Kosiek, Rolf u. Rose, Olaf - Der Grosse Wendig - Band 2 - Richtigstellungen Zur Zeitgeschichte...

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  • Verffentlichungen des Institutes fr deutsche Nachkriegsgeschichte

    BAND XXXVII

    In Verbindung mit zahlreichen Gelehrten des In- und Auslandes herausgegeben von Wigbert Grabert

  • DER GROSSE WENDIG Richtigstellungen

    zur Zeitgeschichte

    herausgegeben von Rolf Kosiek und Olaf Rose

    GRABERT-TBINGEN

  • Druck und Bindung: Ksel, Altusried Gesamtgestaltung: Claude Michel, Rottenburg/N.

    Herausgegeben von Dr. Rolf Kosiek und Dr. Olaf Rose unter Mitwirkung von:

    Michael Klotz, Dr. Hans Meiser, Andreas Naumann, Dr. Claus Nordbruch. Karl Richter, Will Seelmann-Eggebert, Michael Winckler

    Die Deutsche Bibliothek - CIP-Einheitsaufnahme

    Der Groe Wendig: Richtigstellungen zur Zeitgeschichte / herausgegeben von Dr. Rolf Kosiek und Dr. Olaf Rose.-

    Tbingen : Grabert-Verlag 2006 (Verffentlichungen des Institutes fr deutsche

    Nachkriegsgeschichte ; Bd. 37) ISBN 3-87847-230-7

    NE: Der Groe Wendig: [Sammlung]; Institut fr deutsche Nachkriegsgeschichte < Tbingen >

    Verffentlichungen des Institutes...

    ISBN 3-87847-230-7 ISBN 978-3-87847-230-8

    ISSN 0564-4186

    2. Auflage 2006 by Grabert-Verlag Postfach 1629, D-72006 Tbingen

    www.grabert-verlag.de

    Gedruckt in Deutschland Alle Rechte, insbesondere das der bersetzung in fremde Sprachen, vorbehal-ten. Ohne ausdrckliche Genehmigung des Verlages sind Vervielfltigungen dieses Buches oder von Buchteilen auf fotomechanischem Weg (Fotokopie,

    Mikrokopie) nicht gestattet.

  • Inhaltsverzeichnis

    Einleitung 15

    Der Zweite Weltkrieg - 17

    Vorwort Der Zweite Weltkrieg 19 Friedensbemhungen und Widerstand 217 Himmlers Friedensverhandlungen 1943-45 21 218 Der 20. Juli in der englischen Presse 26 219 Otto John als Verrter 29 220 Der Friedensplan von Carl Goerdeler * 32 221 Wollte Hitler keine Atombombe? 34 222 Hitlers Bombe 37 223 Richard von Weizsckers Fahnenflucht 1945 43 224 Papst Benedikt XVI, war kein Deserteur 46 225 Japan vor Atombombenabwurf kapitulationsbereit 48

    Partisanenkrieg 226 Der Partisanenkrieg der Wehrmacht im Osten - 49 227 Sowjet-Partisanen terrorisieren eigene Bevlkerung 57 228 Polnische Partisanen morden 60 229 Tito-Partisanen in Krnten * 61 230 Verbrechen der Tito-Banden 65 231 Das Blutbad von San Miniato 69 232 Das >Massaker< von Kephalonia 71 233 Der Fall Marzabotto 76 234 Zum Verhalten italienischer Partisanen 81 235 Die Partisanen-Morde von Kalavrita 82 236 Der Fall Oradour 86 237 Das Massaker von Tlle * 93

    Deutsche Konzentrationslager 238 Reichsregierung versucht, KL-Verbrechen aufzuklren 99 239 Das Wannsee-Protokoll 102 240 Unterstellter Mordbefehl Hitlers 108

  • 241 Aussage des GFM von Weichs zu KL-Verbrechen 110 242 Opferzahlen konnten gendert werden 112 243 Revision von KZ-Opferzahlen 116 244 Majdanek- Opfer zahlen verringert 122 245 Falsche Zahlen ber das KL Flossenbrg 124 246 Erfundene Tote im Konzentrationslager Kemna 126 247 Die Menschenmhle< von Belzec 127 248 Gaskammer im Konzentrationslager Ravensbrck? 129 249 Keine Vergasungen im Altreich 131 250 Greuelmrchen aus Mauthausen 133 251 Alliierte ermordeten Salzwedeler Lagerinsassen 134 252 Erste Herzverpflanzungen in deutschem KL? 136 253 Keine Morde in Theresienstadt 138 254 Angebliche Kreuzigungen im KL Dachau 140 255 Zum Tod der Prinzessin Mafalda 141 256 Seife aus Menschenfett? 143 257 Ilse Koch und die Lampenschirme aus Menschenhaut 146 258 Zum Schicksal der Zigeuner 148 259 Gefangene unter Stalin und Hitler 152 260 KZ-Biographien als Flschungen entlarvt 154 261 Elie Wiesel - Ein unredlicher Kronzeuge 160 262 Die Erinnerungen des Elie Wiesel 163 263 Simon Wiesenthal und seine Legenden 165 264 Risse im Wallenberg-Denkmal 168 265 Judentransporte in die Schweiz Januar 1945 170

    Vorwrfe gegen Wehrmacht 266 Zur Ausstellung ber >Verbrechen der Wehrmacht 172 267 Wie sich Legenden ber die SS fortpflanzen 176 268 Falsche Beschuldigungen gegen die Waffen-SS 178 269 Keine Massenerschieungen in Simferopol 1941 182 270 Division der Waffen-SS erscho keine Hiwis 185 271 >Geiselerschieung< in Czenstochau 187 272 Russen am Erzkogl erschossen 189 273 Deutsche ermordeten keine sowjetischen Parlamentre * 191 274 >Leibstandarte< erscho nicht 4000 Gefangene 193 275 Deutsche schndeten nicht Tolstois Grab 195 276 Geschichtsflschung in Gefangenenpost 198 277 Deutsche setzten Rovaniemi nicht in Brand 200

  • Alliierte Kriegsverbrechen 278 Genfer Konvention - Was ist Kriegsverbrecher!? 203 279 Amerikaner ber US-Kriegfhrung 204 280 Lindbergh ber die alliierte Kriegfhrung 207 281 Die grte Schiffskatastrophe aller Zeiten 212 282 Die Alliierten und Giftgas im Zweiten Weltkrieg 213 283 Churchills Giftgasplne im Zweiten Wehkrieg 218 284 Milzbrand-Verseuchung Deutschlands 220 285 Deutsche mit radioaktivem Strontium tten 222 286 Keine Tiefflieger in Dresden? 224 287 Zur Zerstrung Crailsheims 1945 226 288 Der Fall Nemmersdorf 228 289 Alliierte Besetzung der Stadt Bamberg 233 290 Ermordung deutscher Kriegsgefangener 237 291 Die Morde von Eberstetten 242 292 Gefangenenmorde bei Jungholzhausen 244 293 Ermordung deutscher Gefangener bei Spitze 246 294 Mord an drei gefangenen SS-Mnnern 248 295 Die Morde von Haar 249 296 Das Massaker von Lippach 252 297 Das Massaker von Webling 1945 254 298 Franzsische Kriegsverbrechen 258 299 Franzsische Massenvergewaltigungen in Italien 1944 260 300 General Leclercs Kriegsverbrechen 262 301 Massenmorde an Gefangenen in Paris 264 302 Das Massaker von Andelot * 266 303 Plnderung Freudenstadts und Karlsruhes 1945 269 304 Die Erschieungen von Bad Reichenhall 273 305 Geiselerschieungen in Reutlingen am 24.4.1945 278 306 Zur Rechtslage und Praxis von Geiselerschieungen 280 307 US-Erschieungsquote ber 1 zu 100 285 308 Wie Djilas einen >Schwaben erledigte 286 309 Ernest Hemingway - Nobelpreistrger und Mrder 287 310 Morde dnischer Widerstndler 289 311 ber 7000 Flchtlingskinder starben in Dnemark 291 312 Dnische Verbrechen an Deutschen - 292 313 Minensuchen mit bloen Hnden in Dnemark 295 314 Die Tragdie von 5000 deutschen Offizieren 297

  • 315 ber deutsche Zwangsarbeiter in der UdSSR 299 316 US-Offizier stahl Quedlinburger Domschatz 301 317 Amerikaner rauben Goldzug, Frstenschatz, Bankgold usw. 304 318 Die Gefangennahme der Reichsregierung 309 319 Die Gefangennahme des Generalfeldmarschalls Milch 312 320 Orden-Klau der Alliierten 314 321 Der Tod Heinrich Himmlers 316 322 Zum Tode Karl Haushofers 322 323 Flugkapitn Hanna Reitsch 325 324 Hat Rost van Tonningen Selbstmord begangen? 329 325 Schweden lieferte Deutsche den Sowjets aus 331 326 Britisches Massaker und Auslieferung der Kosaken 1945 335 327 Kosaken aus den USA Moskau ausgeliefert 339 328 Die >ExodusErschieung< russischer Fremdarbeiter auf Helgoland 354 334 Sex im Fhrer-Sonderzug 356 335 Speers Attentatsversuch - ein Mrchen 358 336 Shirers Falschaussagen: Hilferding/Breitscheid nicht enthauptet 359 337 Plnderer in London 1940 361 338 Roosevelt vernachlssigte Warnungen 362 339 Roosevelts Karte deutscher Aufteilung Amerikas 366 340 Die Legende vom braven Soldaten Schimek< 369 341 >Die Tagebcher< der Anne Frank 371 342 Doppelagent Willy Brandt? 378

    Alliierte Planungen fr Nachkriegszeit 343 Deutschland mu vernichtet werden 380 344 Nizer: Was sollen wir mit Deutschland machen? 385 345 Der Hooton-Plan 388 346 Sebastian Haffners Aufruf zum Massenmord 390 347 Hemingway ruft zur Sterilisation der Deutschen auf 392

  • Erste Nachkriegszeit - 393

    Vorwort Erste Nachkriegszei t * 395 Flucht und Vertreibung 348 Aussagen zu den deutschen Ostprovinzen 397 349 Unterdrckung der Vertreibungsverbrechen 403 350 Vom Sterben schlesischer Priester 406 351 Mord an schlesischen Priestern 1945 411 352 Das Massaker von Nachod 414 353 Der Massenmord in Prerau 1945 416 354 Der befohlene Massenmord in Postelberg 1945 418 355 Die Benesch-Dekrete 421 356 Tschechische Bereicherung durch Enteignung Deutscher 428 357 Prager Erzbischof verteidigt Vertreibung von 1945 430 358 Jugoslawische Behrden ordnen Grabschndung an 432 359 Zum Schicksal der Jugoslawiendeutschen 435

    Behandlung der deutschen Bevlkerung 360 Vergewaltigungen in Wien 1945 438 361 Massenvergewaltigungen am Kriegsende 440 362 Zur >Befreiung< Deutschlands 1945 443 363 Keine Befreiung Deutschlands 1945 446 364 Franzsische Besatzungsherrschaft in Stuttgart 448 365 Franzsische Verbrechen in Stuttgart 1945 450 366 Besatzungsterror 1945 im Kreis Tbingen 453 367 Briten wollten Helgoland auslschen 456 368 Zum Schicksal Ezra Pounds und Knut Hamsuns 458 369 Hunger als Nachkriegswaffe 461 370 Alliierte verbieten Verstndigung 463 371 Israelisches Mordkommando in Deutschland 1945 466 372 Israelische Terrorgruppen nach 1945 468 373 Alliierte Mrderkommandos in Deutschland nachl945 471

    Siegerjustiz 374 Fall Gaus beim Nrnberger Tribunal 473 375 Nrnberger Siegerjustiz setzte kein Recht 476 376 Nrnberger Siegerjustiz verhhnte das Recht 478 377 Ein Beispiel alliierter Siegerjustiz 484

  • 378 Zur Rechtswirksamkeit der Nrnberger Urteile 489 379 Zum Sowjetmord im Walde von Katyn 490 380 Deutsche wegen Katyn gehngt 492 381 Unschuldig in Landsberg hingerichtet 495 382 Der >Fall Malmedy< 499

    Alliierte Lager 383 Japaner in US-Konzentrationslagern 506 384 KZ fr Deutsche in USA 1942-45 508 385 Alliierte Konzentrationslager nach 1945 510 386 Britische Folterlager. Ein vergessenes Verbrechen 512 387 Britisches Juden-KZ auf Mauritius 1940-45 519 388 Deutsche Kriegsgefangene in Grobritannien 521 389 Amerikaner lassen Deutsche verhungern 525 390 Polnisches KZ Lamsdorf 528 391 US-Menschenversuche an Deutschen und Krebspatienten 534 392 US-Kriegsverbrechen in Korea 536 393 US-Massenmord in My Lai 537 394 USA verheimlichen Atombombenversuche 53S

    Judenschicksal 395 Plante Stalin Holocaust? 539 396 Das Juden-Pogrom von Kielce 541 397 Ein in Deutschland zu Unrecht vergessener Jude 543 398 War US-Prsident Truman ein Antisemit? 545

    Beurteilung deutscher Soldaten 399 Die deutsche Wehrmacht im Urteil 547 400 Auslndische Urteile ber die deutsche Besatzungsmacht 551 401 Die Wehrmacht in den besetzten Gebieten 554 402 Ehrenerklrungen fr die deutschen Soldaten 555 403 Ukrainer ber deutsche Soldaten 558 404 Disziplin deutscher Soldaten in Norwegen * 560 405 Zwei US-Generale ber Deutschland 562 406 Erziehung des deutschen Soldaten 563 407 26 Gebote fr Offiziers-Anwrter des Heeres 1940 565 408 Wehrmacht entlt Kriegsgefangene 567 409 Freiwillige in der Waffen-SS 570 410 1600 Deutsche in Dien Bien Phu 573

  • Die Bundesrepublik Deutschland - 575

    Vorwort * Die Bundesrepublik Deutschland 577 Adenauer und seine Zeit 411 Reparationen: Morgenthau-Plan, Demontagen, Kunstdiebstahl 579 412 Reparationen: Entfhrung deutscher Geisteselite 591 413 Reparationen: Diebstahl geistigen Eigentums 599 414 Reparationen: Finanzielle Leistungen und materielle Verluste 610 415 Der Marshall-Plan - humanitre Hilfe oder politischer Kalkl? 620 416 Grundlagen des Wirtschaftswunders 626 417 Die Geburtsfehler des Grundgesetzes - 628 418 Adenauer und die deutsche Wiedervereinigung 634 419 Adenauer sabotierte die Einheit 638 420 Adenauer und die Saarfrage 641 421 Adenauer und die Oder-Neie-Linie 644 422 Adenauer und die Gefangenen in der Sowjetunion 649 423 Waren die Sptheimkehrer aus der Sowjetunion Kriegsverbrecher? 652 424 Zum Eisernen Vorhang 659 425 Was am 17. Juni 1953 wirklich geschah 660 426 US-Komplizenschaft beim Mauerbau 1961 663

    Umerziehung 427 Die alliierte Umerziehung 667 428 Lizenzpresse 671 429 Meinungsfreiheit in Deutschland heute 673 430 Zur Offenkundigkeit des Holocaust 681 431 Alliierte Erziehung nach 1945 691 432 Das Stuttgarter Schuldbekenntnis von 1945 692 433 Zur Ostdenkschrift der EKD 697 434 Der Fall Oberlnden 700 435 Wenn Jenninger und Bubis das Gleiche reden.. , 703 436 Arroganz der Fernsehwoche - 705 437 Bildflschungen zu Lasten Deutschlands 707 438 Umerziehung durch Bildlgen 708 439 Zum Film Todesmhlen mahlen 710 440 Der Film Unternehmen Teutonenschwert 712 441 Der UFA-Film Kolberg 714 442 Knopps Mibrauch des historischen Dokumentationsfilmes 716

  • Vergangenheitsbewlt igung

    443 Deutsche Vergangenheitsbewltiger erfinden Greuelmrchen 722 444 Flschung bei Anti-Wehrmachtausstellung 724 445 Die Lgen der Anti-Wehrmachtausstellung 729 446 Falsche Behauptungen ber Auschwitz 1995 735 447 Fernsehen erfindet Vergasungen in Neuengamme 737 448 Geschichtsflschungen der Bundesprfstelle 739 449 Der Fall Erich Priebke 741 450 Italien befrdert Weltkriegssoldaten 749 451 Fr Bomber-Harris ein Denkmal 750 452 Mord durch Widerstandskmpfer bleibt straffrei 752 453 Fritz Fischer und die Quellen 753 454 Gring-Meier-Zitat ohne Quelle 756 455 Bundespresseamt flscht Kapitulationsurkunde 757 456 Kein deutsches Sprengstoff-Spielzeug 761 457 Das Todesfuballspiel in Kiew im Mai 1942 763 458 Zu Generalfeldmarschall Rommels Religion 766 459 Kein Mord im NS-Kinderheim 767 460 Angebliche Mbel aus Menschenknochen 768 461 bersetzer flschen im Dienste der Umerziehung 770 462 Flschung bei bersetzungen 771 463 WDR erweckt falschen Anschein 773 464 N D R wirft U-Boot-Kommandanten Mord vor 776 465 ZDF flscht U 234-Fahrt 779 466 Wie der kommunistische Literat Hermhn lgt 782 467 Zahlenspiele mit Rulands Toten 784 468 Carl Schmitt falsch zitiert 786 469 Dank fr Befreiung< Breslaus * 789 470 Tschechien< von Deutschenhasser erfunden? 791 471 Hakenkreuze in Kln 1959 - 792 472 Hufeisen statt Hakenkreuz in Kirchenprospekt - 795 473 Flamme empor nazistisch? 798 474 >Niedersachsenlied< faschistisch? 800 475 Zehn kleine Negerlein umbenannt 803 476 Verflschung des Markgrninger Schferlaufs 805 477 Die Verdrngung des Begriffs >Reich< 808 478 Zu guter Letzt: Revisionisten ins Irrenhaus! 811

  • Deutsche Einheit und Wiedervereinigung 479 Worte zur Wiedervereinigung vor 1990 813 480 Kohl und die Oder-Neie-Linie 821 481 Kohl und die Wiedervereinigung - 823 482 Bundesregierung betrgt bei DDR-Bodenreformurteil 827 483 Die Alliierten und die Wiedervereinigung 830 484 Westalliierte tuschen ber Oder-Neie-Linie 834 485 Konkret kommunistisch geplant, geleitet und finanziert 839 486 Wie die Stasi die Bundesrepublik kippen wollte 841 487 Wieviele Stasi-Agenten arbeiten fr US-Geheimdienste? 843 488 Hunderte von Medienleuten arbeiteten fr den BND 845 489 Wie Volker Rhe die NVA abwickelte 847

    Souvernitt Grundgesetz 490 Die U N O - ein Organ der Siegermchte 849 491 Feindstaaten-Liste und Feindstaatenklauseln 851 492 Die Feindstaatenartikel der UNO-Charta 854 493 Wie souvern ist die Bundesrepublik? 856

    494 Die Nationalsymbole 860

    Personenverzeichnis 864

    Ortsverzeichnis 875

    Sachverzeichnis 880

  • Einleitung

    Gut ein halbes Jahr nach dem Erscheinen des ersten Bandes des Groen Wendig liegt hiermit der zweite dieses Sammelwerkes vor. Er bringt die restlichen Beitrge aus den in den letzten beiden Jahrzehnten heraus-gekommenen fnfzehn Heften der Richtigstellungen zur Zeitgeschichte mit eini-gen Ausnahmen, die aus Platzgrnden nicht mehr bercksichtigt werden konnten. Die in diesen Broschren erschienenen Abhandlungen sind da-fr berarbeitet, ergnzt und aktualisiert worden. Hinzu sind zahlreiche neue Artikel verschiedener Autoren getreten. Wie im ersten Band sind die aus den Heften bernommenen Titel hier nicht namentlich abgezeich-net. Sie entstammen der jahrelangen fruchtbaren Zusammenarbeit in den neunziger Jahren der Herren Dr. Heinrich EBNER ( 1 9 2 0 - 1 9 9 7 ) , Heinrich O C H S M A N N ( 1 9 2 0 - 2 0 0 1 ) und des Unterzeichners, zu denen dann gegen Ende des Jahrzehnts Herr Gtz EBERBACH trat. Die fr den vorliegenden Sammelband neu geschriebenen Beitrge tragen jeweils den Namen ihres Verfassers, der fr den Inhalt verantwortlich ist.

    Whrend der erste Band zeitmig den ersten Teil des 20. Jahrhunderts mit einigen Bereichen des Zweiten Weltkriegs abdeckt, ist der vorliegen-de zweite Band den restlichen Kapiteln des groen Krieges und der Nach-kriegszeit bis zur Gegenwart gewidmet. Um den Umfang nicht noch gr-er werden zu lassen, mute eine strenge Auswahl getroffen und ein Teil der zunchst zur Aufnahme vorgesehenen Vorgnge zurckgestellt wer-den. Das gilt besonders fr einige Deutschland nur indirekt betreffende Geschehnisse, wie die Attentate vom 11. September 2001 oder den Irak-Krieg, ber die noch weithin falsche Anschauungen im Umlauf und da-her Richtigstellungen an sich angebracht sind.

    Am Ende des vorliegenden Bandes befindet sich neben dem Personen-verzeichnis fr diesen ein Gesamtsachverzeichnis fr beide Bnde. Es soll dem Leser ein bequemes Auffinden der einzelnen in beiden Teilbnden behandelten Fragen und einen schnellen Zugriff auf ein gewnschtes The-ma ermglichen. Im Rahmen der einzelnen Beitrge sind meist Quellen und Literatur zu dem abgehandelten Geschehen angegeben. Darber hin-aus erschienen weitere besondere Literaturangaben im Anhang als ber-flssig. Sie htten auch angesichts der Vielzahl der beschriebenen Vorgn-ge einen unverhltnismig groen Raum eingenommen, den wir lieber fr weitere Beitrge verwendeten. Gelegentlich auftretende Wiederholun-gen bei mehrfacher Behandlung desselben Vorgangs aus verschiedener Sicht sind durchaus bewut erfolgt.

    Fr eine Reihe von Lesern waren die Angaben im Vorwort zum ersten Band ber Verfasser, Entstehen und Titel der Heftreihe Richtigstellungen zur

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  • Zeitgeschichte von Dr. Heinrich W E N D I G wie des Sammelwerkes offensicht-lich nicht ausreichend, und zahlreiche Fragen wurden dazu gestellt. Des-wegen sei ergnzend angefgt, da die oben genannten ursprnglichen drei Verfasser der von 1989 bis 2003 erschienenen 15 Hefte den angefhr-ten Titel der Reihe und dazu den Namen Dr. Heinrich W E N D I G als Autor auswhlten, wie es auch im wissenschaftlichen Bereich bei mehreren Ver-fassern, etwa bei dem Standardwerk Bourbaki in der Mathematik, blich ist. Diese durch die langjhrige Reihe zum Markenartikel gewordene Be-zeichnung wurde dann fr das Sammelwerk beibehalten. Es stecken also kein Geheimnis und keine tiefere Bedeutung dahinter.

    Die gute Aufnahme des ersten Bandes und die rege Nachfrage nach dem Sammelwerk trotz seines groen Umfangs haben die khnsten Er-wartungen von Herausgeber und Verlag bertroffen. Nicht zuletzt wird dazu auch die hervorragende Gestaltung und liebevolle Bebilderung durch Herrn Claude Michel beigetragen haben, dem die Herausgeber dafr auch an dieser Stelle noch einmal herzlich danken. Ein halbes Jahr nach dem Erscheinen ist die erste Auflage bereits vergriffen, und mit dem Erschei-nen des zweiten Bandes kann eine neue, berarbeitete und teilweise ver-besserte zweite Auflage des ersten herausgehen. Dafr konnten bereits zahlreiche Hinweise und Ergnzungsvorschlge aus dem Leserkreis be-rcksichtigt werden. Die Herausgeber danken allen Zusendern fr diese Mitarbeit und ihr reges Interesse an einer weiteren Verbesserung des Werkes. Auch zum zweiten Band sind derartige Vorschlge sehr will-kommen.

    Die zwischenzeitliche Entwicklung im Bereich der Zeitgeschichte hat durch ffnung bisher verschlossener Archive und weitere Dokumenten-funde neue Erkenntnisse, zum Beispiel zum Tode Heinrich HIMMLERS oder ber britische Foltermethoden im Nachkriegsdeutschland, zu Tage gefrdert, die aber noch kaum in das Bewutsein einer greren ffent-lichkeit gedrungen sind, die weiterhin den alten, nun als falsch bewiese-nen Anschauungen anhngt. Auch deswegen sind Richtigstellungen fr die Zukunft notwendig. Mgen sie zu einer weiteren Entkrampfung der Beziehungen zwischen den Vlkern beitragen und zu einem neuen An-fang fhren.

    US-Prsident Abraham L I N C O L N soll einmal gesagt haben: Man kann eine Zeitlang die ganze Welt belgen, man kann die ganze Zeit einen Teil der Welt belgen, aber man kann nicht dauernd die ganze Welt belgen. Hoffen wir auf die Richtigkeit seiner Aussage.

    Tbingen, den 8. Mai 2006 Institut fr deutsche Nachkriegsgeschichte Dr. Rolf KOSIEK

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  • Der Zweite Weltkrieg

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  • 18

  • Bis zum Beginn des Rulandfeldzuges waren Kriegs verbrechen auf beiden Seiten eher die Ausnahme. Trotz des Wiederauflebens des Zerrbildes vom >Hunnen< und vom >Boche< auf seilen der Alliierten sowie der Propaganda-aktionen ber das >perfide Albion< und das >morbide Frankreich auf deut-scher Seite wurde der Gegner zwar nicht immer ritterlich, aber doch zumeist im Rahmen der geltenden Kriegsgesetze und der Genfer Konvention behan-delt. Verste dagegen wurden von den Kriegsparteien ber neutrale Staaten der Gegenseite angezeigt und in den sogenannten Farbbchern, die bereits zu Beginn des Krieges erschienen, entsprechend propagandistisch ausgeschlachtet.

    Vorbildliches leistete auch hier wieder die deutsche Seite. Die zu Kriegsbe-ginn eingerichtete Wehrmachtuntersuchungsstelle fhrte bei jedem gre-ren entdeckten Kriegsverbrechen eine umfassende Untersuchung durch. Hier-bei wurden von den Opfern zahlreiche Fotos angefertigt, Augenzeugen der eigenen Seite, aber auch beim Gegner befragt und die Tter, sofern man ihrer habhaft werden konnte, einem eingehenden und protokollarisch festgehalte-nen Verhr unterzogen.

    Diese umfangreich berlieferten Akten stellten auch den Grundstock zur einzigen jemals ausgestrahlten Sendung ber unwiderlegbare alliierte Kriegs-verbrechen im deutschen Fernsehen dar, die 1987 ausgestrahlt wurde. Diese singulare Ausstrahlung verursachte bei den Amerikanern, Briten und Polen derartiges Unbehagen, da die Botschafter der drei Staaten noch whrend der Sendung den Intendanten der ARD anriefen und eine erneute Ausstrah-lung dieses Filmes auf politischer Ebene verhindern konnten.

    Die entsetzlichen Verbrechen, die zahlreichen deutschen Kriegsgefange-nen zu Beginn des Einmarsches in die Sowjetunion von den Angehrigen der Roten Armee zugefgt und von den nachfolgenden deutschen Wehrmacht-teilen entdeckt wurden, fhrten sehr schnell zu Vergeltungsmanahmen. Leidtragende waren nicht nur die kmpfende Truppe, sondern in erster Li-nie die Zivilbevlkerung. Zahlreiche Massaker, die die Rote Armee in deut-schen Uniformen an der eigenen Bevlkerung vornahm, um das anfngliche Einvernehmen mit den Besatzern zu zerstren, fhrten zu einer schnell an-wachsenden Partisanenttigkeit und einer damit einhergehenden, bislang unbekannten Radikalisierung und Eskalation der Kriegfhrung.

    Die deutsche Seite bemhte sich auch hier - sofern mglich - um eine weitestgehend dokumentierte und auch von neutralen Gutachtern und vom Internationalen Roten Kreuz beglaubigte Darstellung alliierter Kriegsverbre-chen, so in den verffentlichten Dokumenten ber Polnische Grausamkei-ten an der deutschen Zivilbevlkerung im September 1939, ber die Er-schieung der polnischen Offiziere und Intelligenz in Katyn und die

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  • ermordeten Ukrainer in Winniza. Gleichermaen ging die Wehrmachtun-tersuchungsstelle auch gegen deutsche Einheiten vor, wenn diese aufgrund von Klagen alliierter Seite der Verbung von Kriegsverbrechen beschuldigt worden waren. Auf alliierter Seite hingegen erfllte man bei der Untersu-chung sowohl der eigenen als auch der - angeblichen - deutschen Verbre-chen solche Standards nicht. Im Gegenteil: Man unternahm alles, um vor allem nach dem Krieg und auch in der historischen Forschung eine Untersu-chung behaupteter deutscher Kriegsverbrechen zu behindern oder unmg-lich zu machen.

    So wuchsen die Zahlen der von Deutschen ermordeten Kriegsgefangenen, Fremdarbeiter und Juden in den letzten zehn Monaten des Krieges fast ins Unermeliche. Vergeltungseinstze gegen Partisanen wurden als illegale Mas-saker bezeichnet, in der Hitze des Gefechts erfolgte Unmenschlichkeiten als kaltbltige Morde hingestellt, die deutschen Soldaten und hier insbesondere die Angehrigen der Waffen-SS als genuine Mordbrenner verunglimpft. Marzabotto, Kephalonia, Tulle und Oradour sind nur die Namen mit dem grten Symbolwert. Bis zum Kriegsende konnte die Reichsregierung ber die eigenen Medien den Anwrfen noch entgegentreten. Nach Kriegsende setzte eine bis dahin in der Weltgeschichte einmalige Welle der Anschuldi-gungen ein, die zumeist ohne dokumentarische Belege und mit oftmals zwei-felhaften Berufszeugen zementiert wurde. Widersprche waren nicht mehr erlaubt. Die Legendenbildung konnte fortan ungehindert ihren Lauf neh-men. .. Olaf Rose

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  • Himmlers Friedensverhandlungen 1943-45

    Weithin bekannt ist in der Geschichtsschreibung, da Heinrich HIMMLER im November 1944 ber Walter SCHELLENBERG, den Leiter des Amtes VI E, des politischen Geheimdienstes im Reichssicherheitshaupt-amt und letzten deutschen Geheimdienstchef, Kontakte zu Gero SCHULZE VON GAEVERNITZ und Allen DULLES, dem Leiter des Ablegers des amerikani-schen Geheimdienstes OSS in Bern, herbeifhren lie.1 Gemeinhin wird dies als der letzte, verzweifelte und untaugliche Versuch HIMMLERS gewertet, seine Haut zu retten und sich den West-Alliierten in vlliger Verkennung der objektiven Gegebenheiten als Verhandlungspanner und mglicher Nach-folger Adolf HITLERS anzudienen.

    Inzwischen endlich freigegebene Akten des britischen Staatsarchivs und neueste Forschungen des britischen Historikers Martin ALLEN belegen dage-gen, da HIMMLER nach dem gescheiterten Friedensflug von Rudolf HESS im Mai 1941 der nchste hochrangige Politiker des Deutschen Reiches war, der eigene Friedensverhandlungen mit den westlichen Alliierten aufzunehmen versuchte. Als nchterner Realpolitiker, vertraut mit den objektiven milit-rischen Strkeverhltnissen, den Produktionszahlen von Waffen und Muni-tion sowie der internationalen Lage, war HIMMLER bereits nach der Schlacht von Stalingrad der Ernst der Lage klar. Im Februar 1943 deutete er deswegen in einem vertraulichen Gesprch im Kreise von rund einem Dutzend SS-Obergruppenfhrern an, da der gegenwrtige Krieg mit blichenWaffen

    1 Joseph BELLINGER, Himmlers Tod, Freitod oder Mord? Die letzten Tage des Reichsfbrers

    SS, Arndt, Kiel 2005, S. 144 ff.

    Martin ALLEN, Das H immler-Komplott

    1943-45, Druffel, Stegen 2005,

    HITLER im vertrauli-chen Gesprch mit Luftwaffenoffizieren auf dem Berghof. Seit der Niederlage von Stalingrad glaubten immer weniger an eine positive Kehrtwende zugunsten Deutsch-lands.

    21

  • Von oben: Allen W. DULLES, Walter SCHEL-LENBERC und Carl LANGBEHN, d e r i m

    September 1943 nach einem Treffen mit DULLES verhaftet wurde.

    und Methoden der Kriegfhrung nicht mehr gewonnen werden knne. Ent-weder msse man von Seiten der Naturwissenschaft in der Lage sein, der deutschen Wehrmacht neuartige Waffen an die Hand zu geben - gemeint ist hier die Atombombe deren alleiniges Drohpotential die Gegner zum Waf-fenstillstand geneigt mache, oder es mten umgehend Friedensverhandlun-gen angeknpft werden, solange man noch ber eine nennenswerte Verhand-lungsmasse verfge.

    Erste Friedensfhler hatte HIMMLER bereits im Mai 1942 ber den schwedi-schen Geschftsmann und Bankier Marcus WALLENBERG sowie Prinz H O -HENLOHE geknpft. Er lie ber Kontaktpersonen in Portugal und Spanien bei den gleichen britischen Unterhndlern, mit denen auch HESS in Verbin-dung gestanden hatte, vorfhlen, ob die Briten ihn als Verhandlungspartner an Stelle HITLERS anerkennen wrden,2 Wie Rudolf HESS suchte auch HIMM-LER den Rat des England-Fachmanns Prof. Albrecht HAUSHOFER. Er traf ihn am 12. August 1942 im Hause seines Rechtsanwalts Carl LANGBEHN/1 LANG-BEHN wurde im Mrz 1943 nach Stockholm geschickt, wo er ber den dorti-gen britischen Gesandten Victor MALLET Verhandlungsmglichkeiten pr-fen lie. Als hier keine greifbaren Ergebnisse erzielt wurden, nahm LANGBEHN in der Schweiz Kontakt zu DULLES auf. Auch HOHENLOHE traf in der Schweiz ein und gab bei DULLES vor, er habe seine Anweisungen direkt von HIMMLER, Die Einzelheiten dieser Gesprche sind bis heute unbekannt, da die entsprechenden Akten von der CIA immer noch gesperrt sind,4 Die Aufzeichnungen HOHENLOHES fielen jedoch den Russen nach dem Krieg in die Hnde; sie waren, was das Verstndnis von seiten DULLES' fr die deut-sche Lage betraf, ermutigend, doch die Regierung in Washington schlo sich DULLES' Sichtweise nicht an,

    HIMMLER setzte von nun an auf die englische Karte. Die Verhandlungen muten unter uerster Geheimhaltung stattfinden, da sie von der Voraus-setzung ausgingen, da HITLER zumindest entmachtet und unter Hausarrest stehen wrde, wenn Heinrich HIMMLER als neues Staatsoberhaupt mit den Englndern zu einer Vereinbarung kme. Bedrohlich war daher die Entschls-selung eines britischen Geheimcodes, die dem Leiter der Gestapo, Heinrich MLLER, Kenntnis von den Unterredungen LANGBEHNS in Stockholm ver-mittelte. HITLER wurde davon unterrichtet; er erklrte wutentbrannt den Mnchner Rechtsanwalt zum Verrter und verfgte dessen Einweisung ins Moabiter Gefngnis in Berlin. HIMMLER stritt eine Verwicklung in diese Af-

    1 Martin ALLEN, Das Himmler-Komplott 1943-45. Die geheimen Friedensverhandlungen des

    Reichsfhrers SS mit den Briten und die mysterisen Umstnde seines Todes 1945, Druffel, Ste-gen am Ammersee 2005, S. 183 ff. 1 Ebenda, S. 207.

    4 Ebenda, S. 228.

    22

  • fre ab, erwirkte aber fr seinen Rechtsanwalt Hafterleichterung und lie den Fall lange hinauszgern.

    Nach ergebnislosen Vorbereitungen mit zwei schwedischen Zndholzfa-brikanten flog SCHELLENBERG, die einzige Person, der HIMMLER noch vorbe-haltlos vertraute, Anfang Juni 1943 nach Stockholm, wo er am 7. Juni ein Geheimtreffen mit dem britischen Gesandten Victor MALLET im Hause von Marcus W ALLENBERG hatte. MALLET stellte er sich als rechte Hand HIMMLERS vor, bevollmchtigt, in Verhandlungen einzutreten, um im Westen einen Frieden abzuschlieen, wenn Grobritannien die Legitimitt HIMMLERS als neuen Fhrers Deutschlands anerkenne.5

    MALLET unterrichtete sofort Bruce LOCKHART von der Politischen Krieg-fhrungsexekutive, kurz PWE, und deren innersten Zirkel, das Komitee der Fnf HIMMLERS Mann in Stockholm fest an den

    Haken nehmen, Ihr Ziel bestand in der Aufstachelung von politischen Unru-hen in Deutschland, die am besten in einem Brgerkrieg zwischen SS, Wehr-macht und Partei gipfeln sollten. HIMMLER war sich nicht bewut, da er ber SCHELLENBERG nicht mit der britischen Regierung, sondern mit deren Geheimdienst verhandelte. Seine Bedingungen offenbarten zudem die gr-ten Besorgnisse der Reichsregierung: die Bombenangriffe und die drohende Invasion im Westen. Auerdem msse Deutschland erlaubt werden, ster-reich und das Sudetenland zu behalten und eine dauerhafte Verteidigungs-stellung entlang der gegenwrtigen strategischen Positionen im Osten zu er-richten.

    SS-Obergruppen-fhrer Karl W O L F F .

    Karl-Heinz KRAMER, HIMMLERS Agent in

    Stockholm,

    5 Ebenda, S. 236. ALLEN bezieht sich auf einen umfangreichen Geheimdienstbrief-

    wechsel zwischen MALLET, Bruce LOCKHART und Ivone KJRKPATRICK, im Natio-nal Archive, Akte FO 800/868.

    23

  • HIMMLER u n d HITLER

    im Mrz 1944 bei einem Winterspazier-gang in der Nhe des Berghofs. Bereits zum damaligen Zeitpunkt

    hielt der Reichsfhrer SS den Krieg fr ver-

    loren und arbeitete schon an seiner poli-tischen Zukunft nach

    der Niederlage.

    Der britische Geheimdienst gab nur unverbindliche Zusicherungen und war nicht bereit, HIMMLER eindeutige Versprechungen oder vertragliche Ab-machungen zuzusichern. Gem den eigenen Zielvorstellungen, in Deutsch-land politisches Chaos oder Brgerkrieg hervorzurufen, drngte man zunchst auf eine Vorleistung des Reichsfhrers. Er solle den Umsturz erst einmal bewerkstelligen; danach knne man verhandeln. HIMMLER, der im groen und ganzen auch ber den deutschen Untergrund und die Aktivitten des Widerstandes informiert war, ging in den Verhandlungen so weit zu erkl-ren, er knne sich auch vorstellen, sich im letzten Augenblick als Mann der Stunde an die Spitze eines Umsturzes zu stellen. Die merkwrdige Inaktivi-tt, die HIMMLER in den ersten Stunden des Putschversuches vom 20. Juli 1944 an den Tag legte, kann sowohl als innere Zerreiprobe seines Treueides auf Adolf HITLER als auch auf die Beobachtung eben dieser Mglichkeit der eigenen Machtbernahme gedeutet werden.

    Auch wenn HIMMLER auf diesen Zug nicht aufsprang, knpfte er im Okto-ber 1944, wenige Monate nach der sich zur Katastrophe auszuweiten schei-

    24

  • nenden Invasion, den Verhandlungfaden weiter. Whrend SCHELLENBERG und Karl-Heinz KRAMER, ebenfalls ein Agent HIMMLERS in Stockholm, in Schwe-den immer noch verhandelten, beauftragte der Reichsfiihrer SS seinen Freund, den SS-Obergruppenfhrer Karl W O L F F , seinerzeit Militrbefehlshaber in Norditalien und Bevollmchtigter gegenber MUSSOLINI, ber die Schweiz Kontakt zu den West-Alliierten aufzunehmen. Diese Verhandlungen, deren Inhalt weitestgehend bekannt ist, waren fr HIMMLER besonders brisant, da darin neben WOLFF auch italienische, britische, amerikanische und Schwei-zer Personen eingebunden waren. Wren diese Verhandlungen zu Propa-gandazwecken verffentlicht worden, htte er seinen Kopf kaum noch ret-ten knnen. Er war nicht davon abzubringen, sich trotz der zahlreichen alliierten Verffentlichungen, die ihn als Massenmrder zeichneten, als an-nehmbaren Verhandlungspartner zu betrachten, da die West-Alliierten auch mit STALIN als Verhandlungs- und Bndnispartner kein Problem zu haben schienen. Auch diese Verhandlungen zogen sich monatelang hin. Als sie Mitte April 1945 zu HITLER drangen, beorderte dieser HIMMLER umgehend nach Berlin zurck. HIMMLER drckte sich und befahl an seiner statt dem Verhand-lungspartner WOLFF, nach Berlin zu fliegen. Als dieser auf HITLER im Fhrer-bunker wartete, hatte er groe Angst, wegen dieser nicht genehmigten Ge-heimverhandlungen standrechtlich erschossen zu werden. Er traf aber auf einen aufgerumten HITLER, der leutselig erklrte: Mein liebes Wlffchen, da hast du noch einmal groes Glck gehabt, denn wenn diese Verhandlun-gen ffentlich geworden wren, htte ich dich genauso fallen lassen mssen wie den Parteigenossen HESS, der brigens, wenn dieser Krieg noch ein halb-wegs vernnftiges Ende finden sollte, von mir in alle Stellungen wieder ein-gesetzt werden wird.6

    HIMMLER aber trug zu diesem Zeitpunkt ein Geheimnis mit sich, das ihn im Mai 1945 das Leben kosten sollte:7 zweijhrige aufrichtige Friedensver-handlungen mit den Briten und auch den Amerikanern, die von deren Seite dilatorisch und unaufrichtig behandelt wurden.

    HIMMLERS Bemhungen waren brigens nur eine von ber 50 Friedens-initiativen,8 die meist von Deutschland ausgingen.

    Deren Ablehnung durch CHAMBERLAIN und CHURCHILL erweiterte den lokalen deutsch-polnischen Konflikt zum Weltkrieg, verursachte unn-tig Millionen Todesopfer, lieferte Ost- und Mitteleuropa dem Bolsche-wismus aus und zerstrte die politische Stellung des Abendlandes. Raum-fremde Mchte bestimmen seitdem das Schicksal unseres Kontinents.

    Olaf Rose

    6 Tonbandaufnahme eines Gesprchs mit

    dem General der Waffen-SS Karl

    WOLFF aus der Mitte der achtziger Jahre,

    in: GHS-Archiv Hamburg.

    7 Siehe zu den erst

    2005 bekanntgewor-denen Umstnden

    v o n HIMMLERS T o d Beitrag Nr. 321.

    * Siehe dazu ausfhr-lich: Hans MEISER,

    Gescheiterte Friedens-initiativen 1939-1945, Graben, Tbingen

    :2005.

    25

  • Der 20. Juli in der englischen Presse

    1 Deutsche berset-

    zung der zitierten Stellen nach: Freies Forum, N r . 1, 1979, S. 3 f.

    Es ist meist mig, sich zu berlegen, was geschehen wre, wenn die ge-schichtliche Entwicklung an einem bestimmten Punkte eine andere Wen-dung genommen htte. Doch weil bei den jhrlichen Gedenken an den 20. Juli 1944 immer wieder erklrt wird, da bei einem Gelingen des Putsches der Zweite Weltkrieg schneller und fr Deutschland weit gnstiger geendet htte, sei die unverdchtige Londoner Times mit einem Artikel vom 8. Mai 1978 angefhrt. In einem achtspaltigen Beitrag unter der berschrift Was htte sich ereignet, wenn HITLER im Juli 1944 ermordet worden wre, in dem einleitend geschildert wird, wie der Putsch in Rastenburg und Berlin scheiterte, fragt der Verfasser dann, ob das Attentat zu einem Erfolg gefhrt htte, wenn HITLER gettet worden wre. Und er gibt folgende Antwort aus der Sicht eines Briten.1

    Mit Ausnahme von STAUFFENBERG sind die Verschwrer und ihre Freunde ein nicht berzeugender Haufen. Zu vie-le Offiziere standen auf der Pensionsli-ste. Der Kern der Gruppe war aristokra-tisch und preuisch. H I T L E R hatte wahrscheinlich recht, als er ber sie sag-te: >Der Zirkel dieser Verschwrer ist sehr klein und hat nichts zu tun mit dem Geist der Deutschen Wehrmacht und vor allem mit dem deutschen Volk.Wolfschanze(. Das Attentat scheiterte unter anderem daran, da STAUFFENBERG nicht bereit war, sich selbst zu opfern. Aus: Bilder des Zweiten Weltkrieges, DVA, Mnchen 2005.

    26

  • thetisch, wie es in Deutschland htte weitergehen knnen, wenn die Ver-schwrer ans Ruder gekommen wren. In Berlin wre die Antinazi-Regie-rung mit BECK als Staatsoberhaupt und GOERDELER als Kanzler installiert worden. Nach der Machtergreifung htten die Verschwrer die Unterstt-zung des Volkes gewinnen und einen Waffenstillstand aushandeln mssen. Wenn sie diese zwei Ziele nicht schnell erreichten, riskierten sie schreckliche Konsequenzen fr sich selbst und fr Deutschland.

    Um die Untersttzung des Volkes zu erlangen, wren (heit es in der Times weiter) also zwei Dinge vonnten gewesen: erstens das deutsche Volk zu berzeugen, da die Autoritt der neuen Regierung gesetzmig sei, und zweitens einen schnellen und nicht gnzlich unehrenhaften Frieden mit den westlichen Alliierten abzuschlieen.2

    Kein Teil im Plan der Verschwrer enthielt eine tragischere Fehlkalkula-tion als ihr Glaube, da die westlichen Alliierten bereit gewesen wren zu verhandeln. Als Kder diente das Angebot einer bergabe im Westen, wo-durch die britischen und amerikanischen Truppen in die Lage versetzt wor-den wren, schnell durch Deutschland zu fahren, um somit Osteuropa den Russen zu verwehren. Wie verlockend ist es, sich vorzustellen, da R O O S E -VEI.T und CHURCHILL dieses Angebot angenommen htten, um die Wieder-belebung der Demokratie in diesen Gebieten zu sichern. Aber trotz all der schn klingenden Worte kmpften die Alliierten nicht dafr, Osteuropa si-cher fr die Demokratie zu machen. Ihr Kriegsziel war unnachgiebig die bedingungslose Kapitulation Deutschlands.

    CHURCHILL und sein Auenminister Lord HALIFAX, d e r 1 9 4 0

    eigentlich CHAMBER-LAINS Nachfolger htte werden sollen, htte er nicht so ge-zaudert. Seit der Konferenz von Casa-blanca im Januar 1943 und der Forde-rung der bedingungs-losen Kapitulation der Achsenmchte als Kriegsziel hatte jeder deutsche Vor-sto fr einen Sepa-ratfrieden - ob von Wi derstandskrei sen oder von Heinrich HIMMLER ausgehend -von vornherein kei-nerlei Aussicht auf Erfolg. Vor allem die Briten strebten einzig und allein die Ver-nichtung Deutsch-lands an.

    2 Siehe: Beitrag Nr.

    220, Der Friedens-plan von Carl

    Goerdeler.

    27

  • Josef STALIN reagierte beraus scharf, als ROOSEVELT eine Zeitlang mit dem Gedanken spielte, auf deutsche Frie-densinit iat iver ein-zugehen.

    Der Opportunist CHURCHILL hatte vielleicht kurz geschwankt; er hatte wenig Illusionen darber, was Sowjetherrschaft fr Osteuropa bedeuten wrde. Aber das ist unwahrscheinlich. Er fand es schwer zu glauben, da irgendwelche >guten< Deutschen existierten, und was er auch immer von den Bolschewiken dachte, er wrde seine russischen Verbndeten nicht verraten haben. Die ffentliche Meinung in Grobritannien und Amerika war durch die Regierungspropaganda berredet worden - dabei eifrig von den kommu-nistischen Parteien assistiert -, da der heroische russische Soldat nur daran interessiert sei, die Menschen von der Nazi-Tyrannei zu befreien, und da STALIN ein freundlicher Hausgenosse sei, der sein Pfeifchen raucht und seine Rosen pflegt. Heute mag es im Rckblick ironisch erscheinen, doch die f-fentliche Meinung im Westen wrde jede Abmachung mit einer deutschen Antinazi-Regierung verhindert haben, wenn das zu einer Kontrolle der russi-schen Bestrebungen in Osteuropa gefhrt htte.

    Das Ausma der Fehlkalkulation bei den Verschwrern wurde besonders deutlich, als kurz nach dem 20. Juli die Alliierten bekanntgaben, da selbst, wenn HITLER beseitigt worden wre, es keinen Kompromi-Frieden gbe.

    Man mu folgern, da auch bei einer Ttung HITLERS die neue Regierung in wenigen Tagen diskreditiert worden wre, weil die Alliierten auf die Zer-strung Deutschlands hllisch versessen waren und sich durch des Fhrers Tod nicht von ihrer Absicht htten abbringen lassen. Somit wre der Weg in Deutschland fr einen Gegen-Staatsstreich frei geworden, und zwar angefhrt von Offizieren, die lieber ihr Land an der Seite von Nazis verteidigen wr-den, als eine Regierung untersttzen, die weder Ansehen noch eine politische Linie besa. Die Haltung der westlichen Alliierten wrde die Wehrmacht und die Nazi-Partei einander in die Arme getrieben haben.

    In seiner Ausgabe vom 17. September 1989 gestand der Londoner Sunday Correspondent bezeichnenderweise ein: Wir mssen jetzt ehrlich ber die deutsche Frage sein, so unbequem sie auch fr die Deutschen, fr unsere internationalen Partner und uns selbst sein mag. Die Frage bleibt in der Essenz die gleiche. Nicht, wie wir es verhindern, da deutsche Panzer ber die Oder oder Marne rollen, sondern wie Europa mit einem Volk fertig wird, dessen Zahl, Talent und Effizienz es zu unserer regionalen Supermacht werden lt. Wir sind 1939 nicht in den Krieg einge-treten, um Deutschland vor HITLER oder die Juden vor Auschwitz oder den Kontinent vor dem Faschismus zu retten. Wie 1914 sind wir fr den nicht weniger edlen Grund in den Krieg eingetreten, da wir eine deutsche Vor-herrschaft in Europa nicht akzeptieren konnten. Zitiert in: Stimmen der anderen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 18. 9. 1989.

    28

  • Otto John als Verrter

    In den ersten Jahren der Bundesrepublik wurden auch Landesverrter in hohe Stellungen des Staates eingesetzt. Ein solcher war Dr. Otto J O H N (1909-1997), der es bis zum Prsidenten des bundesdeutschen Verfassungs-schutzamtes brachte. J O H N gehrte zum Kreis der Verschwrer des 20. Juli 1944 in Berlin. Er hatte in der Rechts ab teilung der Lufthansa gearbeitet, hat-te von dort 1939 Zutritt zu der Pilotenmesse des Kurier- und Transportge-schwaders des Fhrers, wo er von dem bevorstehenden Marsch auf Prag im Mrz 1939 hrte und das gleich an Admiral Wilhelm CANARIS (1887-1945), den Chef des Geheimdienstes, der schon damals Landesverrat beging, wei-tergab. Noch nach dem Attentat auf HITLER besuchte J O H N Mitverschwrer und hielt mit anderen Verbindung. Da er ein Auslandsvisum besa, gelang es ihm, noch am 24. Juli 1944 mit einer regulren Maschine von Berlin-Tempel-hof nach Barcelona und von dort nach Madrid zu fliegen. Dort nahm er sofort Kontakt zu den Briten auf, wurde von ihnen nach Portugal geschmug-gelt und gelangte dann nach London, wo er Sefton DELMER, dem Chef der britischen antideutschen Kriegspropaganda, zugefhrt wurde.1

    Beim ersten Gesprch miteinander erklrte DELMER gegenber J O H N die Voraussetzungen einer Mitarbeit: Wir fhren eine An totalen Nervenkrieg gegen HITLER. Dabei ist alles erlaubt, sofern es dazu dient, das Ende des Krie-ges und HITLERS Niederlage zu beschleunigen. Wenn Sie auch nur die gering-sten Bedenken haben, etwas gegen Ihre eigenen Landsleute unternehmen zu mssen, so sagen Sie es mir jetzt. Ich wrde es verstehen. Sie wrden dann allerdings nicht mit uns arbeiten knnen, aber zweifellos liee sich eine ande-re Beschftigung fr Sie finden. Sollten Sie jedoch Lust haben, sich meiner Einheit anzuschlieen, so mu ich Sie gleich darauf aufmerksam machen, da wir jeden, auch den schmutzigsten Trick anwenden, der sich nur denken lt. Jeder Griff ist erlaubt. Je bler, um so besser. Lgen, Betrug - alles. Ihre Erfahrungen in Deutschland und Ihre intimen Kenntnisse ber fhrende deutsche Persnlichkeiten, die Sie uns natrlich rckhaltlos zur Verfgung stellen mten, wrden uns meiner Ansicht nach sehr zustatten kommen. Was sagen Sie dazu?2

    J O H N S Antwort berlieferte DELMER SO: >Herr DELMER, sagte er dann, >meine Freunde haben ihr Leben fr den Versuch geopfert, Deutschland von HITLER ZU befreien. Sie glaubten, wir Deutschen mten selber die Welt von diesem Satan erlsen. Ich entnehme Ihren Worten, da Ihre Einheit zum grten Teil aus Deutschen besteht* - ich nickte besttigend - >... obgleich sie selbstverstndlich von Ihnen geleitet wird. Ich wrde mich sehr freuen, wenn ich dort zusammen mit meinen Landsleuten arbeiten drfte. Alles, was Sie von mir verlangen, was es auch sein mag, betrachte ich als eine Fort-

    Otto JOHN mit Sefton DELMER,

    1 Sefton DELMER,

    Die Deutschen und ich, Nannen, Hamburg

    1962 , S. 589 . 2 Ebenda, S. 590.

    29

  • 3 Sefton DELMER,

    ebenda, S. 590 f.

    Ebenda, S. 591.

    5 Zitiert ebenda,

    S. 735, wie auch viele Einzelheiten zu JOHNS Flucht und zum Proze-ablauf. Siehe auch: Leserbrief von Prof. Dr. Gnter WULMS i n : Frankfurter Allgemeine Zeitung, 8. 10. 1993.

    Setzung des Kampfes, den meine Freunde und ich bisher gegen HITLER ge-fhrt haben. Drfte ich Sie wohl bitten, es auch so anzusehen?3

    Und er wurde dann unter dem Tarnnamen Oskar JRGENS angestellt. DEL-MER schrieb darber: Als er wenige Tage spter zu uns herausgebracht wur-de, machte ich ihn sofort zum Mitglied meines >Brain Trust' im RAG. Ich habe es nie bereut. Ganz abgesehen von den vielen ausgezeichneten Vor-schlgen, die >Oskar JRGENS bei unseren Konferenzen machte, war die psy-chologische Wirkung seiner Anwesenheit ungeheuer anregend.4

    Im Jahre 1950 wurde der so ausgewiesene Otto J O H N auf ausdrcklichen Wunsch der Briten ausgerechnet erster Prsident des Bundesamtes fr Ver-fassungsschutz der jungen Bundesrepublik Deutschland, obwohl viele war-nende Stimmen sich dagegen erhoben hatten.

    Wenige Tage nach einer Amerikareise, die J O H N auf Einladung der US-Regierung unternommen hatte, ging er als Verfassungsschutzprsident am Abend des 20. Juli 1954 unter zunchst mysterisen Umstnden in den Ost-sektor von Berlin, von wo er am Abend des 23. Juli ber den kommunisti-schen Sender erklrte, da er in die DDR gegangen sei, um damit der Wieder-vereinigung zu dienen und weil ihm in der Bundesrepublik die Grundlage fr eine politische Aktivitt entzogen worden sei.

    J O H N lebte dann zeitweise in einer Villa bei Moskau, teils in einem Bade-ort am Schwarzen Meer, grtenteils jedoch in Ostberlin.

    Am 12. Dezember 1954 wechselte J O H N erneut die Front. Er konnte mit Hilfe von Freunden im Auto von Ostberlin aus das Brandenburger Tor passie-ren und am selben Tag noch nach Kln-Wahn in Westdeutschland fliegen, wo er sich gleich bei der Polizei meldete. Er erklrte nun, er sei im Vorjahr betubt und in bewutlosem Zustand ber die Sektorengrenze gebracht wor-den. In Westdeutschland wurde er zu seiner groen Verwunderung verhaf-tet, da er Trger der hchsten deutschen Staatsgeheimnisse gewesen sei und diese wohl dem Osten mitgeteilt habe. Nach elf Monaten Untersuchungs-haft begann der Proze gegen ihn am 12. November 1955 vor dem Dritten Senat des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe unter Senatsprsident Dr. GEIER. Am 22. Dezember 1955 wurde das Urteil gesprochen: Der Dritte Senat des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe erklrt den ehemaligen Prsidenten des Bun-desamtes fr Verfassungsschutz, Dr. Otto J O H N , der landesverrterischen Flschung in Tateinheit mit landesverrterischer Konspiration fr schuldig. Dr. J O H N wird hiermit zu vier Jahren Zuchthaus verurteilt.5 Im Sommer 1958 wurde er vorzeitig entlassen.

    Whrend seiner Haft im Zuchthaus Mnster wurde gegen ihn eine neue Untersuchung eingeleitet wegen des Verdachts, whrend des Zweiten Welt-krieges den Standort der deutschen Raketenentwicklung bei Peenemnde verraten und damit den Angriff der Royal Air Force vom 17. August 1943 provoziert zu haben, bei dem viele tausend Deutsche ihr Leben einbten.

    30

  • Die betreffenden Untersuchungen wurden vom Generalbundesanwalt dann wegen Mangels an Beweisen eingestellt, wie J O H N am 4. Juli 1957 erffnet wurde.6

    Als J O H N 1958 nach England einreisen wollte, um dort seine Frau, die britische Staatsangehrige war und ein Haus in Hampstead besa, zu besu-chen, wurde er in Dover nicht ins Land gelassen, da sein Name auf der Liste der >unerwnschten Auslnden stehe. Man liebt eben den Verrat, aber auch in England nicht den Verrter.

    Reinhard G E H L E N , der erste bundesdeutsche Geheimdienstchef, urteilte ber JOHN: Einmal Verrter - immer Verrter! Bundesprsident Richard VON WEIZSCKER setzte dem berfhrten und vom Karlsruher Bundesge-richtshof verurteilten Landesverrter, der auf einem Schlo in Tirol gut lebte, dagegen im Gnadenwege einen Unterhaltsbeitrag von monatlich DM 4000.- aus.

    Vergleicht man die verschiedenen von J O H N selbst angefhrten Darstel-lungen seines bertritts nach Ostberlin, so ergibt sich:

    1. In der Pressekonferenz des DDR-Ausschusses fr deutsche Einheit am 11. August 1954 erklrte J O H N in Ostberlin auf eine Frage des Vertreters des Daily Telegraph. Doktor W O H L G E M U T H kenne ich seit Anfang des Kriegs.., Ich wute, da W. durch seine medizinische Praxis in der DDR im Osten besondere Verbindung zu bestimmten Persnlichkeiten hat, die er behan-delt, und auf diese Weise habe ich mir die Verbindung von W O H L G E M U T H zunutze gemacht, um hier im Osten die Verbindung aufzunehmen.7

    2. In seinem Buch von 1969 schreibt JOHN: Es geht ganz schnell, sagte WOHLGEMUTH, fuhr scharf an und bog in irrsinnigem Tempo in die Grol-mannstrae ein., . An alles Folgende kann ich mich nicht erinnern. Als ich wieder zu mir kam, lag ich auf einem Sofa im Haus des sowjetischen Ge-heimdienstes in Berlin-Karlshorst.8

    3. In einer Fernsehsendung vom 22. September 1993 gab J O H N ZU, da er nicht von Dr. W O H L G E M U T H unter Drogen gesetzt und nicht bewutlos in den damaligen Ostsektor von Berlin verschleppt worden sei. Seine Darstel-lung in seinem Buch von 1969 sei unzutreffend. Er habe in Ostberlin mit einem KGB-Offizier friedlich einen Begrungskognak getrunken, und erst danach habe man ihm offenbar mit einer Tasse Kaffee ein Betubungsmittel verabreicht.9

    Wenn das deutsche Volk unter der augenblicklichen Last zusammenbre-chen sollte, wrde ich ihm keine Trne nachweinen - es wrde sein Schicksal verdienen. Adolf HITLER am 8. November 1943. Dieser Ausspruch ist eine britische Flschung (Sefton DELMER) fr das Reichsgebiet, Winter 1943/ 44. Ortwin BUCHBENDER U. Horst S C H U H , Heil Beil Flugblattpropaganda im II. Welt-krieg, Seewald, Stuttgart o.J., S. 152.

    6 Ebenda, S. 736 f.

    7 Otto JOHN, Ich

    whlte Deutschland, Kongre verlag,

    Berlin (Ost) 1954. 3 Otto JOHN,

    Zweimal kam ich heim, Econ, Dsseldorf

    1969, S. 272. 9 Gerhard MAHLOW,

    Otto John hat gelogen, in: Soldat

    im Volk, Februar 1994, S. 30.

    31

  • Der Friedensplan von Carl Goerdeler

    Fr den Fall einer gelungenen Beseitigung von Adolf HITLER beim At-tentat am 20. Juli 1944 war Carl GOERDELER1 von dem Kreis der Ver-schwrer als neuer Reichskanzler vorgesehen. Htte aber GOERDELER ge-wut, wie sein fr die britische Regierung bestimmter Friedensplan vom 30. Mai 1941 von deutschen Regierungen nach dem Krieg verleugnet wird, wrde er der deutschen Nachkriegspolitik mit ihrem Verzicht auf Ostdeutsch-land und das Sudetenland fassungslos gegenberstehen und sie mit Landes-verrat in Verbindung bringen. In seinen Entwrfen fr die Zukunft Deutschlands ging er vom anerkannten Vlkerrecht aus und setzte das von allen Gromchten immer wieder beschworene Selbstbestimmungs-recht der Vlker auch fr das deutsche Volk voraus. Mit seinen politi-schen Freunden war er darin einig, da das Reich als Ordnungsmacht in Mitteleuropa erhalten bleiben msse und die Fehler des Versailler Dik-tats zu beheben seien.

    Aber nicht nur GOERDELER und seine Mitkmpfer htten kein Verstnd-nis fr die Aufgabe deutschen Landes und deutschen Rechtes ab 1969 ge-habt, auch die deutsche Whlerschaft wrde bei Kenntnis des Friedensplanes ernchtert ber die heutige Umkehrung der Ziele der Mnner vom 20. Juli den Kopf schtteln. Was STRESEMANN und allen (!) deutschen Regierungen trotz bester Bemhungen bis 1 9 3 3 nicht gelungen war und HITLER mit Macht erreichen wollte, plante GOERDELER mit diesem Friedensangebot. Es lautete:

    Friedensplan GOERDELERS, zur bermittlung an die britische Regierung bestimmt, vom 30. Mai 1941

    Eine Gruppe deutscher Persnlichkeiten, der fhrende Mnner aller Le-bensgebiete angehren, ist bereit, die Verantwortung fr die Bildung einer Regierung zu bernehmen, die zu gegebener Zeit die Besttigung durch eine freie Willensuerung des deutschen Volkes nachsuchen wrde. Alle diesbe-zglichen Schritte wrden ausschlielich innerdeutschen Charakter haben. Die magebenden Persnlichkeiten wnschen indessen schon jetzt Klarheit darber zu gewinnen, ob alsbald nach erfolgter Einsetzung einer solchen, den Nationalsozialismus ablehnenden Regierung gem frheren Versiche-1 Carl GOERDELER (1884-1945) trat im November 1936 als Oberbrgermeister

    von Leipzig aus Protest zurck, weil die Nationalsozialisten unsinnigerweise ein Denkmal von Felix MENDELSSOHN-BART HO LDY abgetragen hatten. Nach seinem Rcktritt reiste er wiederholt nach England, den USA und Frankreich, um die Westmchte zur Hrte gegenber HITLER ZU ermahnen. Doch niemand wollte auf ihn hren. Der Gouverneur der Bank von England sagte verchtlich, ein Mann, der so ber seine Regierung herziehe, knne kein echter Konservativer sein. Sie-he: Bi/d, 2. 2. 1990.

    Carl COERDELER ( 1 8 8 4 - 1 9 4 5 ) .

    32

  • rungen der britischen Regierung Friedensverhandlungen aufgenommen wer-den knnten. Folgende von der deutschen Gruppe verfolgte Friedensziele werden als Grundlage von Verhandlungen vorgeschlagen:

    1. Wiederherstellung der vollen Souvernitt der whrend des Krieges von den Kriegsparteien besetzten neutralen Lnder.

    2. Besttigung der vor dem Kriege erfolgten Anschlsse von sterreich, Sudetenland, Memelland an Deutschland.

    - 3. Wiederherstellung der Grenzen Deutschlands von 1914 gegenber Bel-gien, Frankreich, Polen.

    4. Festsetzung der europischen Lndergrenzen auf Grund des nationalen Selbstbestimmungsrechtes durch eine Friedenskonferenz smtlicher Staa-ten.

    5. Rckgabe der deutschen Kolonien oder gleichwertiger Kolonialgebiete unter gleichzeitiger Einrichtung eines internationalen Mandatarsystems fr alle Kolonien.

    6. Keine Kriegsentschdigungen, gemeinsamer Wiederaufbau. 7. Abbau der Zollgrenzen, 8. Einsetzung eines mit Vollmachten versehenen Weltwirtschaftsrates. 9. Internationale Kontrolle der Whrungen.

    10. Wiederaufnahme der Arbeiten des Internationalen Arbeitsamtes. 11. Wiederherstellung des Rechts, Bestrafung der Schuldigen. 12. Ausbau der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit. 13. Begrndung einer regelmigen Konferenz der europischen Staaten und

    entsprechender Zusammenschlsse auf regionaler Basis. 14. Allgemeine Begrenzung und Herabsetzung der Rstungen. 15. Internationale Kontrolle der Rstungen und der Rstungsindustrien.2

    Mit einer gewissen Tragik kehrte sich der schne Wunsch zum bsen Ende, und wir lesen bei Joachim FERNAU in Deutschland, Deutschland ber alles.. ,,3 wie im nachhinein die Bestrebungen GOERDELERS und seines Kreises zu betrach-ten seien:

    Am 20. Juli 1944 stellte sich heraus, da eine Gruppe von deutschen Ge-nerlen zunchst gegen den Krieg und, als er doch kam, gegen den Sieg, der fr sie HITLERS Sieg war, gearbeitet hatte. Sie handelte aus politischer Uber-zeugung. Es waren vorsichtige Planer. Um ihre Ziele und die offenbar uner-setzlichen Mnner, die die knftige Regierung bilden sollten, nicht zu gefhr-den, zgerten sie fnf Jahre, ehe sie sich an den >Iden des Mrz< entschlossen, HITLER eine Aktentasche mit Sprengstoff vor die Fe zu stellen. Der An-schlag milang.

    HITLER fllte ber sie das Urteil: Verrter. Sieben Jahre nach dem Kriege lie man gerichtlich feststellen: Helden.

    2 Gerhard RITTER,

    Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbe-

    wegung, Deutsche Verlagsgesellschaft,

    Stuttgart41984," S. 585.

    5 Joachim FERNAU, Deutschland, Deutsch-

    land ber alles.. Goldmann Taschen-

    buch Nr. 3681, Goldmann, Mn-

    chen, S. 274.

    33

  • Wollte Hitler keine Atombombe?

    1 Siehe: Beitrag Nr.

    225, Japan vor Atom bom b en a b -wurf kapitulations-bereit.

    2 Otto SKORZENY,

    Meine Kommandounter-nebmen, Limes, Wiesbaden-Mn-chen 51993, S. 149 ff.; ebenso in: Lebensscbutzinformatio-nen, Nr. 4, Juli-August 1995, S. 4 ff.

    Im Sommer 1995 wurde des 50. Jahrestages des ersten Abwurfs einer Atom-bombe am 6. August 1945 durch die US Air Force auf Hiroshima gedacht. Obwohl Japan damals bereits zur Kapitulation bereit war und ber Ruland an die USA ein entsprechendes Angebot gemacht hatte, mordeten die Ame-rikaner in Hiroshima um 100000 Zivilisten, drei Tage spter in Nagasaki mit der zweiten Atombombe hnlich viele Menschen. Beide Massenvernich-tungen waren gegenber Japan militrisch sinnlos, sie sollten, wie spter herauskam,1 vor allem die militrische berlegenheit der USA gegenber Moskau beweisen.

    Anllich des Jubilums wurde in der Presse ausfhrlich errtert, warum die deutsche Erfindung der Atomkernspaltung nicht im Zweiten Weltkrieg in Deutschland strker vorangetrieben wurde. Neben dem Widerstand der Physiker und technischen Schwierigkeiten wurden zur Begrndung auch HITLERS Desinteresse und sein angeblich mangelndes technisches Verstnd-nis angefhrt. Da auch ein anderes, bei den Alliierten bezeichnenderweise nicht vorhandenes Motiv eine Rolle gespielt haben knnte, geht aus dem folgenden Bericht Otto SKORZENYS hervor.

    Otto SKORZENY schrieb in Meine Kommandounternehmen,1 Wahrscheinlich wird es einem knftigen Historiker erstaunlich erscheinen, da Deutschland nicht die Atombombe gebaut hat, obwohl es seit 1938 theoretisch und praktisch die Mglichkeit dazu besa. Ende dieses Jahres 1938 lieferten Prof. Otto H A H N und Prof. STRASSMANN den chemischen Beweis fr die Kernspaltung. Prof. H A H N erhielt 1945 den Nobelpreis der Chemie. Er arbeitete am Kaiser-Wil-helm-Institut in Berlin-Dahlem mit Prof. Werner HEISENBERG und einer Rei-he anderer erstklassiger Forscher. Aber der Assistent Prof. HEISENBERGS war Carl Friedrich v. WEIZSCKER, Sohn des Diplomaten Ernst v. WEIZSCKER, eines der Verschwrer gegen HITLER.

    Prof. FRISCH, der in Deutschland gearbeitet hatte und frhzeitig nach Eng-land emigriert war, brachte als erster (im Januar 1939) den physikalischen Beweis fr die Kernspaltung. Seine Tante, Frau Prof. Lise MEITNER, eine der Mitarbeiterinnen Otto H A H N S , lebte als Flchtling whrend des ganzen Krie-ges in Stockholm, blieb aber mit Berlin in Verbindung.

    Ein anderes Institut in Deutschland betrieb ebenfalls schon frhzeitig For-schungsarbeiten ber das Atom. Das Institut, das sich, wie ich glaube, in Hamburg befand, stand unter Leitung eines jungen, hervorragenden Physi-kers, Manfred v. A R D E N N E , der nach dem Kriege in Ruland und in Ost-deutschland arbeitete. GOEBBELS interessierte sich sehr fr diese Arbeiten. Nach dem Kriege erklrten viele deutsche Physiker, sie htten ihr Mglich-stes getan, um den Bau der deutschen Atombombe zu verhindern. Das konn-

    34

  • te man ihnen moralisch hoch anrechnen, wenn es der vollen Wahrheit ent-sprche. Aber auch hier ging man recht grozgig mit den Tatsachen um. Seit 1939 interessierte sich HITLER fr die unglaublichen Mglichkeiten, die sich aus der Kernspaltung ergaben. Im Herbst 1940 hatte er dar-ber eine lange Unterhaltung mit Dr. T O D T , dem Rstungsmini-ster. Seine Meinung nderte sich nie: Er dachte, da die Anwen-dung der Atomenergie zu kriegerischen Zwecken das Ende der Menschheit bedeuten wrde.

    Es ist uns heute auch bekannt, da HITLER nicht nur den Vor-trag gelesen hat, den Prof. HEISENBERG 1942 am Kaiser-Wilhelm-Institut gehalten hatte, (ber Die Kernpaltung und den Bau des Atommeiler mit Uran und die Elekronenschleuder), sondern auch Berichte anderer, vor 1941 erzielter Forschungsergebnisse. Albert SPEER schreibt, da HITLER >nicht von der Perspektive entzckt war, whrend seiner Regierungszeit unseren Planeten in einen von Flammen verzehrten Himmelskrper verwandelt zu sehen. Er schreibt dies, wie er sagt, basierend auf wenigen Unterhaltungen, die er mit HITLER ber die Mglichkeit, eine Atombombe zu bau-en

  • ches Gert mit kontrollierter Radioaktivitt eine Energie frei machen wr-de, die Verwstungen hinterlassen wrde, die nur mit den in Arizona, und in Sibirien beim Baikalsee herabgestrzten Meteoren zu vergleichen wren. Das heit, jede Art von Leben, nicht nur menschliches, sondern auch das tieri-sche und pflanzliche wre fr Hunderte von Jahren in einem Radius von 40 km vllig ausgelscht. Das wre die Apokalypse. Und wie sollte man ein solches Geheimnis bewahren? Unmglich! Nein! Kein Land, keine Gruppe zivilisierter Menschen kann bewut eine solche Verantwortung berneh-men. Von Schlag auf Gegenschlag wrde die Menschheit sich zwangslufig selbst ausrotten. Nur Volksstmme im Gebiet des Amazonas und den Ur-wldern Sumatras htten gewisse Chancen, zu berleben^

    Diese Randbemerkungen HITLERS dauerten kaum mehr als ein paar Minu-ten. Aber an diese Minuten erinnere ich mich genau. Am Anfang meiner Kriegsgefangenschaft, im August 1945, hrte ich, da zwei Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abgeworfen wurden. Unntige Bomben ne-benbei, denn der japanische Kaiser hatte schon vorher die Amerikaner um ihre Friedensbedingungen gebeten.

    Zu den Einzelheiten der Entwicklung einer deutschen Atombombe hat als ausgezeichneter Kenner der Wissenschaftsorganisation des Dritten Reiches Helmut Joachim FISCHER ein die einzelnen Gruppen und ihre Arbeit an dem deutschen Uran-Vorhaben beschreibendes Buch1 heraus-gebracht. Eine neue Diskussion4 ber die deutschen Versuche zur Her-stellung einer Atom- und Wasserstoffbombe begann 2005 nach dem Er-scheinen des viele Indizien vorlegenden Buches von Rainer KARLSCH.5

    Als langjhriger Partner von Kurt DIEBNER bis zu seinem Tod 1964 berichtete Prof. Dr. Helmut VLCKER, da DIEBNERS Anordnung zwar bessere Neutronenausbeuten als der >Uranverein< erreicht habe, aber nicht kritisch geworden sei. Nukleare Explosionen auf Basis von Kernspaltun-gen hat es daher in dieser Zeit in Deutschland mit Sicherheit nicht gege-ben.6

    3 Helmut Joachim FISCHER, Hitler mid die Atombombe. Beriebt eines Zeitzeugen, Mut, Asen-

    dorf 1987. 4 Michael SALEWSKI, Die Bombenbastler Hitlers, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung,

    26. 7. 2 0 0 5 ; Sebastian PFLUGBEIL, Hitlers Bombet und die Bombenpresse, in: Zeit-Fragen, 29 , 3, 2 0 0 5 ; Ulf VON RAUCHHAUPT, H-Bombe, in: Frankfurter Allgemei-ne Zeitung, 14. 3. 2 0 0 5 . 5 Rainer KARLSCH, Hitlers Bombe, Deutsche Verlags-Anstalt, Mnchen 2 0 0 5 ; siehe

    auch: Beitrag Nr. 222, Hitlers Bombe. 6 Helmut VLCKER, Essen, Kurt Diebners Experimente, Leserbriefe in: Frank-

    furter Allgemeine Zeitung, 15. 8. 2 0 0 5 . Siehe auch: Thomas POWERS, Die Geheimgeschichte der deutschen Atombombe, Hoffmann u. Campe, Hamburg 1993.

    36

  • Hitlers Bombe1

    Uber eine deutsche Atombombe kursierten gegen Ende des Zweiten Welt-krieges viele Gerchte - einen Beleg dafr gab es nicht. Warum nicht? Da stand zum einen das Manhattan-Projekt der Amerikaner mit rund 2

    Milliarden US-Dollar und zwei gewaltigen Bomben, die Hiroshima und Nagasaki vernichteten, zum anderen der Propaganda-Apparat GOEBBELS', dem man alles zutraute, eben auch die Schimre der >Wunderwaffe< Atom-bombe, um den Siegeswillen Deutschlands in einem nicht mehr zu gewin-nenden Krieg aufrechtzuerhalten. Die wenigen, die die Wahrheit kannten, schwiegen. Sie schwiegen auch, als die nahezu beleidigende Unterschtzung der deutschen Physiker durch die Amerikaner gngige Lehrmeinung wurde.

    Auf der Februar-Konferenz des Heereswaffenamtes (HWA) im Jahre 1942 wurde festgestellt, da eine Atombombe mit spaltbaren Elementen machbar war,2 Gleichzeitig wurde auf dieser Konferenz aber auch festgestellt, da der Aufwand fr die Herstellung einer solchen Bombe in dem laufenden Krieg kaum noch zu realisieren war. So wurde der entscheidende Schritt in Rich-tung grotechnischer Umsetzung zur Produktion von Spaltmaterial (Uran 235) nicht getan. Die Physiker des Kaiser-Wilhelm-Institutes und des Heeres-waffenamtes machten weiter Grundlagenforschung. Es gab aber bereits 1940 eine interessante Diskussion um eine Patentanmeldung Carl-Friedrich VON WEIZSCKERS, der im Juni 1 9 4 0 eine Plutoniumbombe zum Patent anmelde-te. In der darauffolgenden Auseinandersetzung zwischen Patentamt und An-melder auf der einen Seite und dem Physikerkreis um den Nobelpreistrger Prof. Werner HEISENBERG auf der anderen wurde der Entwurf entschrft, und der Patentanspruch auf die Bombe verschwand.3

    Im Herbst 1943 tauchte erstmals eine neue Entwicklung auf. Der Physiker Otto HAXEL, damals wissenschaftlicher Leiter der Marineforschung, begann mit einer Gruppe von Sprengstoffexperten Versuche zur Zndung einer Fusi-onsbombe.4 Zugleich forschten auch Physiker des Heereswaffenamtes unter Leitung von Kurt DIEBNER gemeinsam mit Hohlladungsfachleuten des Hee-reswaffenamtes unter Leitung von Prof. Erich SCHUMANN und Dr. Walter TRINKS auf diesem Gebiet. Ausgehend von neuesten Entwicklungen auf dem

    Rainer KARLSCH, Hit-lers Bombe, Deut-

    sche Verlags-Anstalt, Mnchen 2005.

    1 Titel des Buches Hitlers Bombe von Rainer KARLSCH, Deutsche Verlags-Anstalt,

    Mnchen 2005. 2 Zusammenstellung der Forschungsarbeiten des Heereswaffenamtes und der Kai-

    ser-Wilhelm-Institute, Autor vermutlich Dr. Kurt DIEBNER, Stadtarchiv Haigerloch. 3 Rainer KARLSCH, aaO. (Anm. 1), S. 75 ff.

    4 Deutsches Museum Mnchen, Sammlung IRVING, Gesprchsnotiz IRVING -

    WIRTZ.

    37

  • Gebiet der Hohlladung, versuchten sie, die fr eine Fusion notwendigen hchsten Drcke und Temperaturen zu erreichen. Die ersten Versuche schlu-gen fehl, so zumindest die Dokumentenlage.5

    Am 1. Januar 1944 wurde Prof. Walter GERLACH Beauftragter fr Kern-physik im Reichsforschungsrat. Mit ihm bernahm ein Wissenschaftler die Leitung, der ber hohe experimentelle Qualitten verfgte und ein ausge-zeichneter Wissenschaftsorganisator war.

    Unter seiner Fhrung wurden die Fusionsexperimente intensiviert. Ende Mai 1944 schrieb er in einem Bericht: Die Frage der Gewinnung von Kern-energie auf anderem Wege als durch den Uranzerfall ist auf breiterer Basis in Angriff genommen.6 G E R L A C H koordinierte die Forschung der verschiede-nen Waffenmter. Hier finden sich dann die Namen von Prof. Erich SCHU-MANN fr das Heereswaffenamt, Prof. Hubert SCHARDIN fr die Luftwaffe und Generaladmiral Karl WITZELL fr die Marine. In den Unterlagen des Kaiser-Wilhelm-Instituts (KWI) fr Physik, die der Wissenschaftshistoriker Dr. Rainer KARLSCH und der Fernsehjournalist Heiko PETERMANN in russi-schen Archiven fanden, gab es zahlreiche Hinweise auf diese Aktivitten,7 bislang unbeachtet auch im Archiv des Deutschen Museums Mnchen.8

    Im Oktober 1944 besuchte der italienische Kriegsberichterstatter Luigi Ro MERSA im Auftrag MUSSOLINIS Deutschland. Er sollte dem Duce ein persnli-ches Zeugnis ber die deutschen Wunderwaffen bringen, von denen HITLER gesprochen hatte. ROMERSA wurde am 12. Oktober nach eigener Aussage auf eine Insel in der Ostsee gebracht und war dort Zeuge der Explosion. Wir sahen ganz klar einen Lichtblitz, ein gleiendes Licht, und danach entstand vor uns eine groe Rauchwand.9 Sein Bericht an MUSSOLINI gab diesem Hoff-nung auf einen doch noch siegreichen Ausgang des Krieges, die er erstmals auf seiner berhmten Rede im Dezember im Lyrischen Theater {Teatro Liri-co?) von Mailand aussprach.

    Trotz der ungenauen Ortsangabe richtete sich der Verdacht frhzeitig auf die Halbinsel Bug zwischen Rgen und Hiddensee. Er konnte aber durch wissenschaftliche Untersuchungen nicht eindeutig besttigt werden. Ein Ver-gleich von Luftbildern zwischen April 1944 und April 1945 zeigte allerdings

    Von oben: Kurt Dieb-ner (1905-1964) , Erich SCHUMANN (1898-1985) und Walter CERLACH (1889-1979) .

    5 Deutsches Museum, G-Report Nr. 303.

    ' Zitiert in: David IRVING, Der Traum von der deutseben Atombombe, Bertelsmann, G-tersloh 1967, S. 220. 7 Das Aktenbndel befindet sich seit Frhjahr 2005 im Archiv der Max-Planck-

    Gesellschaft Berlin, u. a. auch die Patentauseinandersetzung um Carl-Friedrich VON WEIZSCKER. 8 Nachla Walter GERLACH m Deutschen Museum.

    ' Interview mit Luigi ROMERSA, Rom, aufgezeichnet von Heiko PETERMANN, Dezember 2004.

    38

  • deutliche Zerstrungen von Gebuden und Natur in der sdlichen Spitze der Halbinsel und einen Krater von rund 30 m Durchmesser. In der Zwischen-zeit wurde auch von deutschen Zeitzeugen eine groe Explosion fr den 12. Oktober 1944 in diesem Bereich besttigt.

    Wer letztlich die Verantwortung fr diesen Test hatte, konnte bisher nicht ermittelt werden. Allerdings bernahm nach dem Oktobertest offensicht-lich die SS die Fhrung des Projektes.10

    Ein erstaunlicher Fund konnte im russischen Prsidialarchiv gemacht werden. Dort liegen zwei Spionageberichte. Der erste Bericht vom 7. No-vember 1944 enthlt Hinweise zur Vorbereitung eines Atomtests in Thrin-gen unter Leitung der SS. Ebenso sprach Werner G R O T H M A N N , der Chefad-jutant HIMMLERS davon, da dieser die Fhrung des Projektes im Herbst 1944 bernommen habe." Dazu haben sowohl Prof. GERLACH als auch Dr. Kurt DIEBNER mehrmals persnlich Vortrag vor dem Reichsfhrer SS gehalten.

    KARLSCH und PETERMANN fhren in ihrem Buch eine Vielzahl von Quel-len fr die weitere Entwicklung auf, die allerdings Fragen offenlassen. Allein die groe, bislang vollkommen unbekannte Faktenlage gibt aber einen er-staunlichen Uberblick ber die wissenschaftliche und technische Entwick-lung der Bombe und ihre Vertreter. Einem Hinweis auf einen weiteren Test im Herbst 1944 ber der Ostsee sind die Autoren nach eigener Aussage nicht weiter nachgegangen, da dieser nicht durch weitere Quellen gesttzt werden konnte.

    Am 3. Mrz 1945 fand in Thringen zwischen Arnstadt und Ohrdruf ein weiterer Test statt. Zu dieser Zeit waren nicht nur Angehrige der Physi-kergruppe des Heereswaffenamtes um GERLACH und DIEBNER dort, sondern auch noch einige hochkartige Wissenschaftler wie die Physiker H A X E L und STUHLINGER und die Hohlladungsspezialisten SCHWIETZKE und SCHALL.1 2 Ob sie tatschlich in die Entwicklung der Atombombe eingebunden waren, ist noch nicht klar. Bei diesem nchtlichen Test kamen zahlreiche Hftlinge um. Davon berichten der russische Spion am 23. Mrz nach Moskau und auch andere Zeitzeugen, die zu dem Ereignis im Zusammenhang mit einer breit angelegten Aktion der DDR-Kulturabteilung des Kreises Arnstadt An-fang der sechziger Jahre befragt wurden. Allerdings verfolgten die DDR-Behrden die Geschichte nicht weiter, der Abschlubericht ist bis heute verschwunden. Anzumerken ist noch, da auch ber den Start einer Fern-rakete am 16. Mrz berichtet wird, zu der es verschiedene andere Aussagen

    10 Erinnerungen von Werner GROTHMANN, Chefadjutant Himmler, unverffentlichte

    Aufzeichnungen von Wolf KROTZKY, Wettenberg 2002. 11

    Ebenda, SCHWIETZKE forschte nach dem Krieg in der australischen Bombenentwicklung;

    SCHALL ging an das franzsische Institut ISL in Saint Louis.

    39

  • Rechts: Kurt DIEBNERS Reaktorversuch Gil l in Gotow, Unten: Sprengstoffphysikali-sche Anordnung zur Erzielung hoher Drcke und Tempera-turen nach Walter TRINKS ( 1 9 4 4 ) , Beide Abbildungen aus: Rainer KARLSCH, Hit-lers Bombe, Deut-sche Verlags-Anstalt, Mnchen 2005.

    gibt. In den einzelnen Untersuchungen zur deut-schen Raketenentwicklung ist davon eigenarti-gerweise nichts zu finden.

    GERLACH flog am 22. Mrz auf Befehl BOR-MANNS zur Berichterstattung nach Berlin. Ob und was er ber die Bombe berichtet hat, ist un-klar. Er traf erst am 28. Mrz wieder in Thrin-gen ein, zusammen mit HIMMLER und SPEER. Das Treffen ist nur durch Zeitzeugen dokumentiert,13 doch nahezu zwingend. HIMMLER befand sich auf dem Weg nach Wien, SPEER auf dem Rckweg von Wrzburg nach Berlin. Spter unterschlug er diesen Tag und hoffte auf die Oberflchlich-keit der Historiker, was ihm auch 60 Jahre lang gelang. HIMMLERS Chefadjutant GROTHMANN besttigte kurz vor seinem Tod dieses Treffen.

    Was genau auf diesem Treffen besprochen wurde, ist unbekannt. Anzunehmen ist eine rea-

    13 Aussage von Peter FRITSCH vor der SED-Kultur-

    kommission des Kreises Arnstadt, 1962, Stadtarchiv Arnstadt.

    40

  • listische Einschtzung des Entwicklungsstandes der Bombe und ihrer Ein-satzmglichkeiten. Lngst bereiteten sich aber alle auf die Zeit nach dem Krieg vor, und die Bombe erfllte auf Grund konstruktiver Besonderheiten noch lngst nicht die Erwartungen einer alles vernichtenden Angriffswaffe. So wird man sich darauf geeinigt haben, die Waffe nicht einzusetzen. Welche Rolle dabei die Wissenschaftler spielten, bleibt offen. Die Materiallage war ungeklrt, zumindest GERLACH fhlte sich als Getriebener der SS.

    Wahrscheinlich hat aber noch jemand an diesem Treffen teilgenommen: SS-General Dr. Hans KAMMI.ER. Er ist derjenige, der wenige Tage darauf, am 3. April, in der Reichskanzlei HITLER noch einmal Hoffnungen machte und damit den Krieg verlngerte.

    Ob HITLER in die Einzelheiten der Bombe einge-weiht war, ist fraglich. Zumindest wute er, da eine frchterliche Waffe in der Entwicklung war. Noch am 19. April 1945 beschwor er Wirtschaftschef SAUR und den Jagdflieger Oberst RUDEL unter Hinweis auf die ultimative Waffe, an einen siegreichen Abschlu des Krieges zu glauben. Kurz zuvor machte er MUS-SOLINI bei einem Telefonat nochmals Hoffnungen auf die Bombe, wie ein geheimes Abhrprotokoll der SS dokumentiert.14 In diesem Gesprch nannte HITLER auf die Frage MUSSOLINIS zum ersten Mal den Begriff Schweres Wasser

  • unmittelbar nach 1945 zu dem Problem geforscht,16 ebenso in Polen in den sechziger und siebziger Jahren.17 Prof. Erich SCHUMANN schrieb 1948/49 eine Darstellung der deutschen Forschungen bis 1945 und erwhnt darin ausdrck-lich die Forschungen zur thermonuklearen Bombe.18 Ein weiterer bedeuten-der Aktenfund waren die Patente, die Erich SCHUMANN und Walter TRINKS 1952 in Deutschland anmeldeten, Sie wurden als Geheimpatente des Bundes-verteidigungsministeriums gefhrt und 20 Jahre spter verffentlicht.19

    Das auerordentlich gut recherchierte Buch von KARLSCH und PETERMANN gibt eine groe Zahl von Belegen fr die bislang unbekannte Entwicklung einer deutschen Atombombe, auch wenn es nicht alle Fragen klren kann. Offensichtlich pate dies aber nicht in das Weltbild der Wissenschaftler und der Medien, die nahezu einstimmig nach Verffentlichung das Buch kriti-sierten. Hier sind insbesondere Der Spiegel und Die Zeit zu nennen, die regel-recht wtend das Buch angriffen. Hierzu ist ein Zitat von Altbundeskanzler K O H L kennzeichnend, der Hamburger Medien als Vaterlandsverrter be-zeichnete.20 Nun ist das Thema der deutschen Atombombe heute eher eine Diskussion fr Historiker, die allerdings zu einer neuen Betrachtung der Kriegsjahre 1944 und 1945 zwingt. Hitlers Bombe zeigt aber auch wieder die >weien Stellen< in der Auseinandersetzung mit der Geschichte des Dritten Reiches.

    Der Abwehrreflex der deutschen Medien offenbart deutlich den Versuch, die ffentliche Meinung zu manipulieren. Das Ausland reagiert da gelassener.

    Im Februar 2006 berichtete die Presse, da Radionuklidanalysen, die Forscher der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig an acht Bodenproben aus Ohrdruf vorgenommen haben, ergeben htten, da offenbar keine Explosion einer deutschen Kernwaffe dort 1945 stattge-funden habe. Die gemessenen Aktivitten stammten aus den Niederschlgen oberirdischer Atombombentests der fnfziger und sechziger Jahre des ver-gangenen Jahrhunderts sowie vom Reaktorunfall von Tschernobyl 1986. Eine endgltige Bewertung der von KARLSCH dargestellten historischen Zusam-menhnge sei aber nach wie vor offen.21 Michael Winckler

    16 Artikel von H . J. HAJEK ber Atom-Hohlladungen, in: Explosivstoffe, Nr. 5/6,

    1955, S. 65 ff. 17

    Prof. Sylwester KALISKI, in: Journalof TechnicalPhysics, Bd. 19, Nr. 4, 1968. 18

    Erich SCHUMANN, Die Wahrheit ber die deutschen Arbeiten und Vorschlge zum Atomkernenergie-Problem (1939-45). Der Nachla wird zur Zeit an das Militrarchiv Freiburg bergeben. " Der Dokumentenfund wurde erst nach Verffentlichung des Buches Hitlers Bombe gemacht. 10

    ZDF-History - Gorbatschow und die deutsche Einheit, 2. 10. 2005. 21

    Vergebliche Fahndung, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. 2. 2006.

    42

  • Richard von Weizsckers Fahnenflucht 1945

    Richard Freiherr VON WEIZSCKER brachte es im Zweiten Wehkrieg zum Hauptmann der Reserve im traditionsreichen Potsdamer Infanterie-Regiment 9. In Polen und in der Sowjetunion war er >mit von der Partie

  • 4 Siehe VON RAN-

    DOW, aaO. (Anm, 2), S. 189. 5 Helmut R. SCHUL-

    ZE U. Bernhard WRDEHOFF, Richard von Weizscker. Ein deutscher Prsident, Mnchen 1987, S. 28.

    1 Siehe FAZ-Archiv.

    Unter dem Einflu WEIZSCKERS wurde hier die Fahnenflucht in eine le-gale Entlassung verflscht.

    Einen Genesungsurlaub suggerierend, schrieb VON WEIZSCKER in seinem Brief vom 10. Juni 1986: Nach einer letzten Verwundung kam ich ber mein Ersatztruppenteil nach Sddeutschland.4

    ber denselben Vorgang schrieben in dem Buch von S C H U L Z E / W R D E -HOFF im Dezember 1987 die Verfasser: Von Potsdam wurde er als Verwun-deter nach Hause geschickt, nach Lindau am Bodensee.5

    Kam er nun nach Potsdam oder nach Sddeutschland? Und wurde er, der sich nach eigenen Worten selbst demobilisiert hatte, wirklich nach Hause geschickt? Tatsache ist, da sein Ersatzregiment im Kampfraum um Berlin ein-gesetzt wurde.

    Im Prominenten-Lexikon von 1978, Who is Who, und den Fortsetzungs-bnden lautet die Eintragung bis 1990 unverndert: 1938-45 Wehrdienst (als Angehriger d. traditionsreichen Potsdamer Infanterieregiments 9 Teil-nahme a. d. Polen- und Rulandfeldzgen, mehrmals verwundet, Haupt-mann u. Regimentsadjutant), zuletzt Hauptmann d. Res., 1945 Flucht nach Dnemark, danach Arbeiter a. e. Hhnerfarm i. Lindau, Studium. (Hervorh., H. M.) Demnach hat er sich bereits in Ostpreuen demobilisiert.

    Anfang 1999 erschien von Martin W E I N ein neues lobpreisendes Buch, das auf stundenlange Gesprche mit Herrn V. WEIZSCKER zurckgefhrt wird. Bruchstcke von Informationen sollen verdecken, da VON WEIZSCKER in Wahrheit eine Fahnenflucht verbt hatte: Da er . . . verwundet worden war, kam er in ein Lazarett nach Knigsberg, wurde jedoch schon knapp eine Woche spter vor der heranrckenden Sowjetarmee nach Pillau evakuiert und schlielich ber die Ostsee nach Kopenhagen gebracht, von wo aus er seinen Ersatztruppenteil erreichte.

    Alle diese Versionen laufen widersprchlich und vernebelnd nebeneinan-der her.

    In der Frankfurter Allgemeinen Zeitung berichtete ein Herr Winfried GROSS von WEIZSCKERS Kriegsende: Leicht verwundet (einmal sagte er, da er starke Kopfschmerzen hatte), kam er heil von der Ostpreuenfront auf den Bauernhof seiner Schwester und blieb dort bis zum Kriegsende verborgen! (Vor wem?!) Wobei spter ein Graf N A Y H A U S WEIZSCKER gegen den Vor-wurf der Fahnenflucht in Schutz genommen und geschrieben habe: Der Regimentskommandeur habe die bergroe Tapferkeit des Hauptmannes VON WEIZSCKER gelobt, und da alle seine Soldaten gefallen seien, solle er doch nach Hausefahren. Einfach so! SCHWEIK lt gren!

    Inzwischen konnten fr die Vorgnge in Ostpreuen einige Zeitzeugen ermittelt werden, die an jenen Kmpfen von Ende Mrz bis Anfang April 1945 im Raum von Balga-Neutief/Pillau-Fischhausen teilgenommen haben. Unter ihnen befindet sich auch ein Mitglied aus Herrn VON WEIZSCKERS

    44

  • Richard VON WEIZSCKER im August 1941, auf Genesungsurlaub nach

    der ersten Verwundung im Ru-landfeldzug, Aus: Richard VON

    WEIZSCKER, Vier Zeiten, Siedler, Berlin 1997. Darin schreibt er auf

    S. 82: Aufgrund einer weiteren Verwundung blieb mir die russi-sche Gefangenschaft erspart. In der ersten Aprilhlfte wurde ich ber Knigsberg und die Ostsee nach Potsdam abtransportiert.s

    ber die Art der letzteren Verwun-dung schweigt er.

    Regimentsstab, der Herrn VON WEIZSCKER aus nchster Nhe miterlebt hat; ferner gehren dazu Angehrige des Sanittsdienstes/ Aus deren Aussagen ergibt sich, da Herr VON WEIZSCKER tatschlich den roten Zettel fr eine Lazarett-Einweisung erhalten hatte und in der Zeit vom 28., 29. oder 30. 3. 1945 in das damalige Lazarett Neutief eingewiesen worden war. Von einer Verwundung des Adjutanten VON WEIZSCKER hatte man damals im Regi-mentsstab G. R. 9 berhaupt nichts gewut {!), sondern nur von einem Stirn-hhlenkatarrb. Aufgrund der Einweisung entfernte sich Herr VON WEIZSCKER von seinem G. R. 9, und seitdem wurde er dort nicht mehr gesehen. Auch konnte niemand etwas darber aussagen, ob er tatschlich ein Lazarett aufge-sucht und wohin er sich begeben hatte.

    Die Schramme, von der Herr VON WEIZSCKER im Brief vom 24. Mrz 1988 spricht, war demnach eine unbedeutende Hautabschrfung, fr die mehr oder weniger ein Heftpflaster oder eine kleine Binde gengte. Dergleichen galt damals berhaupt nicht als Verwundung, viel weniger noch ein Stirn-hhlenkatarrh. Seine angebliche Verwundung schtzte der Herr VON WEIZ-SCKER als Entlassungsgrund vor, nachdem er anfangs zeitgeistgem stolz von einer Selbstdemobilisierung gesprochen hatte. Und das soll geschehen sein zu einer Zeit, als Urlaubssperre herrschte und selbst Schwerverwundete und Krppel an die Front geworfen wurden, um in einem verzweifelten Kampf mglichst viele Zivilisten vor der roten Soldateska zu retten? Deshalb hatte Admiral DNITZ als Staatsoberhaupt am 1. Mai 1945 geforden: Ich verlange Disziplin und Gehorsam. Nur durch vorbehaltlose Ausfhrung meiner Befehle werden Chaos und Untergang vermieden. Ein Feigling und Verrter ist, wer sich gerade jetzt seiner Pflicht entzieht und damit deutschen Frauen und Kindern Tod oder Versklavung bringt.8 Hans Meiser

    7 Deren Aussagen

    sind gesichert und niedergelegt in ei-

    nem auslndischen Banktresor sowie beim Hohenrain-

    Verlag in Tbingen. Bei letzterem kn-nen sie eingesehen

    werden von jedem, der ein berechtigtes zeitgeschichtliches

    Interesse nachweist. 8 Walter LDDE-

    NEURATH, Regierung Dmty Die letzten Tage

    des Dritten Reiches, Druffel, Leoni 1980,

    51981, 538 ff.

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  • Papst Benedikt XVI. war kein Deserteur

    Am 21. April 2005 brachte die Bild-Zeitung auf ihrer Titelseite kurz nach seiner Kr zum Papst B E N E D I K T X V I . ein Jugendbild von 1 9 4 3 des ge-whlten deutschen Kardinals, das ihn als damaligen Flakhelfer darstellt. Zum Bild wurde der Text verffentlicht: Joseph R A T Z I N G E R mit 1 6 als Luftwaf-fenhelfer. Er kam in eine Flak-Einheit, desertierte spter.

    Damit wird dem Papst die ehrenrhrige Handlung der Desertion unter-stellt, die er nie begangen hat. Gleichzeitig soll mit dieser unzutreffenden Angabe wahrscheinlich die Gruppe der Deserteure der deutschen Wehrmacht aufgewertet werden.

    Der Vorwurf des Desertierens beruht auf einer Stelle in dem Erinnerungs-buch Aus meimm Leben,1 in dem der damalige Kardinal auch seine Zeit als Flakhelfer, Angehriger des Reichsarbeitsdienstes und Soldat in den letzten Kriegsjahren offen darlegt. Es heit dort: Seltsamerweise wurden wir nicht an die immer mehr sich nhernde Front gerufen. Wir erhielten aber neue Uniformen und muten mit Kriegsliedern auf den Lippen durch Traunstein marschieren, vielleicht um der Zivilbevlkerung zu zeigen, da der >Fhrer< noch immer ber junge und frisch ausgebildete Soldaten verfge. Der Tod H I T L E R S verstrkte schlielich die Hoffnung auf ein baldiges Ende. Und dann folgt nach einem weiteren Satz ber das langsame Vorrcken der Amerikaner: Ende April oder Anfang Mai - ich wei es nicht mehr genau - entschlo ich mich, nach Hause zu gehen.2

    Das konnte demnach erst nach H I T L E R S Tod, der am spten Abend des 1. Mai 1945 ffentlich bekanntgegeben wurde, erfolgen, wahrscheinlich erst am 2. Mai. Bereits an diesem 2. Mai wurden die Soldaten der Traunsteiner Kaserne bis auf wenige auf Befehl des Heereskommandos entlassen.1 Wenige Stunden spter zogen amerikanische Truppen in Traunstein ein. Zur Deser-tion blieb also kaum Zeit.

    Dr. Gerhard F R E Y jr., der ber diesen Fall schrieb,1 teilte darber hinaus mit: Ich habe am 22. April 2005 Georg R A T Z I N G E R (den Bruder des neuen Papstes, R. K) - er war von 1964 bis 1994 Domkapellmeister am Regensbur-ger Dom und Leiter der weltberhmten Regensburger Domspatzen - ange-

    1 Joseph Kardinal R A T Z I N G E R , AUS meinem Lieben. Erinnerungen 1927-1977, Wilhelm

    Heyne, Mnchen 2000. 2 Ebenda, S. 40

    1 Alfred STALLER, in: Clnemgau-Blatter Nr . 1 9 , 2 0 0 2 .

    4 Gerhard F R E Y jr., Der Papst ein Deserteur? Das Mrchen der >Bild-Zeitung

  • rufen. Herr Domkapellmeister, gestern stand in der Bild-Zeitung, Ihr Bruder sei desertiert. Der ltere Bruder des Papstes erwiderte: >Von Desertion kann da nicht die Rede sein. Erst als sich alles auflste, ist er von der Kaserne in Traunstein nach Hause gegangen. Solange die Ordnung der Armee bestand, hat er seinen Dienst getan, wie es vorgeschrieben war.

    Auch das beweist, da die Meldung der Bild-Zeitung eine diffamierende Falsch-aussage ist.

    Da britische Bltter gleich nach der Wahl des deutschen Papstes, etwa T/je Sun (London) mit der Schlagzeile auf dem Titelblatt From Hitler Youth to . . . Papa Ratzi und einem Foto als Flakhelfer, seine HJ-Zugehrigkeit gro herausstellten, um damit ihm eine >braune< Vergangenheit anzulasten und Stimmung gegen ihn als Deutschen zu machen, gehrt leider auch in diesen Zusammenhang und weist auf die immer noch vorhandenen weitver-breiteten Vorbehalte gegen alles Deutsche in Grobritannien hin.

    Rolf Kosiek

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  • Japan vor Atombombenabwurf kapitulationsbereit

    1 Chronik des 20.

    Jahrhunderts, Chronik Verlag im Bertels-mann Verlag, Gtersloh 1999, S. 280. 1 Ausfhrliche

    Belege dazu mit US-Quellen bei: Mansur KHAN, Die geheime Geschichte der amerikanischen Kriege. Verschwrung und Krieg in der [75-Auenpoiitik, Graben, Tbingen 1998, S. 224 f.; siehe auch: L I D DELL HART, Geschichte des Zweiten Weltkrieges, Econ, Dsseldorf-Wien 1972, Bd. n, S. 858 f.

    Nach allgemeiner Meinung waren die beiden auf Japan am 6. und 9. Au-gust 1945 von den USA abgeworfenen Atombomben, die in Hiroshima mindestens 110 000, in Nagasaki mindestens 36 000 Menschen sofort, vielen noch anschlieend, das Leben kosteten und noch mehr Menschen verletz-ten, notwendig, um Japan zur Kapitulation zu veranlassen und den Zweiten Weltkrieg in Fernost zu beenden. So stellt beispielsweise die Chronik des 20. Jahrhunderts unter dem 6. August 1945 fest: Die USA zwingen Japan mit dem Einsatz der verheerenden Waffe zur Kapitulation.1

    Das ist jedoch nicht richtig. Japan war schon vorher kapitulationsbereit und hatte seit Februar 1945 seine Bereitschaft dazu, auch ber Moskau, signa-lisiert.2 Die Alliierten waren aber darauf nicht eingegangen, Moskau wollte noch in den Krieg gegen Japan eintreten: Obwohl im ganzen Zweiten Welt-krieg die Japaner nicht - trotz Deutschlands Drngen - der Sowjetunion den Krieg erklrt und somit STALIN im Herbst 1941 die kriegsentscheidende Mg-lichkeit geboten hatten, seine ostsibirischen Truppen gegen den deutschen Angriff vor Moskau einzusetzen, erklrte Moskau am 8. August 1945 noch Japan den Krieg, um Landforderungen, unter anderem die Nordkurilen, gegen Tokio durchsetzen zu knnen. Erst nach dem Abwurf der zweiten Atombombe nahmen die USA Japans Kapitulation an.

    Hauptgrund in Washington war nicht, wie vorgeschoben, da der Ab-wurf der Atombomben den Krieg abkrze und vielen US-Soldaten das Le-ben rette, sondern, da die ursprnglich zum Einsatz gegen Deutschland entwickelte Atombombe erst im Juli 1945 - und damit nach der Kapitulati-on der deutschen Wehrmacht - einsatzbereit war und ihre Wirkung noch auf jeden Fall den mitsiegenden Sowjets demonstriert werden sollte, um den USA bei den kommenden Auseinandersetzungen das bergewicht zu ge-ben, Dafr muten Hunderttausende von Zivilisten vorher noch sterben.

    Am 2. September 1945 erschien die

    japanische Waffen-stillstandsdelegation

    vor General Douglas MACARTHUR. V o n

    links: Premiermini-ster Mamoru SHIGE-

    MITSU, General Yo-shijro UMEZU.

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  • Der Partisanenkrieg der Wehrmacht im Osten

    Es ist nicht zu bersehen, da die heutige Zeitgeschichte dem vlkerrechts-w