Krieg und Frieden - BR Chor Konzerte München · PDF filemoderieren, arrangieren und...

39
Konzerteinführung 19.00 Uhr im Gartensaal mit Howard Arman Moderation: Judith Kaufmann BR-KLASSIK Das Konzert wird im Hörfunk live und in Surround übertragen. Audio-Livestream auf br-klassik.de. PausenZeichen: Matthias Keller im Gespräch mit Howard Arman Den Konzertmitschnitt online abrufen auf br-klassik.de/concert | br-chor.de Audio-on-demand eine Woche ab Sendetermin Video-on-demand ab So., 30. Oktober verfügbar Chor des Bayerischen Rundfunks Konzertsaison 2016/2017 Abonnementkonzert 1 Sa 15|10|16 Prinzregententheater 20.00 Uhr Schlagzeugensemble aus dem Münchner Rundfunkorchester Chor des Bayerischen Rundfunks mit Solisten Howard Arman leitung Krieg und Frieden Chormusik von Clément Janequin, Tomás Luis de Victoria, Howard Arman, Veljo Tormis, Gabriel Jackson und Arnold Schönberg

Transcript of Krieg und Frieden - BR Chor Konzerte München · PDF filemoderieren, arrangieren und...

Konzerteinführung19.00 Uhr im Gartensaalmit Howard ArmanModeration: Judith Kaufmann

BR-KLASSIKDas Konzert wird im Hörfunk live und in Surround übertragen. Audio-Livestream auf br-klassik.de. PausenZeichen: Matthias Keller im Gespräch mit Howard Arman

Den Konzertmitschnitt online abrufenauf br-klassik.de/concert | br-chor.deAudio-on-demand eine Woche ab SendeterminVideo-on-demand ab So., 30. Oktober verfügbar

Chor des Bayerischen RundfunksKonzertsaison 2016/2017Abonnementkonzert 1Sa 15|10|16 Prinzregententheater20.00 Uhr

Schlagzeugensemble aus demMünchner Rundfunkorchester

Chor des Bayerischen Rundfunksmit Solisten

Howard Arman leitung

Krieg und Frieden Chormusik von Clément Janequin,Tomás Luis de Victoria, Howard Arman,Veljo Tormis, Gabriel Jackson undArnold Schönberg

2br-chor.de

Clément Janequin»La guerre«(»La bataille de Marignan«)Chanson in zwei Teilenfür gemischten Chorin einer von Philippe Verdelot auffünf Stimmen erweiterten Version

Tomás Luis de Victoria»Missa pro victoria«für zwei gemischte ChöreI. KyrieII. GloriaIII. CredoIV. SanctusV. BenedictusVI. Agnus Dei

Howard Arman»La bataille de Marignan«für Soli, zwei Chöre und Schlagzeugquartettin zwei Teilen

Priska Eser, Masako Goda, Sonja Philippin,Monika Stockmeier | Sopran-SoliMichael Mantaj, Werner Rollenmüller,Wolfgang Klose | Bass-SoliAndreas Moser, Alexander Fickel,Christian Obermaier, Ulf Breuer | Schlagzeug

PAU S E

3br-chor.de

Veljo Tormis»Raua needmine« – »Curse Upon Iron« für Soli, gemischten Chor undSchamanentrommel

Andrew Lepri Meyer | TenorMatthias Ettmayr | Bass Andreas Moser | Schamanentrommel

Gabriel Jackson»The Armed Man«für gemischten Chor

Arnold Schönberg»Friede auf Erden«für gemischten Chor, op. 13

4br-chor.de

Herzlich willkommen, Herr Arman, zum ersten offiziellen Abonnementkonzert beim BR-Chor. Kennengelernt haben wir Sie ja bereits in ganz unterschied-lichen Konzertformaten. Sie dirigieren, moderieren, arrangieren und kompo-nieren – nun schreitet auch in der Mu-sikwelt die Spezialisierung voran, aber bei einem Rundfunkchor müssen alle Beteiligten in möglichst allen Musik-richtungen und Gattungen stilsicher sein. Wie gehen Sie damit um?

Gleich ob ich arrangiere, komponiere, ob ich alte oder zeitgenössische Musik aufführe – es gibt Aspekte, die immer gleich bleiben: die Arbeit am Ensem-bleklang, der Anspruch, Musik gültig, verständlich, stilsicher und auch pa-ckend zu gestalten, und die Frage, wie ich mich als Interpret meinem Publi-kum öffne.

Die Abokonzerte Ihrer ersten Saison in München haben Sie in eine übergrei-fende Dramaturgie eingeordnet, was war Ihre Idee?

Auch wenn auf dem Plakat fürs erste Abonnementkonzert »Krieg und Frie-den« steht, beschäftigen wir uns doch mit Letzterem, dem Frieden. Gerade weil wir in einer Zeit leben, in der alle zu wissen scheinen: Krieg, Töten, Aggression, Terrorismus sind schlecht,

gilt es, uns mit unseren eigenen Ge-fühlen ständig zu konfrontieren und sie in Frage zu stellen. Wo sind meine Toleranzgrenzen, welche Vorurteile habe ich? In dem abstrakten Blick auf die Welt, wie sie uns die Kunst ermög-licht, können wir vielleicht besser erkennen, was böse ist und was gut, und wie beides auch in uns selbst ist. Das passiert wohl eher im Konzert-saal als vor einer Nachrichtensendung, wo ja sehr distanziert über ein Ge-schehen und über Dritte berichtet wird. Darauf ziele ich hin, sich durch die Beschäftigung mit Musik selbst zu erkennen, zu öffnen und nicht bei Bekanntem zu verharren, sondern sich dem Fremden, das meist gar nicht

Schlüssel zum Rolls-RoyceDer neue Künstlerische Leiter des BR-Chores Howard Arman im Gespräch über Vielseitigkeit, Saisonplanung und BrexitDie Fragen stellte Alexander Heinzel

Das gedruckte Programmheft, erhältlich am Konzertabend im Prinzregententheater, enthält das ausführliche Interview mit Howard Arman.

br-chor.de11

Die Schlacht bei Marignano fand am 13. und 14. September 1515 statt. Dabei standen sich die französische Armee unter Franz I. von Frankreich und die Trup-pen der schweizerischen Eidgenossenschaft gegenüber, die um das Herzogtum Mailand kämpften. Ort der Auseinandersetzung war der nördlichste Punkt von Marignano, dem heutigen Melegnano, etwa 16 Kilometer südöstlich von Mai-land. König Franz I. hatte ein Heer um sich geschart, mit dem er gemeinsam mit den verbündeten Republiken Venedig und Genua, die Mailänder besiegen wollte. Dem Herzog von Mailand wurde die Unterstützung vom König von Spanien und dem Papst sowie von den Schweizer Kantonen zugesichert, die zahlreiche Söldner zur Verfügung stellten. Mittels einer hohen Geldsumme versuchten die Franzosen ihre Gegner zu bestechen, um ein Nachgeben zu erreichen. Die Schweizer rüsteten sich indes zum Kampf und vergrößerten ihr Söldnerheer auf etwa 25.000 Männer. In einem grausamen Kampf griffen die Franzosen die Eidgenossen mit schwerem Kanonenfeuer und im Nahkampf mit Hakenbüch-sen und Schwertern an. Insgesamt 28 Stunden lang dauerte die Schlacht, in der über 10.000 Menschen ihr Leben ließen. (…)

Meine Hauptüberlegung im zweiten Teil meiner Komposition bestand darin, ein räumliches »theatre of sound« entstehen zu lassen. Dem Chor auf der Büh-ne habe ich außergewöhnliche lautmalerische Silben zugewiesen, mit denen Janequin den Klang des Krieges illustriert – wie etwa das Kanonenfeuer oder den Zusammenprall der Waffen –, während die Solisten im Raum verteilt Kriegs-rufe rezitieren. H. A.

»Theatre of Sound«Aus dem Vorwort der Notenausgabe von Howard Armans»La bataille de Marignan«

Franz I. auf dem Schlachtfeld von Marignano. Gemälde von Alexandre-Évariste Fragonard (1836)

12br-chor.de

Clément Janequin* um 1485 in Châtellerault† Anfang 1558 in Paris

»La guerre«Originalfassung: Chanson für vierstim-migen Chor (SATB)Erstdruck: Chansons de maistre Clement Janequin Nouvellement et correctement imprimeez, erschienen in Paris bei Pierre Attaingnant, Stimmbücher, um 1529Fünfstimmige Fassung: Die von Philippe Verdelot (?1480/85–?1527/32) um eine zweite Tenorstimme erweiterte Fassung (SATTB) ist 1545 im Sammeldruck Le dixi-esme livre contenant la Bataille a quatre de Clement Iannequin bei Tielman Susato in Antwerpen erschienen.

Tomás Luis de Victoria* 1548 in oder bei Ávila† 27. August 1611 in Madrid

»Missa pro victoria«für einen fünfstimmigen (SSATB), einen vierstimmigen Chor (SATB) und Basso continuoEntstehungszeit: nicht bekanntErstdruck: Thomae Ludovici de Victoria Abulensis … Missæ, Magnificat, Motecta, Psalmi, & alia quam plurima, Quaæ partim Octonis, alia Nonis, alia Duodenis vocibus concinuntur, erschienen in Madrid bei Joannes Flandre, Stimmbücher, 1600(siehe auch Abb. auf Seite 15)

13br-chor.de

Es mag verwundern, dass Tomás Luis de Victoria für seine im Jahr 1600 veröf-fentlichte Missa pro victoria als musikalische Vorlage ausgerechnet Clément Janequins Chanson La guerre wählte. Der profane und unterhaltsame Gesang als Grundlage für die Liturgie? Der Lärm des Schlachtfeldes in der Kirche? In der Renaissance war es gängige Praxis, Messen über bereits existierende weltliche Vokalstücke zu komponieren. Die so genannte Parodiemesse war eine weit ver-breitete Gattung im 16. Jahrhundert, wobei Parodie aber nicht im Sinne von Humor oder komischer Verzerrung verstanden werden darf, sondern als Imita-tion und Weiterverarbeitung bereits existierenden Materials. Dies konnte eine geistliche Motette sein, eine Chanson als deren weltliches Pendant oder ein sonstiges Stück der Vokalpolyphonie aus Mittelalter oder Renaissance.

Mit seinen rund 250 Chansons ist Clément Janequin einer der führenden Ver-treter dieser Gattung. Ursprünglich war die Chanson kein Konzertstück im ei-gentlichen Sinn, sondern vor allem ein Stück, das zum Amüsement im privaten Kreis gesungen wurde. Der Gesang war Unterhaltung und Spaß. Daraus erklärt sich auch die oftmals schwere Verständlichkeit des Textes, weil man mit den Worten und deren Klang spielte und weniger auf die semantische Bedeutung achtete. Genauso wurde mit den Gesetzmäßigkeiten der Polyphonie gespielt, mit den Melodielinien, die sich quasi umranken und Worte und Laute in einen großen, vielfältigen Gesamtklang einbetten. Die Chanson war also eine Form der Hausmusik, wobei das Vergnügen bei der Darbietung sowie eine gewisse geistige Herausforderung beim Gesang der komplexen, ineinander verwobe-nen musikalischen Linien im Vordergrund standen.

Clément Janequin wurde vermutlich 1485 in Châtellerault in der heutigen Regi-on Poitou-Charentes geboren, und sein Leben spielte sich zum Großteil in der französischen Provinz ab: in Bordeaux, Angers und Chartres. Erst für seine letz-ten Lebensjahre ließ er sich in Paris nieder, wo er 1558 starb. La guerre ist eine von Janequins bekanntesten Chansons und eines der frühen Beispiele einer »Schlachtenmusik«, die vor allem später im Barock sehr populär werden sollte. Die Chanson erzählt von der historischen Schlacht bei Marignano, in der die Franzosen unter König Franz I. aus dem Hause Valois 1515 gegen die schweizeri-schen Eidgenossen um die Herrschaft über das Herzogtum Mailand kämpften und schließlich den Sieg davontrugen. Ob Janequin seine Chanson noch im Jahr der Schlacht schrieb oder erst kurz vor der Herausgabe einer Chansonsamm-

Florian HeurichKrieg und SiegVon Janequins La guerre zu Victorias Missa pro victoria

14br-chor.de

lung im Jahr 1529 ist unklar, er glorifiziert jedoch in diesem vierstimmigen Stück den Sieg der Franzosen und ihres Anführers. Der erste Teil handelt von den Vor-bereitungen zur Schlacht, der zweite Teil führt dann unmittelbar ins Kampf-getümmel. Janequin zeichnet lautmalerisch die verschiedenen Geräusche des Gefechts nach, indem die einzelnen Stimmen Laute und Silben intonieren, die Schwerthiebe, Lanzenstiche, Trompetensignale und Schlachtrufe höchst plas-tisch imitieren. Genau darin zeigt sich der spielerische Charakter dieser Chan-son, die zwar mit einem Siegeshymnus auf die Worte »Victoire au noble roy Françoys« endet, die aber dennoch weniger eine offizielle Huldigung ist, son-dern vielmehr ein intimes Vergnügen für ein erlesenes privates Umfeld.

Schon durch den Titel seiner Missa pro victoria verweist Tomás Luis de Victoria auf seine Vorlage, und in gewisser Weise hört man durch diese »Siegesmesse« auch den Schlachtenlärm von Janequins Chanson hindurch. Victoria schrieb kein einziges säkulares Werk, sondern ausschließlich liturgische Musik, und mit ihrer weltlichen Vorlage nimmt die Missa pro victoria eine Sonderstellung in seinem Schaffen ein. Von seinen 20 Messkompositionen gehören zwar 15 Werke der Gattung der Parodiemesse an, dabei ist jedoch La guerre der einzige welt-liche Vokalsatz, den er verarbeitet. Allen anderen liegen Motetten, Antiphonen und Psalmen, zum Teil aus seiner eigenen Feder, zum Teil von den von ihm ver-ehrten Komponisten Palestrina, Cristóbal de Morales oder Francisco Guerrero zu Grunde.

Tomás Luis de Victoria wurde um 1548 in der Nähe von Ávila in Kastilien gebo-ren, der Stadt, in der fast zeitgleich auch die beiden Geistlichen und Mystiker Santa Teresa und San Juan de la Cruz lebten. Schon früh prägten Religion und Kirche Victorias Leben. Er war Chorknabe an der Kathedrale von Ávila, ging spä-ter nach Rom, um sich an einem Jesuitenkolleg auf eine geistliche Laufbahn vorzubereiten, und empfing schließlich die Priesterweihe. Um 1586 kehrte er nach Spanien zurück, wurde zum persönlichen Kaplan der Kaiserinwitwe Maria von Spanien, die sich in das Monasterio de las Descalzas Reales in Madrid zu-rückgezogen hatte. Bis zu Victorias Tod im Jahr 1611 spielte sich sein Leben und Schaffen im Umfeld dieses Klosters ab, wo er eine privilegierte Stellung inne-hatte. Dadurch musste er kaum den lästigen Pflichten eines Kirchenmusikers nachgehen und konnte sich ganz aufs Komponieren konzentrieren. Im Vergleich zu anderen Komponisten der Renaissance blieb Victorias Œuvre zwar relativ übersichtlich, in der polyphonen Musik des »siglo de oro«, des Goldenen Zeital-ters in Spanien, nimmt er aber eine führende Stellung ein.

Die Missa pro victoria ist Victorias einziges Werk für neun Stimmen, die auf zwei Chöre verteilt sind, und stellt damit auch in ihrer Satztechnik eine Beson-derheit dar. Ob sie in Reminiszenz an den spanischen Sieg in der Seeschlacht

15br-chor.de

von Lepanto im Jahr 1571 geschrieben wurde, bleibt Spekulation, fest steht le-diglich das Publikationsjahr 1600. Die musikalischen Themen, die Victoria aus Janequins Chanson übernimmt, werden meist in reduzierter Form und Intensi-tät verarbeitet, um den Ansprüchen einer Messe gerecht zu werden. Dennoch behält selbst dieses liturgische Werk einen sehr diesseitigen Charakter. Im Kyrie etwa verwendet Victoria das melodische Material der einleitenden Verse aus Janequins Chanson, im Gloria hört man deutlich die Motive der Trompetensig-nale aus La guerre, und im Credo klingt der Schlachtenlärm an, den Janequin so plastisch illustriert hatte. Daneben findet sich in der Messe auch an vielen Stellen neu komponiertes Material, dennoch wird die Missa pro victoria durch die Paro-die einer der raffiniertesten Chansons der Renaissance zu einem höchst vitalen Werk voller Energie und zu einer der vielleicht weltlichsten Kompositionen eines Musikers, der sich doch voll und ganz der Kirchenmusik verschrieben hatte.

Titelblatt des Stimmbuch-Drucks von Victorias Missa pro victoria aus dem Jahr 1600

16br-chor.de

Veljo Tormis* 7. August 1930 in Kuusalu (Estland)

»Raua needmine« – »Curse Upon Iron« für Soli, gemischten Chor und Schama-nentrommelEntstehungszeit: 1972, überarbeitete Fassung von 1991Uraufführung: 6. Mai 1973 in Tartu (Estland) mit dem Tallinn Chamber Choir unter der Leitung von Arvo Ratassepp

Gabriel Jackson* 1962 auf den Bermudainseln(Großbritannien)

»The Armed Man«für gemischten Chor Entstehungszeit: 2000Uraufführung: 31. Mai 2000 in der Londoner Wigmore Hall mit The Clerks’ Group unter der Leitung von Edward Wickham

17br-chor.de

»Hurjuh sinda, rauda raiska! Rauda raiska, rähka kurja!« Wie ein Zauberspruch beschwören diese Verse einen starken Fluch: Er gilt dem Eisen, das in Raua need-mine (engl.: Curse Upon Iron, dt.: Fluch auf Eisen) von Veljo Tormis als Symbol für den todbringenden Krieg steht. Die Zeilen stammen aus dem finnischen Natio-nal-Epos Kalevala, dessen neunter Gesang in archaischen Bildern einen Entste-hungsmythos des Metalls erzählt. Geschaffen aus der Milch feuriger Himmels-wesen schlummert es zunächst kraft- und machtlos in den urzeitlichen Sümpfen. Erst in den Schmieden der Menschen wird sein Vermögen zum Bösen geweckt. Einmal entfesselt, bleibt nur noch das verzweifelte Flehen zum allmächtigen Schöpfergott, die Vernichtung der Menschheit zu verhindern. Der estnische Literaturwissenschaftler, Übersetzer und Lyriker August Annist hat für das Chor-werk Ausschnitte des Kalevala adaptiert und mit Versen zeitgenössischer ein-heimischer Dichter verwoben. 1972 inmitten des Kalten Krieges entstanden, stellt das Stück vor allem den Terror moderner Kriegsführung an den Pranger.

Veljo Tormis, der 1930 nahe der estnischen Hauptstadt Tallinn geboren wurde, knüpft mit seinem umfangreichen Vokalwerk an die lebendige Chortradition seiner Heimat an. Das Medium des Singens half ihm während langer Jahrzehn-te sowjetischer Besatzung, die eigene Sprache, Kultur und Identität zu wahren und zu stärken. Seine Musik wurzelt im jahrtausendealten Erbe mündlich über-lieferter Volksmusik und Volksdichtung, das Estland mit dem gesamten ost-see-finnischen Sprachraum teilt. Neben Texten und Melodien, die Tormis in seine Werke integriert, sind es vor allem die Strukturen der estnischen Volks-musik, die seinen Stil prägen. Die sprachliche Gestaltung orientiert sich am Vorbild der Kalevala-Verse mit ihren charakteristischen Alliterationen und Pa-rallelismen sowie dem eindringlichen Versmaß des trochäischen Vierhebers (in den oben zitierten, äußerst suggestiven Versen gut zu beobachten!). Typisch für die alte estnische Gesangstradition des »regilaul« sind außerdem einfache melodische Modelle und eine spezielle Wiederholungstechnik, bei der sich der Ruf eines Vorsängers und die leicht variierte Antwort eines Chores um einige Silben überschneiden. Auf diese Weise entsteht ein ununterbrochenes Fließen von Strophe und Musik.Raua needmine für gemischten Chor und zwei Solisten (Tenor, Bass) ist das am häufigsten aufgeführte Werk von Veljo Tormis. Seine Popularität verdankt es vermutlich zu gleichen Teilen seiner unmittelbaren sinnlichen Wirkung und

Judith Kaufmann»Den Mann in Waffen muss man fürchten«Veljo Tormis und Gabriel Jackson stellen uralte Wahrheiten ins Zentrumihrer Chorwerke

18br-chor.de

Das Gemälde des Finnen Akseli Gallen-Kallela (1865–1931) zeigt eine Schlüsselszene aus dem Finnischen Nationalepos Kalevala, in der ein heilsbringender Sampo geschmiedet wird. Die Szene gehört dem Ersten Väinämöinen-Zyklus an, dem auch die Verse aus Tormis’ Curse Upon Iron entnommen wurden.

19br-chor.de

seiner international verständlichen Botschaft. Als einziges Instrument ist eine Schamanentrommel besetzt, die mit ihrem gleichmäßigen Pulsschlag dem Ge-schehen eine rituelle Note und der Musik ungeheure Energie gibt. Die oben beschriebenen Merkmale – intensive Sprachgesten, schlichte »regilaul«-Melo-dien, überlappender Wechselgesang – und ein magisches Pianissimo prägen die Komposition über weite Strecken. Ganz allmählich jedoch verlässt das Stück den engen melodischen und dynamischen Rahmen. Beinahe unmerklich ver-schmilzt der archaische Stil mit avantgardistischen Chortechniken, mit Clus-tern, Glissandi von Vokalen, impulsivem Sprechen. Neben dezidierten Regiean-weisungen (etwa: sinisterly = unheimlich, screeching = kreischend) verlangt die Partitur von den Interpreten stilisierte Bewegungen, die ein Gebet oder militärisches Gehabe andeuten. Selbst wenn eine Aufführung auf diese halb-szenischen Gebärden verzichten sollte: Das markerschütternde, sirenenartige Geheul ist nicht zu überhören. Mit der atemlosen Aufzählung moderner Waf-fenarsenale schwillt die Lautstärke auf ein Maximum, bis die panische Angst vor der nuklearen Bedrohung in einem Schrei des gesamten Chores zerbirst. Schlagartig kehrt die Musik zur Haltung des Anfangs zurück. Der Schlussteil scheint anzudeuten, dass wir Menschen nur dann mit dem Eisen koexistieren können, wenn wir uns der Ursprünge bewusst werden und lernen, das zu kon-trollieren, was wir selbst erschaffen haben. In diesem Sinne gebraucht Tormis das »regilaul« nicht nur, um alte Traditionen am Leben zu erhalten; er nutzt die Weisheit seiner Vorfahren, um einem politischen Appell in der Gegenwart Nach-druck und Gültigkeit zu verleihen.

Eine mit Runen geschmückte Schama-nentrommel mit Schlegel aus dem

skandinavischen Raum. Nachbildung eines auf 1691 datierten Originals.

20br-chor.de

Gabriel Jackson, 1962 geboren und mittlerweile einer der führenden britischen Komponisten der Gegenwart, hat ein Vokalwerk aus dem Jahr 2000 mit dem Titel The Armed Man (Der Mann in Waffen) überschrieben. In der französischen Form L’homme armé war dieser Titel ein geflügeltes Wort des ausgehenden Mit-telalters – im 15. Jahrhundert trug sogar eine Kneipe in Cambrai diesen Namen! Eingeführt wurde der Begriff in einer Chanson, deren Ursprünge im Dunkeln liegen. Dass das Lied noch heute bekannt ist, verdanken wir einer großen Zahl lateinischer Messen, die dessen Tonfolge als Cantus firmus dem mehrstimmi-gen Satz zugrunde legen. Zu Beginn der Renaissance scheint es geradezu eine Mode gewesen zu sein, sich auf L’homme armé zu beziehen, mit neuen Be-arbeitungen auf die Versionen der Vorgänger anzuspielen und diese zu über-trumpfen.

Die einfache Weise mit ihrem schwungvollen Dreiermetrum, der eingängigen Melodie und der klaren Gliederung war offenbar außerordentlich populär und seinerzeit in aller Munde. Ob der Text der Chanson als Soldatenlied im Hun-dertjährigen Krieg oder als Reflex auf die Bedrohung Europas durch das Osma-nische Reich entstanden war, ob er als Ruf zu den Waffen oder im Gegenteil als Antikriegslied zu verstehen ist, spielte in der Komponistenszene damals wohl kaum eine Rolle.

Wenn Künstler heute die L’homme armé-Tradition aufgreifen, geht es ihnen allerdings nicht nur um die pfif-fige Melodie. In aller Regel nehmen sie bewusst auf die – leider zeitlos gültige – Thematik des mittelalterli-chen Liedes Bezug. So auch Gabriel Jackson, der in The Armed Man den französischen Versen das englische Ge-dicht How long, O Lord? gegenüber-stellt. Robert Palmer beklagt darin die

Titelseite einer Buchausgabe mit dem raren Porträt des im Ersten Weltkrieg gefallenen englischen Dichters Robert Palmer (1889–1916), dessen PoemHow long, O Lord zu den Textvorlagen von Gabriel Jacksons KompositionThe Armed Man zählt.

21br-chor.de

Grausamkeiten des Ersten Weltkrieges. Dem Dichter war keine lange Karriere beschieden: 1916 starb er nach einer Verwundung auf dem Schlachtfeld mit nur 27 Jahren in einem türkischen Lager.

Kurz und prägnant eröffnet die Chanson in ihrer einstimmigen Originalgestalt Jacksons Werk. Auch im folgenden mehrstimmigen Satz ist L’homme armé als Cantus firmus stets gegenwärtig. Zunächst sind die französischen Worte frei-lich kaum wahrnehmbar, da die Töne der Melodie auf die sechsfache Länge gedehnt werden. Sie verteilen sich auf die tiefen Stimmen, die gemeinsam ein ruhiges Fundament bilden. Schwebend über diesem verlässlichen Grund ent-faltet die Sopranstimme ein ungebundenes, improvisiert wirkendes Eigenleben; reich ornamentiert und in subtile rhythmische Gestalten gekleidet trägt sie die englischen Verse vor. Auf den alten dorischen Modus des L’homme armé-Lie-des aufbauend entwickelt Jackson in diesem ersten Abschnitt mit teils scharfen Dissonanzen eine herbe, zeitgenössische Tonalität. Deutlich abgesetzt steht der Mittelteil in einem warmen, mit farbigen Klängen angereicherten Dur. Wie in der Chanson die ersten Phrasen am Ende wiederholt werden (A–B–A), so kehrt The Armed Man zur dorischen Tonart zurück. In diesem dritten und letzten mehrstimmigen Abschnitt hat der Cantus firmus sein ursprüngliches Tempo zurückgewonnen und tritt wieder unverhüllt in Erscheinung.

Dreier-Takt, modale Tonart, archaische Stimmkopplungen, alte Cantus-firmus-Techniken, strenge Vierstimmigkeit, eine ursprünglich solistisch gedachte Be-setzung: Anklänge an frühe Mehrstimmigkeit sind in der Komposition von Gabriel Jackson unverkennbar. Wie die Gattung der mittelalterlichen Motette zeichnet sich das Werk aber vor allem durch seine Vielschichtigkeit aus – durch die gleichzeitige Präsenz verschiedener Texte, Sprachen und Zeitalter, durch das Zusammentreffen eines markanten Metrums mit aperiodischen Rhythmen, durch die Mischung mittelalterlicher Tonsprache mit moderner Klanglichkeit. Es mag Zufall sein, dass mehrere Werke des heutigen Programmes in einen in-tensiven und lebendigen Dialog mit Texten und Musik früherer Epochen tre-ten. Vielleicht ist es aber auch ein Ausdruck dafür, wie sehr gerade das Thema »Krieg und Frieden« die Menschen als existenzielle Erfahrung über die Jahr-hunderte hinweg verbindet.

22br-chor.de

Nicht immer verlangt der Weitblick prophetische Gaben. Mitunter steht das Unheil direkt vor der Haustür, es schleicht sich in den Alltag ein, und vorzugs-weise lauert es im Idyll. Die Sommerfrische des Jahres 1921 wollte Arnold Schönberg in Mattsee verbringen, im Kreise seiner Lieben. Aber daraus wurde nichts. Ein Gemeindebeschluss verwehrte Juden den Aufenthalt im Salzburgi-schen Ferienparadies, der unwillkommene Gast sollte deshalb Dokumente bei-bringen und zweifelsfrei nachweisen, dass er kein Jude sei. Schönberg zog es vor, sein Urlaubsdomizil nach Traunkirchen zu verlegen. »Es war zum Schluß sehr häßlich in Mattsee«, berichtete er auf einer Postkarte. »Die Leute dort ha-ben mich scheinbar so verachtet, wie wenn sie meine Noten kannten. Gesche-

Wolfgang Stähr»Diese unseligen Menschen«Arnold Schönbergs Chorsatz Friede auf Erden setzt den Schlusspunkt des heutigen Programms und bildet den Rahmen der BR-Chor-Abonnement-konzerte 2016/17

Arnold Schönberg* 13. September 1874 in Wien† 13. Juli 1951 in Los Angeles

»Friede auf Erden«Entstehungszeit: 1906/07Uraufführung: 9. Dezember 1911 im Großen Musikvereinssaal in Wien mit dem Philharmonischen Chor,dem Männerchor des Wiener Lehrer-gesangvereins und dem Wiener Tonkünstler-Orchester unter der Leitung von Franz Schreker

23br-chor.de

hen ist sonst nichts.« Sein Schüler Anton Webern antwortete ihm mit heiligem Zorn: »Das ist unselig! Du in der Arbeit gestört, zu großen Auslagen gezwun-gen, zu Aufregungen veranlaßt. Diese unseligen Menschen, wenn sie wüßten, was sie tun.«

Leider ist zu befürchten, dass sie genau wussten, was sie taten, diese unseligen Menschen. Und bald schon bildeten sie die Mehrheit, »das Volk« – in Mattsee, in der heimgeholten »Ostmark«, im ganzen Deutschen Reich. Der Prophet sah klar und nüchtern voraus, dass er in seinem Vaterland nicht nur aus künstleri-schen Gründen angefeindet würde: »Wozu aber soll der Antisemitismus füh-ren, wenn nicht zu Gewalttaten? Ist es so schwer, sich das vorzustellen?«, fragte Arnold Schönberg bereits 1923, zehn Jahre, bevor er ohne Zögern den Weg ins Exil wählte und in die Vereinigten Staaten emigrierte. »The Enigma of Modern Music Arrives«, lautete die Schlagzeile nach Schönbergs Ankunft in New York. Noch vor der Abreise mit dem Schiff nach Amerika vollzog Schönberg in Paris den Wiedereintritt in die jüdische Religionsgemeinschaft, eine Heimkehr im Angesicht des Exils. 1898 war er in Wien aus der Israelitischen Kultusgemeinde ausgetreten und hatte sich in der Lutherischen Stadtkirche taufen lassen. Seine »Rückkehr zur jüdischen Religion« aber geschah nicht über Nacht, sie bahnte sich über Jahre an, begleitet (doch nicht begründet) von antisemitischen Schi-kanen und Ausgrenzungen, namentlich 1925 nach seiner Berufung an die Preu-ßische Akademie der Künste in Berlin. »Ausgerechnet jetzt, da die deutsche Musik sich langsam zu erholen beginnt, wagt man diesem Mann die höchste staatliche Approbation für seine Irrlehren zu geben«, ereiferte sich damals der Musikkritiker Alfred Heuß. »Das bedeutet eine Herausforderung, das ist auf eine Kraftprobe zwischen Deutschtum und – nun heißt es ebenfalls offen zu werden – spezifisch jüdischem Musikgeist abgesehen.«

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts, das von Rassen- und Klassenideologien, Ver-nichtungskriegen und totalitärer Herrschaft gezeichnet wurde wie keines je zuvor, hatte Arnold Schönberg – ausgerechnet – die pathetisch frommen Verse des Schweizer Dichters Conrad Ferdinand Meyer vertont. Und mit ihnen die Botschaft der Heiligen Nacht: Friede auf Erden. Doch blieb sie ungehört, in jeder Hinsicht des Wortes, politisch wie einstweilen auch musikalisch. Die enormen technischen Ansprüche der für gemischten Chor a cappella bestimmten Kom-position wirkten einschüchternd, ja abschreckend auf die Zeitgenossen. Am 9. März 1907 hatte Schönberg das Werk vollendet, aber nachdem der traditions-reiche Wiener Singverein bereits vor Probenbeginn kapituliert und die Einstu-dierung der intonatorisch heiklen und vielstimmig verzweigten Partitur aufge-geben hatte, gingen Jahre ins Land, bis endlich in Wien die Uraufführung gewagt und gemeistert wurde.

24br-chor.de

Von dem Ideal des unbegleiteten Gesangs wollte Schönberg ursprünglich nicht abweichen, allenfalls die Mitwirkung einer Orgel mochte er den verunsicherten Sängern zubilligen. Als jedoch Franz Schreker für ein Konzert des von ihm ge-gründeten Philharmonischen Chores das nach wie vor ungesungene und unge-druckte Stück auswählte, kam ihm Schönberg entgegen und notierte eine Or-chesterbegleitung ad libitum: als Kompromiss und kollegiales Zugeständnis, wie er nachdrücklich betonte, und nur als Sicherheitsnetz für die gefährdeten Choristen. Schönberg sprach längst schon mit einer wehmütigen Resignation von seinem Werk, das er »eine Illusion für gemischten Chor« nannte, »eine Illu-sion, wie ich heute weiß, der ich 1906 (?), als ich sie komponierte, diese reine Harmonie unter Menschen für denkbar hielt, und mehr als das: ohne dauern-des Beharren auf geforderter Höhe des Tones nicht geglaubt hätte, existieren zu können. Seither habe ich nachgeben lernen müssen und gelernt, daß Friede auf Erden nur möglich ist unter schärfster Bewachung der Harmonie, mit ei-nem Wort: nicht ohne Begleitung. Wenn je einmal die Menschen dahin gelan-gen, Friede ohne Probe, vom Blatt zu singen, dann wird erst jeder Einzelne vor der Versuchung: zu sinken gesichert sein müssen!«

Diese doppelbödigen, bitter-ironischen Worte, niedergeschrieben zwischen den Weltkriegen, verraten das überaus skeptische Menschenbild des Komponisten, seine berechtigten Zweifel an der Friedensfähigkeit der Völker und der versöh-

Conrad Ferdinand Meyer (1825–1898),der Dichter des von Schönberg vertonten hymnischen Poems Friede auf Erden

25br-chor.de

nenden Kraft der Künste. »Wenn es vielleicht richtig ist«, bemerkte Schönberg, »daß man religiös sein muß, wenn man Kirchenmusik schreibt, verliebt wenn man Liebeslieder [...] schreiben will, so muß man doch gewiß nicht verwundet sein um einen Verwundeten oder sterbend um einen Sterbenden zu schildern. Und so wäre es gewiß möglich eine Friedenshymne zu komponieren, ohne daß man an einen ewigen Frieden glaubt.«

Friede auf Erden – zwischen diesen unseligen Menschen? Ist das alles nur eine Illusion? Mit dieser offenen Frage endet der heutige Abend. Aber wie im ersten so wird auch im letzten Abonnementkonzert mit dem Chor des Bayerischen Rundfunks Schönbergs Opus 13 auf dem Programm stehen: als Frage- oder als Hoffnungszeichen?

Urs Graf d. Ä. (1485–1528), schweizerischer Goldschmied, Glasmaler, Kupferstecher und Zeichner für den Holzschnitt, schuf 1521 die Federzeichnung Schrecken des Krieges.

26br-chor.de

Clément Janequin»La guerre«

Howard Arman»La bataille de Marignan«

I. TeilEscoutez, tous gentilz Galloys,la victoire du noble roy Françoys.Et orrez, si bien escoutez,des coups ruez de tous costez.

Phifres, soufflez, Frappez.Tambours tousjours!Aventuriers, bons compagnons,ensemble croisez vos bastons.Bendez soudain, gentils Gascons.

Nobles, sautez dans les arçons,la lance au poing hardiz et prompts,comme lyons!Haquebutiers, faites vos sons!Armes bouclez, frisques mignons.

Donnez dedans! Frappez dedans!Alarme, alarme.Soyez hardiz, en joye mis.Chacun s’assaisonne,la fleur de lys,fleur de hault pris,y est en personne.Suyvez Françoys,le roy Françoys,suyvez la couronne!Sonnez trompettes et clarons,pour resjouyr les compaignons.

Hört, ihr braven Gallier,vom Sieg des noblen Königs François.Und wenn ihr gut hört,so werdet ihr Schüsse von allen Seiten hören.Querpfeifen, Trommeln,dreht euch, dreht euch,Abenteurer, gute Kameraden,kreuzt eure Stecken.Spannt schnell die Bögen, liebe Gascogner,Edelmänner, springt in die Steigbügel,die Lanze in der Hand und kühn und schnell wie Löwen!Hakenschützen, gebt eure Signale. Schnallt eure Waffen um, herzige Mignons.Gebt’s ihnen! Haut rein!Alarm, Alarm.Seid mutig und freudig.Jedermann mache sich bereit,die Lilie,die wertvollste Blume,ist unter uns in Person.Folgt François,unserem König François,folgt der Krone!Spielt Trompeten und Signalhörner,um die Kameraden zu ermutigen.

27br-chor.de

II. TeilFan fre le le,fan fan feyne,fa ri ra ri ra,a l’étendard,tous avant,boutez selle,gens d’armes à cheval,frere le le fan fan.Bruyez, tonnez,bombardes et canons,tonnez gros couteaux et faulcons,pour secourir les compaignons.Von pa ti pa toc,ta ri ra ri ra ri ra reyne,pon, pon, pon, pon.Courage, courage,donnez des horions.

Fan fre le le,fan fan feyne,fa ri ra ri ra,auf, zur Fahne.Alle nach vorn,steigt auf die Pferde,Kavalleristen,frere le le fan fan.Kracht und donnert,Bombarden und Geschütze, knallt, große und kleine Kanonen,um den Kameraden Hilfe zu leisten.Von pa ti pa toc,ta ri ra ri ra ri ra reyne,pon, pon, pon, pon. Nur Mut, Frankreich.Schlagt zu.

Seite aus dem Tenorstimmbuch des Sammeldrucks von 1545. Die Abbildung zeigt die neben dem Original-Tenor eingefügte »Quinta pars« (fünfte Stimme), die zu der ursprünglich vierstimmigen Janequin-Vorlage von Philippe Verdelot hinzukomponiert wurde.

29br-chor.de

Chipe, chope, torche, lorgne,pa ti pa toc,tric, trac, zin zin.Tue! à mort; serre,courage prenez!Frappez, touez.Gentils galants, soyez vaillants,frappez dessus, ruez dessus,fers émolus, chiques dessus,

alarme, alarme!Ils sont confus, ils sont perdus,ils mostrent les tallons.Escampe toute frelore, la tintelore,ils sont défait.Victoire au noble roy Françoys,escampe toute frelore bigot.

Unbekannter Textdichter (nach 1515)

Chipe, chope, torche, lorgne,pa ti pa toc,tric, trac, zin zin.Töte! Schlag tot! Halte durch!Nur Mut, nehmt, schlagt, tötet,wackere Ritter, seid tapfer,schlagt zu, stürzt euch auf die Feinde,mit geschliffenen Schwertern zermalmt sie,Alarm, Alarm!Sie sind verwirrt, sie haben verloren,sie geben das Fersengeld.Flieht, alles ist verloren,sie sind besiegt.Sieg dem noblen König François,flieht, alles ist verloren, bei Gott.

Wir lieben Musik ...

Das B R-KLASSI K-Por tal

... und diese Liebe möchten wir teilen: br-klassik.de

BR-KLASSIK_Klassikportal_AZ_RO_148x105_2016_RZ.indd 1 16.09.16 17:17

30br-chor.de

Tomás Luis de Victoria»Missa pro victoria«

I. KyrieKyrie eleison.Christe eleison.Kyrie eleison.

II. GloriaGloria in excelsis Deo. Et in terra pax hominibus bonae voluntatis. Lauda-mus te, benedicimus te, adoramus te, glorificamus te. Gratias agimus tibi propter magnam gloriam tuam. Domine Deus, Rex caelestis, Deus Pater omnipotens. Domine Fili uni-genite, Jesu Christe, Domine Deus, Agnus Dei, Filius Patris.

Qui tollis peccata mundi, miserere nobis, qui tollis peccata mundi, sus-cipe deprecationem nostram. Qui sedes ad dextram Patris, miserere nobis. Quoniam tu solus Sanctus, tu solus Dominus, tu solus Altissimus, Jesu Christe. Cum Sancto Spiritu: in gloria Dei Patris. Amen.

III. CredoCredo in unum Deum, Patrem omni-potentem, factorem caeli et terrae, visibilium omnium et invisibilium. Et in unum Dominum Jesum Christum, Filium Dei unigenitum, et ex Patre natum ante omnia saecula. Deum de Deo, lumen de lumine, Deum verum de Deo vero, genitum, non factum, con-substantialem Patri: per quem omnia facta sunt. Qui propter nos homines et propter nostram salutem descendit de caelis.

Herr, erbarme dich.Christus, erbarme dich.Herr, erbarme dich.

Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seiner Gnade. Wir loben dich, wir preisen dich, wir beten dich an, wir rühmen dich. Wir danken dir, denn groß ist deine Herr-lichkeit. Herr und Gott, König des Himmels, Gott und Vater, Herrscher über das All. Herr, eingeborener Sohn, Jesus Christus. Herr und Gott, Lamm Gottes, Sohn des Vaters.Du nimmst hinweg die Sünde der Welt, erbarme dich unser; du nimmst hin-weg die Sünde der Welt, nimm an unser Gebet. Du sitzest zur Rechten des Vaters, erbarme dich unser. Denn du allein bist der Heilige, du allein der Herr, du allein der Höchste: Jesus Christus. Mit dem Heiligen Geist, zur Ehre Gottes, des Vaters. Amen.

Wir glauben an den einen Gott, den Vater, den Allmächtigen, der alles ge-schaffen hat, Himmel und Erde, die sichtbare und die unsichtbare Welt. Und an den einen Herrn Jesus Christus, Gottes eingeborenen Sohn, aus dem Vater geboren vor aller Zeit: Gott von Gott, Licht vom Licht, wahrer Gott vom wahren Gott, gezeugt, nicht geschaf-fen, eines Wesens mit dem Vater; durch ihn ist alles geschaffen. Für uns Menschen und zu unserem Heil ist er vom Himmel gekommen.

31br-chor.de

Et incarnatus est de Spiritu Sancto ex Maria Virgine et homo factus est.

Crucifixus etiam pro nobis, sub Pontio Pilato; passus et sepultus est. Et re-surrexit tertia die secundum scrip-turas. Et ascendit in caelum, sedet ad dexteram Patris. Et iterum venturus est cum gloria, judicare vivos et mortuos, cujus regni non erit finis.

Et in Spriritum Sanctum, Dominum et vivificantem, qui ex Patre Filioque procedit. Qui cum Patre et Filio simul adoratur et conglorificatur: qui locutus est per prophetas. Et unam, sanctam, catholicam et apostolicam ecclesiam. Confiteor unum baptisma in remissionem peccatorum. Et expecto resurrectionem mortuorum et vitam venturi saeculi. Amen.

IV. SanctusSanctus, Sanctus, Sanctus Dominus Deus Sabaoth. Pleni sunt caeli et terra gloria tua. Hosanna in excelsis.

V. BenedictusBenedictus qui venit in nomine Domini. Hosanna in excelsis.

VI. Agnus DeiAgnus Dei, qui tollis peccata mundi: miserere nobis, dona nobis pacem.

Und er hat Fleisch angenommen durch den Heiligen Geist von der Jungfrau Maria und ist Mensch geworden.Er wurde für uns gekreuzigt unter Pontius Pilatus, hat gelitten und ist begraben worden. Und er ist am drit-ten Tage auferstanden nach der Schrift und aufgefahren in den Himmel. Er sitzt zur Rechten von Gottvater und wird wiederkommen in Herrlichkeit, zu richten die Lebenden und die Toten; seiner Herrschaft wird kein Ende sein.Und (ich glaube) an den Heiligen Geist, der Herr ist und lebendig macht, der aus dem Vater und dem Sohn hervor-geht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird, der gesprochen hat durch die Propheten, und die eine, heilige, katholische und apostolische Kirche. Wir bekennen die eine Taufe zur Vergebung der Sünden. Wir erwarten die Auferstehung der Toten und das Leben der kommenden Welt. Amen.

Heilig, heilig, heilig, Gott, Herr aller Mächte und Gewalten. Erfüllt sind Himmel und Erde von deiner Herrlich-keit. Hosanna in der Höhe.

Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn. Hosanna in der Höhe.

Lamm Gottes, du nimmst hinweg dieSünde der Welt: Erbarme dich unser, gib uns deinen Frieden.

32br-chor.de

Ohoi cursed, evil iron!Ohoi evil, cursed iron,flesh consuming, bone devouring,

spilling blood, devouring virtue!Whither comes your cruel cunning,

haughtiness so overbearing?

Fie upon you, evil iron,your beginnings reek of malice.You have risen from villainy.

From above the earth appearedfiery maidens in the heavens,heavily with milk aladen,spilling milk upon the marshes.

Black, the liquid from one maiden,turning into ductile iron.White milk flowing from the other,

tempered steel from this arising.From the third a crimson liquid,cursed, rusty ore created.

Ohoi cursed, evil iron!Ohoi evil, cursed iron!Then you were not high and mighty,

not so mighty, not so haughty,when you slumbered in the swamplandwhen you suffered in the marshes.

Ohoi, verfluchtes, böses Eisen!Ohoi, böses, verfluchtes Eisen,Fleisch verzehrend, Knochen verschlingend,vergießt Blut, verschlingst Tugend!Wie weit geht deine grausame Schlauheit,dein anmaßender Stolz?

Pfui, böses Eisen,dein Ursprung stinkt nach Bosheit. Du bist der Niedertracht entwachsen.

Weit über der Erde erschienen feurige Jungfern am Himmel, schwer mit Milch beladen, vergossen Milch über den Sümpfen.

Schwarz, einer Jungfer Saftward zu weichem Eisen.Weiße Milch ergoss sich von der anderen,aus der harter Stahl erwuchs.Von der dritten blutroter Saft,verflucht, der rostiges Erz hervor- gebracht.

Ohoi, verfluchtes, böses Eisen!Ohoi, böses, verfluchtes Eisen!Damals warst du nicht groß und mächtig,nicht so mächtig, nicht so stolz,als du schlummertest im Sumpfland,

als du littest in den Marschen.

Veljo Tormis»Curse Upon Iron« – »Raua needmine«(In englischer Sprache gesungen)

33br-chor.de

Fie upon you, evil iron…

Then a wolf came running hither,bear arambling over younder.Footprints stirring in the swampland,traces from the swamp arising,giving rise to iron seedlings,

in the shadows of the wolf prints,in the traces of the bear tracks.

Ohoi wretched child of bogland,born of rust and milk of maidens!

Tell me who made you so angry!

Who set you to evil doings?

Death came riding through the marshes,plague along the wintry byways,til they found the iron seedlingsresting in the lowly swampland.

Then great death began to utter,

killer plague began intoning,in a pinegrove on a hillside,in a field behind the village,far beyond the farmer’s granges.Here will be the fateful forging!

Here a furnace I will fashion,

mighty fanning bellows anchor!

Here I’ll set the iron boiling!Blast the rusty ore to flaming!

Pound the iron full of fury!

Pfui, böses Eisen …

Dann hetzte der Wolf von hier,der Bär streifte von dort.Getrampel erschüttert das Sumpfland,Spuren sich im Sumpfe senken,lassen die Keimlinge des Eisens wachsen,im Schatten der Wolfsabdrückein den Spuren der Bärentatzen.

Ohoi, armseliges Kind des Moores,geboren aus Rost und Milch der Jungfrauen!Sage mir, wer machte dich so wütend!Wer brachte dich zu bösen Taten?

Tote kamen reitend durch die Marschen,Plage entlang eisiger Wege,bis sie des Eisens Keimlinge fanden,die in dem flachen Sumpfland ruhten.

Dann begann der große Tod um sich zu greifen,tödliche Plage hob an,im Kiefernwald am Bergeshang,im Feld hinter dem Dorfe,weit von den Scheunen der Bauern.Hier wird das verhängnisvolle Schmieden beginnen!Hier werde ich einen Schmelzofen errichten,mit mächtig blasendem Balg versehen.

Hier werde ich das Eisen schmelzen!Den rostigen Stahl in die Flammen werfen!Das Eisen voller Wut zertrümmern!

34br-chor.de

Iron quaked and iron quivered,quaked and quivered, tossed and trembeled,when he heard the call for fire,heard the iron’s angry summons.

Ohoi cursed, evil iron!Then you were not high and mighty,

not so mighty, not so haughty!Moaning in the blazing furnace,whining under beating anvils.

Droned the old man on the ovengroaned the greybeard from the furnace:

»Iron stretches out like tallow,dripping down like oozing spittle,flowing from the blazing furnace,seeping from the scalding fire.

Yet the iron, soft and gentle,must be toughened, must be tempered,turned into steel defiant.

Get the spittle from a serpent!Bring the venom from a viper!Iron would not harbour evil,if it had no serpent spittle

had no murky viper venom.«

Droned the old man on the oven,groaned the greybeard from the furnace:

»Shelter us, supreme creator!Grant us safety, God almighty.

Das Eisen zittert und das Eisen bebt,zittert und bebt, wälzt sich und schaudert, als er den Ruf nach Feuer hörte,des Eisens wütende Rufe hörte.

Ohoi, verfluchtes, böses Eisen!Damals warst du nicht groß und mächtig,nicht so mächtig, nicht so stolz,Stöhnend in der lodernden Glut,Jammernd unter Schlägen auf dem Amboss.

Es brummt der alte Mann am Ofen,es ächzt der Alte vor der Glut:

»Das Eisen fließt dahin wie Talg,herabtropfend wie zäher Speichel,fließend aus der lodernden Glut,sickernd aus dem heißen Feuer.

Doch das Eisen, weich und sanft,muss gestärkt und muss gehärtet werden,um zu trotzigem Stahl zu werden.

Nimm den Speichel einer Schlange!Bring das Gift von einer Viper!Eisen würde nichts Böses hegen,wenn es hätte keiner Schlange Speichel,hätte kein dunkles Viperngift.«

Es brummt der alte Mann am Ofen,es ächzt der Alte vor der Glut:

»Schütze uns, höchster Schöpfer!Gewähre uns Sicherheit, allmächtiger Gott,

35br-chor.de

Wandelnde Zeiten, moderne Götter.Kanonen, Flugzeuge, Panzer, bewaff- nete Kriegsführung.Auf dass die Menschheit nicht vergehe,zukünftige Kinder geschützt seien …Neuer Stahl und Eisen,verwandelt in präzisesBöses, machtvolle Mörder,bewaffnet mit automatisch gesteu- erten Geräten, bewaffnet mit Atomsprengköpfennutzlos gegen jede Verteidigung.… vor Zerstörung, vor Auslöschung,ewig Teil von Gottes Schöpfung.«

Messer, Speere, Äxte, Hellebarden, Säbel, Schleudern, Tomahawks, Bumerangs, Pfeile und Bögen, Steine und Keulen, Zähne und Klauen, Sand und Salz, Staub und Pech, Napalm und Kohle.

Neuerungen, weitreichend, technisch,elektronisch, endgültig,bereit, in jede Richtung zu fliegen,sie beizubehalten, das Ziel mit aller Kraft zu treffen.

Vernichten, lahmlegen,auslöschen, hoffnungslos ohnmächtig machen.Töten, töten mit Eisen, Stahl!

Töten mit Eisen, Stahl und Eisen, Chrom, Titan, Uran, Plutonium und Massen von Elementen.

Ohoi, verfluchtes, böses Eisen!Schwert, Vater aller Kriegsführung!Goldener Wächter des Sumpfrostes,Stahl, der ganz und gar des Bösen ist.

Changing eras. Modern deities.Cannons, airplanes, tanks, armed warfare.So that mankind will not perish,

future children be protected …New steel and iron,transformed into preciseevil, powerful killersarmed with automated guiding devices,armed with nuclear warheadsuseless against all defenses.… from destruction, from extinction,ever part of God’s creation.«

Knives, spears, axes, halberds, sabres, slings, tomahawks, boomerangs, bows and arrows, rocks and clubs, claws and teeth, sand and salt, dust and tar, napalm and coal.

Innovations, far-reaching, technical,electronical, ultimate,ready to fly in any direction,stay undeflected, striking target forcefully.

Annihilate, knocking out of action,obliterate, render hopelessly impotent.Killing, killing with iron, steel!

Killing with iron, steel and iron, chromium, titanium, uranium, plutonium and multitudes of elements.

Ohoi cursed, evil iron!Sword, begetter of all warfare!Golden guardian of the swamp ore,steel that’s kith and kin to evil.

36br-chor.de

Fie upon you, evil iron!You and I are from the same seed,from the same earth we have sprouted.

From the same good soil we harken,

you and I, we share this planet,bound to share the earth together,earth that will us all recover,

earth enough for all, forever.

August Annist (1899–1972) nach Auszügen aus der Kalevala, überarbeitet und erweitert von

Paul-Eerik Rummo (*1942)und Jaan Kaplinski (*1941)

Übertragung ins Englische von Heli Kopti, Leena Mai Liivet, Ruth Veskimets und Roman Toi

Pfui, böses Eisen!Du und ich sind aus derselben Saat,aus derselben Erde sind wir ent- sprossen.

Von demselben guten Boden lauschen wir,du und ich, wir teilen diesen Planeten,gemeinsam hier zu leben,Erde, die uns alle wieder bedecken wird,Erde, genug für alle, für immer.

37br-chor.de

L’homme armé doibt on doubter.

On a fait partout crierque chascun se viengne armerd’un haubregon de fer.L’homme armé doibt on doubter.

Unbekannter Textdichter (15. Jh.)

How long, O Lord, how long, before the floodof crimson-welling carnage shall abate?From sodden plains in West and East, the bloodof kindly men steams up in mists of hate,polluting Thy clean air: and nations greatin reputation of the arts that bindthe world with hopes of heaven, sink to the stateof brute barbarians, whose ferocious mindgloats o’er the bloody havoc of their kind,not knowing love or mercy. Lord, how longshall Satan in high places lead the blindto battle for the passions of the strong?Oh, touch Thy children’s hearts, that they may knowHate their most hateful, pride their deadliest foe.

Robert Palmer (1888–1916)

Den Mann in Waffen muss man fürchten.Überall hat man ausrufen lassen,dass jeder sich bewaffnen sollemit einem eisernen Kettenpanzer.Den Mann in Waffen muss man fürchten.

Wie lange noch, o Herr, wann wird die Flut,blutrot dem Gemetzel entströmend, verebben?Aus dem getränkten Land in Ost und West steigt das Blutbraver Männer dampfend empor in Schwaden des Hasses und verdirbt Deine reine Luft: Und Völker,so stolz jener Künste, die der Welt die himmlische Hoffnung geben, werden zu Werkzeugenbrutaler Barbarei, deren böser Sinn

sich weidet am blutigen Chaos ihres Wesens,ohne Liebe noch Gnade zu erkennen. Herr, wie lange nochwird Satan von dort oben die Blinden zwingen,sie um das kranke Streben der Mächtigen kämpfen zu lassen?Oh berühre die Herzen deiner Kinder, mögen sie erfahren,wie zu bannen das Hassen, stolz ihrer tödlichen Feinde.

Gabriel Jackson»The Armed Man«

39br-chor.de

Arnold Schönberg»Friede auf Erden«

Da die Hirten ihre Herdeließen und des Engels Wortetrugen durch die niedre Pfortezu der Mutter und dem Kind,fuhr das himmlische Gesindfort im Sternenraum zu singen,fuhr der Himmel fort zu klingen:»Friede, Friede auf der Erde!«

Seit die Engel so geraten,o wie viele blut’ge Tatenhat der Streit auf wildem Pferde,der Geharnischte vollbracht!In wie mancher heil’gen Nachtsang der Chor der Geister zagend,dringlich flehend, leis verklagend:»Friede, Friede auf der Erde!«

Doch es ist ein ew’ger Glaube,dass der Schwache nicht zum Raubejeder frechen Mordgebärdewerde fallen allezeit.Etwas wie GerechtigkeitWebt und wirkt in Mord und Grauenund ein Reich will sich erbauen,das den Frieden sucht der Erde.

Mählich wird es sich gestalten,seines heil’gen Amtes walten,Waffen schmieden ohne Fährde,Flammenschwerter für das Recht,und ein königlich Geschlechtwird erblühn mit starken Söhnen,dessen helle Tuben dröhnen:»Friede, Friede auf der Erde!«

Conrad Ferdinand Meyer (1825–1898)

Mittwochs, 22.05 UhrEine Stunde mit dem Chor desBayerischen Rundfunks

40br-chor.de

Der Chor des Bayerischen Rundfunks wurde 1946 gegründet und feiert dieses Jahr sein 70-jähriges Bestehen. Sein künstlerischer Aufschwung verlief in enger Verbindung mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, deren beider Chefdirigent seit 2003 Mariss Jansons ist. Daneben wurde Howard Arman im Sommer 2016 zum Künstlerischen Leiter berufen. Schwerpunkte des Chores bilden zeitgenössische Vokalmusik sowie die Kooperation mit Originalklangen-sembles wie Concerto Köln oder der Akademie für Alte Musik Berlin.

Aufgrund seiner besonderen klanglichen Homogenität und der stilistischen Viel-seitigkeit, die alle Gebiete des Chorgesangs von der mittelalterlichen Motette bis zu zeitgenössischen Werken, vom Oratorium bis zur Oper umfasst, genießt das Ensemble höchstes Ansehen in aller Welt. Gastspiele führten den Chor nach Japan sowie zu den Festivals in Luzern und Salzburg. Europäische Spitzenorches-ter, darunter die Berliner Philharmoniker, das Concertgebouworkest Amsterdam und die Sächsische Staatskapelle Dresden, schätzen die Zusammenarbeit mit dem BR-Chor. In jüngster Vergangenheit konzertierte der Chor mit Dirigenten wie Andris Nelsons, Bernard Haitink, Daniel Harding, Yannick Nézet-Séguin, Sir John Eliot Gardiner, Thomas Hengelbrock, Sir Simon Rattle und Christian Thielemann.

In den Reihen musica viva und Paradisi gloria sowie in den eigenen Abonne-mentkonzerten profiliert sich der Chor regelmäßig mit Uraufführungen. Für seine CD-Einspielungen erhielt er zahlreiche hochrangige Preise, darunter den ECHO Klassik 2014. Im folgenden Jahr wurde dem Chor der Bayerische Staats-preis für Musik zuerkannt.

Chor des Bayerischen Rundfunks

41br-chor.de

Vielseitigkeit gehört zu den wichtigs-ten musikalischen Anliegen des in Lon-don geborenen Dirigenten, Chorleiters und Komponisten Howard Arman, der seit Beginn der Saison Künstlerischer Leiter des BR-Chores ist. So profiliert er sich in allen Epochen, Genres und Darbietungsformen der klassischen Musik: vom historisch informierten Ba-rockkonzert über Chorsymphonik und Oper bis hin zu Jazzprogrammen und breitenwirksamen, selbst moderierten Mitsingkonzerten.

Howard Arman ließ sich am Trinity College of Music in London ausbilden, bevor er zunächst mit renommierten englischen Ensembles kooperierte und schon bald seinen Wirkungskreis auf Europa und Israel ausweitete. In Deutschland arbeitete er mit den Chören des NDR, des SWR, des RIAS Berlin und in Öster-reich mit dem ORF-Chor zusammen. Längerfristige künstlerische Bindungen ging er von 1983 bis 2000 beim Salzburger Bach-Chor sowie von 1998 bis 2013 als Künstlerischer Leiter des MDR Rundfunkchores Leipzig ein. Bereits 1991 trat Howard Arman erstmals im Wiener Musikverein und 1995 bei der Eröffnung der Salzburger Festspiele in Erscheinung. Neben seinem internationalen Wir-ken als Chordirigent leitete er vielbeachtete Produktionen an Opernhäusern in Deutschland, Österreich, Italien und in der Schweiz. Für die Neuformierung des Händel-Festspielorchesters anlässlich der Inszenierung von Orlando wurde Howard Arman 1996 mit dem Händel-Preis geehrt. Von 2011 bis Juli 2016 war er Musikdirektor des Luzerner Theaters, wo er u. a. Purcells Dido and Aeneas, Mozarts Le nozze di Figaro und Händels Hercules ebenso wie das Tanztheater Metamor-phosen (mit eigenen Kompositionen) und die Uraufführung von Johannes Maria Stauds Die Antilope leitete.

Seine umfangreiche Diskographie enthält etwa die mit dem ECHO Klassik prä-mierte Einspielung von Rachmaninows Chorwerk Großes Abend- und Morgenlob. Beim Chor des Bayerischen Rundfunks war Howard Arman seit 2002 immer wieder zu Gast und präsentierte u. a. Händels Funeral Anthem for Queen Caro-line, Purcells Ode on St Cecilia’s Day 1692, Rossinis Petite messe solennelle beim Lucerne Festival sowie das Mitsingkonzert cOHRwürmer.

Howard Arman

42br-chor.de

DUNCAN WARD Dirigent, MARK PADMORE Tenor, CARSTEN CAREY DUFFIN Horn, L’ACCADEMIA GIOCOSA – JAN DISMAS ZELENKA »Lamentatio Pro Die Jovis Sancto I« aus »Lamentationes Jeremiae Prophetae«, ZWV 53; GEORG PHILIPP TELEMANN: »Ach Herr, strafe mich nicht in deinem Zorn«, Kan-tate TVWV 7:2; JOHANN SEBASTIAN BACH: »Ich armer Mensch, ich Sündenknecht«, Kantate BWV 55; BENJAMIN BRITTEN »Sinfonietta«, op. 1; »Serenade« für Tenor, Horn und Streicher, op. 31

SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS

23.10. 20 Uhr Prinzregententheater

BACH

PAD

MORE

BRI

TTEN

TELEMANN ZELENKA

Das große Weihnachtskonzert des Bayerischen RundfunksSchirmherrschaft: Intendant Ulrich Wilhelm

www.christmas-classics.de Tickets: br-klassikticket.deTel. 0800-59 00 594 (gebührenfrei)

CHRISTMAS CLASSICS

Die CD zum Konzert.Ab 04.11. überall im Handel und im www.br-shop.de

Chor des Bayerischen RundfunksMünchner RundfunkorchesterLeitung: Howard Arman

Mi., 30.11. Prinzregententheater | 19.30 UhrSa., 03.12. Herkulessaal der Residenz | 20.00 Uhr

BR_161203_AboPlus_A5_v9.indd 1 07.10.16 11:52

28br-chor.de

43br-chor.de

Chor des Bayerischen RundfunksChefdirigent: Mariss JansonsKünstlerischer Leiter: Management: Susanne VongriesPostanschrift: 80300 MünchenTelefon: (089) 59 00 44 004

Programmhefte des Chores desBayerischen RundfunksSaison 2016/2017, Heft 1

ImpressumHerausgegeben vom Bayerischen RundfunkProgrammbereich BR-KLASSIKPublikationen Chor und Symphonieorchesterdes Bayerischen Rundfunks, verantwortlich:Dr. Renate UlmRedaktion: Alexander HeinzelGraphisches Gesamtkonzept: Klaus Fleckenstein –Atelier für Graphik- und Photo-Design, HabachUmsetzung: Antonia Schwarz, MünchenDruck: alpha-teamDRUCK GmbH, MünchenNachdruck nur mit GenehmigungDas holzfreie Papier zum Umschlag ist FSC-zertifiziert (Forest Stewardship Council). Das holzfreie Papier zum Innenteil stammt aus einem nach ISO 14001 Umweltmanagement zertifizierten Herstellungsbetrieb.

Textnachweis Originalbeiträge für dieses Heft: Florian Heurich, Judith Kaufmann, Wolfgang Stähr; Interview: Alexander Heinzel; Werkeinführung Arman-Bataille: Auszug aus dem Vorwort der Chorpartitur, übersetzt von Erdmute Schruhl; Gesangs-texte nach den Chorpartituren, Übersetzungen: Wikipedia (Jackson), Alexander Heinzel (Palmer), Markus Hänsel (Tormis), übrige: Archiv des Bayerischen Rundfunks; Biographien: Archiv des Bayerischen Rundfunks.

Bildnachweis Titelgrafik: Atelier Fleckenstein unter Verwendung eines Bildmotivs von shutterstock.com; Library of Congress, Washington (Arbeau); Astrid Ackermann (Arman, BR-Chor); Wikimedia Commons, lizenziert unter GNU-Lizenz für freie Dokumentation, Lizenztext siehe Anhang A (Fragonard, Janequin); www.provictoria.wordpress.com (Victoria); Biblio-teca nacional España, Madrid (Titelblatt); www.static.err.ee (Tormis); Wikimedia Commons / Joel Garthwaite (Jackson); Wikimedia Commons / The Bridgeman Art Library (Gallen-Kallela); Wikimedia Commons / Museum für Kulturge-schichte, Oslo (Schamanentrommel); Arnold Schönberg Center (Schönberg); www.zeno.org (Meyer); Wikimedia Commons / Kunstmuseum Basel, Kupferstichkabinett (Graf); www.repository.royalholloway.ac.uk (Noten); alle anderen: Archiv des Bayerischen Rundfunks.

Freundeskreis Chor des Bayerischen Rundfunks e.V.c/o Rechtsanwälte Schoepe Fette Pennartz Reinkez. Hd. Herrn Rechtsanwalt Prof. Dr. Stefan J. Pennartz Bavariaring 26, 80336 München

Tel.: (0 81 52) 39 62 57-1 Fax: (0 81 52) 39 62 [email protected]

Werden Sie Mitglied!

SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS

1. Abo Chor.indd 43 06.10.16 13:42

Howard Arman

44br-chor.de

KartenvorverkaufBRticket, Telefon: 0800 - 59 00 59 4 (national kostenfrei) München Ticket mit angeschlossenen Vorverkaufsstellen Schüler- und Studentenkarten zu c 8,– bereits im Vorverkauf

www.br-klassikticket.de www.muenchenticket.de

KAMMERORCHESTER DES SYMPHONIEORCHESTERS | 1. KONZERTSonntag, 30. Oktober 2016 | 11.00 Uhr | Prinzregententheater

Wolfgang Amadeus Mozart Klavierkonzert C-Dur, KV 415Divertimento B-Dur, KV 137 | Divertimento F-Dur, KV 138Symphonie Nr. 34 C-Dur, KV 338

Alice Sara Ott Klavier | Radoslaw Szulc Künstlerische Leitung

c 36 | 48 | 64 | 72 | zzgl. VVK-Gebühr | Karten auch über MünchenMusik

SYMPHONIEORCHESTER DES BAYERISCHEN RUNDFUNKS | 1. ABO DDonnerstag/Freitag, 10./11. November 2016 | 20.00 UhrHerkulessaal der Residenz | Konzerteinführung: 18.45 Uhr

Arnold Schönberg »Kol nidre« | Kammersymphonie Nr. 1Peter Eötvös »Speaking Drums«Anton Bruckner »Te Deum«

Julia Kleiter Sopran | Janina Baechle MezzosopranMichael Schade Tenor/Sprecher | Tobias Kehrer BassMartin Grubinger Schlagzeug | Chor des Bayerischen RundfunksZubin Mehta Leitung

c 18 | 25 | 35 | 49 | 58 | 69 | 82

MUSICA VIVA | 2. ABONNEMENTKONZERTFreitag, 16. Dezember 2016 | 19.00 UhrHerkulessaal der Residenz | Konzerteinführung: 17.45 Uhr

Milica Djordjevic »Quicksilver« (UA)Nikolaus Brass »Der goldene Steig« für Sopran und Orchester (UA)György Ligeti Violinkonzert

Sarah Maria Sun Sopran | Ilya Gringolts ViolineSymphonieorchester des Bayerischen Rundfunks | Peter Rundel Leitung

c 12 | 25 | 38

MUSICA VIVA | LATE NIGHTFreitag, 16. Dezember 2016 | 22.00 Uhr | Bürgersaalkirche

Guillaume de Machaut Zweistimmige Balladen, Rondeaux, Virelais und LaisWolfgang von Schweinitz »Plainsound Study« Nr.1, op. 61aPhilippe de Vitry Musik aus der »Roman de Fauvel«-HandschriftChris Newman Symphonie Nr. 10 für Violine und Kontrabass

Helge Slaatto Violine | Frank Reinecke Kontrabass

c 15