Kriegs-End-Moranen

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  • Technische Universitt BerlinInstitut fr Stadt- und RegionalplanungFachgebiet Denkmalpflege

    Diplomarbeit

    Kriegs-End-Mornen Zum Denkmalwert der Trmmerberge in Berlin

    Eingereicht von: Ulrike ForbohmMatrikelnummer: 222644Studiengang: Landschaftsplanung

    Erstgutachter: Prof. Dr. phil. Gabi Dolff-BonekmperZweitgutachter: Dr.-Ing. Sylvia Butenschn

    Berlin, November 2009

  • Eidesstattliche Erklrungzur Diplomarbeit

    Hiermit versichere ich, dass ich die Diplomarbeit selbstndig und lediglich unter Benutzung der angegebenen Quellen und Hilfsmittel verfasst habe.

    Ich versichere auerdem, dass die vorliegende Arbeit noch nicht einem anderen Prfungsverfahren zugrunde gelegen hat.

    Berlin, den 23. November 2009

    Ulrike Forbohm

  • Inhaltsverzeichnis

    1 Einfhrung ............................................................................................. 11

    2 Zur Enttrmmerung und Unterbringung des Trmmerschuttes in Berlin .......... 15 2.1 Technischer Ablauf der Trmmerbeseitigung .................................. 16 2.2 Probleme ..................................................................................... 17 2.3 Durchfhrung in Ost- und Westberlin ........................................... 18 2.4 Stdtebauliche Leitgedanken zur Entwicklung Berlins nach 1945 Der Scharoun-Plan ...................................................................... 21 2.5 Reinhold Lingner und sein Stadtlandschaftskonzept ......................... 22 2.6 Anlage und Begrnung der Trmmerberge ..................................... 25 Fazit Kapitel 2 ........................................................................................ 28

    3 Einzelne Trmmerberge in Berlin ............................................................. 31 3.1 Auswahlbegrndung ................................................................... 31 3.2 Bunkerberge ............................................................................... 36 3.2.1 Volkspark Friedrichshain ........................................................ 36 3.2.2 Volkspark Humboldthain ........................................................ 42 3.3 Reine Trmmerberge ..................................................................... 49 3.3.1 Insulaner ................................................................................. 49 3.3.2 Volkspark Hasenheide ............................................................. 54 3.3.3 Volkspark Prenzlauer Berg ..................................................... 57 3.4 Teufelsberg .................................................................................. 61 3.5 Weiter Anlagen in der bersicht ................................................... 66 Fazit Kapitel 3 ........................................................................................ 73

    4 Zum Denkmalwert der Trmmerberge ....................................................... 77 4.1 Der Begriff Denkmal ...................................................................... 77 4.2 Denkmalfhigkeit .......................................................................... 77 4.3 Denkmalwrdigkeit von Trmmerbergen ......................................... 79 4.4 Vermittlung der Bedeutung von Trmmerbergen .............................. 83 Fazit Kapitel 4 ...................................................................................... 84

    Schlussbetrachtung .................................................................................. 87

    Quellenverzeichnis .................................................................................. 89Abbildungsverzeichnis ................................................................................ 93Kartenverzeichnis ..................................................................................... 96

    Anhang .................................................................................................... 97

  • Mitten in der City, zwischen Staub und StraenlrmWchst ne grne Beule ausm StadtgedrmDort hngen wir zum Weekend die Lungen in den WindBis ihre schlappen Flgel so richtig durchlftet sind

    Neulich sitz ich mit ner alten Dame auf der BankWir reden ber dies und das, da sag ich: Gott sei DankDs ist ihnn mal was eingefalln den Vtern dieser StadtDass unsereins n bissel frische Luft zum Atmen hat

    Die alte Dame lchtelt matt:Lass sie ruhn, die Vter dieser StadtDie sind so tot seit Deutschlands HimmelfahrtDie Mtter dieser Stadt habn den Berg zusammen gekarrt.

    Mont Klamott Aufm Dach von BerlinMont Klamott Sind die Wiesen so grn

    Nach einem Lied der DDR-Rockgruppe Silly

  • Kapitel 1Einfhrung

  • 11

    EINFHRUNG

    1 Einfhrung

    Berlin glich einem Trmmerfeld, als im Mai 1945 endlich die Waffen des Zweiten Weltkrieges in Europa verstumm-ten. Aus der viertgrten Stadt der Welt war ein Ort des Elends und der Zerstrung geworden. In mehreren hun-dert Luftangriffen waren tausende Bomben auf die Stadt niedergegangen.1 400-500 Mio. Kubikmeter Trmmer-schutt lagerten am Ende des Krieges in Deutschland, allein ein Siebentel davon, etwa 75 Mio. Kubikmeter, in Berlin.2 Die Trmmer, die meterhoch lagen, blockierten das Verkehrs- und Transportsystem. Wegen der zerstrten Leitungen waren die Gas- und Strom- sowie die Wasser-versorgung unterbrochen. In der Innenstadt wurde na-hezu die Hlfte des gesamten Wohnraumes zerstrt, die Auenbezirke waren weniger stark betroffen. Von den vor-mals 1,5 Mio. Wohnungen waren nach Kriegsende noch 730 000 bewohnbar.3 Auch die Zerstrung der Grnsub-stanz Berlins war enorm. Ein Groteil der Straenbume stand nicht mehr, die Wlder und Naherholungsgebiete existierten nur noch rudimentr. Die einst viel besuchten Parkanlagen hatten sich in Trmmerflchen verwandelt und die Grnflchen, die nicht durch Bunkerbauten, Bombentrichter, Schtzengrben und Endkmpfe schon whrend des Weltkrieges verwstet4 worden waren, wurden in den ersten Nachkriegsjahren fr die Versor-gung der Berliner Bevlkerung, insbesondere zum Anbau von Gemse, verwendet. Im Notwinter 1945/46 wurde

    1 Arnold 1999, 14-17.2 75 Mio. Kubikmeter entsprechen einem Gewicht von etwa 100 Mio. Tonnen. Diese Schuttmenge htte fr den Bau eines fnf Meter hohen und 30 Meter breiten Damms von rund 500 Kilometer Lnge gereicht, einer Streckenlnge von Berlin nach Warschau. (Arnold 1999, 14).3 Die Wohngebudezerstrung in Berlin war betrchtlich: 10 % der Gebude waren total zerstrt und mussten abgerissen wer den, 10 % waren schwer beschdigt, das heit Gebudeteile waren weggebrochen, 8 % der Huser waren mittelschwer beschdigt, die Gebude konnten theoretisch wieder hergestellt werden; leicht beschdigt und somit noch bewohnbar waren 62 % und nicht zerstrt wurden 10 % der Gebude. (Arnold 1999, 14,19).4 HAmpf-HeinricH, penscHken 1985, 78.

    ein Groteil der briggebliebenen Gehlze als Heizma-terial genutzt. Besonders die zentralen Parkanlagen wie beispielsweise der Tiergarten, der Volkspark Friedrichs-hain und der Volkspark Humboldthain wurden dadurch stark in Mitleidenschaft gezogen.5 ber den zerstrten Grnanlagen wurde ein Groteil des Trmmerschuttes zu Trmmerbergen6 aufgeschttet, die heute zur Topo-graphie der Stadt zu gehren scheinen. Was wissen wir heute berhaupt noch ber die Trmmer, die sich unter den vielen Hgeln und Anhhen befinden? Wie sind sie dorthin gekommen, was wurde unternommen, damit da-raus Grn- bzw. Erholungsflchen wurden? Und besitzen sie als Symbole einer Zeit des Vergessens und des Neu-anfangs einen Denkmalwert?

    Bis heute erfolgte in der Gartendenkmalpflege keine Auseinandersetzung mit dem Thema des Denkmalwertes von Trmmerbergen in Berlin. Da diese Grnflchen in der Stadt allerorts prsent sind, ist es meiner Meinung nach ntig, dieses Forschungsdefizit zu beheben. Des-halb beschftige ich mich in meiner Diplomarbeit mit den Kriegsendmornen, den in Berlin aus dem Trm-merschutt des Zweiten Weltkrieges entstandenen Trm-merbergen, die wie die Endmornen der Eiszeit das Aussehen der (Stadt-)Landschaft vernderten. Ziel der Arbeit ist zum einen einen berblick ber Entstehung und Geschichte der Trmmerberge zu geben, und zum anderen die Beantwortung der Frage, ob diese Trm-merberge einen Denkmalwert haben beziehungsweise haben sollten.

    Da das Thema bisher in der gartendenkmalpflegerischen Forschung kaum behandelt wurde, findet man nur weni-ge Verffentlichungen zur Frage der Trmmerbeseitigung und zur Anlegung der Trmmerberge in Berlin. Es existiert derzeit auch keine zusammenfassende Monographie. Die vorhandene Literatur stammt hauptschlich aus der

    5 vgl. ebd.6 Als Trmmerberg wird in dieser Diplomarbeit ein knstlich auf geschtteter Hgel bezeichnet, der hauptschlich aus Trmmern des Zweiten Weltkrieges besteht.

  • 12

    KAPITEL 1

    Entstehungszeit der Berge. Insbesondere zu den Ostber-liner Trmmerbergen ist wenig Material zu finden. Die fr die Arbeit verwendete Literatur besteht hauptschlich aus Artikeln aus zeitgenssischen Zeitschriften, Materialien, insbesondere Fotos, aus den Archiven der Heimatmuse-en der Bezirke, einzelnen unverffentlichten wissenschaft-lichen Arbeiten, Auszgen aus der Denkmaltopographie der Bundesrepublik Deutschland und aus Artikeln zu ein-zelnen Parkanlagen aus diversen Bchern.

    Nach einer ersten Recherche erfolgte die Begehung der einzelnen Anlagen. Daraufhin begann ich die intensive Literaturrecherche in Bibliotheken, Archiven und mtern, um Informationen ber die Entstehung und Entwicklung der verschiedenen Trmmerberge zusammenzutragen. Zur Klrung des Denkmalwertes der Trmmerberge stellte ich nicht nur eigene berlegungen an, sondern versuchte auch, das Interesse der Allgemeinheit bezie-hungsweise der ffentlichkeit zu erkunden. Dazu fhr-te ich mittels Internet und durch persnliche Befragung eine Umfrage zum Thema Berliner Grnanlagen mit Er-innerungspotential durch. Ziel war es, Meinungen der Bevlkerung zur Nutzung und Bedeutung der Trmmer-berge zu erhalten.

    Zu Beginn der Diplomarbeit werden die Trmmerbesei-tigung und die unterschiedlichen Herangehensweisen in Ost- und Westberlin analysiert. Dabei soll herausgestellt werden, wo bei diesen Durchfhrungen die Schwierigkei-ten lagen. Danach werden die Freiraumkonzepte, die zur Anlegung der Trmmerberge fhrten, vorgestellt und eine allgemeine Beschreibung zur Anlage und Begrnung von Trmmerbergen gegeben. Im dritten Kapitel stelle ich mit besonderem Augenmerk auf ihrer Entstehung einzelne Berliner Trmmerberge vor. Die Frage, inwieweit die Pla-nungen dieser Berge umgesetzt wurden, sie heute noch sichtbar sind und welche grnplanerische Bedeutung ihnen beigemessen wird, erfhrt besondere Beachtung. Der vierte Abschnitt behandelt den Denkmalwert dieser Grnanlagen. Es soll beurteilt werden, in wie weit die Geschichte, die hinter den Trmmerbergen steckt, dazu

    beitrgt, dass man von denkmalfhigen und denkmal-wrdigen Anlagen sprechen kann. Als aufgeschttete Reste ehemals bestehender Gebude, die nun zu Land-schaftselementen geworden sind, sind die Trmmerberge Erinnerungstopographien im eigentlichen Wortsinne. Es soll geklrt werden, ob ihre Historie berhaupt noch bekannt ist, welches Interesse die Bevlkerung an diesen Bergen hat, ob die Berge die Passanten zu gedanklichen Rckblenden anregen und ein wichtiges Puzzlestck da-fr sind, sie die Berliner Geschichte besser verstehen zu lassen. Abschlieend werden die Mglichkeiten einer Vermittlung der Bedeutung der Trmmerberge fr die ffentlichkeit untersucht; wie soll mit ihnen umgegan-gen werde und kann beziehungsweise sollte man diese Erinnerung frdern?

  • Kapitel 2Zur Enttrmmerung und Unterbringung des Trmmerschuttes

  • 15

    ZUR ENTTRMMERUNG UND UNTERBRINGUNG DES TRMMERSCHUTTES

    2 Zur Enttrmmerung und Unterbringung des Trmmerschuttes in Berlin

    Bevor die einzelnen Abschnitte behandelt werden, soll kurz die Zerstrung in den einzelnen Bezirken dargestellt werden. Die Berliner Bezirke wurden unterschiedlich stark vom Krieg zerstrt. Die Innenstadt war am strksten betroffen, da hier die wichtigsten Ziele fr die Bomben-angriffe gelegen hatten und die Bebauung am dichtesten war. In den Randbezirken, mit einigen Ausnahmen, fiel weniger Trmmerschutt an (Karte 1).1

    1 ficHtner 1977, 5-6.

    In den zentralen Bezirken Friedrichshain, Mitte und Tier-garten wurden rund 46 % aller Gebude total oder schwer beschdigt. Insgesamt fielen hier ca. 20,7 Mio. Kubikmeter Trmmerschutt an. Ebenfalls strker betrof-fen waren die Bezirke Kreuzberg (5 Mio. Kubikmeter), Schneberg (6 Mio. Kubikmeter), Steglitz (5,8 Mio. Ku-bikmeter) und Tempelhof (4,1 Mio. Kubikmeter). Das diese Bezirke nach Kriegsende eine grere Menge an Trmmerschutt aufwiesen, lag in Kreuzberg und Schne-berg vermutlich daran, dass im Gegensatz zu den ande-ren Bezirken, ausgenommen die drei Innenbezirke, eine dichtere Bebauung vorzufinden war.

    < 2 Mio. Kubikmeter

    2-3 Mio. Kubikmeter

    3,1-4 Mio. Kubikmeter

    4,1-5 Mio. Kubikmeter

    5,1-6 Mio. Kubikmeter

    > 6 Mio. Kubikmeter

    Trmmerschuttmengen

    Karte 1: Trmmerschuttmengen in den einzelnen Bezirken

  • 16

    KAPITEL 2

    Trmmer zwischengelagert, bis sie mit Hilfe der Zerklei-nerungsanlagen abgebaut wurden. So eine Zwischen-lagerstelle befand sich auch auf dem Messegelnde am Funkturm (Abb. 2). Grere Teile wie Ziegelsteine, Holzbalken, Stahltrger, Rohre und Buntmetalle wurden vorher bereits aussortiert. Bis 1950 wurden sie in ganz Berlin fr Neubauten und Reparaturen verwendet.5

    Die Trmmer, die nicht in geeigneter Weise wiederver-wendet oder weiterverarbeitet werden konnten, muss-ten letztendlich an geeigneten Stellen innerhalb und auerhalb Berlins endgelagert werden. Da jedoch im-mense Mengen des unbrauchbaren Materials anfielen, beschlossen die provisorischen Bezirksverwaltungen, damit Schtzengrben, Bombenkrater und hnliche Kriegsrckstnde unmittelbar im Stadtgebiet zuschtten zu lassen. Des Weiteren wurden Teile von Trmmer-grundstcken und Sportanlagen mit dem Schutt bedeckt und er wurde auf den Flugpltzen zum Ausbau, zur Pla-nierung und zur Befestigung eingesetzt.6 Die Trmmer-schuttverarbeitung erfolgte auch, indem man auf Pltzen und in Gartenanlagen Trmmer aufschttete und die Areale dadurch erhhte. Dies geschah zum Beispiel im Schlosspark Charlottenburg, der so um sechs bis acht Meter angehoben wurde. Der Groteil konnte auf diese Weise jedoch nicht untergebracht werden, hierzu waren grere Schttungen notwendig. Die meisten Trmme-rendlager sollten somit regelrechte Berge werden.7 Auf Grund der enormen Menge, die anfiel, ist heute kaum mehr nachvollziehbar, ob unter den einzelnen Bergen Teile von historischen Husern und Denkmlern oder andere wertvolle Bausubstanz liegen.

    Da die Trmmermassen ber lngere Strecken trans-portiert werden mussten, was mit Menschenkraft allein unmglich war, kamen sogenannte Bau-, Feld- oder Ar-beitsbahnen zum Einsatz. Die Kleinbahnen mit offenen

    5 Arnold, von GriesHeim 2002, 60, 78.6 Arnold 1999, 20-21 und FICHTNER 1977, 11.7 Siehe Kapitel 2.5 und 2.6.

    Der Flughafen Tempelhof war Ziel vieler Bombenangriffe, daher wurden auf Grund der ungenauen Treffer Huser in Tempelhof und Kreuzberg beschdigt. Anzunehmen ist, dass auch wegen der Bahnstrecke vom Anhalter Bahnhof nach Sden und dem Rangierbahnhof und der damit verbundenen Industriestandorte diese vier Bezirke strker verwstet worden sind. Die Trmmermengen der restlichen Bezirke schwankten zwischen 1,2 und 3,9 Mio. Kubikmeter Trmmerschutt, hier waren im Durchschnitt 12 % der Gebude nicht mehr benutzbar.2

    2.1 Technischer Ablauf der Trmmerbeseitigung

    Die Trmmerbeseitigung begann in Berlin am 3.5.1945 direkt nach der Kapitulation der Stadt auf sowjetischen Befehl. Fr die Enttrmmerung wurden viele Frauen herangezogen. Meistens war die Teilnahme an Ent-trmmerungsarbeiten Voraussetzung fr den Bezug von Lebensmittelkarten3. Aus diesem Grund war auch ein Groteil der Arbeitslosen mit der Beseitigung des Trm-merschuttes beschftigt.

    Schnell wurde der Begriff der Enttrmmerung geprgt. Das Wort schliet neben dem Abtragen einzelner, verteil-ter Hausreste auch das Einreien von stehengebliebenen Gebudeteilen ein. Die Wiedergewinnung verwendbarer Baumaterialien spielte eine wichtige Rolle, denn zwei Drittel der anfallenden Materialien sollten fr den Wie-deraufbau eingesetzt werden.4 Mit Hilfe von Trmmerauf-bereitungsanlagen (auch Trmmerzerkleinerungsanlagen genannt) konnten viele Trmmer zu Baumaterial wie zum Beispiel Split verarbeitet werden (Abb. 1). In mehreren Berliner Bezirken wurden solche mobilen und stationren Aufbereitungsanlagen aufgebaut. In der Nhe wurden Trmmersammelstellen errichtet, deren Trmmerhaufen teilweise ber zehn Meter hoch waren. Hier wurden die

    2 Arnold, von GriesHeim 2002 und Herfeld 1987.3 ficHtner 1977, 6.4 Arnold 1999, 21, 28.

  • 17

    ZUR ENTTRMMERUNG UND UNTERBRINGUNG DES TRMMERSCHUTTES

    Loren waren bereits unter anderem im Tage- und Berg-bau erprobt worden. Ihre leicht verlegbaren Gleise und die wendigen Zugmaschinen erleichterten den Transport auch an schwierigen Stellen. Das Schienennetz wurde in der Innenstadt erweitert, so dass nun Stichbahnen an die Spree und andere Wasserstraen fhrten, wo man die Trmmer auf Khnen verschiffte. Es wurden aber auch andere Verkehrsmittel wie Straenbahnen, Eisenbahnen, Pferdewagen und Lastkraftwagen eingesetzt. Insbeson-dere durch den Einsatz von Lastkraftwagen war es mg-lich, in abgelegenen Gebieten, die mit Schienenverkehr nicht erreicht werden konnten, Enttrmmerungsarbeiten durchzufhren.8

    2.2 Probleme

    Eine schnelle Beseitigung der Trmmer war erforderlich, da bei lngerem Stillstand die Gefahr bestand, dass Seu-chen ausbrachen. Auch mussten die Gefahrenherde be-seitigt werden: Die vielen Ruinen waren nicht standsicher, es bestand an vielen Stellen Einbruchgefahr. Des Weiteren war es aus gesundheitlichen Grnden dringend notwen-dig, die stdtischen Grnflchen wieder herzustellen. Die Luftverunreinigung war stark gestiegen. 1949 und 1950 wurde eine auerordentlich hohe Verunreinigung der Luft durch Staubniederschlge gemessen.9 Somit mussten die Trmmermassen schnell und mit geringstmglichem Aufwand verschwinden. Der Abtransport der Trmmer war zu Beginn jedoch ein ernstes Problem. Es gab keine Verkehrsmglichkeiten in Berlin, denn die letzen Kriegs-jahre hatten den ffentlichen Verkehr lahmgelegt und fr den Abtransport auf den Berliner Wasserwegen standen nicht genug Khne zur Verfgung. Es dauerte einige Zeit, bis das Problem behoben war. Die Rumung wur-de weiterhin durch das Fehlen von Abrumgerten und Maschinen erschwert. Es waren nicht genug Gerte vor-handen, um die Arbeitskrfte entsprechend auszursten.

    8 vgl. Arnold 1999, 28 und Arnold, von GriesHeim 2002, 86.9 Herfeld 1987, 25.

    Abbildung 1: Trmmeraufbereitungsanlage

    Abbildung 2: Zwischenlagerstelle des Trmmerschuttes amFunktturm

  • 18

    KAPITEL 2

    Viele arbeiteten mit den bloen Hnden. Auch der Kraftstoff fr die Transportfahrzeuge war knapp. Durch den Mangel an Maschinenkraft konnte die Enttrmme-rung nicht sofort in vollem Umfang erfolgen, weshalb man sich zunchst auf das Wichtigste konzentrierte, die Gefahrenbeseitigung, die die ersten Jahre in Anspruch nahm.10 Ein weiteres schwerwiegendes Problem war die Berliner Blockade und die Isolierung Westberlins. Fr diesen Teil der Stadt war eine Frage zentral: Wohin mit dem Trmmerschutt?11 Auch nach 1948/49 blieb die Trmmerbeseitigung eine dringende Aufgabe in Ost- und in Westberlin. Die Art der Umsetzung differierte jedoch sehr.12

    2.3 Durchfhrung in Ost- und Westberlin

    Westberlin

    In Westberlin lagen nach Kriegsende ca. 45 Mio. Ku-bikmeter Trmmerschutt.13 Der Abtransport der Trmmer wurde nach der Teilung Berlins zu einem noch greren Problem. Umgeben von der sowjetisch besetzten Zone und im Osten begrenzt durch den sowjetischen Sektor, war Westberlin eine Stadt ohne Hinterland. Die Sand- und Kiesgruben und Steinbrche in Brandenburg, die einen Groteil der Trmmermassen htten aufnehmen knnen, waren unerreichbar.14 Reinhold Lingner hielt die Auffllung solcher Abraumflchen fr eine gute Lsung, da so gleichzeitig die entstandenen Schden in der Land-schaft rekultiviert werden knnten. Aber auf Grund der politische Isolation Westberlins war der Transport nicht mglich. So war der Westsektor gezwungen, den Trm-merschutt im Stadtraum unterzubringen. Die Blockade wirkte zustzlich erschwerend, indem die Beschaffung

    10 vgl. ficHtner 1977, 6.11 Siehe Kapitel 2.3.12 keiderlinG 1999, 39.13 BttcHer 1955, 5214 vgl. Huse 1989, 218.

    von Werkzeugen nicht mglich war. Auch die Verwertung der wiederverwendbaren Baustoffe wurde behindert, da die hierfr notwendigen Materialien wie Zement nicht vorhanden waren und nicht beschafft werden konnten. Somit hatten die Teilung der Stadt und die Blockade auf die Enttrmmerungsarbeiten einen weitgehenden Einfluss.15

    Kriegszerstrungen, Wohnungsnot, Massenarbeitslosig-keit der wirtschaftliche und soziale Notstand waren die Ursache fr das Entstehen des Berliner Notstands-programms in Westberlin. Ziel war zum einen, durch Arbeitsbeschaffungsmanahmen den Arbeitsmarkt zu entlasten, und zum anderen die Ausfhrung von Ar-beiten, die im ffentlichen Interesse unumgnglich er-forderlich waren16. Ab 1950 wurde Westberlin in den Marshallplan und damit in das dem europischen

    15 Herfeld 1987, 44 und ficHtner 1977, 9.16 steinBrinG 1956, 18.

    Abbildung 3: Trmmerbeseitigung in Westberlin

  • 19

    ZUR ENTTRMMERUNG UND UNTERBRINGUNG DES TRMMERSCHUTTES

    Wiederaufbau dienende Programm ERP17 einbezogen. Es wurde beschlossen, dass Berlin aus amerikanischen Mit-teln zunchst fr vier Monate eine Notstandsbeihilfe von 20 Mio. DM im Monat erhielt. Bedingung war, mit diesen Mitteln mindesten 50 000 Menschen zu beschftigen. Sollte dies gelingen, wrde ber eine Weiterbewilligung von Mitteln verhandelt werden.18 Eine weitere Bedingung war der sofortige Beginn der Durchfhrung, welche dem Berliner Magistrat als Empfnger der Finanzmittel oblag. Das Notstandsprogramm wurde am 28. Mrz 1950 genehmigt. Zuerst wurden Enttrmmerungs- und Grnflchenarbeiten durchgefhrt (Abb. 3), da die Aus-fhrung lohnintensiver Arbeiten bevorzugt wurde. Fr die Notstandsarbeiten auf Grnflchen war der Senator fr Bau- und Wohnungswesen verantwortlich.19 In diesem Bereich wurden insbesondere weibliche Arbeitskrfte be-schftigt, da hier Arbeiten mit verhltnismig geringer krperlicher Beanspruchung erfolgten; auch Sozialun-tersttzungsempfnger wurden in dieser Sparte vermehrt eingesetzt, da kein Fachwissen erforderlich war.

    Die Bedingungen konnten bereits im Mai 1950 erfllt werden: Mehr als 50 000 Menschen fanden eine Be-schftigung; bis Mrz 1952 wurden somit nach und nach 425 Mio. DM bewilligt. Ab 1952 wurden auch zu-stzliche Mittel aus deutschen Quellen bereitgestellt, so dass bis 1956 insgesamt 1,018 Mrd. DM zur Verfgung standen.20 Das ursprngliche Ziel war ein reines Be-schftigungsprogramm. Es sollten Arbeitslose beschftigt werden, jedoch ohne im Vorfeld festzulegen, wie viele, an welchen Stellen und zu welchem Zweck sie eingesetzt werden sollten. Nach und nach trat ein anderes Ziel in

    17 ERP=European Recovery Program (Europa-Hilfsprogramm); weiterfhrende Literatur zum Thema Berliner Notstandspro gramm: peters, W. 1958: Das Berliner Notstandsprogramm als Instrument der Beschftigungspolitik. Dissertation, Freie Universitt Berlin.18 steinBrinG 1956, 15-19.19 ebd., 21, 51, 72.20 steinBrinG 1956, 92-93.

    den Vordergrund: Neue feste Arbeitspltze sollten ge-schaffen werden und Wohnungen entstehen.

    Das Notstandsprogramm war in den Jahren seines Bestehens in einem doppelten Sinne an der Beseitigung eines Notstandes beteiligt: Es konnte nicht nur die grte Not der Arbeitslosen behoben werden, sondern es wurden Arbeiten ausgefhrt, deren Erledigung von dringendem ffentlichen Interesse war. Der inzwischen auch in Berlin einsetzende allgemeine wirtschaftliche Aufschwung erforderte sowohl den Ausbau des Straen- und Verkehrsnetzes, als auch die Mo-dernisierung alter und die Einrichtung neuer An-lagen der stdtischen Betriebe.21

    Bis zum Ende des Jahres 1955 wurden fr Grnmanah-men rund 93 Mio. DM investiert. Damit wurden unter an-derem 2 350 ha Erholungsflchen wiederhergestellt bzw. neu angelegt. Dies war besonders wichtig, da mit der Teilung der Stadt fr viele Berliner eine Verschlechterung der Zugnglichkeit zu Freizeit- und Erholungssttten ein-herging. Viele Parkanlagen und Ausflugsziele im Stadt-randbereich und in der freien Landschaft konnten nur noch unter erschwerten Bedingungen erreicht werden.22

    Ostberlin

    Im Dezember 1948 erklrte der Ostberliner Magist-rat die Trmmerbeseitigung in Ostberlin lagen nach Kriegsende rund 30 Mio. Kubikmeter Schutt zu einer Schwerpunktaufgabe. Die Leitung wurde der Abteilung Bauwesen im Amt fr Abrumung bertragen. Mit den durchschnittlich 4 000 bezahlten Trmmerarbeitern ging das Abrumen nur sehr langsam voran. Deshalb wurde verstrkt auf freiwillige Arbeitseinstze zurckgegriffen. Die Bevlkerung wurde zu Aufbausonntagen aufgeru-fen.23 Dadurch ging die Enttrmmerung, aber auch die

    21 steinBrinG 1956, 33.22 HAmpf-HeinricH, penscHken 1985, 81.23 vgl. keiderlinG 1999, 39.

  • 20

    KAPITEL 2

    Aufbereitung von wiederverwendbarem Material schnell voran. Da der politische Druck strker wurde, beteiligte sich die Ostberliner Bevlkerung mehr oder weniger frei-willig an den Masseneinstzen (Abb. 4). Die Teilnahme an Aufbausonntagen galt als Stellungnahme gegen die imperialistische Kriegs- und Spaltungsplne24. Die Propagandaarbeit war effizient, die Ostberliner wurden stndig zu freiwilligen Selbstverpflichtungen bewegt.

    Am 25. November 1951 erfolgte die Proklamation eines Nationalen Aufbauprogramms Berlin (Abb. 5). Es fhrte die Enttrmmerungsarbeit fort. Schwerpunkt jedoch war die Errichtung von Mehrzweckgebuden entlang der Sta-linallee. Hier sollte ein beispielgebendes stdtebauliches Ensemble25 entstehen. Ein Nationalkomitee fr den Neuaufbau der deutschen Hauptstadt wurde als Leitung gebildet. Die einzelnen Bereiche wurden in Enttrmme-rungsobjekte untergliedert, fr jedes Objekt wurde eine Truppe zusammengestellt, in der jeweils einige Fachar-beiter waren. Die freiwilligen Arbeitsleistungen erfolgten in Halbschichten zu je 3 Stunden.26 Um die finanziellen Mittel zu generieren, wurde eine Aufbaulotterie ins Leben gerufen, an der alle deutschen Staatsbrger teilnehmen konnten.27 In Ostberlin entstanden keine Probleme bei der Endlagerung der unverwertbaren Trmmermassen, da freier Zugang zum Berliner Umland bestand. Die Schuttmassen wurden unter anderem auf dem Wasser-weg in die Kiesgruben am Seddinsee transportiert. Ein groer Teil des Schuttes wurde aber auch im Stadtgebiet des Ostsektors untergebracht.28

    24 keiderlinG 1999, 40.25 keiderlinG 1999, 40.26 puHlmAnn 1955, o. S.27 Wer fr ein Jahr drei Prozent seines Monatseinkommens investierte, bekam die gesamt eingezahlte Summe plus 3 Prozent Zinsen in drei Jahresraten ab Juli 1956 zurck (puHlmAnn 1955, o. S.). Zustzlich erhielt man ein Los, mit dem man bei Verlosungen unter anderem Geld oder sogar eine Wohnung gewinnen konnte. 28 keiderlinG 1999, 40.

    Abbildung 5: Plakat fr das Nationale Aufbauprogramm

    Abbildung 4: Trmmerbeseitigung in Ostberlin

  • 21

    ZUR ENTTRMMERUNG UND UNTERBRINGUNG DES TRMMERSCHUTTES

    2.4 Stdtebauliche Leitgedanken zur Entwicklung Berlins nach 1945 Der Scharoun-Plan

    Nach Berufung des 1. Magistrats fr Gro-Berlin im Jahr 1945 wurde Hans Scharoun Stadtrat fr Bau- und Wohnungswesen. Das von ihm geleitete Planerkollektiv des Stadtplanungsamtes entwickelte einen Wiederauf-bauplan, den sogenannten Scharoun-Plan, und prsen-tierte diesen 1946 auf der Ausstellung Berlin plant im Berliner Schloss. Neben Architekten und Stdtebauern war auch Reinhold Lingner als Leiter des Hauptamtes fr Grnplanung mageblich beteiligt.29 Die Idee war eine komplette Neugestaltung des zerstrten Berlins nach so-zialen, wirtschaftlichen, kologischen und sthetischen Gesichtspunkten zu einer Stadtlandschaft. Es war ein Konzept, in dem Stadt-, Verkehrs- und Landschaftpla-nung integriert waren. Die Grundidee war eine dem Verlauf des Urstromtales folgende Bandstadt mit einem rechteckigen Verkehrsraster und einem Mittelband fr Zentralfunktionen.30 Somit sollten Wohn- und Arbeits-sttten voneinander getrennt, aber durch den Verkehr miteinander verbunden sein. Bestreben des Kollektivs war es, eine Harmonie zwischen der Gestaltungsidee der Stadtlandschaft und den funktionellen Forderungen der Stadtorganismus herzustellen31. Einen groen Ein-fluss auf den Plan hatte die Charta von Athen mit ihren Grundstzen der Trennung der Funktionen.32

    Wenn auch einzelne Teilziele in einigen Beispielen wie der Standortbestimmung der Trmmerberge33 realisiert wurden, war das Konzept fr den Wiederaufbau Berlins bedeutungslos geworden. Es war finanziell, wirtschaft-

    29 HAmpf-HeinricH, penscHken 1985, 79.30 vgl. ArcHitekten- und inGenieur-verein zu Berlin 1972, 27.31 linGner 1947, 5. 32 Detailliertere Informationen zum Scharoun-Plan knnen in noWAk, k. 1995: Reinhold Lingner - sein Leben und Werk im Kontext der frhen DDR-Geschichte. Dissertation Hochschule fr Bildende Knste Hamburg. Unverffentl. nachgelesen werden.33 Siehe Kapitel 2.5 und 2.6.

    lich und sozial unmglich, die Stadt als Ganzes neu zu erbauen. Die Ausfhrung erfolgte nicht. Spter wurden die Plne als interessante Versuche und utopische An-regungen bezeichnet.34 Nach den ersten freien Wahlen 1946 schied Scharoun aus dem Magistrat aus. Das Planungskollektiv bestand fort und wurde erst 1949 von der erstarkten SED zerschlagen.35 Es entstanden in den Folgejahren weitere Plne zum Wiederaufbau, die hier nicht weiter betrachtet werden, da sie nicht umgesetzt wurden. Alle Plne, die bis zu diesem Zeitpunkt entstan-den, enthielten Konzepte fr eine ungeteilte Stadt. Dies nderte sich 1948 mit der Teilung Berlins. Mit dem Ge-setz ber stdtebauliche Planung wurde 1949 eine neue planungsrechtliche Grundlage fr Westberlin, als Vor-aussetzung fr die Aufstellung des Flchennutzungsplans von 1950 und des Generalbebauungsplans von 1950, geschaffen. Die Leitidee des Stdtebaus der 1950er Jahre, Auflockerung und Begrnung des gesamten Stadtgebietes und dadurch Schaffung von gesnderen Lebensbedingungen fr die Anwohner unter Bercksich-tigung der Substanz, war Ziel der Planung.36 Die Frage der Trmmerverwertung wurde in keinem der Plne noch einmal aufgegriffen.

    Nach Kriegsende begann auch die Wiederbepflanzung der Grn- und Erholungsanlagen, jedoch zu Beginn ohne planungsrechtliche Grundlagen. Ab 1948 kam ein Grnflchenprogramm zum Einsatz, dessen Ver-wirklichung zusammen mit der Enttrmmerung eine der Manahmen bildete, die der damalige Magistrat schon kurze Zeit nach der eingetretenen Spaltung der Berliner Verwaltung einleitete. Groe Summen aus dem Haus-halt wurden dafr aufgebracht. Die Grnarbeiten waren lohnintensiv und es entstanden verhltnismig geringe Materialkosten. Ziel war die Wiederherstellung, Erweite-rung und Neugestaltung der zerstrten Grn- und Erho-lungsanlagen. Auch die aus stdtebaulichen und sozialen

    34 ArcHitekten- und inGenieur-verein zu Berlin 1972, 28.35 noWAk 1995, 24.36 Herfeld 1987, 14.

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    KAPITEL 2

    Grnden angestrebte Auflockerung und Durchgrnung der engbebauten Innenstadt sollte verwirklicht werden.37

    2.5 Reinhold Lingner und sein Stadtlandschaftskonzept

    Im Folgenden wird Reinhold Lingners Landschaftskonzept vorgestellt. Dabei werden nur die fr diese Arbeit wichti-gen Punkte behandelt. Weitere Aspekte des Konzepts und detaillierte Informationen knnen dem Artikel LINGNER, R. 1947: Aufgaben und Ziele der Grnplanung. Der Bauhelfer, Heft 4, 2. Februarheft, 1947. 5-11. entnom-men werden.

    Im Juni 1945 wurde ein Hauptamt fr Grnplanung in Berlin eingerichtet; als dortiger Leiter war Reinhold Ling-ner von 1945-1950 ttig. Er machte sich zur Aufgabe, neue Grnanlagen zur Verbindung der vorhandenen Grninseln zu schaffen. Des Weiteren sollte der Schutt und Mll aus der Innenstadt beseitigt und jede geeignete Grnflche unter grtmglicher Bercksichtigung von Natur- und Denkmalschutz nutzbar gemacht werden.38 Seine umfangreichste Arbeit in diesem Zeitraum war das von ihm entwickelte Stadtlandschaftskonzept, welches bei der Ausstellung Berlin plant in Zusammenhang mit dem Scharoun-Plan vorgestellt wurde. Dieser Grnplan (Karte 2) griff vom Standpunkt der Landschaftsplanung aus in die stdtebauliche Gestaltung ein, der Scharoun-Plan wurde sozusagen begrnt.39 Die Baugebiete und Freiflchen sollten in Abhngigkeit der Bodeneigenschaf-ten angelegt und die Gliederung der Stadtlandschaft durch Einbeziehung der natrlichen Gegebenheiten vor-genommen werden.40

    37 Witte 1952b, 4.38 noWAk 1995, 27.39 linGner 1947, 5.40 Herfeld 1987, 11.

    Ein Bestandteil der Stadtlandschaftskonzeption war die Unterbringung des Trmmerschuttes. Nachdem Bom-benkrater, Baugruben, Feuerlschteiche etc. zugekippt waren, mussten neue Lagerstellen gefunden werden.41 Die Versuchung, den Schutt in Grnanlagen unterzu-bringen, war besonders gro, weil in vielen Grnanlagen der Baumbestand ganz oder groenteils vernichtet42 worden war. Die auerhalb der Stadt liegenden Kies-, Sand- und Tongruben wren ideale Standorte gewesen, um den Schutt unterzubringen, dies war aber auf Grund der Spaltung der Stadt und der daraus folgenden Ab-grenzung Westberlins nicht mglich. Lingners Verdienst war es, dass natrlichen Senken, Moore, Wasserflchen und einige Grnanlagen, insbesondere der Tiergarten, nicht bergekippt wurden. Er entwarf Vorschlge fr eine landschaftsverbundenere und gleichzeitig technisch ein-wandfreie Unterbringung des Trmmerschuttes.43 Es soll-ten groe Halden werden, damit nur wenige Gebiete in Anspruch genommen werden mussten.44 Die Halden bzw. Hgel sollten nicht im Urstromtal und in seinen Neben-tlern und Eiszeitrinnen entstehen. Deshalb legte Lingner fest, dass die zuknftigen Berliner Trmmerberge auf den Hochflchen und an den Rndern des Berliner Urstrom-tales entstehen sollten. Dies wird in Karte 3 deutlich. Hier sind mehrere geplante Trmmerschttungen eingezeich-net. Man kann erkennen, dass auf dem Plan keiner der Trmmerberge im Berliner Urstromtal liegt. Ebenso ist erkennbar, dass ursprnglich scheinbar weniger Kippen geplant waren. Die meisten der hier eingetragenen Scht-tungen wurden umgesetzt, die zwei markierten konnten nicht identifiziert werden. Es stellt sich die Frage, ob sie jemals realisiert wurden.

    41 BttcHer 1955, 52.42 linGner 1948, 41.43 linGner 1950, 158.44 ArcHitekten- und inGenieur-verein zu Berlin 1972, 28.

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    ZUR ENTTRMMERUNG UND UNTERBRINGUNG DES TRMMERSCHUTTES

    Karte 2: Grnplan von Reinhold Lingner 1946 (aus dem Planwerk des Kollektivs Scharoun)

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    KAPITEL 2

    Karte 3: Lage der geplanten Trmmerberge, Reinhold Lingner o. J.

    Bebauung

    Hang der Hochflchen gegen das Urstromtal und die Senken

    Trmmerberge

    nicht identifizierte Trmmerberge

    Schttung im Schlosspark Charlottenburg

    Legende

    Stadtgebietsgrenze

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    ZUR ENTTRMMERUNG UND UNTERBRINGUNG DES TRMMERSCHUTTES

    2.6 Anlage und Begrnung der Trmmerberge

    Laut linGner dienten Topographie und geologische Strukturen ebenso wie die Bodenarten als vorhandene Grundlage fr das Wiederaufbaukonzept45. Man orien-tierte sich an den naturrumlichen Gegebenheiten. Dem entsprechend wurden die Trmmerberge am Rande der Hhen des Barnims und des Teltows angelegt, so dass die vorhandenen Hhenunterschiede betont und im Stadtbild akzentuiert werden konnten.46

    Die Trmmer sollten mglichst ohne groen Aufwand ver-kippt werden knnen, was die Anlegung der Schutthalden in der Nhe der Entstehungsorte der Trmmer bedeutete. Es wurden Standorte gesucht, die von Natur aus schon einen hgeligen bzw. bergigen Charakter hatten, um dem ganzen ein mglichst natrliches Erscheinungsbild zu geben. Es wurden Grundstze fr die Trmmerhalden-Begrnung aufgestellt47. Nach diesen Leitstzen sollten die Flchen einen tiefen Grundwasserstand haben, um der Gefahr einer Grundwasserverunreinigung durch die im Schutt enthaltenden giftigen Stoffe wie Schwefelverbin-dungen oder Pikrinsure vorzubeugen. Nicht vermeidbar war die Staubentwicklung beim Abkippen. Deshalb ver-suchte man, Areale zu whlen, in deren unmittelbarer Nachbarschaft sich keine Wohnviertel, geschweige denn Krankenhuser oder Erholungssttten befanden.48 Da Sand und Kies in Westberlin aufgrund der Isolation rares Baumaterial waren, wurde vor jeder Anlage eines Trm-merberges der Untergrund auf Schichten dieses Rohstoffs untersucht und bei Fund vor der Anschttung ausgeho-ben. Ferner durften laut der neuaufgestellten Verfgung zum Schutz des Mutterbodens grundstzlich keine Bu-me eingeschttet werden. Ebenfalls war das berkippen von Mutterboden untersagt, so dass dieser im Vorfeld abgetragen und nach der Schttung in Mielen wieder

    45 1947, 5. 46 noWAk 1995, 33.47 Nachzulesen unter anderem bei: Witte 1952c.48 ficHtner 1977, 15 f.

    Abbildung 7: Schttung eines Trmmerberges von auen nach innen

    Abbildung 6: Antransport des Trmmerschuttes

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    KAPITEL 2

    aufgesetzt wurde.49 Schienen und Wege fr Lastkraftwa-gen (Abb. 6) wurden schneckenfrmig auf den Berg ge-fhrt. Die Schttung erfolgte von auen nach innen, wie in Abbildung 7 zu sehen ist, wobei der Grobschutt und die schdlichen Stoffe wie Schlacken oder Flugasche in die tiefsten Schichten verkippt wurden. Der fr die Auf-nahme der spteren Bepflanzung wichtige Feinschutt wurde in die obersten Schichten geschttet.

    Bei der Aufschttung der Hgel konnte man auf Erfah-rungen unter anderem im Tagebau zurckgreifen, bei der Begrnung war dies allerdings nicht mglich.50 Es gab zwar Erfahrungen bei Haldenbegrnungen, aber diese konnten auf Grund der Unterschiedlichkeit des an-geschtteten Materials nicht eins zu eins bernommen werden.51 Praktische Erfahrungen und Beobachtungen lagen demnach nur durch bereits fertig gestellte Trm-merberge und andere Trmmerschttungen vor.52 Der Trmmerschutt war kein organisch aufgebauter Boden, es handelte sich um ein physikalisch-chemisches Boden-gebilde, welches weder die biologischen noch physio-logischen Merkmale eines natrlichen Bodens aufwies. Hauptbestandteile waren Zement in Form von Zement-mrtel und Eisenbeton, doch es wurden auch diverse Kunststoffe, schwer verwitternder Kalksandstein und Klinker, eine Vielfalt allen nur erdenklichen Unrates und auch chemische Abflle und Feinschutt verkippt53. Da-mit waren die Hauptmerkmale des Trmmerbodens eine auerordentlich hohe Wasserdurchlssigkeit, eine da-durch bedingte Trockenheit, leichte Erwrmbarkeit und ein hoher Kalkgehalt.54

    In die Feinschuttdecke sollte der Mutterboden intensiv eingemischt werden. Dieser Vorgang war unerlsslich,

    49 linGner 1948, 41 und Witte 1952 c, 15.50 ptHiG 1951, 1.51 Siehe Exkurs: Haldenbegrnung als Grundlage der Trmmerbegrnung, Anhang 2.52 scHmid 1952, 12.53 fink 1961, 66.54 finGer-GrGer 1967, 159.

    damit die Pflanzen spter keine Wurzelhorizonte bilde-ten, sondern sich von Beginn an darauf einstellten, mit ihren Wurzeln durch die durch das meist grobe Material entstanden Hohlrume, tief einzudringen, um bessere Wachstumsvoraussetzungen zu erlangen. Da kein Grund-wasser erreichbar war und eine knstliche Bewsserung aus Kostengrnden nicht in Erwgung gezogen werden konnte, waren die Pflanzen auf natrliche Niederschlge und das vom Schutt gehaltene Wasser angewiesen.55 Die Hauptanforderungen fr die Begrnung waren zum einen eine schnelle Bodenbeschattung und Oberflchenbear-beitung. Die Hnge wurden stufenartig ausgebildet, um den Wasserhaushalt zu sichern und um der Pflanze das Wachsen zu erleichtern. Zum anderen musste Humus an-gereichert werden. Natrlicher Oberboden war sehr rar und ein Ankauf war zu teuer. So mussten die Pflanzen auf der Trmmerschttung ohne Bodenverbesserung aus-kommen. Sie sollten sich den notwendigen Humus durch ihr Laub selbst schaffen.56 Das dritte Ziel war die Entwick-lung einer naturhaften, standortgerechten Vegetation. Die Bepflanzung erfolgte zuerst mit anspruchslosen tro-ckenheits- und kalkvertrglichen Gehlzen.57 Also waren es Pionierholzarten wie Erlen, Robinien, Pappeln, Birken, Vogelbeerbume, Hundsrosen und Schwarzer Holunder die eingesetzt wurden, um mglichst schnell Windschutz und Bodenbeschattung herzustellen. An vielen Standor-ten wurden sie spter wieder entfernt. Gleichzeitig oder als Folgepflanzung wurden die Gehlzarten eingesetzt, die spter die Schlussgesellschaft bilden sollten, unter anderem waren das Eichen, Hainbuchen, Linden und Ahornbume.58 Das Beschaffen des Pflanzmaterials stell-te eine Schwierigkeit dar, da in der Nachkriegszeit in allen Berliner Grtnereien und Baumschulen Nutzpflanzen zur Ernhrung der Berliner Bevlkerung angebaut wurden.59

    55 fink 1961, 66.56 vgl. scHmid 1952, 12.57 fink 1961, 67 und noWAk 1995, 33.58 noWAk 1995, 33 und scHmid 1952, 13.59 Herfeld 1987, 38.

  • 27

    ZUR ENTTRMMERUNG UND UNTERBRINGUNG DES TRMMERSCHUTTES

    Aus diesem Grund wurden hufig zwei- bis dreijhrige Gehlze verwendet.

    Die Hnge wurden hangparallel mit Rillen versehen (Abb. 8 und 9), um das Oberflchenwasser an den Hngen zu halten und fr den Jungaufwuchs nutzbar zu machen.60 Die Rillen sollten wenn mglich mit Kompost, Mll, Lehm oder Flussschlick angereichert werden. Dann

    60 linGner 1947, 6.

    wurden die Pflanzen in Furchen mit einem Abstand von ca. 80 cm eingesetzt (Abb. 10). In den ersten Jahren musste einer allzu starken Unkrautentwicklung entgegen-wirkt werden, da diese Pflanzen den Junggehlzen drin-gend notwendiges Wasser entzogen.61 Die Dauer bis zur kompletten Begrnung und die schlielich entstehende Pflanzengesellschaft waren abhngig von den Trmmer-bestandteilen und dem Standort des Berges. Dass die

    61 scHmid 1952, 14.

    Abbildung 8: Bodenbearbeitung und Pflanzung auf den Trmmerbergen nach Reinhold Lingner

  • 28

    KAPITEL 2

    Begrnung mehrere Jahre in Anspruch nahm, war fr die Bevlkerung und fr die Stadtverwaltung eine gewisse Enttuschung, da sie schnellstmglich benutzbare Grn-flchen haben wollten.62 Bei vielen Trmmerbergen trat die grtnerische Gestaltung in den Hintergrund. Einfache Grnanlagen, die viel Grn in die Grostadt brachten, wurden auch wegen der geringeren Kosten bevorzugt. Sie wurden durch Ausstattung mit Spiel- und Sportmg-lichkeiten zu attraktiven Erholungsanlagen.63

    Bei der Anlage der Trmmerberge gingen Theorie und Praxis oft nicht konform. Whrend im Gelnde schon die Trmmer gekippt wurden, entstanden in den Grn-flchenmtern hufig erst die Plne fr die Neugestal-tung.64 Teilweise fehlten Pflanzplne und Fachkrfte vor Ort. Lingners Leitprinzipien fr den Umgang mit Trm-merschutt fanden jedoch auch nach der Spaltung der Stadt in Ost- und Westberlin Anwendung.65

    Fazit Kapitel 2Trotz der unterschiedlichen Herangehensweisen und Mglichkeiten war Ende der fnfziger Jahre in beiden Teilen Berlins der Groteil der Trmmermassen des Zweiten Weltkrieges beseitigt worden.66 Das Stadtbild in den enttrmmerten Bezirken beider Stadthlften war jedoch unterschiedlich. In Ostberlin dominierten groe, begrnte Flchen. Da man hier auf Eigentumsverhltnis-se wenig Rcksicht nahm, entstanden in den Baulcken Grnanlagen, Sport- oder Kindespielpltze. Neben den Vorzeigebauten an der Stalinallee entstanden nur wenige Neubauten, der Wiederaufbau setzte erst in den sechziger

    62 ptHiG 1951, 2.63 senAtor fr kreditWesen 1950, 10.64 GollWitzer 1952, 2.65 noWAk 1995, 33.66 Jetzt entstand neuer Schutt durch den Neubau von Straen, den Aufbau neuer Wohngebiete, Mll etc., der wiederum untergebracht werden musste. Auch dadurch entstanden Schutt- und Mllberge. Das Thema wird in dieser Arbeit aber nicht weiter bearbeitet.

    Abbildung 9: Anlegung der hangparallelen Pflanzrillen

    Abbildung 10: Pflanzung von Junggehlzen

  • 29

    ZUR ENTTRMMERUNG UND UNTERBRINGUNG DES TRMMERSCHUTTES

    Jahren ein. Im Westberliner Sektor hingegen begann der Wiederaufbau auch wegen der Enttrmmerungsgesetzte von 1953 und 1954, schon in den 50er Jahren, so dass hier viele Baulcken bereits mit Neubauten geschlossen waren.67 Man orientierte sich berwiegend an den ge-wachsenen Strukturen. Neue Grnflchen entstanden nur mit den Trmmerbergen. Diese Grnanlagen waren somit ein positiv zu bewertendes Abfallprodukt der Trm-merbeseitigung insbesondere in Westberlin.68

    Mit der Unterbringung des Trmmerschuttes und der Anlage und Begrnung der Trmmerberge wurden die Grnflchenmter vor eine vllig neuartige Aufgabe gestellt.69 Meistens konnten die Trmmerschttungen bei gewissenhafter Vorausplanung auch innerhalb bestehen-der Grnanlagen so untergebracht werden, dass keine technischen oder gestalterischen Mngel verblieben70. Bei der Anlage der Trmmerberge konnten jedoch nicht immer alle genannten Bedingungen, wie unter ande-rem nicht im Urstromtal liegend oder grundwasserferner Standort, eingehalten werden.71 Die Vorgehensweise und die pflanzentechnischen berlegungen waren trotz alle-dem in der Praxis erfolgreich. Heute sind alle Trmmerber-ge grn und in die sie umgebende Landschaft integriert. Sie bilden beliebte Ziele fr Spaziergnger, Sportler und Erholungssuchende und sind somit wichtige ffentlichen Grn- und Erholungsanlagen in der Stadt.72

    67 keiderlinG 1999, 42-43.68 senAtor fr kreditWesen 1950, 10.69 Witte 1955, 109.70 ebd., 110.71 Siehe Kapitel 3.72 BttcHer 1955, 53.

  • Kapitel 3Einzelne Trmmerberge in Berlin

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    EINZELNE TRMMERBERGE IN BERLIN

    3 Einzelne Trmmerberge in Berlin

    Es waren viele Schuttkippen groen Ausmaes ntig, um den Trmmerschutt des Zweiten Weltkrieges unter-zubringen. Dies war jedoch nicht immer mglich. In mehreren Fllen fhrten unberwindbare technische Schwierigkeiten wie die Beseitigung von Hochbunkern zu einer Aufschttung auf ebener Flche. Hierzu zhlen die Trmmerberge im Volkspark Humboldthain und im Volkspark Friedrichshain. Aus diesem Grund erfolgt in dieser Diplomarbeit die Unterteilung der Trmmerscht-tungen in Bunkerberge, also jene Schttungen, die ber gesprengten Hochbunkern angelegt wurden, und in reine Trmmerberge. Die Hochbunker des Zweiten Weltkrieges hatten grtenteils den Sprengversuchen standgehalten. Da sie mit damaligen technischen Mitteln und wegen der finanziellen Notlage nicht zu beseitigen waren, wurden Berge aus Trmmerschutt ber ihnen errichtet.1 Demge-m konnte der Standort nicht frei gewhlt werden, eine Anpassung an die topographischen Gegebenheiten war nicht mglich. Ein besonderes Beispiel ist der Zoobunker im Tiergarten, ber dem zunchst ein solcher Trmmer-berg aufgeschttet wurde. Da der Berg jedoch als st-rendes Element wahrgenommen wurde und zudem ein Hindernis fr den Bau der U-Bahn-Linie U9 darstellte, entschied man sich, die Aufschttung wieder abzutragen. Dieses Beispiel verdeutlicht, welchen Wert man auf eine harmonische Eingliederung der Aufschttungen in die Umgebung legte. Konnte an einer Stelle das Problem nicht befriedigend gelst werden, wurden die Konse-quenzen gezogen und der Trmmerberg, wenn mglich, wieder beseitigt.2

    Karte 4 zeigt die Lage der einzelnen in dieser Arbeit vor-gestellten Trmmerberge. Sie werden wie auch im Text in Bunkereinschttungen und reine Trmmerberge un-terschieden. Im Vergleich zu Karte 3 ist hier eindeutig zu erkennen, dass mehr Berge entstanden, als Lingner

    1 Herfeld 1987, 37.2 ficHtner 1977, 15.

    ursprnglich geplant hatte, da vermutlich mehr Trm-merschutt als angenommen existierte. Abweichend von Lingners Konzept befinden sich einige Aufschttungen im Berliner Urstromtal. Dabei handelt es sich zum einen um die Bunkerschttungen im Volkspark Friedrichshain und Humboldthain, deren Standorte bereits begrndet wur-de, und um den Trmmerberg im Fritz-Schlo-Park. Auch hier waren militrische Grnde ausschlaggebend fr die Entscheidung, den Berg auf einer Ebene zu errichten. Die Geschichte der Gelndenutzung als Kasernengebiet und spterer Standort der Flakartillerie im Zweiten Weltkrieg sollte nach Kriegsende so schnell wie mglich vergessen werden, wozu die Einrichtung einer Trmmerschuttkippe geeignet schien.

    3.1 AuswahlbegrndungIn Berlin waren nach Ende des zweiten Weltkrieges viele Trmmerschuttkippen unterschiedlichster Gre entstan-den. Da es den Umfang dieser Arbeit bersteigen wrde, alle Berliner Trmmerschttungen vorzustellen, beschf-tige ich mich mit einer Auswahl der grten heute noch bestehenden Schttungen, die die Form eines Berges erhielten. Die entscheidenden Auswahlkriterien fr die Gebiete waren einerseits ihre Verschiedenheit, um das ge-samte Spektrum der Anlagen deutlich machen zu knnen, und andererseits ihr Bekanntheitsgrad der Grnanlagen in der Bevlkerung, um die Reprsentativitt meiner in Kapitel 4 ausgewerteten Umfrageergebnisse zu sichern. Im Folgenden werden nun von diesen 14 Arealen (ber-sicht in der Tabelle auf Seite 35) die sechs grten und bekanntesten detailliert untersucht, zu den restlichen acht werden kurze Beschreibung gegeben. Zuerst werden die sogenannten Bunkerberge und dann die reinen Trmmer-schttungen und schlielich der Sonderfall des Teufels-bergs als grte Trmmerschuttkippe Berlins analysiert.3

    3 Reine Trmmerschttung heit in diesem Fall, dass hier keine Gebude wie zum Beispiel Bunker berschttet wurden, sondern nur Trmmerschutt und anderes Material angehuft wurde.

  • 34

    KAPITEL 3

    Trmmerberg

    Legende

    Verlauf der Berliner Mauer

    Grenzen des Berliner Urstromtales

    Karte 4: Lage der in der Diplomarbeit vorgestellten Trmmerberge

  • 35

    EINZELNE TRMMERBERGE IN BERLIN

    Tabelle: Zusammenfassende Informationen zu den einzelnen Trmmerbergen

    Nr. Trmmerberg Lage Bezirk/ Ortsteil Entstehungsjahre Hhe ber NN Trmmermenge

    1 Anton-Saefkow-ParkAnton-Saefkow-Park, Greifswalder Strae

    Pankow/ Prenzlauer Berg

    1948-1950 63 m k. A.

    2 Biesdorfer Hhe Landschaftspark WuhletalMarzahn-Hellersdorf/ Biesdorf

    ab 1952 82 m k. A.

    3 Fritz-Schlo-Park Fritz-Schlo-Park Mitte/ Moabit 1949-1955 53 m und 50 m 995 000 Kubikmeter

    4groer Bunkerberg und kleiner Bunkerberg

    Volkspark FriedrichshainFriedrichshain-Kreuzberg/ Friedrichshain

    1946 (kleiner B.), 1950 (groe B.)

    87 m (groer B.), 57 m (kleiner B.)

    2,1 Mio. Kubikmeter

    5Humboldhhe und Gustav-Meyer-Hhe

    Volkspark Humboldthain Mitte/ Wedding 1948-1951Humboldthhe 85 m, Gustav-Meyer-Hhe 68 m

    1,6 Mio. Kubikmeter

    6 Insulaner S Bahnhof PriesterwegTempelhof-Schneberg/ Tempelhof

    1946-1950 75 m 1,6 Mio. Kubikmeter

    7 Kippe Friedrichsfelde stlicher Teil des Tierparks, ehemaliger Rangierbahnhof Wuhlheide

    Lichtenberg/ Friedrichsfelde

    1949/1950-1955/56 67 m ca. 8 Mio. Kubikmeter (unter Vorbehalt, siehe Text)

    8 MarienhheSiedlung Marienhhe, S Attilastrae

    Tempelhof-Schneberg/ Tempelhof

    1948-1951 73 m 190 000 Kubikmeter

    9 ohne NameDiedersdorfer Weg, Freizeitpark Marienfelde

    Tempelhof-Schneberg/ Mariendorf

    ab 1950 64 m 601 000 Kubikmeter

    10 ohne Name Osdorfer StraeSteglitz-Zehlendorf/ Lichterfelde (Sd)

    1953-1956 62 m k. A.

    11 Rixdorfer Hhe Volkspark Hasenheide Neuklln/ Neuklln 1950-1951zwei miteinaner verbundene Kuppen, 68 m und 55 m

    750 000 Kubikmeter

    12 Rudower Hhe Rudower Strae Neuklln/ Rudow bis 1958 70 m 450 000 Kubikmeter

    13 Teufelsberg Heerstrae, GrunewaldCharlottenburg-Wilmersdorf/ Grunewald

    1950-1972 max. Hhe 115 m 26 Mio. Kubikmeter

    14Volkspark Prenzlauer Berg

    Volkspark Prenzlauer BergPankow/ Prenzlauer Berg

    1953-1974 zwei Berge 91 m und 89 m ber 3 Mio. Kubikmeter auf der gesamten Flche

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    KAPITEL 3

    3.2 Bunkerberge

    3.2.1 Volkspark Friedrichshain

    Parkentwicklung bis Ende des Zweiten Weltkrieges

    Berlins erster stdtischer Park, der eigens fr die Bevl-kerung zur Erholung angelegt wurde, entstand 1846-48 nach den Plnen Gustav Meyers. Anlsslich der hundert-jhrigen Thronbesteigung Friedrichs des Groen 1840 wurde beschlossen, einen weiteren der ffentlichkeit zu-gnglichen Park als Pendant zum Groen Tiergarten an-zulegen.4 Das ausgewhlte Gebiet wurde bis dahin zum Weinanbau genutzt.5 Fr den Entwurf wurde ein Wettbe-werb ausgeschrieben. Gustav Meyer, zu der Zeit Land-schaftsgrtner in Sanssouci, reichte einen Beitrag ein und gewann. Unter der Leitung des Stadtbaurats Fried-rich Wilhelm Langerhans bernahm Adolf Patzig die Aus-fhrung.6 Die Anlage wurde unter Bercksichtigung der vorhandenen Topographie im Stil eines englischen Land-schaftsgartens gestaltet. Ein Netz geschwungener Wege erschloss die regelmig angelegten Partien. Durch den Wechsel von locker gruppierten Pflanzungen mit vielen kleineren Wiesenflchen und der Einbindung der zwei vorhandenen Teiche bekam der Park einen hainartigen Charakter.7

    Die 37,5 ha groe Anlage, die fr die Erholungssuchen-den aller Stnde zugnglich war, wurde nach der Fertig-stellung 1848 auch Alter Hain genannt. Im selben Jahr hinterlieen politische Ereignisse ihre Spuren im Park. Im Sdosten entstand auf dem Lindenberg ein Ehrenfriedhof fr die Gefallenen der Mrzrevolution, der heutige Fried-hof der Mrzgefallenen.8 Es folgten zwei Erweiterungen

    4 HutH, rinscHe 1996, 153.5 BezirksAmt Berlin-friedricHsHAin 1993, 2.6 vgl. ArcHitekten- und inGenieur-verein zu Berlin 1972, 67.7 lAndesdenkmAlAmt Berlin 1996, 73.8 vgl. scHolz et al. 1997, 25; Auf diesem Friedhof fanden spter auch die Opfer der Novemberrevolution von 1918 ihre letzte Ruhesttte.

    der Parkanlage. Bereits 1875 wurde der Neue Hain, eine groe ovale, von Bumen eingefasste Spielflche fr Kinder, nach den Plnen von Gustav Meyer angelegt (Karte 5).9 1913 hielt eine weitere Attraktion Einzug in den Park: Am Westeingang wurde eine aufwendig ge-staltete Brunnenanlage errichtet - der Mrchenbrunnen.

    Mit Beginn des Zweiten Weltkrieges begann die Zer-strung groer Teile der Parkanlage. Die Nationalsozi-alisten setzten 1941 zwei mchtige Flakbunker fr die

    9 vgl. WendlAnd 1979, 244.

    Karte 5: Der Volkpark Friedrichshain um 1880

  • 37

    EINZELNE TRMMERBERGE IN BERLIN

    Flieger-Abwehr in den Park, die gegen Kriegsende heftig umkmpft wurden. Hier wurde in der ersten Hlfte der 1940er Jahren wertvolles Museumsgut aus den Bestn-den der Gemldegalerie, der Nationalgalerie und wei-teren Museen gelagert. Auch waren sie kurzzeitig sichere Aufbewahrungsorte fr das Staatsarchiv der damaligen Regierung.10

    Integration der Trmmerberge in die Parkgestal-tung

    Nach Kriegsende war der Park grtenteils zerstrt. Nicht nur die zwei Hochbunker, sondern auch die An-legung von Splittergrben und Feuerlschteichen sowie die Kampfhandlungen selbst hatten dazu beigetragen.11 Bomben zerstrten den Mrchenbrunnen sowie mehrere Kunstgegenstnde im Park. Der alte Baumbestand war fast vllig vernichtet.

    Auf Alliiertenbeschluss mussten alle Militrbauten der NS-Zeit vernichtet werden. So wurde der groe Bunker im April 1946 von Spezialisten gesprengt, die Sprengung des kleinen Bunkers erfolgte kurz darauf. Auch nach meh-reren Versuchen gelangen die Sprengungen jedoch nicht vollstndig. Die Reste der Bunker konnten nicht gnzlich beseitigt werden (Abb. 13-15). Sie mussten in den Park integriert werden. Reinhold Lingner entwarf daraufhin Plne fr die Neugestaltung des Volkspark Friedrichs-hain.12 Unter seiner Fhrung wurden die gesprengten Bunker mit insgesamt 2,1 Mio. Kubikmeter Trmmerschutt der umliegenden Wohngebiete zu- und aufgeschttet (Abb. 11 und 18). Der groe Bunker nahm hauptsch-lich Trmmerschutt aus dem Bezirk Mitte auf (Abb. 16 und 17). Die Trmmer aus den Bezirken Friedrichshain und Prenzlauer Berg wurden grtenteils am kleinen Bunker verschttet. Etwas 20 000 Kubikmeter vom Krieg-strmmerschutt des Berliner Stadtschlosses sollen hier

    10 nAumAnn 1994, 31.11 lAndesdenkmAlAmt Berlin 1996, 81.12 scHolz et al. 1997, 26.

    Abbildung 11: Stand der Aufschttung im Dezember 1946

    Abbildung 12: Hier sind die Hhenunterschiede zu erkennen, die mit den Trmmern zugeschttet werden mussten

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    KAPITEL 3

    ebenfalls verkippt worden sein.13 Mit diesen Aufschttun-gen beeinflusste Lingner mageblich die knftige Topo-graphie der Anlage (Abb.12). Die endgltigen Hhen der Trmmerberge betrugen 87 m . NN bei dem gro-en und 57 m . NN bei dem kleinen Bunkerberg. Die Trmmerschttung war im August 1950 beendet.14

    Auf dem Trmmermaterial wurde eine ein Meter dicke Schicht aus mit Lehm vermischtem Feinschutt aufge-bracht.15 Parallel zu den Hhenlinien wurden Pflanzril-len gezogen, in die man in gleichmigem Abstand Pioniergehlze pflanzte. Auch wurden Baumsaaten aus den Berliner Grnanlagen eingeschlmmt. Allem wurde etwas Kompost beigefgt, um das Wachstum zu frdern. Im ersten Jahr nach der Pflanzung wurden Ausflle von 25 % bis 75 % vermerkt. Insbesondere an den Sdhngen entstanden viele Lcken, so dass erhebliche Nachpflan-zungen ntig waren. In der darauffolgenden Zeit entwi-ckelten sich die Gehlze jedoch gut.16 Der im Sdwesten gelegene groe Bunkerberg erhielt ein Aussichtsplateau, sein kleines Pendant wurde mit einem Plateau und einer Rodelbahn ausgestattet. Mehrere Wege fhren auf die Hgel. Zwischen ihnen entstand eine abwechslungsreich gestaltete Talmulde mit Teich. Beide Erhebungen wurden und werden auch heute noch im Volksmund Mont Kla-mott genannt.

    Gleichzeitig mit der Begrnung der Bunkerberge erfolgte auch die Instandsetzung und Erneuerung der verschie-denen Parkteile. Neben einigen Liegewiesen entstanden mehrere Sondergrten. Die Hgellandschaft wurde mit Wegen, Bumen und Struchern grtnerisch gestaltet. 1951 wurde eine Freilichtbhne errichtet und im glei-chen Jahr anlsslich der 3. Weltfestspiele der Jugend das Karl-Friedrich-Friesen-Schwimmstadion im Neuen Hain

    13 scHmidl 2004.14 Arnold 1999, 24.15 freie universitt Berlin 1996, o. S.; In einer anderen Quelle ist von einer etwa drei Meter dicken Mutterbodenschicht die Rede, was aber eher unwahrscheinlich ist, da diese Menge an Mutterboden schwer aufzubringen gewesen sein drfte.16 delenk 1968, 30.

    Abbildung 13: Der groe Bunker kurz nach seiner Sprengung

    Abbildung 14: Der kleine Bunker

    Abbildung 15: Teilansicht des gesprengten groen Bunkers

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    EINZELNE TRMMERBERGE IN BERLIN

    erbaut.17 Auch der Mrchenbrunnen wurde rekonstruiert. Die SED kultivierte im Friedrichshain den Volksparkge-danken in ihrer Auslegung. Dazu lie sie Sport- und Erholungseinrichtungen bauen und neue Gedenkstt-ten hinzufgen. Der Friedhof der Mrzgefallenen wurde umgestaltet und dort alljhrlich den Revolutionsopfern der Novemberrevolution von 1918 gedacht.18 Die ur-sprnglich geplante Errichtung eines Tanzcafs auf dem groen Bunkerberg wurde, vermutlich wegen Geldman-gels, nicht ausgefhrt. 1973 erreichte der Volkspark sein heutiges Aussehen. Whrend des DDR-Regimes wurde er mehrmals im Jahr fr Groveranstaltungen genutzt.19 Fr die Anlage stellte diese Nutzung eine sehr hohe Belas-tung da, immer mehr Wege wurden verbreitert und as-phaltiert, weshalb nach dem Mauerfall das Bezirksamt im Jahr 1991 beschloss, den Volksparks neu zu gestalten. In den Folgejahren wurde im Zuge der Neugestaltung auch eine Teilentsiegelung der Wege durchgefhrt.20

    Der heute 49 ha groe Park hat nur noch wenig hn-lichkeit mit seinem ursprnglichen Aussehen (Karte 6). Er beherbergt eine Vielzahl an Freizeit- und Erholungs-mglichkeiten. Im neuen Hain sind viele Sportmglich-keiten hinzugekommen, vor allem im Sommer gibt es zahlreiche Veranstaltungen im Park. Der groe und der kleine Bunkerberg sind komplett begrnt (Abb. 19-22), die schmale Rodelbahn (Abb. 24) wird auch heute noch genutzt. Dies kann man von den Aussichtsplateaus (Abb. 23 und 27) nicht sagen, die hochgewachsenen Bume versperren die Aussicht, nur kleine Lcken im Gehlz lassen die Weite des einstigen Ausblickes erahnen. Das mag auch der Grund sein, weshalb sich nur wenige Leu-te bis nach oben begeben. Auf dem Weg sind einige

    17 funeck, scHnHolz, steinWAsser 1984,41.18 nAumAnn 1994, 33.19 HutH, rinscHe 1996, 153.20 nAumAnn 1994, 36.

    Abbildung 16: Trmmerbahn am groen Bunker

    Abbildung 17: Gleisbau am groen Bunker

    Abbildung 18: Einschttung des Groen Bunkerberges, Auf-nahme vom 23.7.1949

    Bunkerberreste zu sehen, welche mittlerweile mit Graffiti beschmiert sind (Abb. 25 und 26). Die Anlage ist seit 1978 als Gartendenkmal eingetragen21.

    21 scHulz 16.06.2009, mndl.

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    KAPITEL 3

    Karte 6: Der Volkpark Friedrichshain heute, ohne Neuen Hain

    Abbildung 19: Im Hintergrund der kleine Bunkerberg

    Abbildung 20: Blick auf groen Bunkerberg im Hintergrund

    Abbildung 21: Blick ber den Teich zu dem groen Bunkerberg

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    EINZELNE TRMMERBERGE IN BERLIN

    Abbildung 22: Weg am kleinen Bunkerberg

    Abbildung 23: Plateau auf dem kleinen Bun-kerberg

    Abbildung 24: Rodelbahn am kleinen Bunker-berg

    Abbildung 25: Sichtbare Bunkerreste auf dem groen Bunker

    Abbildung 26: Sichtbare Bunkerreste auf dem groen Bunker

    Abbildung 27: Aussichtsplateau auf dem groen Bunkerberg

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    KAPITEL 3

    3.2.2 Volkspark Humboldthain

    Parkentwicklung bis Ende des Zweiten Weltkrieges

    Anlsslich des 100. Geburtstags von Alexander von Humboldt wurde fr die Weddinger Brger ein Volkspark angelegt. Er sollte der Erholung und Volksgesundheit der Bevlkerung dienen. Die Entwrfe stammten ebenso wie beim Volkspark Friedrichshain von Gustav Meyer. Der Volkspark Humboldthain ist somit der zweite Berliner Volkspark dieses bedeutenden Gartenknstlers. Die Aus-fhrung der Anlage bernahm die Firma L. Spth.22 Von 1869 bis 1876 entstand so ein Park mit dem Charakter eines kleinen botanischen Gartens, denn Meyer hatte ihn pflanzengeographisch angelegt. Gehlze Asiens, Ame-rikas, der arktischen und der subtropischen Zone, also viele fremdlndische Gewchse, fanden hier Einzug. Es befanden sich zustzlich Informationstafeln an den einzelnen Gehlzen.23 Regelmige Elemente wie von Baumalleen gesumte Promenaden oder formale Pltze bildeten ebenso wie die weitrumige Rasenflche die ru-higen Aufenthaltsbereiche (Karte 7). Fr die Kinder wur-de ein hippodromfrmiger Spielplatz, der im Winter als Eislaufbahn diente, angelegt. Auf Grund der hohen Lage gab es nur wenig Wasserelemente im Park. Die 1894-95 errichtete Geologische Wand, welche einen Querschnitt durch die Erdgesteine zeigte und ein Vivarium sollten an den Namensgeber des Parks, Alexander von Humboldt, erinnern.24 Der Volkspark Humboldthain wurde schnell zu einer der beliebtesten Erholungssttten im Norden Berlins.

    1941-42 errichtete die Wehrmacht zwei Hochbunker im Park. Damit begann die Vernderneben der Bahntrasse wurde der Gefechtsturm als 40 m hoher Hochbunker mit vier Ecktrmen errichtet. Der zugehrige Leitturm ent-stand an der Gustav-Meyer-Allee. Auch die Grnflchen

    22 vgl. WendlAnd 1979, 279.23 HeimAtmuseum mitte 2009a.24 vgl.lAndesdenkmAlAmt Berlin 2004, 111.

    hatten unter dem Umbau zu leiden.25 Betonierte, gerade An- und Abfahrtsstraen wurden quer durch die Anlage gelegt. Die Bunker wurden in den letzten Kriegsmonaten wie vorgesehen genutzt und somit der Park in die Luft-verteidigung Berlins einbezogen. Eine zustzliche Zerst-rung erfuhr er im Winter 1941/42. Nahezu alle Gehlze wurden in diesem Winter zum Heizen verwendet. Die so entstandenen kahlen Flchen wurden fr den Kartoffel- und Gemseanbau durch die Bevlkerung genutzt.26

    Integration der Trmmerberge in die Parkgestal-tung

    Whrend des Krieges und in der ersten Nachkriegszeit wurde der Humboldthain restlos zerstrt. Von den un-zhligen wertvollen Bumen waren nach der Kapitulation

    25 vgl. lAndesdenkmAlAmt Berlin 2004, 111.26 scHolz et al., 188.

    Karte 7: Der Volkpark Humboldthain um 1910

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    EINZELNE TRMMERBERGE IN BERLIN

    Deutschlands nur noch 30 unversehrt.27 Auf Grund des Mangels an Heizmaterial gruben die Menschen in den ersten Monaten nach Kriegsende die Gehlzreste ein-schlielich der Stubben und Wurzeln aus. brig blieb ein mit Steinen dicht bestes Feld ohne Baum und Strauch28. Die Errichtung der Flakbunker hatte das Schicksal des Parks besiegelt. Der Humboldthain existierte nicht mehr. 1946 wurden durch die Vermietung an Wirtschafts- und Handwerkerbetriebe Teile des Bunkers fr wirtschaftliche Zwecke genutzt.29 Auf Grund der Entmilitarisierungsfest-legung mussten die Bunker jedoch beseitigt werden; im Oktober 1947 begann das franzsische Militr mit ersten Sprengversuchen. Allerdings gingen dabei lediglich die noch intakten Fensterscheiben der umliegenden Huser zu Bruch. Am 14. Dezember 1947 konnte der kleine Bunker schlielich erfolgreich gesprengt werden (Abb. 29).30 1948 fanden zwei weitere Sprengungen am gro-en Bunker statt, die jedoch nur den sdlichen Teil zum Einsturz brachten. Der nrdliche Teil mit zwei Ecktrmen blieb stehen (Abb. 28 und 30). In der Bevlkerung hie es: Der Schtaub vajaht, die Sonne scheint, der Bunker fracht: War ick jemeint?31 Strkere Sprengladungen konnten jedoch nicht eingesetzt werden, da der Bunker zu dicht an dem tieferliegenden Eisenbahngelnde lag.32 Folglich stand die Bezirksverwaltung nun vor der Aufga-be, die Bunkerreste in die Neuanlage des Humboldthains zu integrieren.

    Nach dem Konzept Lingners zur Unterbringung von Trmmerschutt im Berliner Stadtgebiet waren im Hum-boldthain Trmmerschttungen vorgesehen. So wurde ein Plan fr den neuen Humboldthain entwickelt, der im Oktober 1948 zusammen mit einem Modell des Parks

    27 HeimAtmuseum mitte 2009a.28 BezirksAmt WeddinG von Berlin 1988, 70.29 HeimAtmuseum mitte 2009a.30 vgl. lAndesdenkmAlAmt Berlin 2004, 111.31 BezirksAmt WeddinG von Berlin 1988, 70.32 croon 1969, 359.

    Abbildung 30: Himmelfahrtskirche und Hochbunke, Aufnahme vom 13. Juli 1949

    Abbildung 29: Der kleine Bunker im Humboldthain nach der Sprengung

    Abbildung 28: Der groe Bunker im Humboldthain nach der Sprengung

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    KAPITEL 3

    Abbildung 31: Trmmeraufschttung am kleinen Bunker

    Abbildung 32: Zuschttung des groen Bunkers 1949

    Abbildung 33: Trmmerbahn vor dem groen Bunker 1946

    Abbildung 34: Antransport des Trmmerschuttes mit Lastkraftwa-gen 1950

    Abbildung 35: Begrnung am groen Bunkerberg

    Abbildung 36: Begrnung am groen Bunkerberg

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    EINZELNE TRMMERBERGE IN BERLIN

    vorgestellt wurde.33 Unter Aufsicht von Fritz Witte, dem Leiter der Abteilung Grnflchen und Gartenbau des Westberliner Magistrats, begann die Schttung von rund 1,6 Mio. Kubikmeter Trmmerschutt, welcher hauptsch-lich aus dem Bezirk Prenzlauer Berg stammten (Abb. 31 und 32). Vorher war der Mutterboden abgetragen und aufbewahrt worden. Der Antransport der Trmmer erfolgte mit Dampfloks, Feldbahnen und Lastkraftwa-gen (Abb. 33 und 34). Im Juli 1950 war die Aufscht-tung des kleinen Bunkerbergs beendet. Der durch den Bunker vorgegebene Standort des groen, nrdlichen Bunkerberges brachte Probleme mit sich: Die ursprng-lich geplante Einschttung des Militrbaus konnte auf Grund der oben beschriebenen Schwierigkeiten nicht vollstndig durchgefhrt werden.34 Der nrdliche Teil mit zwei Flaktrmen blieb sichtbar. Letztendlich wurden am groen Bunker bis 1951 etwa eine Million Kubikmeter Trmmerschutt verkippt. Allein im September 1950 wur-den hier rund 900 Notstandsarbeiter eingesetzt.35 Beide Trmmerberge wurden so in die Landschaft eingepasst, dass sie neben der Unterbringung des Trmmerschuttes und der Demilitarisierung der Bunker auch einen gar-tenarchitektonischen Zweck erfllen konnten. Der groe Bunkerberg schirmte den Park nach Norden hin gegen das Bahngelnde ab, der kleine Bunkerberg verdeckte ein Industriewerk.36 Nach dem Aufbringen der 20-30 cm starken Mutterbodenschicht37, fr die zustzlich von einer Sportplatzanlage Material entnommen wurde, erfolgte die Begrnung (Abb. 35 und 36).

    Schnellwachsende Pioniergehlze wie Pappeln, Robini-en, Ahornbume und Wildrosen wurden angepflanzt. Sie sollten die Flche in kurzer Zeit begrnen, ihr Wurzelwerk

    33 vgl. BezirksAmt WeddinG von Berlin 1988, 72.34 Arnold, von GriesHeim 2002, 236.35 HeimAtmuseum mitte 2009b.36 ficHtner 1977, 25.37 HeimAtmuseum mitte 2009b; Es wurde kein Mll zur Abdeckung des Oberbodens verwendet, da sich Wohngebiete in unmittelbarer Umgebung befanden und somit eine direkte Geruchsbelstigung stattgefunden htte. (FICHTNER 1977, 30).

    sollte Erosionsschden verhindern, die Krone Schatten spenden, und durch ihr fallendes Laub sollte die Boden-struktur verbessert werden. Fr den endgltigen Bestand wurden neben einheimischen Gehlzen wie Eichen und Buchen auch Neophyten verwendet. Insgesamt wurden 60 000 Gehlze, davon 30 000 Bume gepflanzt. 1952 war die Bepflanzung abgeschlossen.38

    Der groe Bunkerberg mit 85 m Hhe . NN erhielt auf sei-ner Kuppe zwei Aussichtsplattformen. Orientierungstafeln zeigen die wichtigsten Gelndepunkte der Umgebung.

    38 vgl. BezirksAmt WeddinG von Berlin 1988, 75.

    Abbildung 37: Der Rosengarten 1958, im Hintergrund der groe Bunkerberg

    Abbildung 38: Freibad, im Hintergrund der begrnte groe Bunkerberg

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    KAPITEL 3

    Wie bei fast allen Berliner Trmmerbergen erhielt auch die groe Bunkerberg einen Rundweg beziehungsweise einen Serpentinenweg mit leichter Steigung, so dass der Berg fr alle Altersstufen begehbar ist.39 Durch einen f-fentlichen Aufruf wurde ein Name fr den neuen groen Bunkerberg gesucht. Man entschied sich fr Humboldt-hhe. Auf dem 68 m . NN hohen kleinen Bunkerberg, der Gustav-Meyer-Hhe, wurde eine Rodelbahn angelegt. Auch dieser Berg erhielt ein Wegesystem. Liegewiesen und Spielpltze wurden im brigen Parkgelnde untergebracht.

    Fr die Umgestaltung und Wiederaufforstung der heuti-gen Parkanlage von 1948 bis 1951 war der Weddinger Gartendirektor Gnther Rieck verantwortlich.40 Der Kos-tenaufwand fr den Wiederaufbau betrug ca. 4 Mio. DM. In der Parkanlage wurden gesamten 200 000 Bume und Strucher gepflanzt, allein im Rosengarten standen 16 000 Pflanzen (Abb. 37 und 46). Des Weiteren wurden 150 Zentner Grassamen verarbeitet.41 Rieck nutzte die beiden Trmmerberge fr die neue Raumkomposition. Durch die entstandenen Erhhungen an den Parkrn-dern entstand der Eindruck einer weiten Tallandschaft. Der Hain sollte nicht komplett zu einer Berglandschaft umgestaltet werden, sondern einzelne Strukturen der ur-sprnglichen Gestalt sollten erhalten bleiben. Deshalb wurde die Wiesenlandschaft im Zentrum der Anlage ganz im Gegensatz zu den dicht bepflanzten Anhhen nur mit kleinen Baumgruppen bepflanzt.42 Auf der 29 ha groen Flche wurden zustzlich ein Rosengarten, ein Freibad (Abb. 38) und mehrere Spielpltze angelegt. Entscheidend fr die Gestaltung war die Aufhebung der Grenzstrae, die den alten Hain zerteilte, womit die An-lage endlich zu einer Einheit wurde (Karte 8).43 Am Fue des kleinen Bunkerberges wurde 1952 ein Gedenkstein fr Alexander von Humboldt eingeweiht (Abb. 44). Auf

    39 WendlAnd1979, 281.40 vgl. lAndesdenkmAlAmt Berlin 2004, 112.41 croon 1969, 360.42 HutH, rinscHe 1996, 164 .43 vgl. BezirksAmt WeddinG von Berlin 1988, 72.

    seiner Rckseite befindet sich ein Dankesspruch fr die Notstandsarbeiter.44 Am 13. September 1952 wurde der Volkspark Humboldthain der ffentlichkeit als neue Naherholungssttte bergeben.45

    Durch die nicht komplette Zuschttung des groen Bun-kers kam es immer wieder zu Einstrzen und Unfllen. Der Bunker bildete eine Gefahr fr spielende Kinder; Obdachlose nutzten die Rume als Unterkunft. 1955 wurde die Schlieung der Bunkerffnungen beantragt. Das Abtragen des groen Bunkers war nicht mglich, weshalb man sich zu umfangreichen Sicherungsarbeiten entschloss. Eine Betonplatte wurde auf der Humboldthhe aufgebracht und die ffnungen des Bunkers zubetoniert. Ende der 1980er Jahre erhielt der groe Bunkerberg seine heutige Gestalt. Zwei Aussichtsplattformen wurde unter Einbeziehung der Flaktrme angelegt. Die 15 m hohe Bunkerwand am Nordhang (Abb. 45) wird heute vom Deutschen Alpenverein als Kletterwand genutzt.

    Im Mai 1995 wurde der Volkspark Humboldthain als Gartendenkmal in die Denkmalliste von Berlin aufge-nommen.46 Auf dem kleinen Bunkerberg ist die Aussicht vom Plateau (Abb. 39) aus heute nur im Bereich der Rodelbahn (Abb. 41) gegeben. Reste des zugeschtte-ten Bunkers ragen hier hervor (Abb. 40). Dank der Aus-sichtsterrassen auf der Humboldthhe (Abb. 42 und 43) hat man auch heute noch einen weiten Blick ber Berlin, an anderen Stellen versperrt die Vegetation die Aussicht (Abb. 47). Seit 2004 gibt es Fhrungen von dem Verein Berliner Unterwelten durch das Innere der Flakturmrui-ne. Die grte Bunkeranlage Berlins ist zudem ein Win-terquartier fr Fledermuse geworden.

    44 Wortlaut: Der Humboldthain wurde im Jahr 1872 erbaut Nach der Zerstrung der Anlagen im Zweiten Weltkriege haben Weddinger Notstandsarbeiter und Arbeiterinnen in den Jahren 1948 bis 1951 den Park wieder aufgebaut.45 Arnold, von GriesHeim 2002, 238, 240.46 scHulz 16.06.2009, mndl.

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    EINZELNE TRMMERBERGE IN BERLIN

    Karte 8: Der Volkpark Humboldthain nach der Parkumgestaltung

    Abbildung 39: Plateau der Gustav-Meyer-Hhe Abbildung 40: Sichtbare Bunkerreste auf der Gustav-Meyer-Hhe

    Abbildung 41: Rodelbahn auf der Gustav-Meyer-Hhe

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    KAPITEL 3

    Abbildung 42: Aussichtsplattformen auf der Humboldthhe

    Abbildung 45: Kletterwand an den ehemaligen Flaktrmen

    Abbildung 46: Rosengarten, im Hintergrund ist die Humboldthhe zu sehen

    Abbildung 47: Weg auf die Humboldthhe

    Abbildung 43: Aussichtsplatteformen auf der Humboldthhe

    Abbildung 44: Rckseite des Humboldt-Gedenksteins

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    EINZELNE TRMMERBERGE IN BERLIN

    3.3 Reine Trmmerberge

    3.3.1 Insulaner

    Der zwischen 1946 und 1951 angelegte Insulaner ist Berlins ltester Trmmerberg. Vor der Anlegung befand sich hier der Teil eines Kleingartengelndes. Das Areal lag auf dem Auslufer einer Endmorne, der Boden be-stand folglich aus Ton und Lehm.47 Hier befand sich ein groes freies Gelnde, nur am Rand gesumt mit Klein-grten, ideal fr eine Trmmeraufschttung (Karte 9).48 Erste Planungen entstanden bereits 1945, der Berg sollte in seiner Form den Auslufern der Endmorne angepasst werden und so wie eine natrliche Erhebung wirken.49 An einem Versuchsmodell wurden die geeignetste Art der Schttung und die zuknftige Form in Bezug auf die Umgebung getestet. Man entschied sich fr die Erstel-lung von zwei Kuppen, die durch einen Sattel verbun-den werden sollten. 1946 wurde mit der Aufschttung begonnen. Zuvor war etwas Boden abgetragen worden um ihn spter als Dmmschicht auf die fertige Schttung aufzutragen. Ein Schienenstrang fr eine Schmalspur-bahn wurde angelegt, um aus allen Teilen Schnebergs Trmmer anfahren zu knnen.50 Insgesamt wurden1,6 Mio. Kubikmeter Schutt verkippt (Abb. 48-51, 53 und 54). Bei der Schaffung der Anlage wurden Not-standsarbeiter eingesetzt. Zur Mantelschttung wurde sandiger Lehm der Umgebung verwendet. Zusammen mit Mll wurde eine 80-100 cm starke Lehm- und Hu-musschicht aufgetragen.51 Der Wasserhaushalt ist durch den Lehm besonders gnstig, da das Wasser so besser gehalten werden kann, was bei den sonst normalerweise

    47 finGer-GrGer 1967, 156.48 Arnold, von GriesHeim 2002, 186.49 HeimAtmuseum tempelHof-scHneBerG 2009.50 finGer-GrGer 1967, 156.51 o. A. 1961, o. S.

    Karte 9: Das Areal des zuknftigen Insulaners um 1920

    Abbildung 48: Aufschttung des Insulaners 1949

    Abbildung 49: Blick vom Trmmerberg auf die Stadt 1949

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    KAPITEL 3

    Abbildung 50: Der Insulaner 1950

    Abbildung 51: Der Insulaner nach Beendigung der Schttung

    Abbildung 52: Der begrnte Trmmerberg nach seiner Fertigstellung Abbildung 55: Ertse Begrnungsanstze

    Abbildung 54: Stand der Schttung 1950

    Abbildung 53: Stand der Schttung 1949

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    EINZELNE TRMMERBERGE IN BERLIN

    trockenen Verhltnissen des Trmmerschuttes von Vorteil war. Bei der Anlegung der anderen Trmmerberge konn-te auf diese Lehm-Humusschicht nicht zurckgegriffen werden.

    Die Bepflanzung wurde so gewhlt, dass eine Naturanla-ge ohne groe grtnerische Gestaltung entstehen sollte.52 Durch ca. 50 Zentner Wicken-, Lupinen- und Kleesamen wurde das Gebiet zuerst befestigt. Dann wurden insbe-sondere Weiden, Birken, Kastanien, Linden, Pappeln, Hainbuchen und Strucher gepflanzt.53 Am Osthang wurde ein groer Fichtenbestand angelegt (Abb. 63).54 Als im Jahr 1955 die Kultivierungsarbeiten abgeschlos-sen wurden, hatte man insgesamt 100 000 Strucher und Heister, 7 000 Nadelhlzer und 15 000 Stauden an-gepflanzt (Abb. 52 und 55-57).55 An der hchsten Erhe-bung war der Berg nun rund 75 m . NN hoch (Abb.59). Dort wurde ein Aussichtsplateau angelegt. An der Nord-westseite entstand eine Rodelbahn (Abb. 66), im Sden ein Sommerbad. Ein serpentinhnliches Wegesystem verbindet die einzelnen Elemente (Karte 10). Die 12 ha groe Anlage wurde am 11. August 1951 der ffent-lichkeit bergeben.56 Bei den Feierlichkeiten bezeichnet ihn Dr. Suhr als einen Berg der Zukunft und der Freiheit Berlins57. Ein Gedenkstein erinnert daran. An dessen lin-ker Seite ist ein Adler mit einer Schlange in den Fngen eingemeielt, auf der rechten Seite in kurzen Worten die Entstehung des Trmmerberges dargestellt (Abb. 65).58 Von der Bevlkerung wurde er Mont Klamott genannt, bis er durch einen Schlerwettbewerb den Namen eines populren Funk-Kabaretts erhielt: Insulaner.59

    52 HeimAtmuseum tempelHof-scHneBerG 2009.53 HutH, rinscHe 1996, 131 f. und o. A. 1951, o. S.54 ficHtner 1977, 68.55 HeimAtmuseum tempelHof-scHneBerG 2009.56 o. A. 1961, o. S. und Arnold, von GriesHeim 2002, 186.57 o. A. 1951, o. S.58 Wortlaut: Geschaffen in den Jahren 1946-1951 aus Trmmern des Zweiten Weltkrieges trotz Not und Blockade.59 HutH, rinscHe 1996, 131 f.

    Abbildung 56: Weg auf den begrnten Trmmerberg 1951

    Abbildung 57: Der begrnte Trmmerberg nach seiner Fertig-stellung

    Abbildung 58: Der Insulaner mit der Wilhelm-Frster-Sternwar-te 1964

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    KAPITEL 3

    Geplant war, die hchste Erhebung als Aussichtspunkt zu verwenden, doch bereits Ende 1961 wurde an gleicher Stelle mit dem Bau der Wilhelm-Frster-Sternwarte be-gonnen, welche 1963 erffnet wurde (Abb. 58 und 64). 1965 folgte das am Fue des Hgels gebaute Plane-tarium der Wilhelm-Foerster-Gesellschaft.60 Heute lsst sich vom Gipfel nicht mehr wie ursprnglich geplant weit ber die Stadt blicken, die hochgewachsenen Stru-cher und Bume versperren die Sicht (Abb.60-62). Nur wenige Besucher begeben sich auf die Bergspitze, die Hauptnutzung der Grnanlage findet besonders zu den warmen Jahreszeiten am Fue des Hgels statt.

    60 eltzel 2004, o. S. und HutH, rinscHe 1996, 131 f.

    Karte 10: Der Insulaner in seinem heutigen Erscheinungsbild

    Abbildung 59: Blick auf den Insulaner

    Abbildung 60: Weg auf den Insulaner

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    EINZELNE TRMMERBERGE IN BERLIN

    Abbildung 61: Plateau mit Sitzmglichkeiten, Anfangsort der Rodelbahn

    Abbildung 64: Wilhelm-Frster-Sternwarte auf dem Gipfel des Insulaners

    Abbildung 62: Einzige Aussichtsmglichkeit vom Gipfel Abbildung 65: Gedenkstein

    Abbildung 63: Fichtenbe-stand am Osthang Abbildung 66: Rodelbahn

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    KAPITEL 3

    3.3.2 Volkspark Hasenheide

    Parkentwicklung bis Ende des Zweiten Weltkrieges

    1678 lie der Kurfrst Friedrich Wilhelm von Preuen in der Tempelhofer Gemarkung ein eingezuntes Ha-sengehege anlegen, woraus sich 1718 fr den Bereich der Name Hasenheide entwickelte.61 Die ursprngli-che Hasenheide war jedoch bedeutend grer als der heutige Volkspark. Bereits um 1800 war das Gelnde ein beliebtes Ausflugsziel.62 Friedrich Ludwig Jahn, der Mitbegrnder der frhen nationalen Einheitsbewegung, veranstaltete hier 1810 regelmig seine Leibesbun-gen. Ein Jahr spter wurde hier durch seine Initiative der erste ffentliche Turnplatz Deutschland angelegt.63 Die Anfnge fr den heutigen Volkspark wurden Mitte des 19. Jahrhunderts gelegt. Beteiligt war dabei auch Peter Joseph Lenn, der neuen Laubholzpflanzungen in der stark entwaldeten Heide anlegen lie und sie mit einigen Wegen durchzog.64 Ab 1878 wurde das Gelnde Schie-platz der kniglichen Armee. Nach dem ersten Weltkrieg begann man, das Gebiet zusammen mit einem Teil des Tempelhofer Feldes zu einem 85 Hektar groen Volks-park umzugestalten (Karte 11). Ein Teil konnte bereits 1925 eingeweiht werden. 1936 musste das Tempelhofer Gelnde der Erweiterung des Flughafen Tempelhofs wei-chen, so dass nur ein verkleinerter Park zwischen 1936 und 1939 unter Leitung des Nationalsozialisten Joseph Pertl umgestaltet werden konnte. Der Beginn des Zweiten Weltkrieges stoppte jedoch die Bauarbeiten. Die Bom-bardierung Berlins fhrte zur teilweisen Zerstrung der Parksubstanz.65

    61 HAmpf-HeinricH, penscHken 1985, 20.62 luczynski 2007, 4.63 HutH, rinscHe 1996, 160.64 luczynski 2007, 6.65 ebd., 10.

    Karte 11: Die Hasenheide um 1920

    Abbildung 67: Trmmerschttung in der Hasenheide, im Hinter-grund ist die zuknftige Rixdorfer Hhe zu erkennen

    Abbildung 68: Trmmerfschttung in der Hasenheide, im Hinter-grund ist die zuknftige Rixdorfer Hhe zu erkennen

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    EINZELNE TRMMERBERGE IN BERLIN

    Integration des Trmmerbergs in die Parkgestal-tung

    Innerhalb des vor dem Krieg fertiggestellten Parkteils wurden schwerpunktmig Kriegsschden beseitigt. Die Hasenheide wurde gleichzeitig zwischen 1948 und 1953 um ein westlich anschlieendes Areal erweitert.66 In die-sem Bereich befand sich bis dahin eine Schutthalde. Nachdem im Jahr 1950 der Gestaltungsplan der Ha-senheide vorlag, wurden bis Ende 1951 750 000 Ku-bikmeter Trmmerschutt aus den Bezirken Kreuzberg und Neuklln angefahren (Abb. 67 und 68). Ein Prozent des gesamten im Stadtgebiet angefallenen Trmmerschuttes wurde hier zu einem Berg mit zwei durch einen Sattel verbundenen Kuppen (Abb.73) aufgeschttet.67 Auf dem Schutt wurde eine 20 cm starke Fll- und Mutterboden-schicht aufgetragen, wobei der Fllboden unter anderem bei U-Bahn- Ausschachtungsarbeiten gewonnen wurde. Die Schicht reichte jedoch nicht fr die ganze Flche. Deshalb wurden die nicht bedeckten Sandflchen haupt-schlich mit Lupinen bepflanzt, um so den Boden fr eine sptere Bepflanzung mit Gehlzen vorzubereiten.68

    Zur Begrnung des Hgels wurden vorwiegend Robi-nien, Rot- und Weierlen sowie Traubenkirschen und Ahornbume eingesetzt. Dazu wurden Eichen, Hain-buchen und Linden gepflanzt, da sie die ursprngliche Vegetation der Hasenheide bildeten. Auf einer Flche von 10,5 Hektar wurden so 200 000 Bume und Stru-cher auf dem gesamten Berg gepflanzt (Abb.71 und 74), gleichzeitig siedelte man an den Sdosthngen Wildro-sen an.69 Auf dem hheren Gipfel, 68 m . NN, wurde ein Aussichtsplateau errichtet (Abb. 69 und 70), Richt-steine erleichterten die Orientierung. Die Anlage einer Rodelbahn wurde bei der Schttung versumt. Der Trm-merberg verdankt seinen Namen Rixdorfer Hhe einem

    66 ArcHitekten- und inGenieur-verein zu Berlin 1972, 103.67 ficHtner 1977, 101.68 ebd. 95.69 luczynski 2007, 3 und ficHtner 1977, 95.

    Abbildung 69: Blick von der Rixdorfer Hhe

    Abbildung 70: Auf dem Aussichtsplateau, Blick nach Norden

    Abbildung 71: Die begrnte Rixdorfer Hhe

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    KAPITEL 3

    Karte 12: Die Hasenheide nach ihrer Umgestaltung

    Abbildung 72: Blick von Westen ber die Wiese auf die Rixdorfer Hhe

    Abbildung 75: Aussichtsplateau Abbildung 76: Einer der RichtsteineAbbildung 74: Weg auf die Rixdorfer Hhe

    Abbildung 73: Verbindungsweg der zwei Kuppen

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    EINZELNE TRMMERBERGE IN BERLIN

    Namenswettbewerb im Jahr 1954. Im Nordteil des Parks wurde 1955 die Skulptur der Trmmerfrau geschaffen von Katharina Singer aufgestellt, heute ein Denkmal zur Erinnerung an die Arbeit der Trmmerfrauen.70 Die Er-weiterung und Neugestaltung des Volkspark Hasenheide wurde 1948-53 von Kurt Pthig durchgefhrt. Cha-rakteristisch fr die Anlage sind groe Wiesenflchen (Abb.72), durchzogen von einem weit geschwungenen baumgesumten Wegesystem. Spielplatz, Naturtheater, Tiergehege und Sondergrten liegen im alten stlichen Parkteil.71

    Heute wird der Park intensiv vor allem von den Bewoh-nern der Umgebung fr Spaziergnge, Sport, Spiel und Picknick genutzt. Die Sicht vom Aussichtplateau (Abb.75) ist heute sehr eingeschrnkt, da aufgrund der Vernach-lssigung der Pflege die Gehlze zu gro geworden sind. Die Angaben auf den Richtsteinen (Abb. 76) sind nahezu unleserlich. Die 50 Hektar groe Parkanlage (Karte 12) ist derzeit kein Gartendenkmal.

    3.3.3 Volkspark Prenzlauer Berg

    Das Gebiet des heutigen Volkspark Prenzlauer Berg wur-de bis Anfang des 20. Jahrhunderts landwirtschaftlich genutzt. In den Folgejahren entstanden Kleingartenanla-gen und Baulandparzellen.72 Noch whrend des Zweiten Weltkrieges wurde das gesamte Areal durch Kleingrtner genutzt. Nach dem Krieg sahen erste Planungen Reinhold Lingners die Anlage eines Erholungsgebietes auf dem Gelnde vor. Es war geplant, die Trmmer der Berliner Innenstadt hier zu verkippen (Karte 13). Die Rumung der unzerstrt gebliebenen Kleingrten erfolgte ca. neun Jahre nach Kriegsende.73

    70 vgl. ArcHitekten- und inGenieur-verein zu Berlin 1972, 103.71 ficHtner 1977, 100.72 vgl. krAuse, rndel, zAGrodnik 1995, 40.73 scHolz et al., 110.

    Abbildung 77: Aufschttung der Oderbruchkippe

    Abbildung 78: Entstehung der Trmmerberge

    Karte 13: Lage des zuknftigen Volkspark Prenzlauer Berg

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    KAPITEL 3

    Im Oktober 1953 wurde begonnen, die freigerumten Kleingartenanlagen zu berkippen, die Aufschttung der sogenannten Oderbruchkippe begann (Abb. 77).74 Auf einer Flche von rund 23 ha wurden ber drei Mio. Kubikmeter Schuttmassen mit Hilfe von Lastkraftwagen endgelagert (Abb. 78-81 und 83), insbesondere Trm-mer vom Alexanderplatz und vom Fennpfuhl wurden hier untergebracht.75 Nach der Schttung und der groben Gelndemodellierung wurde eine Schicht Mutterbo-den zur Verbesserung des Bodens aufgetragen. Mit der Begrnung wurde Mitte der 60er Jahre begonnen: Pi-oniergehlzen wie Pappeln, Eschenahorn und Robinien wurden ebenso wie lweiden, Vogelbeeren, Holunder, Weidorn und Wildrosen angepflanzt (Abb. 82). Auf den geplanten Wiesenflchen wurde Rasen gest. 1974 war die Verkippung und Begrnung beendet, die Anlage wur-de weitestgehens der Natur und ihrem Wachstum ber-lassen.76 Es waren zwei Hgel entstanden, die den Park mit ihren Hhen von 91 m und 89 m . NN prgen. Bei-de erhielten auf der Spitze ein Aussichtsplateau. Auf dem nrdlichen, hheren Berg wurde ein Oval mit groen, in aufgelockerter Reihe angepflanzten Pappeln angelegt. Der sdliche Berg wurde mit einer Rodelbahn versehen.77 Beide wurden mit einem Wegenetz (Abb. 89) verbunden, welches sich auch ber die Wiesen und Mulden im Tal (Abb. 86) erstreckte. 1969 erhielt die Parkanlage den Namen Volkspark Prenzlauer Berg. Ein dreiteiliges gro-es Bronzeflies Zur Geschichte im Bezirk Prenzlauer Berg von der Bildhauerin Birgit Horota wurde 1976 am Parkzugang Oderbruchstrae angebracht (Abb. 91).

    Im Laufe der Jahre entwickelte sich der westliche Teil des Parks zu einem waldartigen Bereich mit hauptschlich Laubgehlzen. Es wurde auch ein knstliches Feucht-biotop mit einem kleinen See und Brcken angelegt. Nur dringend notwendige Pflege- und Wartungsarbeiten

    74 krAuse, rndel, zAGrodnik 1995, 40.75 Arnold, von GriesHeim 2002, 178.76 rndel 1997, o. S.77 Arnold, von GriesHeim 2002, 178.

    Abbildung 79: Entstehung der Trmmerberge

    Abbildung 80: Entstehung der Trmmerberge

    Abbildung 81: Entstehung der Trmmerberge

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    EINZELNE TRMMERBERGE IN BERLIN

    ebenso wie Nachpflanzungen und Rasenneusaaten wurden durchgefhrt, so dass das Gelnde mit seinen Hngen, Tlern und Ebenen den Eindruck einer natr-lichen Landschaft vermittelt. Der Park besteht aus ca. 60 % Gehlzflchen und rund 40 % Wiesen- bzw. Ra-senflchen.78 Auch heute noch ist er ein Erholungsge-biet mit starker kologischer Orientierung. Whrend der letzten Jahrzehnte wurden verschiedene Kunstwerke im Park aufgestellt. Am Eingang Oderbruchstrae (Abb. 84) wurde an einem aus Natursteinblcken gebildeten Tor (Abb. 85) eine Tafel angebracht, auf der die Anlegung des Parks beschrieben wird. Im nordstlichen Teil des Parks gibt es einen Spielplatz, der in der Nhe liegen-de See ist heute wegen starkem Schilfwuchs nicht mehr zu sehen. Vom sdlichen Berg kann man noch gut auf die Stadt schauen (Abb. 87 und 88), die Aussicht vom nrdlichen Berg ist angesichts der hochgewachsenen Vegetation nur an einer Stelle mglich (Abb. 90). Der Volkspark Prenzlauer Berg (Karte 14) ist die hchste Erhe-bung im Bezirk und stellt fr die Bewohner eines groen Einzugsgebietes eine unerlssliche Grnanlage dar.79

    78 krAuse, rndel, zAGrodnik 1995, 44.79 scHolz et al, 111.

    Karte 14: Der fertig gestaltete Volkspark Prenzlauer BergAbbildung 82: Begrnung der Trmmerberge

    Abbildung 83: Blick auf einen Trmmerberg des zuknftigen Volksparks Prenzlauer Berg