Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom...

24
Departement Bau, Verkehr und Umwelt Konzept Fahrende Kanton Aargau Aarau, November 2007

Transcript of Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom...

Page 1: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Departement Bau, Verkehr und Umwelt

Konzept Fahrende Kanton Aargau

Aarau, November 2007

Page 2: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Impressum Herausgeber und Bezug Departement Bau, Verkehr und Umwelt Fachstelle Fahrende Entfelderstrasse 22 5001 Aarau Tel. 062 835 32 90 www.ag.ch/raumentwicklung Fotos BVU/ARE Gemeinde Bonaduz Radgenossenschaft der Landstrasse

Page 3: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und Lagerfeuern, Musikern und Tänzerinnen, Wahrsagerinnen und Scherenschleifern. Aber auch von Taugenichtsen, Vagabunden oder Dieben. Diese Bilder sind häufig romantisch verklärt – aber nicht immer falsch. Unge-rechtfertigt sind meist die Vorurteile, auch wenn es wie überall auch bei den Fahrenden Leute mit unterschiedlichen Lebensweisen und Wertvorstellungen gibt. Die Fahrenden haben einen Teil ihrer Sprache und ihrer Kultur erhalten können und versuchen weiterhin, ihren traditionellen Idealen und Lebensvor-stellungen treu zu bleiben. Obwohl viele Fahrende heute sesshaft leben, blei-ben die Wanderschaft in der warmen Jahreszeit und der selbstständige Erwerb Kernpunkte ihrer Lebensweise. Lustig ist das Zigeunerleben, sagt uns das Volkslied. Die Wirklichkeit sieht an-ders aus, mindestens was die Wohnsituation der aktiv Fahrenden betrifft. Es fehlt an legalen Haltemöglichkeiten, insbesondere an Standplätzen für den Win-ter und Durchgangsplätzen für den Sommer. Als Folge davon wird auch die Ausübung der typischen Gewerbe – Recycling, Dienstleistungen, Handel usw. – stark erschwert. Laut Entwicklungsleitbild sind wirtschaftliches Wachstum und Lebensqualität die Leitmotive des Regierungsrates für die kommenden Jahre. Wer im Aargau wohnt und lebt, soll sich wohl fühlen, sicher sein vor Gefahren und Gewalt und in Notlagen auf die Solidarität und Unterstützung des Staates zählen können. Diese Leitmotive gelten auch für das fahrende Volk, speziell für die zahlreichen Jenischen, welche im Kanton Aargau wohnen oder heimatberechtigt sind. In diesem Sinne hat der Regierungsrat eine Fachstelle Fahrende geschaffen und die Grundsätze für das vorliegende Konzept und dessen Umsetzung be-schlossen. An erster Stelle der Bestrebungen steht die Bereitstellung von Stand- und Durchgangsplätzen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Realisierung solcher Plätze nur in Zusammenarbeit mit den Gemeinden möglich ist. Die vorliegende Broschüre soll den Gemeinden Informationen und Entscheidungsgrundlagen bieten und sie anregen, sich ebenfalls dafür einzusetzen, dass die Fahrenden ihre angestammte Lebens- und Arbeitsweise weiterführen können. Peter C. Beyeler, Regierungsrat

1

Page 4: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

2

Page 5: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

Inhaltsverzeichnis

1. Fahrende in der Schweiz................................................................................. 4 Identität und Lebensweise............................................................................... 4 Die Stiftung "Zukunft für Schweizer Fahrende" ............................................... 6 Die Radgenossenschaft der Landstrasse........................................................ 7

2. Drei Arten des Haltens .................................................................................... 8 Der Standplatz ................................................................................................. 8 Der Durchgangsplatz ....................................................................................... 8 Der Spontanhalt............................................................................................... 8 Kriterien und Standortanforderungen .............................................................. 9

3. Fahrende im Kanton Aargau ......................................................................... 10 Ausgangslage ................................................................................................ 10 Rechtliche Grundlagen .................................................................................. 11

4. Aufgaben des Kantons und der Gemeinden ................................................. 12 Fachstelle ...................................................................................................... 12 Konzept "Standplätze und Durchgangsplätze".............................................. 13 Kantonale Plätze............................................................................................ 15 Kommunale Plätze und weitere Möglichkeiten der Gemeinden.................... 16

Anhang 1: Muster "Betriebsvereinbarung" Anhang 2: Muster "Platzordnung"

3

Page 6: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

1. Fahrende in der Schweiz Identität und Lebensweise Die Gemeinschaft der Fahrenden in der Schweiz zählt schätzungsweise 30'000 Personen. Nicht zuletzt wegen der «Aktion Kinder der Landstrasse», die im Namen des Schutzes fahrender Kinder mehr als 600 ihren fahrenden Eltern weggenommen und zwangsweise sesshaft gemacht hatte, lebt heute eine grosse Mehrheit der Fahrenden sesshaft. Ihre Zahl kann nur geschätzt werden, da viele Jenische wegen ihrer leidvollen Erfahrungen ihre Herkunft lieber ver-schweigen. Trotzdem bleibt das Nomadentum nach wie vor eines der wesentlichen Elemen-te der kulturellen Identität der Fahrenden und ist unmittelbar mit der Ausübung ihrer verschiedenen Erwerbstätigkeiten verbunden. Wegen der Bedeutung der fahrenden Lebensweise verwenden die Fahrenden heute wieder zunehmend den lange verpönten Begriff «Zigeuner», um die kulturelle Identität der Gruppe hervorzuheben. Heute pflegen noch rund 3'000-5'000 Fahrende schweizeri-scher Nationalität eine halbnomadische Lebensweise. Die Zahl der regelmässig aktiv Fahrenden beträgt auf Grund einer Erhebung der Nutzungszahlen der 1999 bestehenden Stand- und Durchgangsplätze etwa 2'500. Die meisten aktiv Fahrenden schweizerischer Nationalität verbringen den Win-ter auf einem Standplatz in Wohnwagen, Holzchalets oder Container. Ihre Kin-der besuchen dort die Quartier- oder Dorfschule, und die Fahrenden sind dort ganzjährig behördlich registriert. Neben ihren angestammten Berufen (Sche-renschleifer, Schirmflicker, Korbflechter, Schausteller oder Marktfahrer) bieten sie verschiedenste Handwerkerdienste an, reparieren und schleifen z.B. Ra-senmäher und Aktenvernichter, richten Herdplatten, restaurieren Möbel und Lampen, handeln mit Altmetall, Kleidern, Teppichen oder Antiquitäten. Die meisten Fahrenden sind selbständig erwerbend, kennen sich oft in mehreren Bereichen aus und passen ihr Angebot laufend der Nachfrage an. Während der Sommermonate sind die Fahrenden in kleinen Gruppen innerhalb der Schweiz unterwegs, halten zumeist ein oder zwei Wochen auf Durchgangsplätzen und besuchen von dort aus ihre Kunden. Während dieser Zeit bleiben die Kinder mit ihrer Schule in engem Kontakt; sie lassen sich den Unterrichtsstoff nachsenden und schicken die Aufgaben zur Korrektur an ihre Lehrkräfte zurück. Demgegenüber reisen ausländische Zigeunergruppen (meist Roma und Sinti aus Frankreich oder Italien, zunehmend auch aus dem Osten) oft in grossen Verbänden. Sie halten sich meist nur einige Tage in der Schweiz auf, ihre Prä-senz ist jedoch viel auffälliger und einzelne Gruppen von ihnen verursachen häufig grössere Probleme im Zusammenleben mit den Sesshaften. Die Jenischen bilden die Hauptgruppe der Fahrenden schweizerischer Nationa-lität. Jenische Gruppen leben vorwiegend in Mitteleuropa (Deutschland, Frank-reich, Österreich, Schweiz). Der Rest der Schweizer Fahrenden gehört zumeist

4

Page 7: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

der Gruppe der Sinti (Manusche) an, die sich ethnisch wie die Roma mit nord-westindischen Wurzeln identifizieren. Die Jenischen pflegen eine eigene Sprache, das Jenische. Diese gesprochene Sprache hat den Charakter einer Schutzsprache und wird zumeist nur innerhalb der Gruppe verwendet und weitergegeben. Erst 2001 ist das erste jenische Wörterbuch überhaupt erschienen (Roth Hansjörg: Jenisches Wörterbuch. Aus dem Sprachschatz Jenischer in der Schweiz. Frauenfeld 2001). Das Jenische wird in der Regel als «Soziolekt», als Sondersprache oder auch als Sonder-wortschatz, allenfalls als «Ethnolekt» bezeichnet. Die Sprechenden verwenden dabei in der Regel die grammatische Struktur der deutschen Sprache. In der Schweiz «bedient sich das Jenische der schweizerdeutschen Satzstruktur in-nerhalb der es die umgangssprachlichen Dialektwörter mit dem grössten Infor-mationsgehalt (Substantive, Verben, Adjektive) durch eigene Ausdrücke er-setzt». (Roth, S. 98) Quelle: Bundesamt für Kultur BAK LINKS www.bak.admin.ch > Themen > Sprachen und kulturelle Minderheiten > Fahrende www.ag.ch/raumentwicklung > Zusammenarbeit > Fachstellentätigkeit > Fach-stelle Fahrende > Flyer "Die Jenischen stellen sich im Aargau vor"

5

Page 8: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

Die Stiftung "Zukunft für Schweizer Fahrende" Die Stiftung «Zukunft für Schweizer Fahrende» wurde 1997 vom Bund gegrün-det. Sie hat den Auftrag, die Lebensbedingungen der fahrenden Bevölkerung in der Schweiz zu sichern und zu verbessern sowie einen Beitrag zur Wahrung des kulturellen Selbstverständnisses dieser in unserem Land während langer Zeit diskriminierten und verfolgten Minderheit zu leisten. Die Stiftung wurde gestützt auf das Bundesgesetz vom 7. Oktober 1994 betref-fend die Stiftung «Zukunft für Schweizer Fahrende», mit einem Stiftungskapital von 1 Million Franken dotiert und erhält – gegenwärtig gestützt auf den Bun-desbeschluss vom 20. September 2001 – einen jährlichen Betriebsbeitrag von 150'000 Franken. Ihr Stiftungsrat umfasst elf Mitglieder: fünf Vertreter der Fah-renden und je zwei Vertreter von Bund, Kantonen und Gemeinden. Präsident der Stiftung ist alt Regierungsrat Werner Niederer, Herisau, Geschäftsführer Dr. iur. Urs Glaus, St. Gallen. Die Stiftung leistet gemäss Stiftungszweck fachliche, juristische und politische Unterstützung für die Anliegen der Fahrenden, und zwar auf ganz unterschiedli-chen Ebenen: • Die Stiftung befasst sich intensiv mit der Bereitstellung einer ausreichenden

Anzahl von Stand- und Durchgangsplätzen für Fahrende.

• In Bezug auf das zweite wichtige Anliegen der Fahrenden – die Gewerbepa-tente – konnte die Stiftung einen wichtigen Erfolg verzeichnen. Die eidge-nössischen Räte haben am 23. März 2001 ein neues Reisendengewerbege-setz verabschiedet. Eine kantonale Bewilligung für die Ausübung des Rei-sendengewerbes ist seit dem 1. Januar 2003 in der ganzen Schweiz und während einer Dauer von fünf Jahren gültig.

• Nur am Rande hat sich die Stiftung bisher mit Fragen der schulischen Aus-bildung befasst. Grund dafür ist die Tatsache, dass Schulbehörden und Leh-rerschaft dem Hauptanliegen der Fahrenden heute in der Regel mit Ver-ständnis und Wohlwollen begegnen: Die Kinder der Fahrenden erhalten in der Regel ohne weiteres die erforderlichen Unterrichtsdispensen für die Sommermonate. Auch die Begleitung durch die Lehrerschaft, d.h. die Zustel-lung des Unterrichtsstoffs und die Korrektur der Aufgaben während der Rei-sezeit, ist gewährleistet. Die Stiftung betrachtet es als ihre Aufgabe, bei der Suche nach Massnahmen, die den spezifischen Ausbildungsbedürfnissen der jenischen Kinder Rechnung tragen, durch konkrete Lösungsvorschläge mitzuwirken.

• Die Stiftung finanziert verschiedene Projekte und nimmt auch ihre Rolle als Plattform des Gedanken- und Erfahrungsaustausches ernst, indem sie ge-meinsam mit der Radgenossenschaft Tagungen durchführt, an denen Vertreterinnen und Vertreter von Fahrendenorganisationen und von interes-sierten Gemeinden, Kantonen und Bundesstellen teilnehmen.

LINK www.stiftung-fahrende.ch

6

Page 9: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

Die Radgenossenschaft der Landstrasse Die Interessengemeinschaft des Jenischen Volkes wurde 1975 gegründet und ist seit 1985 die vom Bund anerkannte und subventionierte Dachorganisation des jenischen Volkes in der Schweiz. Die Tätigkeit der Radgenossenschaft hat die folgenden Schwerpunkte:

• Sie setzt sich bei Gemeinden, Kantonen und auch bei privaten Grundstück-besitzern für die Schaffung von neuen Stand- und Durchgangsplätzen ein. Sie vermittelt bei Problemen zwischen den verschiedenen Beteiligten beim Betrieb der Plätze.

• Sie bietet Unterstützung bei Verhandlungen mit den Schulbehörden der einzelnen Kantone, um individuelle Lösungen bei Einschulungs- und Schul-problemen sowie Dispensationsgesuchen zu finden.

• Sie hilft den Jenischen bei allgemeinen bürokratischen Angelegenheiten, Steuerabklärungen, Einholen von Auskünften und bietet Unterstützung im gesamten Lebensbereich. Sie nimmt Hilfsgesuche entgegen und reicht sie bei Hilfswerken und karitativen Institutionen ein.

• Sie publiziert vierteljährlich die Zeitschrift "Scharotl". Diese berichtet über aktuelle Vorkommnisse im täglichen Leben der Jenischen, informiert aus-führlich über die Tätigkeit der Radgenossenschaft und dient auch als kultu-reller Veranstaltungskalender.

• Zur Förderung der gegenseitigen Akzeptanz zwischen der sesshaften und der fahrenden Bevölkerung engagiert sich die Radgenossenschaft stark in der Öffentlichkeitsarbeit. Unter anderem betreibt sie in Zürich das europa-weit erste Dokumentations- und Begegnungszentrum der Jenischen.

LINK www.radgenossenschaft.ch KONTAKT Radgenossenschaft der Landstrasse Hermetschloostrasse 73 8048 Zürich Tel. 044 432 54 44 E-Mail [email protected]

Im Dokumentations- und Begegnungs-zentrum wird die Arbeit der Radgenos-

senschaft einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

7

Page 10: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

2. Drei Arten des Haltens Der Standplatz Standplätze dienen dem stationären Aufenthalt, insbesondere über die Winter-monate und als ganzjährige Basis. In den Standplatzgemeinden sind die Fah-renden ganzjährig angemeldet, ihre Kinder besuchen dort die Schule.

Der Durchgangsplatz Durchgangsplätze dienen dem kurzfristigen Aufenthalt – bis zur Dauer von ei-nem Monat – während der sommerlichen Reisetätigkeit.

Der Spontanhalt Spontanhalte sind ebenfalls kurzfristiger Natur. Hier werden die Wohnwagen meist bei Verwandten und Bekannten oder anderen Grundeigentümern (z. B. Landwirte, Gewerbebetriebe, öffentliche Flächen von Gemeinden) gegen Ent-gelt aufgestellt. Oft erfolgt dies regelmässig über Jahre an den gleichen Orten. Campingplätze sind für Fahrende nicht geeignet, denn sie dienen primär der Erholung. Fahrende hingegen benötigen Halteplätze, die ihnen die Ausübung ihrer Arbeit ermöglichen.

8

Page 11: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

Kriterien und Standortanforderungen Für einen erfolgreichen Betrieb von Stand- und Durchgangsplätzen sind spezifi-sche Kriterien und Standortanforderungen zu beachten:

Standplatz Durchgangsplatz

Geographische Lage Grössere Gemeinden und Agglomerations- gebiete

Keine speziellen Anforderungen

Regionale Verteilung Ohne Bedeutung Nach Möglichkeit regionale Abstimmung

Nutzungsperiode Ganzes Jahr, Schwerpunkt Oktober–März

März–Oktober

Belegungsdauer Mehrere Monate bis ganzes Jahr

Maximal 1 Monat (erneute Belegung meist nach 1 Monat möglich)

Belegungsart Wohnen und Arbeit pe-riodisch, Schulbesuch

Wohnen und Arbeit tem-porär

Grösse des Areals ca. 2'000 m2 (inkl. Gemeinschaftsflä-chen)

1'500–2'000 m2

Kapazität ca. 10 Stellplätze 5–15 Stellplätze

Erschliessung Guter Zugang zu Hauptverkehrsstrasse

Infrastruktur Trinkwasser, Abwasser, Stromanschluss, Abfallcontainer

Mischformen zwischen Standplatz und Durchgangsplatz sind möglich (z. B. ein Durchgangsplatz mit einem dauerhaften Stellplatz für eine Familie, die gewisse Platzwartfunktionen übernimmt). Das Vermischen von Stand- und Durchgangs-plätzen ist wegen ihrer unterschiedlichen Belegungsdauer und Belegungsart dennoch eine Ausnahme.

Es sind einfache, aber zweckmässige Infrastrukturen gefragt (z. B. Strombe-

zug mit Prepaid-Karte).

9

Page 12: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

3. Fahrende im Kanton Aargau Ausgangslage Im Aargau bestehen verschiedene kommunale sowie inoffizielle Stand- und Durchgangsplätze für Fahrende sowie Gelegenheiten für spontane Halte. Mit dem Durchgangsplatz Augsterstich in Kaiseraugst konnte ein erster offizieller kantonaler Platz eröffnet werden, in Spreitenbach wurde ein provisorisch bis März 2010 befristeter Standplatz für zwei Familien erstellt. Dennoch besteht weiterhin ein Mangel an Halteplätzen für die Fahrenden. Aus den Kontakten mit der Radgenossenschaft der Landstrasse und dem Ergebnis eines Gutachtens der Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende geht klar hervor, dass im Kanton Aargau ein dringender Bedarf nach neuen Stand- und Durchgangsplätzen so-wie nach einer Sicherung und einem Ausbau bestehender Plätze besteht. Wie in den meisten Kantonen sind auch im Aargau viele Jenische heimatbe-rechtigt. Namen wie Graf, Moser, Hartmann, Wiedemeier und andere mehr sind teilweise jenischen Ursprungs. Viele wohnen aufgrund ihrer Geschichte sess-haft in normalen Wohnungen. Es besteht jedoch ein zunehmendes Bedürfnis auch Aargauer Jenischer, wieder die fahrende Lebensweise zu pflegen.

10

Page 13: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

Es ist zu beachten, dass seitens der verschiedenen Gruppierungen von Fah-renden (insbesondere die Schweizer Fahrenden und die meist in Grossgruppen sich bewegenden ausländischen Fahrenden) unterschiedliche Bedürfnisse be-stehen. Mit dem Durchgangsplatz Augsterstich liegt im Kanton Aargau für Fah-rende in Grossgruppen heute ein genügendes Angebot vor. Rechtliche Grundlagen Die Schweiz hat das Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz na-tionaler Minderheiten ratifiziert. Damit verpflichtet sich die Schweiz, die Bedin-gungen zu fördern, die es den Angehörigen nationaler Minderheiten ermögli-chen, ihre Kultur zu pflegen und weiterzuentwickeln. Die Verfassung des Kantons Aargau hält in § 48 fest: "Der Kanton kann in Zu-sammenarbeit mit den Gemeinden nichtsesshaften ethnischen Minderheiten geeignete Örtlichkeiten für einen befristeten Aufenthalt zur Verfügung stellen." Die "Kann-Formel" bezieht sich auf den Ermessensspielraum im Einzelfall, nicht aber auf die generelle Anwendung von § 48 KV (Kurt Eichenberger, Verfassung des Kantons Aargau vom 25. Juni 1980, Textausgabe mit Kommentaren, Aarau, Frankfurt am Main, Salzburg 1986). Im Aargau erlaubt die kantonale Gesetzgebung, Wohnwagen – wenn sie nicht länger als zwei Monate auf dem gleichen Grundstück stehen – ohne Baubewil-ligung zu platzieren (§ 6 Abs. 1 lit. d) BauG). Voraussetzung ist, dass die Grundeigentümerin oder der Grundeigentümer einverstanden ist und dass die Reglemente der Gemeinde eingehalten werden. Eine Platzierung unter 2 Monaten ist insbesondere auch dann zulässig, wenn die kommunalen Zonenvorschriften eine Wohn- oder Gewerbenutzung aus-schliessen (§ 30 Abs. 2 lit. d) ABauV). Diese Bestimmungen gestatten für Spontanhalte unbürokratische Lösungen zum Wohle aller Beteiligten.

Ein Wohnwagen darf bis zu zwei Monate am gleichen Platz bleiben, ohne als

Baute zu gelten.

11

Page 14: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

4. Aufgaben des Kantons und der Gemeinden Fachstelle Das Departement Bau, Verkehr und Umwelt führt eine Fachstelle Fahrende. Diese ist Anlauf- und Koordinationsstelle für alle Fragen im Zusammenhang mit Fahrenden. Sie ist insbesondere zuständig für • Beratung und Kriseninterventionen; • Betreuung der Betreiber von Plätzen inklusive Betriebsabrechnungen und

Defizitübernahmen; • Öffentlichkeitsarbeit und Medienkontakte; • Zusammenarbeit mit Bund und Organisationen der Fahrenden; • Evaluation, Zonierung und Bau neuer Plätze, Sanierung bestehender Plätze. Der Fachstelle steht eine Arbeitsgruppe Fahrende als interdepartementale Ko-ordinationsstelle gemäss § 43 Organisationsgesetz zur Seite. Sie besteht aus mindestens je einer Vertreterin oder einem Vertreter der fünf Departemente. Nach Bedarf können für einzelne Fragen bzw. Sitzungen eine Vertretung der Radgenossenschaft der Landstrasse oder andere interne und externe Fachper-sonen beigezogen werden. LINK www.ag.ch/raumentwicklung > Zusammenarbeit > Fachstellentätigkeit > Fach-stelle Fahrende KONTAKT Departement Bau, Verkehr und Umwelt Fachstelle Fahrende Jörg Hartmann Entfelderstrasse 22 (Buchenhof) 5001 Aarau Tel. 062 835 33 11 E-Mail [email protected]

Der Buchenhof in Aarau

12

Page 15: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

Konzept "Standplätze und Durchgangsplätze" Um in der Frage der Haltemöglichkeiten für Fahrende innert nützlicher Frist zu tragfähigen Lösungen zu kommen, sind gemeinsame Vorstellungen über die Ausgangslage und das zweckmässige Vorgehen unumgänglich. Zu diesem Zweck haben die Mitglieder der Arbeitsgruppe Fahrende dem Regierungsrat die Grundsätze für das vorliegende Konzept unterbreitet. Der Regierungsrat hat diese am 30. Mai 2007 als Basis für die weiteren Aktivitäten genehmigt. Bedarf Standplätze • Ersatz für den provisorischen Standplatz in Spreitenbach. • Ein weiterer offizieller Standplatz. Bedarf Durchgangsplätze • Weiterbetrieb des Durchgangsplatzes Augsterstich. • Zwei neue offizielle Plätze. • Sanierung und Sicherung gewisser bestehender Plätze. Dieser realistische Handlungsbedarf beruht auf Beobachtungen und pragmati-schen Annahmen der kantonalen Stellen, die sich in den letzten Jahren mit den Belangen der Fahrenden auseinandergesetzt haben. Aufgabenteilung Kanton/Gemeinde • Der Kanton erstellt und finanziert den Neubau oder die Sanierung der Plät-

ze. Die Plätze auf kantonseigenem Land bleiben im Eigentum des Kantons. • Die Standortgemeinden stellen den Betrieb der Plätze sicher. • Der Kanton (BVU) übernimmt allfällige Defizite aus dem Betrieb von Stand-

und Durchgangsplätzen. Bis auf wenige Spezialfälle (z. B. Augsterstich) er-folgt der Betrieb erfahrungsgemäss kostendeckend. Für die Gesamtkosten-abrechnung sind folgende Kosten einzubeziehen: − Betriebs- und Unterhaltskosten (Einnahmen und Ausgaben). − Im Falle von Standplätzen weitere, der Gemeinde nachweislich entstan-

dene Kosten wie beispielsweise Sozialhilfekosten. Die Details sind in der Betriebsvereinbarung für Standplätze zu regeln.

• Der Kanton unterstützt die Gemeinden bei der Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung auf den Plätzen unter Einbezug der Kantonspolizei und der Polizeikräfte der Gemeinden (gemäss Polizeigesetz und Dekret vom 6. De-zember 2005) und auf der Basis eines platzspezifischen Zusammenarbeits- und Massnahmenpapiers.

Weitere Beteiligte • Die Fahrenden bezahlen Mieten an die Gemeinden, welche in aller Regel

die Betriebskosten decken, und halten die Plätze sauber. • Die Radgenossenschaft und die Stiftung Zukunft für Schweizer Fahrende

vermitteln bei Problemen.

13

Page 16: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

Finanzierung des Betriebs Der Betrieb eines Platzes durch die Standortgemeinde umfasst die Verwaltung, das Inkasso, die Betreuung, den Unterhalt, kleinere Reparaturen sowie die Ver- und Entsorgung. Mittels Benutzergebühren ist ein finanziell selbsttragender Betrieb der Plätze die Regel. Zusätzlich wird im Hinblick auf allfällige durch die Platzmieter verursachte grössere Schäden oder Kosten ein Depot erhoben. Die Verrechnung des Strom- und Wasserbezugs erfolgt in der Regel verbrauchsab-hängig (z. B. mittels Prepaidkartensystem). Nicht über die Mieteinnahmen fi-nanzierbar ist die Erstellung der Anlagen (Verzinsung und Amortisation der Anlagekosten). DOKUMENTE Die Aufgaben von Kanton und Gemeinden werden platzweise in einer Betriebs-vereinbarung und die Regelungen für den Platz in einer Platzordnung geregelt. Die im Anhang aufgeführten Muster basieren auf den bestehenden, rechtskräf-tigen Regelungen für den Durchgangsplatz Augsterstich in Kaiseraugst. Sie müssen im Einzelfall an die spezifischen örtlichen und betrieblichen Verhältnis-se angepasst werden.

Anhang 1: Muster Betriebsvereinbarung Anhang 2: Muster Platzordnung

14

Page 17: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

Kantonale Plätze Gemäss Konzept sind im Aargau durch den Kanton zwei Durchgangsplätze und ein Standplatz neu zu schaffen sowie ein Teil der bestehenden Plätze zu sanie-ren und zu sichern. Im Rahmen der Konzeptumsetzung konzentriert sich der Kanton zurzeit auf geeignete und verfügbare Staatsparzellen sowie auf den Dispositionsbestand der Schweizer Armee, d.h. auf einzelne Immobilien des Departements für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport VBS, die als Folge der Verkleinerung der Armee zum Verkauf stehen. Trotz dieser Optionen kann ein Standplatz oder ein Durchgangsplatz nur reali-siert werden, wenn die entsprechende Standortgemeinde zur Mitwirkung bereit ist. Die Bemühungen des Kantons sind nur dann erfolgreich, wenn die Behör-den und die Bevölkerung vor Ort gut über die Projekte informiert sind, sie mit-gestalten und mittragen. In dieser Situation kommt dem mit den örtlichen Verhältnissen bestens vertrau-ten Gemeinderat im Gespräche mit dem Kanton eine entscheidende Rolle zu: • Der Gemeinderat meldet dem Kanton allfälligen Handlungsbedarf im Zu-

sammenhang mit der Anwesenheit von Fahrenden in der Gemeinde (kurz- und langfristig).

• Der Gemeinderat schlägt dem Kanton mögliche Standorte für einen kan-tonalen Platz auf eine der Gemeinde gehörenden oder erwerbbaren Par-zelle vor.

• Der Gemeinderat ist bereit, zusammen mit dem Kanton die Schaffung eines kantonalen Platzes auf einer geeigneten Staatsparzelle oder VBS-Parzelle auf dem Gemeindegebiet zu prüfen.

Gute Lösungen dank konstruktiver Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden und dem Kanton.

15

Page 18: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau

Kommunale Plätze und weitere Möglichkeiten der Gemeinden Unabhängig von der Schaffung und dem Betrieb von kantonalen Stand- und Durchgangsplätzen kann jede einzelne Gemeinde einen eigenständigen Beitrag zur Verbesserung der Situation der Fahrenden leisten: • Die Gemeinde sieht kommunale Möglichkeiten für Spontanhalte vor.

Das kann zum Beispiel eine Weide, ein grosser Parkplatz, ein unbenützter Sportplatz oder sonst eine brachliegende Fläche sein. Die Anforderungen sind nicht sehr hoch. Trinkwasser sollte in der Nähe vorhanden sein; Elekt-risch und Toilettenanlage sind wünschbar, aber nicht zwingend. Fahrende verfügen über Generatoren und chemische Toiletten. Denkbar ist auch ein Angebot für eine Familie, zum Beispiel die Nutzung des Parkplatzes und der Infrastrukturen (WC, Dusche) eines Freibades während des Winters.

• Die Gemeinde ernennt eine (persönlich interessierte) Kontaktperson zu den Fahrenden. Diese sollte Freude am Umgang mit Menschen und Verständnis für die Lebensweise der Fahrenden haben.

• Die Gemeinde setzt sich dafür ein, dass die Platzmieten für die Fah-renden zumutbar bleiben. Die für Campingplätze geltenden Ansätze kön-nen nicht als Massstab genommen werden. Die Platzmiete pro Tag und Stellplatz sollte CHF 8 ohne Infrastruktur bzw. CHF 10–12 je nach Infra-struktur nicht überschreiten. Die Verrechnung des Strom- und Wasserbe-zugs kann in der Pauschale inbegriffen sein oder verbrauchsabhängig über Zähler erfolgen. Es wird empfohlen, die Platzmiete für den geplanten Auf-enthalt im Voraus als Depot zu erheben. Für die Entsorgung der Abfälle ist das örtliche Abfuhrwesen einzubinden.

• Die Gemeinde unterstützt und berät Privatpersonen, die Land für Spontanhalte zur Verfügung stellen. Sie kann sich dabei auf die vorlie-gende Broschüre berufen.

• Die Gemeinde betreibt Öffentlichkeitsarbeit. Sie orientiert die Bevölke-rung über die Bedürfnisse der Fahrenden und die entsprechenden Mass-nahmen der öffentlichen Hand. Sie berichtet über positive Erfahrungen mit Fahrenden.

Der Kontakt mit den Fahrenden ist auch für die Sesshaften eine Bereicherung.

16

Page 19: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau / Anhang 1

Departement

Bau, Verkehr und Umwelt

GEMEINDE ……….……….

Betriebsvereinbarung

für den Durchgangsplatz …………… für Fahrende auf Parz. Nr. ………

in der Gemeinde …………… ____________________________________________________________________________________

zwischen dem Kanton Aargau, vertreten durch das Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Fachstelle Fahrende, Entfelderstrasse 22, 5001 Aarau als Grundeigentümer

und der Einwohnergemeinde ……………, vertreten durch den Gemeinderat, 0000 …………… (nachfolgend Gemeinde genannt) als Betreiberin ____________________________________________________________________________ Ausgangslage Dank dem Entgegenkommen und der Initiative der Gemeinde ............... kann in …………… ein Durchgangsplatz für Fahrende realisiert werden. Der Durchgangsplatz wird durch den Kanton auf kantonseigenem Land erstellt und der Gemeinde zum Betrieb überlassen. Mit dieser Verein-barung werden die wesentlichsten Aspekte der Überlassung und Benützung des Durchgangs-platzes und der Zusammenarbeit von Kanton und Gemeinde geregelt. 1. Objekt

Der Kanton errichtet auf eigene Kosten gemäss dem Projekt des Departements Bau, Ver-kehr und Umwelt einen Durchgangsplatz für Fahrende auf dem kantonseigenen Grund-stück Parz. Nr. ……… in …………….

2. Vertragsdauer

Diese Betriebsvereinbarung wird mit Wirkung ab dem Zeitpunkt der Fertigstellung des Durchgangsplatzes, voraussichtlich ab ……………, auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Massgebend ist der Zeitpunkt der offiziellen Übergabe, welche in einem separaten Proto-koll festgehalten wird.

Page 20: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

2

Die Vereinbarung ist beidseitig jederzeit unter Beachtung einer Frist von 6 Monaten auf ein Monatsende kündbar.

3. Benützungsentschädigung Der Kanton verzichtet auf die Erhebung einer Entschädigung zu Lasten der Gemeinde für die Überlassung des Areals des Durchgangsplatzes und für dessen bauliche Anlagen.

4. Betrieb

4.1 Der Durchgangsplatz für Fahrende wird mit Unterstützung des Kantons (Departement Bau, Verkehr und Umwelt, Departement Volkswirtschaft und Inneres) im Rahmen dieser Vereinbarung durch die Gemeinde …………… betrieben. Die Ver- und Entsorgung (Strom, Wasser, Abwasser) erfolgt über die Gemeinde ……… . Die Details (z. B. Abrechnungen) regeln die Gemeinden selbständig unter sich.

4.2 Für den Betrieb erlässt die Gemeinde zusammen mit dem Kanton eine Platzordnung, in

welcher die Benützung, die Kosten und Mieten sowie die speziellen Bestimmungen für die Benützer geregelt sind.

4.3 Die Gemeinde verpflichtet sich, den Durchgangsplatz für Fahrende das ganze Jahr offen

zu halten. 4.4 Die Gemeinde besorgt insbesondere:

• die Verwaltung des Durchgangsplatzes mit der Zuweisung der Standplätze, • das Inkasso der Mieten und Kosten (Strom, Wasser-, Abwasser- und Kehricht-

gebühren), • die Aufsicht über die Aufrechterhaltung der Ordnung und die Versorgung mit Strom und

Wasser beziehungsweise Entsorgung von Abwasser und Kehricht, • die Sauberhaltung der baulichen Infrastruktur, • den Unterhalt und die Instandstellung der baulichen Infrastruktur, soweit der Repara-

turaufwand Fr. 2'000.-- im Einzelfall nicht übersteigt. 4.5 Die Gemeinde führt den Betrieb gemäss Punkt 4.4 und erstellt eine jährliche Betriebskos-

tenrechnung. Die durch den Betrieb nach Abzug der Einnahmen entstehenden Kosten gehen zu Lasten des Kantons. Die Gemeinde ist berechtigt, die vereinnahmten Platzmieten und Betriebskostenbeiträge (für Kehrichtentsorgung, Strom- und Wasserbezug sowie Abwasser) zur Deckung der anfallenden Kosten zu verwenden. Jeweils per Ende eines Kalenderjahres unterbreitet die Gemeinde dem Kanton eine Ab-rechnung über die ihr im abgelaufenen Jahr entstandenen Kosten und die vereinnahmten Gebühren. Der resultierende Saldo ist innert 30 Tagen nach Bereinigung der Abrechnung durch den Kanton auszugleichen. In den Vorjahren allenfalls resultierende Betriebsüber-schüsse sind anzurechnen. Die Parteien einigen sich ausserhalb dieser Vereinbarung über die Art der Abrechnung (Pauschalisierung, Stundenansätze etc.).

4.6 Reparaturarbeiten, welche den Betrag von Fr. 2'000.-- pro Einzelfall übersteigen, sind

vom Kanton zu vergeben und von diesem direkt zu bezahlen. Sie haben in gegenseitigem Einvernehmen zu erfolgen.

Page 21: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

3

4.7 Die Prämien der Gebäudeversicherung werden, soweit erforderlich (eventuelle Gebäude, Sanitärcontainer usw.) direkt vom Kanton bezahlt.

4.8 Der Kanton verpflichtet sich, die Gemeinde schadlos zu halten, sollte sie von Dritten aus

dem Betrieb des Durchgangsplatzes, aus welchen Rechtsgründen auch immer, in An-spruch genommen werden. Vorbehalten bleibt der Regress auf die Gemeinde für den Fall einer schuldhaften Verlet-zung der in dieser Vereinbarung begründeten Pflichten durch Organe und Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter der Gemeinde sowie bei unerlaubten Handlungen (Art. 41 ff. OR) der-selben.

5. Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung auf dem Durchgangsplatz 5.1 Die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung ist Sache der Gemeinde und des Kantons. 5.2 Die Gemeinde ist bestrebt, durch ihre Polizeiorgane die Durchsetzung der Platzordnung

sowie generell von Ruhe und Ordnung auf dem und um den Durchgangsplatz zu gewähr-leisten.

Ist dies nicht möglich, orientiert sie die Kantonspolizei, welche unverzüglich im Rahmen ih-rer Möglichkeiten zusammen mit der Gemeinde interveniert. Dies erfolgt einerseits auf-grund des kantonalen Besitzes des Durchgangsplatzes und andererseits des übergeord-neten Interesses sowie im Wissen und Auftrag des Regierungsrates.

5.3 Die Kantonspolizei kontrolliert den Durchgangsplatz durch regelmässige mobile Patrouil-

len. Sie zeichnet für die Ausweis- und Personenkontrollen verantwortlich. Diese sind, so-weit möglich, mit dem Inkasso der Gemeinde zu koordinieren.

6. Campieren von Fahrenden ausserhalb des Durchgangsplatzes 6.1 Zielsetzung: Mit dem Durchgangsplatz …………… wird in der Region …………… eine

offizielle Aufenthaltsmöglichkeit für Fahrende angeboten. Ein Hauptziel dieses Angebotes ist, das wilde Campieren von Fahrenden zu unterbinden. Mit einem konsequenten Vorge-hen und besonderen Absprachen speziell in der ersten Zeit nach Eröffnung des Durch-gangsplatzes soll dieses Ziel erreicht werden. Der Regierungsrat unterstützt diese Zielsetzung und die dazu erforderlichen, besonderen Massnahmen im Umfeld des Durchgangsplatzes ausdrücklich. Er weist die betroffenen In-stanzen an, das Notwendige im Rahmen des Legalitätsprinzips und der Verhältnismässig-keit zu unternehmen, um dieses Ziel zu erreichen.

6.2 Zusammenarbeit und Massnahmen Entscheidend für den Erfolg ist die Zusammenarbeit zwischen der Gemeinde und dem Kanton, insbesondere der Polizeiorgane. Zu diesem Zwecke wurde während der Planung eine Arbeitsgruppe “Umsetzung und Vollzug“ gebildet. Das durch diese Arbeitsgruppe im Rahmen der Pilotphase gemeinsam erarbeitete “Zusammenarbeits- und Massnahmenpa-pier“ ist integrierender Bestandteil dieser Betriebsvereinbarung. Nach der Eröffnung des Durchgangsplatzes erstattet die Arbeitsgruppe der Gemeinde und dem zuständigen Departement jährlich Bericht und stellt nötigenfalls Anträge für Änderungen. Vor und während der Anlaufphase ist in den ersten ein bis zwei Jahren ein konsequentes Handeln und Durchsetzen der Massnahmen erforderlich. Im Sinne einer Versuchs- und Übergangslösung sind in dieser Pilotphase gemeinsame Erfahrungen zu sammeln. Darauf

Page 22: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

4

basierend sind in einer späteren Phase langfristige Vereinbarungen zu treffen und allen-falls ergänzend in die Betriebsvereinbarung aufzunehmen.

6.3 Die Radgenossenschaft der Landstrasse als Organisation der Fahrenden stellt sich ge-mäss Platzordnung zur Verfügung, im Konfliktfall zu vermitteln.

6.4 Davon ist speziell bei sich abzeichnenden, polizeilichen Interventionen soweit möglich

Gebrauch zu machen. 7. Zuständigkeit für Streitigkeiten aus dem Vertrag

Diese Betriebsvereinbarung ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zur Umsetzung von § 48 Kantonsverfassung. Für Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau zuständig (§ 60 Ziffer 1 des Gesetzes über die Verwaltungsrechtspflege vom 9. Juli 1968).

……………, …………… Aarau, …………… GEMEINDERAT …………… DEPARTEMENT BAU, VERKEHR UND UMWELT KANTON AARGAU Der Gemeindeammann Der Gemeindeschreiber Der Vorsteher

Page 23: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

Konzept Fahrende Kanton Aargau / Anhang 2

Departement

Bau, Verkehr und Umwelt

GEMEINDE ……….……….

Durchgangsplatz ……………

Platzordnung Allgemein, Aufenthaltsdauer

• Der Durchgangsplatz …………… dient dem befristeten Aufenthalt von Fahrenden. Der Platz steht ganzjährig zur Verfügung.

• Die Aufenthaltsdauer auf dem Platz beträgt max. 1 Monat, eine erneute Belegung ist nach einem Monat Unterbruch möglich.

An- und Abmeldung

• Die den Platz benützenden Gruppen oder Einzelpersonen sind durch die Kontrollorgane (Platzwart, Platzkontrolle) zu erfassen. Die Benützer sind verpflichtet, dazu die erforderlichen Angaben (Personalien, Fahrzeuge) zu liefern. Gleichzeitig ist pro Wohnwagen ein Depot in der Höhe der Platzmiete für den geplanten Aufenthalt zu hinterlegen. Vor dem Verlassen des Platzes ist die Platzmiete mit den Kontrollorganen abzurechnen. Der Platz ist in sauberem Zustand zu verlassen.

Kosten/Mieten/Abrechnung

• Die Platzmiete beträgt pro Tag und Wohnwagen Fr. … . Diese setzt sich zusammen aus der eigentlichen Miete von Fr. … sowie Fr. … für Kehricht-, Wasser- und Abwassergebühren sowie die Stromkosten-Pauschale.

• Mehraufwand durch Nichteinhalten der Platzordnung (z. B. Reinigung der Anlagen) oder durch Beschädigungen wird nach Aufwand abgerechnet.

• Für die Deponierung des ordentlich anfallenden Kehrichts steht auf dem Gelände eine ent-sprechende Mulde zur Verfügung.

Benützung

• Der Durchgangsplatz besteht aus dem umzäunten Areal (Anlage mit Infrastruktur).

• Wohnwagen und Fahrzeuge sind ausschliesslich innerhalb des umzäunten Durchgangsplat-zes abzustellen.

• Das Gebiet ausserhalb des umzäunten Durchgangsplatzes darf nicht genutzt werden (kein Spiel- oder Tummelplatz, keine Materialdepots usw.). Dies gilt speziell für die Naturschutz-gebiete (Biotope, Teiche) östlich des Durchgangsplatzes.

• Auf dem Durchgangsplatz ist Ordnung zu halten, die sanitären Einrichtungen sind durch die Fahrenden stets sauber zu halten. Kehricht ist ausschliesslich in der entsprechenden Mulde zu deponieren.

Page 24: Konzept Fahrende Kanton Aargau - ub.unibas.ch · Konzept Fahrende Kanton Aargau Vorwort Wenn vom fahrenden Volk die Rede ist, werden Bilder wach. Es sind Bilder von Wohnwagen und

2

• Die Deponierung von Sperrgut und gewerblichem Abfall ist untersagt.

• Die gewerbliche Verwendung von Chemikalien aller Art (Säuren, Laugen etc.) ist strikte un-tersagt. Die umwelt- und gewässerschutzrechtlichen Bestimmungen sind einzuhalten.

• Hunde müssen beaufsichtigt werden und dürfen ausserhalb der Platzumzäunung nicht frei laufen gelassen werden.

Spezielles

• Im Winterhalbjahr (November bis April) kann durch den Gemeinderat …………… für max. 5 Wohnwagen eine Aufenthaltsdauer bis zu 5 Monaten bewilligt werden. Dazu darf jedoch nur die nördliche Platzhälfte genutzt werden. Der übrige Platz muss auch in diesem Fall für die temporäre Nutzung durch andere Fahrende offen stehen.

• Nach Möglichkeit wird ein Platzwart eingesetzt. Die Aufgaben, Pflichten und Rechte des Platzwarts werden durch den Gemeinderat im Einzelfall festgelegt.

• Bei widerrechtlichem Verhalten oder Nichtbeachtung der Platzordnung kann die Gemeinde …………… eine sofortige Ausweisung in die Wege leiten oder ein Platzverbot bis zu 5 Jah-ren aussprechen.

• Bei Differenzen kann die Radgenossenschaft der Landstrasse zur Vermittlung beigezogen werden.

• Diese Platzordnung wird durch den Kanton Aargau/Departement Bau, Verkehr und Umwelt als Eigentümer und die Gemeinde …………… als Betreiberin erlassen und kann durch diese gemeinsam geändert werden. Dabei muss die Radgenossenschaft der Landstrasse über die beabsichtigten Änderungen angehört werden.

……………, …………… Aarau, …………… GEMEINDERAT …………… DEPARTEMENT BAU, VERKEHR UND UMWELT KANTON AARGAU Der Gemeindeammann Der Gemeindeschreiber Der Vorsteher Zürich, …………… RADGENOSSENSCHAFT DER LANDSTRASSE Der Präsident