiner Verzehrgewohnheiten von Kindern dieser Altersgruppe – dabei wird nicht
zwischen deutschen und Kindern nichtdeutscher Herkunft differenziert. Lediglich in der Berli-
ner Studie werden die Migrantenkinder türkischer Herkunft als besondere Zielgruppe hin-
sichtlich ihrer Adipositas-Rate (20,4%) aufgeführt. Bisher liegen jedoch keine Informationen
über das Ernährungsverhalten dieser Bevölkerungsgruppe vor.
2 Definition: Fettleibigkeit oder Adipositas ist definiert als eine Vermehrung des Körpergewichtes durch eine über das Normalmaß hinausgehende Vermehrung des Körperfettanteils. Man spricht bei Kindern von Adipositas wenn der Körpermassindex (Body Mass Index = BMI)( Körpergewicht /Körpergröße (m2)) über dem festgelegten Refe-renzwert dieser Altersgruppe liegt. In dieser Arbeit wurde das Referenzsystem nach Rolland-Cachera et al. 1991 verwandt (97. Perzentile).
4
1.4 Ziel der Arbeit Das Ziel der Magisterarbeit soll die Untersuchung der Verzehrgewohnheiten von 3-6jährigen
Kindern in einem ausgewählten Stadtquartier sein. Die erhobene Nahrungszusammenset-
zung wird mit den Empfehlungen für Säuglingsernährung und der „Optimierten Mischkost“
des Forschungsinstitutes für Kinderernährung Dortmund (FKE) verglichen. Ausgehend von
den Ernährungsgewohnheiten sollen geeignete Empfehlungen zur Ernährungsberatung für
diese Altersgruppe formuliert werden.
Es werden folgende Ergebnisse erwartet:
• Beschreibung des Ernährungsverhaltens von 3-6jährigen Kindern in Kindertagesstät-
ten (Kitakinder) unter Berücksichtigung der Muttersprache der Mutter in einem sozia-
len Brennpunkt in Berlin.
• Beschreibung des Einflusses von Migrationsaspekten, wie Aufenthaltsdauer und
Sprachkenntnisse, auf das Ernährungsverhalten der Kitakinder.
• Beschreibung der sozialen Lage der untersuchten Familien.
• Erarbeitung eines Vorschlags für gezielte Interventionen zur Ernährungsberatung
aufgrund der Analyse.
1.5 Aufbau der Arbeit
In Kapitel 2 werden zur Bearbeitung der Fragestellung zunächst Ergebnisse zu der gesund-
heitlichen Lage von Kindern in Berlin vorgestellt. Danach werden Studienergebnisse zum Er-
nährungsverhalten von Migrantenkindern in Europa dargestellt und anschließend die bisher
vorhandenen Studien zur Verzehrshäufigkeit von Lebensmitteln bei Migranten in Deutsch-
land erläutert. Danach soll Bezug auf Daten zum Ernährungsverhalten von deutschen Kin-
dern in Deutschland genommen werden und die Diskussion über Ursachen zu Adipositas
vorgestellt werden. Nach der Darstellung der Empfehlungen zur „Optimierten Mischkost“ des
Forschungsinstitutes für Kinderernährung in Dortmund (FKE), wird kurz auf das Thema Er-
nährungserziehung und -beratung eingegangen.
In Kapitel 3 wird die Methodik der Arbeit dargestellt. Kapitel 4 stellt die Ergebnisse der Unter-
suchung in zwei Kindertagesstätten im Quartiersmanagement (QM) Gebiet Soldiner Strasse
dar. In Kapitel 5 wird zunächst eine Methodenkritik vorgenommen, um dann anschließend
die Ergebnisse zu diskutieren und zuletzt Empfehlungen für Ernährungsinterventionen geben
zu können. Die Arbeit endet mit einer Zusammenfassung.
5
2 Theoretischer Hintergrund Im Theorieteil dieser Arbeit werden zunächst Ergebnisse aus internationalen und nationalen
Studien zum Ernährungsverhalten von Migranten dargestellt. Anschließend wird ein Über-
blick über das Ernährungsverhalten von Kindern in Deutschland gegeben und die Diskussion
über Adipositas zusammengefasst. Danach werden die Empfehlungen des Institutes für Kin-
derernährung in Dortmund (FKE) erläutert. Abschließend werden aus den Ergebnissen der
Literatur die Hypothesen für diese Arbeit erstellt.
2.1 Untersuchungen in Berlin zur gesundheitlichen Lage von Kin-dern
Im Sommer 2001 wurden die Ergebnisse der Einschulungsuntersuchung 1999 von Berlin
(Delekat & Kis 2001) sowie im November 2001 die Ergebnisse der Einschulungsuntersu-
chung Berlin Mitte (Beiträge zur Gesundheitsförderung und Gesundheitsberichterstattung
2001) veröffentlicht, die zum Thema Adipositas besorgniserregende Zahlen zeigten. Bei der
Auswertung der Einschulungsuntersuchungen in Berlin 1999 wurden 20.807 Kinder und in
Berlin Mitte 2001/02 wurden 3.017 Kinder erfasst (Tabelle 2.1)
Tabelle 2.1: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Studienteilnehmer nach Staatsangehörigkeit der Einschulungsuntersuchungen, Berlin und Berlin-Mitte (absolute Zahlen in Klammern)
Staatsangehörigkeit Studienteilnehmer
Deutsch
Türkisch
Andere Nationalitäten
Gesamt
Einschulungsuntersuchung Berlin-Mitte
57,7% (1.741) 20,6% (621) 21,7% (655) 100% (3017)
Einschulungsuntersuchung Berlin
74,0% (15.397) 12,5% (2.601) 13,5% (2.809) 100% (20.807)
In Berlin (Delekat & Kis 2001) wurden als Einflussgrößen auf die Adipositas Staatsangehö-
rigkeit, Geburtsgewicht und soziale Schicht analysiert, allerdings wirken diese nicht in jedem
Fall zusammen. Insgesamt lassen sich für ganz Berlin – rein von den statistischen Ergebnis-
sen her – die drei Einflussgrößen hierarchisch ordnen (Tabelle 2.2).
6
Tabelle 2.2: Anteil von Einschülern mit Adipositas bei der Einschulungsuntersuchung in Berlin 1999 nach Staatsangehörigkeit, Geburtsgewicht und sozialer Schicht – in % -
Staatsan-gehörigkeit
Deutsch 12%
Geburts-gewicht (GG)
GG < 2,5 kg 8%
GG 2,5 – 3,5 kg 10,2%
GG> 3,5 kg 15,3%
Soziale Schicht Obere
4,3%
Mittlere/ untere 9,6%
Obere
7%
Mittlere
10,5%
Untere
13,1%
Obere
10,7%
Mittlere/ untere 18,05
Staatsan-gehörigkeit
Andere 12,4%
Türkisch 20,4%
Geburts-gewicht (GG)
GG bis 3,5 kg 10,8%
GG > 3,5 kg 16,6%
GG bis 3,5 kg 16,8%
GG > 3,5 kg 29,5%
Soziale Schicht Kein statistischer Einfluss
(Datenquelle: SenArbSozFRau / Berechnung und Darstellung: SenArbSozFrau – II A -)
Im Bezirk Berlin Mitte (Beiträge zur Gesundheitsförderung und Gesundheitsberichterstattung
2001) waren insgesamt 16,3% der Einschüler des Jahrgangs 2001/2002 adipös (Tabelle
2.3). Das Vorkommen der Adipositas bei der Schuleingangsuntersuchung korrelierte stark
mit der sozialen Schicht der Familie (niedrig), der Nationalität (türkisch), der Schulbildung
(niedrig) und dem Geburtsgewicht (schwer) der Kinder. Insgesamt wurden 14,3% der deut-
schen, 23,4% der türkischen und 14,9% der anderen Nationalitäten adipös. Während 8,5%
der Kinder aus Familien der oberen Schicht an Adipositas litten, waren 16,3% der Kinder aus
der mittleren Schicht und 20,8% gehörten der unteren Schicht an.
Tabelle 2.3: Vergleich der Adipositasprävalenzen (%) in Berlin und Berlin Mitte Staatsangehörigkeit Deutsch Türkisch Andere Gesamt Adipös* Berlin (1999) 12,0% 20,4% 12,4% 12,7% Adipös**, Berlin-Mitte (2001) 14,3% 23,4% 14,9% 16,3%
Datenquellen: * Delekat & Kis 2001, ** Schuleingangsuntersuchung Mitte, 2001-02
2.2 Ernährungsverhalten von Migranten und Migrantenkinder
2.2.1 Internationale Studien zum Ernährungsverhalten von Migrantenkinder
Mit Migranten allgemein und deren Ernährungsverhalten im speziellen haben sich die klassi-
schen „Immigrationsstaaten“ wie USA, Israel und Australien und auch die ehemaligen Kolo-
nialstaaten wie Großbritannien, vereinzelt auch die skandinavischen Länder, die Niederlande
und Frankreich beschäftigt. 1996 gab es einen europäischen Workshop zum Thema „Human
Migration and Nutrition“ in Uppsala, Schweden (Scan J Nutr 1996), auf dem die europäi-
schen Erfahrungen zu diesem Thema zusammengetragen wurden.
Studien in Europa lassen den Schluss zu, dass sich Migranten nur teilweise an die regional
7
üblichen Ernährungsgewohnheiten anpassen. Die Mahlzeiten behalten meist ihre kulturell
charakteristischen Eigenheiten (den Hartog 1994; Darmon und Khlat 2001, Landman 2001).
Änderungen der Ernährungsgewohnheiten lassen sich zwei Ebenen zuordnen:
• Veränderungen als Folge des steigenden Wohlstandes
• Veränderungen aufgrund der neuen Umgebung.
Die meisten Migranten gehören niedrigen Einkommensgruppen an (Brussard 2001, Land-
man 2001). Dennoch können sie, verglichen mit dem Herkunftsland, mehr Geld für den Ein-
kauf von Lebensmitteln ausgeben. Daher verzehren sie in stärkerem Maße die für sie aus ih-
rem Herkunftsland schon bekannten Lebensmittel wie Fleisch, Milchprodukte, Gemüse und
Obst sowie Erfrischungsgetränke. Grundsätzlich werden jedoch nur wenige neue Lebensmit-
tel in die Ernährungsweise aufgenommen (den Hartog 1994). Pan et al. (1999) und Lee et al.
(1999) fanden, dass Änderungen der Ernährungsgewohnheiten von Aufenthaltsdauer, Fä-
higkeit des Sprechens und Schreibens der Sprache des Einwanderungslandes und Kontakt
zu Einheimischen abhängig ist. Jüngere Migranten tendieren eher zur Übernahme der Er-
nährungsmuster als ältere Migranten. Daraus ergeben sich unerwünschte Ernährungsmus-
ter, die eine geringe Ernährungsdichte aufweisen und die Auswirkungen auf den Gesund-
heitszustand haben können (Papadaki & Scott 2002).
2.2.1.1 Stillverhalten der Mütter
Untersuchungen aus England, Norwegen und Portugal (Williams et al.1989, de Almeida und
Thomas 1993, Faherli et al. 1996) zeigen, dass Migrantinnen, die aus Ländern kommen, in
denen langes Stillen praktiziert wird, im Gastland die Stilldauer verkürzen. Das reichhaltige
Angebot an Säuglingsnahrung verführt die Mütter dazu, ihre Säuglinge zum Teil gar nicht zu
stillen oder schon frühzeitig Flaschennahrung anstatt Muttermilch zu füttern. Darüber hinaus
wurde auch eine verspätete Einführung von solider Nahrung beobachtet. Ähnliche Ergebnis-
se ermittelten de Almeida und Thomas (1993) in ihrer Untersuchung über Frauen von den
Kapverden, die in Portugal leben. Migration führte zu einem deutlichen Rückgang der Still-
dauer bei Migrantenkindern. In der Longitudinalstudie (1991-1992) von Faherli et al. (1996)
zum Eisenstatus von norwegischen Kindern und Migrantenkindern werden 88 Frauen (33
Norwegerinnen, 37 Migrantinnen und 18 Türkinnen) ausführlich zu ihrem Still- und Abstillver-
halten während des ersten Lebensjahres ihres Säuglings befragt. Weniger als 80% der türki-
schen Säuglinge im Vergleich zu 97% der norwegischen erhielten Muttermilch von Geburt
an. Die Medianzeit für ausschließliches Stillen war 1,5 Monate bei den türkischen und 3,5
Monate bei den norwegischen Säuglingen.
Eine Studie über das Stillverhalten in der Türkei (Alikasifoglu et al. 2001) untersucht den Ein-
fluss von demographischen Charakteristiken, Krankenhauspraktiken zum Stillen, psychoso-
ziale Faktoren der Mutter und Wissen über Säuglingsernährung auf die Dauer des Stillens.
8
91 Mütter wurden zwischen Juni und Dezember 1998 zu ihrem Stillverhalten befragt. 54%
der Säuglinge, die in einer Universitätsklinik in Istanbul geboren wurden, bekamen 4 Monate
ausschließlich Muttermilch. Das Medianalter für die Einführung von Säuglingsnahrung war 1
Monat, wenn das Kind schon Säuglingsnahrung in dem Krankenhaus erhalten hatte, und 3
Monate, wenn der Säugling keine Säuglingsnahrung im Krankenhaus bekommen hatte, son-
dern ausschließlich gestillt wurde. In dieser Studie (Alikasifoglu et al. 2001) wird nachgewie-
sen, dass die Krankenhauspraktiken und Einführungen zum Stillen einen größeren Einfluss
auf das Stillverhalten haben, als das Wissen der Mütter zu Säuglingsnahrung oder psycho-
soziale Faktoren.
2.2.1.2 Ernährungsverhalten von Migrantenkindern
Neiderud (1996) berichtet aus Schweden von einer Studie, in der die Ernährungsgewohnhei-
ten, die Nährstoffaufnahme und die Zahngesundheit von griechischen und schwedischen
Kindern (im Alter zwischen 1-7 Jahren) untersucht wurden. Dabei wurden 52 griechische
Immigrantenkinder (zweite Generation) mit 52 schwedischen Kindern verglichen (Einteilung
nach Alter, Geschlecht, Ort, chronischen Erkrankungen und dem Beruf des Vaters) und 66
Kinder als Vergleichsgruppe aus einem ländlichen Gebiet in Griechenland ausgewählt. Alle
drei Gruppen weisen ähnliche Ernährungs- und Mahlzeitenmuster auf. Die Immigrantenkin-
der aßen etwas weniger häufig Gemüse und Früchte im Vergleich zu den beiden anderen
Gruppen. Nur 46% der griechischen Migrantenkinder aßen Gemüse im Vergleich zu 73% der
schwedischen und 91% der griechischen Kinder aus dem ländlichen Gebiet. Die Immigran-
tenkinder und die Kinder aus dem ländlichen Griechenland konsumierten wesentlich häufiger
Süßigkeiten und Snacks. 42% der Migrantenkinder, 59% der griechischen Kinder aßen täg-
lich Süßigkeiten im Vergleich zu nur 12% der schwedischen Kinder. Bezüglich der durch-
schnittlichen Energieaufnahme konnten keine Unterschiede zwischen den drei Gruppen
festgestellt werden. Die Fettaufnahme lag in allen drei Untersuchungsgruppen über der emp-
fohlenen Zufuhr. Die Immigranten und die griechischen Kinder wiesen eine deutlich höhere
Aufnahme von einfach-ungesättigten Fettsäuren auf, was auf einen höheren Konsum von O-
livenöl zurückzuführen ist. Die Nährstoffdichte der schwedischen Kinder war am günstigsten
und bei den griechischen Kindern am ungünstigsten.
Eine Studie in Den Haag und Rotterdam 1984 mit achtjährigen türkischen, marokkanischen
und niederländischen Schulkindern zeigte, dass Migrantenkinder ihre traditionellen Ernäh-
rungsgewohnheiten größtenteils beibehalten. Verglichen mit der Ernährung im Ursprungs-
land verzehrten die Kinder jedoch mehr Snacks wie Chips, Pommes frites, Süßigkeiten und
nahmen mehr Erfrischungsgetränke auf, wenngleich immer noch in geringeren Mengen als
niederländische Kinder (den Hartog 1994).
Brussard et al. (2001) gibt einen Überblick über 10 durchgeführte Studien von 1978-1992 in
9
den Niederlanden. Dabei wurden in den meisten Studien Kinder untersucht: an Schulen,
Teilnehmer in Sprachschulen, in lokalen Gesundheitsorganisationen und Kulturzentren. Nur
wenige nicht-niederländische Erwachsene wurden bisher untersucht. 1993/94 wurde in einer
Gesundheitsuntersuchung die Ernährung von 4.450 Kindern zwischen 0-18 Jahren (51%
Jungen, 49% Mädchen), 88% Niederländer, 3% aus Surinam oder den Antillen, 4% türkische
oder marokkanische und andere nichtniederländische Kinder analysiert (Brugman et al.
1995). Die Ergebnisse zeigen, dass niederländische Kinder im Vergleich zu Kindern aus Su-
rinam oder den Antillen häufiger Fisch, Hülsenfrüchte und Reis oder Nudeln verzehren, da-
gegen aber weniger Milchprodukte, Süßigkeiten oder pikante Snacks, Kartoffeln und Fleisch.
Kinder aus Marokko und Türkei aßen häufiger Eier, Hülsenfrüchte, Fisch und Reis oder Nu-
deln und weniger Milchprodukte, Kartoffeln, Fleisch und Erfrischungsgetränke.
Nach Abschluss zweier vorangegangener Pilotstudien fand die letzte Untersuchung zum Er-
nährungsverhalten von Migranten 1998 statt (Brussard et al. 1999). In einer landesweiten
Studie wurden 91 marokkanische, 179 türkische und 203 niederländische Familien mit Kin-
dern zwischen 7,5 und 9,5 Jahren befragt. Die Rücklaufquote betrug 45%. Zusammenfas-
send kann aus den Studien berichtet werden, dass die durchschnittliche Makronährstoffauf-
nahme von Kindern aus Surinam und mediterranen Ländern sowie von türkischen und ma-
rokkanischen Müttern vergleichbar ist mit den niederländischen Empfehlungen zur Nähr-
stoffaufnahme.
Der Körpermassindex3 (Body Mass Index = BMI) von türkischen und marokkanischen Kin-
dern war höher im Vergleich zu dem niederländischer Kinder. Die Prävalenz für starkes Ü-
bergewicht, die nach Rolland-Cachera et al. (1991) bei der 97. Perzentile des BMI liegt, be-
trug 16% bei türkischen und marokkanischen Kindern zwischen 4-15 Jahren im Vergleich zu
nur 8% bei niederländischen Kindern (Daten von 1992/1993).
Neben Untersuchungen zum Einfluss des Ernährungsstatus gibt es einige wenige Informati-
onen zum Einfluss der physischen und sozialen Umwelt auf die Gesundheitssituation. Dass
die physische und soziale Umwelt einen Einfluss auf die Gesundheitssituation der Migranten
hat (vgl. Central Bureau of Statistics 1991 in Brussard et al. 2001), wurde 1991 durch eine
Gesundheitsuntersuchung bei der türkischen Bevölkerung in den Niederlanden festgestellt.
Migranten leben häufig in großen Städten und die Qualität der Wohnungen ist schlechter als
die der anderen in den Niederlanden. Sie gehören meist der unteren Schicht an, was mit ei-
ner geringeren Schulbildung und Berufstätigkeit zusammenhängt.
3 Körpermassindex = BMI in ein Parameter neben anderen, den Ernährungsstatus von Kindern und Erwachsenen zu beurteilen.
10
2.2.2 Ernährungsverhalten von Migranten in Deutschland
In Deutschland ist über die Ernährungsgewohnheiten der verschiedenen ethnischen Grup-
pen wenig bekannt. Zwei Studien zum Thema Migration und Ernährung (Schmid (in press),
Gedrich & Karg 2001) wurden von der Technischen Universität München durchgeführt.
Schmid (in press) untersuchte die Ernährungsgewohnheiten von griechischen, italienischen
und türkischen Migrantinnen in Süddeutschland. Jeweils 100 Türkinnen aus der Westtürkei,
Italienerinnen aus Süditalien und Griechinnen aus Epirus und Thessalien, die in München
und im Münchner Umland leben, wurden zu ihren Ernährungsgewohnheiten befragt. Ziel der
Studie war es, die Ernährungsgewohnheiten dieser drei ethnischen Gruppen darzustellen
und Veränderungen in der Ernährungsweise im Vergleich zum Heimatland zu untersuchen.
Die Erhebungsinstrumente waren ein Food-Frequency-Fragebogen und ein 24-Stunden-
Recall. Das Durchschnittsalter der türkischen Migrantinnen lag mit 35 Jahren, unter dem der
italienischen (40 Jahre) und der griechischen Frauen (42 Jahre). Die durchschnittliche Auf-
enthaltsdauer bewegte sich zwischen 22 (Italienerinnen), 23 (Griechinnen) und 17 (Türkin-
nen) Jahren in den drei ethnischen Gruppen.
Die Ergebnisse dieser Studie verdeutlichen, dass trotz der langen Aufenthaltsdauer der
Migrantinnen nur relativ geringe Veränderungen in den jeweiligen ethnischen Ernährungs-
weisen gefunden wurden. Aus ernährungsphysiologischer Sicht traten einige ungünstige
Veränderungen der Ernährungsgewohnheiten auf, wie z.B. der niedrigere Fischkonsum und
der höhere Verzehr von Wurstwaren in der griechischen Gruppe oder die häufige Verwen-
dung von tierischen Fetten (Sahne, Mayonnaise, Creme fraiche) in der türkischen Gruppe.
Die Türkinnen trinken sehr viel häufiger Erfrischungsgetränke und Limonade verglichen mit
den beiden anderen Gruppen. Sie verzehren auch häufiger Nüsse und andere Knabberwa-
ren, was eine traditionelle Gewohnheit in der türkischen Küche ist.
Trotzdem sind die Verzehrmuster der Migrantinnen aus gesundheitlicher Sicht wünschens-
wert, da sie beispielsweise einen hohen Verzehr von Getreideprodukten und Gemüse, sowie
einen hohen Anteil an pflanzlichen Ölen beinhalten. Die Aufrechterhaltung der jeweiligen kul-
turell geprägten Ernährungsweisen wird auch durch das vielfältige Warenangebot und die
meist ethnisch homogenen Familienstrukturen, in denen die ausgewählten Migrantinnen le-
ben, unterstützt. Es wird angenommen, dass bei Migranten, die hier als alleinlebende Studie-
rende oder in gemischt-nationalen Ehen leben, größere Veränderungen im Ernährungsver-
halten zu erwarten sind. Zum Ernährungsverhalten der zweiten und dritten Generation liegen
keine Untersuchungen vor. Dies gilt auch für die Kinder der Migranten, die in Deutschland
geboren wurden.
Gedrich & Karg (2001) werteten die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1993 (EVS)
des Statistischen Bundesamtes aus, die 1993 zum ersten Mal Bürger nichtdeutscher Natio-
11
nalität mit erfasste. In der EVS werden repräsentativ ausgewählte Haushalte gebeten, ihre
Lebensmittelausgaben für einen Monat schriftlich zu protokollieren. Daten von 38.389 Deut-
schen und 535 Personen nichtdeutscher Nationalität im Alter zwischen 0-65 Jahren wurden
erfasst. 5 Gruppen nichtdeutscher Nationalität (nicht repräsentativ) wurden unterschieden:
Türken, Griechen, Italiener, Spanier und Polen.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die durchschnittliche Nahrungsaufnahmemenge der
Griechen, Spanier und Italiener sich sehr ähnlich ist und sich substantiell von den anderen
nichtdeutschen Gruppen unterscheidet. Die Nahrungsaufnahme der Türken ist den deut-
schen und polnischen Verzehrmustern ähnlicher als den mediterranen. Deutsche essen häu-
figer verarbeitetes Fleisch und Würste sowie Butter als andere Gruppen. Außerdem verzeh-
ren sie häufiger Konfekt (außer Polen) und trinken mehr Alkohol (außer Italiener) als andere
ethnische Gruppen. Auffällig ist, dass Deutsche weniger Früchte (tropische und Zitrusfrüch-
te) sowie frisches Gemüse verzehren. Dementsprechend haben die Deutschen ein weniger
günstiges Verzehrmuster als die untersuchten nichtdeutschen Gruppen. Besonders Türken
und Italiener scheinen ein günstiges Ernährungsverhalten zu haben. Bei dem Vergleich der
Nährstoffaufnahme scheinen die Differenzen zwischen den verschiedenen ethnischen Grup-
pen nicht so groß zu sein. Deutsche essen mehr gesättigte und einfach-ungesättigte Fett-
säuren (außer Spanier) im Vergleich zu den nichtdeutschen Gruppen. Des weiteren wurde
herausgefunden, dass die nichtdeutschen Probanden eine höhere Konzentration an anti-
oxidativen Vitamin E und C zu sich nehmen. Insgesamt gesehen sind die Ernährungsge-
wohnheiten der Deutschen weniger günstig als die der nichtdeutschen Bevölkerung in
Deutschland.
2.3 Ernährungsverhalten von Kindern in Deutschland Das Ernährungsverhalten von Kindern wird in diesem Abschnitt unterschieden nach Stillver-
halten der Mütter und Verzehrhäufigkeiten von Kindern.
2.3.1 Stillverhalten
In den letzten 40 Jahren gab es nur sporadische Untersuchungen zum Stillverhalten in
Deutschland und Europa und die Definitionen zum Stillverhalten sind unklar (Kersting & Du-
lon 2002, Yngve & Sjöström 2001). Deshalb kann man Daten innerhalb Europas schlecht
vergleichen. Daten zum Stillverhalten von Migranten in Deutschland sind nicht vorhanden. In
der Langschnittuntersuchung zum Stillverhalten deutscher Mütter und Säuglingsernährung
deutscher Kinder im ersten Lebensjahr von Dulon & Kersting (2000a+b) wurden 1.717 Mütter
mittels eines Ernährungsprotokolls am Ende des 2., 4., 6., 9. und 12. Lebensmonats des
Säuglings befragt. Danach begannen 91% der Mütter in der Geburtsklinik zu stillen (Tabelle
2.4). Bei der Entlassung aus der Klinik, im Durchschnitt fünf Tage nach Geburt, stillten noch
12
85% der Mütter. Im Verlauf der nächsten Monate fielen die Stillquoten kontinuierlich ab. Die
empfehlenswerte Vollstilldauer von mindestens vier Monaten erreichten 33% der Mütter, eine
ausschließliche Stilldauer von sechs Monaten 10%.
Tabelle 2.4: Stillverhalten (%) in Deutschland SuSe Studie Stillhäufigkeit Gesamtstillen Vollgestillt Nichtstillen Geburt 91 91 9 2 Wochen 85 60 15 2 Monate 70 42 30 4 Monate 59 33 41 6 Monate 52 10 48 9 Monate 26 1 74 1 Jahr 13 0 87
Eine Studie, die von Koletzko et al. (2001b,) zum Stillverhalten deutscher Mütter durchge-
führt wurde, kommt zu folgenden Ergebnissen: In der ersten Lebenswoche wurden 78,9%
der Säuglinge gestillt. Nach drei Monaten erhielten noch etwa 50% der Kinder ausschließlich
Muttermilch. Das Teilstillen mit Zufüttern von Säuglingsnahrung und/oder Beikost blieb im Al-
ter von einem, vier und sechs Monaten mit 32,6%, 29,4% und 33,6% weitgehend konstant.
Am Ende des ersten Lebensjahres wurden noch 9,8% der Kinder gestillt, aber keines mehr
ausschließlich. Die Studie machte einen Zusammenhang zwischen Länge des ausschließli-
chen Stillens und dem Risiko zur Adipositas bei 9.357 Kindern zwischen 5-6 Jahren deutlich.
Bei ausschließlichem Stillen für 3-5 Monate konnte eine 35% Reduzierung der Adipositas bei
Kindern beobachtet werden (Kries et al. 1999).
2.3.2 Ernährungsverhalten von Kindern
Die Ergebnisse der Kieler Adipositaspräventionsstudie (KOPS) bezüglich des Ernährungs-
verhaltens und des Ernährungszustandes von 1.497 5-7jährigen Kindern (739 Jungen, 758
Mädchen) in Kiel (Mast et al. 1998) zeigen, dass das Ernährungsverhalten von Kindern in
diesem Alter im Mittel weitgehend den Empfehlungen der „Optimierten Mischkost“ des FKE
entspricht. Diese Daten werden durch die Ergebnisse der Nationalen Verzehrstudie zu dieser
Altersgruppe (NVS) bestätigt, welche allerdings an einer kleineren Stichprobe und überregi-
onal erhoben wurde (Vera-Schriftenreihe 1995) und auch die Verzehrmengen berücksichtigt.
Trotz der hohen Adipositasprävalenz in der Kieler Studie (23,2% der Kinder sind übergewich-
tig, 68% sind normalgewichtig und 8,8% der Gruppe sind untergewichtig) findet sich bei der
Betrachtung der Verzehrgewohnheiten keine Beziehung zwischen Ernährung und Ernäh-
rungszustand (Mast et al. 1998). Übergewichtige Kinder weisen im Mittel ähnliche Verzehr-
gewohnheiten auf wie normal- oder untergewichtige Kinder. Dies gilt auch für einzelne „Prob-
lemlebensmittel“ wie Süßigkeiten, Fast food und Chips. Übergewichtige Kinder verzehren
diese Lebensmittel nicht häufiger als normal- oder untergewichtige Kinder. Ungünstige Er-
nährungsgewohnheiten sind deshalb sehr wahrscheinlich, jedoch nicht alleinige Ursache für
Übergewicht im Kindesalter.
13
Wie weitere Ergebnisse der KOPS (Langnäse et al. 2000) zeigen, besteht bei den 5-
7jährigen Kindern ein sozialer Schichtgradient hinsichtlich Ernährung. Deutsche Kinder aus
unteren sozialen Schichten ernähren sich ungesünder als Kinder aus oberen Schichten. Der
Sozialstatus wurde anhand des höchsten Schulabschlusses der Eltern bestimmt. Es wurden
drei Gruppen gebildet: Kinder mit günstigem, normalem oder ungünstigem Ernährungsmus-
ter. Das Ernährungsmuster der Kinder unterscheidet sich in Abhängigkeit von der sozialen
Lage der Eltern/der Familie: Kinder aus der unteren sozialen Schicht haben ein ungünstige-
res Ernährungsmuster als Kinder aus der höheren Schicht. Das normale Ernährungsmuster
nimmt bei Kindern in der höchsten sozialen Schicht zu. Auch in der Lebensmittelauswahl be-
stehen soziale Unterschiede: Weißbrot, Salzgebäck und Limonaden werden häufiger von
Kindern aus Familien mit niedrigem sozialen Status konsumiert.
Die DONALD Studie (Dortmund Nutritional and Anthropometric Longitudinally Designed Stu-
dy) ist eine Longitudinalstudie, die seit 1985 die Nahrungsaufnahme in 3 Tage Wiegeproto-
kollen von Säuglingen, Kindern und Jugendlichen untersucht (Alexy et al. 2002). 795 2-18
jährige Kinder zwischen 1985-2000 wurden erfasst. Hauptergebnis des Vergleichs der Nah-
rungsaufnahme ist, dass es keine signifikanten Veränderungen bei der Aufnahme von Ener-
gie, Protein, mehrfach-ungesättigten Fettsäuren und Einfachzucker gibt. Die Fettaufnahme
ging ebenso zurück wie der Verzehr von gesättigten Fettsäuren, allerdings nicht in dem Ma-
ße, wie es die „Optimierte Mischkost“ (siehe Kapitel 2.5.3) empfiehlt. Die Verbesserung des
Makronährstoffmusters wurde durch einen geringeren Verzehr an Fett-Öl und Fleisch-Fisch-
Eier erreicht, sowie einem häufigeren Verzehr von kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln (Brot,
Cerealien, Kartoffeln, Reis und Nudeln). Die Ergebnisse der DONALD Studie sind vergleich-
bar mit den Daten der deutschen Haushaltuntersuchung (Deutsche Gesellschaft für Ernäh-
rung 2000). Das Konzept der „Optimierten Mischkost“ sollte weiterhin in Deutschland voran-
getrieben werden.
Die Auswertung von 5.125 3-Tage-Wiege-Ernährungsprotokollen (Zeitraum: 1990-2000) im
Rahmen der DONALD-Studie zeigt auch, dass der tägliche Verzehr von Gemüse im Alter
von 0,5-6 Jahren bei etwa 75g liegt. Im Schulalter steigt er auf 140 g an. Damit werden ledig-
lich 40-50% der in der „Optimierten Mischkost“ empfohlenen Menge an Gemüse für Klein-
und Schulkinder erreicht. Der tägliche Obstverzehr entspricht dagegen den Empfehlungen
(Ernährungsumschau Kurzbericht 49, 2002).
2.4 Adipositas im Kindesalter Verschiedene genetische, soziokulturelle, verhaltensabhängige und demographische Fakto-
ren spielen bei der Entwicklung der Adipositas eine Rolle. Zum Teil zeigen die genannten
Faktoren aber auch untereinander Wechselwirkungen und Abhängigkeiten. Auswirkungen
und Faktoren, die zu einer Adipositas führen, haben somit einen komplexen Charakter.
14
Zu den genetischen Faktoren zählt das Übergewicht der Eltern, dabei scheint jedoch das
Übergewicht der Mutter einen größeren Einfluss zu haben. Wie bereits erwähnt, scheint auch
das erhöhte Geburtsgewicht von mehr als 4000 g ein Risikofaktor zu sein (Müller et al.
1997). Aber auch eine genetisch festgelegte Disposition, wie z.B. ein interindividuell niedriger
Energieverbrauch, eine geringe Fettverbrennung, sowie eine verminderte Insulinsensitivität
sind als Ursachen für die Entstehung von Übergewicht und Adipositas anzusehen (Müller
et.al. 1999).
Betrachtet man die soziokulturellen Faktoren wie die Erziehung fällt auf, dass schlecht ver-
sorgte und ungepflegte Kinder häufiger übergewichtig sind: hier wird Übergewicht und Adi-
positas oft als nicht problematisch wahrgenommen. Auch wird weniger auf das Kind geach-
tet. Die Schichtzugehörigkeit spielt insofern eine Rolle, als in sozial niedrigen und benachtei-
ligten Schichten das Adipositasrisiko steigt (Delekat und Kis 2001, Müller et.al. 1999).
Aber auch verhaltensabhängige Faktoren sind für das Auftreten einer Adipositas verantwort-
lich, wie z.B. ein Bewegungsmangel, meist einhergehend mit einem Nahrungsüberangebot
(übermäßige Zufuhr von Kalorien, Proteinen und Fett). Interessanterweise scheint die Ernäh-
rung in den ersten Lebensmonaten einen besonderen Einfluss auf die metabolische Prägung
des Stoffwechsels zu haben. In diesem Zusammenhang kommt dem Stillen eine besondere
Bedeutung zu. Ein protektiver Effekt wird vermutlich durch längeres Stillen (> 6 Monate) er-
reicht (Koletzko et.al. 2001a).
Zusammenfassend kann die Prävalenz der Adipositas durch die übermäßige Nahrungsauf-
nahme und die Bewegungsarmut erklärt werden. Ihre Ausprägung ist aber im Einzelfall ab-
hängig von der genetisch vorgegebenen Adaptation des Stoffwechsels an die jeweilige Le-
bensweise (Müller et.al. 1997).
2.5 Ernährungsempfehlungen für Kinder in Deutschland Nährstoffbezogene Empfehlungen müssen in lebensmittelbezogene Ratschläge umgesetzt
werden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass Ernährungsempfehlungen für Erwachsene
nicht notwendigerweise auch für Kinder günstig sind. Von Kersting et al. (1993a, 1993b,
2001) vom FKE wurden daher Vorschläge für eine „Optimierte Mischkost“ im Kindesalter er-
arbeitet, die im Folgenden vorgestellt werden.
In keinem anderen Lebensabschnitt verändern sich die Ansprüche an die Ernährung so stark
wie im ersten Lebensjahr eines Kindes. Bei der Ernährung im ersten Lebensjahr werden drei
ernährungs- und entwicklungsphysiologisch begründete Altersabschnitte unterschieden:
• Ausschließlich Milchernährung in den ersten 4-6 Lebensmonaten,
• Schrittweise Einführung von Beikost ab dem 5.-7. Lebensmonat,
• Einführung von Familienkost ab dem 10. Lebensmonat. Umsetzung der Empfehlungen
15
der „Optimierten Mischkost“ als Leitfaden für ein optimiertes Ernährungsverhalten.
Die genannten Zeitspannen berücksichtigen die erhebliche interindividuelle Variabilität der
Entwicklung der Kinder.
2.5.1 Stillen
Das ausschließliche Stillen des Säuglings in den ersten 4-6 Monaten wird sowohl national
als auch international empfohlen (WHO 2001, www.who.int/nut/, UNICEF 1999,
www.bgvv.de/Kommission). Danach kann bei altersgemäßer Beikost so lange weiter gestillt
werden, wie Mutter und Kind dies wünschen.
Muttermilch entspricht hinsichtlich der Art und Menge der Nährstoffe – z.B. biologisch hoch-
wertiges, leicht verdauliches Eiweiß, spezielles Fettsäuremuster, gut resorbierbare Nährstof-
fe – optimal den Bedürfnissen des Säuglings. Funktionelle Bedeutung haben u.a. die in der
Muttermilch enthaltenen langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren für die Entwicklung
des Zentralnervensystems und der Retina. Durch die vielfältigen spezifischen und unspezifi-
schen Schutz- und Immunfaktoren bietet Muttermilch einen relativen Schutz gegen zahlrei-
che Infektionskrankheiten. Als langfristige Vorteile für ehemals gestillte Säuglinge werden
u.a. eine geringe Inzidenzrate von Diabetes Mellitus Typ I, Morbus Crohn, atopischen Er-
krankungen und Adipositas sowie ein fördernder Einfluss der kognitiven Entwicklung be-
schrieben bzw. diskutiert (Kersting et al. 1993a, 1993b, 2001).
2.5.2 Beikost
Ab einem Alter von 4-6 Monaten reicht die Muttermilch als alleinige Nahrung bei den meisten
Säuglingen nicht mehr aus (Kersting et al. 1993a, 1993b, 2001). Limitiert durch ausschließli-
ches Stillen ist die Aufnahme von Energie und Protein sowie von Eisen und Zink. Mit der
Beikost wird schrittweise eine Milchmahlzeit durch einen Brei ersetzt. Nacheinander werden
eingeführt:
• ein Gemüse-Kartoffel-Fleisch-Brei,
• ein Vollmilch-Getreide-Brei und
• ein milchfreier Getreide-Obst-Brei.
2.5.3 Familiennahrung - Optimierte Mischkost
Gegen Ende des ersten Lebensjahres gehen die Brei- und Milchmahlzeiten der Säuglingser-
nährung nach und nach in die Haupt- und Zwischenmahlzeiten der Familienkost über. Spe-
zielle Lebensmittel für Kleinkinder wie Milchgetränke, Kekse und Menüs für Kleinkinder sind
ernährungsphysiologisch nicht notwendig.
16
Das Prinzip der „Optimierten Mischkost“ besteht darin, dass im Rahmen des Energiebedarfs
• pflanzliche Lebensmittel reichlich,
• tierische Lebensmittel mäßig und
• Speisefette sehr sparsam verwendet werden.
Wie die Tabelle 2.5 zusammenfasst, sollte die Mischung der Lebensmittel der „Optimierten
Mischkost“ nach folgenden Teilen zusammengestellt werden. Der größte Teil der Nahrungs-
energie (50-55%) kommt aus Kohlenhydraten, vorwiegend aus Getreide, Kartoffeln und
Obst. Fett, das vorwiegend pflanzlicher Herkunft ist, liefert maximal 35% der Nahrungsener-
gie. Die restlichen 10-15% der Nahrungsenergie stammen aus Eiweiß, das je zur Hälfte tieri-
scher Herkunft (Milch, Fleisch, Fisch, Eier) und pflanzlicher Herkunft (Getreide, Kartoffeln,
Hülsenfrüchte) ist. Mit einer so zusammengesetzten Kost aus üblichen Lebensmitteln erhal-
ten Kinder und Jugendliche auch genug von allen notwendigen Mineralstoffen, Spurenele-
menten und Vitaminen. Kinder sollten reichlich trinken. Deshalb sollten Getränke möglichst
energiefrei sein wie Trinkwasser bzw. Mineralwasser und ungesüßte Kräuter- oder Früchte-
tees (Kersting et al. 1993a, 1993b).
Tabelle 2.5: Empfehlungen für die Ernährung von Klein- und Schulkindern (Forschungsinstitut für Kin-derernährung, Dortmund 1994)
Lebensmittelgruppe Verzehrhäufigkeit Vitaminreiche Lebensmittel (LM) Obst Reichlich, täglich Gemüse Reichlich, täglich Kohlenhydratreiche LM Vollkornbrot Reichlich, täglich Weißbrot Weniger Nudeln, Kartoffeln, Reis, Getreide Reichlich, täglich Eiweiß- und fetthaltige LM Milch, Milchprodukte Mäßig, täglich Käse Mäßig, täglich Fleisch 2-3 mal/Woche Wurst 2-3 mal/ Woche Fisch 1 mal pro Woche Eier 1-2 mal/ Woche Fast food – fetthaltige LM Imbisskost Geduldet Chips Geduldet Süßigkeiten Geduldet Kuchen Geduldet Limonade Vermeiden Wasser Reichlich, täglich Saft Als Schorle empfohlen
17
Im Laufe des Tages werden in der Regel 5 Mahlzeiten eingenommen. Zwei Mahlzeiten am
Tag sind kalte Mahlzeiten. Üblicherweise sind dies das Frühstück sowie das Abendessen.
Die warme Mahlzeit ist üblicherweise das Mittagessen. Zwei Zwischenmahlzeiten aus rohem
Obst und Gemüse sichern die Versorgung mit Vitaminen.
2.6 Die Rolle der Ernährungserziehung/ -beratung Zwischen wissenschaftlichen Ernährungsempfehlungen und dem Essen im Alltag liegen
Welten. Ernährungsberater sind ausbildungsbedingt an naturwissenschaftlichen Erklärungs-
mustern orientiert. Soziale und psychische Einflussfaktoren werden (weil meist als Fehler-
nährungs-Ursache diagnostiziert) eher als Störungen für eine ‘bedarfsgerechte’ Ernährung
angesehen. Ernährungsempfehlungen beziehen sich immer noch vorrangig auf den ermittel-
ten Bedarf im Hinblick auf Quantität und Qualität der Nahrungsinhaltsstoffe (Methfessel
2002).
Essen hat für Menschen allerdings auch Bedeutungen, die über die reine physische Be-
darfsdeckung hinausgehen, die sogar wichtiger sein können als diese. Mit Essen wird und
werden unter anderem
• Gemeinschaften gebildet und erhalten,
• Integration organisiert,
• Identitäten geschaffen und entwickelt,
• Sicherheit und Selbstwert gegeben,
• positive und negative Emotionen reguliert,
• ästhetische und sensorische Bedürfnisse befriedigt,
• Weltoffenheit und Selbstbezug gelebt.
Diese Funktionen des Essens sind zentral für die Entwicklung und Erhaltung der Lebensqua-
lität. Die hohe Bedeutung des Essens in der Werteskala (nicht nur) der Deutschen spiegelt
dies wider (Barlösius 2000).
Ernährung und Gesundheit Die WHO weist mit ihrem Gesundheitsverständnis darauf hin, dass Gesundheit auch das
psychische und soziale Wohlbefinden einschließt. Wodurch dieses Wohlbefinden bestimmt
wird, hat nicht zuletzt die Forschung von Antonovsky (Antonovsky 1997) deutlich gemacht.
Eine zentrale Bedeutung für die Gesundheit hat ihm zufolge der ‘Kohärenzsinn’ oder das
‘Kohärenzgefühl’ (Sense of Coherence) als umfassendes, dauerhaftes und dynamisches
Vertrauen, das das Leben und seine Anforderungen verstehbar (comprehensive), handhab-
bar (manageable) und sinnerfüllt (meaningful) macht. Dieses Kohärenzgefühl erhält Men-
18
schen ihre Gesundheit - auch bei widrigen Lebensbedingungen und -stilen. Unter dieser
Perspektive sind Empfehlungen, die Menschen in ihren bisherigen Essgewohnheiten (nur)
verunsichern und ihnen die stabilisierende Funktion des Essens nehmen, kritisch zu beurtei-
len. Die Diskussionen der WHO um die Salutogenese lenken auch den Blick von den An-
sprüchen an den Einzelnen hin zu gesundheitsfördernden Grundvoraussetzungen.
Kommunikation bei der Ernährungsberatung Eine mögliche, ‘richtige, ‘gesunde’ Zusammenstellung von Nahrungsmitteln und Nährstoffen
kann aus naturwissenschaftlicher Perspektive festgelegt werden, nicht aber eine Ernährung,
die für die einzelnen Menschen die kulturellen Funktionen des Essens und die damit verbun-
dene Lebensqualität bereitstellt und sichert.
Ausgehend von der Bedeutung der Esskultur sollten Menschen als Experten ihres Alltags
und ihrer Lebensvorstellungen ernst genommen werden (Methfessel 2002). Die Kommunika-
tion über die kulturelle (vor allem soziale und psychische) Bedeutung der Ernährung und de-
ren Respektierung (auch im Rahmen der Bildung) kann nicht ein hierarchisch organisierter
Dialog der ‘richtigen’ Wissenschaft/Lehre und der ‘fehlgeleiteten bzw. fehlerbehafteten’ Men-
schen sein, sondern einer von zwei, jeweils unterschiedlich ausgewiesenen, Experten.
Durch die Ernährungsberatung sollte eine Reflexion des Ernährungsverhaltens angeregt
werden. Aus den neuen Erkenntnissen können Folgerungen gezogen werden, die sicherlich
auch für Beratung und andere Kommunikationsprozesse um das Thema Ernährung zu nut-
zen sind.
19
2.7 Hypothesenbildung
Aus der Analyse der Literatur zum Ernährungsverhalten von verschiedenen ethnischen
Gruppen lassen sich folgende Hypothesen ableiten:
• Die Stilldauer bei Migrantinnen ist im Vergleich kürzer als die der deutschen Frauen.
• Das Ernährungsmuster der deutschen Kinder entspricht den Empfehlungen des For-
schungsinstituts für Kinderernährung, Dortmund (FKE) eher.
• Das Ernährungsmuster der nichtdeutschen Kinder entspricht weniger den Empfehlungen
des FKE.
• Kinder nichtdeutscher Herkunft essen mehr Fast Food Produkte, Snacks und Süßigkei-
ten im Vergleich zu den deutschen Kindern
• Je länger die Aufenthaltsdauer der Mutter in Deutschland, umso optimaler das Ernäh-
rungsmuster der Kinder nichtdeutscher Herkunft.
• Je besser die deutschen Sprachkenntnisse der Mutter, umso optimaler das Ernäh-
rungsmuster der Kinder nichtdeutscher Herkunft.
• Das Ernährungsmuster unterscheidet sich in deutschen Familien nach sozialer Lage.
Bei niedrigem sozialem Status entspricht das Verzehrmuster weniger den Empfehlungen
des FKE.
• Das Ernährungsmuster hat bei deutschen Kindern keinen Einfluss auf den Ernährungs-
status.
• Bei den Kindern nichtdeutscher Herkunft gibt es einen Zusammenhang zwischen Ernäh-
rungsmuster und Ernährungsstatus, gemessen anhand des Körpermassindex (Body
Mass Index = BMI).
20
3 Methodik
3.1 Studiendesign Die Studie basiert auf einer Elternbefragung von 138 3-6jährigen Kindern in zwei öffentlichen
Kindertagesstätten im Gebiet des Quartiersmanagements (QM) Soldiner Straße, Berlin-Mitte,
Teilbezirk Wedding im März 2002. Bei der Untersuchung handelt es sich um eine Quer-
schnittsstudie mit Vollerhebung, die in den o.g. Kindertagestätten zur Bestandaufnahme des
Ernährungsverhaltens von 3-6jährigen Kindern insbesondere der türkischen Kinder durchge-
führt wurde. Weiterhin soll untersucht werden, ob eine Beziehung zwischen dem Ernäh-
rungsverhalten und dem Ernährungsstatus der Kinder besteht Die Verzehrsgewohnheiten
werden mit den Empfehlungen der „Optimierten Mischkost“ des Forschungsinstitutes für Kin-
derernährung Dortmund (FKE) verglichen. Ebenfalls wurden soziodemographische Daten er-
fasst, um die soziale Lage der Familien beschreiben zu können.
3.2 Feldzugang/ Rekrutierung Aufgrund des Untersuchungsziels wurde ein Untersuchungsort gewählt, der einen hohen An-
teil an Migranten aufweist. Während der Projektarbeit im September 2001 wurde von der Un-
tersucherin Kontakt zu dem QM Soldiner Straße aufgenommen. Das QM Soldiner Strasse ist
eines von 17 Quartiersmanagements in Berlin. Das Gebiet um die Soldiner Strasse ist ein
traditionelles Arbeiterviertel am Rande des früheren Westteils von Berlin. Durch die Wieder-
vereinigung liegt es heute nahe dem Zentrum von Berlin. In dem Quartier leben 13.000 Men-
schen auf 52 ha. 20% der Bewohner beziehen Sozialhilfe und weitere 20% Arbeitslosenhilfe.
Diese Zahlen liegen über dem Berliner Durchschnitt. 37% der Einwohner haben eine auslän-
dische Staatsangehörigkeit. Die türkischstämmige Bevölkerung ist mit 21% die größte Grup-
pe gefolgt von der ex-jugoslawischer Herkunft4. Der Anteil der ausländischen Kinder unter 6
Jahren beträgt 39,8% im Untersuchungsgebiet (von insgesamt 1.043 Kindern). Davon haben
55,4% der Kinder die türkische Staatsangehörigkeit (Stat. Landesamtes 30. Juni 2001). Da
die Migrantenfamilien jünger sind als die Deutschen in diesem Bezirk, liegt in Schulen und
Kindergärten der Anteil von Kindern, deren Muttersprache nicht deutsch ist, im Durchschnitt
bei 70–80%.
Das QM war an der Bestandsaufnahme der Ist-Situation des Ernährungsverhaltens interes-
siert, da es die von dem QM in Zukunft geplanten Ernährungsmaßnahmen konkret unterstüt-
zen würde. Als Studienorte wurden die Kindertagesstätten in der Freienwalderstraße 19c
4 Ex-Jugoslawien: Bosnien u. Herzegowina, Kroatien, Slowenien, Mazedonien, ehem. Jugoslawien (Serbien und Montenegro)
(Personen, die sich noch bei Bestehen des Staates angemeldet haben und bisher keinem Nachfolgestaat zugeordnet sind)
21
und in der Koloniestraße 24a, die insgesamt 199 Kinder in der Altersgruppe zwischen 3 bis 6
Jahren betreuen, ausgewählt (Tabelle 3.1). Das QM stellte folgende Ressourcen zur Verfü-
gung: Übersetzung des Fragebogens in die türkische Sprache, Kopien der Fragebögen und
personelle Unterstützung bei der Erhebung der Daten von nicht deutsch sprechenden Müt-
ter.
Tabelle 3.1: Herkunft der Kinder in den Kindertagesstätten (absolute Zahlen) Kindertagesstätte
Gesamt
Deutsch
Türkisch
Ex-Jugos-lawien
Arabisch
Afrikanisch
Asiatisch
Andere
Koloniestrasse 111 13 62 17 5 5 6 3 Freienwalderstr. 88 18 44 6 10 5 1 3 Gesamt 199 31 106 23 15 11 7 6
Andere: europäisch und lateinamerikanisch
Nachdem das Bezirksamt Berlin Mitte, Regionalleitung Kinder und Jugend, Wedding, die Er-
laubnis zur Durchführung der Untersuchung in den beiden Kindertagesstätten gegeben hat-
te, fand ein Gespräch mit den Kindertagesstättenleiterinnen statt. In diesem Gespräch wurde
die adäquate Vorgehensweise für die jeweiligen Kindertagesstätten besprochen.
Daher wurden in der Kindertagesstätte Freienwalderstrasse zunächst Handzettel (Anhang 1)
verteilt, in denen die Eltern über die Studie informiert wurden. Aus Datenschutzgründen
sprachen sich die Leiterinnen der Kindertagesstätte gegen das Wiegen und Messen der Kin-
der in der Kindertagesstätte aus und empfahlen, dass die Eltern das Wiegen und Messen
der Kinder zu Hause durchführen und dann im Fragebogen angeben sollten. (Die anthropo-
metrischen Daten der Kinder der Freienwalderstrasse gehen nicht in die Analyse mit ein.)
In der Kindertagesstätte Koloniestrasse wurde der Untersucherin empfohlen, die Durchfüh-
rung stark in die Hände der Leitung zu geben, da die Eltern sonst nicht das notwendige Ver-
trauen in die Studie haben würden. Daher wurde verabredet, dass die Erzieherinnen in einer
Gruppenaktivität die Kinder wiegen und messen sollten. Danach wurde den Eltern der Fra-
gebogen ausgeteilt, in dem die Körpergröße und das Körpergewicht des Kindes schon ein-
getragen waren. Die Eltern wurden gezielt durch die Kindertagesstättenleiterin und die Er-
zieherinnen auf die Studie angesprochen und zum Mitmachen motiviert.
Die Untersuchung fand in der Zeit vom 11. bis 28. März 2002 in den beiden öffentlichen Kin-
dergärten des Gebiets des QM Soldiner Strasse statt. Ein detaillierter Zeitplan für die Ge-
samtzeitplanung der Studie ist in Anhang 2 dargestellt. Der Fragebogen wurde zweisprachig
(deutsch und türkisch) gestaltet. Die Eltern konnten selbst entscheiden, welche Sprache sie
bevorzugen. In drei Fällen wurde wegen Analphabetismus der Fragebogen vorgelesen und
sofort vor Ort ausgefüllt. Der Großteil der Eltern nahm den Fragebogen mit nach Hause und
brachte ihn am nächsten Tag ausgefüllt wieder mit. Im zweitägigen Wechsel waren die Un-
tersucherinnen in der Kindertagesstätte anwesend, um Hilfestellungen bei Unklarheiten beim
Ausfüllen des Fragebogens in der Kindertagesstätte anzubieten. Für den Fall, dass keine
22
Untersucherin anwesend war, wurden Kisten aufgestellt, in die durch einen Schlitz, die Fra-
gebögen anonym eingeworfen werden konnten.
Von den insgesamt 199 Kindern, die die beiden Kindergärten besuchen, kamen 141 Frage-
bögen (70%) zurück. Der Fragebogen wurde in deutscher und türkischer Sprache verteilt.
Entsprechend der Sprachpräferenz der Eltern kam in der Kindertagesstätte Freienwalderst-
raße 24 deutschsprachige und 14 türkischsprachige, in der Koloniestrasse 67 deutschspra-
chige und 36 türkischsprachige Fragebögen zurück. Davon konnten 3 Fragebögen aufgrund
fehlender Antworten nicht in die Auswertung aufgenommen werden.
3.3 Erhebungsinstrumente Es wurden zwei Erhebungsinstrumente verwandt, die in den folgenden Abschnitten be-
schrieben werden.
3.3.1 Standardisierter Fragebogen
Zur Datenerhebung wurde die Methode der schriftlichen standardisierten Befragung ausge-
wählt. Der Fragebogen zur Erfassung des Ernährungsverhaltens und des Ernährungsstatus
wurde von der Untersucherin im Vorfeld im QM Soldiner Strasse während ihrer Projektarbeit
im Wintersemester 2001/02 entwickelt. Dazu wurden Gespräche mit türkischen Frauen ge-
führt, um deren Lebenslage und Ernährungsgewohnheiten besser kennen zu lernen. Der
Fragebogen besteht aus insgesamt 49 Fragen, die in die folgenden fünf Fragenkomplexe un-
terteilt wurden: Anthropometrische Daten, Ernährungsverhalten, Informationsverhalten,
Migrationsaspekte und sozio-ökonomische Daten. Bezüglich der Form der Fragen wurden
überwiegend geschlossene Fragen gewählt, da diese sowohl einfacher und schneller zu be-
antworten, als auch statistisch leichter auszuwerten sind. Der Fragebogen ist im Anhang 3
dargestellt.
Vor dem Einsatz des Fragebogens wurde ein Pretest (5 Fragebögen an 2 deutsche und 3
türkische Frauen) durchgeführt, um festzustellen, ob der Inhalt des Fragebogens verständ-
lich ist und ob die Mütter bereit sind, die Fragen zu beantworten. Dabei wurde ebenfalls ge-
prüft, ob die Mütter in der Lage sind, den Fragebogen selbständig auszufüllen, und in wel-
chem Umfang Hilfe angeboten werden sollte.
3.3.2 Anthropometrische Messungen in der Kindertagesstätte Koloniestrasse:
Die Kinder wurden in der Kindertagesstätte gemessen und gewogen. Das Körpergewicht
wurde in kg gemessen. Dabei wurde eine elektronische Waage benutzt. Bei der Gewichts-
messung trugen die Kinder nur Unterkleidung. Die Messung der Körpergröße erfolgte mit
Meßlatte ohne Schuhe, die Fersen sollten geschlossen sein, die Knie durchgedrückt. Gesäß,
Schulterblätter und Hinterkopf berührten leicht die Messlatte.
23
3.4 Konzeptspezifikation Der zentrale theoretische Begriff der Untersuchung ist das Ernährungsverhalten. Der Begriff
Ernährungsverhalten berücksichtigt alle ernährungsbezogenen Handlungen von Konsumen-
ten und ist die resultierende Größe einer Vielzahl von Verhaltensdeterminanten (Leonhäuser
1995). Vom ersten Lebenstag an entwickelt der Mensch, bewusst oder unbewusst, Ernäh-
rungsgewohnheiten. Das Ernährungsverhalten der Herkunftsfamilie übernimmt Vorbildfunkti-
on. Hier werden Präferenzen und Handlungsmuster geprägt. In dieser Studie wird das Er-
nährungsverhalten anhand ausgewählter Parameter wie der Stilldauer, der Verzehrhäufigkei-
ten von 28 Lebensmittelgruppen und 7 Getränken sowie der Mahlzeitenfrequenz und der
Zubereitungsart von Mahlzeiten empirisch ermittelt.
Operationalisierung der Fragestellung
Die zentralen Fragestellungen dieser Studie lauten:
• Wie ist die soziale Lage der untersuchten Familien?
• Wie ist das Ernährungsverhalten von 3-6jährigen Kitakindern unter Berücksichtigung
des Muttersprache der Mutter in einem sozialen Brennpunkt in Berlin?
• Welchen Einfluss haben Migrationsaspekte wie Ethnizität, Aufenthaltsdauer und
Deutschkenntnisse auf das Ernährungsverhalten der Kitakinder?
• Ist es notwendig das Ernährungsverhalten der Kinder zu verbessern und welche ge-
zielten Interventionen können aus den Ergebnissen abgeleitet werden?
Anthropometrische Daten des Kindes und der Eltern werden anhand der Variablen Alter,
Körpergewicht und Körpergröße mit Hilfe des Body Mass Index (BMI) beurteilt.
Das Stillverhalten soll durch die Dauer des Stillens insgesamt und die Dauer des ausschließ-
lichen Stillens erfragt, die Verzehrhäufigkeit durch einen „food and drinks frequency“ Frage-
bogen erfasst werden. Anhand der Empfehlungen des Forschungsinstitutes für Kinderernäh-
rung, Dortmund (FKE) soll das Verzehrmuster der Kinder beurteilt werden. Außerdem sollen
Anzahl und Art der Mahlzeiten erfasst werden.
Um den Beratungs- bzw. Interventionsbedarf hinsichtlich der Ernährungssituation besser
einschätzen zu können, sollen Variablen zu „welche Person hat bei der Ernährung des Kin-
des beraten“, „durch welche Medien wurde sich informiert“ und „welche Inhalte und welche
Aufklärungsform für Beratung wird gewünscht“ erfragt werden.
Der Begriff „Migrationsaspekte“ bezieht sich auf folgende Fragestellung. Viele Migrantenkin-
der haben inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft. Um Untergruppen bei diesen Kin-
dern bilden zu können, soll nach Aufenthaltsdauer in Deutschland, Muttersprache und deut-
sche Sprachkenntnisse der Eltern differenziert werden.
24
Darüber hinaus sollen Daten zur sozialen Lage erhoben werden: Familienstand, höchste
Schulbildung, höchster Ausbildungsabschluss, Berufstätigkeit, finanzielle Beihilfen, monatli-
ches Einkommen, Ausgaben für Lebensmittel pro Woche, Anzahl der Personen im Haushalt
und Wohnungsgröße. Die folgende Tabelle fasst die Operationalisierung zusammen:
Tabelle 3.2: Operationalisierung der Fragestellung Konstrukt Erhebungseinheit/Variable Skalenniveau
Soziale Lage der El-tern
• Familienstand • Höchste Schulbildung • Höchster Ausbildungsabschluss • Berufstätigkeit • Finanzielle Beihilfen
Nominal skaliert
• Monatliches Netto-Einkommen • Ausgaben für Lebensmittel pro Woche
Ordinal skaliert
• Wie alt war die Mutter bei der Geburt des ersten Kindes? • Haushaltsgröße
Metrisch skaliert
Migrationsaspekte Ethnizität
• Staatsangehörigkeit • Muttersprache • Deutschsprachkenntnisse • Muttersprachkenntnisse • Sprache in der Familie
Nominal skaliert
• Aufenthaltsjahre der Eltern in Deutschland Metrisch skaliert Anthropometrische • Geschlecht Nominal skaliert Daten des Kindes • Alter (Erhebungsdatum und Geburtsdatum)
• Körpergewicht • Körpergröße • Geburtsgewicht und -größe
Metrisch skaliert
Anthropometrische Daten der Eltern
• Körpergewicht • Körpergröße
Metrisch skaliert
Stillverhalten • Dauer des Stillens insgesamt • Dauer des ausschließlichen Stillens
Ordinal skaliert
Ernährungsverhalten • Häufigkeit des Konsums von Lebensmitteln und Getränken Ordinal skaliert • Anzahl der Mahlzeiten pro Tag
• Anzahl der warmen Mahlzeiten pro Tag Metrisch skaliert
Ernährungsberatung (Interventionsbedarf)
• Welche Person hat bei der Ernährung des Kindes beratend ge-wirkt?
• Durch welche Medien wurde sich informiert? • Welche Beratung wird gewünscht? • Welche Aufklärungsform wird gewünscht?
Nominal skaliert
3.5 Datenauswertung
3.5.1 Datenaufbereitung
a) Die Verzehrgewohnheiten der Kinder wurden nach den Empfehlungen der „Optimierten
Mischkost“ für Kinder des Forschungsinstitutes für Kinderernährung in Dortmund (Kersting
1993) codiert. Eine Einteilung in ein optimales, normales und ungünstiges Ernährungsmuster
wurde mit Hilfe eines Ernährungsmusterindexes (EMI) vorgenommen (Winkler et al. 1995).
Für die Erstellung des EMI werden Verzehrhäufigkeiten von vorgegebenen Lebensmittel-
gruppen hinsichtlich der Empfehlungen der „Optimierten Mischkost“ wie folgt kodiert (vgl.
Anhang 4):
25
• 2 Punkte erhalten Verzehrshäufigkeiten, die hinsichtlich der optimierten Mischkost als
optimal zu bewerten sind,
• 1 Punkt wird vergeben bei angemessener Verzehrshäufigkeit,
• 0 Punkte erhalten Verzehrshäufigkeiten, die als ungünstig zu beurteilen sind. In der vorliegenden Studie wurden Verzehrhäufigkeiten von 35 Lebensmitteln erfragt, diese
können insgesamt 70 Punkte erreichen. Für die gesamte Kohorte wurden der EMI und des-
sen 25. und 75. Perzentile berechnet. Oberhalb einer Punktzahl der 75. Perzentile des EMI
wird von optimalem Ernährungsverhalten gesprochen. Zwischen der 25. und 75. Perzentile
des EMI gilt normales Ernährungsverhalten und unterhalb der 25. Perzentile wird ein un-
günstiges Ernährungsverhalten angenommen.
Fragebögen, die nicht vollständige Lebensmittelangaben beinhaltet haben, sind bei der Be-
rechnung des EMI heraus gefallen.
b) Die Ethnizität wurde anhand der migrationsbezogenen Daten definiert. Relevante Indika-
toren sind hierbei: Aufenthaltsdauer der Eltern in Deutschland, Muttersprache und Deutsch-
kenntnisse. Die Unterteilung der Stichprobe nach Herkunftsgruppen basiert auf der Mutter-
sprache der Mutter.
c) Die soziale Lage wurde anhand der folgenden Daten definiert: Familienstand, Schulbil-
dung, Ausbildungsabschluss, Berufstätigkeit, Art der finanziellen Beihilfen, Höhe des monat-
lichen Netto-Einkommens, Höhe der Ausgaben für Lebensmittel pro Woche, Anzahl der
Zimmer und Haushaltsgröße.
Aus den Angaben zu Bildung und Erwerbstätigkeit beider Elternteile wurde ein Index zur so-
zialen Schicht gebildet. Die Punkte wurden nach folgendem Schema vergeben (Ministerium
für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen des Landes Brandenburg 1999).
Bildung / Erwerbstätigkeit Punkte ohne Schulabschluss oder mit Hauptschulabschluss 1 mit Realschulabschluss 2 Hochschul- bzw. Fachhochschulreife sowie Hochschul- bzw. Fachhochschulabschluss
3
nicht erwerbstätig 1 teilzeitbeschäftigt 2 vollzeitbeschäftigt 2
Bei fehlender Angabe eines Elternteils wurde die Punktezahl des anderen Elternteils verdop-
pelt. Somit konnten Werte zwischen 4 und 10 erreicht werden. Daraus wurde die Zugehörig-
keit zur sozialen Schicht nach folgender Vorgehensweise bestimmt: 4-6 Punkte: Untere
Schicht; 7-8 Punkte: Mittlere Schicht; 9-10 Punkte: Obere Schicht.
26
d) Der BMI wurde zur Beurteilung des Ernährungsstatus herangezogen und nach der Formel
wie folgt berechnet: BMI (kg/m2) = Körpergewicht (kg) / Körpergröße (m2).
Die Grenzwerte für den BMI liegen für Erwachsene nach der Arbeitsgemeinschaft der Wis-
senschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (www.AWMF.de 2002) für Untergewicht
bei < 18 kg/m2, für Normalgewicht bei 18,5-24,9 kg/m2, für Übergewicht bei 25-29,9 kg/m2
und für Adipositas bei > 30 kg/m2.
Repräsentative nationale Daten zu Übergewicht und Adipositas im Kindesalter liegen bisher
in Deutschland nicht vor. Seit 1995 werden von der European Childhood Obesity Group (E-
COP) die Referenzwerte der Perzentilen (siehe Anhang 5) von Rolland-Cachera zur euro-
paweiten Nutzung empfohlen (Rolland-Cachera et al. 1991, Zwiauer 1997) und daher auch
in der vorliegenden Studie verwandt. In der Einschulungsuntersuchung in Berlin (Delekat &
Kis 2001) wurden diese Referenzwerte ebenfalls eingesetzt.
3.5.2 Statistische Testverfahren
Die Auswertung des Datenmaterials erfolgte mit Hilfe des Statistikprogramms SPSS 10.0.
(Superior Performing Software Systems). Nach der Dateneingabe wurden diese einem Plau-
sibilitätstest unterzogen. Aufgrund der geringen Stichprobe und kleinen Untergruppen, wurde
überwiegend die deskriptive Statistik verwandt. Falls möglich wurde mit Hilfe des Chi2 Ho-
mogenitätstest untersucht, ob bei mehreren Gruppen gleiche Häufigkeitsverteilungen für ein
Merkmal vorliegen. Eine statistische Kenngröße von p<0,05 wurde als signifikant angenom-
men.
Da die Daten nicht normal verteilt waren, wurde der Median mit dem minimalen und maxima-
len Wert berechnet. Der Vergleich von mehreren Stichproben wurde mit dem Kruskall-Wallis-
H Test überprüft und der Mann-Withney-U-Test bei dem Vergleich von 2 Stichproben ver-
wendet.
27
4 Ergebnisse
4.1 Akzeptanz der Studie und Rücklauf der Fragebögen Im März 2002 wurde in den beiden öffentlichen Kindertagesstätten des Gebiets des QM Sol-
diner Strasse die Befragung der Eltern von 3-6jährigen Kitakindern durchgeführt. Von insge-
samt 199 Kindern kamen 141 Fragebögen zurück, das entspricht einer Rücklaufquote von
71%. Der Fragebogen wurde in deutscher und türkischer Sprache verteilt: In der Kinderta-
gesstätte Freienwalderstrasse kamen 24 deutsch- und 14 türkischsprachige (38 von 88 /
43%), in der Koloniestrasse 67 deutsch- und 36 türkischsprachige Fragebögen (103 von 111
/ 93%) zurück. Davon wurden 3 Fragebögen wegen zuviel fehlenden Antworten nicht in die
Auswertung mit aufgenommen werden.
Das Untersuchungskollektiv der folgenden Darstellungen setzt sich insgesamt aus 138 Kin-
dern, davon 36 Kinder aus dem Kindergarten Freienwalderstrasse und 102 Kinder aus der
Koloniestrasse zusammen, das sind 71 Jungen und 62 Mädchen. Die Fragen in den Frage-
bögen wurden nicht immer alle vollständig ausgefüllt, so dass sich bei den Häufigkeiten un-
terschiedliche Stichprobengrößen ergeben.
4.1.1 Einflussfaktoren auf Beteiligung an der Studie
Der Anteil der non-responder in der Kindertagesstätte Freienwalderstrasse beträgt etwas
über 50%. Nach Aussagen der Kindertagesstättenleiterin / Erzieherinnen sind die Eltern sehr
kritisch und haben wenig Vertrauen in Befragungen jeglicher Art, besonders aber in Fragen
zur sozialen Lage. Dies bekam die Untersucherin auch zu spüren, obwohl sie versicherte,
dass die Angaben anonym behandelt werden.
Der hohe Rücklauf in der Kindertagesstätte Koloniestrasse ist auf die große Unterstützung
der stellvertretenden Leiterin und der Erzieherinnen zurückzuführen, die die Eltern nachhaltig
während der 3 Wochen immer wieder ansprachen und baten, an der Studie teilzunehmen.
Dadurch konnte ein hohes Vertrauen aufgebaut werden, das zu einem Rücklauf von 93%
führte.
4.1.2 Unterscheidung der deutschen und nicht-deutschen Vergleichsgruppen
Normalerweise wird die Staatsbürgerschaft zur Unterscheidung nach Herkunft als Indikator
in Studien herangezogen. Allerdings sind die Kinder nichtdeutscher Herkunft dieser Studien-
population zu 97% (n=130) in Deutschland geboren, die Staatsangehörigkeit entspricht
wahrscheinlich nicht mehr der ihrer Eltern. Seit 01. Januar 2000 ist die Reform des Staats-
angehörigkeitsrechts in Kraft getreten. Das heißt, Kinder ausländischer Eltern, die in
Deutschland geboren werden, werden automatisch Deutsche, wenn ein Elternteil seit min-
28
destens drei Jahren eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung hat. Zusätzlich erwerben die-
se Kinder zumeist die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern.
Die Esskultur ist ein wichtiges ethnisches Element. Da Ernährungsgewohnheiten der Men-
schen durch Sozialisation und Inkulturation geprägt werden und im Allgemeinen die Mutter
für die Ernährung in der Familie zuständig ist, wird die Ethnizität des Kindes in dieser Studie
nach der Muttersprache der Mutter definiert. Ethnizität bezeichnet einen Prozess, durch den
sich eine Gruppe mit gemeinsamen Merkmalen wie Abstammung, Schicksal und Kultur von
anderen abgrenzt. Unten stehende Tabelle zeigt die Verteilung des Untersuchungskollektivs
nach Muttersprache beider Eltern.
Tabelle 4.1: Absolute Häufigkeitsverteilung der Muttersprachen von Mutter und Vater der Kitakinder Mutter- sprache
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Arabisch
Asiatisch
Afrika-nisch
andere
Gesamt
Mutter 23 77 17 4 7 1 8 137 Vater 9* 69 9* 4 7 3 7 108
Asiatisch: (China, Vietnam) Andere: (Jamaika (1), Europa (Polen, England, Frankreich (4)) * die niedrige Zahl der Stichprobe ergibt sich aus 2 Vätern und 26 Müttern, die alleinerziehend sind *B-S-K-R: Sprachen der Länder Bosnien u. Herzegowina, Kroatien, Slowenien, Mazedonien, ehem. Jugoslawien (Serbien und Montenegro)
Anhand der Verteilung der Muttersprache der Mutter wird im Weiteren das Untersuchungs-
kollektiv in vier Gruppen aufgeteilt, die nach der Muttersprache der Mutter und in zwei Fäl-
len auch nach der Muttersprache des Vaters definiert ist (alleinerziehende Väter). Die vier
Vergleichsgruppen sind deutsch, türkisch, bosnisch-serbisch-kroatisch und rumänisch
(b-s-k-r, Sprachen der Länder Bosnien u. Herzegowina, Kroatien, Slowenien, Mazedonien,
ehem. Jugoslawien (Serbien und Montenegro) und andere in denen arabische, asiatische,
afrikanische, lateinamerikanische und europäische Muttersprachen zusammengefasst sind.
4.2 Beschreibung der Untersuchungspopulation
4.2.1 Altersverteilung und Ernährungsstatus
4.2.1.1 Altersverteilung und Geschlecht der Kitakinder
Die in die vorliegende Untersuchung einbezogenen Kindertagesstättenkinder waren zum
Zeitpunkt der Untersuchung im Durchschnitt zwischen 32 und 83 Monate alt. Anhand ihres
Alters werden die Kinder in die Altersgruppe der 3-Jährigen (32-45 Monate), der 4-Jährigen
(45,1-57 Monate), der 5-Jährigen (57,1-69 Monate) und der 6-Jährigen (69,1-83 Monate)
eingeteilt (Tabelle 4.2). Die Mädchen und Jungen sind in allen Altersgruppen relativ gleich-
mäßig verteilt.
29
Tabelle 4.2: Prozentuale Altersverteilung (in Monaten) der Kinder nach Geschlecht (absolute Werte in Klammern)
Alter in Monaten Jungen Mädchen Gesamt 32- 45 Mo (3 Jahre) 19,7% (14) 21,3% (13) 20,4% (27) 45,1-57 Mo (4 Jahre) 32,4% (23) 24,6% (15) 28,7% (38) 57,1-69 Mo (5 Jahre) 23,9% (17) 34,4% (21) 28,8% (38) 69,1-83 Mo (6+ Jahre)* 23,9% (17) 19,7% (12) 22,2% (29) Gesamt 53,8% (71) 46,2% (61) 100% (132)
Quelle: Eigene Erhebung *Ein Junge ist über 6 Jahre (83 Monate)
Die Altersverteilung in den vier Herkunftsgruppen ist relativ gleichmäßig verteilt (Tabelle 4.3).
Bei den Kindern deutscher und türkischer Herkunft ist die Gruppe der 4-5 Jährigen etwas
überrepräsentiert im Vergleich zu den 3- und 6jährigen. Tabelle 4.3: Prozentuale Altersverteilung (in Monaten) der Kinder nach Muttersprache der Mutter (ab-
solute Werte in Klammern)
Muttersprache der Mutter
Alter in Monaten Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere** Gesamt 33-45 Mo (3 Jahre) 17,4% (4) 22,7% (17) 23,5% (4) 5,2% (1) 19,4% (26) 45,1-57 Mo (4 Jahre) 30,4% (7) 29,3% (22) 17,6% (3) 31,6% (6) 28,4% (38) 57,1-69 Mo (5 Jahre) 30,4% (7) 32% (24) 23,5% (4) 26,3% (5) 29,6% (40) 69,1-83 Mo (6+ Jahre)* 21,7% (5) 16% (12) 35,3% (6) 31,6% (6) 22,4% (30) Gesamt 100% (23) 100% (75 ) 100% (17) 100% (19) 100% (134)
*Ein Junge ist über 6 Jahre (83 Monate) **Andere: Arabisch (4), Asiatisch (7), Afrikanisch (1), europäisch (6) Quelle: Eigene Erhebung
4.2.1.2 Ernährungsstatus der Kinder
Anthropometrische Daten der Kinder In Tabelle 4.4 sind die anthropometrischen Daten der Kinder aufgeführt. Es konnten
signifikante Unterschiede bezüglich des Körpergewichtes (p=0,022) und Körpergröße
(p=0,001) bei Geburt festgestellt werden. Jungen sind signifikant schwerer und größer bei
der Geburt als Mädchen.
Tabelle 4.4: Medianwerte für Geburtsgewicht und –größe der Kinder nach Geschlecht Jungen Mädchen Median min max N Median min max N
*Größe (cm) bei Geburt
51 35 57 71 49 36 57 58
*Gewicht (g) bei Geburt
3350 1300 4500 71 3160 1180 4820 58
*Mann-Withney-U-Test p<0,05 Quelle: Eigene Erhebung
30
BMI der Kinder In Tabelle 4.5 ist die Häufigkeitsverteilung des aktuellen Ernährungsstatus der 3 bis 6 -
jährigen Kitakinder Koloniestrasse im März 2002 aufgeführt. In der Gesamtstichprobe sind
68% der untersuchten Kinder normalgewichtig, 9% bzw. 18% der Kinder übergewichtig und
schwer übergewichtig. Kinder nichtdeutscher Ethnizität sind häufiger adipös als Kinder deut-
scher Herkunft. 17,9% der Kinder türkischer Herkunft und fast 30% der Kinder bosnisch-
serbisch-kroatisch-rumänischer (b-s-k-r) Herkunftssprachen sind adipös.
Tabelle 4.5: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des aktuellen Ernährungsstatus der Kinder in der Kita Koloniestrasse (2002) nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern)
Muttersprache der Mutter BMI* aktuell 2002 Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere Gesamt Schwer untergewichtig (3. Perzentile)
- 1,8% (1) - 1,0% (1)
Untergewichtig (10. Perzentile)
- 3,6% (2) 5,9% (1) 5,6% (1) 4,0% (4)
Normal gewichtig (10.-90. Perzentile)
66,7% (6) 67,9% (38) 64,7% (11) 72,2% (13) 68,0% (68)
Übergewichtig (90. Perzentile)
22,2% (2) 8,9% (5) - 11,1% (2) 9,0% (9)
Schwer übergewichtig (Adipös) (97. Perzentile)
11,1% (1) 17,9% (10) 29,4% (5) 11,1% (2) 18,0% (18)
Gesamt 100% (9) 100% (56) 100% (17) 100% (18) 100% (100) *Referenzwerte nach Rolland-Cachera et al. 1991 Quelle: Eigene Erhebung
4.2.1.3 Altersverteilung der Mütter und Väter
Der Altersmedian der Eltern der Kitakinder (Tabelle 4.6) lag zum Zeitpunkt der Untersuchung
bei 31 (Mutter) und 34 (Vater) Jahren. Unterschiede im Altersmedian ergeben sich zwischen
den Müttern und Vätern mit b-s-k-r Muttersprache. Sie sind signifikant jünger als die Eltern
türkischer oder anderer Ethnizität, im Vergleich zu den Deutschen gibt es keinen Altersunter-
schied. Auch die Väter und Mütter deutscher und türkischer Ethnizität unterscheiden sich
nicht im Altersmedian.
Tabelle 4.6: Altersmedian der Eltern nach Muttersprache der Mutter und des Vaters Muttersprache der Mutter und des Vater
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt Alter Mutter Median (min-max)
(n=22) 30 (21-44)
(n=77) 31 (21-56)
(n=17) 29 (22-34)
(n=20) 35,5 (21-46)
(n=137) 31 (21-56)
Alter Vater Median (min-max)
(n=9) 36 (26-42)
(n=68) 33 (23-51)
(n=9) 33 (23-44)
(n=21) 41 (23-60)
(n=130) 34 (21-60)
Mutter: Kruskal-Wallis zwischen den Herkunftsgruppen p=0,000 Vater: Kruskal-Wallis zwischen den Herkunftsgruppen p=0,008 Quelle: Eigene Erhebung
31
4.2.1.4 Ernährungsstatus der Eltern
Anthropometrische Daten der Eltern In Tabelle 4.7 sind die anthropometrischen Daten der Eltern aufgeführt. Die Väter sind im
Vergleich zu den Müttern schwerer und größer.
Tabelle 4.7: Anthropometrische Daten der Eltern Vater Mutter Median min max N Median min max N
Größe (cm) 173,5 150 187 118 160 150 178 126 Gewicht (kg) 75 53 110 118 62 46 110 125 BMI (kg/ m2) 25,6 16,4 37,4 118 24,0 18,2 36,8 125
Quelle: Eigene Erhebung
BMI der Eltern In der nachstehenden Tabelle ist die Häufigkeitsverteilung des BMI der Mütter gezeigt. In der
Gesamtpopulation sind 55% der Mütter normalgewichtig, 32% übergewichtig und 10,5% adi-
pös. Die Mütter deutscher und türkischer Herkunft sind am häufigsten adipös (20% und 12%)
und übergewichtig (26,7% und 38,7%).
Tabelle 4.8: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsstatus der Mutter nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern)
Muttersprache der Mutter BMI Mutter
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
<18,5 (untergewichtig) - - 12,5% (2) 5,6% (1) 2,4% (3) 18,5-24,9 (normalgewichtig) 53,3% (8) 49,3% (37) 68,8% (11) 66,7% (12) 54,8% (68) 25-29,9 (übergewichtig) 26,7% (4) 38,7% (29) 18,8% (3) 22,2% (4) 32,3% (40) >30 (adipös) 20% (3) 12% (9) - 5,6% (1) 10,5% (13) Gesamt 100% (15) 100% (65) 100% (16) 100% (18) 100% (124)
Quelle: Eigene Erhebung
In Tabelle 4.9 ist die Häufigkeitsverteilung des BMI der Väter gesamt und nach Herkunfts-
land aufgeführt. 46% der Väter in der Gesamtpopulation sind normalgewichtig, etwa 42%
übergewichtig und 11% adipös. Die Väter türkischer und b-s-k-r Herkunftssprache sind am
häufigsten adipös (14,1% und 16,7%).
Tabelle 4.9: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsstatus des Vaters nach Muttersprache des Vaters (absolute Zahlen in Klammern)
Muttersprache der Mutter BMI Vater
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
<18,5 - 1,4% (1) - - 0,9% (1) 18,5-24,9 53,3% (8) 42,3% (30) 33,3% (4) 64,7% (11) 46,1% (53) 25-29,9 40% (6) 42,3% (30) 50% (6) 35,3% (6) 41,7% (48) >30 6,7% (1) 14,1% (10) 16,7% (2) - 11,3% (13) Gesamt 100% (8) 100% (60) 100% (12) 100% (17) 100% (115)
Quelle: Eigene Erhebung
32
4.2.2 Migrationsaspekte
4.2.2.1 Staatsangehörigkeit und Herkunftsland
In Tabelle 4.10 ist die Staatsangehörigkeit in Beziehung zu der Muttersprache der Mutter und
des Vaters dargestellt. Die Muttersprache der Mutter entspricht nicht ausschließlich der
Staatsangehörigkeit. Von 77 Müttern, die türkisch als Muttersprache angaben, haben 32%
(25) die deutsche Staatsbürgerschaft. Auch 31,4% (6) der anderen Ethnizität haben die
deutsche Staatsbürgerschaft erworben. 94,1% der Mütter, deren Muttersprache b-s-k-r ist,
hat auch die Staatsangehörigkeit Ex-Jugoslawiens.
Tabelle 4.10: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Staatsangehörigkeit der Mütter und Väter im Ver-gleich zu der Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache der Mutter Staatsangehörigkeit Mutter
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
Deutsch 90,9% (20) 32,5% (25) 5,9% (1) 31,6% (6) 38,5% (52) Türkisch 4,5% (1) 67,5% (52) - 39,3% (53) Ex-Jugoslawien 5,9% (1) - 94,1% (16) - 12,6% (17) andere - - - 68,4% (13) 9,6% (13) Gesamt 100% (22) 100% (77) 100% (17) 100% (19) 100% (135)
Quelle: Eigene Erhebung
48,1% der Väter, die Deutsch als Muttersprache angaben, haben die türkische Staatsbürger-
schaft (Tabelle 4.11). 100% der Väter mit türkischer, b-s-k-r und anderer Muttersprache ha-
ben auch die dazugehörende Staatsangehörigkeit. Insgesamt haben 63,9% der Väter die
türkische, 19,4% eine andere, und jeweils 8,3% die deutsche oder ex-jugoslawische Staats-
angehörigkeit.
Tabelle 4.11: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Staatsangehörigkeit der Mütter und Väter im Ver-gleich zu der Muttersprache des Vaters (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache des Vaters Staatsangehörigkeit Vaters
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
Deutsch 33,3% (9) - - - 8,3% (9) Türkisch 48,1% (13) 100% (56) - - 63,9% (69) Ex-Jugoslawien - - 100% (9) - 8,3% (9) Andere 18,5% (5) - - 100% (16) 19,4% (21) Gesamt 100% (27) 100% (56) 100% (9) 100% (16) 100% (108)
Quelle: Eigene Erhebung
4.2.2.2 Aufenthaltsjahre der Eltern in Deutschland
Aus Tabelle 4.12 geht der Median für die Aufenthaltsdauer der Eltern hervor. Die befragten
Eltern leben bereits sehr lange in Deutschland. Die mittlere Aufenthaltsdauer von Müttern
türkischer Ethnizität ist 14 Jahre, die der Väter 12 Jahre, mit einer Spannweite von 29 Jahren
(min. 3, max. 32 Jahre). Mütter mit b-s-k-r Muttersprache leben im Mittel kürzer in Deutsch-
land im Vergleich zu ihren (Ehe-)Partnern, die im Mittel 35 Jahre in Deutschland leben (min.
10, max. 35 Jahre).
33
Tabelle 4.12: Median der Aufenthaltsdauer der Eltern in Deutschland nach Muttersprache der Mutter und des Vaters
Muttersprache der Mutter und des Vaters Aufenthaltsdauer in Deutschland
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Mutter (Median, min-max) 14 (3-32) (n=69) 13 (1-31) (n=11) 10,5 (5-29) (n=18) Vater (Median, min-max) 12 (3-32) (n=64) 35 (13-35) (n=5) 14,5 (8-35) (n=18)
Quelle: Eigene Erhebung Kruskal-Wallis-Test: Mütter p>0,05 Kruskal-Wallis-Test: Väter p<0,05
Die Häufigkeitsverteilung der Herkunftsgruppen nach Aufenthaltsjahren (Anhang 6, Tabelle 1
und 2) verdeutlicht, dass über 40% der Mütter und Väter mit türkischer Muttersprache bereits
seit über 20 Jahren in Deutschland leben, davon 10% der Mütter und 7% der Väter seit ihrer
Geburt. Die türkischsprachigen Väter haben ihren Wohnort in Deutschland im Durchschnitt
etwas kürzer als ihre (Ehe-) Partnerinnen. Bei den anderen Herkunftsgruppen leben die
Männer im Durchschnitt länger als ihre (Ehe-)Partnerinnen in Deutschland, obwohl 35% der
Mütter mit b-s-k-r Muttersprache in Deutschland geboren sind. Ihre (Ehe-)Partner sind dage-
gen zu 22% in Deutschland geboren.
4.2.2.3 Sprachkenntnisse und Familiensprache
88,2% der Fragebögen wurden von der Mutter ausgefüllt, so dass die Angaben zum Sprach-
vermögen auf die Kenntnisse der Mütter zurückgeführt werden können.
Deutschkenntnisse In Tabelle 4.13 ist die Selbsteinschätzung der mündlichen Deutschkenntnisse aufgeführt.
Mütter b-s-k-r Herkunftssprache, gefolgt von den Müttern türkischer und anderer Herkunfts-
sprache, schätzen ihre deutschen Sprachkenntnisse am besten ein. 82,4% der Mütter b-s-k-r
Herkunft geben an, deutsch sehr gut bzw. gut zu sprechen. Unter den Müttern türkischer
Herkunft sind es lediglich 50,6%, die die deutsche Sprache sehr gut bzw. gut sprechen.
Deutschkenntnisse können einen Hinweis zur Eingliederung der Migrantinnen in die Bundes-
republik geben.
Muttersprachkenntnisse Tabelle 4.13 zeigt auch, dass 86,9% Mütter türkischer Herkunft ihre Muttersprache sehr gut
und gut sprechen. 100% der Mütter b-s-k-r und anderer Ethnizität gaben sogar an, ihre Mut-
tersprache noch gut und sehr gut zu sprechen.
Familiensprache Die Familiensprache ist in 64% der türkischen Familien überwiegend die Muttersprache und
nur ein geringer Teil von 5,3% spricht überwiegend deutsch. In fast 60% der b-s-k-r Her-
kunftssprache und in fast 70% der Familien anderer Ethnizität werden die deutsche und die
Muttersprache im Wechsel gesprochen.
34
Tabelle 4.13: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Selbsteinschätzung der Deutschkenntnisse, Mut-tersprachkenntnisse und Familiensprache nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache der Mutter Deutschkenntnisse
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
Wenig/ kaum 28,6% (22) - 25% (5) 21,7% (27) Einigermaßen 20,8% (16) 17,6% (3) 45% (9) 30,6% (38) Gut / sehr gut 50,6% (39) 82,4% (14) 30% (6) 47,7% (59) Gesamt 100% (77) 100% (17) 100% (20) 100% (124) Muttersprachkenntnisse Wenig/ kaum 6,6% (5) - - 4,1% (5) Einigermaßen 6,6% (5) - - 4,1% (5) Gut / sehr gut 86,9% (66) 100% (17) 100% (20) 83,7% (103) Gesamt 100% (76) 100% (17) 100% (20) 100% (123) Familiensprache Überwiegend deutsch 5,3% (4) 23,5% (4) 5,3% (1) 7,4% (9) Überwiegend Muttersprache 64% (48) 17,6% (3) 26,3% (5) 46,3% (56) Deutsch und Muttersprache gemischt 30,7 (23) 58,8% (10) 68,4% (13) 38,0% (46) Gesamt 100% (75) 100% (17) 100% (19) 100% (121)
Quelle: Eigene Erhebung
Sieht man sich die Sprachkenntnisse in Beziehung zu dem Median der Aufenthaltsdauer in
Deutschland an, so kommt man zu folgenden Ergebnissen: In Tabelle 4.14 ist deutlich der
Trend in den drei Herkunftsgruppen zu erkennen, dass mit steigendem Median der Aufent-
haltsdauer in Deutschland die Selbsteinschätzung der eigenen Deutschkenntnisse immer
besser wird.
Bei der Einschätzung der Muttersprachkenntnisse ist der Trend genau gegenläufig. Mit stei-
gendem Median der Aufenthaltsdauer, werden die Muttersprachkenntnisse schlechter einge-
schätzt.
Die Sprache, die in der Familie gesprochen wird, scheint abhängig von der Aufenthaltsdauer
in Deutschland zu sein. Wenn nur die Muttersprache in Familien mit türkischer Ethnizität ge-
sprochen wird, liegt der Median der Aufenthaltsdauer niedriger (12 Jahre), im Vergleich zu
den Familien, in denen deutsch und Muttersprache gemischt gesprochen werden (25 Jahre).
Das gleiche Verhältnis zeigt sich bei den Familien b-s-k-r und anderer Ethnizität.
35
Tabelle 4.14: Median der Aufenthaltsdauer bei Sprachkenntnissen und Familiensprache nach Mutter-sprache der Mutter
Muttersprache der Mutter/ Aufenthaltsdauer in Deutschland Deutschkenntnisse
Türkisch
B-S-K-R
Andere
N N N Wenig/ kaum 7 (3-30) 20 1 1 9 (5-10) 5 Einigermaßen 12 (6-27) 16 9 (5-10) 3 10 (7-25) 7 Gut 21 (6-30) 24 13 (10-16) 5 14 (11-17) 5 Sehr gut 28 (10-32) 9 23 (1-31) 2 29 1 69 11 18 Muttersprachkenntnisse Wenig/ kaum 20 (18-26) 4 - - - - Einigermaßen 23 (15-27) 5 - - - - Gut 13 (3-30) 27 16 1 17 (9-29) 6 Sehr gut 12 (4-32) 32 13 (5-31) 9 10 (5-17) 12 68 10 18 Familiensprache Überwiegend deutsch 28 (12-32) 4 15 1 - - Überwiegend Muttersprache 12 (3-30) 45 10 (5-31) 3 8 (5-10) 5 Deutsch und Muttersprache gemischt 25 (6-32) 18 13 (9-16) 6 13 (7-29) 12 67 10 17
Quelle: Eigene Erhebung
4.2.3 Soziale Lage der Eltern
4.2.3.1 Familiensituation
Bei der Frage zur Familiensituation wurde erhoben, ob das Kind mit einem oder beiden El-
ternteilen aufwächst. In Tabelle 4.15 ist dargestellt, dass 47% der deutschen Kinder und
58,8% der Kinder b-s-k-r Herkunftssprache in Haushalten mit allein erziehendem Elternteil
leben. In 93% der türkischsprachigen Familien leben beide Elternteile mit dem Kind zusam-
men.
Tabelle 4.15: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Familienstands nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache der Mutter Familienstand Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere Gesamt Allein erziehend 47% (11) 6,5% (5) 58,8% (10) 15% (3) 21,2% (29) Lebt mit (Ehe-)Partner zusammen 52,2% (12) 93,5% (72) 41,2% (7) 85% (17) 78,8% (108) Gesamt 100% (23) 100% (77) 100% (17) 100% (20) 100% (137)
Quelle: Eigene Erhebung
4.2.3.2 Alter der Mutter bei Geburt des ersten Kindes
In der nachstehenden Tabelle ist das Alter der Mutter bei Geburt ihres ersten Kindes aufge-
führt. Die Familiengründungsphase beginnt bei Frauen türkischer und b-s-k-r Herkunftsspra-
che früher als bei deutscher oder anderer Ethnizität. 35,1% der Frauen türkischer und 41,2%
Frauen b-s-k-r Herkunft bekamen ihr erstes Kind im Alter zwischen 16 und 20 Jahren. Der
Anteil der Frauen, die bei Geburt ihres ersten Kindes über 30 Jahre alt waren, beträgt im
deutschen Kollektiv 23% und im türkischen nur 5%.
36
Tabelle 4.16: Prozentuale Altershäufigkeitsverteilung der Mutter bei der Geburt des ersten Kindes nach der Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache der Mutter Wie alt war die Mutter beim ers-ten Kind
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
16 – 20 Jahre 27,3% (6) 35,1% (27) 41,2% (7) 15% (3) 31,6% (43) 21 – 25 Jahre 40,9% (9) 44,2% (34) 52,9% (9) 35% (7) 43,4% (59) 26 – 30 Jahre 9,1% (2) 15,6% (12) 5,9% (1) 30% (6) 15,4% (21) 31 – 35 Jahre 13,6 (3) 2,6% (2) - 15% (3) 5,9% (8) > 35 Jahre 9,1% (2) 2,6% (2) - 5% (1) 3,7% (5) Gesamt 100% (22) 100% (77) 100% (17) 100% (20) 100% (136)
Quelle: Eigene Erhebung
4.2.3.3 Bildungssituation und Berufstätigkeit
Höchster Schulabschluss In der folgenden Tabelle (Tabelle 4.17) sind der höchste erreichte Schulbildungsabschluss
der Mutter und des Vaters aufgeführt. Die Häufigkeitsverteilung für die höchste erreichte
Schulbildung unterscheidet sich bei den vier Herkunftsgruppen. 31,2% der Mütter türkischer
Herkunft haben einen Grundschulabschluss und 5,2% haben nie eine Schule besucht. Ein
ähnliches Bild zeigt sich bei den Müttern der anderen Herkunftsgruppen. Etwa 36% haben
keinen oder nur einen Grundschulabschluss.
In Deutschland geborene oder aufgewachsene Migrantinnen verfügen in der Regel über
deutsche Schulabschlüsse, die in unterschiedlicher Verteilung von Hauptschule (29,9% tür-
kisch, 41,2% b-s-k-r und 15,8% andere), über Realschule (20,8% türkisch, 23,5% b-s-k-r und
10,5% andere), bis Abitur und Hochschulabschluss (13% türkisch und 36,8% andere) rei-
chen. 82,6% der Frauen türkischer Muttersprache mit einem Hauptschulabschluss leben seit
Geburt oder seit über 20 Jahren in Deutschland.
Tabelle 4.17: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der höchsten Schulbildung der Mutter nach Mutter-sprache der Mutter (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache der Mutter Höchste Schulbildung der Mutter
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
Keinen Abschluss 4,8% (1) 5,2% (4) 29,4% (5) 21,1% (4) 10,4% (14) Grundschulabschluss - 31,2% (24) 5,9% (1) 15,8% (3) 20,9% (28) Hauptschulabschluss 19% (4) 29,9% (23) 41,2% (7) 15,8% (3) 27,6% (37) Realschulabschluss 47,6% (10) 20,8% (16) 23,5% (4) 10,5% (2) 23,9% (32) Abitur/ Hochschulabschluss 28,6% (6) 13% (10) - 36,8% (7) 17,2% (23) Gesamt 100% (21) 100% (77) 100% (17) 100% (19) 100% (134)
Quelle: Eigene Erhebung
Die Väter haben im Vergleich höhere Bildungsabschlüsse als die Mütter. 38,1% der Väter
türkischer Herkunft haben keinen oder nur einen Grundschulabschluss (Tabelle 4.18). Aller-
dings scheint die Schulbildung unabhängig von der Aufenthaltsdauer zu sein. 28,6% (18) der
Väter türkischer Herkunft haben Abitur, davon sind 10 seit 11 Jahren in Deutschland und 7
erst seit 5-10 Jahren in Deutschland.
37
Tabelle 4.18: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der höchsten Schulbildung des Vaters nach Mutter-sprache des Vaters (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache des Vaters Höchste Schulbildung des Vaters
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt Keinen Abschluss 12,5% (1) 12,7% (8) 33,3% (3) 19,0% (4) 15,8% (16) Grundschulabschluss 12,5% (1) 25,4% (16) 11,1% (1) - 17,8% (18) Hauptschulabschluss 25% (2) 12,7% (8) 44,4% (4) 14,3% (3) 16,8% (17) Realschulabschluss - 20,6% (13) 11,1 % (1) 19,0% (4) 17,8% (18) Abitur/ Hochschulabschluss 50% (4) 28,6% (18) - 47,6% (10) 31,7% (32) Gesamt 100% (8) 100% (63) 100% (9) 100% (21) 100% (101)
Quelle: Eigene Erhebung
Höchster Ausbildungsabschluss Antworten zum höchsten Ausbildungsabschluss liegen von 88,3% (n=137) der Mütter und
86,1% (n=108) der Väter vor. Aus Tabelle 4.19 geht hervor, dass 68% der Migrantinnen oh-
ne Ausbildungsabschluss ist. Bei den Müttern deutscher Herkunft haben 35% keinen Ausbil-
dungsabschluss. In der Gesamtpopulation ist der häufigste Ausbildungsabschluss der Mütter
eine Berufsausbildung (28,9%), bei den Müttern in der Gruppe anderer Muttersprache sogar
der Fach-/ Hochschulabschluss (26,3%). Insgesamt gesehen haben die Mütter deutscher
Muttersprache die höchsten Ausbildungsabschlüsse.
Tabelle 4.19: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des höchsten Ausbildungsabschlusses der Mutter nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache der Mutter Höchster Ausbildungsabschluss der Mutter
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
Berufsausbildung 50% (10) 28,8% (19) 31,3% (5) 5,3% (1) 28,9% (35) Fach-/ Hochschulausbildung 15% (3) 3,0% (2) - 26,3% (5) 8,3% (10) Kein Ausbildungsabschluss 35% (7) 68,2% (45) 68,8% (11) 68,4% (13) 62,8% (76) Gesamt 100% (20) 100% (66) 100% (16) 100% (19) 100% (121)
Quelle: Eigene Erhebung
Der Ausbildungsabschluss der Väter ist im Vergleich höher. Etwa 40% der Väter haben eine
Berufsausbildung, 12,9% einen Fach-/ Hochschulabschluss und 47,3% haben keinen Aus-
bildungsabschluss (Tabelle 4.20).
Tabelle 4.20: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des höchsten Ausbildungsabschlusses des Vaters nach Muttersprache des Vaters (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache des Vaters Höchster Ausbildungsabschluss des Vaters
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
Berufsausbildung 42,8% (3) 45,6% (26) 50% (4) 19,0% (4) 39,8% (37) Fach-/ Hochschulausbildung 14,3 % (1) 7,0% (4) - 33,3% (7) 12,9% (12) Kein Ausbildungsabschluss 42,8% (3) 47,4% (27) 50% (4) 47,6% (10) 47,3% (44) Gesamt 100% (7) 100% (57) 100% (8) 100% (21) 100% (93)
Quelle: Eigene Erhebung
38
Berufstätigkeit Die nachfolgenden Tabellen zeigen die Berufstätigkeit oder berufliche Position der Eltern.
Der größte Teil der Mütter (69,5%) in der Gesamtpopulation ist nicht berufstätig. Etwa 17,2%
gehen einer Teilzeitbeschäftigung und 13,3% einer vollen Berufstätigkeit nach.
Tabelle 4.21: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Berufstätigkeit der Mutter nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache der Mutter Berufstätigkeit – Berufliche Position der Mutter
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
Teilzeit 14,3% (3) 19,7% (14) 17,6% (3) 10,5% (2) 17,2% (22) Vollberufstätig 19% (4) 12,7% (9) 11,8% (2) 10,5% (2) 13,3% (17) Nicht berufstätig 66,7% (14) 67,6% (48) 70,6% (12) 78,9% (15) 69,5% (89) Gesamt 100% (21) 100% (71) 100% (17) 100% (19) 100% (128)
Quelle: Eigene Erhebung
In der Gesamtpopulation der Väter sind 40% nicht berufstätig. Allerdings sind Väter türki-
scher Herkunft zu 56,3% voll berufstätig im Vergleich zu 37,5% der Väter deutscher Her-
kunft, 12,5% der Väter b-s-k-r und 47,6% der Väter anderer Herkunft (Tabelle 4.22).
Tabelle 4.22: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Berufstätigkeit des Vaters nach Muttersprache des Vaters (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache des Vaters Berufstätigkeit – Berufliche Position des Vaters
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
Teilzeit 12,5% (1) 7,8% (5) 37,5% (3) 14,3% (3) 11,8% (12) Vollberufstätig 37,5% (3) 56,3% (36) 12,5% (1) 47,6% (10) 49,0% (50) Nicht berufstätig 50% (4) 35,9% (23) 50% (5) 38,1% (8) 39,2% (40) Gesamt 100% (8) 100% (64) 100% (8) 100% (21) 100% (102)
Quelle: Eigene Erhebung
4.2.3.4 Schichtzugehörigkeit der Familien
In Tabelle 4.23 sind die Schichtzugehörigkeiten aufgeführt. Über die Hälfte (52,4%) der Fa-
milien mit Mutter deutscher Herkunft lässt sich der mittleren Schicht zurechnen. Migranten-
familien gehören wesentlich häufiger der unteren Schicht an. Augenscheinlich ist, dass Fami-
lien mit Müttern aus Ex-Jugoslawien zu einem sehr großen Prozentsatz der unteren Schicht
angehören, während die Herkunftsgruppe der Anderen immerhin zu 30% der oberen Schicht
angehören.
Tabelle 4.23: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Schichtzugehörigkeit der Familie nach Mutter-sprache der Mutter (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache der Mutter Schichtindex
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
Untere Schicht 33,3 % (7) 58,1% (36) 88,2% (15) 60% (10) 58,3% (70) Mittlere Schicht 52,4% (11) 37,1% (23) 11,8% (2) 10% (2) 31,7% (38) Obere Schicht 14,3% (3) 4,8% (3) - 30% (6) 10,0% (12) Gesamt 100% (21) 100% (62) 100% (17) 100% (20) 100% (120)
Quelle: Eigene Erhebung
39
4.2.3.5 Finanzielle Beihilfen
In Tabelle 4.24 ist dargestellt, dass der größte Anteil der Mütter b-s-k-r Herkunft (64,7%), ge-
folgt von den Müttern anderer Ethnizität (47,4%), den Müttern deutscher Herkunft (42,9%)
und 23,2% der Mütter türkischer Herkunft Sozialhilfe erhalten. 55,1% der Mütter türkischer
und 52,6% der Mütter anderer Herkunft erhalten keine finanziellen Beihilfen.
Tabelle 4.24: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der finanziellen Beihilfen der Mutter nach Mutterspra-che der Mutter (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache der Mutter Finanzielle Beihilfen der Mutter
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
Sozialhilfe 42,9% (9) 23,2% (16) 64,7% (11) 47,4% (9) 35,7% (45) Arbeitslosengeld, -hilfe 14,3% (3) 10,1% (7) 17,6% (3) - 10,3% (13) Erziehungsgeld 9,5% (2) 11,6% (8) 5,9% (1) - 8,7% (11) Unterstützung von den Eltern oder anderen Familienangehörigen
- - 5,9% (1) - 0,8% (1)
Sonstiges 4,8% (1) - - - 0,8% (1) keine 28,6% (6) 55,1% (38) 5,9% (1) 52,6% (10) 28,6% (6) Gesamt 100% (21) 100% (69) 100% (17) 100% (19) 100% (126)
Quelle: Eigene Erhebung
In der Gesamtpopulation bekommen 56,2% der Väter keine finanziellen Beihilfen. 16,4% der
Väter mit türkischer Herkunft erhalten Sozialhilfe und 28,4% Arbeitslosenhilfe. Ähnlich ist es
bei den Vätern anderer Herkunft. Väter deutscher Herkunft erhalten in der Mehrzahl (75%)
keine finanzielle Beihilfe (Tabelle 4.25)
Tabelle 4.25: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der finanziellen Beihilfen des Vaters nach Mutterspra-che des Vaters (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache des Vaters Finanzielle Beihilfen des Vaters
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
Sozialhilfe 8,3% (1) 16,4% (11) 14,3% (1) 15,8% (3) 15,2% (16) Arbeitslosengeld, Hilfe 8,3% (1) 28,4% (19) - 36,8% (7) 25,7% (27) Erziehungsgeld - - - - - Unterstützung von den Eltern oder anderen Familienangehörigen
- - 28,9% (2) - 1,9% (1)
Sonstiges 8,3% (1) - - - 1% (1) keine 75% (9) 55,2% (37) 57,1% (4) 47,4% (9) 56,2% (59) Gesamt 100% (12) 100% (67) 100% (7) 100% (19) 100% (105)
Quelle: Eigene Erhebung
4.2.3.6 Familien-Netto-Einkommen und Lebensmittelausgaben der Familien
Auf die Frage, wie hoch das monatliche Netto-Einkommen der Familie ist und wie viel Geld
für den Lebensmitteleinkauf pro Woche ausgegeben wird, haben 89% und 92% der Befrag-
ten geantwortet. Es wurden Antwortkategorien, wie sie unten in den Tabellen angegeben
sind, vorgegeben, so dass keine Durchschnittswerte berechnet werden konnten.
Monatliches Familien-Netto-Einkommen Wie in Tabelle 4.26 aufgezeigt, gibt es deutliche Unterschiede in der Häufigkeitsverteilung
der Einkommen zwischen den Familien. Die Mehrzahl der Familien (56,1%) der Gesamtpo-
pulation hat ein monatliches Einkommen unter 1000 Euro, wobei allein 92,9% der Familien
40
b-s-k-r Herkunft dieser Einkommensgruppe zuzuordnen sind. Die Einkommensverhältnisse
bei den Familien türkischer und anderer Herkunft sind relativ gleich verteilt. Die Familien
deutscher Herkunft sind die best Verdienenden. Fast 40% der Familien haben ein monatli-
ches Nettoeinkommen über 1500 Euro. Dies zeigt sich auch in dem Nettoeinkommen-
Median, der bei den Haushalten deutscher Herkunft bei 1250 Euro liegt, im Vergleich zu den
Familien anderer Muttersprachen mit 750 Euro.
Tabelle 4.26: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des monatlichen Netto-Einkommens der Familie nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache der Mutter Monatliches Netto-Einkommen
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
unter 1000 Euro 42,8% (9) 52,2% (36) 92,9% (13) 57,9% (11) 56,1% (69) 1000 bis 1500 Euro 19,0% (4) 26,1% (18) 7,1% (1) 21,1% (4) 22% (27) mehr als 1500 Euro 38,1% (8) 21,7% (15) - 21% (4) 21,9% (27) Gesamt 100% (21) 100% (69) 100% (14) 100% (19) 100% (123) Median Netto-Einkommen (Euro) 1250
(250-2250) 750
(250-2250) 750
(250-1250) 750
(250-2250) 750
(250-2250) Quelle: Eigene Erhebung
Wöchentliche Lebensmittelausgaben der Familien Die nachfolgende Tabelle zeigt, dass fast 50% der Gesamtpopulation Lebensmittelausgaben
pro Woche zwischen 50 bis 100 Euro haben. 22,8% der Gesamtstichprobe geben 100-150
Euro aus und 12,6% der Migrantenfamilien geben über 200 Euro pro Woche für Lebensmittel
aus. Der Ausgabenmedian für Lebensmittel ist in Migrantenhaushalten höher (125 Euro) als
in deutschen Haushalten (75 Euro).
Tabelle 4.27: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Ausgaben für Lebensmittel der Familie pro Woche nach Muttersprache der Mutter (absolute Werte in Klammern)
Muttersprache der Mutter Ausgaben für LM pro Woche
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
unter 50 Euro 14,3% (3) 5,5% (4) - 5,6% (1) 6,3% (8) 50-100 Euro 57,1% (12) 43,8% (32) 40% (6) 50% (9) 46,5% (59) 100- 150 Euro 23,8% (5) 21,9% (16) 33,3% (5) 16,7% (3) 22,8% (29) 150-200 Euro 4,8% (1) 13,7% (10) 6,7% (1) 16,7% (3) 11,8% (15) mehr als 200 Euro - 15,1% (11) 20% (3) 11,1% (2) 12,6% (16) Gesamt 100% (21) 100% (73) 100% (15) 100% (18) 100% (127) Median LM-Ausgaben (Euro) 75 (25- 175) 125 (25-225) 125 (75-225) 125 (25-225) 75 (25- 225)
Quelle: Eigene Erhebung
Fast 80% der 2-Personen-Haushalte geben 50-100 Euro pro Woche für Lebensmittel aus.
Bei steigender Personenanzahl im Haushalt wird entsprechend mehr pro Woche für Le-
bensmittel ausgegeben. Immerhin geben noch fast 42% der vier und mehr Personen Haus-
halte auch 50-100 Euro für Lebensmittel aus, nur 17,4% der Gesamtstichprobe einen Betrag
über 200 Euro (Anhang 6, Tabelle 3).
41
4.2.3.7 Wohnsituation in den Familien
Auf die Frage zur Wohnsituation haben 97,8% der Befragten geantwortet. Aus Tabelle 4.28
geht hervor, dass der Median der Zimmeranzahl bei 2-3 Zimmer liegt. Es zeigen sich keine
Unterschiede in der Wohnungsgröße bei den verschiedenen Herkunftsgruppen. Die Perso-
nenzahl, die in diesen Haushalten wohnt, ist unterschiedlich. Familien deutscher Herkunft
sind nach dem Median um eine Person kleiner als Migrantenfamilien. Wahrscheinlich auf-
grund einer geringeren Kinderzahl und einem höheren Prozentsatz an Alleinerziehenden.
Tabelle 4.28: Median der Zimmerzahl, Personenanzahl und Kinderzahl pro Haushalt nach Mutterspra-che der Mutter
Muttersprache der Mutter Durchschnittliche
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
*Zimmeranzahl 2 (2-4) 3 (1-4) 3 (2-4) 3 (2-4) **Personenanzahl pro Haushalt 3 (2-5) 4 (2-8) 4 (2-7) 4 (2-7) ***Kinderzahl pro Haushalt 1,5 (1-3) 2 (1-5) 3 (2-4) 2 (1-5) N=22 N=76 N=17 N=20
Quelle: Eigene Erhebung Kruskal-Wallis-Test: *p=0,045, **p=0,001, ***p=0,001 Mann-Withney-U-test: deutsch-türkisch: p<0,05 für alle 3 Mediane Deutsch- B-S-K-R: ** und *** p<0,05
85,7% der 2-Personen-Haushalte und 52% der 3-Personen-Haushalte leben in 2-Zimmer-
Wohnungen. 56,4% der 4-Personen-Haushalte und 58,3% der 5-Personen-Haushalte haben
3-Zimmer-Wohnungen zur Verfügung (Anhang 6, Tab. 5).
42
4.3 Ernährungsverhalten der 3-6jährigen Kitakinder „Der Begriff Ernährungsverhalten berücksichtigt alle ernährungsbezogenen Handlungen von
Konsumenten. Er ist die resultierende Größe einer Vielzahl von Verhaltensdeterminanten.
Vom ersten Lebenstag an entwickelt der Mensch, bewusst oder unbewusst, Ernährungsge-
wohnheiten. Das Ernährungsverhalten der Herkunftsfamilie übernimmt Vorbildfunktion. Hier
werden Präferenzen und Handlungsmuster geprägt“ (Leonhäuser 1995).
In der vorliegenden Studie wurde das Ernährungsverhalten empirisch anhand der Stilldauer,
der Verzehrshäufigkeit von 28 ausgewählten Lebensmittelgruppen und 7 Getränken, sowie
der Mahlzeitenfrequenz und der Zubereitung von Mahlzeiten ermittelt. Die Ergebnisse wer-
den im Folgenden dargestellt.
4.3.1 Frühere Stillgewohnheiten
Gesamte Stilldauer Daten zum Stillverhalten der Mütter sind in Tabelle 4.29 dargestellt. Von der gesamten Stu-
dienpopulation haben 14,8% der Mütter ihr Kind überhaupt nicht gestillt, wobei der Nicht-Still-
Anteil in der b-s-k-r Herkunftsgruppe mit 41,2% am höchsten ist. Mit zunehmendem Alter des
Säuglings nimmt in allen vier Gruppen die Stillhäufigkeit kontinuierlich ab. Die längste Still-
dauer lässt sich bei den Müttern türkischer Herkunft beobachten. In dieser Untersuchungs-
gruppe gaben 40,3% der Mütter an, ihr Kind mindestens 5-6 Monate gestillt zu haben, im
Vergleich zu 26,1% der deutschen und 30% der anderen Ethnien. Die Mütter b-s-k-r Herkunft
stillen ihre Kinder am kürzesten.
Dauer des ausschließlichen Stillens Bei Betrachtung der Ergebnisse zum ausschließlichen Stillen (Tabelle 4.29) zeigt sich, dass
etwa ein Viertel der Mütter der Gesamtpopulation ihr Kind nie voll gestillt hat. Diesbezüglich
liegt der Anteil mit fast 60% bei den Müttern b-s-k-r Herkunft am höchsten. In den anderen
drei Herkunftsgruppen haben etwa 50% der Frauen ihre Kinder mindestens 3-4 Monate voll
gestillt, was den Empfehlungen des FKE entspricht.
43
Tabelle 4.29: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Stilldauer und des ausschließlichen Stillens nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern)
Muttersprache der Mutter Gesamte Stilldauer Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere Gesamt Nicht gestillt 17,4% (4) 9,1% (7) 41,2% (7) 10% (2) 14,6% (20) 1 Monat 13% (3) 9,1% (7) 23,5% (4) 20% (4) 13,1% (18) 2 Monate 8,7% (2) 11,7% (9) 17,6% (3) 5% (1) 10,9% (15) 3-4 Monate 30,4% (7) 29,9% (23) 5,9% (1) 30% (6) 27% (37) 5-6 Monate 8,7% (2) 14,3% (11) - 15% (3) 11,7% (16) 7-12 Monate - 16,9% (13) 5,9% (1) - 10,2% (14) Länger als ein Jahr 17,4% (4) 9,1% (7) 5,9% (1) 15% (3) 10,9% (15) Weiss nicht mehr 4,3% (1) - - 5% (1) 1,5% (2) Gesamt 100% (23) 100% (77) 100% (17) 100% (20) 100% (137) Ausschließliches Stillen Nie voll gestillt 31,8% (7) 11,7% (9) 58,8% (10) 35% (7) 24,3% (33) 1 Monat 4,5% (1) 11,7% (9) 5,9% (1) 10% (2) 19,6% (13) 2 Monate 13,6% (3) 23,4% (18) 17,6% (3) 10% (2) 19,1% (26) 3-4 Monate 22,7% (5) 26% (20) 5,9% (1) 20% (4) 22,1% (30) 5-6 Monate 18,2% (4) 16,9% (13) 5,9% (1) 10% (2) 14,7% (20) 7-12 Monate 4,5% (1) 5,2% (4) 5,9% (1) 5% (1) 5,1% (7) Länger als ein Jahr 4,5% (1) 2,6% (2) - 5% (1) 2,9% (4) Weiss nicht mehr - 2,6% (2) - 5% (1) 2,2% (3) Gesamt N 100% (22) 100% (77) 100% (17) 100% (20) 100% (136)
Quelle: Eigene Erhebung
4.3.2 Verzehrgewohnheiten
Die Mütter wurden gebeten die Verzehrhäufigkeiten bestimmter Lebensmittel in den letzten 4
Wochen für ihre Kinder anzugeben. In Tabelle 4.30 und Tabelle 4.31 (siehe auch Anhang 7,
Tab. 1) sind die Verzehrhäufigkeiten der Kinder im Vergleich zu den Empfehlungen der „Op-
timierten Mischkost“ (Kersting 1993 a+b) dargestellt.
4.3.2.1 Nahrungsmittel mit hoher Nährstoffdichte
Bei dem größten Teil der Kitakinder entspricht der Verzehr von Lebensmitteln wie Obst, Ge-
müse, Blattsalat, Fleisch, Wurstwaren, Nudeln, Reis und Kartoffeln, Vollkornbrot, Käse, Jo-
ghurt, Vollmilch, Milchgetränken, Tee, Fruchtsäfte und Wasser den Empfehlungen der „Op-
timierten Mischkost“. Fast 100% der Kinder essen täglich oder mehrmals pro Woche Obst.
Fleisch und Wurstwaren werden von 60,2% und 42,9% der Kinder mehrmals pro Woche ver-
zehrt. Kohlenhydratreiche Kost wie Nudeln, Reis und Kartoffeln werden von über der Hälfte
der Kinder, wenn nicht täglich, so doch mehrmals pro Woche gegessen. Der Verzehr von
Milch- und Milchprodukten entspricht bei über der Hälfte der Kinder den Empfehlungen der
„Optimierten Mischkost“. Getränke wie Vollmilch und Wasser werden von über 80% der Kin-
der täglich und mehrmals pro Woche getrunken.
44
Tabelle 4.30: Prozentuale Verzehrhäufigkeiten einzelner Lebensmittelgruppen bei 3-6jährigen Kitakin-dern im Vergleich zu den Verzehrempfehlungen der Optimierten Mischkost (absolute Zahlen in Klammern)
Wie oft aß Ihr Kind in den letzten 4 Wochen die fol-genden Speisen?
täglich
mehrmals pro Woche
etwa 1mal pro Woche
seltener
nie
Empfehlung „Optimierte Mischkost“
Obst 73,7% (98) 23,3% (31) 0,8% (1) - 2,3% (3) Täglich
Gemüse 44,4% (59) 44,4% (59) 6,0% (8) 3,8% (5) 1,5% (2) Täglich
Blattsalat 21,4% (28) 35,8% (46) 17,6% (23) 16% (21) 9,9% (13) Täglich
Fleisch 18,8% (25) 60,2% (80) 11,3% (15) 9,0% (12) 0,8% (12) Mehrmals/Wo
Wurstwaren 20,3% (27) 42,9% (57) 18% (24) 13,5% (18) 5,3% (7) Mehrmals/Wo
Nudeln, Reis 13,6% (18) 67,4% (89) 18,2% (24) 0,8% (1) - Täglich Gekochte Kartoffeln 4,7% (6) 50,4% (65) 28,9% (37) 14,1% (18) 1,6% (2) Täglich
Vollkornbrot 21,5% (28) 29,2% (38) 8,5% (11) 26,2% (34) 14,6% (19) Täglich
Käse 26,6% (34) 32,3% (43) 12,8% (17) 15,0% (20) 14,3% (19) Täglich
Joghurt 39,8% (53) 44,4% (59) 4,5% (6) 9,8% (13) 1,5% (2) Täglich
Vollmilch 55% (71) 28,7% (37) 4,7% (6) 7% (9) 4,7% (6) Täglich Milchgetränke (Kakao) 20,9% (27) 25,6% (33) 16,3% (21) 24,8% (32) 12,4% (16) Täglich
Tee 26,8% (34) 29,1% (37) 11% (14) 22% (28) 11% (14) Täglich
Fruchtnektar, Fruchtsaft 48,1% (63) 34,4% (45) 4,6% (6) 9,2%(12) 3,8% (5) Mehrmals/Wo
Wasser 66,4% (87) 15,3% (20) 0,8% (1) 12,2% (16) 5,3% (7) Täglich Quelle: Eigene Erhebung
4.3.2.2 Nahrungsmittel mit geringer Nährstoffdichte
Tabelle 4.31 zeigt den Verzehr von ausgewählten Lebensmitteln mit geringer Nährstoffdichte
wie Fast Food, Süßigkeiten, Kuchen und Erfrischungsgetränke in der gesamten Studienpo-
pulation. Entgegen den Empfehlungen der „Optimierten Mischkost“, diese Lebensmittel sel-
ten zu verzehren, essen 50% der Kinder täglich oder mehrmals pro Woche Süßigkeiten,
Nuss-Nougatcreme und nehmen Erfrischungsgetränke wie Coca Cola und Limonade zu sich.
Fast Food wie Currywurst, Hamburger und Pizza werden von 50% nur selten gegessen, ge-
nauso wie 30% der Kinder selten bis nie Pommes Frites essen.
Tabelle 4.31: Prozentuale Verzehrhäufigkeiten einzelner Lebensmittelgruppen von 3-6jährigen Kita-kindern im Vergleich zu den Verzehrempfehlungen der Optimierten Mischkost (absolu-te Zahlen in Klammern)
Wie oft aß Ihr Kind in den letzten 4 Wochen die folgenden Spei-sen?
täglich
mehrmals pro Woche
etwa 1mal pro Woche
seltener
nie
Empfehlung „Optimierte Mischkost“
Frittierte oder gebratene Kartoffeln 3,8% (5) 25,6% (34) 40,6% (54) 28,6% (38) 1,5% (2) Seltener/nie
Currywurst, Hamburger, Pizza 2,3% (3) 12,1% (16) 32,6% (43) 50% (66) 3,0% (4) Seltener/nie
Süßigkeiten 19,7% (26) 40,9% (54) 17,4% (23) 15,2% (20) 6,8% (9) Seltener/nie
Baklava, Kuchen, Kekse 7,6% (10) 30,5% (40) 29% (38) 31,3% (41) 1,5% (2) Seltener/nie
Nuss-Nougatcreme 10,7% (14) 45,8% (60) 19,1% (25) 16% (21) 8,4%(11) Seltener/nie Knabberartikel (Chips, Cracker) 10,2% (13) 30,5% (39) 26,6% (34) 26,6% (34) 6,3% (8) Seltener/nie
Cola, Limonade, Eistee 18,1% (23) 33,9% (43) 12,6% (16) 20,5% (26) 15% (19) Seltener/nie Quelle: Eigene Erhebung
45
4.3.2.3 Verzehrmuster hinsichtlich Nahrungsmittel mit hoher Nährstoffdichte
Anhand der Empfehlungen der „Optimierten Mischkost“ (Bewertungsmatrix siehe Anhang 4)
wurden die Angaben zum Ernährungsverhalten der Kinder differenziert in ungünstige, nor-
male und optimale Verzehrmuster. In der nachfolgenden Tabelle 4.32 ist dargestellt, dass
über die Hälfte der Kinder bei den meisten Lebensmitteln ein normales oder optimales Ver-
zehrmuster haben.
Tabelle 4.32: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Verzehrmusters 3-6jähriger Kitakinder im Ver-gleich zu den Verzehrempfehlungen der Optimierten Mischkost (absolute Zahlen in Klammern)
Wie oft aß Ihr Kind in den letzten 4 Wochen die folgenden Speisen?
Ungünstiges
Verzehrmuster
Normales
Verzehrmuster
Optimales
Verzehrmuster
Empfehlung „Optimierte Mischkost“
Obst 3,0% (4) 23,3% (31) 73,7% (98) Täglich
Gemüse 11,3% (15) 44,4% (59) 44,4% (59) Täglich
Blattsalat 43,5% (57) 35,1% (46) 21,4% (28) Täglich Fleisch 28,6% (38) 11,3% (15) 60,2% (80) Mehrmals/Wo
Wurstwaren 39,1% (52) 18,0% (24) 42,9% (57) Mehrmals/Wo
Fisch 53,4% (71) 12,0% (16) 34,6% (46) 1mal/Woche
Tierische Fette 44,3% (54) 12,3% (15) 43,4% (53) Seltener/nie
Pflanzliche Fette 12,2% (15) 8,9% (11) 78,9% (97) Täglich/ mehrmals pro Woche
Nudeln, Reis 18,9% (25) 67,4% (89) 13,6% (18) Täglich Gekochte Kartoffeln 44,5% (57) 50,8% (65) 4,7% (6) Täglich
Vollkornbrot, Mehrkornbrötchen 49,2% (64) 29,2% (38) 21,5% (28) Täglich
Fladenbrot, Weißbrot, Toast 44,1% (56) 29,1% (37) 26,8% (34) Seltener/ nie
Cornflakes, Smacks 57,6% (76) 19,7% (26) 22,7% (30) Seltener/ nie
Käse 42,1% (56) 32,3% (43) 25,6% (34) Täglich
Joghurt 15,8% (21) 44,4% (59) 39,8% (53) Täglich Vollmilch 16,3% (21) 28,7% (37) 55,0% (71) Täglich
Milchgetränke (z.B. Kakao) 53,5% (69) 25,6% (33) 20,9% (27) Täglich
Tee 44,1% (56) 29,1% (37) 26,8% (34) Täglich
Fruchtnektar, Fruchtsaft 13,0% (17) 52,7% (69) 34,4% (45) Mehrmals/ Wo
Wasser 18,3% (24) 15,3% (20) 66,4% (87) Täglich Quelle: eigene Erhebung
4.3.2.4 Verzehrmuster hinsichtlich Nahrungsmittel mit geringer Nährstoffdichte
In der nachfolgenden Tabelle ist dargestellt, dass über die Hälfte der Kinder bei den meisten
Lebensmitteln mit geringer Nährstoffdichte anhand der Einteilung ein normales oder optima-
les Verzehrmuster haben.
46
Tabelle 4.33: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Verzehrmusters (EM) 3-6jähriger Kitakinder im Vergleich zu den Verzehrempfehlungen der Optimierten Mischkost (absolute Zahlen in Klammern)
Wie oft aß Ihr Kind in den letzten 4 Wochen die folgenden Speisen?
Ungünstiges Verzehrmuster
Normales Verzehrmuster
Optimales Verzehrmuster
Empfehlung „Optimierte Mischkost“
Frittierte oder gebratene Kartoffeln
29,3% (39) 40,6% (54) 30,1% (40) Seltener/nie
Currywurst, Hamburger, Pizza 14,4% (19) 32,6% (43) 53,0% (70) Seltener/nie
Süßigkeiten 60,6% (80) 17,4% (23) 22,0% (29) Seltener/nie
Baklava, Kuchen, Kekse 38,2% (50) 29,0% (38) 32,8% (43) Seltener/nie
Nutella, Nuss-Nougatcreme 10,7% (14) 64,9% (85) 24,4% (32) Seltener/nie
Knabberartikel (Chips, Cracker) 40,6% (52) 26,6% (34) 32,8% (42) Seltener/nie Cola, Limonade, Eistee 52,0% (66) 12,6% (16) 35,4% (45) Seltener/nie
Quelle: eigene Erhebung
4.3.2.5 Unterschiede des Ernährungsmusters nach Ethnizität
Wie Abbildung 4.1 darstellt, ist der Verzehr von Obst in allen 4 Herkunftsgruppen etwa gleich
verteilt. Bei einigen Lebensmitteln gibt es im Verzehrmuster der Kitakinder Unterschiede
nach ethnischen Gruppen. 80% der Kinder deutscher Herkunft (siehe Anhang 7, Tabelle 2)
essen selten oder nie Blattsalat, dies entspricht einem ungünstigeren Verzehrmuster als in
den anderen Herkunftsgruppen (Abbildung 4.2).
Verzehr von Obst
0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%
100%
Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere
Herkunftssprache
Ver
zehr
häuf
igke
iten
ungünstiges EM normales EM optimales EM
Verzehr von Blattsalat
0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%
100%
Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere
Herkunftssprache
Ver
zehr
häuf
igke
iten
ungünstiges EM normales EM optimales EM
Abbildung 4.1: Verzehrmuster von Obst nach Herkunftssprache
Abbildung 4.2: Verzehrmuster von Blattsalat nach Herkunftssprache
Fleisch sollte mehrmals pro Woche verzehrt werden. 50% der Kinder anderer Herkunftsspra-
che haben diesbezüglich ein ungünstiges Verzehrmuster im Vergleich zu den anderen drei
Herkunftsgruppen. Bei Fisch haben 64,4% der Kinder türkischer und 52,6% der Kinder b-s-k-
r Herkunftssprache ein ungünstiges Verzehrmuster. Fisch sollte einmal pro Woche verzehrt
werden. Bei dem Verzehr von tierischen Fetten haben fast 50% der Kinder nichtdeutscher
Herkunft ein ungünstiges Verzehrmuster.
Bei Vollkornbrot haben 60% der Kinder türkischer Herkunft ein ungünstiges Verzehrmuster
47
60% der Kinder aus den anderen drei Herkunftsgruppen haben ein normales oder optimales
Verzehrmuster. Weißbrot oder Fladenbrot essen fast 80% der Kinder deutscher Herkunft und
100% der Kinder b-s-k-r Herkunftssprache täglich oder mehrmals pro Woche, die Empfeh-
lung lautet selten oder nie (Abbildung 4.3). Gekochte Kartoffeln sind ein Nahrungsmittel, das
fast von 85% der Kinder deutscher und b-s-k-r Herkunft täglich oder mehrmals pro Woche
gegessen wird (Abbildung 4.4). Gekochte Kartoffeln werden selten von den Kindern türki-
scher und anderer Herkunft verzehrt.
Verzehr von Vollkornbrot
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere
Herkunftssprache
Ver
zehr
häuf
igke
iten
ungünstiges EM normales EM optimales EM
Verzehr von Kartoffeln
0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%
100%
Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere
Herkunftssprache
Ver
zehr
häuf
igke
iten
ungünstiges EM normales EM optimales EM
Abbildung 4.3: Verzehrmuster von Vollkornbrot nach Herkunftssprache
Abbildung 4.4: Verzehrmuster von Kartoffeln nach Herkunftssprache
Fast 100% der Kinder türkischer Herkunft haben ein optimales und normales Verzehrmuster
beim Verzehr von Wasser. 40% der Kinder deutscher Herkunft trinken Wasser weniger als
einmal pro Woche bis selten und nie und haben damit ein ungünstiges Verzehrmuster. Etwa
55% der Kinder türkischer und b-s-k-r Herkunft haben ein normales oder optimales Verzehr-
muster bei Milchgetränken.
Im Vergleich der Herkunftsgruppen werden Fast Food, Süßigkeiten und Erfrischungsgeträn-
ke von den deutschen Kindern weniger oft verzehrt als von den Migrantenkindern. Zwischen
30-40% der Migrantenkinder (Abbildung 4.5) essen täglich oder mehrmals pro Woche frittier-
te Kartoffeln (Pommes Frites). 83% der Kinder deutscher Herkunft essen diese nur selten bis
nie. Fast Food (Currywurst, Pizza und Hamburger) wird von 10-20% der Migrantenkinder
täglich und mehrmals pro Woche gegessen (Abbildung 4.6).
48
Verzehr von frittierten und gebratenen Kartoffeln
0%
20%
40%
60%
80%
100%
Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere
Herkunftssprache
Ver
zehr
häuf
igke
iten
ungünstiges EM normales EM optimales EM
Verzehr von Fast food
0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%
100%
Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere
Herkunftssprache
Ver
zehr
häuf
igke
iten
ungünstiges EM normales EM optimales EM
Abbildung 4.5: Verzehrmuster von frittierten und gebratenen Kartoffeln nach Herkunftssprache
Abbildung 4.6: Verzehrmuster von Fast Food nach Herkunftssprache
50% und 64% der Kinder türkischer und b-s-k-r Herkunft haben ein ungünstiges Verzehr-
muster beim Verzehr von Knabberartikeln (Abbildung 4.7). Bei Erfrischungsgetränken wie
Cola, Limonade und Eistee haben 86% der Kinder b-s-k-r Herkunft ein ungünstiges Ver-
zehrmuster (Abbildung 4.8).
Verzehr von Knabberartikel
0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%
100%
Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere
Herkunftssprache
Ver
zehr
häuf
igke
iten
ungünstiges EM normales EM optimales EM
Verzehr von Erfrischungsgetränken
0%10%20%30%40%50%60%70%80%90%
100%
Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere
Herkunftssprache
Ver
zehr
häuf
igke
iten
ungünstiges EM normales EM optimales EM
Abbildung 4.7: Verzehrmuster von Knabberar-tikeln nach Herkunftssprache
Abbildung 4.8: Verzehrmuster von Erfrischungs-getränken nach Herkunftsspra-che
49
4.3.3 Ernährungsmusterindexe (EMI)
Aus den Angaben zu den einzelnen Verzehrshäufigkeiten wurden auf Grundlage der Bewer-
tungsmatrix (siehe Kapitel 3.5.1 und Anhang 4) Ernährungsmusterindexe (EMI) für 3 ver-
schiedene Indexe berechnet: EMI für 35 LM, EMI für 23 LM (normale Mischkost) und EMI für
12 LM (Fast Food, Knabberartikel, Süßigkeiten und Erfrischungsgetränke). In Tabelle 4.34
sind die Medianwerte für die Indexe dargestellt. Je höher der Median, umso besser das Er-
nährungsmuster.
Den höchsten Median (38 [30-54]) bei dem EMI für 35 LM haben die Kinder deutscher Her-
kunft und damit das beste Ernährungsmuster bezüglich der gesamten erhobenen Lebensmit-
tel. Die höchste Punktzahl, die erreicht hätte werden können, wäre 70 Punkte gewesen.
Bei dem EMI für 23 LM haben Kinder anderer (24 [8-29]) gefolgt von Kindern türkischer (23
[11-33]) Herkunft den höchsten Median. Somit ist das Ernährungsmuster dieser Kinder bei
normaler Mischkost am besten.
Kinder deutscher Herkunft haben wieder den höchsten Median (17 [14-21]) beim EMI für 12
LM. Damit haben sie bei Fast Food Lebensmitteln das beste Ernährungsmuster, nämlich ei-
nen seltenen Verzehr.
Tabelle 4.34: Medianwerte für 3 Ernährungsmusterindexe nach Muttersprache der Mutter EMI für 35 LM1 EMI für 23 LM2 EMI für 12 LM3 Muttersprache der Mutter
Median min max Median min max Median min max
Deutsch 38 30 54 22 13 34 17 14 21 Türkisch 36 25 49 23 11 33 15 0 20 B-S-K-R 33 23 40 21 15 29 10,5 4 21 Andere 36 18 49 24 8 29 14 7 21
Quelle: Eigene Erhebung 35 LM1: Joghurt, Käse, Eier, Fleisch, Wurstwaren, Fisch, tierische Fette, pflanzliche Fette, Obst, Gemüse, Blattsalat, Vollkorn-brot, Weißbrot, Cornflakes, Nudeln, Reis, Kartoffeln, Oliven, Vollmilch, fettarme Milch, Milchgetränke, Tee, Früchtetee, Wasser, Frittierte und gebratene Kartoffeln, Hamburger, Currywurst, Pizza, Fertiggerichte, Ketchup und Majonäse, Kuchen, Süßigkeiten, Eis, Honig, Marmelade, Nutella, Knabberartikel, Nüsse, Cola, Limonade, Eistee 23 LM2: Joghurt, Käse, Eier, Fleisch, Wurstwaren, Fisch, Tierische Fette, Pflanzliche Fette, Obst, Gemüse, Blattsalat, Vollkorn-brot, Weißbrot, Cornflakes, Nudeln, Reis, Kartoffeln, Oliven, Vollmilch, Fettarme Milch, Milchgetränke, Tee, Früchtetee, Wasser 12 LM3: Frittierte und gebratene Kartoffeln, Hamburger, Currywurst, Pizza, Fertiggerichte, Ketchup und Majonäse, Kuchen, Sü-ßigkeiten, Eis, Honig, Marmelade, Nutella, Knabberartikel, Nüsse, Cola, Limonade, Eistee
Anhand von Boxplots lassen sich die Mediane (Tabelle 4.34) nach Muttersprache der Mutter
sowie die Verteilung mit den 25. und 75. Perzentilen und der Streuung graphisch darstellen
(Abbildung 4.9, 4.10 und 4.11)
50
17104919N =
code Muttersprache
anderejugoslaw ischtürkischdeutsch
Ernä
hrun
gsmus
terin
dex
60
50
40
30
20
10
129
5
Abbildung 4.9: Ernährungsmusterindex für alle 35 Lebensmittel nach Muttersprache der Mutter
17104919N =
code Muttersprache
anderejugoslaw ischtürkischdeutsch
NORM
40
30
20
10
0
49
Abbildung 4.10: Ernährungsmusterindex für 23 Lebensmittel (normale Mischkost) nach Muttersprache der Mutter
17104919N =
code Muttersprache
anderejugoslaw ischtürkischdeutsch
FAST
_FO
30
20
10
0
-10
110
82
Abbildung 4.11: Ernährungsmusterindex für 12 Lebensmittel (Fast Food) nach Muttersprache der Mut-ter
51
4.3.3.1 Ernährungsmusterindex für alle erhobenen 35 Lebensmittel
In Tabelle 4.35 ist das Ernährungsmuster für alle 35 Lebensmittel aufgeführt. Sie veran-
schaulicht, dass 90% der Kinder deutscher Herkunft ein normales bis optimales Ernäh-
rungsmuster haben und sich demnach zu einem sehr hohen Prozentsatz nach den Empfeh-
lungen der optimierten Mischkost ernähren. Bei den Migrantenkindern liegt die Häufigkeit für
ein normales und optimales EM niedriger. 70% der Kinder türkischer Herkunft und noch 50%
der Kinder b-s-k-r und anderer Herkunftssprache ernähren sich nach den Empfehlungen der
„Optimierten Mischkost“. Auffällig ist, dass 50% der Kinder b-s-k-r Herkunft ein ungünstiges
EM haben, gefolgt von 41,2% Kindern anderer und 26,5% türkischer Herkunft.
Tabelle 4.35: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsmuster (EMI) für alle 35 Lebensmittel* nach Muttersprache der Mutter – (absolute Zahlen in Klammern)
Muttersprache der Mutter Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere Gesamt Ungünstiges Ernäh-rungsmuster
10,5% (2) 26,5% (13) 50% (5) 41,2% (7) 28,4% (27)
Normales Ernährungs-muster
47,4% (9) 49,0% (24) 50% (5) 41,1% (7) 47,4% (45)
Optimales Ernährungs-muster
42,1% (8) 24,5% (12) - 17,6% (3) 24,2% (23)
100% (19) 100% (49) 100% (10) 100% (17) 100% (95)
Quelle: Eigene Erhebung *Alle 35 Lebensmittel: Joghurt, Käse, Eier, Fleisch, Wurstwaren, Fisch, tierische Fette, pflanzliche Fette, Obst, Gemüse, Blattsalat, Vollkornbrot, Weißbrot, Cornflakes, Nudeln, Reis, Kartoffeln, Oliven, Vollmilch, fettarme Milch, Milchgetränke, Tee, Früchtetee, Wasser, Frittierte und gebratene Kartoffeln, Hamburger, Currywurst, Piz-za, Fertiggerichte, Ketchup und Majonäse, Kuchen, Süßigkeiten, Eis, Honig, Marmelade, Nutella, Knabberartikel, Nüsse, Cola, Limonade, Eistee
4.3.3.2 Ernährungsmusterindex für eine Auswahl von 23 Lebensmitteln (normale Mischkost)
Um Unterschiede zwischen den Ernährungsgewohnheiten zu verdeutlichen, wurden zwei
weitere Ernährungsmuster berechnet. Die nachstehende Tabelle zeigt das Ernährungsmus-
ter für eine Auswahl von Lebensmitteln (23 Lebensmittelgruppen), die für eine normale
Mischkost stehen können. Die Kinder türkischer Herkunft haben das beste EM. 80% der Kin-
der türkischer Herkunft haben ein normales bis optimales Ernährungsmuster, im Vergleich zu
70% und 60% der Kinder deutscher, b-s-k-r und anderer Herkunftssprache. Ein ungünstiges
EM bezüglich dieser Lebensmittelgruppen haben 40% der Kinder b-s-k-r Herkunft, gefolgt
von 35,3% Kindern anderer Herkunft und 26,3% der Kinder deutscher Herkunft und nur
16,7% der türkischen Kinder.
52
Tabelle 4.36: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsmusters (EMI) normale Mischkost (23 Lebensmittel)* nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern)
Muttersprache der Mutter Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere Gesamt Ungünstiges Ernäh-rungsmuster
26,3% (5) 16,7% (9) 40% (4) 35,3% (6) 24% (24)
Normales Ernäh-rungsmuster
10,5% (2) 20,4% (11) 20% (2) 11,8% (2) 17% (17)
Optimales Ernäh-rungsmuster
63,2% (12) 63% (34) 40% (4) 52,9% (9) 59% (59)
Gesamt 100% (19) 100% (54) 100% (10) 100% (17) 100% (100)
Quelle: Eigene Erhebung *Variablen für die normale Mischkost: Joghurt, Käse, Eier, Fleisch, Wurstwaren, Fisch, tierische Fette, pflanzliche Fette, Obst, Gemüse, Blattsalat, Vollkornbrot, Weißbrot, Cornflakes, Nudeln, Reis, Kartoffeln, Oliven, Vollmilch, fettarme Milch, Milchgetränke, Tee, Früchtetee, Wasser
4.3.3.3 Ernährungsmusterindex für eine Auswahl von 12 Lebensmitteln (Fast food, Knabberartikel, Süßigkeiten, Erfrischungsgetränke)
Ein weiteres berechnetes Ernährungsmuster für 12 Lebensmittelgruppen wie fast food, Sü-
ßigkeiten und Erfrischungsgetränke stellt die Unterschiede zum gesamten Ernährungsmuster
heraus. In Tabelle 4.37 ist dargestellt, dass 100% der Kinder deutscher Herkunft ein norma-
les bis optimales Ernährungsmuster beim Verzehr dieser Lebensmittelgruppen haben, im
Vergleich zu 76% der Kinder türkischer Herkunft. Migrantenkinder haben insgesamt gesehen
ein ungünstigeres Ernährungsmuster bei dem Verzehr von Fast Food, Süßigkeiten und Erfri-
schungsgetränken. 23,3% der Kinder türkischer Herkunft, 50% der Kinder b-s-k-r und 11%
der Kinder anderer Herkunft haben bei diesen 12 Lebensmitteln ein ungünstiges Ernäh-
rungsmuster.
Tabelle 4.37: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsmuster (EMI) für Fast food, Knabber-artikel, Süßigkeiten und Erfrischungsgetränke (12 Lebensmittel)* nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern)
Muttersprache Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere Gesamt Ungünstiges Ernäh-rungsmuster
- 23,3 (14) 50% (7) 11,1% (2) 20,5 (23)
Normales Ernäh-rungsmuster
50% (10) 55% (33) 35,7% (5) 66,7% (12) 53,6% (60)
Optimales Ernäh-rungsmuster
50% (10) 21,7% (13) 14,3% (2) 22,2% (4) 25,9% (29)
Gesamt 100% (20) 100% (60) 100% (14) 100% (18) 100% (112)
Quelle: Eigene Erhebung *Variablen für Fast Food, Knabberartikel, Süßigkeiten und Erfrischungsgetränke: Frittierte und gebratene Kartof-feln, Hamburger, Currywurst, Pizza, Fertiggerichte, Ketchup und Majonäse, Kuchen, Süßigkeiten, Eis, Honig, Marmelade, Nutella, Knabberartikel, Nüsse, Coca Cola, Limonade, Eistee
4.3.4 Mahlzeitenanzahl
Daten zur durchschnittlichen Anzahl an Mahlzeiten insgesamt und warmen Mahlzeiten pro
Tag gehen aus Tabelle 4.38 hervor. Im Durchschnitt nehmen Kinder deutscher Herkunft
mehr als vier Mahlzeiten pro Tag zu sich, im Vergleich zu nur durchschnittlich drei Mahlzei-
ten bei den Migrantenkindern.
53
Die Anzahl der warmen Mahlzeiten variiert nicht zwischen den Kindern der vier Untersu-
chungsgruppen. Die Kinder zwischen 3-6 Jahren im Soldiner Kiez nehmen nach Aussagen
der Eltern zwei warme Mahlzeit pro Tag zu sich. Davon ist eine warme Mahlzeit in der Kita.
Die Mahlzeiten zu Hause werden in allen vier Herkunftsgruppen zu fast 100% von der Mutter
gekocht.
Tabelle 4.38: Median der Mahlzeitenanzahl und Mahlzeitenzubereitung nach Muttersprache der Mut-ter
Muttersprache der Mutter Mahlzeitenanzahl*/ Tag Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere Gesamt Median (min-max) 4 (3-6) 3 (1-6) 3,5 (2-5) 4 (1-6) 3,5 (1-6) Anzahl der warmen Mahlzeiten/Tag Median (min-max) 2 (1-2) 2 (1-4) 2 (1-3) 2 (1-3) 2 (1-4) Wer kocht das Essen Mutter 91,3% (21) 97,4% (74) 100% (17) 100% (20) 97,1%(132)
* Gruppen p=0,000 (Mann-Withney-U-Test) Quelle: Eigene Erhebung
54
4.4 Einflüsse auf das Ernährungsverhalten der Kinder In diesem Kapitel werden die Migrationsaspekte wie Selbsteinschätzung der Deutschkennt-
nisse der Mutter und Aufenthaltsjahre der Mutter in Deutschland sowie die Schichtzugehö-
rigkeit der Familie in Beziehung zu dem Ernährungsmuster gesetzt. Dabei wird zur Analyse
nur in die zwei Untergruppen deutscher und nichtdeutscher Herkunft unterteilt.
4.4.1 Migrationsaspekte (Aufenthaltsjahre und Sprachkenntnisse der Mutter)
Tabelle 4.39 verdeutlicht, dass es einen deutlichen Zusammenhang zwischen Deutsch-
kenntnissen der Mutter und der Aufenthaltsdauer der Mutter in Deutschland gibt. Je geringer
die Aufenthaltsjahre (<15 Jahre) in Deutschland sind, umso schlechter ist die Selbstein-
schätzung der deutschen Sprachkenntnisse. Je länger die Mutter in Deutschland lebt (>15
Jahre), umso besser schätzt sie ihre deutschen Sprachkenntnisse ein.
Tabelle 4.39: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Einschätzung der deutschen Sprachkenntnisse und Aufenthaltsjahre in Deutschland, Mutter (absolute Zahlen in Klammern)
Einschätzung der deutschen Aufenthaltsjahre in Deutschland, Mutter Sprachkenntnisse <15 Jahre >15 Jahre seit Geburt Gesamt wenig/ kaum 38,3% (23) 5,3% (2) 14,3% (2) 24,1% (27) einigermaßen 33,3% (20) 15,8% (6) - 23,2% (26) Gut/ sehr gut 28,3% (17) 78,9% (30) 85,7% (12) 33,9% (59) Gesamt 100% (60) 100% (38) 100% (14) 100% (112) Quelle: Eigene Erhebung
4.4.2 Ernährungsmuster und Migrationsaspekte
In Tabelle 4.40 ist das Ernährungsmuster der Kinder deutscher und nichtdeutscher Herkunft
dargestellt. 32,5% der Migrantenkinder haben ein ungünstiges Ernährungsmuster im Ver-
gleich zu 10,2% der Kinder deutscher Herkunft.
Bei dem Vergleich des Ernährungsmusters mit der Selbsteinschätzung der Deutschkenntnis-
se der Mütter von Kindern nichtdeutscher Herkunft zeigt sich, dass 73,4% der Mütter von
Kindern mit optimalen EM, ihre Deutschkenntnisse als gut und sehr gut einschätzen. Den-
noch lassen sich auch in der Gruppe der Kinder mit ungünstigem EM, Mütter mit guten bis
sehr guten Deutschkenntnisse finden.
55
Tabelle 4.40: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Einschätzung der deutschen Sprachkenntnisse in Beziehung zum Ernährungsmusterindex für alle Lebensmittel (absolute Zahlen in Klam-mern)
Ernährungsmuster für alle Lebensmittel ungünstiges EM normales EM optimales EM Gesamt Kinder deutscher Herkunft 10,2% (2) 47,4% (9) 42,1% (8) 100% (19) Kinder nichtdeutscher Herkunft 32,9% (25) 47,4% (36) 19,7% (15) 100% (76) Einschätzung der deutschen Sprachkenntnisse gar nicht, wenig, kaum 28,0% (7) 30,6% (11) 6,7% (1) 25,0% (19) einigermaßen 20,0% (5) 27,8% (10) 20,0% (3) 23,7% (18) Gut / sehr gut 52,0% (13) 41,7% (15) 73,4% (11) 51,3% (39) Gesamt 100% (25) 100% (36) 100% (15) 100% (76) Quelle: Eigene Erhebung
In Tabelle 4.41 ist das Ernährungsmuster der Kitakinder nichtdeutscher Herkunft in Bezie-
hung zu den Aufenthaltsjahren der Mutter in Deutschland aufgeführt. 50% der Kitakinder mit
ungünstigen EM haben Mütter, die unter 15 Jahre in Deutschland leben. 60% der Kinder mit
optimalen EM haben Mütter, die mehr als 15 Jahre in Deutschland leben.
Tabelle 4.41: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Aufenthaltsjahre in Deutschland der Mutter in Be-ziehung zum Ernährungsmusterindex für alle Lebensmittel (absolute Zahlen in Klam-mern)
Ernährungsmuster für alle Variable ungünstiges EM normales EM optimales EM Gesamt N Kinder deutscher Herkunft 10,2% (2) 47,4% (9) 42,1% (8) 100% (19) Kinder nichtdeutscher Herkunft 32,9% (25) 47,4% (36) 19,7% (15) 100% (76) Aufenthaltsjahre der Mutter in Deutschland
<15 Jahre 50,0% (12) 61,1% (22) 26,7% (4) 50,7% (38) >15 Jahre 20,8% (5) 38,9% (14) 60,0% (9) 37,3% (28) seit Geburt 29,2% (7) - 13,3% (2) 12,0% (9) Gesamt 100% (24) 100% (36) 100% (15) 100% (75) Quelle: Eigene Erhebung
4.4.3 Soziale Lage der Eltern
Aus Tabelle 4.42 geht die Beziehung zwischen EM und sozialer Schicht hervor. Der Schicht-
index wird aus der höchsten erreichten Schulbildung und der Berufstätigkeit gebildet. Da-
nach gehören der Großteil der Familien nichtdeutscher Herkunft zur unteren Schicht und der
Großteil der Familien deutscher Herkunft zu der mittleren Schicht.
Bei Familien nichtdeutscher Herkunft scheint die Schicht keinen Einfluss auf das Ernäh-
rungsmuster zu haben. Bei Familien deutscher Herkunft erkennt man einen diagonalen Ver-
lauf von unterer Schicht und ungünstigem Ernährungsmuster zum optimalen Ernährungs-
muster und obere Schicht.
56
Tabelle 4.42: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Schichtzugehörigkeit in Beziehung zum Ernäh-rungsmuster für alle Lebensmittel (absolute Zahlen in Klammern)
Ernährungsmuster für alle Lebensmittel ungünstiges EM normales EM optimales EM Gesamt N Kinder deutscher Herkunft 10,2% (2) 47,4% (9) 42,1% (8) 100% (19) Kinder nichtdeutscher Herkunft 32,9% (25) 47,4% (36) 19,7% (15) 100% (76) Schichtzugehörigkeit Familien deut-scher Herkunft
untere Schicht 50% (1) 37,5% (3) - 22,2% (4) mittlere Schicht 50% (1) 50,0% (4) 75% (6) 61,1% (11) obere Schicht - 12,5% (1) 25% (2) 16,7% (3) Gesamt 100% (2) 100% (8) 100% (8) 100% (18) Schichtzugehörigkeit Familien nicht-deutscher Herkunft
untere Schicht 68,2% (15) 64,5% (20) 50,0% (7) 62,7% (42) mittlere Schicht 13,6% (3) 22,6% (7) 50,0% (7) 25,4% (17) obere Schicht 18,2% (4) 12,9% (4) - 11,9% (8) Gesamt 100% (22) 100% (31) 100% (14) 100,0% (67) Quelle: Eigene Erhebung
57
4.5 Einfluss des Ernährungsmusters auf den Ernährungsstatus
4.5.1 Beziehung Ernährungsmuster zu Ernährungsstatus der Kitakinder
Eine Antwort auf die Frage, ob allein die Verzehrsgewohnheiten der Kinder einen Einfluss
auf deren Ernährungsstatus haben, verdeutlicht nachstehende Tabelle (Tabelle 4.43).
Übergewichtige und adipöse Kinder haben zu je einem Drittel ein optimales, normales oder
ungünstiges Ernährungsmuster. Normalgewichtige Kinder weisen ebenfalls zu ca. 30% ein
ungünstiges Ernährungsmuster auf. In dieser Untersuchung, die allerdings nur an einer klei-
nen Stichprobe vorgenommen wurde, zeigt sich kein Zusammenhang zwischen Ernäh-
rungsmuster und Ernährungsstatus der Kitakinder. Auch in den unterschiedlichen Herkunfts-
gruppen kann kein Zusammenhang gefunden werden.
Tabelle 4.43: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsmusterindex für alle Lebensmittel in Beziehung zum Ernährungsstatus der Kinder Koloniestrasse (absolute Zahlen in Klam-mern)
BMI* der Kinder (Koloniestrasse)
Schwer unterge-wichtig -
Untergewichtig
Normal-
gewichtig
Übergewichtig -
Adipös
Gesamt Kinder deutscher Herkunft - 66,7% (6) 33,3% (3) 100% (9) Kinder nichtdeutscher Herkunft 5,5% (5) 68,1% (62) 26,4% (24) 100% (91) EM fuer alle LM Gesamte Studienpopulation
Ungünstiges EM - 33,3% (15) 35,0% (7) 32,8% (22) normales EM 50,0% (1) 57,8% (26) 30,0% (6) 49,3% (33) optimales EM 50,0% (1) 8,9% (4) 35,0% (7) 17,9% (12) 100% (2) 100% (45) 100% (20) 100% (67) EM Kinder deutscher Herkunft Ungünstiges EM - 20,0% (1) 33,3% (1) 25,0% (2) normales EM - 80,0% (4) - 50,0% (4) optimales EM - - 66,7% (2) 25,0% (2) - 100% (5) 100% (3) 100% (8) EM Kinder nichtdeutscher Herkunft Ungünstiges EM - 33,3% (13) 35,3% (6) 32,8% (19) normales EM 50,0% (1) 56,4% (22) 35,3% (6) 50,0% (29) optimales EM 50,0% (1) 10,3% (4) 29,4% (5) 17,2% (10) 100% (2) 100% (39) 100% (17) 100% (58) Quelle: Eigene Erhebung
4.5.2 Subjektiver Ernährungsstatus der Kitakinder aus Sicht der Eltern
In Tabelle 4.44 ist die Beziehung zwischen der subjektiven Einschätzung der Eltern des Er-
nährungsstatus ihres Kindes zu dem aktuellen BMI der Kinder (Koloniestrasse) aufgeführt.
Es wird deutlich, dass die subjektive Einschätzung der Eltern nicht mit der Einteilung in dicke
und dünne Kinder nach dem errechneten BMI übereinstimmt. Obwohl laut BMI 18 Kinder a-
58
dipös sind, schätzen 72,2% der Eltern das Körpergewicht ihres Kindes als normal ein. Trotz-
dem erkennt man einen diagonalen Verlag von der Einschätzung „zu dünn“ und schwer un-
tergewichtig zu „zu dick“ und übergewichtig. Tabelle 4.44: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der subjektiven Einschätzung der Eltern des Ernäh-
rungsstatus ihres Kindes (Koloniestrasse) zum aktuellen Ernährungsstatus der Kinder (absolute Zahlen in Klammern)
Ernährungsstatus der Kinder Koloniestrasse Wie würden Sie das Körperge-wicht ihres Kindes einschätzen
schwer unter-
gewichtig
unter-
gewichtig
normal ge-
wichtig
über-
gewichtig
schwer über-
gewichtig
Gesamt Ist viel zu dünn - 25,0% (1) 5,9% (4) - - 5,0% (5) ist ein bisschen zu dünn 100,0% (1) 75,0% (3) 48,5% (33) - - 37,0% (37)Hat genau das richtige Gewicht - - 44,1% (30) 77,8% (7) 72,2% (13) 50,0% (50)Ist ein bisschen zu dick - - 1,5% (1) 22,2% (2) 22,2% (4) 7,0% (7) Ist viel zu dick - - - - 5,6% (1) 1,0% (1) Gesamt 100% (1) 100% (4) 100% (68) 100% (9) 100% (18) 100% (100)Quelle: Eigene Erhebung
59
4.6 Informationsquellen und Bedarf für Ernährungsberatung In Tabelle 4.45 sind die Ergebnisse zur Frage: „Wurden Sie bei der Ernährung ihres Kindes
beraten“, aufgeführt. 72,7% der Mütter deutscher Herkunft haben keine Ernährungsberatung
erhalten, im Vergleich zu 60%, 51,9% und 31,3% der Mütter anderer, türkischer und b-s-k-r
Herkunftssprache. 28,6% der Mütter türkischer Herkunft haben Beratung durch die eigene
Familie erhalten.
Tabelle 4.45: Prozentuale Häufigkeitsverteilung den Antworten auf die Frage „Wurden Sie bei der Er-nährung ihres Kindes beraten zu Herkunftsgruppen“ nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern)
Muttersprache der Mutter Wurden Sie bei der Ernährung ihres Kindes beraten?
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
nein 72,7% (16) 51,9% (40) 31,3% (12) 60% (12) 54,1% (73) Familie (Mutter, Schwester, Schwiegermutter, Vater ihres Kindes)
9,1% (2)
28,6% (22)
12,5% (2)
15% (3)
21,5% (29)
Familie und Kinderarzt 4,5% (1) 11,7% (9) 12,5% (2) 15% (3) 11,1% (15) Kinderarzt und Hebamme 4,5% (1) 6,5% (5) 25% (4) 5% (1) 8,1% (11) andere 9,1% (2) 1,3% (1) 18,8% (3) 5% (1) 5,2% (7) 100% (22) 100% (77) 100% (23) 100% (20) 100% (135)
Quelle: Eigene Erhebung
Auf die Frage „Haben Sie sich selbst zu dem Thema Ernährung von Säuglingen und Kindern
informiert?“ haben 39% der Mütter der Gesamtstudienpopulation mit „nein“ geantwortet. Ta-
belle 4.46 gibt Auskunft darüber, dass insgesamt gesehen Medien wie Zeitschriften, Informa-
tionsbroschüren und Fernsehen am häufigsten genutzt werden. Die deutschen Mütter gaben
am häufigsten die Kombination Arzt und Zeitschriften an. 8,8% der Migrantinnen holen sich
Rat bei Ärzten und Hebammen.
60
Tabelle 4.46: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Antworten auf die Frage „Haben Sie sich selbst zu dem Thema Ernährung von Säuglingen und Kindern informiert“ nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern)
Haben Sie sich selbst zu dem Thema Ernährung von
Muttersprache der Mutter
Säuglingen und Kindern infor-miert?
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
nein 26,1% (6) 35,1% (27) 56,3% (9) 55% (11) 39% (53) Zeitschriften, Informationsbro-schüren
17,4% (4) 16,9% (13) - 10% (2) 14% (19)
Zeitschriften u. Fernsehen 13% (3) 16,9% (13) - 10% (2) 13,2% (18) Zeitschriften u. Arzt 30,4% (7) 2,6% (2) 6,3% (1) 15% (3) 9,6% (13) Arzt, Hebamme - 9,1% (7) 18,8% (3) 10% (2) 8,8% (12) Zeitschriften, Fernsehen und Arzt - 7,8% (6) 18,3% (3) - 6,6% (9) Fernsehen 4,3% (1) 6,5% (5) - - 4,4% (6) Beratungsangebote im Kiez - 2,6% (2) - 1,5% (2) Andere Quellen 8,7% (2) 1,3% (1) - - 2,2% (3) alles - 1,3% (1) - - 0,7% (1) 100% (23) 100% (77) 100% (16) 100% (20) 100% (136)
Quelle: Eigene Erhebung
Gewünschte Beratungsform und Themen Mehr Aufschluss über den Bedarf an Ernährungsberatung gibt die Antwort auf die Frage:
„Wünschen Sie sich mehr Informationen zum Thema Ernährung ihres Kindes“. Daten hierzu
sind in Tabelle 4.47 dargestellt. 96% der Mütter haben auf diese Frage geantwortet und da-
von insgesamt 60,9% mit nein. Auffällig ist, dass die Hälfte der Türkischsprachigen sich mehr
Informationen zum Thema Ernährung des Kindes wünscht.
Tabelle 4.47: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Antworten auf die Frage „Wünschen Sie sich mehr Informationen zum Thema Ernährung ihres Kindes“ nach Muttersprache der Mutter (ab-solute Zahlen in Klammern)
Muttersprache der Mutter Wünschen Sie sich mehr In-formationen zum Thema Er-nährung ihres Kindes?
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
Nein 73,9% (17) 51,4% (38) 70,6% (12) 73,7% (14) 60,9% (81) 100% (133)
Quelle: Eigene Erhebung
Obwohl 61% der Mütter keine Beratung wünschen, haben dennoch fast alle 96% (133) auf
die Frage geantwortet, welche Art der Aufklärungsform gewünscht wird. Die Ergebnisse ge-
hen aus Tabelle 4.48 hervor. Die vier Herkunftsgruppen sind sehr homogen in dem Wunsch
nach der Art der Aufklärungsform. Die Informationsbroschüre als Aufklärungsform steht an
erster Stelle, gefolgt von dem persönlichen Gespräch und Fernsehsendungen. 61% der Be-
fragten, die eigentlich keine Beratung möchten, favorisieren eher ein persönliches Gespräch
vor Informationsbroschüren und Elternabenden.
61
Tabelle 4.48: Prozentuale Häufigkeitsverteilung auf die Frage „Welche Aufklärungsform bevorzugen Sie“ nach Muttersprache der Mutter (absolute Zahlen in Klammern)
Welche Aufklärungsform Muttersprache der Mutter bevorzugen Sie? (mehrere Antworten waren möglich)
Deutsch
Türkisch
B-S-K-R
Andere
Gesamt
Informationsbroschüre 47,8% (11) 44,2% (34) 29,4% (5) 55% (11) 44,5% (61) Persönliche Gespräch 43,5% (10) 42,9% (33) 47,1% (8) 35% (7) 42,3% (58) Fernsehsendungen 34,8% (8) 37,7% (29) 23,5% (4) 30% (6) 34,3% (47) Videos 13% (3) 14,7% (11) 29,4% (4) 20% (4) 17,0% (23) Elternabende 21,7% (5) 14,3% (11) 35,3% (6) 5% (1) 16,8% (23) Elternschule 8,7% (2) 6,5% (5) 17,6% (3) 15% (3) 9,5% (13) Vorträge - 6,5% (5) 11,8% (2) 10% (2) 6,6% (9) sonstiges 4,3% (1) 1,3% (1) 5,9% (1) 10% (2) 3,6% (5)
Quelle: Eigene Erhebung
Einige Mütter haben auf die offene Frage 27 „Wünschen Sie sich Informationen zu dem
Thema Ernährung Ihres Kindes? Welche Themen wünschen sie sich?“ geantwortet. Die
nachfolgende Auflistung gibt die Originalantworten wieder. Die Antworten wurden in Gruppen
zusammengestellt. 31 Personen haben geantwortet, davon 21 türkischer, 5 deutscher, 2 b-s-
k-r und 3 anderer Muttersprache. Die Mütter türkischer Muttersprache haben den häufigsten
Bedarf an Informationsbedarf, verteilt in allen Themenbereichen.
Ernährung allgemein (9 Antworten von türkischsprachigen Eltern)
• Aller Art • Allgemeine Ernährung von Kindern • Ausgewogene gesunde Ernährung (Mittagessen, Abendessen) • Wie kann ich richtig ernähren • Ernährung und Milch trinken • Gesunde Ernährung • Gesunde Ernährung für Kinder • Gesundheit • Gesundheit, Ernährung, Sprache (deutsch-türkisch) • Eğitimi ve Beslenmesi hakkında (Information über Bildung und Ernährung) • Hangi yaş için hangi tür besinler alınmalı (Für welche Altersgruppe sind welche Nah-
rungsmittel notwendig) • Yuva veya ev ziyaretleri aylık (In der Kita oder zu Hause monatliche Beratung) • Die Kinder sollten im Kindergarten informiert werden. Was nützt es wenn ich alles weiß
und das Kind isst es nicht.
62
Essgewohnheiten/ Erziehung (5 Antworten von türkischsprachigen Eltern)
• Çocuğun yemeyi sevmesi kakkında (Wie kann ich meinem Kind das Essen lieb machen) • Was und wie ich meinem Kind das Essen geben soll. • Gesunde Ernährung Essverhalten • Wie bekommt man Kinder dazu mehr Gemüse zu essen • Wie bringe ich mein Kind zum Essen • Ernährung, Erziehung • Çocuğumu tabiki iyi bir şekilde yetiştirmek için (Ich möchte natürlich, dass mein Kind
sehr gut erzogen wird)
Ernährungzustand (4 Antworten von türkischsprachigen Eltern)
• Kilo almamak konusunda! (Information wie das Kind nicht weiter zunimmt!) • Wie sie ihre Form halten kann ohne zu und ab zunehmen • Mein Kind ist zu dick • Wie viel muss und darf ein Kind am Tag essen • Her zaman düzgün yemiyor bazen çok az yiyor (özellikle kahvaltıda)
(Ich habe eine Sorge, mein Kind isst nicht immer regelmäßig, manchmal zu wenig be-sonders beim Frühstück)
Spezielle Themen (3 Antworten von türkischsprachigen Eltern)
• Kemik gelişmesi ve kilo alması hakkında (Informationen über Knochenbildung und Ge-wichtszunahme)
• Ich möchte Knochenverstärkung und Gewicht zunehmen • Çocuğun kernik ve boyu için gereken beslemne/ hakkında (Information, wie man Kno-
chenbildung und Längenwachstum unterstützt) • Zähne/ Knochenbau • Stoffwechselstörung, Laktosomie • Inhaltsstoffe, z.B. genmanipulierte Lebensmittel
63
5 Diskussion Die vorliegende Arbeit basiert auf den Daten einer schriftlichen Elternbefragung und anthro-
pometrischen Messungen in zwei öffentlichen Kindertagesstätten im Gebiet des QM Soldiner
Strasse, Berlin-Mitte, Stadtteil Wedding. Die Studie hat im März 2002 stattgefunden. Ziel der
Untersuchung war die Beschreibung des Ernährungsverhaltens von 3-6jährigen Kitakinder
nach Ethnizität.
Zunächst wird eine Methodenkritik durchgeführt, um auf den Pilotcharakter dieser Studie
hinzuweisen. Danach werden die Ergebnisse diskutiert, um am Schluss Empfehlungen für
Interventionen im Ernährungsbereich geben zu können.
5.1 Methodenkritik
Stichprobengröße In die Untersuchung wurden die Kitakinder der beiden staatlichen Kitas, die sich im Gebiet
des QM befinden, einbezogen. Private und kirchliche Kitas der Region waren nicht einge-
schlossen. Ziel der vorliegenden Studie war es, Informationen über die staatlichen Kitas zu
sammeln, da im QM Interesse an einer Zusammenarbeit besteht und Interventionen für eine
Ernährungsberatung geplant sind.
Da im Vorfeld der Untersuchung keine Daten über die Kinder in diesen Kitas bekannt waren,
konnte nicht abgeschätzt werden, in welchem Umfang die einzelnen Nationalitäten in den Ki-
tas vertreten sind. Bei der Interpretation der Daten sollte berücksichtigt werden, dass die
Stichprobenverteilung der verschiedenen Ethnien und auch die sozialen Schichten un-
gleichmäßig verteilt waren. Aufgrund der kleinen Stichprobe konnte jedoch keine Gleichver-
teilung der Gruppen hergestellt werden, so dass Verallgemeinerungen dieser Daten nur be-
dingt möglich sind.
Bei weiteren Studien zu diesem Thema sollte darauf geachtet werden, gleichstarke Her-
kunftsgruppen zu bilden, um einen Vergleich der Gruppen deutlich hervorheben zu können.
Außerdem sollte die Untersuchung mit gleichmäßig verteilten sozialen Schichten durchge-
führt werden, um auch den Einfluss der sozialen Lage auf das Ernährungsmuster bei Migran-
ten und deutschen Kindern besser beschreiben zu können.
Erhebungsinstrumente Für die vorliegende Untersuchung wurde die Methode der schriftlichen standardisierten Be-
fragung angewendet. Sie ist im Vergleich zur mündlichen Befragung wesentlich billiger, da
bei geringem Personalaufwand eine größere Gruppe angesprochen werden kann. Sie ist a-
nonym durchführbar, weitgehend terminunabhängig und kann unter Ausschaltung des poten-
64
tiellen Einflusses von Mittelpersonen (Interviewer) unmittelbar authentische Dokumente lie-
fern. Bei der schriftlichen Befragung ist allerdings die Gefahr der niedrigeren Responserate
zu berücksichtigen. Hinzu kommt, dass die Studienpopulation größtenteils nicht deutscher
Herkunft war, was die Übersetzung des Fragebogens in eine weitere Sprache notwendig
machte.
Um einen möglichst hohen Rücklauf der Fragebögen zu erreichen, war die Untersucherin 3
Wochen fast täglich in den beiden Kitas jeweils zu den Bring- und Abholzeiten der Kinder
anwesend. Der Fragebogen war in deutscher und türkischer Sprache verfügbar, da mehr als
50% der Kinder in den Kitas türkischer Herkunftssprache sind. 50 (35%) von 141 Fragebö-
gen wurden in türkischer Sprache ausgefüllt. Weitere Sprachen konnten aus Kostengründen
keine Berücksichtigung finden. In den ersten Tagen war zusätzlich eine türkischsprachige
Übersetzerin vom QM Soldiner Strasse in den Kitas anwesend, um möglichst großes Ver-
trauen zu den Eltern aufzubauen. Hilfreich war auch die Unterstützung der Leiterinnen der
Kitas, die ein gutes Vertrauensverhältnis zu den Eltern haben und dazu beitrugen, die
Hemmschwelle zur Teilnahme abzubauen. Durch die persönliche Ansprache der Eltern
konnte ein Rücklauf der Fragebögen von 70% erreicht werden.
Zur Erfassung der Verzehrgewohnheiten wurde ein Food-frequency Fragebogen entwickelt.
Die Eltern oder die Mutter sollten die Verzehrhäufigkeit von bestimmten Lebensmitteln des
Kindes in den letzten 4 Wochen aufschreiben. Mit dieser Methode wurde also ausschließlich
die Häufigkeit des Verzehrs an bestimmten Lebensmitteln ohne quantitative Angaben zu den
Mengen erfasst. Zukünftige Untersuchungen sollten einen 24-Stunden-Recall oder 7-Tage-
Verzehrprotokoll zu dem Verzehr von Lebensmitteln durchführen, um die Unterschiede der
Energie- und Nährstoffaufnahme zwischen den verschiedenen Herkunftsgruppen zu klären.
Weitere Forschung zu den Verzehrmengen wäre ratsam, auch um den Zusammenhang zwi-
schen Ernährungsverhalten und Ernährungsstatus besser verstehen zu können.
Der Anteil an Migranten an der Bevölkerung ist in den Kindes- und Jugendaltersgruppen be-
sonders hoch. Ausländer, Menschen anderer Ethnizität sind ein fester Bestandteil der deut-
schen Bevölkerung. Trotzdem sind Migranten in deutschen Studien (Gedrich & Karg 2001,
Schmid in press) noch sehr unterrepräsentiert. Die vorliegende Studie soll als Pilotstudie
dienen, die Hinweise für zukünftige Studienplanungen aufzeigen kann.
5.2 Untersuchungspopulation Die Untersuchungspopulation der vorliegenden Arbeit setzt sich aus insgesamt 138 3-
6jährigen Kitakinder, davon 61 Mädchen und 71 Jungen, zusammen. Die Untersuchung fand
im Bezirk Berlin Mitte statt, der mit 26,7% den höchsten Migrantenanteil in Berlin hat (Beiträ-
ge zur Gesundheitsförderung und Gesundheitsberichterstattung 2001). Das Gebiet QM Sol-
65
diner Strasse liegt im Wedding, einem Stadtteil von Berlin Mitte. Dort liegt der Migrantenan-
teil bei fast 40% (Tabelle 5.1) im Vergleich zu Berlin-Wedding gesamt mit 31,3%. In der vor-
liegenden Kitastudie haben etwa 60% der Mütter der Kitakinder eine andere Staatsangehö-
rigkeit als Deutsch.
Tabelle 5.1: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Einwohner nach Staatsangehörigkeit (%) im QM-Gebiet, Berlin- Mitte und der Kitastudie (absolute Zahlen in Klammern)
Staatsangehörigkeit Einwohner
Deutsch
Türkisch
Ex-jugoslawien
Andere
Gesamt
QM-Gebiet 62,7% (8081) 20,7% (2661) 4,4% (565) 12,2% (1574) 100% (12881) Berlin Mitte 73,3% (232176) 10,1% (32093) 1,6% (4993) 15% (37086) 100% (316729) Mütter der Kitakinder 38,5% (52) 39,3% (53) 12,6% (17) 9,6% (13) 100% (135)
Um die anthropometrischen Daten der Kitakinder nach ethnischen Herkunftsgruppen verglei-
chen zu können, werden die Daten der Berliner Einschulungsuntersuchung 1999 Berlin
(n=20.807) (Delekat & Kis 2001) und Schuleingangsuntersuchung 2000/2001 Berlin Mitte
(n=3017) (Beiträge zur Gesundheitsförderung und Gesundheitsberichterstattung 2001) he-
rangezogen. Hierbei ist generell zu berücksichtigen, dass in den Einschulungsuntersuchun-
gen 5-7jährige Kinder untersucht wurden und diese Studienpopulation damit etwas älter ist,
als die der vorliegenden Kitastudie. In diesen niedrigen Altersklassen kann dies bei der Prä-
valenz des Ernährungsstatus der Kinder eine Rolle spielen. Weiterhin wurde in beiden Stu-
dien die Herkunft der Kinder unterschiedlich erhoben. Bei den Einschulungsuntersuchungen
wurden die Kinder nach der Staatsangehörigkeit in Gruppen aufgeteilt. Aufgrund der gesetz-
lichen Neuregelungen seit Januar 2000 können ausländische Kinder allerdings bei der Ge-
burt in Deutschland die doppelte Staatsbürgerschaft haben, so dass ihre Nationalität nicht
mehr der ihrer Eltern entsprechen muss. Die Esskultur ist ein wichtiges ethnisches Element,
da Ernährungsgewohnheiten der Menschen durch Sozialisation und Inkulturation geprägt
sind. Im Allgemeinen ist die Mutter für die Ernährung zuständig. Deshalb wurde in der Ki-
tastudie die Muttersprache der Mutter als Charakteristikum der Herkunft des Kindes ver-
wandt. In der vorliegenden Studie waren nach der Einteilung in Muttersprache der Mutter
16% der Kinder deutscher, 56% türkischer, 12% b-s-k-r und 15% einer anderen Ethnizität.
Da bei anderen Untersuchungen meist die Staatsangehörigkeit als Einteilungskriterium ver-
wendet wird, können die Ergebnisse dieser Arbeit nur beschränkt mit den Ergebnissen ande-
rer Untersuchungen verglichen werden. Die Referenzwerte nach Rolland-Cachera (1991) zur
Definition des Ernährungsstatus wurden in den zitierten Studien allerdings gleich verwandt.
Die Häufigkeit an adipösen Kindern unterscheidet sich bei den Kindern deutscher und auch
türkischer Herkunft nur unwesentlich von den Berliner Daten (Tabelle 5.2 und 5.3). Bei der
Zahl an adipösen Kindern mit b-s-k-r Herkunftssprache, die bei den Schuleingangsuntersu-
chungen unter den „Anderen“ gelistet werden, gibt es jedoch große Unterschiede zu den
Berliner Daten. In der Kitastudie sind sie mit einem Anteil von fast 30% Adipösen neben den
66
Kindern türkischer Herkunft eine weitere Risikogruppe.
Tabelle 5.2: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsstatus nach Muttersprache der Mutter in der Kitastudie (absolute Zahlen in Klammern)
Muttersprache der Mutter BMI-Kinder Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere Gesamt Adipös Kitastudie (2002) 11,1% (1) 17,9% (10) 29,4% (5) 11,1% (2) 18,1% (18)
Tabelle 5.3: Prozentuale Häufigkeitsverteilung des Ernährungsstatus nach Staatsangehörigkeit in Ber-lin und Berlin-Mitte (absolute Zahlen in Klammern)
Staatsangehörigkeit BMI-Kinder Deutsch Türkisch Andere Gesamt Adipös* Berlin (1999) 12,0% 20,4% 12,4% 12,7% Adipös**, Berlin-Mitte (2001) 14,3% 23,4% 14,9% 16,3%
* Delekat & Kis 2001, ** Schuleingangsuntersuchung Berlin-Mitte, 2001-02
Wird die Schichtzugehörigkeit der Familien in dem Postleitzahlgebiet und den relevanten
Grundschulen (Beiträge zur Gesundheitsförderung und Gesundheitsberichterstattung 2001)
in dem QM Gebiet mit den hiesigen Studienergebnissen verglichen, ergibt sich eine hohe
Übereinstimmung (Tabelle 5.4). Der Großteil (60%) der Einwohner gehört in dem Gebiet QM
Soldiner Strasse der unteren Schicht, etwa 30% der mittleren und 10% der oberen Schicht
an. Tabelle 5.4: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Schichtzugehörigkeit der Familien im QM Gebiet
Soldiner Strasse und in der Kitastudie (absolute Zahlen in Klammern) Schichtindex
Durchschnitt der Grundschulen Wilhelm-Hauff, Carl-Kraemer,
Andersen
Postleitzahlgebiet 13359
Familien
Kitastudie Untere Schicht 58,7% 62,5% 58,3% (70) Mittlere Schicht 30,3% 25% 31,7% (38) Obere Schicht 10,7% 12,5% 10% (12)
Bei dem Vergleich der Schichtzugehörigkeit mit Daten aus Berlin-Mitte wird der Unterschied
der sozialen Schichten innerhalb der Herkunftsgruppen deutlicher. Familien nichtdeutscher
Herkunft sind in der Mehrzahl in der unteren Schicht zu finden. 76% der Einwohner türki-
scher Staatsangehörigkeit gehören in Berlin Mitte der unteren Schicht an. In der Kitastudie
sind es etwa 60% (Tabelle 5.5 und 5.6). Familien deutscher Herkunft in Berlin Mitte gehören
etwa zu gleichen Teilen der unteren, mittleren und oberen Schicht. In der Kitastudie gehören
sie zum Großteil zur mittleren Schicht. Es muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass in
diese Berechnung des Schichtindex die Variable der höchsten Schulbildung einfließt und
deshalb Migranten, die diese im Herkunftsland absolviert haben, oft keine entsprechenden
Abschlüsse in Deutschland haben bzw. diese in Untersuchungen nicht erfasst werden. Eine
gleichmäßige Verteilung der sozialen Schichten muss in zukünftigen Studien angestrebt
werden, um einen Vergleich der Gruppen zu ermöglichen.
67
Tabelle 5.5: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Schichtzugehörigkeit nach Staatsangehörigkeit in Berlin-Mitte (absolute Zahlen in Klammern)
Staatsangehörigkeit Schichtindex in Berlin-Mitte Deutsch Türkisch Andere Gesamt Untere Schicht 36% 76% 49% 46% Mittlere Schicht 30% 20% 26% 28% Obere Schicht 34% 4% 24% 26%
Tabelle 5.6: Prozentuale Häufigkeitsverteilung der Schichtzugehörigkeit nach Muttersprache der Mut-
ter in der Kitastudie (absolute Zahlen in Klammern) Muttersprache der Mutter Schichtindex in der Kitastudie Deutsch Türkisch B-S-K-R Andere Gesamt Untere Schicht 33,3 % (7) 58,1% (36) 88,2% (15) 60% (10) 58,3% (70) Mittlere Schicht 52,4% (11) 37,1% (23) 11,8% (2) 10% (2) 31,7% (38) Obere Schicht 14,3% (3) 4,8% (3) - 30% (6) 10% (12) 100% (21) 100% (62) 100% (17) 100% (20) 100% (120)
5.3 Ernährungsverhalten In diesem Kapitel soll anhand der in der vorliegenden Arbeit ermittelten Ergebnisse (Kapitel
4.3, S. 42) das Ernährungsverhalten von 3-6jährigen Kitakinder unter Berücksichtigung der
Ethnizität diskutiert werden. Das Ernährungsverhalten wird mit den Empfehlungen zu Still-
dauer und Ernährungsverhalten des FKE, Dortmund und den Ergebnissen der KOPS (Mast
et al. 1998) und anderen veröffentlichten Studienergebnissen verglichen. Bisher wurden
Frauen und Kinder nichtdeutscher Herkunft im Hinblick auf ihre Stillgewohnheiten und Ver-
zehrgewohnheiten in Deutschland nur unzureichend untersucht, so dass in der Literatur zu
dieser Fragestellung kaum Daten verfügbar sind. Neben der spärlichen deutschen Literatur
werden für die anschließende Diskussion auch Erhebungen aus Europa herangezogen.
Stillgewohnheiten Entgegen der Ergebnisse aus internationalen Studien (Williams et al.1989, de Almeida und
Thomas 1993, Faherli et al. 1996), die besagen, dass Migrantenmütter ihre Säuglinge kürzer
stillen als Mütter des Einwanderungslandes, stillen in der Kitastudie Mütter türkischer Her-
kunft ihre Säuglinge am längsten, an zweiter Stelle stehen Mütter deutscher Herkunft, gefolgt
von Frauen anderer Ethnizität. Fast 60% der Mütter b-s-k-r Herkunft haben ihre Kinder nie
voll gestillt (Kapitel 4.3.1, S. 42, Tabelle 4.29).
Nach den nationalen (www.bgvv.de/Kommission) und internationalen (WHO 2001,
www.who.int/nut/, UNICEF 1999) Empfehlungen sollen Kinder in den ersten 4-6 Lebensmo-
naten ausschließlich gestillt werden, danach kann bei altersgemäßer Beikost so lange weiter
gestillt werden wie Mutter und Kind dies wünschen. Die Ergebnisse der Kitastudie (Tabelle
4.29) zeigen dass 50% der Frauen türkischer, deutscher und anderer Herkunft ihre Kinder 3-
4 Monate ausschließlich stillen und damit den Empfehlungen des FKE entsprechen. In einer
68
Studie über das Stillverhalten in einer Universitätsklinik in Istanbul, Türkei (Alikasifoglu et al.
2001), wurde herausgefunden, dass der Einfluss der Krankenhauspraktiken einen größeren
Einfluss auf das Stillverhalten hat, als das Wissen der Mütter zu Säuglingsnahrung oder psy-
chosoziale Faktoren. Möglicherweise haben auch in Deutschland die Krankenhauspraktiken
einen größeren Einfluss auf die Stilldauer als ethnische Stillpraktiken. Dies würde erklären,
warum das Stillverhalten der deutschen und türkischen Mütter relativ ähnlich ist.
Bei einem weiteren Vergleich des Stillverhaltens der Mütter deutscher Herkunft in der Ki-
tastudie mit Untersuchungen des Stillverhaltens von deutschen Müttern der SuSe Studie, die
als Longitudinalstudie konzipiert war (Kersting & Dulon 2002), zeigt sich eine relativ hohe
Übereinstimmung (Kapitel 2.3.1, S. 11, Tabelle 2.4). In der Kitastudie stillen die deutschen
Mütter insgesamt etwas kürzer als die Mütter in der SuSe-Studie. Die Häufigkeiten zur aus-
schließlichen Stilldauer der Kinder nach 4 Monaten sind in der Kitastudie höher als im bun-
desdeutschen Vergleich. Bei der Erfassung von Querschnittsdaten zum früheren Stillverhal-
ten, wie es in der Kitastudie erfragt wurde, müssen allerdings Erinnerungsfehler bei den Müt-
tern in Kauf genommen werden. Es kann somit durchaus zur Über- oder Unterschätzung der
Stilldauer kommen.
Die Ernährung durch Muttermilch in den ersten Lebensmonaten kann einen besonderen Ein-
fluss auf die metabolische Prägung des Stoffwechsels haben. Ein protektiver Effekt wird
vermutlich durch langes Stillen (> 6 Monate) erreicht (Koletzko et.al. 2001a). Bei ausschließ-
lichem Stillen für 3-5 Monate konnte eine 35% Reduzierung der Adipositas bei Kindern beo-
bachtet werden (Kries et al. 1999). Als langfristige Vorteile für ehemals gestillte Säuglinge
werden u.a. eine geringe Inzidenzrate von Diabetes Mellitus Typ I, Morbus Crohn, atopi-
schen Erkrankungen und Adipositas sowie ein fördernder Einfluß der kognitiven Entwicklung
beschrieben bzw. diskutiert (Kersting et al. 1993a, 1993b, 2001). Das lange Stillen und be-
sonders das ausschließliche Stillen sollte weiterhin in den Krankenhäusern gefördert werden.
Verzehrgewohnheiten Die Verzehrhäufigkeiten der 3-6jährigen Kitakinder entsprechen im Mittel den Empfehlungen
der „Optimierten Mischkost“ des FKE. Die Verzehrhäufigkeit von speziellen Lebensmitteln
wie Fast Food, Knabberartikeln und Erfrischungsgetränken ist bei Kindern nichtdeutscher
Herkunft im Vergleich zu den Kindern deutscher Herkunft erhöht (Kapitel 4.4.2, S. 43ff.).
Der empfohlene tägliche Verzehr von Obst und Gemüse wird von 73,7% der Kinder der
Gesamtstichprobe für Obst und 44,4% der Kinder für Gemüse erfüllt. Weitere 44,4% der
Kinder essen zumindest mehrmals pro Woche Gemüse. Bei der Verzehrhäufigkeit von Blatt-
salat bestehen ethnische Unterschiede. Kinder deutscher Herkunft essen Blattsalat wesent-
lich seltener (Anhang 7, Tabelle 2). Diese Daten bestätigen die Ergebnisse der KOPS (Mast
et al. 1998). 72% der Kinder zwischen 5-7 Jahren verzehren täglich Obst und 46,3% der
69
Kinder täglich und 42,8% mehrmals wöchentlich Gemüse.
Neiderud (1996) berichtet aus Schweden, dass griechische Migrantenkinder weniger häufig
Gemüse aßen im Vergleich zu schwedischen Kindern. In der vorliegenden Kitastudie konnte
eine ähnliche Tendenz nicht bestätigt werden. Kinder deutscher und nichtdeutscher Herkunft
unterscheiden sich in der Verzehrhäufigkeit bezüglich Gemüse und Obst nicht besonders
von einander. Bei Blattsalat wurde sogar ein schlechteres Ergebnis bei Kindern deutscher
Herkunft gemessen. Blattsalat wurde (wahrscheinlich saisonbedingt, die Studie fand im März
2002 statt) von 80% der Kinder deutscher Herkunft selten bis nie verzehrt, während 60-70%
der Kinder nichtdeutscher Herkunft hier ein optimales und normales Verzehrmuster haben.
Schmid (in press) berichtet, dass besonders türkische Frauen einen hohen Verzehrsanteil an
Gemüse, im Vergleich zu griechischen und italienischen Frauen haben. Schmid fand, dass
bei Türkinnen der traditionelle Verzehr von Oliven oder anderem rohem Gemüse wie Toma-
ten und Gurken beim Frühstück zum insgesamt hohen Konsum von Gemüse beitrug. Insge-
samt gesehen entsprechen die Verzehrgewohnheiten von Obst, Gemüse und Blattsalat bei
Kindern nichtdeutscher Herkunft den Empfehlungen des FKE.
Nach den Empfehlungen des FKE sollen kohlenhydrathaltige Lebensmittel wie Vollkornbrot, Nudeln, Reis und gekochte Kartoffeln täglich verzehrt werden, Fladenbrot, Weißbrot,
Cornflakes und Smacks allerdings möglichst selten oder nie. Zwischen den einzelnen Her-
kunftsgruppen werden ethnisch bedingte Unterschiede in der Verzehrstruktur deutlich. Etwa
60% der Kinder deutscher, b-s-k-r und anderer Herkunft essen täglich oder mehrmals pro
Woche Vollkornbrot und auch gekochte Kartoffeln sind ein Nahrungsmittel, das fast von 85%
der Kinder deutscher und b-s-k-r Herkunft täglich und mehrmals pro Woche gegessen wird.
Von den Kindern türkischer und anderer Herkunft werden gekochte Kartoffeln und auch Voll-
kornbrot seltener verzehrt. Diese Verzehrmuster werden im Mittel von den Daten der KOPS
(Mast et al. 1998) bestätigt. 80% der Kieler Kinder verzehren täglich Brot (Vollkorn- und
Weißbrot zu gleichen Teilen). Schmid (in press) berichtet, dass dagegen in der Ernährungs-
weise der türkischen Migrantinnen das Brot und der Reis dominiert, allerdings werden auch
von 40% der Frauen täglich Kartoffeln verzehrt. Hier wird deutlich, dass türkische Migrantin-
nen keine homogene Gruppe sind, sondern je nach dem geographischen Herkunftsort in der
Türkei unterschiedliche Lebensmittel im Mittelpunkt der Ernährung stehen. Schmid hat ihr
türkisches Kollektiv auf die Region Westtürkei begrenzt. Dort basiert die Küche auf Gemüse
und ähnelt der mediterranen Ernährung, während weiter östlich, in Zentral- und Ostanatolien,
die Landwirtschaft mehr auf Getreideanbau und Viehhaltung basiert, so dass die Küche dort
reicher an Getreideprodukten und tierischen Fetten ist.
Milch- und Milchprodukte sollen nach den Empfehlungen des FKE von Kindern täglich o-
der mindestens mehrmals pro Woche verzehrt werden. 55% der Kinder trinken täglich Voll-
milch, 40% essen täglich Joghurt und 25,6% essen täglich Käse. Der Verzehr an Milch- und
70
Milchprodukten ist im Vergleich zur KOPS (Mast et al. 1998) geringer. Mehr als 60% der Kie-
ler Kinder trinken täglich Milch und/ oder essen täglich Milchprodukte. Insgesamt gesehen
entspricht der Verzehr aber bei über 60% der Kinder der Kitastudie den Empfehlungen für
ein optimales und normales Ernährungsmuster für Milch- und Milchprodukte.
Die ethnisch bedingten Unterschiede in der Verzehrstruktur von Käse sind auffällig. Fast
65% der Kinder b-s-k-r Herkunftssprache haben ein ungünstiges Verzehrmuster bei Käse
und ca. 30% bei dem Verzehr von Vollmilch. Allerdings essen über 40% der Kinder türki-
scher und b-s-k-r Herkunft täglich Joghurt, im Vergleich zu nur 21% der Kinder deutscher
Herkunft. Aus der türkischen Küche ist bekannt, dass Milch- und Milchprodukte hauptsäch-
lich als Käse und Joghurt verzehrt werden (Schmid in press).
Tierische Produkte wie Fleisch oder Wurstwaren sollen nach den Empfehlungen des FKE
mehrmals pro Woche und Fisch oder Eier nur einmal pro Woche verzehrt werden, da die
Fettzufuhr nach der Optimierten Mischkost reduziert werden soll und gerade in Wurstwaren,
Fleisch und Eier versteckte meist gesättigte Fette enthalten sind.
Im Mittel essen 43% der Kinder mehrmals pro Woche Wurstwaren und verzehren 60% der
Kinder mehrmals pro Woche Fleisch. Immerhin haben 40% und 30% der Kinder einen un-
günstigen Verzehr von Wurstwaren und Fleisch. Zum Vergleich essen 10% der Kieler Kinder
täglich Fleisch, weniger als ein Drittel der Gruppe täglich Wurstwaren (Mast et al. 1998). Es
können keine ethnisch bedingten Unterschiede festgestellt werden. Ergebnisse bei Schmid
(in press) bestätigen, dass Wurstwaren und Fleisch keine bedeutende Rolle in der Ernäh-
rung der Türken spielen. Es wird hauptsächlich Geflügel und Wurstwaren verzehrt, die aus
der Türkei importiert wurden.
Seefisch sollte, zur Vorbeugung eines Jodmangels und der durch ihn verursachten auftre-
tenden Struma, mindestens einmal pro Woche verzehrt werden. Obwohl Fischmahlzeiten
von Kindern in der Regel nicht bevorzugt werden, verzehren 35% der Kinder einmal pro Wo-
che Fisch und 12% sogar mehrmals pro Woche. 64% der Kinder türkischer und 53% der
Kinder b-s-k-r Herkunft essen Fisch selten bis nie. Damit entspricht der Verzehr von Fisch
den Empfehlungen der Optimierten Mischkost.
Nach den Empfehlungen sollen Kinder nicht mehr als 1-3 Eier pro Woche verzehren. Diesen
Empfehlungen entsprechen über 70% der Kinder der Kitastudie. 50% der Kinder b-s-k-r und
31% der Kinder anderer Herkunft haben ein ungünstiges Verzehrmuster bei Eiern. Im Ver-
gleich, ca. 80% der Kieler Kinder (Mast et al. 1998) entspricht bei dem Verzehr von Eiern
den Empfehlungen der Optimierten Mischkost des FKE.
Fast food und Salzgebäck zeichnen sich in der Regel durch einen hohen Fettgehalt aus,
was sich präventivmedizinisch negativ auswirkt. Süßigkeiten und Kuchen gehören eben-
falls zu den Lebensmitteln mit einer niedrigen Nährstoffdichte. Aus ernährungsphysiologi-
71
scher Sicht sollten diese Lebensmittel weniger häufig verzehrt werden. Die „Optimierte
Mischkost“ berücksichtigt jedoch die hohe Präferenz von Kindern für diese Lebensmittel, so
dass Lebensmittel mit niedriger Nährstoffdichte in begrenztem Umfang geduldet werden.
Frittierte oder gebratene Kartoffeln werden im Mittel von 30% der Kinder nichtdeutscher Her-
kunft täglich und mehrmals pro Woche verzehrt. Fast Food wie Currywurst, Hamburger und
Pizza werden von 15% der Migrantenkinder täglich und mehrmals pro Woche verzehrt. Ket-
chup und Majonäse sind typische Beilagen für Fast Food Mahlzeiten, diese werden zum
größten Teil von Kindern nichtdeutscher Herkunft verzehrt. Kinder deutscher Herkunft haben
dagegen zu fast 100% ein normales und optimales Verzehrmuster bezüglich dieser Lebens-
mittel.
Bei Süßigkeiten haben 60% der Kinder der Gesamtpopulation ein ungünstiges Verzehrmus-
ter, insbesondere aber mit 70 bis 80% der Kinder deutscher, b-s-k-r und anderer Herkunft.
Dagegen haben 50% der Kinder türkischer Herkunft ein normales und optimales Verzehr-
muster bei dem Verzehr von Süßigkeiten.
Bei Knabberartikeln fallen die Kinder nichtdeutscher Herkunft auf. Über 50% der Kinder tür-
kischer und b-s-k-r Herkunft verzehren diese täglich oder mehrmals pro Woche.
Erfrischungsgetränke, wie Coca Cola, Limonade und Eistee haben einen sehr hohen Gehalt
an Zucker. 52% der Kinder haben ein ungünstiges Verzehrmuster bei dem Verzehr dieser
Getränke. Kinder b-s-k-r Herkunft fallen besonders auf, da fast 90% der Kinder diese Ge-
tränke täglich oder mehrmals pro Woche trinken.
Im Vergleich zu den Ergebnissen der KOPS (Mast et al. 1998), in der nur das Verzehrmuster
von deutschen Kindern erhoben wurde, wird deutlich, dass die Kieler Kinder ähnlich wie die
Kinder deutscher Herkunft der Kitastudie diese Lebensmittelgruppen nur im begrenzten Um-
fang verzehren. Somit ernähren sich die Kinder deutscher Herkunft größtenteils nach den
Empfehlungen der Optimierten Mischkost. Kinder nichtdeutscher Herkunft haben in Bezug
auf Fast Food, Knabberartikel und Erfrischungsgetränke ein nicht empfehlenswertes Ernäh-
rungsmuster. Dieses Ergebnis wird von Studien aus Schweden (Neiderud 1996) und den
Niederlanden (den Hartog 1994) bestätigt. Auffällig ist dort auch der wesentlich häufigere
Verzehr von Fast Food. Sie zeigen, dass Tendenzen des häufigeren Verzehrs dieser Le-
bensmittelgruppen mit geringer Nährstoffdichte bei Migrantenkinder bestehen. Daten aus der
Studie von Schmid (in press) bestätigen ebenfalls den höheren Verzehr von Erfrischungsge-
tränken wie Coca Cola und Limonade sowie Knabberartikel bei Frauen türkischer Herkunft.
Ernährungsmusterindex Aus den Angaben zu den einzelnen Verzehrhäufigkeiten wurden drei Ernährungsmusterin-
dexe auf Grundlage der Empfehlungen des FKE (siehe Methodenteil Kapitel 3.5.1, S. 24 und
72
Anhang 4) ausgewertet (Kapitel 4.3.3, S. 49 f.). Durch den Vergleich der 3 Ernährungsmus-
terindexe werden die Einzelergebnisse der Verzehrmuster der Lebensmittelgruppen bestä-
tigt.
Der Index für alle 35 Lebensmittelgruppen (Tabelle 4.35) zeigt deutliche Unterschiede zwi-
schen dem Ernährungsmuster Kinder deutscher und nichtdeutscher Herkunft. Kinder deut-
scher Herkunft haben das beste Ernährungsmuster. Gefolgt werden sie von den Kindern tür-
kischer und anderer Herkunft, die auch zum größten Teil ein normales und optimales Ernäh-
rungsmuster haben. Kinder b-s-k-r Herkunft haben das ungünstigste Ernährungsmuster.
Diese Ergebnisse bestätigen die Ergebnisse von Gedrich & Karg (2001). Bei der Auswertung
der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1993 (EVS) des Statistischen Bundesamtes,
die 1993 zum ersten Mal Bürger nichtdeutscher Nationalität mit erfasste, fanden sie, dass die
Nahrungsaufnahme der Türken in Deutschland den deutschen Verzehrmustern ähnlicher ist
als den mediterranen Verzehrgewohnheiten.
Das Verzehrmuster der Kinder nichtdeutscher Herkunft weicht also gering von den Empfeh-
lungen der „Optimierten Mischkost“ ab. Bei Betrachtung zweier weiterer Indices, die durch
eine Aufteilung des Ernährungsmusterindex entstehen, wird die Ursache dieses Ergebnis
verdeutlicht.
Betrachtet man 23 bestimmte Lebensmittelgruppen (Tabelle 4.36) ergibt sich der Index einer
normalen Mischkost. Es werden die Unterschiede der Verzehrhäufigkeiten bezüglich Obst,
Gemüse, Blattsalat, Fleisch, Wurstwaren, Joghurt, Eier, Käse und Vollmilch dargestellt. Kin-
der türkischer Herkunft, gefolgt von Kindern deutscher, anderer und b-s-k-r Herkunft, haben
bei diesem Index das beste Ernährungsmuster. Studien aus den Niederlanden (Brussard et
al. 1999) lieferten ähnliche Ergebnisse. Die durchschnittliche Aufnahme von Lebensmitteln
mit hohem Nährwert lag bei Migrantenkinder im Rahmen der niederländischen Empfehlun-
gen zur Nährstoffaufnahme.
Ein weiterer Index (Tabelle 4.37) ergibt sich aus der Betrachtung von 12 Lebensmitteln wie
Fast Food, Knabberartikel, Süßigkeiten und Erfrischungsgetränke. Hier wird ein deutlicher
Unterschied der ethnischen Ernährungsweise sichtbar. Kinder deutscher Herkunft haben in
Bezug auf diese Lebensmittel ein normales oder optimales Ernährungsmuster. Bei Kindern
nichtdeutscher Herkunft zeigt sich dagegen in der Reihenfolge anderer, türkischer und b-s-k-
r Herkunft häufiger ein ungünstiges Ernährungsmuster. Ähnlich wie die Ergebnisse der Ki-
tastudie bezüglich Lebensmittel mit geringem Nährwert zeigen Ergebnisse aus Schweden
(Neiderud 1996) und den Niederlanden (den Hartog 1994), dass Migrantenkinder häufiger
Süßigkeiten und Snacks sowie Erfrischungsgetränke zu sich nehmen als Kinder des Ein-
wanderungslandes.
Da die erhobenen Daten anhand einer schriftlichen Befragung entstanden sind, kann aller-
73
dings nicht ausgeschlossen werden, dass Fragen fälschlicherweise zu positiv beantwortet
wurden. Vor allem bei Eltern deutscher Herkunft ist wahrscheinlich ein gewisses Bewusst-
sein für eine gesunde Ernährung vorhanden bzw. sind Informationen über gesunde und un-
gesunde Lebensmittel bekannt. Möglicherweise könnte dies z.B. bei Angaben zum Verzehr
von Lebensmitteln wie Pommes frites, Fast Food und Knabberartikel und Erfrischungsge-
tränke zu eher „sozial erwünschten“ Antworten geführt haben. Da allerdings die Verzehrge-
wohnheiten der Kinder deutscher Herkunft mit den Befunden der KOPS Studie (Mast et al.
1998) vergleichbar sind, geht die Autorin von einem ehrlichen Antwortverhalten aus.
Mahlzeitengewohnheiten Anhand des Fragebogens konnten die Eltern bei der Erhebung der Mahlzeitengewohnheiten
im Tagesverlauf zwischen 6 Mahlzeiten (erstes Frühstück, zweites Frühstück, Mittagessen,
Nachmittagsessen, Abendmahlzeit und Spätmahlzeit) differenzieren (Kapitel 4.3.4, S. 52).
Nach den Ergebnissen der Kitastudie nehmen Kinder deutscher Herkunft im Mittel mehr als
vier Mahlzeiten pro Tag zu sich, während bei Kindern nichtdeutscher Herkunft nur drei Mahl-
zeiten eingenommen werden (Tabelle 4.38). Nach den Empfehlungen der Optimierten
Mischkost sollen Kinder 5 Mahlzeiten am Tag (Kersting et al. 1993a+b) zu sich nehmen. Da-
zu werden Musterspeisepläne für das erste und zweite Frühstück, das Mittagessen, die Zwi-
schenmahlzeit und das Abendessen angeboten. Die bei dieser Studie gefundenen durch-
schnittlich 3-4 Mahlzeiten pro Tag werden für Kinder dieser Altersgruppe als zu wenig ange-
sehen. Ernährungsberatungen sollten darauf hinweisen, dass Kinder häufiger am Tag kleine
Mahlzeiten benötigen.
Der Großteil der Kitakinder zwischen 3-6 Jahren nimmt nach Aussagen der Eltern zwei war-
me Mahlzeit pro Tag zu sich (Tabelle 4.38). Dabei handelt es sich wahrscheinlich um eine
warme Mahlzeit in der Kita und eine warme Mahlzeit am Abend mit den Eltern. Nach den
Empfehlungen des FKE sollten Kinder lediglich eine warme Mahlzeit pro Tag zu sich neh-
men. Hilfreich für die Erarbeitung möglicher Lösungen wären Kenntnisse über die Gründe für
eine zweite warme Mahlzeit und wann diese eingenommen wird. Möglicherweise wollen Fa-
milien gerne eine warme Mahlzeit abends gemeinsam zu sich nehmen oder es werden gene-
rell zwei warme Mahlzeit am Tag in den Familien zubereitet.
Für die Planung von Beratungen und Interventionen ist es notwendig, genaue Informationen
über spezifische ethnische Ernährungsweisen zu sammeln. Nur dann kann den Gesund-
heits- und Ernährungsexperten das notwendige Hintergrundwissen über Gemeinsamkeiten
und Unterschiede der Lebensmittelzusammenstellung, den Verzehrhäufigkeiten sowie Tradi-
tionen und Praktiken vermittelt werden. Bei der Durchführung von Interventionen muss die
jeweilige Zielgruppe und ihre Ernährungsweise berücksichtigt werden.
Des Weiteren ist es notwendig, Ernährungsberatungsmaterial zu entwickeln, das nicht tradi-
74
tionellen und religiösen Ernährungsgewohnheiten widerspricht. Durch eine zunehmende Glo-
balisierung stehen Menschen in industrialisierten Ländern zwar ähnliche Lebensmittel zur
Verfügung, es gibt jedoch signifikante kulturelle Unterschiede, wie Nahrung miteinander
kombiniert wird. Dies sollte bei der Durchführung der Ernährungsberatung berücksichtigt
werden.
5.4 Einflüsse auf das Ernährungsverhalten der Kinder
Einfluss der Aufenthaltsdauer und der deutschen Sprachkenntnisse der Mutter auf das Ernährungsmuster der Kinder Pan et al. (1999) und Lee et al. (1999) fanden durch ihre Untersuchungen heraus, dass Än-
derungen der Ernährungsgewohnheiten bei Einwanderern von Aufenthaltsdauer, Fähigkeit
des Sprechens und Schreibens der Sprache des Einwanderungslandes und Kontakt zu Ein-
heimischen abhängig ist. Die Ergebnisse der Kitastudie zeigen, dass in keine vergleichbaren
Korrelationen vorhanden sind. Das Ernährungsmuster der Kinder verschiedener ethnischer
Herkunft scheint weder von den Sprachkenntnissen noch der Aufenthaltsdauer der Mutter
beeinflusst zu werden (Kapitel 4.4, S. 54, Tabelle 4.40 und Tabelle 4.41). Die Untersuchung
von Schmid (in press) zeigt ebenfalls, dass trotz der langen Aufenthaltsdauer von Migrantin-
nen nur sehr geringe Veränderungen der jeweiligen ethnischen Ernährungsweisen stattfin-
den. Die Aufrechterhaltung der jeweiligen kulturell geprägten Ernährungsweise wird durch
die meist ethnisch homogenen Familienstrukturen, in denen die ausgewählten Migrantinnen
leben, unterstützt. Das vielfältige Warenangebot z.B. in türkischen Supermarkten fördert
ebenfalls das Beibehalten ursprünglicher Ernährungsweisen. Schmid spekuliert, dass bei
Migranten, die hier als alleinlebende Studierende oder in gemischt-nationalen Ehen leben,
größere Veränderungen im Ernährungsverhalten zu erwarten wären. Dies würde in Einklang
mit den Ergebnissen von Pan et al. (1999) und Lee et al. (1999) stehen, die für ihre Studien
ausschließlich Studierende untersuchten, die erst kurz in die USA eingewandert waren.
Einfluss der sozialen Lage der Familie auf das Ernährungsmuster Obwohl die sozialen Schichten nicht gleichmäßig in den Gruppen verteilt waren, wurde der
Einfluss der sozialen Schicht der Familie auf das Ernährungsmuster überprüft. Die Ergebnis-
se der KOPS (Langnäse et al. 2000) zeigen, das bei 5-7jährigen Kindern ein sozialer
Schichtgradient hinsichtlich des Ernährungsmusters besteht. Deutsche Kinder aus unteren
sozialen Schichten ernähren sich ungesünder als Kinder aus höheren Schichten. Dies kann
durch die Kitastudie bestätigt werden. In der vorliegenden Studie besteht eine Tendenz (Ka-
pitel 4.4.3, S. 55, Tabelle 4.42) zum Verlauf von sozial schwächeren Schichten mit ungünsti-
gem Ernährungsmuster zu sozial besseren Schichten mit optimalem Ernährungsmuster. Vor
allem bei Familien deutscher Herkunft wird dieser Trend deutlich.
75
Der Großteil der Familien nichtdeutscher Herkunft gehört der unteren Schicht an, was ver-
mutlich in Zusammenhang mit einer geringeren Schulbildung und einer niedrigeren Quote an
Berufstätigkeit steht. Da kaum Daten von sozial besseren Schichten dieser Population vor-
liegen, ist die Ermittlung einer Beziehung zwischen Ernährungsstatus und sozialer Lage hier
nicht möglich. Dies wird aus Untersuchungen in anderen europäischen Ländern bestätigt
(Neiderud 1996, den Hartog 1994). Das Central Bureau of Statistics der Niederlande hat
1991 (Brussard 2001) in einer Gesundheitsuntersuchung bei der türkischen Bevölkerung in
den Niederlanden lediglich einen negativen Einfluss der schlechten physischen und sozialen
Umwelt auf die Gesundheitssituation der Migranten festgestellt. Migranten leben dort häufig
in großen Städten und die Qualität der Wohnungen ist schlechter als die der restlichen Be-
völkerung. Papdaki & Scott (2002) berichten, dass sich griechische Studenten in Glasgow
aufgrund des geringen Einkommens nicht mehr die Lebensmittel leisten können, die sie
normalerweise in ihrem Heimatland zu sich nehmen würden. Diese Ergebnisse können aller-
dings nicht verallgemeinert werden. Denn verglichen mit ihrem Herkunftsland können die
meisten Migranten, obwohl sie niedrigen Einkommensgruppen angehören, oft mehr für den
Einkauf von Lebensmitteln ausgeben (Brussard 2001, den Hartog 1994, Landman 2001). Sie
verzehren daher in stärkerem Maße für sie aus ihrem Herkunftsland schon bekannte Le-
bensmittel wie Fleisch, Milchprodukte, Gemüse und Obst sowie Erfrischungsgetränke.
5.5 Einfluss des Ernährungsmusters auf den Ernährungsstatus
Beziehung zwischen Ernährungsmuster und Ernährungsstatus In dieser Untersuchung, die allerdings nur an einer kleinen Stichprobe vorgenommen wurde,
zeigt sich kein Zusammenhang zwischen Ernährungsmuster und Ernährungsstatus der Kita-
kinder. Auch bei Betrachtung der unterschiedlichen Herkunftsgruppen kann kein Einfluss der
Ethnizität auf die Beziehung zwischen Ernährungsmuster und Ernährungsstatus gefunden
werden. Übergewichtige und adipöse Kinder haben zu je einem Drittel ein optimales, norma-
les oder ungünstiges Ernährungsmuster. Normalgewichtige Kinder weisen ebenfalls zu ca.
30% ein ungünstiges Ernährungsmuster auf (Kapitel 4.5, S. 57, Tabelle 4.43).
Dieses Ergebnis wird durch die Kieler Studie (23,2% der Kinder sind übergewichtig, 68%
sind normalgewichtig und 8,8% der Gruppe sind untergewichtig) bestätigt (Mast et al. 1998).
Bei der Betrachtung der Verzehrgewohnheiten kann auch hier keine Beziehung zwischen
Ernährung und Ernährungszustand ermittelt werden. Übergewichtige Kinder weisen im Mittel
ähnliche Verzehrgewohnheiten auf wie normal- oder untergewichtige Kinder. Dies gilt auch
für einzelne „Problemlebensmittel“ wie Süßigkeiten, Fast Food und Chips. Übergewichtige
Kinder verzehren diese Lebensmittel nicht häufiger als normal- oder untergewichtige Kinder.
Ungünstige Ernährungsgewohnheiten sind deshalb sehr wahrscheinlich nicht die alleinige
76
Ursache für Übergewicht im Kindesalter.
Fettleibigkeit wird offenbar von vielen Faktoren beeinflusst, ein ungünstiges Ernährungsmus-
ter ist nicht alleine ausschlaggebend. Adipositas kann auch genetische, soziokulturelle, ver-
haltensabhängige oder demographische Ursachen haben. Die genannten Faktoren, ihre
Wirkungen sowie mögliche gegenseitige Wechselwirkungen und Abhängigkeiten tragen zu
einem komplexen Charakter der Entstehung von Adipositas bei. So kann die Prävalenz von
Adipositas durch Überfluss der Ernährung im Zusammenspiel mit Bewegungsarmut erklärt
werden. Ihre Ausprägung ist aber im Einzelfall abhängig von der genetisch vorgegebenen
Adaptation des Stoffwechsels an die jeweilige Lebensweise (Müller et al. 1997).
Subjektive Einschätzung des Ernährungsstatus ihres Kindes durch die Eltern Eltern von Kindern zwischen 3 bis 6 Jahren können offensichtlich Übergewicht oder sogar
schweres Übergewicht ihrer Kinder nicht erkennen (Kapitel 4.5.2, S. 57, Tabelle 4.44). Die
subjektive Einschätzung der Eltern stimmt nicht mit der objektiven Einteilung in dicke und
dünne Kinder nach dem errechneten BMI überein. Obwohl laut BMI 18 Kinder adipös sind,
schätzen 72,2% der Eltern das Körpergewicht ihres Kindes als normal ein. Ethnizität zeigt
keinen Einfluss auf die subjektive Einschätzung der Eltern zum Ernährungszustand ihrer
Kinder, alle 4 befragten Herkunftsgruppen erkennen mehrheitlich nicht, dass ihre Kinder zu
dick sind.
Wer definiert Übergewicht? Wer sagt was normal ist? In dieser Arbeit wurden die Referenzwerte für den BMI nach den Empfehlungen der Europe-
an Childhood Obesity Group (ECOP) verwendet. Rolland-Cachera et al. (1991) legte 1991
eine umfassende Studie zur Erstellung von BMI-Referenzwerten von Geburt bis 87 Jahren
für die französische Bevölkerung vor. Die Untersuchung basierte auf 4 verschiedenen Stich-
proben, die alle Altersgruppen repräsentierten. Die Daten der Einschulungsuntersuchungen
in Berlin (Delekat & Kis 2001) und Berlin-Mitte (Butler 2002) werden nach diesen Referenz-
werten ausgewertet. Um eine Vergleichbarkeit herzustellen, wurden diese Referenzwerte
auch in dieser Arbeit angelegt.
Da der Fettanteil im Kindesalter starken physiologischen Schwankungen unterliegt, ist die
Festlegung klarer altersspezifischer BMI-Grenzen schwierig. Es kann allerdings gezeigt wer-
den, dass das Risiko, im Erwachsenenalter adipös zu bleiben, umso höher ist, je länger ein
Kind bereits in seiner Entwicklung übergewichtig ist. Um bestimmte Risikogruppen zu erfas-
sen, eine Vergleichbarkeit zu erreichen und eine zeitliche Entwicklung zu dokumentieren
müssen daher bestimmte Grenzwerte festgelegt werden. Die Diskussion über die „richtigen“
Referenzwerte für Deutschland wird zurzeit in Fachkreisen lebhaft geführt.
In der Kitastudie ist unabhängig von den festzulegenden Grenzwerten auffällig, dass Eltern
77
für den Ernährungsstatus ihrer Kinder nicht ausreichend sensibilisiert sind. Daher ist zu emp-
fehlen, dass in den U-Untersuchungen (U1-U9) die anthropometrischen Daten der Kinder in
Wachstumskarten eingetragen werden, um den Verlauf der Körperentwicklung des Kindes
dokumentieren zu können. Diese Visualisierungstechnik scheint von größter Wichtigkeit für
Eltern, damit sie selbst feststellen können, wie ihr Kind sich entwickelt. Kinderärzte sollten
vermehrt darauf achten, anhand der Wachstumskarten die Befunde mit den Eltern zu be-
sprechen, sowie auf Abbildungen in den U-Heften hinweisen. Das Führen der Wachstums-
karten könnte auf andere Orte ausgeweitet werden, z.B. auf Kita und Schule, um Eltern fort-
während für den Ernährungsstatus ihrer Kinder zu sensibilisieren.
5.6 Informationsquellen und Bedarf für Ernährungsberatung Der Fragebogen enthielt einige Fragen zu Informationsquellen und den Bedarf für Ernäh-
rungsberatung. Diese Fragen wurden gestellt, um herauszufinden, ob es Unterschiede im In-
formationsverhalten der verschiedenen Herkunftsgruppen gibt und um Hinweise für den Be-
darf an einer Ernährungsberatung zu erhalten (Kapitel 4.6, S. 59).
Auf die Frage, ob sie Ratschläge zu Ernährungsfragen erhalten haben, gaben 72,7% der
Mütter deutscher Herkunft an, bei der Ernährung ihres Kindes nicht beraten worden zu sein.
Dagegen erhielten 40%, 48,1% und 68,7% der Mütter anderer, türkischer und b-s-k-r Her-
kunftssprache Ratschläge zur Ernährung (Tabelle 4.45). Bei Müttern türkischer Herkunft wa-
ren von diesen 40% der Anteil an Beratung durch die eigene Familie mit 28,6% am höchs-
ten. Gründe hierfür sind spekulativ. Neben den mangelnden Deutschkenntnissen der Mütter
kann dafür ein engerer und besserer Zusammenhalt in der Familie verantwortlich sein, wo
Kenntnisse der Großmütter an die jüngeren Mütter weitergegeben werden. Professionelle
Hilfe durch Kinderarzt oder Hebamme wurde von allen Herkunftsgruppen nur sehr selten in
Anspruch genommen.
Auf die Frage „Haben Sie sich selbst zu dem Thema Ernährung von Säuglingen und Kindern
informiert?“ haben 39% der Mütter der Gesamtstudienpopulation mit „nein“ geantwortet (Ta-
belle 4.46). 60% haben Medien wie Zeitschriften, Informationsbroschüren und Fernsehen am
häufigsten genutzt, um sich zum Thema Ernährung zu informieren. Beratung durch Ärzte
und Hebammen wurden wenig genutzt. Ärzte werden eventuell nur bei tatsächlich auftreten-
den Schwierigkeiten angesprochen und nicht für Präventionsmaßnahmen. Ernährungsbera-
tungsangebote im Kiez wurden ebenfalls kaum genutzt. Es konnte allerdings nicht festge-
stellt werden, ob sie nicht genutzt wurden, weil kein Interesse besteht oder weil das Angebot
an Ernährungsberatung im Soldiner Kiez sehr gering ist.
Ethnizität scheint einen Einfluss auf den Informationsbedarf zu Ernährungsberatung zu ha-
ben. Während über 70% der Mütter deutscher, b-s-k-r und anderer Muttersprache keinen
78
Bedarf haben, wünscht sich die Hälfte der Türkischsprachigen mehr Informationen zum
Thema Ernährung des Kindes (Tabelle 4.47). Auf die Frage „Welche Themen wünschen sie
sich?“ antworteten 31 Personen, davon 21 türkischer, 5 deutscher, 2 b-s-k-r und 3 anderer
Muttersprache. Die Antworten fächern sich in Informationsbedarf über die gesunde Ernäh-
rung der Kinder im allgemeinen, Ernährungserziehung und wie Ernährungsverhalten und –
gewohnheiten beeinflusst werden können. Unter speziellen Themen wurden Informationen
zu Zahn- und Knochenaufbau sowie zu Stoffwechselstörungen gewünscht. Auffallend ist,
dass ein großer Anteil der Mütter insgesamt keinen Bedarf hat, sich zum Thema Ernährung
zu informieren. Über die Gründe für dieses Desinteresse kann nur spekuliert werden. Wird
die Notwendigkeit einer guten Ernährung für Kinder nicht erkannt? Gibt es keine für die Müt-
ter erkennbaren Schwierigkeiten? Sind die Mütter überzeugt, ihre Kinder gut zu ernähren?
Möglicherweise könnten hier Mütter mit guten Erfahrungen bei der Ernährungsberatung die
Mütter mit schlechten Erfahrungen unterstützen. Vor allem die Gruppe der Frauen türkischer
Herkunft sollte als spezielle Zielgruppe mit einem erhöhten Bedarf an Informationen zur Er-
nährung ernst genommen werden. Zugangsmöglichkeiten zu dieser Gruppe sollten erarbeitet
werden.
Der Wunsch nach der Art der Aufklärungsform ist in allen vier Herkunftsgruppen sehr homo-
gen. Demnach gibt es keinen Einfluss der Ethnizität auf die Aufklärungsform. Die Informati-
onsbroschüre als Aufklärungsform steht an erster Stelle, gefolgt von dem persönlichen Ge-
spräch und Fernsehsendungen (Tabelle 48).
Die Eltern der Kitakinder konnten wählen, in welcher Sprache sie den Fragebogen ausfüllen
wollten. Es standen deutsche und türkische Fragebögen zur Auswahl. 50 (35%) von 141
Fragebögen wurden in türkischer Sprache ausgefüllt. Trotz guter deutscher Sprachkenntnis-
se bevorzugen von 77 Müttern türkischer Muttersprache 65% der Mütter ihre Muttersprache.
Um sicherzustellen, dass die Informationen auch an die Zielgruppen herangetragen werden
können, sollte Informationsmaterial auf jeden Fall in mehreren Sprachen angeboten werden.
79
6 Empfehlungen für Interventionen Diese Arbeit hatte zum Ziel das Ernährungsverhalten von 3-6jährigen Kindern nach Ethnizität
bei Berücksichtigung der Muttersprache der Mutter in dem sozialen Brennpunkt Soldiner
Strasse in Berlin-Mitte zu untersuchen und aufgrund der Analysen einen Vorschlag für ge-
zielte Interventionen zur Ernährungsberatung zu erarbeiten.
Für die inhaltliche Gestaltung einer erfolgreichen Intervention sind Kenntnisse über die Ziel-
gruppe und ihr Verhalten grundlegend, um daraus Strategien zu einer zielgruppenspezifi-
schen Gesundheitsförderung erarbeiten zu können. Das QM Soldiner Strasse hat großes In-
teresse daran, in Kooperation mit der Plan- und Leitstelle Mitte gesundheitsfördernd und
präventiv tätig zu werden. Im Anschluss wird eine Sammlung von möglichen Maßnahmen
vorgeschlagen, die im Kontext der Rahmenbedingungen und Partner zu prüfen sind.
Die Ergebnisse der Kitastudie zeigen, dass Kinder nichtdeutscher Herkunft im Bezug auf das
Ernährungsverhalten eine spezielle Risikogruppe darstellen und weiterer Handlungsbedarf
besteht. Die Empfehlungen lauten:
1. Informationen zur gesunden Ernährung von Kindern zu verbreiten,
2. Informationen in mehreren relevanten Sprachen anzubieten,
3. Sensibilisierung für den Ernährungsstatus der Kleinkinder zu wecken und
4. Zugang zu den Zielgruppen zu finden.
6.1 Informationen zur gesunden Ernährung von Kindern Eine mögliche, ‘richtige und gesunde’ Zusammenstellung von Nahrungsmitteln und Nährstof-
fen kann aus naturwissenschaftlicher Perspektive festgelegt werden, nicht aber eine Ernäh-
rung, die für die einzelnen Menschen, die kulturellen Funktionen des Essens und die damit
verbundene Lebensqualität bereitstellt und sichert. Durch die Ernährungsberatung sollte eine
Reflexion des Ernährungsverhaltens angeregt werden. Aus den neuen Erkenntnissen kön-
nen Folgerungen gezogen werden, die sicherlich auch für Beratung und andere Kommunika-
tionsprozesse um das Thema Ernährung zu nutzen sind. Deshalb sollte ein Dialog mit den
Eltern beginnen, um weitere Hintergründe über die Auswahl der Lebensmittel zu erhalten
und entsprechend angepasste Empfehlungen geben zu können.
Ernährung von Säuglingen
Das Stillverhalten der Kinder deutscher als auch nichtdeutscher Herkunft sollte weiterhin im
Krankenhaus und bei der Betreuung durch Hebammen unterstützt werden. Das exklusive
Stillen bis zu 6 Monaten ist international empfohlen und hat eine präventive Wirkung für das
Kind.
80
Ernährung von Kitakindern
Die normale Mischkost der Kinder nichtdeutscher Herkunft ist meist besser als die der Kinder
deutscher Herkunft, was wahrscheinlich an der traditionellen Zubereitung der Speisen liegt.
Größtes Problem bei der Ernährung von Kindern nichtdeutscher Herkunft ist der Verzehr von
Fast Food Produkten, Süßigkeiten, Knabberartikeln und Erfrischungsgetränken. Die Häufig-
keit des Verzehrs dieser Lebensmittel sollte zum Thema bei Informationen zur Ernährung
gemacht werden. Ziel ist die Reduzierung des Verzehrs an minderwertigen Lebensmitteln.
Nach den Empfehlungen sollten Kleinkinder fünfmal am Tag eine Mahlzeit zu sich nehmen.
Die Eltern haben durchschnittlich eine geringere Mahlzeitenanzahl pro Tag angegeben.
Mahlzeitenfrequenzen am Tag mit mehreren kleinen und großen Mahlzeiten sind für die Er-
nährungserziehung von Kindern von größter Wichtigkeit. Deshalb ist die Versorgung von
Kindern in Kindertagesstätten mit einem Mittagessen sehr positiv zu bewerten. Von Vorteil
wäre auch Frühstück und Zwischenmahlzeiten in Kitas anzubieten, um so eine Vollverpfle-
gung zu erreichen und die Kinder an Mahlzeitenfrequenzen mit Lebensmittel zu gewöhnen,
die den Empfehlungen entsprechen.
Ein oft gehörtes Problem, ist das mitgebrachte Frühstück und die Zwischenmahlzeiten in der
Kita. Es könnte versucht werden, die Kinder selbst für ihr mitgebrachtes Frühstück zu sensi-
bilisieren, damit sie darauf achten, dass sie ein „gesundes“ Frühstück und Zwischenmahlzeit
in der Tasche haben. Mögliche Ansprechpartner für Beratung und Informationen zur gesun-
den Ernährung im direkten Umfeld der Kitas sind die Kitaberater.
6.2 Informationen in mehreren relevanten Sprachen Mütter türkischer Herkunft im QM Gebiet Soldiner Strasse haben den Bedarf an mehr Infor-
mationen zu Ernährungsthemen geäußert. Dem sollte nachgegangen werden. Dabei ist es
wichtig, Informationsmaterial in deutscher als auch in der jeweiligen Muttersprache anzubie-
ten. Recherchen haben ergeben, dass es wenig Informationsmaterial über Ernährung in
nichtdeutscher Sprache gibt.
Der Arbeitskreis Neue Erziehung e.V., Projekt Interkulturelle Elternarbeit, bietet bereits
mehrsprachige Informationen zu Themen an, die Eltern von Säuglingen und Kleinkindern be-
trifft. Möglicherweise könnten Ernährungsfragen in dieses Programm integriert werden. Wei-
tere Ansprechpartner für potentielle Kooperationen sind die GKV (gesetzliche Krankenversi-
cherung) sowie der Informationsdienst AID, die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung)
und die BZGA (Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung). Diese Verbände erstellen
bereits deutschsprachiges Infomaterial zum Thema Ernährung und könnten eventuell von ei-
ner Bereitstellung von Infomaterial auch in anderen, nichtdeutschen Sprachen überzeugt
werden.
81
6.3 Sensibilisierung für den Ernährungsstatus der Kleinkinder Auslöser für die Durchführung der vorliegenden Kitastudie war die Beobachtung, dass Kinder
nichtdeutscher Herkunft häufiger adipös sind als deutsche Kinder. Neben dem Ernährungs-
verhalten wurde daher auch die individuelle Einschätzung des Ernährungszustandes erfasst.
Ein wichtiges Ergebnis der Kitastudie ist, dass Eltern von Übergewichtigen oder sogar adipö-
sen Kindern (nach der Definition von Rolland-Cachera et al.1991) ihr Kind nicht als zu dick
einschätzen. Bei diesen Fehleinschätzungen gibt es keine Unterschiede nach Ethnizität. Ur-
sache hierfür sind somit keine kulturell motivierten Präferenzen für „wohlgenährte“ Kinder.
Das Ergebnis macht deutlich, dass sowohl Eltern als auch Kinder für ihren eigenen Ernäh-
rungsstatus sensibilisiert werden müssen. Es könnten z.B. Wachstumskurven für jedes Kind
in den Kitas geführt werden, in denen der BMI der Kinder regelmäßig im Abstand von 3-6
Monaten eingetragen wird. Dies könnte in Abstimmung mit dem KJGD (Kinder Jugend Ge-
sundheitsdienst) eingeführt werden.
Beispiel für eine Wachstumskarte
Empfohlener Wachstumsverlauf von Mädchen im Alter zwischen 2-7 Jahren
1112131415161718192021
2 Ja
hre
2,5
Jahr
e
3 Ja
hre
3,5
Jahr
e
4 Ja
hre
4,5
Jahr
e
5 Ja
hre
5,5
Jahr
e
6 Ja
hre
6,5
Jahr
e
7 Ja
hre
Alter der Mädchen
Bod
y M
ass
Inde
x de
r Mäd
chen
Mädchen, Grenze zu "zu dick" Mädchen, Grenze zu "zu dünn"
BMI nach Referenzwerten Rolland-Cachera et al. 1991 (Anhang 5) BMI = Körpergewicht (in kg) / Körpergröße (in m2) Abbildung 6.1: Beispiel für eine Wachstumskarte
82
6.4 Zugang zu Kindern außerhalb der Kita Da nicht alle Kinder eines Bezirkes in die Kita gehen und auch diese Kinder und Eltern mit
Informationen zur gesunden Ernährung erreicht werden sollen, müssen zusätzlich andere
Wege der Aufklärung etabliert werden.
Kinderärzte
Im Rahmen der U1-9 Untersuchungen bei den Kinderärzten sollte den Wachstumskarten im
Anhang des U-Heftes größere Aufmerksamkeit zuteil werden. Ärzte sollten den Eltern die
Bedeutung sowie einen größeren Stellenwert dieser Wachstumskarten und des Verlaufs des
Wachstums ihrer Kinder vermitteln. Das Instrument der Wachstumskarten erscheint sehr
sinnvoll, um die Entwicklung einer Adipositas frühzeitig erkennen zu können.
Moscheen und Vereine
Mögliche Ansprechpartner zur Sensibilisierung für gesunde Ernährung wären außerdem Mo-
scheen und Vereine in einem Quartier, die z.B. durch das Quartiersmanagement gezielt auf
ihren Bedarf an Information zur Ernährung von Kindern angesprochen werden können.
Frauen türkischer Herkunft haben im Rahmen der Kitastudie diesen Informationsbedarf deut-
lich geäußert. Frauengruppen in den Moscheen oder Vereinen erscheinen daher als ideale
Ansprechpartner, um ein niedrigschwelliges Informationsangebot zu erreichen. Eventuell
können Frauen, die zur Gruppe gehören, Informationsmaterial zu Ernährung und Entwick-
lung des Kindes sogar selbst aufbereiten und anderen Frauen der Gruppe darüber berichten
und so als „informelle Helferinnen“ arbeiten.
Grundschule
Selbst wenn Ernährungsgewohnheiten schon sehr früh geprägt werden und ein Ansatz zur
gesunden Ernährung in den Kitas aus fachlicher Sicht sehr empfohlen wird, sollte auch die
Schule starke Berücksichtigung finden. Dort sind Ansätze zur Vollverpflegung der Kinder
durch Mittagstisch, Schulkiosk mit gesunden Frühstücken und Zwischenmahlzeiten zur De-
monstration von gesunder Ernährung zu empfehlen. Material und Informationen, auch um
Unterrichtseinheiten zu gestalten, können über BZGA, AID und DGE bezogen werden.
Rolle QM und andere Beratungsstellen im Wohngebiet
Das QM und auch andere Beratungsstellen im Quartier sollten sich der Aufgabe stellen und
Maßnahmen zu niedrigschwelligen Angeboten der Ernährungsberatung einleiten. Erfahrun-
gen aus anderen Berliner Bezirken und Städten in Deutschland können dazu hilfreich sein,
machen allerdings eine Recherche notwendig.
83
7 Zusammenfassung Im Rahmen dieser Arbeit wurde das Ernährungsverhalten von drei- bis sechsjährigen Kin-
dern in einem ausgewählten Berliner Stadtquartier in Abhängigkeit von ihrer ethnischen Zu-
gehörigkeit untersucht. Es wurde ein standardisierter Fragebogen entwickelt, der im März
2002 den Eltern bzw. Müttern von insgesamt 199 Kindern in zwei Kindertagesstätten im Ge-
biet des Quartiersmanagements Soldiner Strasse vorgelegt wurde. 138 der ausgegebenen
Fragebögen konnten für diese Studie ausgewertet werden.
Unabhängig von den Staatsangehörigkeiten der Kinder wurden deren Ethnizitäten anhand
der jeweiligen Muttersprache der Mutter bestimmt. Die Auswertung der Daten erfolgte mittels
Gruppen aus Kindern mit Müttern deutscher (n=23), türkischer (n=77), b-s-k-r (Sprachen des
Ex-Jugoslawien) (n=17) und anderer (n=20) Muttersprache. Während Familien deutscher
Herkunft auch den mittleren und oberen sozialen Schichten zuzuordnen sind, lebt der Groß-
teil von Familien nichtdeutscher Herkunft in unteren sozialen Verhältnissen.
Die Analyse des Stillverhaltens ergab keine bedeutenden Unterschiede zwischen den ver-
schiedenen ethnischen Gruppen, die Richtlinien des Forschungsinstitutes für Kinderernäh-
rung, Dortmund (FKE) werden größtenteils erfüllt.
Die Verzehrhäufigkeiten für Lebensmittel der „Optimierten Mischkost“ entsprechen im Mittel
den Empfehlungen des FKE, unterscheiden sich allerdings bei Kindern mit unterschiedlicher
ethnischer Zugehörigkeit. Der Anteil „ungünstiger“ Lebensmittel wie Fast Food, Knabberarti-
kel und Erfrischungsgetränke ist bei allen Kindern aus nichtdeutschen Gruppen deutlich er-
höht. Der Anteil an Lebensmitteln mit hoher Nährstoffdichte wie Gemüse, Obst, Fleisch, Nu-
deln, Reis und Kartoffeln und Milchprodukte ist bei Kindern türkischer und deutscher Her-
kunft sehr günstig. Insgesamt sind die Verzehrmuster von Kindern türkischer und deutscher
Herkunft sehr ähnlich, im Unterschied zu b-s-k-r Kindern und anderer Ethnien.
Deutsche Kinder nehmen täglich durchschnittlich mehr als 4 Mahlzeiten ein. Kinder nicht-
deutscher Herkunft erhalten nur 3 Mahlzeiten pro Tag und liegen damit deutlich unter den
Empfehlungen der FKE von mindestens 5 kleineren Mahlzeiten pro Tag. Allen Gruppen ge-
meinsam ist die überwiegende Einnahme zweier warmer Mahlzeiten am Tag.
Die vorliegende Studie zeigt, dass die Ernährungsmuster der Kinder verschiedener ethni-
scher Herkunft weder von den deutschen Sprachkenntnissen noch der Aufenthaltsdauer der
Mutter in Deutschland beeinflusst werden. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen
Schicht scheint einen Einfluss auf die Ernährungsmuster der Kinder zu haben. Bei Familien
deutscher Herkunft erkennt man eine Tendenz, die den Zusammenhang von Zugehörigkeit
zu sozial schwächeren Schichten und zunehmend ungünstigen Ernährungsmustern zeigt.
84
Das Ernährungsmuster zeigt keinen Zusammenhang zum Ernährungsstatus der Kinder
deutscher und nichtdeutscher Herkunft. Übergewichtige und adipöse Kinder nichtdeutscher
Herkunft haben zu je einem Drittel ein optimales, normales oder ungünstiges Ernährungs-
muster. Normalgewichtige Kinder weisen ebenfalls zu ca. 30% ein ungünstiges Ernährungs-
muster auf. Ungünstige Ernährungsgewohnheiten sind deshalb sehr wahrscheinlich nicht die
alleinige Ursache für Übergewicht im Kindesalter.
Die subjektive Einschätzung der Eltern stimmt nicht mit der objektiven Einteilung in dicke und
dünne Kinder nach dem errechneten BMI überein. Ethnizität zeigt keinen Einfluss auf die
subjektive Einschätzung der Eltern zum Ernährungszustand ihrer Kinder, alle 4 befragten
Herkunftsgruppen erkennen mehrheitlich nicht, dass ihre Kinder zu dick sind.
Im Rahmen der Studie wurde ein großer Bedarf an Ernährungsberatung für die untersuchten
Bevölkerungsgruppen und –schichten festgestellt. Ausgehend von den ermittelten Ernäh-
rungsgewohnheiten konnten geeignete Empfehlungen zur Ernährungsberatung für Eltern mit
Kindern der untersuchten Altersgruppe formuliert werden. Schwerpunkt sollte, neben der
Sensibilisierung aller ethnischen Gruppen für den Ernährungsstatus ihrer Kleinkinder, eine
Verbreitung von allgemeinen Informationen zur gesunden Ernährung und Ernährungserzie-
hung von Kindern sein. Als Aufklärungsform sollte zunächst auf Informationsbroschüren zu-
rückgegriffen werden. Die Verwendung von Wachstumskarten zur Dokumentation der Ent-
wicklung der Kinder sollte ausgeweitet werden.
Vor allem Kinder nichtdeutscher Herkunft stellen im Bezug auf das Ernährungsverhalten eine
spezielle Risikogruppe dar, sodass hier besonderer Handlungsbedarf besteht. Informationen
sollten daher unbedingt mehrsprachig verfasst werden. Um Zugang zu den verschiedenen
Zielgruppen zu erhalten, sollten bestehende Einrichtungen wie Kindertagesstätten (Kitas),
Schulen und religiöse Gemeinschaften genutzt werden.
In der vorliegenden Studie wurden zum ersten Mal Daten zum Ernährungsverhalten von Kin-
dern in Abhängigkeit ihrer ethnischen Zugehörigkeit in Deutschland erhoben. Die relativ klei-
nen und unterschiedlichen Fallzahlen der ethnischen Gruppen unterstreichen den Pilotcha-
rakter dieser Studie.
85
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X
Anhang 1: Informationsblatt für Eltern in der KITA Freienwalder strasse (in deutscher und türkischer Sprache)
XIII
Anhang 2: Arbeitsplan für Projekt- und Magisterarbeit
XVI
Anhang 3: Fragebogen (in deutscher und türkischer Sprache)
XXIII
Anhang 4: Bewertungsmatrix zur Beurteilung des Ernährungsmus-ters für die „Optimale Mischkost“
XXV
Anhang 5: Referenzwerte für den BMI nach Rolland-Cachera et al. 1991
XXVII
Anhang 6: Tabellen 1 bis 5
XXX
Anhang 7: Verzehrhäufigkeiten der Kitakinder gesamt und nach Ethnie