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Kriminologie I Grundlagen

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Kriminologie IGrundlagen

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Empirische Methoden

Befragung – Interview– Schriftliche Befragung– Telefonische Befragung– Internetgestützte Befragung

(Teilnehmende) Beobachtung

Test

Experiment

Dokumentenanalyse (Strafakten, Polizeistatistiken etc.)

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Beobachtung

Teilnehmend/nicht teilnehmend Offen/verdeckt

Anwendungsgebiete– Ethnologie, Gangforschung

Vorteile– Erfassung von Interaktionen– Unmittelbare Erfahrung einer Situation/Handlung

Nachteile– Kosten (Zeit)– Effekte durch Beobachtung

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Empirische Methoden

Befragung – Interview– Schriftliche Befragung– Telefonische Befragung– Internetgestützte Befragung

(Teilnehmende) Beobachtung

Test

Experiment

Dokumentenanalyse (Strafakten, Polizeistatistiken etc.)

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Test

Persönlichkeitsinventare (Beispiel: Freiburger Persönlichkeitsinventar)– Erfassung von Persönlichkeitsmerkmalen

– Lebenszufriedenheit – Soziale Orientierung – Leistungsorientierung – Gehemmtheit – Erregbarkeit – Aggressivität – Beanspruchung – körperliche Beschwerden – Gesundheitssorgen – Offenheit – Extraversion/Intraversion– Emotionalität

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Empirische Methoden

Befragung – Interview– Schriftliche Befragung– Telefonische Befragung– Internetgestützte Befragung

(Teilnehmende) Beobachtung

Test

Experiment

Dokumentenanalyse (Strafakten, Polizeistatistiken etc.)

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Eine experimentelle Überprüfung der „broken windows“ Theorie

Quelle: Keizer, K., Lindenberg, S., Steg, L.: The Spreading of Disorder. Science 322(2008), S. 1681-1685

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Experiment

Vorteile– Kontrolle der Randbedingungen und Identifizierbarkeit

kausaler Zusammenhänge

Experimente sind für viele Fragestellungen der Kriminologie nicht realisierbar

– Wirkung von Freiheitsstrafen– Erziehungsstile und Kriminalität

Natürliche Experimente– Unterschiede in der Verhängung von Freiheitsstrafen

(zwischen Gerichten/Bundesländern)

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Empirische Methoden

Befragung – Interview– Schriftliche Befragung– Telefonische Befragung– Internetgestützte Befragung

(Teilnehmende) Beobachtung

Test

Experiment

Dokumentenanalyse

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Strafbefehl (§ 407 StPO)

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Dokumentenanalyse

Ermittlungs- und Strafakten

Bundeszentralregister/Erziehungsregister

Leichter Zugang

Beschränkung der Informationen auf solche, die in bürokratischen Prozessen dokumentiert werden (prozessproduzierte Daten)

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Interdisziplinarität

Verschiedene Disziplinen befassen sich mit Kriminalität, Opfer, Straftäter etc.

– Strafrecht, Psychologie, Psychiatrie, Soziologie, Ökonomie, Pädagogik…

Zusammenarbeit der Disziplinen– Theoretisch– Forschungsintegration

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Disziplinen

Psychologie– Theorien: Lerntheorien der Kriminalität– Prävention und Therapie– Psychologie des Rechts (Beisp.: Psychologie richterlichen Entscheidens)

Psychiatrie– Geisteskrankheit und Gewalt/Kriminalität– Genetische Grundlagen des Verhaltens

Soziologie– Soziale Strukturen und Kriminalität– Soziale Kontrolle, Strafrechtssoziologie

Ökonomie– Ökonomie des Rechts (Kosten und Nutzen)– Ökonomische Handlungstheorien (homo oeconomicus, Spieltheorie)

Pädagogik– Erziehung und Prävention

Neurowissenschaften– Gehirnfunktionen, Kognition, Gefühle und Entscheidung

Geschichtswissenschaft– Entstehung des Strafrechts– Entwicklung der wissenschaftlichen Beschäftigung mit Kriminalität und Straftäter

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Zusammenarbeit

Theoretisch– Theorieintegration– Theoriekonkurrenz

Forschungsintegration– Interdisziplinäre Durchführung von Forschungsprojekten

Problem: Je etablierter eine Disziplin, desto schwieriger wird die Zusammenarbeit zwischen Disziplinen

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Volkszählungsurteil und Datenschutz

BVerfG NJW 1984, 419ff

– (Grund-)Recht auf informationelle Selbstbestimmung– Selbstbestimmung über die Abgabe von personenbezogenen Daten– Sammlung und Speicherung von personenbezogenen Daten ist nur

möglich, wenn Zweck und Funktion gesetzlich festgelegt sind.– Nutzung von personenbezogenen Daten grundsätzlich nur mit

Zustimmung der Betroffenen– Auskunftspflicht der datenspeichernden Stellen– Keine Vorratsspeicherung personenbezogener Daten– Bereichsspezifische gesetzliche Regelungen (beispw. § 42a BZRG)– Anonymisierung personenbezogener Daten, wenn Zweck erfüllt ist– Löschungsfristen, §§ 45 ff. BZRG

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Datenschutz

1. Jeder hat das Recht darüber zu bestimmen, ob und welche personen-bezogenen Daten abgegeben werden sollen.

2. Personenbezogene Daten dürfen nur dann gesammelt und gespeichert werden, wenn Zweck und Funktion festgelegt sind.

3. Grundsätzlich soll eine Nutzung von personenbezogenen Daten nur mit Zustimmung der Betroffenen erfolgen.

4. Es darf keine Täuschung der Betroffenen erfolgen: Deshalb müssen Betroffene informiert sein darüber, wo und welche personenbezogenen Daten für welchen Zweck gesammelt werden.

5. Datenspeichernde Stellen sind den Betroffenen gegenüber auskunfts-pflichtig.

6. Keine Vorratsspeicherung personenbezogener Daten, Anonymisierung der Daten, sobald der Zweck erfüllt ist.

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Allgemeine Regelungen

Bundesdatenschutzgesetz– Bundesbehörden und Private

Landesdatenschutzgesetze– Landesbehörden

Datenschutzbeauftragte

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Wichtige bereichsspezifische Regelungen

§ 166 StVollzG (ähnlich in Ba.-Wü.: § 107 III. Buch, § 87 IV. Buch JVollzGB) – (1) Dem kriminologischen Dienst obliegt es, in Zusammenarbeit mit den Einrichtungen der

Forschung den Vollzug, namentlich die Behandlungsmethoden, wissenschaftlich fortzuentwickeln und seine Ergebnisse für Zwecke der Strafrechtspflege nutzbar zu machen.

§ 42a BZRG– (1) Die Übermittlung personenbezogener Daten aus dem Register an Hochschulen, andere

Einrichtungen, die wissenschaftliche Forschung betreiben, und öffentliche Stellen ist zulässig, soweit 1. dies für die Durchführung bestimmter wissenschaftlicher Forschungsarbeiten erforderlich ist, 2. eine Nutzung anonymisierter Daten zu diesem Zweck nicht möglich oder die Anonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist und 3. das öffentliche Interesse an der Forschungsarbeit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung erheblich überwiegt. Bei der Abwägung nach Satz 1 Nr. 3 ist im Rahmen des öffentlichen Interesses das wissenschaftliche Interesse an dem Forschungsvorhaben besonders zu berücksichtigen.

§ 476 StPO– (1) Die Übermittlung personenbezogener Informationen in Akten an Hochschulen, andere

Einrichtungen, die wissenschaftliche Forschung betreiben, und öffentliche Stellen ist zulässig, soweit 1. dies für die Durchführung bestimmter wissenschaftlicher Forschungsarbeiten erforderlich ist, 2. eine Nutzung anonymisierter Informationen zu diesem Zweck nicht möglich oder die Anonymisierung mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist und 3. das öffentliche Interesse an der Forschungsarbeit das schutzwürdige Interesse des Betroffenen an dem Ausschluss der Übermittlung erheblich überwiegt. Bei der Abwägung nach Satz 1 Nr. 3 ist im Rahmen des öffentlichen Interesses das wissenschaftliche Interesse an dem Forschungsvorhaben besonders zu berücksichtigen

(§§ 27 ff. u.) § 40 I. Buch JVollzGB Ba.-Wü. – verweist für Auskunft und Akteneinsicht für wissenschaftliche Zwecke auf § 476 StPO

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Zentrale Fragestellungen

Warum werden Menschen kriminell?

Warum wird ein Verhalten zum Verbrechen erklärt?

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Die „letzte“ Ursache?

In kurzschlüssiger Paradoxie zwar, aber doch ein zentrales Dilemma ätiologischer Kriminologie aufweisend, deren Selbstverständnis sich in der Suche nach Ursachen erschöpft, lässt sich sagen, dass die letzte Ursache des kriminellen Verhaltens das Gesetz selbst ist, das ein Verhalten zuerst mit dem Etikett kriminell versieht (F. Sack)

Inzest-Urteil des Bundesverfassungsgerichts– http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20080226_2b

vr039207.html

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Die Frage, warum jemand kriminell wird, enthält:

Bewertung (Straftat)

Zuschreibung

Interaktion/Kommunikation über Straftat

Einwirkung auf Beziehungen zwischen Menschen

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Verbrechensbegriffe

Formeller Verbrechensbegriff–§ 12 StGB

Materieller Verbrechensbegriff–Verbrechen im „natürlichen“ Sinn?

– Crimen mala per se– Crimen mere prohibita

–Rechtsgut

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Normen

Strafrechtliche Normen = Verbrechen

Soziale Normen = abweichendes Verhalten

Verbrechen im „natürlichen“ Sinn?– Crimen mala per se– Crimen mere prohibita

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Strafrecht, Kriminalität und die Entstehung von Zentralgewalten

Ohne Zentralgewalt wird das Problem von Recht und Unrecht letztendlich durch die Fehde – und das heißt Gewalt (Krieg) – gelöst

Gottes- und Landfrieden zeigen die Entstehung einer Zentralgewalt an, mit der Gewalt monopolisiert wird

– Gottesfrieden: ab dem 10. Jahrhundert– Gewaltverbot an bestimmten Orten (beispw. Kirchen) oder zu

bestimmten Zeiten (Feiertage, Fastenzeiten etc.)– Sanktion: Exkommunikation

– Landfrieden: ab dem 12. Jahrhundert– Mainzer Landfrieden (1235); Ewiger Landfriede (1495): unbefristetes

Verbot der Fehde (Gewaltverbot)– Voraussetzungen: Gerichtsbarkeit, territoriale Herrschaft,

Außengrenzen: nach innen Verbot privater Gewalt, nach außen Krieg

– Sanktionen: Kriminalstrafen, Urfehde – Straftat des Landfriedensbruchs (§125 StGB)

Selbsthilfe und Selbstjustiz werden selbst zu Straftaten– Ausnahme: Notsituationen, Notwehr etc.

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Der Ewige Landfriede

§ 1. Von der Zeit dieser Verkündung an darf niemand, von welchen Würden, welchem Stand oder Wesen er auch sei, selbst oder durch jemand anderes in seinem Auftrag, weder einen anderen befehden, bekriegen, berauben, belagern, noch Schlösser, Städte, Märkte, Befestigungen, Dörfer, Höfe oder Weiler erobern oder ohne des anderen Willen mit Gewalt einnehmen oder in böser Absicht durch Feuer oder in anderer Weise beschädigen; es soll auch niemand solchen Tätern Rat, Hilfe oder in anderer Weise Beistand oder Vorschub leisten, sie auch wissentlich nicht beherbergen oder beköstigen, sondern wer zu dem anderen zu sprechen vermeint, der soll ein solches Gespräch suchen und letztlich die Gerichte anrufen, da die Sachen vorher und jetzt nach der Ordnung des Kammergerichts ausgetragen werden und ordentlich dort hingehören.

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Folgen der Monopolisierung der Gewalt

Das Recht wird nicht mehr von Parteien/Privaten durchgesetzt, sondern durch staatliche Einrichtungen

– Neue Entwicklungen: Privatisierung, private Polizei, privates Militär

Die Straftat (Strafrecht) etabliert eine Beziehung zwischen Straftäter und Staat (und erst in zweiter Linie eine Beziehung zwischen Täter und Opfer)

– Straftat = Geltungswiderspruch (Hegel)– Konsequenz: Das Opfer wird „entmachtet“

Die Konsequenz ist allerdings Entlastung sowohl für das Opfer als auch für den Täter

– Das Opfer (und der Täter) muss nicht mehr die Risiken der Selbsthilfe (Fehde) in Kauf nehmen (gewalttätige Vergeltung und Eskalation)

– Der Täter hat ein berechenbares Verfahren und berechenbare Folgen (Strafe) vor sich

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Staat, Herrschaft und Kriminologie

Machiavelli: “Der Prinz”– “Was ist besser: gefürchtet oder geliebt zu werden?”– Staat und Strafrecht als Herrschafts- und Kontrollinstrumente

Hobbes: “Der Mensch ist des Menschen Wolf”– Im „Naturzustand“ gibt es keine Sicherheit; es gilt das Recht des

Stärkeren– Vertrag aller mit allen über die Übertragung der natürlichen

Rechte auf einen Souverän, in dem die Macht (und Gewalt) konzentriert/monopolisiert ist und der die Sicherheit garantiert

Die im Staat (und Strafrecht) organisierte Gewalt ist Herrschaft und legitimiert sich durch den Schutz vor Verletzungen durch andere Menschen

– Innere und äußere Sicherheit– Akzeptanz und Legitimation durch demokratische Prozesse

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Strafe, Macht und das Problem der Gewalt

Sanktionierung/Strafe ist Gewalt und trägt deshalb ein Stigma in sich

Auch in der Anwendung strafender (vergeltender) Gewalt ist das Risiko der Gegengewalt (Widerstand, Rache) enthalten

Überlegene Gewalt (Aktionsmacht, Popitz) bedeutet Macht über eine Person (allerdings nur für einen Moment)

– Talleyrand: Sire, mit Bajonetten kann man viel machen, man kann nur nicht darauf sitzen

Herrschaft muss auf Dauer gestellt werden und das heißt, Herrschaft muss vom Stigma der bloßen Gewalttätigkeit entlastet werden

Dies bedeutet, dass die Sanktion und die Sanktionierung normiert werden müssen

Erst wenn die Sanktion normiert ist, kann es zu dauerhafter und stabiler Herrschaft kommen

» Kodifizierung» Akzeptanz/Legitimation