Kopf- & Fußbildung der Hydra - Fakultät für Physik · II.4 Aktivator-Inhibitor Modell...
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0. Die Hydra in der Mythologie
Neunköpfiges Seeungeheuer
Herakles sollte diese in einer seiner 12 Aufgaben töten
Hilfe durch Neffen Lolaos
http://de.wikipedia.org/wiki/Herakles http://psteinmann.net/bio_hydra.html
I.1 Arten und Lebensraum Süßwasserpolypen (Hydra) sind eine Gattung aus
dem Stamm der Nessel-/Hohltiere mit 10 Arten Hydra vulgaris bzw. Hydra sp. (Gemeiner oder
Brauner Süßwasserpolyp) Hydra viridissima (Grüne Hydra)
http://psteinmann.net/bio_hydra.html
I.1 Arten und Lebensraum
Einfach gebaute vielzellige Organismenohne echte Organe die bis zu 3 cm großwerden
Stehenden und fließenden Gewässern bis zu300 m Tiefe
mikroskopisch kleinen Einzellern Kleinkrebse, Mückenlarven,Würmchen
I.2 Körperbau 2 Gewebeschichten: Ektoderm
(Epidermis) & Entoderm(Gastrodermis) mit Muskel- &Nervenzellen
dazwischen gallertartige,zellfreie Stützschicht(Mesogloea)
Fußscheibe (Basalplatte) Kopf mit Mund- &
gleichzeitigerAusscheidungsöffnung
darum gruppierten 4-20Tentakel http://www.fortunecity.de/lindenpark/hundertwasser/517/hy
draweb.html
I.3 Regenerationsfähigkeit Stationäres Embryostadium Zellen der Hydra werden ständig erneuert Bildung primär im Bauchbereich durch sog.
Interstitielle Zellen (= pluripotente Stammzellen) wandern distal Differenzieren sich in
entsprechende Zellen
I.4 Regenerationsfähigkeitaus fortwährender zellulärer Grunderneuerung desOrganismus folgt:
theoretisch unendlich alt
Neubildung von amputierten Extremitäten
mechan. Zerstückelung führt zur Bildung vonweiteren Hydren aus Bruchstücken
Aufgrund beispielsloser RegenerationsfähigkeitDER Modellorganismus für Entwicklungsbiologie!
Zentrale Fragen Woher „wissen“ die im Bauchbereich gebildeten
Zellen was aus Ihnen werden soll? Wie kann es sein das sich aus Bruchstücken neue
Hydren ausbilden? (Trembley, 1744)
Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen.1997, Berlin: Springer Verlag.
Es muss Mechanismus zur Erkennung / Erhaltung derPolarität (Kopf-Fuß-Richtung) geben!
http://www.mun.ca/biology/desmid/brian/BIOL3530/DB_Ch13/DBNRegen.html
Zentrale FragenWie kann es sein das aus einem anfangs homogenenZellhaufen ein differenzierter Organismus entsteht?
Aktivator - Inhibitor Modell
Morphogenetisches Feld
Entnommen aus Vorlesung von Prof. Tavan
II. Modellierung der Hydra
1. Das Spielzeugmodell2. Die Hypothese von Turing3. Struktur- & Musterbildung4. Aktivator-Inhibitor Modell5. Mathematische Formulierung durch
Gierer & Meinhardt6. Gradienten in der Hydra7. Die Quelldichte s
II.1 Das Spielzeugmodell
Zur theoretischen Beschreibung wird Hydra aufdas Wesentlichste reduziert
Alan Turing (1952)
II.2 Die Hypothese von TuringHypothese von Turing:„Morphogenetisches Feld steuert Zelldifferenzierung“
Entnommen aus Vorlesung von Prof. Tavan
II.3 Struktur- & Musterbildung strukturierte Gebilde aus homogenenAnfangsverteilungen
Struktur-erzeugende Prozesse: kleine Störungen mitpositiver Rückkopplung (= Selbstverstärkung)→ weiteres Anwachsen der Störung (z.B. Sanddüne)
Selbstverstärkung allein → Zustand geht wieder ineinen strukturlosen Zustand über (z.B Waldbrand)
http://www.roman-schmid.com/vortrag_usa.htmhttp://www.gomaik.de/shop_content.php?coID=0
II.3 Struktur- & MusterbildungStrukturbildung impliziert: an einem Ort geschiehtetwas, was in einer weiteren Umgebung nichtgeschieht
Inhibition muss positiver Rückkopplungentgegenwirken
Inhibition muss sich schneller ausbreitenals die selbstverstärkende Reaktion
Grundprinzip der Strukturbildung:
Primäre Musterbildung durch lokaleSelbstverstärkung und langreichweitige Inhibition!
II.4 Aktivator-Inhibitor Modell Beteiligung von zwei Substanzen notwendig Stoff a (=Aktivator) steuert die Bildung einer
Struktur & Stoff b (= Inhibitor) hemmt diese a ist Autokatalyt (positive Rückkopplung) Bildung von a führt automatisch zu Bildung von b a: langsame Ausbreitung & Zerfall→ kurzreichweitige Wirkung
b: schnelle Ausbreitung & Zerfall→ langreichweitige Wirkung
Zu beginn: instabiles Gleichgeweicht
von a und b http://www.biologie.uni-hamburg.de/b-online/d28/28b.htm
II.5 Das Gierer-Meinhardt Modell
beschreibt nichtlineares System mit Rückkopplung, sogReaktions- Diffusionsgleichungen
Di‘s: Diffusionskonstanten, ri‘s: Zerfallsraten
a2: beschreibt autokatalytische Bildung, 2 Aktivatormolekülemüssen Komplex bilden, um Synthese weiterer Moleküleanzuregen
Meinhardt, H. Biologie in unserer Zeit, 31.Jahrgang 2001, Nr1, 48-53
2
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II.5 Das Gierer-Meinhardt Modell
1/b: Hemmung der Produktion von a durch Inhibitor b
ba: kleine a-unabhängige Grundproduktion, um Autokatalyse inGang zu setzten
S ist Quelldichte, beschreibt lokale Produktionsrate durch Zellen
→ minimale Schwankung löst lokale Störung aus
Meinhardt, H. Biologie in unserer Zeit, 31.Jahrgang 2001, Nr1, 48-53
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II.5 Das Gierer-Meinhardt Modell für Di und ri :
Db » Da (langreichweitige Inhibition)
rb › ra (schnelle Reaktion von b auf Veränderungen von a, sonst entstehen Oszillationen)
Für erste Idee für Lösungsverhalten, betrachte Diffusion imPotenzialtopf:
Entnommen aus Vorlesung von Prof. Tavan
II.5 Das Gierer-Meinhardt ModellForm der Reaktions-Diffusionsgl. bedingt:
Anfangs homogene Verteilung von a kann durchlokale Fluktuationen der a-Konzentration in einepolare zerfallen (spontaner Symmetriebruch)
Sackmann Skript Kap.III, S135
Symmetriebruch
II.5 Das Gierer-Meinhardt Modell Globale Störung: a↑ führt global zu b ↑ ►
Rückführung in GG-Zustand Lokale Störung: a↑ führt lokal zu b↑, jedoch schnelle
Ausbreitung in Umgebung wo er a hemmt► keine Rückführung in GG-Zustand► am Ort der Störung a↑, jedoch in Umgebung a↓
Entnommen aus Vorlesung von Prof. Tavan
II.6 Gradienten in der Hydra gemäß Modell: Kopf- & Fußbildung unter
Kontrolle von separaten Aktivator-Inhibitor-Systemen (Bode & Bode 1984)
Systeme gekoppelt über Quelldichte s, sog.Positionswert (Müller 1996)
Kopfaktivator aK wird in Regionen mithohem s gebildet und erhöht diese weiter
Fußaktivator aF wird in Regionen mitniedrigem s gebildet und erniedrigt dieseweiter
Meinhardt, H. (1993) dev. Biol. 157, 321-333
II.6 Gradienten in der Hydra
Meinhardt, H. (1993) dev. Biol. 157, 321-333
violett = aK; schwarz = aF; grün = s
II.7 Die Quelldichte s S ist ein Maß für die Dichte der
differenzierten Zellen, bzw. bedingt dieProduktion von Aktivatoren
Wegen pos.Feedback von a auf s, hat dieQuelldichte auch das Profil eines Gradienten
Änderungen von s benötigt mehr Zeit alsÄnderungen der a-Konz.(Positionswert)(Wolpert,1969)
Der Quelldichte-Gradient legt somit die Polaritätder Hydra fest
III.1 Regeneration
http://www.mun.ca/biology/desmid/brian/BIOL3530/DB_Ch13/DBNRegen.html violett = aK; schwarz = aF; grün = s
III.1 Regeneration
Meinhardt, H., Wie Schnecken sich in Schale werfen.1997, Berlin: Springer Verlag.
violett = aK; schwarz = aF; grün = s
III.5 Transplantationsversuche
Nach 0 h ist Kopf-InhibitorbK noch nicht zerfallen!
Entnommen aus Vorlesung von Prof. Tavan
Entnommen aus Vorlesung von Prof. Tavan
rot = aK
blau = bK
III.5 Transplantationsversuche
Nach 6 h ist bK zerfallen!
„Gewebe“ nur noch charak. durch s
Zeigt bei ImplantationAbstandsabhängigkeit, wegen bK inAkzeptorhydra
violett = aK; schwarz = aF; grün = s
Entnommen aus Vorlesung von Prof.Tavan
rot = aK
blau = bK