Korrelationssignale || Korrelationssignale und Korrelationsempfang

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1. Korrelationssignale und Korrelationsempfang "Not with a Bang, but a Chirp" B.M. Oliver (Bell Lab. Mem. 1951) In der Nachrichtentechnik und MeBtechnik wird Mufig die Aufgabe gestellt, Signale bekannter Form auch unter starken Storungen zu entdecken und ihre Amplitude und Ankunftzeit zu schatzen. Bei Storung durch weiBes Rauschen fiihrt die optimale Losung auf einen Empflinger, der das gestorte Signal mit einem ungestorten Mustersignal iiber ein Korrelationsverfahren vergleicht. Durch geeignete Formung des Signals lassen sich weitere Bedingungen erfiillen. So kann man lang andauernde und damit energiereiche Signale kon- struieren, die durch den Korrelationsvorgang in schmale Impulse umgeformt werden und damit fiir eine genaue Laufzeitmessung besonders geeignet sind. Solche Signale hat die natiirliche Evolution bereits seit Millionen von Jahren in der akustischen Echoorientierung der Fledermause realisiert. Die Zirplaute ("chirp" signals) dieser Tiere im Ultraschallbereich sind ein schones Beispiel fiir "gut korrelierende" Signale. Die entsprechenden Anwendungen dieses Prinzips der Biotechnik in Sonar- und Radaranlagen liegen auf der Hand. Nicht mit einem kurzen, gewalttatigen "bang" sondern mit einem langergezogenen "chirp" laBt sich eine Radarortung oder auch eine Synchronisation eleganter durch- fiihren. 1m allgemeineren Fall konnen durch geeignete Konstruktionen groBere Familien derartiger Signale gebildet werden, bei denen die Korrelation in den zugehorigen Empfangern nieht nur eine Verminderung der Rauschstorungen sondern zugleich auch die Trennung der Signale untereinander bewirkt. Diese Trennung ist die Grundlage fiir die gleichzeitige Ubertragung dieser Signale auf einem gemeinsamen Kanal. Auf solchen Familien von Korrela- tionssignalen bauen sich insbesondere die Codemultiplex-Verfahren auf, die zunehmend fiir Anwendungen in modernen Mobilfunksystemen diskutiert wer- den und die auch grundlegend fiir den Erfolg der heutigen Satelliten-Naviga- tionssysteme sind. Bemerkenswert ist schlieBlich, daB dieselben Verfahren, mit denen sich zeitliche Korrelationssignale konstruieren lassen, auch zur Bildung ein- oder zweidimensionaler ortlicher Signalstrukturen anwendbar sind. Diese Korrelationsarrays ermoglichen die Synthese von Antennenanordnungen, wie sie von der Akustik iiber die Hochfrequenztechnik und Optik bis zur Gestaltung abbildender Verfahren im Rontgenbereich Anwendung finden. 1m folgenden werden, nach einer kurzen Einfiihrung in die theoretischen Grundlagen des Korrelationsempfangs, Verfahren zur Synthese von Korrela- H. D. Lüke, Korrelationssignale © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1992

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1. Korrelationssignale und Korrelationsempfang

"Not with a Bang, but a Chirp"

B.M. Oliver (Bell Lab. Mem. 1951)

In der Nachrichtentechnik und MeBtechnik wird Mufig die Aufgabe gestellt, Signale bekannter Form auch unter starken Storungen zu entdecken und ihre Amplitude und Ankunftzeit zu schatzen.

Bei Storung durch weiBes Rauschen fiihrt die optimale Losung auf einen Empflinger, der das gestorte Signal mit einem ungestorten Mustersignal iiber ein Korrelationsverfahren vergleicht.

Durch geeignete Formung des Signals lassen sich weitere Bedingungen erfiillen. So kann man lang andauernde und damit energiereiche Signale kon­struieren, die durch den Korrelationsvorgang in schmale Impulse umgeformt werden und damit fiir eine genaue Laufzeitmessung besonders geeignet sind.

Solche Signale hat die natiirliche Evolution bereits seit Millionen von Jahren in der akustischen Echoorientierung der Fledermause realisiert. Die Zirplaute ("chirp" signals) dieser Tiere im Ultraschallbereich sind ein schones Beispiel fiir "gut korrelierende" Signale. Die entsprechenden Anwendungen dieses Prinzips der Biotechnik in Sonar- und Radaranlagen liegen auf der Hand. Nicht mit einem kurzen, gewalttatigen "bang" sondern mit einem langergezogenen "chirp" laBt sich eine Radarortung oder auch eine Synchronisation eleganter durch­fiihren.

1m allgemeineren Fall konnen durch geeignete Konstruktionen groBere Familien derartiger Signale gebildet werden, bei denen die Korrelation in den zugehorigen Empfangern nieht nur eine Verminderung der Rauschstorungen sondern zugleich auch die Trennung der Signale untereinander bewirkt. Diese Trennung ist die Grundlage fiir die gleichzeitige Ubertragung dieser Signale auf einem gemeinsamen Kanal. Auf solchen Familien von Korrela­tionssignalen bauen sich insbesondere die Codemultiplex-Verfahren auf, die zunehmend fiir Anwendungen in modernen Mobilfunksystemen diskutiert wer­den und die auch grundlegend fiir den Erfolg der heutigen Satelliten-Naviga­tionssysteme sind. Bemerkenswert ist schlieBlich, daB dieselben Verfahren, mit denen sich zeitliche Korrelationssignale konstruieren lassen, auch zur Bildung ein- oder zweidimensionaler ortlicher Signalstrukturen anwendbar sind. Diese Korrelationsarrays ermoglichen die Synthese von Antennenanordnungen, wie sie von der Akustik iiber die Hochfrequenztechnik und Optik bis zur Gestaltung abbildender Verfahren im Rontgenbereich Anwendung finden.

1m folgenden werden, nach einer kurzen Einfiihrung in die theoretischen Grundlagen des Korrelationsempfangs, Verfahren zur Synthese von Korrela-

H. D. Lüke, Korrelationssignale© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1992

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2 1. Korrelationssignale und Korrelationsempfang

tionssignalen behandelt. Dabei wird den an die digitale Signalverarbeitung angepaBten diskreten Korrelationssignalen die Hauptaufmerksamkeit zuteil.

1.1 Korrelationsempfang gestorter Signale

Viele Probleme beim Empfang gestorter Signale lassen sich auf das folgende statistische Entscheidungsproblem zuriickfiihren: Es wird entschieden zwischen der Hypothese Ho, daB in einem bestimmten Zeitabschnitt am Empfangerein­gang nur Storsignale n(t) und ggf. unerwiinschte Nutzsignale u(t) vorhanden sind

Ho: ro(t) = n(t) + u(t) (1.1)

und der Hypothese H 1, daB r(t) auch ein zu entdeckendes Nutzsignal s(t) enthalt

H 1: rl (t) = s(t) + n(t) + u(t). (1.2)

Das unerwiinschte Nutzsignal kann z.B. in der Radartechnik das Signal eines benachbarten Ziels sein, im Fall der Multiplextechnik der Trager eines Nachbarkanals oder bei Synchronisationsverfahren die das Synchronsignal umgebenden Informationssignale. Die allgemeine Losung dieses Entscheidungs­problems hangt von den gewahlten Modellen der beteiligten Signale, dem Entscheidungskriterium und auch dem Empfangermodell abo Hierzu existiert eine reiche Literatur, deren Ergebnisse hier aber nicht weiter diskutiert werden sollen [Schwartz und Shaw 1975, Wozencraft und Jacobs 1967, Poor 1988].

1m folgenden wird nur der einfachste, aber in vielen Fallen schon optimale oder dem Optimum nahe kommende Ansatz betrachtet (ausfiihrlich z.B. in [Liike 1990]). Zunachst sei hierzu angenommen, daB das Storsignal n(t) signal­unabhangiges, weiBes Rauschen der Leistungsdichte No sei. Weiter seien die unerwiinschten Nutzsignale vernachlassigbar u(t) = o. Das Nutzsignal sei ein Signal bekannter Form s(t) mit der Energie E und der Eintreffwahrscheinlich­keit Pl. SchlieBlich wird der Empfanger durch die Schaltung in Bild 1.1 beschrieben.

~~-T H1 wenn yIn> c r It) hit) It

ylt) ylT) Ho wenn ylTl ~ c

Bild 1.1. Modell eines Empfiingers mit Optimalfilter und Schwellenentscheidung

Die Optimierung des Empfangers erfolgt im einfachsten Fall in zwei Stufen. In der 1. Stufe wird ein Filter der StoBantwort h(t) so bestimmt, daB im Abtastzeitpunkt bei im betrachteten Zeitabschnitt vorhandenem Nutzsignal das VerhaItnis der Augenblicksleistungen von Nutz- zu Storsignal maximal ist. In

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1.1 Korrelationsempfang gest(irter Signale 3

der 2. Stufe wird dann durch Wahl der Schwelle C eine geeignete Entscheidungs­wahrscheinlichkeit optimiert.

1. Stufe: Korrelationsempfang. Mit

r1 (t) = s(t) + n(t)

wird nach Faltung mit der StoBantwort h(t)

Y1 (t) = rdt) * h(t) = [s(t) * h(t)] + [n(t) * h(t)] ~ "---v--""

g(t) + ne(t)

und im Abtastaugenblick

Y1(T) = g(T) + n.(T);

dann gilt fUr die Augenblicksnutzleistung

00

Sa = g2(T) = [ f h(t)s(T - t)dtJ

-00

(1.3)

(1.4)

(1.5)

und fur die Augenblicksstorleistung bei weiBem Rauschen der Leistungsdichte No

00

Na = No f h2(t)dt. (1.6) -00

Bildet man aus den Gleichungen (1.5) und (1.6) das Sa/Na-Verhiiltnis und erweitert es mit der Signalenergie

00 00

E = f s2(t)dt = f s2(T - t)dt,

-00 -00

so ergibt sich

00

Sa E [ f h(t)s(T - t)dt J

-00 (1.7) -=-' Na No 00 00 f h2 (t)dt f s2(T - t)dt

-00 -00

Dabei entspricht der ganz rechts stehende Bruch dem Quadrat des normierten Kreuzkorrelationskoeffizienten Psb zwischen den Funktionen h(t) and s(T - t),

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4 1. Korreiationssignaie und Korreiationsempfang

also ist

Sa E 2

Na = No Psh· (1.8)

Der Kreuzkorrelationskoeffizient kann nur Werte im Bereich von -1 bis + 1 annehmen. Damit wird im optimalen Fall

Sa E

Na No' (1.9)

wenn Psh = ± 1 ist. Diese Maximalwerte werden erreicht fUr

h(t) = ± ks(T - t), k positiv, reelI. (1.10)

Das optimale Empfangsfilter hat also eine StoBantwort, deren Verlauf zum Signal s(t) zeitlich gespiegelt ist.

1m ungestorten Fall ergibt sich das Ausgangssignal dieses optimalen Filters damit zu

g(t) = s(t) * [ks(T - t)] = kq>ss(t - T). (1.11 )

Das Filter bildet dann die zeitlich verschobene Autokorrelationsfunktion des Nutzsignals, die Abtastung erfolgt in ihrem Maximum

g(T) = kq>ss(O). (1.12)

Derart optimierte Filter werden daher Korrelationsfilter genannt, andere Bezeichnungen sind matched filter, signalangepaBte Filter, oder wegen s( - t) o----e S *(f) konjugierte Filter. Der Autokorrelationshauptwert in (1.12) liiBt sich statt in einem Filter auch in einem Korrelator durch direkte Multipli­kation und Integration hilden, fUr zeitbegrenzte Signale im Bereich (0, T) ist

T

g(T) = f s(t)ks(t)dt

o

mit der Prinzipschaltung in Bild 1.2.

sUI

(1.13)

Bild 1.2. Korrelator als Optimai­empfiinger

Fiir den zeitdiskreten Fall ergeben sich entsprechende Ausdriicke und Schaltungen, wenn die Integration durch eine Summation ersetzt wird.

Das Prinzip des Korrelationsempfangs liiBt sich auch auf Storungen durch nichtweiBes Rauschen erweitern. Diese Modifikation, die auf eine zusiitzliche Filterung ("prewhitening"-Filter) zuriickgefiihrt werden kann, wird in der Praxis nur selten angewendet [Liike 1990].

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1.1 Korrelationsempfang gestorter Signale 5

2. StuCe: Schwellenentscheidung. Bei der betrachteten zweiwertigen Entdek­kungsaufgabe soIl durch eine einfache Schwellenentscheidung zwischen den Hypothesen Ho und HI entschieden werden. Hierzu werden die bedingten Verteilungsdichtefunktionen (Bild 1.3) der ZufaIlsgroBe y(T) am Ausgang des Korrelators betrachtet [Schwartz und Shaw 1975].

Bild 1.3. Bedingte Verteilungsdichtefunktionen bei Korrelationsempfang

a) Entdeckung mit minimaler Fehlerwahrscheinlichkeit

Wenn die Wahrscheinlichkeit dafUr, daB das Signal vorhanden ist, als a priori­Wahrscheinlichkeit PI bekannt ist, dann ergibt sich die gesamte Fehlerwahr­scheinlichkeit zu

c 00

= PI I py(xls)dx + (1 - Pd I py(xIO)dx

- 00 C

00

und mit I py(X I s)dx = 1 auch

-00

00

p. = PI + I(l -Pdpy(xIO) - PIPy(xls)dx. (1.14)

C

Dieser Ausdruck soIl durch Variation von C minimiert werden. Da py (.) und PI positivwertig sind, ist der Integrationsbereich so zu wahlen, daB im Integranden fUr aIle x gilt

PIPy(xls) > (1 - Pdpy(xIO),

damit erhalt das Integral den negativsten Wert, also muB gel ten

py(xls) I-PI --->---py(xIO) PI'

(1.15)

der linke Ausdruck wird "Likelihood-Verhaltnis" genannt.

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6 1. Korrelationssignale und Korrelationsempfang

~ o I X-

Py()('S'f py()(IOl

1 -----

o

I I I I

/ ,

-x

Bild 1.4. Bestimmung der optimalen Entscheidungsschwelle aus dem Likelihood-Verhiiltnis

Am Beispiel einer eingipfligen ("unimodalen") Verteilungsdichtefunktion (z.B. GauBverteilung) zeigt Bild 1.4 die damit mogliche Bestimmung der optima­len Entscheidungsschwelle C.

Diese Entdeckung mit minimaler Fehlerwahrscheinlichkeit ist z.B. fUr eine digit ale Nachrichteniibertragung gebrauchlich. 1st speziell bei Gleichwahr­scheinlichkeit der iibertragenen Binarwerte Pi = 1/2, so wird (1 - PdlP l = 1, und bei symmetrischer Verteilungsdichtefunktion liegt die optimale Schwelle Cb

dann im Schnittpunkt der Verteilungsdichtefunktionen (Bild 1.4).

b) Entdeckung mit fester Falschalarmrate (Neyman-Pearson-Kriterium)

1st die Wahrscheinlichkeit Pi sehr klein oder unbekannt, wie es typischerwei­se fUr Alarmsysteme der Fall ist (Radartechnik, Brandmeldegeber etc.), so lau­tet die Optimierungsaufgabe hiiufig, die Entdeckungswahrscheinlichkeit Pd = 1 - Pel bei festgehaltener, noch tolerierbarer "Falschalarmwahrschein­lichkeit" P eO ZU maximieren (S. Bild 1.3 bei Entscheidung aus einer Be­obachtung). 1m einfachsten Fall bei unimodalen Verteilungsdichtefunktionen und sehr kleinem Pi ist die optimale Schwelle dann durch den Wert von P eO gegeben.

1.2 Einfiihrende Anwendungsbeispiele

Wie Gleichung (1.9) zeigt, ist der bisher betrachtete Korrelationsempfang zu­nachst von der Form des Tragersignals s(t) unabhiingig. Das Nutz- zu Storsig­nalverhiiltnis wird bei dem angenommenen Ubertragungsmodell nur von der Signalenergie bestimmt. Diese einfache Aussage stimmt aber schon dann nicht

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1.2 Einfiihrende Anwendungsbeispiele 7

mehr, wenn das empfangene Signal, wie in (1.1) und (1.2) bereits beriicksichtigt, weitere "unerwiinschte" Nutzsignale u(t) enthiilt. Hierzu werden einleitend zwei einfache Beispiele betrachtet. Einzelheiten und weitere FaIle werden dann aus­fiihrlicher in den Kapiteln 10 und 18 besprochen.

1.2.1 Beispiel I: Radartechnik

In der Impuls-Radartechnik erzeugt der Sender im einfachsten Fall ein impuls­formiges Signal s(t) der Energie Eo und strahlt es in einem engen Raumwinkel­bereich abo Die Hypothese, ob in einem bestimmten Entfernungsbereich {R, R + AR} (Entfernungszelle) dieser Richtung ein Zielliegt, wird dann danach entschieden, ob im Zeitbereich {2R/c, 2(R + AR)/e} (e Lichtgeschwindigkeit) nur Rauschen oder aber Rauschen und reflektiertes Nutzsignal empfangen wird. Liegt nun im direkt benachbarten Entfernungsbereich ein anderes Ziel, so kann das dadurch erzeugte unerwiinschte Nutzsignal u(t) die Entdeckungswahr­scheinlichkeit verschlechtern. Die zu fordernde Auflosung benachbarter Ziele, aber auch die eindeutige Zuordnung eines Einzelziels zu einem bestimmten Entfernungsbereich laBt sich am einfachsten dadurch erreichen, daB das Nutzsignal die Breite 2ARIe nicht iiberschreitet (s. Bild 1.5a and b). Weiter wird die Energie Eo des Sendesignals bei nicht spiegelnder Reflexion an einem Ziel im Abstand R mit einem Wert E empfangen\ der urn einen Faktor '" R- 4 vermin­dert ist. Bei durch technische Randbedingungen immer gegebener Amplituden­begrenzung des Sendesignals konnen beide EinfluBgroBen - schmale Impuls­breite und groBere Entfernung - schnell zu einer Empfangsenergie E fiihren, die keine hinreichende Entdeckungswahrscheinlichkeit mehr ermoglicht. Ein ge­schickter Ausweg liegt dann darin, zwar die Breite des Sendesignals geniigend

01

to =2R/c tl

cl 5 2(t1t

-t

Bild 1.5. Impuls-Radar (a) mit Sendesignalen S1.2 (im TiefpaBbereich) und Empfangssignalen gl.2 am Ausgang der Korrelationsfilter fUr einfache Pulsforrnen (b) und Impulskompressionstechnik (c)

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8 1. Korrelationssignale und Korrelationsempfang

groB zu wahlen, aber das Sendesignal so zu gestalten, daB die Breite seiner am Ausgang des Korrelationsfilters auftretenden Autokorrelationsfunktion die ur­spriingliche Beschrankung erfUIlt. Dies ist das Wesen der Impulskompressions­technik, s. Bild 1.5c.

Entsprechende Probleme und Losungsmoglichkeiten finden sich auBer in der Radartechnik iiberall dort, wo unter Storbedingungen Zeit- oder Orts­messungen vorgenommen werden. Beispiele sind andere Ortungsverfahren (Sonar, Ranging-Verfahren, satellitenbasierte Ortung), weiter Synchronisations­verfahren, aber auch Messungen des Ubertragungsverhaltens gestorter Kanale und Systeme (s. Kap. 10).

1.2.2 Beispiel 2: Codemultiplex-Technik

Codemultiplex-Verfahren sind yom Prinzip her nahe Verwandte der klassischen asynchronen Frequenzmultiplex-Verfahren. Die Codemultiplex-Technik ver­wendet breitbandige, zeitbegrenzte Tragersignale Si(t), deren Kreuzkorrelations­funktionen CfJij(r) zwar nicht wie in der Frequenzmultiplex-Technik fUr aIle r exakt verschwinden konnen, aber iiberall nur geringe Amplitudenwerte anneh­men. Durch diese Eigenschaft wird erreicht, daB fUr ein zu iibertragendes Signal keine Zuteilung eines festen Unterkanals notwendig ist. Die einzelnen Tragersignale iiberlagern sich sowohl im Zeit- wie im Frequenzbereich und ermoglichen so einen freiziigigen, bedarfsabhangigen Zugriff auf den gemeinsa­men Kanal.

Geeignete, sog. quasiorthogonale Tragerfunktionen dieser Art sind z.B. zeitlich begrenzte Ausschnitte aus tiefpaBbegrenztem wei Ben Rauschen. In den eigentlichen Codemultiplex-Verfahren werden technisch einfacher anwendbare und an die digitale Schaltungstechnik angepaBte binare Pseudonoise-Signale benutzt. Beispiele derartiger Tragersignale mit Auto- und Kreuzkorrelations­funktionen sind in Bild 1.6 dargestellt. Ihre Synthese wird in den folgenden Kapiteln diskutiert.

N ;:: 127

Bild 1.6. Tragersignale eines Code­multiplex-Systems mit Auto­und Kreuzkorrelationsfunktionen (Folgenlange N = 127)

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nT f2~t) ~ TP

Ii

Sender

Bild 1.7. PAM-Codemultiplex-System

1.2 Einfiihrende Anwendungsbeispiele 9

Kanal

Aus dem prinzipiellen Aufbau eines Multiplex-Systems mit Pulsamplituden­modulation (PAM) laBt sich das Blockschaltbild eines PAM-Codemultiplex­Systems in Bild 1.7 entwickeln [Liike 1990].

Der Empfanger benutzt in diesem Beispiel Korrelatoren. Die Generatoren fiir Si(t) im Empfanger brauchen wegen des asynchronen Verhaltens der einzel­nen Tragersignale nur auf die jeweils zugeordneten Sendesignale synchronisiert zu werden.

Bei der zumeist iiblichen Ubertragung iiber BandpaBkanale werden die mi(t) noch in geeigneter Weise moduliert. Zur Ubertragung digitaler Signale muB die Schaltung entsprechend modifiziert werden.

Die Codemultiplex-Technik hat gegeniiber den klassischen Orthogonalver­fahren Vor- und Nachteile. Ein Nachteil ist die nur angenaherte Orthogonalitat der Tragerfunktionen. Schon bei nur zwei Kanalen entsteht auch bei idealer Ubertragung Nebensprechen, das mit steigender Kanalzahl zunimmt. Geringes Nebensprechen kann nur durch Wahl sehr langer Tragersignalfolgen erreicht werden. Es ist daher iiblich, den EinftuB der Nebensprechstorungen durch digitale Ubertragungsverfahren zu mindern.

Ein fUr manche Anwendungen der Codemultiplex-Technik wichtiger Vorteil ist neben dem asynchronen Verhalten die Breitbandigkeit der iibertragenen Signale. Wie Bild 1.6 zeigt, besitzen die Tragersignale Autokorrelationsfunktio­nen mit impulsfOrmigem Verhalten in der Umgebung von r = O. Nach dem Wiener-Khintchine-Theorem ist das Energiedichtespektrum also entsprechend verbreitert. Die Codemultiplex-Ubertragung gehort zu den Verfahren mit spek­traler Spreizung (spread-spectrum-Verfahren). Die Signale sind daher gegen schmalbandige Storungen und auch gegeniiber schmalbandigen Fadingerschei­nungen, wie sie durch Mehrwegeausbreitung hervorgerufen werden, erheblich unempfindlicher als Frequenzmultiplex-Signale. Weiter sind die Signale wegen ihrer im Vergleich zur Zeitmultiplex-Technik groBeren Dauer ebenfalls unemp­findlicher gegen impulsformige Storungen. Das Verhalten gegeniiber Storun­gen durch weiBes Rauschen ist allerdings wieder nur yom Ej N 0-Verhaltnis (E: Energie der Tragerfunktionen) abhangig, also nicht anders als bei den iibrigen linearen Multiplexverfahren.

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10 1. Korreiationssignale und Korreiationsempfang

Eine ausfiihrliche Diskussion dieser und weiterer Anwendungsbeispiele von Korrelationssignalen erfolgt in Kap. 10.

1.3 Analoge und digitale Korrelationssignale

Die ersten VorschUige zur Anwendung von hochstrukturierten Signalen mit bewuBt gestalteten Korrelationsfunktionen geht auf Radar- und Ubertra­gungssysteme der 40er Jahre zuriick. In der Radartechnik wurden hierzu zu­nachst analoge frequenzmodulierte Signale vorgeschlagen und benutzt. Ein solches linear-frequenzmoduliertes Signal mit seiner Autokorrelationsfunktion zeigt Bild 1.8.

-T

t Ilpss(TII

I \ I \

I

I I

I I

I

I

o

\ \

\ \ \ \ \ \ \ \

\ \

T T-

Bild 1.S. Linear-frequenzmoduliertes Signal ("Chirp"-Signal) und seine Autokorrelations­funktion (gestrichelt: Autokorrelationsfunk­tion eines unmodulierten Signals gleicher Dauer)

Ein erstes Patent iiber Puls-Radarsysteme mit solchen Signalen wurde E. Hiittmann [1940] erteilt. Ein entsprechendes Radarsystem mit dem Ziel hoher Storfestigkeit wurde in Deutschland gegen Kriegsende unter dem Namen "Ku­gelschale" entwickelt. Ein wei teres System "Reisslaus" versuchte damals, dieses Ziel iiber Ziel iiber eine Frequenzsprungtechnik zu erreichen [Scholtz 1982, Trenkle 1979]. Einen anderen Weg schlug der Schweizer G. Guanella [1938,1956] ein, ihm wurde 1938 ein Patent iiber ein Breitband-Radarsystem mit rausch­ahnlichen Signalen erteilt. Gute Uberblicke iiber die Weiterentwicklung in den 50er Jahren werden von Scholtz [1982], sowie Cook und Siebert [1988] gegeben. Erst spater wurde entdeckt, daB die Evolution diese Erfindungen

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1.3 Analoge und digitale Korre1ationssigmile 11

oj

-;; 40 .. .. ~ 0 0 ii w zo ~

0 Z 4 6 8 10

TIME (msec)

bl

----- ----- -- --

4 Tlt.4E DE LAY Imsec)

Bikll.9. Akustische Ortungssignale der F1edennaus Lasiurus borealis. (a) Signal und Veri auf der Augenblicksperiodendauer. (b) Autokorrelationsfunktion (gestrichelt: Verlauf bei unmoduliertem Signal)

bereits seit langer Zeit kennt: Fledermause benutzen ein akustisches Ortungs­und Beutesuchsystem, das mit typischen "Chirp"-Signalen arbeitet, s. Bild 1.9 [Cahlander 1964, Suga 1990].

Die Anwendung hochstrukturierter Signale, d.h. von Signalen mit hohem Zeit-Bandbreite-Produkt, fiir die Nachrichteniibertragung hatte zunachst kryptografische Griinde. Man versuchte eine Ubertragung dadurch geheirnzu­halten, daB entweder ein rauschahnlicher Trager benutzt oder die Tragerfre­quenzen schnell pseudozufallig gewechselt wurden. Patente von P. Kotowski und K. Dannehl (1935) sowie G. Vogt (1939) in Deutschland schlugen synchron rotierende, unregelmaBig geschlitzte Scheiben in Sender und Empfanger vor, urn Sprachsignale mit auf diese Art koharent erzeugten, periodisch-rauschahnlichen Signalen modulieren und demodulieren zu konnen. Solche Systeme wurden im 2. Weltkrieg auf deutscher und amerikanischer Seite eingesetzt [Scholtz 1982, Price 1983]. Die Codierungsscheibe eines amerikanischen Systems von 1950 ist in Bild 1.10 wiedergegeben.

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12 1. Korrelationssignale und Korrelationsempfang

Bild 1.10. Codierungsscheibe mit Pseudo­rauschsignal nach M. Rogoff (1440 dezimale Werte)

Die letzten Beispiele zeigen deutlich, wie miihsam und unzuliinglich die analoge Erzeugung hochstrukturierter Signale ist. In den Bell-Laboratorien wurden daher bereits in der Mitte der 40er Jahre rein elektronische, digitale Pseudozufallsgeneratoren konzipiert [Scholtz 1982].

Die ersten Untersuchungen zur Synthese und Erzeugung digitaler Signale mit guten Korrelationseigenschaften reichen in den Anfang der 50er Jahre zuriick. Erwiihnt seien besonders die wichtigen Arbeiten zur rekursiven Erzeu­gung biniirer Pseudo-Rauschsignale in verschiedenen US-amerikanischen La­boratorien, besonders von S. Golomb, N. Zierler und M. Nicholson [Scholtz 1982].

Ein weiterer friiher Beitrag ist die Entdeckung der biniiren Barker-Folgen [Barker 1953].

Ein ganz anderes Gebiet, in dem hochstrukturierte, aber zweidimensionale Signale mit gutem Korrelationsverhalten etwa zur gleichen Zeit eingesetzt wurden, ist die optische MeBtechnik (vgl. Abschn. 18.1). Zwei Beispiele zweidi­mensionaler Masken mit gut autokorrelierender Apertur zeigt Bild 1.11. Auch hier sind ortskontinuierliche ("analoge") und ortsdiskrete ("digitale") Losungen moglich. Bild l.l1a stellt eine Fresnelsche Zonenplatte als zweidimensionale, rotationssysmmetrische "Chirp"-Funktion dar, Bild l.l1b eine Biniirmaske in Form einer zweidimensionalen Pseudorauschfolge mit 4095 Elementen [Barrett und Horrigan 1973, Harwit und Sloane 1979].

Heute haben die Vorteile der Erzeugung und Verarbeitung digitaler Signale die analogen Korrelationssignale zuriickgedriingt. Die folgenden Ausfiihrungen beschriinken sich daher auf Synthese, Erzeugung und Eigenschaften von zeit­diskreten "Korrelationsfolgen" und von ortsdiskreten "Korrelationsarrays".

Ein ausfiihrlicher Uberblick iiber analoge Korrelationssignale der Ra­dartechnik ist z.B. in dem Buch "Radar Signals" von Cook und Bernfeld [1967] zu finden. Doch liiBt sich auch bei der Synthese zeitkontinuierlicher Signale das Entwurfsproblem durch Anwendung des Abtasttheorems auf den i.allg. ein­facheren Entwurf zeitdiskreter Signale zuriickfiihren.

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1.4 Aperiodische und periodische Korrelationssignale 13

a)

b)

Bild 1.11. "Analoge" und "digitale" '--____________ --' optische Aperturmasken

1.4 Aperiodische und periodische Korrelationssignale

Zeitdiskrete Signale mit impulsfOrmigen Autokorrelationsfunktionen finden, wie beispielhaft dargestellt wurde, vielfaltige Anwendung in Nachrichten- und Me13technik. In Bild 1.12 ist als Beispiel ein temiires Signal (a) dieser Art zusammen mit seiner aperiodischen Autokorrelationsfunktion (AKF) (b) darge­stellt.

Wiihrend die AKF aul3erhalb des impulsformigen Hauptmaximums prinzi­piell nicht iiberall verschwinden kann, ist dies bei der mit der Signaldauer periodisch wiederholten Autokorrelationsfunktion (PAKF), zwischen den peri­odischen Hauptmaxima moglich, vgl. Bild 1.12c. Diese PAKF kann auch als

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14 1. Korrelationssignale und Korrelationsempfang

ol ~gnol

1 _0.J1 Si(tl~

Autokorrelotionsfunk ti onen

-N 0 N t/T-

cl iPidtl! -:h 6 /;L Rild 1.12. Zeitdiskretes Signal (a) und -N 0 N 2N t/T- verschiedene Formen seiner Autokor-

re1ationsfunktion: (b) aperiodisch, (c)

dl ~i~l periodisch, (d) "dteifach" korreliert

6 6 AA

(das zeitdiskrete Signal ist hier als

P= .. "'" 2tt tiT:... Foige von terniir modulierten Recht-

-N 0 N eckimpulsen der Dauer 1 dargestellt)

Kreuzkorrelationsfunktion zwischen Signal und periodisch wiederholtem Sig­nal aufgefaBt werden. Fur die Mehrzahl der Anwendungen, namlich dann, wenn die Signale einzeln (Synchronisationsimpuls, Radarsignal) gesendet und in Kor­relationsempflingern empfangen werden, ist eine gute aperiodische AKF erfor­derlich. Leider ist dieser Fall auch der fUr die Signalsynthese schwierigere (s. Kap. 6). Es existieren keine konstruktiven Syntheseverfahren, mit denen binare oder ternare Signale mit optimal impulsformiger AKF gebildet werden konnen. Dagegen ist die Synthese von "perfekten Folgen" mit idealer PAKF wie in Bild 1.12c einfach moglich. Zwischen heiden Ansatzen bestehen aber zwei Verbin­dungen: Einmal konnen mit oft guten Ergebnissen Signale mit guter oder idealer PAKF auf gute AKF -Eigenschaften hin ausgesucht werden. Einen anderen Weg zeigt Bild 1.12d: Korreliert man eine dreifach uhertragene, perfekte Folge mit der einfachen Folge, dann verschwinden zwischen den Maxima die Korrela­tionsfunktionen wieder ideal. In diesem MeBfenster kann heispielsweise die StoBantwort des Uhertragungskanals gemessen und zur Steuerung eines Entzer­rers verwendet werden, wah rend die Hauptmaxima zur Synchronisation ver­fUgbar sind. In der Radartechnik oder der SystemmeBtechnik sind entsprechend langere Impulsgruppen anwendbar, soweit die Randeffekte vernachlassigbar sind.

Ein weiteres Anwendungsfeld finden perfekte Folgen bei der Synthese von Orthogonalmatrizen. Schreibt man aile N zyklisch verschohenen Versionen einer perfekten Folge der Lange N untereinander, so entsteht eine zyklische

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1.4 Aperiodische und periodische KorrelationssignaIe 15

Bild 1.13. Zyklische, temare Orthogonalmatrix, N = 13

+ + + 0 + + 0 0 + 0 0 + + + 0 + + 0 0 + + 0 + + + 0 + + 0 0 0 + 0 + + + 0 + + 0 0 0 + 0 + + + 0 + + + 0 0 + 0 + + + 0 +

+ 0 0 + 0 + + + 0 + + + 0 0 + 0 + + + 0 0 + + 0 0 + 0 + + +

0 + + 0 0 + 0 + + + 0 + + 0 0 + 0 + + +

+ 0 + + 0 0 + 0 + + + + 0 + + 0 0 + 0 +

Orthogonalmatrix, da die Korrelationskoeffizienten zwischen allen Folgen verschwinden. (s. Abschn. 9.2).

Ais Beispiel zeigt Bild 1.13 die ternare Orthogonalmatrix, die aus der perfekten Ternarfolge gebildet wird, die dem Signal in Bild 1.12a zugrunde liegt.

Ahnliche Zusammenhange gel ten ebenfalls fiir zweidimensionale Korrela-tionsarrays, die ausfiihrlich ab Kap. 11 betrachtet werden sollen.