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    KORONA Nr. 96 1

    ASTRONOMISCHER ARBEITSKREIS KASSEL E.V.

    32. Jahrgang Nummer 96 September 2004

    Die Venus vor der Sonne

    Jupiterbeobachtungen SonnenbeobachtungKamiokanne Workshop evolutionre Systeme

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    Das Blaue vom Himmel

    Kabarett am Freitag, 17.September 2004, 18.00 Uhr, Aula der ASS

    Im Jahre 2004 gibt es ein Jubilum beim AAK: Die Sternwarte in Calden wird 30 Jahre alt.Grund genug also fr eine Veranstaltung der besonderen Art. In Zusammenarbeit mit demVerein deutsche Sprache, Regionalgruppe Kassel, wurde der Kabarettist Ingo Brchers ausBielefeld engagiert. Am Freitag, 17. September, 18.00 Uhr, tritt er in der Aula der Albert-Schweitzer-Schule auf. Ingo Brchers stellt ein ganz besonderes Programm zusammen ausseinen erfolgreichen Auftritten Das Blaue vom Himmel und Newspeak.

    Aus der Pressevorstellung von Das Blaue vom HimmelOrdnung ist Schein und Realitt ist, was man daraus macht. Wenn sogar Supermrkte be-tonen mssen, dass sie real sind, wenn nicht mehr das Erreichte zhlt, sondern das Erzhl-te reicht dann ist es Zeit fr Das Blaue vomHimmel. In seinem dritten Programm unternimmtder Bielefelder Kabarettist eine satirische Reisedurch Raum und Zeit, durch unendliche Weiten undmalose Beschrnktheit. Gibt es einen Zusammen-hang zwischen schwarzen Lchern und leerenKassen? Mu ich Einstein verstehen, um die Ab-seitsfalle erklren zu knnen? Und wie kommuni-zieren Politiker in Paralleluniversen? Getreu dem

    Motto Lieber mit Brchers irren, als alleine Rechtbehalten ist am Ende auch dem Letzten im Publi-kum klar: Eine groe Wahrheit ist eine Wahrheit,deren Gegenteil immer noch eine Wahrheit ist.

    Noch mehr Zitate...und immer wieder diese apokalyptischen Kritiker, die sich beschweren, da Wissenschaft-ler Gott spielen. Meine Gte, wenn nicht Wissenschaftler Gott spielen, wer dann?Welchen Ort du auch suchst, er wird noch da sein, wenn du ankommst.

    Wie lang eine Minute ist, kommt nur darauf an, auf welcher Seite der Toilettentr du bist.

    Und hier die DatenFreitag, 17. September 2004, 18 bis 20 Uhr, Aula der Albert-Schweitzer-SchuleEintrittspreise: 7 , Vereinsmitglieder, Lehrer/innen ASS 5 , Schler 3

    Die Cafeteria bietet in der Pause einen Imbiss und Getrnke an.

    Der Kartenvorverkauf ist bei K.-P.Haupt und R.Kieselbach, insbesondere auch freitags,mglich!

    Nheres unter www.theaterkontor.de

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    Inhaltsverzeichnis

    Klaus-Peter Haupt

    Liebe Mitglieder........................................................................................................4

    Beobachtungen

    Roland HedewigDer Venusdurchgang vom 8. Juni 2004...................................................................5

    Impressionen vom Venustransit.............................................................................12

    Roland HedewigJupiterbeobachtungen 2003/2004...........................................................................13

    Roland HedewigStarke Sonnenaktivitt in der zweiten Julihlfte 2004........................................18

    Manfred ChudySonnenfleckenbeobachtung 2003...........................................................................20

    Berichte

    Michael Schreiber, Mike Vogt und Heiko EngelkeKamiokanne Messungen der sekundren kosmischen Strahlung............... 21

    Klaus-Peter HauptWorkshop Evolutionre Systeme...........................................................................40

    Verschiedenes

    Friedrich Baum und Christian HendrichPressespiegel.............................................................................................................43

    Unser Programm von September bis Dezember 2004......................................... 46

    Titelbild: Fotomontage Venustransit(Originale: M. Hmmerling, Bearbeitung C. Hendrich)

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    Liebe Mitglieder.....

    32 Jahre AAK und davon 30 Jahre Sternwarte Calden. Daswollen wir mit einem besonderen Fest feiern.Am Freitag, 17. September kommt der Kabarettist Ingo Br-chers mit einem kosmologischen Programm in die Aula derAlbert-Schweitzer- Schule. Ich wrde mich freuen, Sie undIhre Freunde und Bekannten dazu begren zu drfen.Am nchsten Tag ist dann der bundesweite Tag der Astrono-mie 2004. Mit einem Tag der offenen Tr in der SternwarteCalden und einem Beobachtungsabend werden wir uns dar-an beteiligen.

    Seit Juli hat die Sternwarte auch endgltig einen Stroman-schlu, fr Film- und Diavorfhrungen, aber auch fr dasBetreiben der CCD Kamera und des Computers sind wirjetzt nicht mehr auf die Solaranlage angewiesen. Auch dasist ein Grund zum Feiern.

    In dieser Korona finden Sie auch eine Zusammenfassung derForschungsarbeit ber die Monenstrahlung, die das Jugendforscht Team Heiko Engelke, Michael Schreiber und MikeVogt verfasst haben. Fr diese Arbeit, die im Rahmen des

    PhysikClubs angefertigt wurde, erhielten sie den Regional-sieg Hessen Nord in Physik, bekamen einen Sonderpreis frdie beste wissenschaftliche Prsentation, wurden Landes-sieger Hessen in Physik und erhielten auf dem Bundeswett- bewerb einen Sonderpreis der Deutschen PhysikalischenGesellschaft fr eine herausragende Arbeit in Physik.

    Der Pfingst-Workshop ber Evolutionre Systeme war einvoller Erfolg, ein neuer Workshop wird nchstes Jahr dieFrage Was ist Zeit? diskutieren.

    Ende Mai ist unser langjhriges Mitglied Manfred Singer nach schwerer Krankheit im Altervon 68 Jahren gestorben. Seit Mrz 1987 war er Mitglied im AAK. Er war nicht nur einuerst interessierter Besucher der Vortrge, sondern hat auch seine Kontakte zu histo-rischen Fernrohrsammlern genutzt, um unser Programm zu bereichern und uns auch invielen Bereichen gefrdert und untersttzt. Und wer 1990/91 auf den Alpenfahrten dabeiwar, hat ihn als einen frhlichen Freund kennen gelernt, der sich aber auch neugierig undernsthaft mit wissenschaftlichen Fragen auseinander gesetzt hat. Kurz bevor seine Krankheiterkannt wurde und sein Leben immer mehr einschrnkte, hat er sich noch einen Traumerfllt, eine Expedition mit dem Hundeschlitten ber Grnlands Discobucht. ManfredSinger wird uns fehlen. Es bleibt uns nur ein ehrendes Andenken an einen hilfsbereiten,

    frhlichen und an vielen Dingen interessierten Menschen.

    Ihr KP Haupt

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    Der Venusdurchgang vom 8. Juni 2004

    Roland Hedewig

    So spektakulr wie die totale Sonnenfinsternis von 1999 war der Venustransit von 2004nicht, aber er war ein viel selteneres Ereignis. Nur jeder dritten Generation ist es vergnnt,Venus-transits zu sehen. Der letzte erfolgte 1882, also vor 122 Jahren. Der nchste folgtzwar schon in 8 Jahren, am 6. 6. 2012. Aber dann dauert es rund 105 Jahre bis zum nchstenVenusdurch-gang. Es gilt nmlich die Regel, dass die Intervalle in der Reihenfolge 121,5; 8;105,5; 121; 8 Jahre aufeinander folgen, wobei jeweils zwei im 8-Jahresabstand aufeinanderfolgende Transits im Juni und die nchsten im Dezember stattfinden (s. Tabelle 1).

    Datum 06.06.1761 03.06.1769 08.12.1874 06.12.1882 08.06.2004 06.06.2012

    Intervall 8 Jahre 105,5 Jahre 8 Jahre 121,5 Jahre 8 JahreTabelle 1: Zeitabstnde von Venusdurchgngen

    Die Seltenheit von Venusdurchgngen ergibt sich aus der Tatsache, dass Sonne, Venus undErde in einer Reihe stehen mssen, um das Phnomen zu erzeugen. Das ist nur mglich,wenn die untere Konjunktion der Venus in der Nhe der Schnittlinie der Bahnebenen derErde und der Venus stattfindet (vgl. Ahnerts Astronomisches Jahrbuch fr 2003, S. 82-87).Merkurdurchgnge erfolgen viel hufiger, weil die Merkurbahn viel nher an der Sonneliegt als die Venusbahn.Nachdem wir am 7. Mai 2003 den letzten Vorbergang des Merkur vor der Sonnenscheibegut beobachten und fotografieren konnten, war natrlich die Erwartung gro, ob der Venus-durchgang am 8. Juni 2004 ohne Strung durch Wolkenbedeckung abluft. Und wir hattenGlck. Im Raum Kassel war die Bewlkung am Vormittag des 8. Juni so gering, dass derVenusdurchgang problemlos von Anfang bis Ende beobachtet werden konnte.Zwar verlief die Beobachtung ohne Teleskop, allein mit der Sonnenschutzfolie, ent-tuschend, weil Venus erst mit deutlichem Abstand vom Sonnenrand mit bloem Auge alsschwarzer Punkt sichtbar war. Aber schon in kleinsten Teleskopen zeigte sich die Venus inallen Phasen des Durchgangs sehr klar und mit 58 Durchmesser so gro wie ein groerSonnenfleck.Die folgenden Ausfhrungen beziehen sich auf meine Beobachtungen.

    Instrument und Zubehr

    Refraktor: Objektiv 80 / 1200 mm (Zeiss AS), Glas-ObjektivsonnenfilterOkulare 40 mm und 15 mm, Fotografie mit Okularprojektion

    Kamera: Nikon FM 2 ohne Objektiv, Abschirmung des Seitenlichtes durch Zwischenringe,Film Fuji Sensia 100 ISOBelichtung mit 40 mm Okular 1/1000 s, mit 15 mm Okular 1/250 s

    Beobachtungsort: Kassel-Nordshausen, Hausterrasse, 9 26 E, 51 17 N, 200 m . NN

    Das Objektivsonnenfilter lsst so viel Licht durch, dass trotz Okularprojektion je nach Gr-e des Sonnenbildes auf dem Film Belichtungszeiten von 1/2000 bis 1/250 s mglich sind.

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    Fr die visuelle Beobachtung mit diesem Sonnenfilter schwche ich die Helligkeit zustz-lich vor dem Okular mit einem Pentaprisma ab, das nur 0,16 % des einfallenden Lichtesdurchlsst. Ist das Sonnenlicht durch Dunst oder eine dnne Wolkendecke geschwcht, ver-wende ich an Stelle des Pentaprismas nur ein Okularmondfilter. Bei stark geschwchtem

    Sonnenlicht kann auch dieses Filter wegbleiben.

    Beobachtungsbedingungen

    Insgesamt war die Venus am 8. Juni sechsStunden vor der Sonne zu sehen. Die Bahnder Venus zeigt Abb. 1.

    Abb. 1: Bahn der Venus vor der Sonne.

    Die Ziffern 1 bis 4 kennzeichnen dievier Kontakte mit dem Sonnenrand(aus Ahnerts Astr. Jahrbuch 2004, S. 85)

    Tabelle 1: Zeitlicher Ablauf des Venusdurchgangs am 8. 6. 2004 in Kassel.Zeit in MESZ, Sekundenwerte gerundet

    Eintritt und Austritt der Venus nahm ich jeweils mit dem 15 mm-Okular auf, also bei mittel-starker Vergrerung, whrend ich in dem langen Zeitraum zwischen Eintritt und Austrittmit dem 40 mm-Okular, also bei schwacher Vergrerung arbeitete, weil dann die gesamteSonne im Gesichtsfeld lag.

    Ergebnisse

    In der Zeit von 7h 21m bis 13h 23m MESZ nahm ich 31 Farbdias auf, davon 21 mit dem 15mm-Okular und 10 mit dem 40 mm-Okular. Von 17 Dias lie ich Papierbilder anfertigen,die hier verffentlicht werden (Abb. 2 18).Die Fotos 2 9 zeigen im Original die vollstndige Sonnenscheibe. Aus Platzgrnden wirdhier nur jeweils die Sonnenhlfte mit der Venus abgebildet.Das durch Luftunruhe entstehende Tropfenphnomen beim 2. und 3. Kontakt, das inAhnerts Astr. Jahrbuch 2003 auf S. 85 bertrieben dargestellt ist, trat beim Eintritt derVenus, als die Luft sehr ruhig war, nicht auf (Abb. 12 und 13). Beim Austritt der Venus

    zeigte sich das Phnomen trotz der mittags blichen Luftunruhe nur ganz schwach (Abb.14).

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    Venustransit

    Abb. 2 540 mm Okular

    Bel. 1/1000 s

    7h 42m MESZ

    8h 20m

    8h 47m

    9h 28m

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    Venustransit

    Abb. 6 9

    40 mm OkularBel. 1/1000 s

    10h 02m MESZ

    10h 23m

    11h 24m

    12h 17m

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    Anfang des Venustransits Abb. 10 13, 15 mm Okular, 1/250 s

    7h 31m 7h 39,5m 7h 40m 7h 41m MESZ

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    Whrend zur Zeit des Merkurdurchgangs am 7. 5. 2003 ein groer Sonnenfleck als Gren-

    vergleichsobjekt vorhanden war (s. KORONA 93, S. 12-14), erkannte ich am 8.6.2004 nurdrei sehr kleine Fleckengruppen nahe der Sonnenmitte, nmlich eine A-Gruppe mit 2, eineA-Gruppe mit 3 und eine bipolare B-Gruppe mit 7 sehr kleinen Flecken. Nur die B-Gruppe

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    ist auf den Fotos abgebildet, und zwar auf den Dias sehr deutlich, auf den Papierbildern nurnoch schwach und auf den gedruckten Fotos gar nicht mehr (s. Abb. 2 9).

    Vergleich mit den Fotos anderer Beobachter

    Auch bei den in Sternzeit 3 / 2004 verffentlichten Fotos ist beim 2. und 3. Kontakt derVenus keine Tropfenform zu erkennen. Das von Detlev Niechoy aufgenommene Foto von5:40h UT (7:40h MESZ) entspricht meinem etwas schrferen Foto in Abb. 11.Die bipolare Fleckengruppe ist auf dem Foto von D. Nichoy 7:.35h UT (9:35h MESZ) amoberen Bildrand zu erkennen.

    Literatur

    Ahnerts Astronomisches Jahrbuch 2003. Sterne und Weltraum 2002.

    S. 82-87: Ein seltener Gast vor der Sonne. Venustransit im Jahr 2004.Ahnerts Astronomisches Jahrbuch 2004, Sterne und Weltraum 2003.S. 85: Venus vor der Sonne.

    Sternzeit 3 / 2004, Fotoseiten 100 101

    Prof. Dr. Roland Hedewig, Am Krmmershof 91, 34132 Kassel, [email protected]

    ImpressumDie KORONA wird herausgegeben vom Astronomischen Arbeitskreis Kassel e.V. (AAK)und kostenlos an die Mitglieder und befreundete Vereine im Austausch mit deren Mittei-lungen verteilt.

    Redaktion: alle AutorenZusammenstellung: C. HendrichDruck: Druckerei Bruning & Rudert OHG, EspenauAuflage: 320

    Redaktionsschlu dieser Ausgabe: 15.08.2004Redaktionsschlu der kommenden Ausgabe: 15.12.2004

    Die Artikel knnen an den Vereinsabenden in der Albert-Schweitzer-Schule abgegeben oderan Christian Hendrich, Klnische Strae 52, 34117 Kassel, Tel. 0178-7772666 bzw. 0561-7015680 gesendet werden. Es werden nur Dokumente in elektronischer Form untersttzt,die entweder per e-Mail an: [email protected] oder per Diskette oder CD-Rom anobige Anschrift gesandt werden. Als Dateiformate werden Richtext (.rtf), MS Word (.doc),Staroffice (.sdw) sowie Openoffice untersttzt. Als Seitenformat mu DIN A5 und alsSchriftgre 9 Punkt gewhlt werden. Abbildungen sollten idealerweise mit 300 dpi ein-

    gescannt werden, alle gngigen Bild-Dateiformate (mit ausreichender Qualitt) werden ak-zeptiert.

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    Impressionen vom Venustransit

    Zweiter Kontakt abfotografiert von der Leinwand Aufnahme aus der Sternwarte(Christian Hendrich) (Manfred Chudy)

    An der Sternwarte Calden wurde gesetzes-widrig vermummt beobachtet

    Grobild-Leinwand in derAlbert-Schweitzer-Schule

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    Jupiterbeobachtungen 2003 / 2004

    von Roland Hedewig

    Beobachtungsbedingungen

    Dieser Bericht enthlt die Ergebnisse meiner Jupiterbeobachtungen im Zeitraum vom22. Dezember 2003 bis 18. Mai 2004.Jupiter konnte von Anfang Oktober 2003 (in der Morgendmmerung) bis Ende Juni 2004(in der Abenddmmerung) beobachtet werden wenn das Wetter mitspielte. Er bewegtesich durch den Sdteil des Sternbildes Lwe.Die Opposition (grte Erdnhe) des Jupiter erfolgte am 4. Mrz 2004 6 Uhr MEZ. Die De-klination des Planeten betrug am 8. Oktober 2003 + 9 09, ging dann bis Ende Dezember2003 auf + 5 33 urck, stieg bis 5. Mai auf + 9 29an und sank dann bis 4. Juli auf + 728.Damit stand Jupiter in Kassel (51,3 N) zur Kulminationszeit 44,2 bis 48,2 hoch ber demHorizont und konnte Anfang Mrz 2004 von 19 Uhr bis 5.30 Uhr MEZ, also insgesamt 10,5Stunden lang beobachtet werden. Allerdings stand Jupiter 2004 deutlich tiefer ber dem Ho-rizont als zur Oppositionszeit des Jahres 2003. Damals betrug die Deklination am 1.4.200319 06.Ein weiterer Nachteil gegenber 2003 war der etwas geringere scheinbare quator-Durch-messer des Planeten. Er betrug am 8. 10. 2003 31,93, erreichte am 6. 3. 2004 44,48 undsank bis zum 4.7.04 auf 33,66. Dagegen betrug er zur Oppositionszeit des Jahres 2003, am31.1. 2003 45,5 (vgl. KORONA 94, S. 17). Der scheinbare Durchmesser war also zur Op-positionszeit 2004 1 Bogensekunde = 2,2 % kleiner als 2003.Der etwas tiefere Stand des Planeten ber dem Horizont, sein geringerer scheinbarer Durch-messer und die hufig starke Luftunruhe fhrten zusammen im Jahre 2004 zu deutlichschlechteren Sichtbarkeitsbedingungen als 2003. Hinzu kommt, dass die Anzahl derwolkenlosen Nchte 2004 geringer war als 2003. Das zeigt sich auch in den Daten meinerBeobachtungen (s. Tabelle 1).

    Verwendetes Instrument

    150 mm-Refraktor (FH), Brennweite 2250 mm, Vergrerungen 150 und 180, Orange-Filter, visuelle Beobachtung in Kassel-Nordshausen, 9 56 E, 51 17 N, 200 m . NN.

    Anzahl der Beobachtungen

    Tabelle 1: Beobachtungstermine und Anzahl der Jupiter-Zeichnungen von R. Hedewig

    Fr die drei Beobachtungszeitrume 3. 4. 3., 11. 16. 4. und 16. 18. 5. fertigte ich nachinsgesamt 19 Einzelzeichnungen die drei hier abgebildeten Karten der Jupiteratmosphrean.

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    Beobachtungsergebnisse

    Wichtigste Ergebnisse Das Nrdliche Gemigte Band (NTB), das bereits im Dezember 2002 verschwand,

    blieb 2003 und bis zum Ende der Beobachtungen im Mai 2004 unsichtbar. Der Groe Rote Fleck (GRF) setzte seine Drift entgegen der Rotationsrichtung des

    Planeten fort und bewegte sich von 85 Lnge im Februar 2003 nach fast 91 Lnge vonMrz bis Mai 2004.

    Bnder und Zonen von der Sdpolarregion (SPR) bis zum STBDas Gebiet von der Sdpolarregion (SPR, in den Karten oben) bis etwa 50 S erschien stetsdunkel und war unscharf gegen die nrdlich anschlieende hellere Zone abgegrenzt.Das nrdlich anschlieende dunkle Band SSTB war stets gut zu erkennen. Ab April 2004erschien es aber als Abgrenzung der bei 50 S endenden dunklen Region ohne helle Zwi-

    schenzone zwischen dieser und dem SSTB (Karten 2 und 3).Das Sdliche gemigte Band (STB)Das Band war stndig gut sichtbar, erschien aber an verschiedenen Stellen unterschiedlichintensiv dunkel. Helle kurze helle Abschnitte (WOS ?) sah ich am 26. 1. bei 160 und am18.5. bei 123 und 150 jovigraphischer Lnge (s. Karte 3).

    Sdliche Tropische Zone (STrZ) und Groer Roter Fleck (GRF)Die STrZ war, wie in frheren Jahren, die hellste Zone der Wolkenoberflche des Planeten.Sie erschien berwiegend gleichmig breit mit Ausnahme der Engstelle am GRF.Der GRF erschien sehr hell und war manchmal nur an der dunklen Umrandung der GRF-Bucht im SEB erkennbar.

    Datum 2004 3. 4. 11. 4. 16. 4. 18. 5.Position der GRF-Mitte 91 91,9 90 90

    Tabelle 2: Positionen des GRF in jovigraphischer Lnge im Rotationssystem II

    Als mittlere GRF-Position fr die Zeit von April bis Mai 2004 kann also 91 Lnge ange-nommen werden. Da im Februar und Mrz 2003 die GRF-Position 85,5 betrug, drfte derGRF innerhalb von 13 14 Monaten um 5 entgegen der Rotationsrichtung des Jupiters

    gedriftet sein.Sdliches quatorband (SEB)Das Band erschien, wie vor einem Jahr, durchweg geteilt in das sdliche SEB (S), die helle-re Innenzone und das nrdliche SEB (N). stlich der GRF-Bucht zwischen 100 und 150Lnge erschien die Innenzone in mehrerer helle Flecken mit dunkleren Zwischenrumen ge-teilt.quatorzone (EZ)In der hellen quatorzone erschienen mehrfach undeutliche nur wenig dunklere Strukturen.

    An einigen Tagen waren groe helle Ovals zu sehen, deren Rnder im NEB wurzelten unddie vom NEB aus unterschiedlich weit in die EZ hineinragten (s. Karte 3). Auf Karte 1 isteine Girlande zu sehen, die vom NEB bis zur Mitte der EZ reicht. Das sehr schmale qua-torband (EB) konnte ich zu keiner Zeit erkennen.

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    Nrdliches quatorband (NEB)Das NEB war das dunkelste Band der Jupiteratmosphre. Eine Dreiteilung wie beim SEBwar zu keiner Zeit erkennbar. Der Sdrand erschien wellig mit Ansatzstellen von Girlanden bzw. Ovals. Das Innere des NEB erschien berwiegend turbulent mit helleren und

    dunkleren Stellen.

    Nrdliches Gemigtes Band (NTB)In KORONA 94, S. 91 beschrieb ich ausfhrlich das Verschwinden des NTB in der Zeit vonNovember 2002 bis Januar 2003. In Ahnerts Astronomischen Jahrbuch 2004, S. 35, zeigt dasJupiterfoto vom 16. 3. 2003 sehr deutlich, dass das NTB vllig fehlt.Das NTB war von Dezember 2003 bis zum Ende meiner Beobachtungen im Mai 2004 nichtzu sehen. Wenn man bedenkt, dass dieses Band rund 3500 km breit ist, so breit wie Nord-afrika vom Mittelmeer bis zum Golf von Guinea, so ist das Verschwinden (Fading) diesesBandes sehr bemerkenswert.

    Es ist zu erwarten, dass das Band sich im nchsten Monaten oder im nchsten Jahr neubildet, so wie dies nach dem Verschwinden des SEB vor einigen Jahren der Fall war. Daraufsollten Jupiterbeobachter zu Beginn der nchsten Sichtbarkeitsperiode achten. Sie beginntEnde November 2004 mit dem Erscheinen Jupiters in der Morgendmmerung.

    Bereiche vom NTB bis zur Nordpolarregion (NPR)Nrdlich vom NEB war nur eine von 20 bis 40 N reichende, 20 breite helle Zone ohnejede Struktur zu erkennen. Im daran anschlieenden, bis zum Nordpol reichenden, dunklenBereich waren keine deutlichen Strukturen zu sehen.

    Schatten von JupitermondenBereits in einem 10-fach vergrernden Fernglas sieht man die vier groen Jupitermonde,die Galilei 1610 mit seinem einfachen Fernrohr entdeckte, als winzige Lichtpunkte. Sie se-hen dann wie lichtschwache Fixsterne aus. Als Scheibchen erkennt man diese Monde sowiederen Schatten auf der Jupiteroberflche aber erst mit einem Teleskop, dessen Auflsungmindestens 1 Bogensekunde betrgt, denn so klein erscheinen sie zur Oppositionszeit.( s.Tabelle 3).

    Name Durchmesser scheinbarer Durchmesser I Io 3636 km 1,12

    II Europa 3066 0,94III Kallisto 4890 1,50IV Ganymed 5216 1,60

    Tabelle 3: Durchmesser der vier grten Jupitermonde zur Oppositionszeit des Jupiters

    Das bedeutet, dass der Schatten des Mondes Europa mit einem scheinbaren Durchmesservon 0,94 im Mrz 2004 im 150 mm-Refraktor gerade noch gut zu sehen war. Ich beobach-tete und zeichnete 2004 die Schatten folgender Monde (s. Tabelle 4):

    21.2. 22:45 UT: I 16.4. 20:05: I, 21.20: II, 22:00: II. 23.4. 20:50: I, 21:50: I,16.5. 21:10: I 18.5. 21:00: II, 21:30: II

    Tabelle 4: Daten der Zeichnungen von Schatten der Jupitermonde I und II

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    Abb. 4: Schatten der Jupitermonde I am 16. 4. 20:05 UT und II am 16. 4. 22:00 UT

    In allen diesen Fllen lagen die Mondschatten am Sdrand des NEB. Bei der letzten Beob-achtung des Schattens von Mond II am 18.5.2004 hatte dieser Schatten nur einen scheinba-ren Durchmesser von 0,81. Er lag damit an der Sichtbarkeitsgrenze des 150 mm-Refrak-tors.

    Jupiterbeobachtungen von Manfred Chudy

    Manfred Chudy stellte mir Kopien von 6 Jupiterzeichnungen des Jahres 2004 zur Aus-wertung zur Verfgung. Er beobachtete mit einem 200 mm-Refraktor, F = 3000 mm, derSternwarte in Calden. Die Daten zeigt Tabelle 5:

    Tag Mrz 5 17 27 30 31 Mai 16Anzahl 1 1 1 1 1 1ZM II 113 99 145 267 56 179

    Tabelle 5: Daten der Jupiterzeichnung des Jahres 2004 von Manfred Chudy

    Die GRF-Positionen sind in den Zeichnungen so unterschiedlich, dass sie fr die Aus-wertung nicht verwendet werden knnen.Interessant sind jedoch im NEB zahlreiche dunkle Barren unterschiedlicher Gre in allen 6Zeichnungen und einige ovale, weie Flecken (30. 3. 04) sowie sehr dunkle Ansatzstellenvon Girlanden, die in die quatorzone hineinragen (16 .5. 04).

    Prof. Dr. Roland Hedewig, Am Krmmershof 91, 34132 Kassel, [email protected]

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    18 KORONA Nr. 96

    Starke Sonnenaktivitt in der zweiten Julihlfte 2004

    Roland Hedewig

    Die Sonne bietet immer wieder berraschungen. Nach dem letzten Maximum im November2001 sollte die Sonnenaktivitt eigentlich stndig sinken bis zum Minimum in 2006. AberEnde Oktober 2003 gab es einen starken Anstieg mit Flares und darauf folgenden starkenNordlichtern, die auch in Kassel zu sehen waren (s. KORONA 95, S. 10-11 und SONNE109, S. 8-11).

    Danach sank die Sonnenaktivitt bis Anfang Juli 2004 deutlich ab. Die von mir ermittelten(mit meinem k-Faktor 0,792 reduzierten) Monatsmittel der Sonnenflecken-Relativzahlensanken von Re = 61,5 im November 2003 auf Re = 36,0 im Juni 2004. Und in der ersten Ju-liwoche sank die Anzahl der Flecken weiter. Am 6. Juli 2004 war nur noch ein winziger,punktfrmiger Fleck zu sehen.Aber dann begann ein starker Aktivittsanstieg, der am 21. Juli 2004 seinen Gipfel mit 4Fleckengruppen und insgesamt 91 Flecken erreichte. Die unreduzierte Relativzahl betrugRe = 131, die reduzierte Re = 103,8 (s. Tabelle 1 und Abb. 1).

    Tage 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 15. 16.Anzahl der Gruppen 2 2 2 2 1 1 1 1 2 3 3 3 4Anzahl der Flecken 5 8 7 8 3 1 3 7 18 20 30 52 52Re unreduziert 25 28 27 28 13 11 13 17 38 50 60 82 92Re reduziert 19,8 22,2 21,4 22,2 10,3 8,7 10,3 13,5 30,1 39,6 47,5 64,9 72,9

    Tage 17. 18. 19. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. JuliAnzahl der Gruppen 5 4 4 4 4 3 3 3 3 3 3Anzahl der Flecken 57 58 62 91 80 65 53 56 66 57 36Re unreduziert 107 98 102 131 120 95 83 86 96 87 66Re reduziert 84,7 77,6 80,8 103,8 95,0 75,2 65,7 68,1 76,0 68,9 52,3

    Tabelle 1: Sonnenflecken vom 1. bis 28. Juli 2004, Beobachter: R. HedewigRefraktor 80/1200, Reduktionsfaktor der Fleckenrelativzahl k = 0,792

    Trotz der im Juli 2004 fast tglich niedergehenden Regenschauer konnte ich die Sonne fasttglich beobachten und an jedem Beobachtungstag eine Fleckenzeichnung anfertigen.Interessant war die Entwicklung der groen Fleckengruppe Nr. 0652, die am 16. Juli amwestlichen Sonnenrand auftauchte und bis zu dem durch die Sonnenrotation bedingtenVerschwinden am stlichen Sonnenrand Ende Juli als groe Gruppe erhalten blieb. Sieverwandelte sich in diesem Zeitraum von Typ E ber F nach G. Die Kompositzeichnung inAbb. 2 zeigt die Entwicklung dieser Gruppe.Diese Entwicklung konnte man auch auf den Satellitenfotos der Sonne verfolgen, die dieNASA tglich ins Internet stellt und die auch die Schulsternwarte Gudensberg tglich im In-ternet verffentlicht. Die Satelliten-Sonnenfotos der Zeit vom 22. bis 28. 7. 2004 nahm ich

    am Bildschirm auf Farbdiafilm auf. Solche Fotos eignen sich gut zur Kontrolle der eigenenZeichnungen im Hinblick auf das Vorhandensein und die Positionen der Gruppen. So kannman z.B. an Hand solcher Fotos kontrollieren, ob man sehr kleine Gruppen bersehen hat.

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    Abb. 1: Sonnenflecken am 21. Juli 2004, UT, 80/1200 mm-Refraktor, R. HedewigZiffern: Nummern der Gruppen und Anzahl der Flecken in den Gruppen

    Abb. 2: Entwicklung der groen Sonnenfleckengruppe 0652 vom 18. bis 28. Juli 2004Kompositzeichnung nach 10 Einzelzeichnungen, Beobachter: R. HedewigZiffern: Anzahl der Flecken in der Gruppe (oben) und Datum (unten)

    Das Auffinden sehr kleiner Gruppen im Sonnenfoto wird erleichtert durch die beigefgte Nummerierung der Gruppen. Das Zhlen der Einzelflecken ist am Bildschirm nichtmglich, da wegen des groben Bildschirmrasters sehr kleine Flecken nicht sichtbar sind.

    Man darf gespannt sein, welche berraschungen die Sonne in den nchsten Monaten bietet.Prof. Dr. Roland Hedewig, Am Krmmershof 91, 34132 Kassel, [email protected]

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    Sonnenfleckenbeobachtung 2003

    Manfred Chudy

    Im Jahr 2003 wurde von Manfred Chudy regelmig die Sonne beobachtet. Die Ergebnissesind in dem unten dargestellten Diagramm zusammengefat. Im Vergleich mit den Ergeb-nissen des Sonne-Netzes sowie der AAVSO sind zum einen Bereiche mit hnlicher Tendenz(z.B. Mrz, Oktober) sowie Bereiche mit deutlichen Abweichungen (Juni, Juli) zu erkennen.Die von M. Chudy gefundenen Abweichungen wurden allerdings von R. Hedewig nicht be-obachtet (vgl. Korona Nr. 95, S. 9), der eine sehr gute bereinstimmung mit den Wertendes Sonne-Netzes fand. Die Ursache fr die Diskrepanzen knnte die unterschiedliche Zahlder Beobachtungstage in den jeweiligen Monaten sein.

    1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

    0

    1020

    30

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    Re

    lativzah

    l

    Monat

    Sonne Netz

    AAVSO

    Chudy

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    Kamiokanne Messungen dersekundren kosmischen Strahlung

    Michael Schreiber, Mike Vogt und Heiko Engelke

    Wir, Michael Schreiber, Mike Vogt und Heiko Engelke, haben uns zusammen mit Klaus-Pe-ter Haupt mit kosmischer Strahlung beschftigt. Ab Anfang 2003 haben wir ein Experimentaufgebaut und weiterentwickelt, das Monen mit einer einfachen Thermoskanne nachweist.Monen sind Elementarteilchen, vergleichbar mit Elektronen. Sie bewegen sich mit fastLichtgeschwindigkeit stndig durch uns durch und entstehen, wenn einzelne Protonen ausSupernovae auf die Erde prallen und mit Luftatomen zusammenstoen.

    Der Name Kamio-Kanne ist vom japanischen Kamiokande-Detektor abgeleitet, wo mit

    riesigem Aufwand (zigtausend Liter hochreines Wasser in einem Berg, bespht vontausenden von Lichtverstrkern) ebenfalls kosmische Strahlung nachgewiesen wird. Zwarweisen wir nur die so genannte durchdringende Komponente der kosmischen Strahlungnach, aber unser Experiment funktioniert prinzpiell hnlich wir begngen uns mit einemLiter Wasser und einem Verstrker.

    Die Universitt Mainz hat erstmals im Jahr 2000 das Experiment dokumentiert, mit demsich kosmische Strahlung nachweisen lassen sollte. Im Physikclub der Kinder- und Jugend-akademie Kassel nahmen wir diese Idee auf. Im Mai 2003 konnten die ersten Messungengemacht werden, noch vor der ersten ausreichend langen Messung in Mainz, wo Mathias

    Fuidl zeitgleich seine Examensarbeit ber das Experiment schrieb.

    In den Sommerferien machte ein Teil des Physikclubs eine Hhlenexkursion, bei der derVersuch in einem Hhleneingang aufgebaut wurde. ber der Thermoskanne befanden sich450m Kalkstein, die etwa zwei Drittel der kosmischen Strahlung aufhielten. Im Herbst folg-ten einige Langzeitmessungen ber zwei Wochen. Wir stellten Schwankungen in derMonenrate fest und versuchten, diese durch atmosphrische Einflsse zu erklren. Paralleldazu wurden einige Strungsmessungen durchgefhrt, um herauszufinden, welche Einflsseden sensiblen Versuchsaufbau stren knnen.

    Es folgten die Jugend forscht - Entscheide auf Regional- und Landesebene. Auf dem Regio-nalwettbewerb bei der Firma Buderus gewannen wir den Sonderpreis fr die herausragendePrsentation; auf dem Landesentscheid bei der Firma Merck in Darmstadt erreichten wirden Landessieg.

    Nach dem Landessieg gelang es uns, die Verstrkung der Photo-multipliersignale ohne dieApparatur der Universitt Mainz umzusetzen. Wir benutzten dazu ein ausreichend schnellesSpeicheroszilloskop mit Anschluss zum Computer, das bei Monenereignissen triggert unddie Triggersignale an den Computer weitergibt. Mit diesem erheblich zuverlssigeren Auf- bau konnten wir weitere Messungen durchfhren. Die aufwendigsten Messungen warendabei zwei Absorptionsmessungen unter einem 5m hohen Wassertank sowie in einem Gulli,wo wir den Detektor bis auf 8m Tiefe abgesenkt haben. Dabei konnten wir beobachten, wiedie Monenrate recht genau in dem Mae zurckging, wie es die Berechnungen vorhersag-ten. Lohn dieser Mhen waren Geldpreise auf Regional- und Landesebene, der Sonderpreis

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    auf dem Regionalwettbewerb fr eine herausragende Prsentation, Praktika bei der Gesell-schaft fr Schwerionenforschung bzw. an der TU Darmstadt beim Landeswettbewerb undschlielich der mit 250 dotierte Sonderpreis der Deutschen Physikalischen Gesellschaftfr eine herausragende physikalische Arbeit auf dem Bundeswettbewerb.

    Die Teilnahme am Wettbewerb Jugend forscht besteht aus mehreren Teilen: Vor denWettbewerben muss die schriftliche Arbeit abgeschickt werden, auf dem Wettbewerb sinddie Standgestaltung mit Posterprsentation und der mndliche Vortrag gefragt. Die Posterund die schriftliche Arbeit erweiterten wir vor jeder weiteren Wettbewerbsrunde, um dieneuesten Ergebnisse einzubringen.

    Weil wir an verschiedenen Orten wohnen (Homberg und Kassel), arbeiteten wir sehr vielber Internet und Telefon. In meiner Mailbox befinden sich etliche hundert (!) Jugend-forscht-E-Mails mit Terminabsprachen, langen und kurzen Diskussionen und neuen Ver-sionen der Ausarbeitung. Die letzte Version dieser schriftlichen Ausarbeitung kursierte in

    zwei Teilen unter den Dateinamen schriftliche Ausarbeitung letzte Version 24h.doc undupdate he-12mai04-1800.doc. Wie man sieht, in der Endphase waren die Arbeitstage langund die nderungen hufig aber die Arbeit hat sich gelohnt. Nachfolgend die schriftlicheAusarbeitung.

    Heiko Engelke

    1 Das Experiment: Prinzip und Modifikationen

    1.1 Motivation und Ziel unserer Untersuchungen

    Monen sind Elementarteilchen, die in den oberen Atmosphrenschichten durch den Zerfallprimrer kosmischer Strahlung entstehen. Ihr Nachweis ist aus verschiedenen Grnden in-teressant:Nach der klassischen Physik wren sie bereits nach einem Bruchteil der Strecke zerfallen.Stammen jedoch unsere gemessenen Ereignisse tatschlich von Monen, so ist dies ein Be-weis dafr, dass ihre Zeit langsamer vergangen ist. Wir htten somit einen Beleg fr dieRichtigkeit der Zeitdilatation aus der Speziellen Relativittstheorie.

    Fr uns ist interessant herauszufinden, ob unser Experiment, dessen wesentlicher Teil eineeinfache, mit Wasser gefllte Thermoskanne ist, tatschlich zum Nachweis von Monen

    ausreicht. Die Wechselwirkung von Monen im Wasser ist extrem schwach und Menschensind mit ihren Sinnen nicht in der Lage, die kosmische Strahlung wahrzunehmen. Um zu un-tersuchen, ob wir wirklich Monen messen, stellten wir verschiedene berlegungen an undfhrten Kontroll- und Strungsmessungen durch, die nahe legen, dass die meisten der vonuns gemessenen Ereignisse tatschlich durch kosmische Strahlung bedingt werden.

    1.2 Versuchsprinzip und ExperimentaufbauUm Monen zu registrieren, machen wir uns eine ihrer Eigenschaften zunutze: Wenn sie mithinreichender Geschwindigkeit durch Wasser fliegen, erzeugen sie Cherenkov-Strahlung.Unser Experiment misst diesen Lichtblitz folgendermaen:Zentraler Bestandteil ist eine handelsbliche Thermoskanne, die als lichtdichter reflektie-render Wasserbehlter dient. Wenn sich nun ein Mon mit hherer Geschwindigkeit alsLicht in Wasser durch die Kanne bewegt (v > c/n), so erzeugt es einen schwachen Lichtblitz.Um das Cherenkov-Licht zu registrieren, ist in den Kannendeckel ein Photomultiplier ein-

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    gebaut. Dieses Bauteil verstrkt den Lichtblitz und verwandelt ihn in einen elektrischenStrom, der nach einer zweistufigen Verstrkung vom Computer ausgewertet wird. Um denPhotomultiplier, der unser eigentliches Messgert darstellt, zu versorgen, bentigen wir einHochspannungsnetzgert, das uns anfnglich von der Universitt Kassel leihweise gestellt

    wurde; inzwischen verwenden wir ein eigenes, das der Jugend forscht Sponsorpool fi-nanziert hat. Das eigentliche Experiment wurde an der Universitt Mainz entwickelt1, voneinem Team des Physikclub Kassels bernommen und nachgebaut.

    1.3 VorberlegungenMonen entstehen beim Eintritt in die Erdatmosphre. Whrend der Flugzeit zerfalleneinige von ihnen. Da die Zerfallswahrscheinlichkeit mit der Flugstrecke anwchst, drftenwir an einem niedriger gelegenen Standort weniger Ereignisse messen. Die Monen rea-gieren jedoch nicht nur mit der Luft, durch die sie sich bewegen, viel strker ist ihre Reakti-on mit Feststoffen wie z.B. Gestein. Bei einer Messung in einer Hhle in den franzsischen

    Alpen, die wir in den Sommerferien im Rahmen des Physikclubs durchfhrten, erhielten wirmit einer berdeckung von 450m Kalkstein immer noch 35% der Ereignisrate, die wir zuvorauf einem Bergplateau gemessen hatten.

    Der Energieverlust der Monen betrgt 2 MeV/g cm-2 in Wasser.2 Bei einer angenom-menen Dichte des Kalksteins von 2,5 g/cm3 sind dies ungefhr

    Laut dieser Formel drften in der Hhle bei einer berdeckung von 450m nur noch wenigeMonen in der Kanne ankommen. Zudem erfuhren wir von unserem Lehrer (Betreuer), dass

    in einem italienischen Forschungslabor in Gran Sasso etwa 1400m Kalkstein zur quasi vl-ligen Abschirmung von Monen ausreichen! Unser Messergebnis ist demnach zu hoch. Esstellte sich somit die Frage, warum wir in der Hhle noch so viele Ereignisse gemessenhaben. Wir vermuten, dass radioaktive Isotope wie z.B. Thoriumgas, die im Berg entstehen,Ereignisse ausgelst haben. Dabei ist auch zu bedenken, dass die Hhlenmessung eine un-serer ersten Messungen war und zu diesem Zeitpunkt unsere Kenntnis ber Strfaktorennoch sehr gering war.Da die Ereignisse, die in der Kanne registriert werden, extrem schwach sind, reichen bereitsextrem geringe Strungen aus, um die Messung unbrauchbar zu machen. Wir wissen auch,dass bereits das Anschalten von Leuchtstoffrhren im Klassenraum ausreicht, um unvor-

    hersehbar viele Ereignisse auf einmal zu erzeugen. Aus diesem Grund gingen wir spterdazu ber, die Verstrkungselektronik mit Autobatterien zu betreiben.

    1.4 Hygiene und RadioaktivittNach den Herbstferien erfuhren wir von unserem Lehrer, dass im italienischen Forschungs-labor in Gran Sasso hnliche Messungen durchgefhrt werden, mit dem Ziel, Dunkle Mate-rie nachzuweisen. Der Versuchsaufbau mit Szintillationsdetektoren ist im Prinzip hnlich,es wird jedoch ein wesentlich grerer Aufwand betrieben, um Strungen auszuschlieen.Das Labor liegt tief im Inneren eines Berges um kosmische Strahlung abzuschirmen.Auerdem wird stndig Luft durch das Labor geleitet, da im Gestein Thorium entsteht, was

    1 Siehe M. Fuidl, Kosmische Monen in Schulversuchen, 2003 sowie M. Klein, Kosmische Monen: Schul-versuche zur Hhenstrahlung, 2000, Examensarbeiten an der Universitt Mainz

    2 Persnliche Mitteilung von Francesco Arneodo, Gran Sasso

    GeVcmg

    MeVm

    cm

    g2252450

    5,2

    2

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    zu Strungen fhrt. Als wir erfuhren, dass schon radioaktive Wasserstoffisotope im Wasserausreichen, um die dortigen Messungen zu beeinflussen, entschieden wir uns, die Kannegrndlich zu reinigen, obwohl Monen relativ starke Signale erzeugen im Vergleich mitNeutrinos oder der umstrittenen Dunklen Materie.

    Um festgesetzte Fremdstoffe zu entfernen, reinigten wir die Thermoskanne mehrfach ab-wechselnd mit Wasser und Methanol. Dadurch konnten wir einige Verunreinigungen in derKanne beseitigen, nicht aber Einflsse der Umgebung verringern.Schon die Umgebungsradioaktivitt und aus Betonwnden austretende Elektronen knntenausreichen, um Ereignisse in der Kanne auszulsen. Solche Ereignisse wrden als Mon ge-zhlt, da der Photomultiplier nicht in der Lage ist, zwischen einer Strung und einem Monzu unterscheiden. Wir haben keine Mglichkeit, die Umgebungsradioaktivitt exakt zeit-gleich zu registrieren, deshalb haben wir einen mglichst gnstigen Ort fr das Experimentausgewhlt, an dem die Umgebungsstrahlzng zu gering ist um signifikante Strungen zuerzeugen. Bei radioaktiven Zerfllen kann selten eine ausreichend hohe Energie entstehen,

    damit die Elektronen durch Cherenkov-Strahlung nachgewiesen werden, und verschiedeneMessungen mit radioaktiven Prparaten haben ergeben, dass unsere Abschirmung die Strah-lungsintensitt zustzlich um den Faktor acht reduziert.

    1.5 Verstrkungs- und ZhlelektronikBei den Test- und Einstellungsmessungen als Vorbereitung auf die dritte Langzeitmessungstellten wir pltzlich fest, dass die Zhlelektronik keine Spannung mehr bekam und daherkeine Ereignisse mehr gezhlt werden konnten. Bei nherer Untersuchung erkannten wir,dass ein Widerstand auf der Platine zur Strombegrenzung falsch dimensioniert und stndigberlastet worden war, sodass er durchzuschmoren drohte. Als Lsung wurde ein zweiter

    Stromkreis eingerichtet, der den Zhlerteil unabhngig von der Verstrkung versorgte. AlsNebeneffekt verringerte sich dadurch auch das Rauschen in der Verstrkung, da die Bauteileder Zhlelektronik jetzt unabhngig voneinander arbeiten. Der Betrieb ber Batterien brach-te als zustzlichen Effekt noch eine genauere Messung, da dadurch viele Strungen, die ausdem Stromnetz kamen, beseitigt werden konnten. Fr die Messungen in der Hhle war derBatteriebetrieb ebenfalls notwendig.

    1.6 Abschirmung gegen elektromagnetische StrstrahlungDie Signale, die wir registrierten, sind extrem schwach und bentigten eine millionenfacheVerstrkung, bis sie schlielich gezhlt werden. Daher reichen bereits geringste Strungen

    aus der Umgebung aus, z.B. das Vorbeifahren der Straenbahn, die dazu fhren, dass dieMessung unbrauchbar wird. Um dieses Problem zu beheben, haben wir einen Pappkartonmit Alufolie beklebt und geerdet. Als zweiter Schritt wurde eine Hlle aus Blei um die ersteVorverstrkung, die direkt auf der Kanne sitzt, angebracht. Das fhrte zwar zu einer starkenVerringerung des Rauschens. Wir stellten jedoch gleichzeitig eine geringe Erwrmung derBleifolie fest, da die Abwrme der Schaltung aus der Spannungsversorgung des Photomulti-pliers nicht mehr abgefhrt werden konnte.

    1.7 Weitere Eigenschaften unseres ExperimentaufbausEinige Faktoren knnen die Ereignisanzahl verndern. Zum einen wird die Rate durch dieSchwellenspannung beeinflusst. Diese legt fest, ab welcher Signalstrke des Multipliers einEreignis gezhlt wird. Zum anderen ndert sich die Rate auch durch die zugefhrte Hoch-spannung, die die Verstrkung des Multipliers regelt. Mit steigender Innentemperatur sollte

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    sich auch die gemessene Ereignisrate verndern. Dies liee sich nachweisen, indem man dieEreignisrate in Abhngigkeit von der Innentemperatur beobachtet.

    Da wir unsere Messungen unter anderem auf einem Dachboden ohne konstante Raumtempe-

    ratur durchfhrten, htten wir einen Tag-Nacht-Effekt messen mssen. Da dies nicht derFall war, konnten wir bei den folgenden Messungen die Raumtemperatur vernachlssigen.

    Weiterhin sei noch erwhnt, dass die Hochspannungsnetzteile ber eine auf 10nA genaueStrombegrenzung verfgt und mit einer maximalen Spannungsabweichung von 10-3 spezifiz-iert sind. Daher schlieen wir Einflsse aus der Netzspannung auf den Photomultiplier aus.

    2 Auswertung der Messdaten

    2.1 Datenverarbeitung

    Den Aufbau unseres Experiments mit einer Ratenmessung haben wir bereits im Physikclubin einer greren Gruppe durchgefhrt. Dabei hat einer von uns den Aufbau und dieEntwicklung der elektronischen Schaltung vorgenommen, ein anderer hat sich um die Statis-tik und die Auswertung gekmmert, ein dritter die theoretischen Hintergrnde aufgearbeitet.

    Die Registrierungs- und die Auswertesoftware haben wir eigens geschrieben. Die Software,die auf dem Computer whrend der Messung luft, registriert Signale ber die paralleleSchnittstelle und schreibt in eine Textdatei den genauen Zeitpunkt eines Ereignisses. EinPerl-Skript bringt diese Reihe anschleiend in Ratenform. Bei einstellbarer Intervalllngewird nur noch die Anzahl der Ereignisse, die in diesem Intervall registriert wurde, gezeigt.

    Diese Daten werden dann in einer Tabellenkalkulation weiter verarbeitet und mit verschie-denen Methoden ausgewertet.

    2.2 Ratenmessung: Poisson-VerteilungDie Poisson-Verteilung beschreibt die Wahrscheinlichkeit dafr, dass in einem bestimmtenZeitabschnitt eine gegebene Anzahl von Ereignissen stattfindet. Die Ereignisse selbst tretenselten und unabhngig voneinander auf, somit liegen die bekannten Vorraussetzungen frdie Anwendung der Poisson-Statistik eindeutig vor.

    Der Graph einer Ratenmessung ist

    eine Poissonkurve. Auf der x-Achsewird die Anzahl der Ereignisse pro In-tervall aufgetragen, auf der y-Achsedie Wahrscheinlichkeit fr das jewei-lige Intervall. In unseren Graphensind die tatschlichen Werte blau ein-gezeichnet, die errechnete Poisson-kurve ist gelb dargestellt.

    Bei unseren statistischen Auswert-ungen haben wir stets den Mittelwertder Ereigniszahl gebildet, der u.a. von der Hhe des Messortes, der berdeckung, derSpannung und der Schwellenspannung abhngt, und daraus eine Poissonkurve errechnet(vgl. Abb. 1). Diese Kurve trugen wir anschlieend in einen Graphen auf und verglichen sie

    Abb. 1 : Ereignisrate (06.05.2003)

    0

    5

    10

    15

    20

    1 3 5 7 911

    13

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    Anzahl der Ereignisse pro 10 sec

    prozentualerAnteil

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    mit den tatschlichen Werten. Die errechneten und gemessenen Kurven stimmen stets sehrgut berein. Auch dies war ein Anzeichen dafr, dass wir tatschlich Monen nachweisenund der Versuchsaufbau funktioniert. Auf die Ergebnisse werden wir in den folgenden Ka-piteln noch weiter eingehen.

    2.3 LangzeitauswertungBei der 24-stndigen Messung im Inneren einer Hhle im franzsischen Vercors sind wirzum ersten Mal auf ein sehr interessantes Phnomen gestoen. Bei der Auswertung habenwir uns nicht auf eine Poisson-Verteilung beschrnkt, sondern haben die Messwerte ineinem Zeitintervall Anzahl der Monen Diagramm dargestellt (siehe Abb. 2). Mit dieser

    Art von Auswertung ist esmglich Schwankungen derEreignishufigkeit whrendder Messung festzustellen.

    Dabei ist uns aufgefallen, dasses dort einen vorbergehendenAnstieg gibt. Dies hat uns ver-anlasst, Langzeitmessungendurchzufhren um eventuelleperiodische Schwankungen zuerkennen und Maxima sowieMinima zu bestimmen.

    Um die Langzeitmessungen auswerten zu knnen, haben wir eine weitere Methode ange-

    wendet. Bei den Kurven war zwar immer ein grober Verlauf zu erkennen, es lsst sich abernicht erkennen, ob starke Anstiege bzw. Abflle einen systematischen Gang haben oder eherzufllig verteilt sind Aus diesem Grunde haben wir ein Verfahren angewendet, mit dem wirdie Kurven mitteln knnen.Dabei werden von einem be-stimmten Messwert ausgehenddie vier vorherigen und dievier nachfolgenden Messwerteaddiert und anschlieend dieSumme durch 9 geteilt. Grobe

    Ausreier werden dadurch ge-glttet, sodass der Verlauf besser zu erkennen ist (vgl.Abb. 3). Ein hnliches Verfah-ren wird auch zur Glttung derSonnenflecken-Relativzahl-Kurve angewandt.

    3 Messen wir Monen? Untersuchung und Reduktion von Strungen

    Neben der Abschirmung und Reinigung unternahmen wir einige weitere Betrachtungen undVersuche, um eventuelle Strquellen auszuschlieen oder ihren Einfluss auf die Monen-messung zu bestimmen.

    Abb. 2 : Hhlenmessung (20.08.2003)

    0

    10

    20

    30

    40

    50

    0 120 240 360 480 600 720 840 960 1080 1200

    Zeit in MinutenAnzahlderEreigniss

    Abb. 3 : Langzeitmessung 2 (24.09.2003)

    800

    850

    900

    950

    1000

    1050

    1100

    1150

    1200

    1250

    0 24 48 72 96 120 144

    Zeit in Stunden

    AnzahlderEreignisse

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    3.1 Kontrollmessung 1: NullrateDas erste Verfahren, das wir seit Beginn unserer Messungen bei der Auswertung berck-sichtigen, ist die Nullratenmessung ohne Wasser. Monen knnen nur gemessen werden,wenn unsere Kanne mit Wasser gefllt ist, denn nur dann tritt der Cherenkov-Effekt auf. Ist

    die Kanne leer, drften eigentlich keine Ereignisse protokolliert werden. Da die Elektroniknicht ohne jegliche Fehler arbeitet und da sich immer wieder thermische Elektronen im Pho-tomultiplier lsen, haben wir bei einer Messung ohne Wasser auch Ereignisse beobachtet.

    Die Nullrate betrug bei unseren Messungen 0.34/10s. Bei unserer ersten Ratenmessung mitWasser maen wir dagegen eine Rate von 4.92/10s. Dies machte uns sicher, dass die meis-ten der Ereignisse tatschlich im Wasser erzeugt wurden.

    Anhand dieser Messung knnen wir die Genauigkeit unseres Experimentes besser ein-schtzen. Die Elektronik weist nur eine geringe Fehleranzahl auf (siehe Abb. 4). DieFehleranzahl bleibt dort whrend der gesamten Nullratenmessung nahezu konstant. Das ist jedoch noch kein Beweis dafr, dass wir wirklich Monen gemessen haben. Denn auchandere Teilchen, z.B. schnelle durch Radioaktivitt entstandene Elektronen, knnen Licht-blitze erzeugen und somit ein Ereignis auslsen. Die verbleibenden Strquellen musstenalso Lichtblitze im Wasser hervorrufen. Diese Art von Strquellen haben wir im weiterenVerlauf des Experimentes versucht, immer besser abzuschirmen.

    3.2 Kontrollmessung 2: Gekippte KanneWir haben die Kanne um 90 gekippt und wir maen ein Ratenverhltnis von ungefhr 2.9(nicht gekippt) zu 2.6. Dieser Wert entspricht etwa dem Verhltnis, das an der UniversittMainz gemessen wurde. Dort wurde mittels einer Koinzidenzmessung mit zwei geeichtenDetektoren eine Effizienz von 90.6% bei senkrecht gestellter Kanne gegenber 81.6% beiwaagrechter Kanne festgestellt. Das entspricht einem Verhltnis von 0.9 gegenber 0.896bei unseren Messungen.

    3.3 Kontrollmessung 3: SchwellenspannungscharakteristikUm das Verhalten des Photomultipliers und der Verstrkungselektronik nher zu untersu-

    chen, stellten wir verschiedene Messungen bei verschiedenen Schwellenspannungen auf. Er-kennbar ist ein nahezu linearer Verlauf (vgl. Abb. 5), und ein weiter Messbereich, der zeigt,dass die gemessene Rate stark von der Schwellenspannung abhngt. Diese entscheidet berdas Signal, ob es als Rauschen nicht gewertet, oder als Impuls gewertet werden soll.

    Abb. 4 : Nullrate (02.09.2003)

    0

    1

    2

    3

    4

    5

    6

    0 120 240 360 480 600 720 840 960 1080 1200

    Zeit in Minuten

    AnzahlderEreignisse

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    3.4 StrlichtmessungIn der Kanne reichen schon wenigehundert Photonen aus, um den Pho-tomultiplier auszulsen. Deshalb

    achten wir bereits im Vorfeld un-serer Messungen darauf, mglichstkein Umgebungslicht an die Kannezu lassen. Denn mit Hilfe eines La-serpointers haben wir festgestellt,dass die Kanne nicht vollkommenlichtdicht ist. Deswegen wurde dasExperiment in abgedunkelten Ru-men aufgebaut und zustzliche Ma-nahmen zur Lichtabschirmung ge-

    troffen.

    3.5 FazitTrotz anfnglicher Skepsis sind wir uns mittlerweile sicher, dass die meisten Ereignisse inunseren Messungen von Monen stammen. Wenn man den Versuchsaufbau leicht modifi-ziert (dunkler Raum, Abschirmung etc.) und die Nullrate abzieht, so bleiben nur nochwenige nicht ausgeschlossene Strungen ber. Der Ratenunterschied bei der gekipptenMessung macht uns zuversichtlich, zum grten Teil Monen gemessen zu haben.

    Als weitere Messmethode bleibt die Koinzidenzmessung mit zwei Kannen, damit nur die

    senkrecht kommenden Ereignisse bercksichtigt werden knnen und die Fehler in der Ver-strkung reduziert werden knnen. Dieser Versuchsaufbau ist bisher noch nicht vollfunktionstchtig. Er wird zurzeit aufgebaut und erprobt.

    4 Langzeitmessungen

    4.1 Ursachenfr die LangzeitvariationenNachdem wir angefangen hatten, unsere Messwerte nicht mehr nur als Poissonkurve darzu-stellen, sondern in einem Zeitintervall Anzahl der Monen Diagramm auszuwerten,wurde uns schnell klar, dass

    dies zu einem zentralen Punktunserer Forschungsarbeitwerden sollte. Schon dieersten Kurven zeigten, dassdie Messungen starkenSchwankungen unterliegen,die wir uns nicht erklrenkonnten. Aus diesem Grundstarteten wir zunchst zweiLangzeitmessungen ber je-weils eine Woche sowie eineweitere dreiwchige Messung(23.12.2003 - 07.01.2004).

    Abb. 5 : Schwellenspannungscharakteristik

    0

    2

    4

    6

    8

    10

    12

    2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 2,7 2,8

    Triggerschwelle

    Abb. 6 : Langzeitmessung 1 (12.09.2003)

    1200

    1250

    1300

    1350

    1400

    1450

    1500

    1550

    1600

    1650

    0 24 48 72 96 120 144 168 192 216

    Zeit in Stunden

    AnzahlderEreignisse

  • 8/8/2019 Korona 96

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    KORONA Nr. 96 29

    4.2 TagesvariationenDie Hhlenmessung vom 20.08.2003 hat gegen Mittag ein Maximum, ein zweiter, kleinererAnstieg war gegen Abend erkennbar (vgl. Kap. 2.3, Abb. 2). Da die Messung ca. 24 Stundenlief, liegt ein Tag-Nacht Effekt nahe. Diese Vermutung wurde aber durch die spteren Lang-

    zeitmessungen widerlegt. Am Anfang der ersten Langzeitmessung ist ein starker Anstiegder Rate zu erkennen (vgl. Abb. 6). Dieser Anstieg erstreckt sich bereits ber zwei Tage!Anschlieend bleibt die Kurve zwei Tage auf einem konstanten, hohen Level. Dies kann beieinem Tag/Nacht-Effekt nicht der Fall sein, da dort die Kurve etwa sinusfrmig aussehenmsste. Aus diesem Grund haben wir einen Tagesgang fr unser Experiment ausge-schlossen.

    4.3 Luftdruckabhngigkeit und WettereinflsseDas Diagramm in Abb. 7 stellt einen Vergleich der Ereignisrate (pink), sowie des Luft-druckes (blau) und der Bedeckung durch Wolken (gelb) dar. Whrend der ersten fnf Tage

    ist der Verlauf der beiden Kurven hnlich. Das hat uns zunchst dazu veranlasst, davon aus-zugehen, dass die Raten vom Luftdruck abhngig sind: Die Kurven legen nahe, dass dieMonenrate umso hher ist, je hher der Luftdruck ist.

    Dies stimmt jedoch berhauptnicht mit der Theorie berein,die das genaue Gegenteil be-sagt: Je hher der Luftdruckist, umso mehr Luftatome be-finden sich in der Atmosphre.

    Je mehr Luftatome, umso h-her ist die Wahrscheinlichkeit,dass die Monen durch dieEnergieverluste an denAtomen zerfallen. Dabei ver-ursachen die Luftatome nichtden Zerfall der Monen, son-dern sie sorgen dafr, dass dieMonen Energie verlieren.Dadurch werden sie langsamer

    und zerfallen in unserem Bezugssystem schneller. Auerdem wird die Cherenkov-Strahlungerst dann erzeugt, wenn die Monen eine hinreichend groe Geschwindigkeit haben.

    Also, msste die Anzahl der Monen, die nicht zerfallen und noch registriert werdenknnen, mit steigendem Luftdruck sinken! Dieses mit der Theorie bereinstimmendeResultat wurde oft gemessen (z.B. in Gran Sasso, wie wir durch persnliche Mitteilungenerfuhren), aber wir konnten diesen Effekt nicht besttigen. Andere Effekte konnten wir aus-schlieen: Eine Luftdrucknderung in 10 40 km Hhe, die den Zerfall der primren kos-mischen Strahlung beeinflussen knnte, kann als Ursache ausgeschlossen werden, da indieser Hhe Luftdrucknderungen aufgrund der geringen Dichte keinen Effekt bewirken3.Dieses Verhalten knnte entweder auf eine Fehlfunktion unseres Experimentes zurckge-

    3 Persnliche Mitteilung der meteorologischen Beratungsstelle, Heeresfliegerregiment 36, Fritzlar

    Abb. 7 : Luftdruck - Ereignishufigkeit -

    Bedeckungsgrad

    0

    0,2

    0,4

    0,6

    0,8

    1

    0 24 48 72 96 120 144 168 192 216 240 264

    Zeit in Stunden

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    30 KORONA Nr. 96

    fhrt werden, was allerdings auf Grund unserer bisherigen stets positiven Resultate unwahr-scheinlich ist, oder auf gegenstzliche Einflsse von Monenrate und Luftdruck basieren.

    Um dieses Phnomen nher zu untersuchen, planten wir eine mehrwchige Langzeit-

    messung in den Weihnachtsferien. Dabei wollten wir mglichst viele Daten protokollieren,um die tatschlichen Umgebungseinflsse vor Ort zu bekommen. Wir entschieden uns, dasExperiment in der Reiherwaldschule in Wabern aufzubauen. Vorteilhaft war fr uns dieNhe zu der Wetterstation bei den Heeresfliegern in Fritzlar, wo wir halbstndig gewonneneWetterdaten zu Temperatur, Luftdruck und zu den Wolkenschichten bekommen konnten.

    Im ersten Teil der Messung ist dabei der bekannte Verlauf erkennbar: Wenn der Luftdrucksteigt, dann steigt auch die Monenrate an. Nach ungefhr zwei Wochen (etwa ab Neujahr2004) stieg zum ersten Mal der Luftdruck an, whrend die Monenrate auf einemkonstanten Niveau blieb. Wir haben noch keine eindeutige Erklrung fr dieses Phnomen

    gefunden. Mglich erscheint uns, dass ein weiteres, bisher fr diese Messung nicht berck-sichtigtes Phnomen die Messung beeinflusst. Wir gehen davon aus, dass der grteEinfluss auf die Ereignisrate durch die Wolken ausgebt wird. Die Sonnenaktivitt scheidethier aus; unter den aufgeschlsselten Sonnenwinddaten (Kap. 4.5) befindet sich kein denEffekt erklrendes Ereignis.

    Nehmen wir erneut fr die Absorption der Monen in Wasser 2MeV/g cm-2 an, so knnenwir feststellen, dass ein Mon bei einer Flugstrecke von einem Meter in Wasser 200MeVverliert:

    Da Luft bei einem Druck von 1000mBar eine Dichte von 1 kg/m = 1 mg/cm besitzt, ver-ringert sich entsprechend der Energieverlust auf ein Tausendstel.Die Atmosphre besitzt eine Dicke von 1030 g/cm 4 bei Normaldruck (Dichte mal Strecke):

    Findet nun bei einem extremen Sturmtief ein Luftdruckabfall auf 900mBar 900 g/cmstatt, so ndert sich der Energieverlust auf ca. 1,8GeV. Die grte von uns beobachtete Luft-drucknderung war 41 g/cm. Dies bewirkt eine nderung um 0,082GeV zu wenig, um es

    nachzuweisen.

    4.4 WolkenWhrend unserer Weihnachtsmessung haben wir von der Wetterstation in FritzlarAngaben zu den Wolkenschichten erhalten. Dort werden mehrmals am Tag Radiosondenauf-stiege durchgefhrt. Die Sonden protokollieren whrend des Aufstiegs Temperatur und Luft-feuchtigkeit. An ihnen ist zu erkennen, in welcher Hhe Wolken vorhanden sind. Anhandder Dicke und Hhe ber dem Boden kann man Rckschlsse auf die Wolken ziehen. Fruns war das Mischungsverhltnis interessant, das direkt aus den Aufstiegsgraphen ablesbarist. Es wird in g/kg gemessen und gibt das Verhltnis von Wasser zu Luft in der Atmosphre

    an.

    4 T.K. Gaisser, Cosmic Rays and Particle Physics, Cambridge 1990 S.34

    MeV

    cmg

    MeV

    cm

    gcm 20021100

    23

    GeVcmg

    MeV

    cm

    g22

    10302

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    KORONA Nr. 96 31

    Der Vergleich der Monenrate mit dem Bedeckungsgrad liefert keine eindeutig sichtbareAbhngigkeit. Das ist eventuell darauf zurckzufhren, dass die Angaben zum Bedeckungs-grad nicht dem absoluten Wassergehalt entsprechen. Wir haben daher eine Abschtzungangestellt, um festzustellen, wie hoch der Energieverlust maximal sein kann.

    Das Mischungsverhltnis liegt am Boden bei um 7 g/kg, es fllt mit zunehmender Hhestark ab und ist ab 4 km Hhe berhaupt nicht mehr eingezeichnet, da bei sehr geringemLuftdruck der Wassergehalt pro Volumen verschwindend gering ist. Der Wassergehalt derAtmosphre bei bewlktem Himmel, betrgt am Boden etwa 7g/m und fllt wegen desgeringeren Luftdrucks und der niedrigeren Temperatur in 5000m Hhe auf etwa 0,25g/mab. Wir erhalten durchschnittlich5 2g/m ber 5000m und erhalten eine Dicke von 5000m 2g/m = 500000cm 2g/cm = 1g/cm, was etwa 2MeV entspricht.

    Weitere Rechnungen und theoretische berlegungen ergaben, dass die in Wolken vor-handene Wassermenge verglichen mit der einer Wassersule sehr gering ist und somit keine

    signifikante nderung der Messdaten erzeugen kann. Zustzlich haben die Wolken einMischverhltnis weit unterhalb 10 g/m, sodass sich dieser Effekt noch weiter abschwcht.Auf Grund der sich verndernden relativen Luftfeuchtigkeit ist ein Einfluss von Wasser aufunsere Messung nicht auszuschlieen. Die Monen erzeugen in Wasser Cherenkov-Strah-lung. Diese knnten sie auch in vermindertem Mae im Wasser der Wolken erzeugenund somit dort Energie verlieren. Um dies zu analysieren, mchten wir allerdings an Stelleder relativen Luftfeuchtigkeit die Wolkenverteilung in der Atmosphre betrachten.

    4.5 SonnenaktivittBei einer Suche im Internet nach Experimenten zur kosmischen Strahlung sahen wir, dass

    die Sonnenaktivitt immer protokolliert wird. Nachdem wir Daten zum Sonnenwind berdiesen Zeitraum vorliegen hatten6, untersuchten wir die Kurven auf eine bereinstimmung.Bisher haben wir nur eine Koinzidenz gefunden, nmlich einen Anstieg der Rate der nie-

    5 Ein gleichmiger exponentieller Abfall wurde angenommen. Diese Funktion wurde integriert und derMittelwert daraus gebildet.

    6 http://www.sel.noaa.gov/ace/

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    32 KORONA Nr. 96

    derenergetischen solaren Protonen, die mit dem steilen Abfall unserer Monenrate kor-reliert. Ob dies zufllig geschah, oder ob es tatschlich eine Ursache-Wirkungs-Beziehungist, knnen wir noch nicht sicher sagen, da wir dies bisher nur ein einziges Mal beobachtenkonnten.

    Es erscheint plausibel, dass der Sonnenwind die primre kosmische Strahlung und damitauch die Monenrate beeinflusst, denn die geladenen Teilchen, die von der Sonne ausgehen,knnen ber das mitgefhrte Magnetfeld die ebenfalls geladenen Teilchen der primren kos-mischen Strahlung leicht ablenken und so unsere Ereignisrate verringern. Aber der Sonnen-wind besteht auch aus schnellen Protonen und Elektronen, so wre besonders bei Eruptioneneine Erhhung der Rate theoretisch mglich.Allerdings fand gleichzeitig (vgl. Abb. 7) ein langsamer Luftdruckabfall statt, whrend dieEreignisrate verhltnismig steil abfiel (in drei Stunden um acht Prozent!). Der langsameAbfall des Luftdrucks muss nicht unbedingt auf eine weitere Ursache hindeuten. Auerdem

    wissen wir, dass der Luftdruck in den oberen Schichten der Atmosphre annhernd konstantist.

    5 Messungen bei verschiedenen Hhen und berdeckungen

    5.1 Relativistische Berechnung der FlugzeitDa die Geschwindigkeit der Monen fast Lichtgeschwindigkeit betrgt, muss die Zeitdilata-tion der Speziellen Relativittstheorie bercksichtigt werden. Die Eigenzeit der Monenluft von uns aus gesehen langsamer ab. Wenn man die normale Formel s = v/t ohne Zeitdi-latation verwendet, wrden die Monen aufgrund ihrer geringen Halbwertszeit nach einer

    Strecke von wenigen hundert Meter zerfallen. Nach der Formel fr Zeitdilatation gilt:

    Wir haben bei zwei Messungen auf 1000m Hhe und 200m Hhe einen Ratenunterschiedfestgestellt. Nun wollen wir berechnen, ob dieser Unterschied durch Zerfall zu erklren ist.Wir nehmen dafr eine typische Energie der Monen von 1GeV an. In dieser Beispielrech-nung wird der Energie- und damit Geschwindigkeitsverlust der Monen whrend des Flugesvernachlssigt.

    Die Ruheenergie eines Mons betrgt 106MeV. Berechnen wir zunchst die Geschwindig-

    keit des 1GeV-Mons:

    Zunchst berechnen wir die Halbwertszeit der Monen fr eine Bewegung mit 0.995c. DieHalbwertszeit in ihrem Bezugssystem betrgt s105,1 6 . In unserem Bezugssystem ent-

    spricht dies

    Innerhalb dieser Zeit legen die Monen eine Strecke von mcs 4500995,01002,15 6

    zurck. Bei unseren Messungen auf dem Bergplateau in Frankreich sowie in Kassel betrugder Hhenunterschied 1100m. Die Zeit, die die Monen dafr bentigen, errechnet sich zu:

    ttcv ')/(1 2

    )/(1

    1

    0 cvE

    E

    cvcvGeV

    GeV995,0

    )/(1

    1

    106,0

    1

    ss 6

    2

    6

    1002,15)995,0(1

    105,1

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    KORONA Nr. 96 33

    Um die Zerfallsrate in Abhngigkeit der Zeit zu betrachten, verwenden wir die Formel frTeilchenzerfall:

    Mit x wird beschrieben, wie oft die Halbwertszeit (15,02s) vergangen ist. Dazu mssenwir die 3,69s noch umrechnen:

    Eingesetzt erhalten wir: 843,0)245,0(f . Diese 85% beschreibt die noch nicht zerfallene

    Menge von Monen, die nach der zurckgelegten Strecke in der Kanne ankommt. In einerHhe von 1350m hatten wir im Mittel 12 Ereignisse. Daraus ergibt sich fr unsere Raten-messungen in Kassel ein Wert von ca. 10,1 (tatschlich haben wir etwa 7 Ereignisse ge-messen). Dieser Wert muss sehr kritisch betrachtet werden, denn wir hatten eine andereradioaktive Umgebungsstrahlung, unterschiedlichen Luftdruck und Wolkenhhe.

    5.2 Messung in 250m . N.N.Abb. 10 zeigt die ersten Raten-messungen, die wir in 250m .N.N.an unserer Schule durchfhrten. DasExperiment fand in einem Raum miteiner Etage berdeckung statt. Wir beobachteten eine Ereignisrate von4.92 / 10s. Besonders gut zu erkennenist die bereinstimmung der beidenKurven. (Blau ist die gemessene Kur-

    ve, gelb die errechnete.)

    ssm

    m 66 1069,31002,154483

    1100

    x

    T

    t

    H

    xf

    2

    2

    1)(

    245,01002,15

    1069,36

    6

    s

    s

    Abb. 9 : Rate in Abhngigkeit der Hhe

    02468

    1012141618202224

    0 200 400 600 800 1000 1200 1400 1600 1800 2000 2200 2400 2600 2800 3000

    Hhe .NN

    Rate

    Abb. 10 : Ereignisrate ASS

    Kassel(06.05.2003)

    0

    5

    10

    15

    20

    1 3 5 7 911

    13

    15

    Anzahl der Ereignisse pro 10 sec

    prozentualerAntei

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    34 KORONA Nr. 96

    5.3 Messung in 1200m . N.N.Abb. 11 zeigt die Raten-auswertung der Messung aufdem Campingplatz im franz-

    sischen Maudre in der Nheder Hhle. Der Campingplatzliegt in etwa 1200m Hhe.N.N. Wir bauten unser Expe-riment dort auf, um einen Ver-gleichswert zu unserer Hhlen-messung zu haben. Deutlich isthier, dass wir eine hhere Er-eignisrate messen. Das ist zwareinerseits auf die grere Hhe

    ber N.N. zurckzufhren,andererseits mssen aber auchdie Strfaktoren wie eine hoheTemperatur (ca. 40C im Zelt)bercksichtigt werden.

    5.4 Messung in einer Hhle mit 450m berdeckungBei der Auswertung der Hhlenmessung zeigte sich, dass wir dort wesentlich wenigerMonen gemessen hatten: Eine mittlere Rate von 3 gegenber 12 ist signifikant, und damitein sicheres Indiz dafr, dass der berwiegende Teil der kosmischen Strahlung vom Berg ab-

    sorbiert wird. Aber im Nachhinein fragten wir uns, ob es denn tatschlich so viele Monensein knnten, die es noch durch den Berg schafften. Wir knnen leider keine Aussage dar-ber treffen, wie hoch die Radioaktivitt im Berg war und welcher Anteil der gemessenenEreignisse auf die kosmische Strahlung fiel, weil wir die Radioaktivitt noch nicht mitproto-kollierten.

    5.5 Weitere HhenmessungenIn Kapitel 5.1 Abb. 9 lsst sich die Rate in Abhngigkeit der Hhe bedingt durch den re-lativistischen Effekt erkennen. Wir haben bereits eine Messung auf der Wasserkuppe durch-gefhrt, die einen Ratenunterschied zu den Kasseler Messungen zeigen sollte. Leider hatten

    wir ein Problem mit der Elektronik. Die Schwellenspannung ist mit der Zeit angestiegen,sodass diese Messwerte unbrauchbar wurden. Nach der Energiemessung mchten wir dieseMessung deshalb noch einmal wiederholen.

    6 Ausblick: Energiemessungen

    Fr die Osterferien haben wir eine weitereMessreihe mit neuer Zielsetzung geplant. MitHilfe von Absorptionsmessungen wollen wirdie Rate niederenergetischer Monen be-stimmen und so eine Energieverteilung der se-kundren kosmischen Strahlung zwischen etwa200MeV und 1,2GeV aufnehmen.

    Abb. 11 : Ereignisrate, Plateaumessung

    0

    2

    4

    6

    8

    10

    12

    14

    1 4 710 13 16 19 22 25 28 31 34

    Anzahl der Ereignisse pro 10 sec

    prozentualerAnteil

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    KORONA Nr. 96 35

    Wie in Kapitel 4.4 beschrieben, verlieren Monen in Wasser Energie. Bringen wir nun eineWassersule mit einer definierten Hhe ber unsere Kanne, so mssten wir einen Ratenun-terschied nachweisen. Dazu nutzen wir einen Tauchtank, der uns fr diese Zeit zur Verf-gung gestellt wird. Der Tank hat eine Hhe von 5m und einen Durchmesser von 2,8m. Bei

    5m berdeckung betrgt der Energieverlust ca. 1GeV.

    Bringen wir die Kanne direkt unter den Tank, so betrgt der Bedeckungswinkel des Tanks(d.h. der Winkel, unter dem Monen durch die gesamte Wassersule durchfliegen mssen,um die Kanne erreichen zu knnen) 31,3.

    Der nebenstehende Graph gibt die Energie und dieIntensitt der Monen an. Da der Detektor eineSchwelle von 160MeV besitzt, ist die grtmgli-che untere Schwelle etwa 1,16-1,2GeV (je nach Di-

    cke des Tankbodens). Bercksichtigt man diedoppel-logarithmische Auftragung und integriertnach linearer Neuskalierung, so zeigt sich, dass mitder vorhandenen Wasserhhe ca. 50% der Monenabsorbiert werden.

    Wir messen bei einer Wasserhhe von 0m und 5meinmal fast alle Monen und ein anderes mal nurdie im einfach schraffierten Bereich des Energie-spektrums. Durch Subtraktion knnen wir somit

    den Anteil der Monen zwischen 200MeV und 1,2-GeV abschtzen.

    Die erfolgreiche Durchfhrung dieses Experimentswrde nicht nur zeigen, dass unsere Annahmenrichtig sind, sondern sie wrden auch Mglichkei-ten aufzeigen weitere wissenschaftlicher Unter-suchungen mit der Versuchsanordnung durchzufh-ren.

    7 Auswertung der Tauchturmmessung

    7.1 Erklrung des Ratenabfalls durch die TankgeometrieBei der Tauchtankmessung (siehe 6.) wurde alle 12 Stunden der Wasserpegel um 1merhht, um bei verschiedenen Abschirmungen zu messen. Diese Daten wurden wie blich in10s-Raten umgewandelt, die Verteilungskurven und Langzeitauswertungen wurden betrach-tet. Die Daten einer von uns aufgebauten zweiten Kanne, die im Zelt direkt neben dem Tankstand, wurden genauso ausgewertet, um Langzeitschwankungen im Monenfluss nach-weisen und rechnerisch bercksichtigen zu knnen.Um den Ratenabfall festzustellen, wurden zuerst die gemessenen Raten gegen die Pegel-stnde aufgetragen. Der entstehende Graph ergab jedoch nicht den erwarteten linearenAbfall: Die Monenrate fiel nur beim ersten Meter Wasser merklich ab, die folgenden24000 Liter nderten nichts mehr an der Rate, die nun zwischen 5,3 und 5,6 schwankte.

    Energiespektrum der Monen.Bearbeitet nach T.K. Gaisser, CosmicRay and Particle Physics

  • 8/8/2019 Korona 96

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    36 KORONA Nr. 96

    Da Monen nicht nur senkrechtvon oben kommen, ist es ntig,die Dicke des Tanks fr ver-schiedene Auftreffwinkel zu

    bercksichtigen. Auf demGraphen ist die Dicke desTanks bei verschiedenen Pegel-stnden fr verschiedene Win-kel (Zenitdistanz) aufgetragen.Deutlich zu erkennen ist dieKante, ab der die Monennur seitlich durch die Wanddes Tanks zum Detektorfliegen. Durch trigonometrische berlegungen wurde der Weg berechnet, den die Teilchen

    im Wasser zurcklegen.

    Im zweiten Graphen wird die sogenannte effektive Abschirmung des Tanks dargestellt: Nie-

    derenergetische Monen haben eine Winkelverteilung, die der cos2

    -Funktion entspricht7

    .Daher wurden die Tankdicken mit cos2 z multipliziert. So ergibt sich die Abschirmung desTanks, die die Hufigkeitsverteilung der Monen aus verschiedenen Winkeln bercksichtigt.

    Um den Ratenabfall deutlicher darzustellen, wurde spter der Ratenabfall gegenber derersten Messung ohne Abschirmung (bei leerem Tank) aufgetragen.Beim Integrieren der Abschirmungen ber den Auftreffwinkel ergibt sich immer noch einstarker Anstieg der Abschirmung, so dass wir einen stetigen Ratenabfall erwarten sollten(pinkfarbene Kurve). Da wir diesen Ratenabfall nicht gemessen haben, gehen wir davonaus, dass unser Detektor senkrecht kommende Monen nur sehr schlecht nachweist, schrg

    einfallende Monen jedoch relativ gut.

    7 M. Fuidl, Kosmische Myonen in Schulversuchen, Examensarbeit Mainz, 2003, S. 25

    Monenrate whrend der Tankmessung

    0

    1

    2

    3

    4

    5

    6

    7

    8

    0 1 2 3 4 5

    Wasserpegel

    Monenrate

    T a n k d i c k e i n A b h n g i g k e it d e s W in k e l s

    0

    1

    2

    3

    4

    5

    6

    0 1 0 20 30 4 0 50 60 70

    Zeni twinkel z

    D

    icke[

    100

    /

    ]

    Pege l s tand 1m

    Pege l s tand 2m

    Pege l s tand 3m

    Pege l s tand 4m

    Pege l s tand 4 ,85m

  • 8/8/2019 Korona 96

    37/52

    KORONA Nr. 96 37

    Wir nahmen eine Zenitdistanz an, ab der der Detektor berhaupt erst Monen nachweisenkann. Diesen Winkel passten wir schrittweise an, bis sich die geometrisch errechnete Ab-schirmung des Tanks der tatschlich gemessenen Monenabschirmung (blau) gut angenherthatte. Bei 35 ist eine sehr gute bereinstimmung der Kurven zu sehen. Die Raten wrenalso erklrt, sofern die Thermoskanne erst Monen nachweist, die unter einem Winkel >35einfallen. Unter Tankabschirmung verstehe ich das Integral der Abschirmung durch denTauchtank ab einer bestimmten Zenitdistanz bis 90.

    Effekt des Tauchtanks auf Monen verschiedenen Wink

    0 10 20 30 40 50 60 70 80 90

    Zenitwinkel

    Pegel 1m

    Pegel 2m

    Pegel 3mPegel 4m

    Pegel 4,85m

    Integral der effektiven Abschirmung durch den

    Tauchtank ber alle Winkel

    0

    0,2

    0,4

    0,6

    0,8

    1

    0 0,5 1 1,5 2 2,5 3 3,5 4 4,5 5

    Pegel

    relativeRatennderungundrelat

    Abschirmung

    abgeschirmte MonenIntegral der Tankabschirmung ab 35Integral der Tankabschirmung ab 20

    Integral der Tankabschirmung ab 0

  • 8/8/2019 Korona 96

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    38 KORONA Nr. 96

    Das ist plausibel: Monen erzeugen im Wasser einen Lichtkegel, der bei 300MeV-1GeVeinen Winkel Q von etwa 36-40 besitzt8. Daher trifft das Cherenkov-Licht dieser Monendirekt auf den Photomultiplier, ohne reflektiert zu werden. Anscheinend ist die Reflexion in-nerhalb der Thermoskanne so schwach, dass das Cherenkov-Licht stark gedmpft wird, be-

    vor es den Photomultiplier trifft, wenn es zuerst die Kannenwand trifft. Dem entsprichtauch unsere Beobachtung, dass die zweite von uns gebaute Kanne, bei der wir darauf geach-tet haben, dass die Multiplierauenseite ins Wasser ragt, eine hhere Zhlrate hat.

    Modell fr die Winkelverteilung

    Da wir beim Tauchturm gesehen haben, dass wir nicht nur senkrecht kommende Monenmessen, sondern dass Groteil von der Seite kommt, suchten wir nach einem Modell, umdie in der Literatur angegebene cos2-Verteilung zu erklren. In unserer Berechnung berck-sichtigten wir die lngere Flugstrecke und damit den hufigeren Zerfall der Monen aus

    greren Zenitdistanzen. Mit unserem Modell fr die relativistische Ratenabnahme beilngerer Flugstrecke, unter Bercksichtigung der Anfangshufigkeit bei verschiedenenEnergien, knnen wir diejenige Energie berechnen, bei der das Hufigkeitsmaximum dernicht zerfallenen Monen liegt. Diese Werte knnen fr bestimmte Flugstrecken und damitZenitdistanzen berechnet werden. Daraus lsst sich annhernd die Hufigkeitsverteilung derMonen fr verschiedene Zenitdistanzen z berechnen, die eine gute Annherung fr diecos2 (z)-Verteilung ist.

    8 M. Klein, Kosmische Myonen: Schulversuche zur Hhenstrahlung, Examensarbeit Mainz, 2000, S. 26

    Modell fr cos-Verteilung

    0

    0,1

    0,2

    0,3

    0,4

    0,5

    0,6

    0,7

    0,8

    0,9

    1

    0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 65 70 75 80

    Grad

    Intensitt

    Modell(mittel)

    Cos

    Differenz(mittel)

    Modell(integral)

    differenz(integral)

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    KORONA Nr. 96 39

    8. Ratenberechnung fr die AbsorptionsmessungenBei den Absorptionsmessungen wurden folgendermaen erwartete Raten berechnet:

    1. Fr eine bestimmte Tiefe wurden die Flugstrecken berechnet, die Monen aus ver-schiedenen Winkeln im abschirmenden Material zurcklegen mssen, z.B. die

    Flugstrecke durch den Tauchtank oder durch den Erdboden bei der Kanalmessung.2. Aus den Flugstrecken und der Dichte des Materials wurde der Energieverlust be-

    rechnet, den die Monen erfahren.3. Aus diesem Energieverlust und der Nachweisschwelle des Detektors wurde die

    Mindestenergie bestimmt.Das heit z.B. fr 2m Tiefe im Schacht und einen Winkel von 40: Monen ver-lieren im Erdboden 840MeV und bentigen dann noch 160MeV, um Cherenkov-licht zu erzeugen. Daher lsen nur Monen, die 1GeV oder mehr besitzen, ein Er-eignis aus.

    4. Der Anteil der Monen, die oberhalb dieser Energie liegen, wurde durch In-

    tegrieren des Energiespektrums bestimmt. (z.B.: 54% der Monen haben mehr als1GeV.)

    5. Die Winkelverteilung der Monen wurde als Faktor einberechnet (Beispiel: Aus40 kommen noch 60% der Monen, 0,54 * 0,6 = 0,324)

    6. Die so errechneten relativen Raten aus verschiedenen Winkeln werden aufsum-miert, um die relative Rate bei einer bestimmten Tiefe bzw. einem bestimmtenPegelstand zu erhalten.Bei einigen Berechnungen sind wir davon ausgegangen, dass der Detektor nurMonen mit z30 aufnimmt. Dort wurden nur diese Winkel aufaddiert.

    Haben Sie Ihren Beitrag schon bezahlt?Der Jahresbeitrag betrgt 35.- , der ermigte Beitrag betrgt 15.- (fr Studenten,

    Schler, Auszubildende oder auf Antrag beim Vorstand), der Familienbeitrag betrgt 50.-

    Vereinskonto: Kasseler Sparkasse (BLZ 52050353) 127048

    Informationen beim Kassenwart:Roxane Kieselbach, Ruhstrathhe 24, 37073 Gttingen

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    40 KORONA Nr. 96

    Workshop Evolutionre Systeme

    Klaus-Peter Haupt

    Nach der Organisation vieler Alpenfahrten wollte ich den doch genderten Interessen vielerJugendlicher und Erwachsener nachkommen und eine neue Arbeitsform mit neuen Inhaltenausprobieren.Seit fast drei Jahren gibt es den PhysikClub in Nordhessen, in dem besonders interessierteund begabte Jugendliche zwischen 14 und 19 Jahren sich eigenstndig mit Physik beschf-tigen.

    Die bisher behandelten Themen sind die Plattform fr den Workshop gewesen:- Chaos und Strukturen- Elementarteilchenphysik- Relativittstheorie- Kosmische Strahlung und Monenforschung- Netzwerktheorie- Philosophie der KI Forschung

    Schon auf der letzten Alpenfahrt gab es durch die Kooperation mit AAK, PhysikClub undASS einmal berhaupt erst die Chance zur Realisierung und dann aber auch ein intensivesund interessiertes Arbeitsklima.

    Die Astronomie stand bei diesem Workshop etwas im Hintergrund, obwohl an den AbendenGelegenheit zu Beobachtungen angeboten und wahrgenommen wurden, es eine AG Kosmo-logie gab und der Einfhrungsvortrag ber Astrophysik und Kosmologie ging. Aber dieAstronomie war diesmal nur eine der mglichen Zulieferungen zur Erfassung evolutio-nrer Prozesse.

    Obwohl (oder gerade weil) in dem hochtechnisierten Land USA erneut kreationistischer Un-sinn gesellschaftlich und politisch Dominanz erlangt, sollte der Workshop deutlich machen,welches gewaltigeErklrungspotential eine evolutionre Strategie besitzt. Das gilt natrlichnicht nur fr die Entstehung von Leben in seiner groen Vielfalt, sondern auch fr dieSelbstorganisation der materiellen und geistigen Natur.

    Evolutionsstrategien fhren zum Auffinden komplexer Lsungen, zur Entstehung komplexeranorganischer Strukturen und schlielich zur Entstehung von Bewusstsein und der Entwick-lung geistiger Phnomene auf rein materieller Grundlage.

    Hier ist also das Zusammenspiel vieler extrem unterschiedlicher Erkenntnisse gefragt undgenau das erfordert eine besondere Arbeitsform, wie sie in diesem Workshop praktiziertwurde.

    Erst einmal gab es keine Gruppenleiter mit einem starren und festen abzuarbeitendem Pro-gramm. Die Gruppen sollten sich mit Hilfe eines Teamers (fr alle!) und ausgegebenem Ma-

    terial, Fragestellungen und eigenen Ideen selbst organisieren und dann mglichst schnellvernetzen.

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    So erffnete uns der Einfhrungsvortrag von Prof. Ruder (Institut fr theoretischeAstrophysik Tbingen) den Blick fr Entwicklungsprozesse in Galaxien und im ber-schaubaren Kosmos.

    Dann wurde das Material fr die Arbeitsgruppen verteilt und erste Forschungsauftrge gege-ben, die schon Vernetzungen mit anderen Gruppen beinhalteten und aufzeigten. Der Blickins Detail begann:

    - AG Zellulre Automaten: Definition und Klassifizierung von Komplexitt, Unter-suchung des Hyperzyklus als Modell zur prbiotischen Evolution

    - AG Genetische Algorithmen: Auffinden der Lsung eines logischen Problems mitHilfe von Evolutionsstrategien

    - AG Kosmische Evolution: Smolins Deutung der Feinabstimmung durch evolutio-nre Prozesse in einem Multiversum

    - AG Philosophie: Evolution von moralischen Regeln und Bewusstseinsformen

    - AG Leben und knstliches Leben: Definition lebender Systeme, Bewertungtechnischer Mglichkeiten- AG Geistige Evolution: Entwicklung von Bewusstsein- AG Information: Definition und Bedeutung der Information in der kosmischen

    Entwicklung- AG Laws of Form: Untersuchung der logischen Struktur und Anwendung auf den

    Informationsbegriff

    Schon in den zweiten Gruppensitzungen wurden Ideen, Fragen und Impulse fr die anderenGruppen notiert und am Abend in einem Jahrmarkt der Ideen besichtigt und besprochen.

    Dies war ein erster konkreter Vernetzungsschritt.Beim Fortfhren und Aufgreifen in der nchsten Sitzung kam es schon zum Austausch ein-zelner Gruppenmitglieder, die Vernetzung hatte begonnen. Durch Gesprche mit den einzel-nen Gruppen konnte ich eine Reihe von neuen Fragen entwickeln, zu deren Bearbeitung sichdie Teilnehmer neu formierten und somit erneut vernetzten:

    - Welche Rolle spielt der Mensch im Kosmos?- Selbstbezug: Der Wiedereintritt der Information in den Verarbeitungsprozess- Quellen und Senken von Information im Kosmos- Geistige Evolution als Fortfhrung und Teil der kosmischen Evolution- Kann ein zellulrer Automat Bewusstsein erlangen?

    - Verdeutlichung der Evolutionsstrategien an Zahlenfolgen, Vektoren und Bitstrings- Erzeugt das Spiel des Lebens Leben?- MICH verndern KI ermglichen?

    Die neuen Ergebnisse wurden dann in einer kleinen Posterausstellung und in einem Ab-schlussplenum vorgestellt und diskutiert.

    Wir hatten 31 Teilnehmer/innen im Alter von 14 bis 79 Jahren. Auch das war ein Teil desErfolges, das tolerante Miteinander in einem so weiten Altersbereich.Wir waren in einem kleinen Haus untergebracht, das neben vielen kleineren Rumen, einemgroen Speiseraum auch einen mit moderner Medientechnik ausgersteten Hrsaal (z.B.Funknetzwerk) hat. Der angrenzende Fuballplatz, das Beachballfeld, aber auch ein kleinerBach mit Pendelbrcke und der Tischtennisraum boten viele Gelegenheiten fr sportlicheFreizeitaktivitten. Viele machten auch einen kurzen Ausflug zur Burg Lichtenstein.

  • 8/8/2019 Korona 96

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    Neben Plenumssitzungen am Abend gab es auch einen Filmabend zum Thema (Der 200Jahre Mann), Billiardspiele und gemtliches Beisammensein und die Gelegenheit zumastronomischen Beobachten.Als besondere Attraktion wurde auch eine Befahrung einer nichtausgebauten Hhle angebo-

    ten, bei der die Teilnehmer/innen in kleinern Gruppen durch die Hhle klettern durften.

    Der stndige Wechsel intensiver Arbeits- und Gesprchsphasen mit sportlichen Aktivittenmachten den besonderen Reiz des Zusammenseins von Jung und Alt aus.Fr das leibliche Wohl war bestens gesorgt, ein abwechslungsreiches, reichhaltiges und gutzusammengestelltes Essen, morgens und abends als Bffet, berzeugte wohl jeden.

    Kurz: Nchstes Jahr gibt es in Lichtenstein wieder einen Workshop. Dann zum Thema:Was ist Zeit?, passend zum Einsteinjahr 2005, wieder mit Prof. Ruder, einen Tag lnger,mit noch mehr Hhle und vielleicht sogar mit einer Weltpremiere.

    KPHaupt

    Vergngliches

    Christian HendrichWie fangen Wissenschaftler Elefanten und Lwen?

    MODULA Programmierer importieren einen Elefanten aus einem Zoo.

    Moslemische Extremisten erschieen und sprengen alles, was ihnen in den Weg kommt; undwenn's auch keine Elefanten sind.

    PASCAL Programmierer markieren zuerst einen Punkt auf der Landkarte, schreiben dannEND davor und trumen davon, dass Nikolaus Wirth von einem Elefanten totgetrampeltwird.

    PERL Programmierer bauen sich eine regex, die nur auf Elefanten matcht, und parsen an-

    schlieend die Welt.Sozialpdagogen jagen Elefanten in Argentinien.

    Sonderpdagogen versuchen zuerst, die Elefanten zu verstehen.

    SQL Programmierer verwenden folgenden Ausdruck: SELECT Elefant FROM Afrika.

    Statistiker jagen das erste Tier das sie sehen n-mal und nennen es Elefant.

    Statistiker schieen einmal vor und einmal hinter den Elefanten, so dass das Tier statistischtot ist.

    Systemanalytiker wren theoretisch in der Lage, die Korrelation zwischen Hutgre undTrefferquote bei der Elefantenjagd zu bestimmen, wenn ihnen nur jemand sagen wrde, wasein Elefant ist.

    ...to be continued

  • 8/8/2019 Korona 96

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    KORONA Nr. 96 43

    Pressespiegel

    von Friedrich Baum und Christian Hendrich

    Ein Kleinplanet in der Nhe der SonneEin Kleinplanet, der auf seiner Bahn um die Sonne als einziger bekannter Asteroid fast sonahe an diesen Himmelskrper herankommt wie der Planet Merkur, ist vom Lowell Obser-vatory in Flagstaff/Arizona aus entdeckt worden. Es ist der zweite ausschlielich innerhalbder Erdbahn befindliche Kleinplanet, den die Astronomen aufgesprt haben. Der erste, 2003CP20, war den Astronomen des Lincoln Laboratory in Socorro/Neumexiko im vergangenenJahr bei einer automatischen Suche nach Kleinplaneten aufgefallen. Fr die Gruppe derAsteroiden, die sich nie weiter als die Erde von der Sonne entfernen, ist die Bezeichnung"Apohelen" vorgeschlagen worden. Apohele ist das hawaiianische Wort fr Umlaufbahn.

    Die berwltigende Mehrheit der Kleinplaneten bewegt sich zwischen den Bahnen vonMars und Jupiter. Man schtzt, da es nur ungefhr fnfzig Apohelen gibt, die mindestensso gro sind wie das jetzt bei der "Lowell Observatory Near-Earth Object Search" (Loneos)beobachtete Objekt mit der Bezeichnung 2004 JG6, das einen Durchmesser von 500 bis1000 Metern haben drfte. Der Kleinplanet, der sich der Sonne bis auf 48 Millionen Ki-lometer nhert, umkreist diesen Himmelskrper einmal in einem halben Jahr. F.A.Z.

    Planeten in der Tiefe des AllsDas Transit-Verfahren lt weit entfernte Sonnensysteme erkennenIn den Vergangenen Jahren haben die Astronomen mehr als 120 extrasolare Planeten ent-deckt. Fast ausnahmslos hat man sie anhand des "WackeIns" des Sterns aufgesprt, den sieumkreisen. Nur auf einen Planeten war man bisher dadurch aufmerksam geworden, da erperiodisch das Licht des Zentralsterns abschwchte, wenn er vor ihm vorbeizog. Mit diesemTransit-Verfahren, das knftig an Bedeutung gewinnen drfte, sind jetzt zwei weitere Exo-planeten nachgewiesen worden. Das klassische Verfahren fr die Suche nach Planeten be-ruht darauf, da sich zwei durch die Gravitation aneinander gebundene Himmelskrper umeinen gemeinsamen Schwerpunkt bewegen, der nicht mit dem Zentrum eines der beidenObjekte bereinstimmt. Dadurch bewegt sich auch ein Stern, der von einem vergleichsweisemassearmen Planeten begleitet wird, ein wenig hin und her. Die Bewegung zur Erde hinoder von ihr fort, die den Planeten verrt, lt sich durch eine Verschiebung der Spek-trallinien messen. Bislang hat man mit dem Verfahren wegen der metechnischen Grenzen

    nur verltnismig massereiche Planeten gefunden, von denen die meisten zudem nicht allzuweit vom Sonnensystem entfernt sind. Das von der Schwerkraft unabhngige Transit-Verfahren eignet sich dagegen auch dafr, kleinere Planeten aufzuspren -allerdings nurjene, bei denen wir auf die Kante der Bahn schauen. Sonst zgen die Objekte aus unsererSicht nicht vor den Sternen hinweg. Fr die Beobachtung weit entfernter und damit licht-schwacher Sternsysteme bentigt man im brigen groe Teleskope. Sie mssen unteranderem noch Strahlungsdifferenzen von einem Prozent erkennen lassen. Ein Planet vonder Gre des Jupiters nmlich blockiert von einem sonnenhnlichen Stern, dessen Durch-messer zehnmal so gro ist wie ein solches Objekt, rund ein Hundertstel des Lichts. Ge-eignete Kandidaten fr die Beobachtung suchen die Astronomen seit einiger Zeit mit spezi-

    ellen Himmelsdurchmusterungen. Insbesondere das "Optical Gravitations Lensing Expe-riment" (Ogle), Zusammenarbeit der Universitt Warschau mit der Carnegie Institution ofWashington, eignet sich dafr. Ogle diente zunchst nur dazu, dunkle und somit unsichtbare

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    44 KORONA Nr. 96

    Materie dadurch aufzuspren, da sie als Gravitationslinse das Licht hinter ihr stehenderSterne verstrkt. Doch mit Ogle werden auch Lichtschwankungen von Sternen registriert.Bald hatte das Experiment 59 Kandidaten fr die Suche nach Exoplaneten geliefert -Sterne,deren Licht periodisch fr kurze Zeit schwcher wurde. Alle 59 Kandidaten sind spektrosko-

    pisch mit einem 1,5-Meter-Teleskop in Arizona und dem 6,5-Meter-Magellan-Teleskop inLas Campanas/Chile untersucht worden. Man wollte damit ein mgliches Wackeln der Ster-ne messen und gegebenenfalls die Masse eines Begleiters ermitteln. Die meisten Kandida-ten erwiesen ich als Komponenten in Doppelsternsystemen. Nur bei einem, dem 5000 Licht-jahre von uns entfernten Ogle-TR-56, fand man Ende 2002 tatschlich einen Planeten, wo-mit sich das Transit-Verfahren erstmals fr das Aufspren solcher Objekte bewhrt hat.(Vorher hatte man mit ihm nur einmal einen anhand des Wackelns eines Sterns entdecktenPlaneten, HD 209458b, nachtrglich besttigen knnen.) Der ungefhr jupitergroe undwegen seines geringen Abstands zum Zentralstern heie Planet erwies sich als recht exo-tisch. Seine Umlaufbahn hat eine Periode von nur 29 Stunden.

    Mit dem 8,2-Meter-Kueyen-Teleskop des Very Large Telescope der Europischen Sdstern-warte in Chile sind nun alle bislang mit Ogle entdeckten Transit-Kandidaten -137 von 155000 beobachteten Sternen in zwei ausgewhlten Himm