Kulturgeragogik - Kulturarbeit mit Älteren

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Kulturgeragogik – Kulturarbeit mit Älteren Dokumentation des ersten Durchlaufs der Weiterbildung (Mai 2011 bis April 2012) eine Kooperation des Instituts für Bildung und Kultur und der Fachhochschule Münster gefördert vom:

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Dokumentation des ersten Durchlaufs der Zertifikatsweiterbildung der FH Münster und des Instituts für Bildung und Kultur

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Kulturgeragogik – Kulturarbeit mit ÄlterenDokumentation des ersten Durchlaufs der Weiterbildung (Mai 2011 bis April 2012)

eine Kooperation des Instituts für Bildung und Kultur und der Fachhochschule Münster

gefördert vom:

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InhaltHintergrund Seite 2

Partner Seite 3

Aufgaben des Projektes Seite 3

Inhalt und Umfang der Weiterbildung Seite 4

Unsere Dozentinnen und Dozenten Seite 5

Profil eines Kulturgeragogen/einer Kulturgeragogin Seite 6

Ziele der Weiterbildung Seite 6

Auswertung des ersten Durchlaufs der Weiterbildung Seite 7

Ergebnisse – 15 Praxisprojekte Seite 10

Weitere Projektaktivitäten Seite 32

Öffentlichkeitsarbeit Seite 34

Nachhaltigkeit / Ausblick Seite 35

Kontakt und weitere Informationen Seite 36

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Kultur und Kunst gehören zur Lebensqualität – in jedem Alter und in jeder Lebenssituation. Das Alter(n) ändert sich im Laufe der Genera-tionen – damit wandeln sich auch die kulturel-len Interessen und die Ansprüche der Älteren an die Kulturangebote. Immer mehr geht es darum, die bisher gelebte kulturelle Aktivität älterer Menschen zu erhalten, und zugleich neue Kreativität zu fördern – und manchmal auch zu fordern. Die passgenauen, kulturellen Angebote für die Älteren mit ihnen gemeinsam zu entwickeln ist eine Herausforderung für das gelingende Zusammenleben mit den Älteren im Quartier, in den stationären Einrichtungen, an das Zu-sammenleben mit Pflegebedürftigen und mit Menschen mit Demenz. Sie zu bewältigen ist eine Aufgabe der professionellen Dienste in der Alten- und Seniorenarbeit, der Anbieter von Kunst und Kultur wie des bürgerschaftli-chen Engagements von und mit Älteren. Es lohnt sich für alle Beteiligten, dafür neue Wege zu gehen, denn: Im Alltag des Zusam-menlebens kann Kunst Freude vermitteln. Sie

erschließt neue Formen der Teilhabe und er-möglicht alternative Wege für die Kommunika-tion mit den Älteren über ihre Erfahrungen und ihre Wünsche und schafft neue Möglichkeiten für das Miteinander der Generationen. Die konkreten Praxisbeispiele der Dokumentation zeigen eindrucksvoll, wie Kunst für Ältere das Wohlbefinden steigert und wie ein würdevol-ler und respektvoller Umgang mit Menschen auch in schwierigen Lebenssituationen gelin-gen kann. Das Institut für Bildung und Kultur und die Fachhochschule Münster haben mit der Fort-bildung zur Kulturgeragogin bzw. zum Kultur-geragogen innovative Wege beschritten, neue methodisch-didaktische Konzepte entwickelt und damit einen wichtigen Beitrag zur Profes-sionalisierung in der Kulturarbeit mit Älteren geleistet. Ich wünsche den Teilnehmenden viele Möglichkeiten, ihre Projekte in die eige-ne berufliche Praxis einbinden zu können und ihren Konzepten eine vielfältige Nachahmung in der Alten- und Seniorenarbeit in Nordrhein-Westfalen.

Marlis BredehorstStaatssekretärin im Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alterdes Landes Nordrhein-Westfalen

Vorwort

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In unserer Gesellschaft leben immer mehr ältere und alte Menschen. Durch eine stetig steigende Lebenserwartung, mehr freie Zeit und ein längeres gesundes Leben hat sich das Alter(n) stark gewandelt. Viele Menschen sind bis ins hohe Alter geistig und körperlich fit und möchten aktiv an der Gesellschaft par-tizipieren. Gerade die Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur beinhaltet vielfältige Entwick-lungspotenziale für den Einzelnen. Mit anderen und für sich allein kreativ zu werden, vermit-telt nicht nur das Gefühl, mitten im Leben zu stehen und etwas Schönes zu tun, sondern ermöglicht auch seinen Horizont zu erweitern und lebenslang zu lernen. Kreativ-künstlerische Aktivität fordert und fördert die Entwicklung der Persönlichkeit und der Schlüsselkompetenzen und schafft Anlässe, den Anpassungserforder-nissen des Alters zu begegnen. Sie dient somit auch der Alltagsbewältigung sowie der Siche-rung bzw. Steigerung von Lebensqualität und Lebenszufriedenheit.In der Praxis der kulturellen Bildung wird dieser Bedarf bereits von vielen Anbietern aufgegriffen. Es entstehen Angebote von Bibliotheken, Seniorentheatergruppen, Musik-unterricht für Ältere, Museumsführungen für

Menschen mit Demenz u.v.m. Für die kultur-pädagogische Arbeit in den verschiedenen Kunstsparten (Darstellende Kunst, Bildende Kunst und Neue Medien, Musik, Literatur, Kunstvermittlung) mit älteren Menschen er-geben sich besondere didaktische und me-thodische Anforderungen. Allerdings beruht die Umsetzung vorwiegend auf Erfahrungen aus der Praxis, denn kulturpädagogische Aus- und Fortbildungen haben ihren Fokus auf der Zielgruppe der Kinder und Jugendli-chen. Damit diese Erfahrungen nicht immer wieder von Neuem gemacht werden müs-sen, sollte eine Qualifizierungsmöglichkeit geschaffen werden. So entwickelte das In-stitut für Bildung und Kultur gemeinsam mit der Fachhochschule Münster die Weiterbil-dung Kulturgeragogik, die im Mai 2011 zum ersten Mal an den Start ging. Kulturgeragogik – in Analogie zur Kultur-pädagogik – kombiniert Erkenntnisse der Gerontologie und Geragogik mit kulturpä-dagogischen Methoden und berücksichtigt dabei die spezifischen Erfordernisse für die künstlerisch-kulturelle Arbeit mit älteren Menschen. Der Schwerpunkt liegt darauf, wie die sich wandelnden Bedürfnisse Älterer in kulturpädagogischen Angeboten besser aufgegriffen werden können, um qualitativ hochwertige Angebote in Senioreneinrich-tungen, Alten- und Pflegeheimen, aber auch in kulturpädagogischen Einrichtungen und Kultureinrichtungen zu entwickeln. Grund-lagen dafür bilden Nachbardisziplinen wie Alterspsychologie, Pflegewissenschaft, Ge-rontologie, Soziale Arbeit, Kulturpädagogik, Heilpädagogik u.a.Die Weiterbildung gibt Fachkräften aus der Sozialen Arbeit und Pflege, Kulturpädago-ginnen und -pädagogen sowie Künstle-rinnen und Künstlern in einer einjährigen Fortbildung ein fundiertes Rüstzeug für ihren beruflichen Alltag bzw. für die Berufs-felderweiterung, um qualitativ hochwertige Kulturangebote für Ältere zu planen und umzusetzen.

Hintergrund

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Partner

Aufgaben des Projektes

Die berufsbegleitende Weiterbildung Kulturgeragogik wurde gemeinsam von der Fach-hochschule Münster, Fachbereich Sozialwesen, und dem Institut für Bildung und Kultur e.V. entwickelt.Unter Leitung von Prof. Dr. Hans Hermann Wickel führt die Fachhochschule Münster seit 2004 sehr erfolgreich die Weiterbildung Musikgeragogik durch, die 2006 den Inventio-Preis des Deutschen Musikrates verliehen bekam. Hans Hermann Wickel ist seit 1995 Professor für Ästhetik und Kommunikation an der Fachhochschule Münster mit dem Schwerpunkt Musik in der Sozialen Arbeit. Auf Initiative von Prof. Wickel entstand das gemeinsame Vorhaben zur Entwicklung der Weiterbildung. Das Institut für Bildung und Kultur e.V. ist eine in 1984 gegründete Einrichtung der For-schung und Modellentwicklung im Bereich der kulturellen Bildung. Seit Ende der 1980er Jahre führt das Institut für Bildung und Kultur Projekte zur Seniorenkulturarbeit durch. Besonders seit 2004 liegt ein Arbeitsschwerpunkt auf dem demografischen Wandel und seinen Auswirkungen auf die Kultur. U.a. führte das Institut für Bildung und Kultur zwischen 2004 und 2007 das vom Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes NRW (MGFFI) geförderte Projekt „MehrKultur55plus – Öffnung der Kulturwirtschaft für Senioren“ durch und koordinierte das vom MGFFI initiierte Eu-ropäische Netzwerk für Kultur im Alter „age-culture.net“. Mit Unterstützung der Kulturab-teilung des Landes NRW entstand 2008 das Kompetenzzentrum für Kultur und Bildung im Alter (kubia) als Fachforum für alle, die kulturelle Bildung und Teilhabe von und mit älteren Menschen ermöglichen. Das Institut für Bildung und Kultur ist Projektträger der Weiterbildung Kulturgeragogik.

Aufgabe des Projektes, das von September 2010 bis Juni 2012 durch das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW gefördert wurde, war es, ein Curriculum für die berufsbegleitende Weiterbildung Kulturgeragogik zu entwickeln, in einem ersten Durchlauf zu erproben und begleitend zu evaluieren, um sie künftig dauerhaft in das Weiterbildungsprogramm der Fachhochschule Münster zu integrieren. Darüber hinaus sollte das Konzept der Weiterbildung in eine Fachöffentlichkeit getra-gen und die Zertifizierung damit gestärkt werden. Hierzu wurde die Weiterbildung bei einer Fokusgruppenkonferenz vorgestellt, zu der Vertreterinnen und Vertreter eingeladen wurden, mit denen das Konzept der Weiterbildung diskutiert wurde und die das Ange-bot über ihre Kanäle kommunizierten (Landesarbeitsgemeinschaft Seniorenbüros NRW, Landesarbeitsgemeinschaft der freien Wohlfahrtspflege, Forschungsinstitut Geragogik, Kuratorium Deutsche Altershilfe, Forum Seniorenarbeit NRW, Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Migrantenvertretungen, Landesseniorenvertretung NRW, Landkreis-tag NRW, Städte- und Gemeindebund NRW, Städtetag NRW sowie ZWAR Zentralstelle NRW). Auf einem Fachtag zum Thema Kulturgeragogik wurde die Weiterbildung eben-falls vorgestellt und das Themenfeld diskutiert. Des Weiteren wurde eine Internetseite aufgebaut, die ausführlich über die Aktivitäten informiert (www.kulturgeragogik.de).

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In der einjährigen Weiterbildung Kulturgeragogik lernen die Teilnehmen-den, wie qualitativ hochwertige Kulturarbeit mit Älteren angeleitet und in die Praxis umgesetzt werden kann. Die Weiterbildung thematisiert, wie mit künstlerischen und kulturpädagogischen Mitteln mit Älteren in unter-schiedlichen Lebenslagen gearbeitet werden kann. Neben Erkenntnis-sen aus den Nachbardisziplinen Geragogik, Gerontologie und Kulturma-nagement werden methodische und didaktische Grundlagen aus den Bereichen Musik, Theater, Bildende Kunst, Literatur, Tanz und Medien behandelt. Zudem werden kreative Anstöße durch speziell künstlerisch ausgewiesene Dozenten gegeben. Studienbegleitend führen die Teil-nehmenden ein eigenes Praxisprojekt durch.Die Weiterbildung umfasst 144 Unterrichtsstunden in acht Präsenzpha-sen mit folgenden Inhalten:

• Alter(n) aus biologischer, soziologischer und psychologischer Sicht

• Bedeutung von kultureller Aktivität im Alternsprozess

• Bildung und Lernen im Alter und intergenerationelles Lernen

• Haltungen und Orientierungen

• Umgang mit Beeinträchtigungen im Alter

• Biografie- und Erinnerungsarbeit

• Kulturarbeit mit Menschen mit Demenz

• Methoden der intergenerationellen Arbeit

• Methoden der interkulturellen Kulturarbeit

• Musikgeragogik

• Museumsgeragogik

• Theaterarbeit

• Bildende Kunst

• Tanz

• Schreibwerkstätten und Erzählen

• Medienpädagogik im Dialog der Generationen

• Humor in der Altenarbeit

• Projekt- und Finanzmanagement

Fachliche Leitung: Prof. Dr. Hans Hermann Wickel, Fachhochschule Münster

Almuth Fricke und Kim de Groote, Institut für Bildung und Kultur e.V.

Inhalt und Umfang der Weiterbildung

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Ute Becker, Pädagogin, Theaterpädagogin und Klinikclownin, Hitdorf

Barbara Cleff, Choreografin, Mülheim

Wiebke Doktor, Fundraising-Managerin, fundamente – fundraising & kommunikation, Duisburg

Almuth Fricke, Kulturmanagerin, Institut für Bildung und Kultur, Remscheid

Michael Ganß, Kunsttherapeut und Gerontologe, FH Ottersberg, Institut für Kunsttherapie und Forschung

Kim de Groote, Erwachsenenbildnerin, Institut für Bildung und Kultur, Remscheid

Prof. Dr. Theo Hartogh, Universität Vechta

Sybille Kastner und Friederike Winkler-Rufenach, Museumspädagoginnen, LehmbruckMuseum, Duisburg

Thomas Kupser, Medienpädagoge, JFF – Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis, München

Kordula Lobeck de Fabris, Kulturmanagerin, Wuppertal

Karin Nell, Pädagogin, EEB Nordrhein, Düsseldorf

Melanie Philip, Gerontologin, VitaCentrum, Vechta

Nicole Reckmann, Kommunikations- und Hörberaterin, Kommunikation mit Profil, Münster

Sabine Sautter, Sozialpädagogin, LebensMutig – Gesellschaft für Biografiearbeit, Pähl

Marlis Schabacker-Bock, Soziologin, ZAWIW, Universität Ulm

Helmut Schnieders, Sozialpädagoge, Musikgeragoge, Rheine

Dr. Renate Schramek, Geragogin, Forschungsinstitut Geragogik, Witten

Mirjam Strunk, Theaterregisseurin, Bochum

Maria Thaler-Neuwirth, Theaterpädagogin, Südtiroler Theaterverband, Bozen

Prof. Dr. Hans Hermann Wickel, FH Münster

Unsere Dozentinnen und Dozenten

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Die Weiterbildung richtet sich sowohl an Fachkräfte der Sozialen Arbeit, Altenhilfe und Pflege als auch an Kulturpädagoginnen und –pädagogen sowie an Künstlerinnen und Künstler. Vorausset-zung ist ein abgeschlossenes Studium oder eine abgeschlossene einschlägige Berufsausbildung mit Berufserfahrung. Die Weiterbildung endet mit einem Abschlussverfahren, durch das bei Bestehen das bewertete Zertifikat „Kulturgeragoge/Kulturgeragogin“ erworben wird.Durch die Teilnahme an der Weiterbildung Kulturgeragogik schärfen die Teilnehmenden ihr Profil im Hinblick auf kulturelle Aktivitäten mit älteren Menschen. Die Teilnehmenden bringen Kennt-nisse einer bestimmten Profession ein und reichern diese mit Fähigkeiten und Wissen der Kul-turgeragogik an.In der Weiterbildung werden den Teilnehmenden Grundlagen zum Lernen im Alter, zur Arbeit mit Generationen, interkulturellen Gruppen und mit Hochaltrigen vermittelt. Sie lernen Möglich-keiten kennen, wie man mit Beeinträchtigungen im Alter umgehen kann. Darüber hinaus erwer-ben sie verschiedene Methoden der Kulturarbeit. Jedes Modul befasst sich spezifisch mit Metho-den aus einer Kunstsparte. Nicht jede Kunstsparte kann vertiefend behandelt werden, sondern die Teilnehmenden sind dazu angehalten, darüber zu reflektieren, wie ein Methodentransfer in ihre Arbeit vollzogen werden kann. So kann eine Theaterpädagogin beispielsweise Elemente der Musikgeragogik in ihre Arbeit einflechten, eine Pflegekraft arbeitet später möglicherweise mit Methoden der Biografiearbeit. Außerdem werden die Grundlagen des Projekt- und Finanzmanagements thematisiert. Hierbei geht es darum, ein Projekt systematisch zu planen – von der Konzeptions- bis zur Abschlusspha-se. Die Teilnehmenden erhalten Hilfe bei der Erstellung eines Projektantrages, bei der Einwer-bung von Fördermitteln und bei der Öffentlichkeitsarbeit für ihr Projekt. Diese Kenntnisse wen-den die Teilnehmenden an, indem sie begleitend zur Weiterbildung ein eigenes Praxisprojekt planen und durchführen.

Das primäre Ziel der Weiterbildung besteht darin, das Kulturangebot für Ältere auszubauen und seine Qualität zu erhöhen. In Kulturangeboten sollen die sich wandelnden Bedürfnisse Älterer besser aufgegriffen werden, um qualitativ hochwertige Angebote in Alten- und Pflegeheimen und Senioreneinrichtungen, aber auch in kulturpädagogischen Einrichtungen und Kultureinrich-tungen zu entwickeln. Hierfür ist es grundlegend, dass Sozial- und Kulturbereich miteinander kooperieren und sich vernetzen. In der Weiterbildung treffen verschiedene Berufsgruppen aufeinander, lernen vonei-nander, gehen Kooperationen ein und bilden ein Netzwerk.

Profil eines Kulturgeragogen/einer Kulturgeragogin

Ziele der Weiterbildung

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Profil eines Kulturgeragogen/einer Kulturgeragogin

Ziele der Weiterbildung

Auswertung des ersten Durchlaufs der WeiterbildungDer erste Durchlauf der Weiterbildung wurde sowohl formativ als auch summativ durch das Institut für Bildung und Kultur begleitet. Hierfür wurden die Teilnehmenden zu Beginn zu ihren Motiven, Erwartungen und Erfahrungen befragt, jedes Modul wurde bewertet und es gab eine Abschlussevaluation am Ende der Weiterbildung. Auszüge hieraus werden an dieser Stelle dargestellt. Weitere Ergebnisse der Evaluationen sind – soweit möglich – in die Planung der nächsten Staffel eingeflossen.

TeilnehmerstrukturIm Mai 2011 startete die erste Staffel der Weiterbildung Kulturgeragogik mit 16 Teilnehmenden, darunter zwei Männer. Insgesamt gingen 26 Bewerbungen ein. Die Begrenzung auf 16 Teilnehmende wurde im Vor-feld von der Fachhochschule Münster und dem Institut für Bildung und Kultur aufgrund von Erfahrungswert- en festgelegt. Die Gruppengröße wurde von den Teilnehmenden im Nachhinein als gelungen bewertet. Die Altersstruktur verteilte sich wie folgt:

Sechs der Teilnehmenden waren in der Altenarbeit tätig, vier in der Kulturarbeit und weitere sechs in der Senioren-kulturarbeit. Alle haben zuvor bereits haupt-/freiberuflich oder ehrenamtlich mit Älteren gearbeitet. Zwei hatten zuvor keine Erfahrungen mit der Arbeit mit künstlerisch-kulturellen Mitteln. Diese Zusammensetzung mit unter-schiedlichen beruflichen Hintergründen wurde gezielt angestrebt, damit die Teilnehmenden von der Experti-se anderer Berufsgruppen profitieren und voneinander lernen. Die Gruppenzusammensetzung wurde von den Teilnehmenden insgesamt als gut bis sehr gut bewertet (s. Abb. 2).

Abb. 1: Altersstruktur der Teilnehmenden

Abb. 2: Bewertung der Zusammensetzung der TeilnehmendenSechs der Teilnehmenden sind freiberuflich tä-tig, sieben wurden von ihrem Arbeitgeber für die Weiterbildung komplett freigestellt, zwei teilweise und ein/e gar nicht. Die Kosten für die Weiter-bildung betrugen für die Teilnehmenden 1.490 Euro inklusive Übernachtung und Verpflegung für das erste fünftägige Modul, das in der Akademie Remscheid stattfand (alle anderen Module fanden jeweils zweitägig in der Fachhochschule Münster statt). Dieser Betrag wurde sowohl vor als auch nach der Weiterbildung durchweg als angemessen eingestuft. Ein Arbeitgeber übernahm die gesam-ten Kosten für die Weiterbildung, vier Arbeitgeber teilweise.

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20-30Jahre

31-40Jahre

41-50Jahre

51-60Jahre

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MotiveVor Beginn der Weiterbildung wurden Beweggründe zur Teilnahme an der Weiterbildung erhoben (s. Abb. 3). Hier zeigt sich, dass das Thema als aktuell und neu eingestuft und für die tägliche Praxis als relevant empfunden wurde. Darüber hinaus war die Zertifizierung durch die Fachhochschule Münster ein Beweg-grund zur Teilnahme.

Aktualität des Themas 8

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1

Bedeutung des Themas für meine tägliche Praxis 14

Mein Interesse an neuen Themen

Auswahl der Dozenten

Weiterbildung wurde mir empfohlen

Zertifizierung

Sonstiges

Erwartungen und NutzenNach Durchlauf der Weiterbildung wurden die Teilnehmenden befragt, inwiefern ihre Erwartungen erfüllt wurden. Die Aktualität sowie die Relevanz der Weiterbildungsinhalte für die tägliche Praxis wurden von allen Teilnehmenden durchweg als gut bis sehr gut bewertet. Ebenso war die Zufriedenheit mit der Wei-terbildung durchweg gut bis sehr gut. Auch die Zertifizierung durch die Fachhochschule wurde insgesamt als positiv eingestuft: Sieben Personen schätzen den Nutzen des Zertifikats als sehr hoch ein, sechs als hoch, nur eine Person steht dem neutral gegenüber.Abschließend wurden die Teilnehmenden gebeten, den Nutzen der Weiterbildung für sich persönlich, ihre tägliche Arbeit, ihr Team und ihre Organisation abzuschätzen (s. Abb. 4). Hier zeigte sich, dass der Nutzen in erster Linie als ein persönlicher bewertet wird und dass die Weiterbildung für die tägliche Arbeit in der Organisation als nützlich empfunden wird. Der Nutzen für das Team als auch für die gesamte Organisa-tion wird ebenfalls von dem Großteil der Teilnehmenden als gut bis sehr gut eingeschätzt (s. Abb. 4).

Abb. 3: Gründe für die Teilnahme an der Weiterbildung

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... für Sie persönlich sein wird.

... für Ihre Arbeit in Ihrer Organisation sein wird.

... für Ihr Team sein wird.

... für Ihre gesamte Organisation sein wird.

Als offene Frage wurden die Teilnehmenden gebeten zu benennen, was sie zukünftig benötigen, um als Kulturger-agogin bzw. als Kulturgeragoge gut arbeiten zu können. Die Initiatoren der Weiterbildung interessierte hier, wie die Teilnehmenden auch zukünftig in ihrer Arbeit unterstützt werden können. Die Teilnehmenden nannten vor allem Aspekte wie Vernetzung, Lobby, einen Bedarf nach kontinuierlicher Weiterbildung sowie nach aktuellen Informatio-nen zum Thema. Diese Wünsche greift das Institut für Bildung und Kultur mit kubia – Kompetenzzentrum für Kultur und Bildung im Alter (www.ibk-kubia.de) – auf, indem es als Netzwerk fungiert, Informationen über Newsletter und Homepage verbreitet, eine Lobby für das Thema Kultur und Alter schafft und regelmäßig eintägige Workshops anbietet, die das Angebot der Weiterbildung Kulturgeragogik ergänzen und vertiefen. Ebenso bietet die Fachhoch-schule Münster regelmäßig Weiterbildungen zum Thema an.

Abb. 4: Bitte versuchen Sie abschließend abzuschätzen, wie hoch der Nutzen der Weiterbildung...

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Ergebnisse – 15 Praxisprojekte

2012 haben 15 der 16 Teilnehmenden die Weiterbildung erfolgreich abgeschlossen. Die 16. Teilnehmerin wird die Weiterbildung in der zweiten Staffel 2012/13 fortsetzen und abschließen. Begleitend zur Weiterbildung führten die Teilnehmenden ein eigenes Praxisprojekt durch, über das sie eine Ab-schlussarbeit verfassten und das sie in einem Kolloquium reflektierten. Dadurch dass die Teilnehmenden unterschiedlichen Berufsgruppen angehören und in verschiedenen Feldern tä-tig sind, sind sehr vielfältige Praxisprojekte entstanden. Mit den entstandenen Angeboten wurden verschiedene Zielgruppen unterschiedlichen Bildungsgrades angesprochen: Die meisten Projekte richteten sich an Menschen des dritten Lebensalters, viele auch an Hochaltrige oder Menschen mit Demenz. In einigen Angeboten waren generationsübergreifende Aspekte mit Kindern und Jugendlichen enthalten oder engagierte Ältere wurden dabei unterstützt, hochaltrigen Personen eine Kulturteilhabe zu ermöglichen, zum Beispiel durch die Organisation einer Kulturbegleitung oder eines mobilen Kulturangebots im Koffer. Die meisten Projekte fanden an kulturellen Orten wie Museen, einer Bibliothek oder einer Einrichtung der kulturellen Bildung statt. Andere Projekte wurden in Kir-chengemeinden oder in Pflegeheimen durchgeführt.Die Projekte reichten von Museumsführungen, mehrtägigen Kulturprogrammen unterschiedlicher Kunstsparten für Ältere oder einem Kulturtreff bis hin zu Kunst- oder Medienseminaren. Sie bedienten sich Methoden verschiedener Kunstsparten, wie zum Beispiel eine Theaterrevue, in der mit Elementen der Tanz- und Musikgeragogik gearbeitet wurde. Die meisten Praxisprojekte verbanden rezeptive mit aktiven Elementen.Die entstandenen Praxisprojekte werden nachfolgend kurz porträtiert.

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Titel des Projekts Ort Angebotsform Seite

Kulturgeragogische Vermittlungsarbeitim Museum Marta Herford

Herford Museumsführungen für Hochaltrige 12

Museumsführungen für Menschenmit Demenz

Münster Museumsführungen im LWL-Landes-museum für Kunst und Kulturgeschichtesowie Schulungen für Fachkräfte und Begleiter

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Museumsgeragogik – Eine neue Kategorie der Kunstvermittlung in der Kunsthalle Bielefeld

Bielefeld Ausbau der kulturgeragogischenMuseumsangebote

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Kunstklausur 50plus – Leben als Kunstwerk

Delmenhorst Kunstseminar zu Fragen des Alter(n)s 16

Anschauungen – Kunst am Vormittag Wiesbaden Regelmäßiges Kunstangebot im Seniorenstift

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Verwobene Erinnerungen – Was bleibt? Hilden Projekt zum Thema Abschiede mit künstlerisch-kulturellen Mitteln

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Lebenskunst – Alt und Jung auf der Spur von ...

Düsseldorf Intergenerationelle Workshopreihezur Bildenden Kunst

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„Kulturtreff Dornberg“ – Literatur und Musik am Nachmittag

Bielefeld Lesungen mit musikalischer Begleitung 22

Herzstücke unter der Lupe Köln Spielerisches Schreibseminar mit Methoden der Biografiearbeit

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Das Fotobuch als Schatzkistepersönlicher Erinnerungen

Remscheid Mediengeragogisches Seminar 25

„Als ich einmal Kind bin“ Wuppertal Theaterprojekt 26

KulturBegleitung Rheine Begleitdienst für ältere Menschendurch Ehrenamtliche

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mobikult Münster Kultureller Besuchsdienst 28

1. Kulturgeragogische Woche an Rhein und Wied – Ü70 Herzlich willkommen

Neuwied Kulturwoche mit verschiedenen künst-lerischen und kulturellen Angeboten

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dementia+art – Kulturelle Teilhabefür Menschen mit Demenz

Köln Rahmenprogramm zum Sommerblut- Festival

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Übersicht der Praxisprojekte

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Kulturgeragogische Vermittlungsarbeit im Museum Marta HerfordMuseumsführung für Hochaltrige seit Mai 2011

von Christina Esche, Kunst- und Kulturvermittlerin

KurzbeschreibungDie Inhalte und Anregungen der Weiterbildung „Kulturgeragogik“ hat die Projektleiterin in die Arbeit als wissenschaftliche Volontärin der Abteilung Bildung und Vermittlung an einem Kunst-museum einfließen lassen. Die wichtigste Aufgabe bestand darin, eine Führung für Menschen mit Demenz in das Vermittlungsprogramm aufzunehmen. Dies beinhaltete die Recherche und inhaltliche Konzeption des Formats, Öffentlichkeitsarbeit und Marketing. Barrierefreiheit im Mar-ta Herford mit dem Schwerpunkt Hörbeeinträchtigungen wurde ebenfalls thematisiert.ZielgruppeHochbetagte, Menschen mit Demenz, Menschen mit körperlichen EinschränkungenZieleDas Ziel war die Attraktivität eines Museumsbesuchs für Bevölkerungsgruppen, die durch kör-perliche oder kognitive Einschränkungen durch das bisherige Programm ausgeschlossen sind, zu steigern. Dadurch soll die Steigerung ihrer Lebensqualität durch Teilhabe am kulturellen Leben erreicht werden.Ausblick / Verbreitung / NachhaltigkeitEine regelmäßige und kostenfreie Informationsveranstaltung am Mittwoch nach Eröffnung soll über die aktuelle Ausstellung informieren und Einblick in die geragogische Vermittlungsarbeit geben. Dadurch soll die Hemmschwelle seitens der Multiplikatoren reduziert werden, die ihre Vorbehalte gegenüber zeitgenössischer Kunst auf ihre „Schützlinge“ übertragen.Zum Ende der Weiterbildung wurde zusätzlich ein Mehrgenerationenprojekt als Osterferienkurs geplant.

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Museumsführungen für Menschen mit Demenzseit Mai 2011

von Ulrike Kruse, Pädagogin

KurzbeschreibungAuch Menschen mit Demenz haben neben vielen Einschränkungen weiterhin Interessen, Wün-sche und weitreichende Ressourcen. Gerade sie bewahren eine hohe emotionale und schöp-ferische Kraft, die z.B. in Kunstausstellungen aktiviert werden kann. Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen sollte die Gelegenheit gegeben werden, weiterhin am kulturellen und gesellschaftlichen Leben teilzuhaben, indem spezielle Angebote für sie in den Münsteraner Museen entwickelt wurden. Erprobt wurde dieses Konzept im Landesmuseum für Kunst- und Kulturgeschichte. Darüber hinaus wurde im Landesmuseum eine Fortbildung zum Thema angeboten, die sich an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Museen im Münsterland wendete, die Interesse hatten, spezielle Führungen für diese Zielgruppe zu entwickeln und anzubieten. Außerdem wurden mit der Veranstaltung professionell und ehrenamtlich in der Altenhilfe tätige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angesprochen, die Menschen mit Demenz bei diesen Führungen begleiten wollen.ZielgruppeMenschen mit Demenz und ihre Angehörigen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Museen und AltenhilfeZieleEin gemeinsamer Museumsbesuch soll Betroffenen und Angehörigen helfen, aus der durch die Lebenssituation bedingten Isolation herauszutreten. Spezielle Bedürfnisse von Menschen mit Demenz können in herkömmlichen Führungen nicht berücksichtigt werden. Bei den speziellen Führungen sollen die regionalen Hintergründe in Geschichte, Kunst und Kultur miteinbezogen werden. Unter angepassten Bedingungen können Ausstellungsbesuche Menschen mit Demenz helfen, Erinnerungen abzurufen.Ausblick / Verbreitung / NachhaltigkeitFür die Museumsführungen ist ein Flyer entwickelt worden, der über die Verteiler der beteiligten Einrichtungen verschickt wurde. Aufgrund der großen Nachfrage an der Fortbildung im Landesmuseum wurde in Rheine ein wei-terer Workshop angeboten. Durch diese Schulungsangebote multiplizieren die Teilnehmenden das Konzept der Museumsführungen.Weitere Mitwirkende / KooperationspartnerDemenz-Servicezentrum der Region Münster und das westliche Münsterland, Gerontopsychia-trische Beratung der Alexianer Münster GmbH und LWL-Landesmuseum für Kunst- und Kultur-geschichte, Münster

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Museumsgeragogik – Eine neue Kategorie der Kunstvermittlung in der Kunsthalle BielefeldAusbau des kulturgeragogischen Museumsangebots seit Januar 2012

von Daniel Neugebauer, Museumspädagoge

KurzbeschreibungFür die Kunsthalle Bielefeld wurde ein geragogisches Programm etabliert, das ebenso umfangreich und differenziert angelegt werden soll wie das pädagogische. Dabei spielt die öffentliche Wahrnehmung der Geragogik als interdisziplinäre Wissenschaft, die zwischen Gerontologie und Erziehungswissenschaften angelegt ist, eine zentrale Rolle. In diesem Prozess sollen die bestehenden Angebote verbessert sowie neue hinzugefügt werden. Besonders wichtig ist dabei die Differenzierung der Zielgruppe der älteren Besucherinnen und Besucher zunächst in die drei Kategorien Demenz, 55plus und Akademiker, weitere können folgen. Die Professionalisierung auf dem Gebiet drückt sich in der Verwendung des Terminus Geragogik bzw. Museumsgeragogik aus. Auf der Homepage der Kunsthalle wird der Begriff erläutert und durch ihre Aktivitäten auf diesem Gebiet mit Leben gefüllt. Damit will die Kunsthalle der Bedeutung älterer Besucherinnen und Besucher für die Gesellschaft Rechnung tragen und einen Anstoß für eine Neubewertung und Diskussion des Alters geben. Die Kunsthalle Bielefeld soll durch diese Maßnahmen das erste Museum Deutschlands mit einem kohärenten museumsgeragogischen Programm sein.

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Zielgruppe•Museumsbesucherinnen und -besucher unterschiedli- chen Bildungsgrades über 50 Jahre •Multiplikatoren: Betreuende / Angehörige von Demenzpatienten•die Museumsfachwelt•via Presse eine breitere Öffentlichkeit (Museumsbesu- cherinnen und -besucher sowie Nicht-Besucherinnen und -Besucher)Ziele• älteren Besucherinnen und -besuchern Wertschät- zung zeigen•der Kunsthalle Bielefeld eine Vorreiterrolle in der Vermittlungsarbeit einräumen•ein geragogisches Netzwerk in Bielefeld anstoßen•persönliche Professionalisierung •inkludierenden Anspruch der Museumsarbeit einlösenAusblick / Verbreitung / NachhaltigkeitDie „55plus“-Führungen müssen kaum mehr bewor-ben werden und sind bereits integraler Bestandteil der Vermittlungsarbeit. Auch die Demenz-Führungen haben eine Eigendynamik entwickelt. Die Kommunikation mit dem Demenz-Servicezentrum läuft einwandfrei und auch der Kooperationspartner der ersten Stunde, der Seniorenrat der Stadt Bielefeld, ist weiter an einer Inten-sivierung des Kontakts interessiert. Das Feedback auf die Senioren-Seminare war sehr positiv und die Pressereak-tionen waren umfangreicher als erwartet. Alle Elemente des ersten geragogischen Programms wurden gut bis vielversprechend eingeführt und können durch die gute Zusammenarbeit mit den Kooperationspartnern auch optimal fortgesetzt werden.Weitere Mitwirkende / KooperationspartnerSeniorenrat der Stadt Bielefeld, Demenz-Servicezentrum OWL, Europäisches Zentrum für universitäre Studien der Senioren, Universität Bielefeld, Kunst- und Kulturhaus des Vereins Alt und Jung, Bielefeld

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Kunstklausur 50plus – Leben als Kunstwerk12-wöchiges Seminar im Sommer 2012

von Sonja Bartscherer, Bildende Künstlerin, Kunstvermittlerin und -therapeutin

KurzbeschreibungAnhand von künstlerischen Medien und Methoden setzen sich die Teilnehmenden des 12-wöchigen Projek-tes mit ihrer Biografie und Fragen des Alter(n)s auseinander. In einer ersten Phase haben die Teilnehmen-den Gelegenheit, sich in Form einer relativen Zurückgezogenheit, sprich Klausur, prozesshaft mit aufkom-menden und angebotenen Fragen sowie deren künstlerischer Reflexion auseinanderzusetzen. Ergänzend dazu wird eine Exkursion in die Kunsthalle Bremen durchgeführt, die Anregungen für die eigene künstleri-sche Arbeit geben soll. Anhand der Biografie Pablo Picassos kann beispielsweise verdeutlicht werden, dass der Alterungsprozess nicht unbedingt mit Verfall und im weitesten Sinne Potenzial- und Kreativitätsverlust zusammenhängen muss, sondern sich im Gegenteil förderlich und produktiv auswirken kann.Nach dieser Klausurphase werden die vorangegangenen Fragen und Arbeitsprozesse weitergeführt, vertieft und um die künstlerische Arbeit ergänzt. In einer abschließenden Phase werden alle künstlerischen Ergeb-nisse zusammengetragen.Zum Ende der Weiterbildung war dieses Projekt noch nicht abschlossen, da das Seminar erst im Sommer 2012 stattfindet.

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ZielgruppeErwerbslose Männer und Frauen zwischen 50 und 60 JahrenZiele• Betonung und Stabilisierung vorhandener Ressourcen•Förderung kreativer Anteile und Begabungen•Stärkung der Ich-Kräfte und des Selbstbewusstseins•(Selbst-)Kompetenzgewinn•Freude und Sinn am Leben•Raum für Entfaltung der Persönlichkeit schaffen (lernen)Ausblick / Verbreitung / NachhaltigkeitDie entstandenen Werke werden einer breiten Öf-fentlichkeit präsentiert und über die Presse, Flyer und die Dokumentation kommuniziert. Darüber hi-naus entstehen eine künstlerische Dokumentation und eine eigene Arbeit der Projektleiterin. Ähnliche Projekte, deren Durchführung auch im Museum an-gedacht ist, mit erwerbslosen Frauen und Männern über 50 Jahre sind in Planung.Weitere Mitwirkende / KooperationspartneracadConsult, VHS Delmenhorst, Kunsthalle Bre-men, Stadt Delmenhorst

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Anschauungen – Kunst am VormittagRegelmäßiges Kunstangebot im Seniorenstift seit September 2011

von Annemie Hartwig, Architektin und Musikgeragogin

Kurzbeschreibung„Anschauungen“ ist ein Kunstangebot für die Bewohnerinnen und Bewohner eines Seniorenstiftes. Das Haus verfügt über eine Plakatsammlung zu den Themen Moderne Kunst, Architektur, Film und Oper, die in allen öffentlichen Räumen hängen. „Anschauun-gen“ will den Bewohnerinnen und Bewoh-nern die Möglichkeit geben, sich mit Hilfe dreier Bausteine mit Moderner Kunst ausei-nanderzusetzen:

1. Kunstbetrachtung: Anhand eines aus- gewählten Plakates wird eine Künst- lerin oder ein Künstler, eine Stilrich- tung oder ein Thema besprochen,2. Besuch einer aktuellen Ausstellung in Wiesbaden, die in Beziehung zu den vorher besprochenen Themen steht,3. Malworkshop: Die Arbeitsweise einer Künstlerin oder eines Künstlers wird durch kreatives Tun nachempfunden.

Als Einstieg wurden vertraute Landschaftsdarstellungen der Impressionisten gewählt, anschließend die Ausstellung „Landschaft als Weltsicht“ im Landesmuseum Wiesbaden besucht und schließlich nach Monets Seerosenbildern ge-malt. Die Ausgestaltung der Stunden ist ressourcenorien-tiert und knüpft an Erlebtes und die Interessen der Teilneh-menden an. Die drei Bausteine bilden einen Rahmen für neue Themen, die zusammen ausgesucht und entwickelt werden. Im weiteren Verlauf wurden bisher behandelt: Das Alte Ägypten mit Besuch der Tutanchamun-Ausstellung, Jawlensky, Blauer Reiter, Klee, Kandinsky und das Bauhaus.Es hat sich eine feste Gemeinschaft gebildet, deren Interes-se für Moderne Kunst geweckt wurde. ZielgruppeHochaltrige kunstinteressierte Bewohnerinnen und Bewoh-ner des AltenheimesZiele•Auseinandersetzung mit der ausgestellten Samm- lung, dadurch stärkere Identifizierung mit dem Heim•Kennenlernen der Moderne•Teilhabe am öffentlichen Kulturleben•Kennenlernen von kreativen Ausdrucksmöglichkeiten•Aufbrechen von Isolation•Stärkung des Gemeinschaftsgefühls•Schaffung einer angenehmen, entspannten Atmosphäre•Bereitstellung eines geschützten Bereichs, in dem über Erlebtes und eigene Anschauungen gesprochen werden kann•Berücksichtigung der Wünsche und Bedürfnisse im Angebot•Wiederbelebung von bereits Erlerntem; Anregung, Neues auszuprobierenAusblick / Verbreitung / NachhaltigkeitDas Projekt wurde seit November 2011 dauerhaft in den Veranstaltungskalender des Seniorenstiftes aufgenommen. Die in den Malworkshops entstandenen Bilder werden in einer Vernissage im Herbst 2012 präsentiert. Zukünftig soll „Anschauungen“ auch für kunstinteressierte Bewohnerin-nen und Bewohner des Wohnviertels zugänglich gemacht

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werden. Es besteht die Möglichkeit, mit einer Gruppe von Angehörigen und Bewohnerinnen und Bewohnern ein ähnliches Projekt durchzuführen. Das Angebot kann für Menschen mit Demenz weiterentwickelt werden. Die Themen der Architektur-, Opern- und Filmplakate eröffnen weitere Betätigungsfelder wie etwa Opernbesuche oder Architekturführungen.Weitere Mitwirkende / KooperationspartnerSeniorenstift Dr. Drexler, Wiesbaden, Landesmuseum Wiesbaden

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„Verwobene Erinnerungen – Was bleibt?“ – ein Mosaik vieler LebenKulturprojekt vom 29. August bis 03. September 2011 (Einführung in die Acrylmalerei)mit Fortsetzung vom 25. bis 26. November 2011 (Verwobenen Erinnerungen – Was bleibt?)

von Andrea Schoder, Pädagogin, Künstlerin und Kunsttherapeutin

KurzbeschreibungAbschiede gehören zu unserem Leben genauso wie der Neubeginn. Abschiede von Lebensabschnitten, von Möglichkeiten, von Menschen und von Dingen. Besonders im dritten und vierten Lebensalter stehen potenziell kritische Abschiedsereignisse wie Verrentung, Umzug, Verwitwung oder schwere Krankheiten und auch der eigene Tod an. Dabei können bewusste Abschiede helfen, notwendige Entwicklungsschritte zu tun und Veränderung zu akzeptieren. Hilfreich ist es, sich den Erlebnissen von Zurückbleiben, Aufgeben-Müssen, Verlieren, aber auch dem Ballast-Abwerfen und Gepäck-Erleichtern zu stellen und dies möglichst wohlwol-lend und wertschätzend zu tun. Auch positive Abschiede von ungeliebten Handlungsschemata, hindernden Verhaltensweisen oder einschränkenden Sichtweisen sind in jeder Phase des Lebens hilfreich.Im Nachbarschaftszentrum / Seniorentreff St. Jacobus in Hilden wurde das Thema „Abschied“ mit Mitteln des Schreibens, der Bildenden Kunst und der Musik kreativ bearbeitet. Das Praxisprojekt bestand aus der ersten Projektphase, in der sich die Teilnehmenden künstlerisch in einem Atelier mit dem Thema auseinan-dersetzen konnten. Weitere Einzelaktionen folgen später. Sie werden in einer öffentlichen Gesamtabschluss-präsentation zusammengeführt. ZielgruppeMenschen über 50 Jahre, die als Kreative oder Besucherinnen und Besucher der öffentlichen Präsentation am Projekt teilnehmen ZieleDas Ziel des Kulturprojektes war, Gelegenheit zu bieten, um neue Erfahrungsbereiche und Handlungsmög-lichkeiten mit bildnerisch-gestalterischen Mitteln zu erschließen. Das Projekt sollte anregen, sich intensiv mit dem Thema Abschied auseinanderzusetzen. Erwartungen, Wünsche und Bedürfnisse wurden künstlerisch bearbeitet, Gewinne und Verluste des Älterwerdens in den Fokus gerückt. Gleichzeitig wurden Anregungen gegeben, bewusster und zufriedener die eigene Zeit zu gestalten und hilfreiche, lebensbejahende und er-mutigende Impulse für den persönlichen weiteren Lebensweg aufzunehmen.Ausblick / Verbreitung / NachhaltigkeitDie Kulturarbeit wurde im neu erstellten Konzept des Nachbarschaftszentrums St. Jacobus als ein weiterer Schwerpunkt fest verankert und so die Grundlage für weitere kontinuierliche Kulturprojekte, auch zum Thema Abschied, gelegt. Eine Kartei für eine gezielte Werbung an Kulturinteressierte 50+ wurde angelegt. Die vielen im Nachhinein erfolgten Gespräche sowie weiter eingereichte Verschriftlichungen haben dazu geführt, dass eine Internetseite (www.verwobene-erinnerungen.de) eröffnet wurde, auf der die entstande-nen Werke zu sehen sind und weitere Erinnerungen fortlaufend eingestellt werden. Außerdem wurde ein Katalog entwickelt, in dem die Werke des Kulturprojektes abgebildet sind.Weitere Mitwirkende / KooperationspartnerNachbarschaftszentrum / Seniorentreff St. Jacobus Hilden, Kulturamt der Stadt Hilden, Stadtbücherei Hilden

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„Verwobene Erinnerungen – Was bleibt?“ – ein Mosaik vieler LebenKulturprojekt vom 29. August bis 03. September 2011 (Einführung in die Acrylmalerei)mit Fortsetzung vom 25. bis 26. November 2011 (Verwobenen Erinnerungen – Was bleibt?)

Lebenskunst – Alt und Jung auf der Spur von ...Workshopreihe im Zeitraum von Februar bis März 2012

von Sophie Voets-Hahne, Betriebswirtschaftlerin und Kunstpädagogin

KurzbeschreibungIn einer intergenerationell zusammengesetzten Gruppe setzten sich vier junge und vier ältere Menschen im Rahmen von fünf Workshops bzw. mehreren Museumsbesuchen mit dem Spät- bzw. Alterswerk von vier Künstlerinnen und Künstlern auseinander: mit Paul Klee (1879-1940), dem Mitbegründer der Zero-Gruppe Heinz Mack (*1921), der immer noch aktiven österreichischen Künstlerin Maria Lassnig (*1920) sowie der Aborigine-Künstlerin Emily Kame Kngwarreye (* ca. 1910-1996).Ziel war es herauszufinden, ob und wie Kreativität Impulse für den eigenen Lebenssinn geben kann. Anhand der Auseinandersetzung mit dem künstlerischen Werk bzw. auch mit den Biografien der Künstlerin-nen und Künstler wurden lebendige Gespräche zwischen den Teilnehmenden angestoßen, in deren Verlauf deutlich wurde, dass jeder Mensch über schöpferische Potenziale verfügt – und zwar unabhängig von sei-ner Herkunft, Bildung bzw. auch seines Alters. Dies gilt auch für Menschen, die aufgrund von Krankheit oder altersbedingt in ihrer Mobilität eingeschränkt sind oder nicht mehr alle Potenziale abrufen können.ZielgruppeDie Gruppe setzte sich aus vier jungen (11 bis 17 Jahre) sowie vier älteren Teilnehmenden (58 bis 72 Jahre) zusammen. Ferner war auch eine geschlechtliche Quotierung gewünscht; diese konnte bei den jungen Teilnehmenden nicht erreicht werden, da nur ein Junge mitmachte. Ferner waren unterschiedliche Erfahrungshintergründe der Teilnehmenden gewünscht (Beruf, Wohnort, Schulform etc.).ZieleDas intergenerationelle Gespräch sollte zusammen mit dem gemeinsamen kreativen Tun entwickelt und gestärkt werden. Diese Art der kreativ-philosophischen Alt-Jung-Projekte sollte in dieser Workshop-Reihe ausprobiert werden, um sie an verschiedenen Stellen (im Quartier, in sozialen und kulturellen Einrichtun-gen, vielleicht auch in Schulen) zu verbreiten.Ausblick / Verbreitung / NachhaltigkeitZukünftig wird es weiterhin im Bereich MITEINANDER-WOHNEN kreative Jung-Alt-Projekte geben (geplant ist aktuell ein Projekt innerhalb der großen Ausstellung „El Greco und die Moderne“ im Museum Kunst-palast). Hauptsächlich wird es bei diesen Projekten um Kunstvermittlung gehen, denkbar sind aber auch andere kulturelle Felder wie Theater und Film.Weitere Mitwirkende / KooperationspartnerVerein MITEINANDER-WOHNEN in Verantwortung e.V., Düsseldorf

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„Kulturtreff Dornberg“ – Literatur und Musik am NachmittagKulturtreff seit September 2011, bisher drei Termine

von Karin Weismüller, Psychologin

KurzbeschreibungDas Projekt sollte sich an den Bedürfnissen der Älteren orientieren und ein bedarfsgerechtes Angebot darstellen. Eine Befragung hat u.a. den Bedarf nach Lesungen im Stadtteil ergeben. Ältere brauchen gut erreichbare Orte und nutzerfreundliche Zeiten, an denen sie sich zwanglos treffen und geistige Nahrung auf-nehmen können. So ist als Kooperationsprojekt der Mobilen Seniorenarbeit Dornberg mit dem Förderverein der Stadtteilbibliothek Dornberg und der Stadtbibliothek Bielefeld der Kulturtreff mit Literatur und Musik am Nachmittag im September 2011 entstanden. Im Rahmen des Kulturtreffs werden Menschen erreicht, die Interesse an Literatur und Musik haben und die Freude an der Auseinandersetzung mit literarischen Themen finden oder weiterentwickeln wollen. Die Stadtteilbibliothek bietet durch ihre Lage, barrierefreie Erreichbarkeit und Ausstattung gute Bedingungen, ein Kultur- und Kommunikationsort auch für ältere Menschen zu werden. Für die ehrenamtlichen Mitarbeiterin-nen und Mitarbeiter des Fördervereins werden verschiedene Beteiligungsmöglichkeiten angeboten, z.B. bei der Programmplanung.Ein weiteres Ziel ist es, eine intergenerationelle Begegnungsmöglichkeit zu schaffen, bei der sich jüngere mit älteren Menschen austauschen können. Der Einsatz von qualifizierten jungen Musikerinnen und Musikern stellt eine Verbindung zur jungen Generation aus der Region dar und bietet ihnen Auftrittsmöglichkeiten.

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ZielgruppeAngesprochen werden mit diesem neuen Kulturangebot besonders Menschen ab 60 Jahren. Jüngere sind ebenfalls eingeladen teilzuneh-men.Ziele• vierteljährliche Kulturveranstaltungen an einem barrierefreien Ort mit nutzerfreundlichen Zeiten •Einbindung des kreativen Potenzials und der Ressourcen Älterer •Begegnung der Generationen •wohnortnahe Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben •weitere Verbreitung von Informationen über weitere Möglichkeiten der Nutzung der StadtteilbibliothekAusblick / Verbreitung / NachhaltigkeitBestärkt durch die hohe Akzeptanz wird das Angebot fortgesetzt, In-teressen an zukünftigen Themen werden abgefragt. Ein Ziel für die Nachhaltigkeit ist, die gute Vernetzung im Stadtteil auszubauen und eine weitere Betätigungsmöglichkeit für Menschen in der nachberuf-lichen Phase zu schaffen. Die Stadtteilbibliothek als moderner Kom-munikationsort kann z.B. durch das Konzept der „Living library“ sowohl für die jüngere Generation als auch für die Älteren interessant werden. Denkbar wäre eine Aktion mit einem „Poetry-Slam“ für Jung und Alt.Weitere Mitwirkende / KooperationspartnerMobile Seniorenarbeit Dornberg, Diakonie für Bielefeld gGmbH, För-derverein der Stadtteilbibliothek Dornberg, Stadtbibliothek Bielefeld

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Herzstücke unter der Lupe – ein spielerisches SchreibseminarSechs Seminareinheiten vom 28. Februar bis 03. April 2012

von Imke Nagel, Kulturpädagogin

Kurzbeschreibung„Herzstücke unter der Lupe – ein spielerisches Schreibseminar“ fand einmal wöchentlich jeweils zweieinhalb Stunden mit sechs Teilneh-merinnen im Alter von 60 bis 87 Jahren statt. Unter die Lupe genom-men wurden dabei individuelle biografische Erfahrungen und Werte, die die Teilnehmerinnen als wesentlich und wertvoll einschätzten. Was für die Einzelne Lebensqualität bedingt, wurde in sechs Semi-nareinheiten mithilfe von Methoden aus der Biografiearbeit und dem kreativen Schreiben erarbeitet. In jeder Einheit bildeten Themen-schwerpunkte aus der Alltagswelt die Basis für die Beschäftigung mit selbst gewählten „Herzstücken“. Mögliche Assoziationen zu den The-men halfen eigene Erinnerungen anzustoßen. Spielerische Übungen förderten kreatives Handeln und die Kommunikation untereinander. Während des anschließenden Schreibprozesses eröffneten sich Mo-mente des Innehaltens, um Erinnertes schreibend zu reflektieren und zu gestalten. Auch Situationen aus der jüngeren Vergangenheit wur-den in Notizbüchern festgehalten, die am Ende des Seminars jede Teilnehmerin als Sammlung ihrer im Seminar verarbeiteten „Herzstü-cke“ mit nach Hause nehmen konnte.ZielgruppeDas Seminar ist konzipiert für Menschen im dritten Lebensalter. Ziele• Anregung zur Beschäftigung mit eigenen Lebenswerten •Erlernen von neuen Ausdrucksmöglichkeiten im kreativen Schreiben•Angebot einer Kommunikationsplattform zum Austausch innerhalb der Gruppe •Orientierungshilfe zur Gestaltung des „nachberuflichen Alltags“ durch Auseinandersetzung mit autobiografisch Wesentlichem•Sichtbarmachen von Ressourcen in Form von eigenen Kompetenzen und freudvollen Erfahrungen•„Verortung“ der eigenen Person durch Sinnerleben in Bezug auf den eigenen LebenslaufAusblick / Verbreitung / NachhaltigkeitEinige der Teilnehmerinnen würden sich gerne an einer Fortsetzung des ersten Seminars beteiligen. Daher ist geplant, mit einigem zeitli-chen Abstand „Herzstücke unter der Lupe II“ anzubieten. Zum ande-ren war eine generelle Offenheit für kulturgeragogische Angebote bei den Teilnehmerinnen deutlich, sodass sie über die Projektleiterin über neue Projekte informiert werden. Zukünftig soll das Format „Herzstü-cke unter der Lupe“ auch an anderen Orten angeboten werden.

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Das Fotobuch als Schatzkiste persönlicher Erinnerungen – Ansätze, Methoden und Reflexionen ästhetischer Bildung mit neuen Medien in der KulturgeragogikMediengeragogisches Seminar vom 19. bis 23. März 2012

von Sabine Kretschmer, Sozialpädagogin und Medienpädagogin

KurzbeschreibungMit dem Seminar „Klicken statt kleben – Das Fotobuch als Schatzkiste persönlicher Erinnerungen“ baute die Projektleiterin auf ihre bisherige medienpädagogische Arbeit in der Kinder- und Jugendbildung, aber auch der Erwachsenenbildung, auf. Dazu arbeitete sie im Rahmen des Programms kreativ50plus der Akademie Remscheid eine Woche lang mit Menschen im Alter zwischen 60 und 70 Jahren zum Thema Biografiear-beit unter Nutzung der Neuen Medien. Dabei stand die künstlerisch-ästhetische Auseinandersetzung mit den Neuen Medien im Fokus des Seminars. Neben dem Erlernen von Bildbearbeitungsprogrammen und Schreibtechniken war die Schaffung eines Produktes in Form eines Fotobuchs Ziel des Projekts. Mit Methoden aus der Fortbildungsdidaktik und der Biografiearbeit sollte eine anregende Lernraumum-gebung geschaffen werden, die für die Teilnehmen-den motivierend und inspirierend sein sollte. Erprobt wurden verschiedene Methoden, die den kreativen Umgang mit technischen Medien näher bringen und die Freude im Umgang mit Neuen Medien schaffen sollten.ZielgruppeDas Programm kreativ50plus richtet sich an kulturell interessierte Bürgerinnen und Bürger aus Nordrhein-Westfalen. An den Seminaren nehmen Menschen im Alter von über 50 Jahren teil, die die Veranstaltungen vor allem zur persönlichen Bereicherung ihres priva-

ten Lebens besuchen und nur selten für eine berufliche Verwertung nutzen wol-len.ZieleIm Ansatz des Seminars „Klicken statt kle-ben – Das Fotobuch als Schatzkiste per-sönlicher Erinnerungen“ geht es darum, das kreative Potenzial älterer Menschen im Umgang mit Neuen Medien zur Gel-tung zu bringen und zu verdeutlichen, dass die Lebenserfahrung die Kreativität gefördert hat. Der zu vermittelnde krea-tive Umgang mit Neuen Medien hat das Ziel, zu mehr Autonomie und Lebens-qualität im Alter beizutragen, die soziale Teilhabe älterer Menschen zu stärken und – wenn möglich – zugleich den ge-nerationsübergreifenden Dialog zu beför-dern.Ausblick / Verbreitung / Nachhaltigkeit„Ruhig bleiben und Reihenfolge beach-ten“, so formulierte es einer der Teilneh-mer im Verlauf des Seminars während eines technischen Problems. Diese An-merkung ist sicherlich auch übertragbar auf die eigenen Erkenntnisse, die sich in der Durchführung dieses Seminars erge-ben haben. Die Dinge „Schritt für Schritt“ anzugehen, auf dem geplanten „Pfad“ zu bleiben und die Reihenfolge zu beachten sind Faktoren, die zu einer guten Atmo-sphäre und Zufriedenheit führten. Eine exakte Seminarplanung gibt Sicherheit beim Einstieg, auflockernde Methoden bringen gute Stimmung in die Gruppe und die Fertigstellung eines Produktes gibt den Teilnehmenden ein hohes Maß der Selbstbestätigung, etwas „geschafft zu haben“.Weitere Mitwirkende / KooperationspartnerKulturprogramm kreativ50plus an der Akademie Remscheid für musische Bil-dung und Medienerziehung, Remscheid

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„Als ich einmal Kind bin“ – ErinnerungsrevueTheaterprojekt mit Proben von August 2011 bis März 2012

von Daniela Posada-Bangert, Theaterpädagogin

KurzbeschreibungIn Form einer Revue wurden die verschiedenen Kunstsparten Theater, Musik und Tanz verbunden. Die künstlerischen Fähigkeiten der teilnehmenden Senio-rinnen wurden herausgearbeitet, wiederentdeckt oder weiterentwickelt.Die autobiografisch erzählten Jugendgeschichten der Teilnehmerinnen bildeten den inhaltlichen Ansatz des Projektes. Diese wurden durch unterschiedliche künstlerische Methoden zu Szenen verarbeitet und in eine Inszenierung ver-woben.Nach den Auftritten mischten sich die Schauspielerinnen unter das Publikum, von dem sie viel positives Feedback erhielten. Das Gefühl auf der Bühne zu stehen und Applaus zu erhalten, will keine der Teilnehmerinnen mehr missen.ZielgruppeMenschen älteren Jahrgangs, ohne VorkenntnisseZiele• mehrere Aufführungen in Kaffeehausatmosphäre •Wertschätzung, Respekt und Bewunderung der Teilnehmerinnen bei den Auftritten•ein rundherum positives Projekt für Körper, Seele und GeistAusblick / Verbreitung / NachhaltigkeitNach einer Vorpremiere und der Premiere wurde die Theatergruppe für Auftritte in verschiedenen Seniorenbegegnungsstätten, -heimen und -zentren gebucht.Die Teilnehmerinnen haben sich alle für das nächste Projekt angemeldet. Bei diesem Projekt geht es um die Teilnahme am „Shakespeare Festival 2012“ im Müngstener Brückenpark. Bei dieser Veranstaltung treten verschiedene Theater-gruppen mit einer Szene aus „Romeo und Julia“ auf und werden das Gesamt-werk auf elf Bühnen zusammenfügen.Weitere Mitwirkende / KooperationspartnerSeniorenbegegnungszentrum der evangelischen Kirchengemeinde Wuppertal-West

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„Als ich einmal Kind bin“ – ErinnerungsrevueTheaterprojekt mit Proben von August 2011 bis März 2012

KulturBegleitungBegleitservice für ältere Menschen seit August 2011

von Petra Möller, Verwaltungsfachangestellte

KurzbeschreibungViele ältere Menschen möchten gerne mal wieder in ein Konzert, in ein Museum, ins Theater oder eine Ausstel-lung. Die Vorstellung, abends alleine auszugehen, oder eine eingeschränkte Mobilität halten sie jedoch davon ab. Die KulturBegleitung kann in diesen Fällen Hilfe anbieten. Die KulturBegleiter sind selber mobil, haben Interesse an kulturellen Veranstaltungen und am Umgang mit Menschen. Durch ihre Begleitungen ermöglichen sie älteren Menschen und Menschen mit körperlichen Einschränkungen die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen. Die Begleitung erfolgt ehrenamtlich und ist somit kostenlos. Die Begleiterinnen und Begleiter erhalten freien Eintritt zu den Veranstaltungen der Kooperationspartner.Der Kontakt zu diesem Begleitdienst erfolgt über eine Begegnungsstätte für Senioren. Hier sind alle KulturBe-gleiter verzeichnet. Es liegen Angaben zur Person und über die für eine Vermittlung relevanten Daten (Vorlieben, Verfügbarkeit, Kontaktdaten usw.) vor. Auf diese Weise soll es gelingen, optimale Verbindungen zwischen Beglei-tung und den zu begleitenden Personen herzustellen.Möglichst viele Kulturanbieter aus Rheine sollten für das Projekt gewonnen werden. Angesprochen wurden alle Einrichtungen, die Veranstaltungen, Angebote, Projekte und Initiativen im kulturellen, sozialen und kirchlichen Kontext anbieten, die sich an ältere Menschen richten. Darunter fallen u.a. Bildungs- und Kulturarbeit, Maßnah-men zur Freizeitgestaltung, das Initiieren von Begegnungen und sozialen Kontakten.ZielgruppeMenschen, die sich gerne ehrenamtlich engagieren möchten, die Spaß an der Kultur haben und selber mobil sindZiele• Teilhabe am öffentlichen Leben: Der Besuch eines Museums, Theaters, Konzerts oder einer Kulturstätte stellt für ältere Menschen eine gute Möglichkeit dar, am öffentlichen Leben teilzuhaben.•Soziale Vernetzung: Kultur eignet sich sehr gut als Faden für das Knüpfen neuer sozialer Netze, die nicht über gegenseitige Hilfe und familiäre oder freundschaftliche Bande definiert sind, sondern über ein gleiches Interesse.•Kulturelles und soziales Engagement: Das gemeinsame Kulturerlebnis bietet die Möglichkeit, sich mit Schö- nem zu befassen, den „inneren Speicher“ wieder zu füllen und die erlebte Freude an andere weiterzuge- ben. Die Verbindungen zwischen sozialem und kulturellem Engagement lassen sich leicht herstellen. Alter, Dialog der Generationen und demografischer Wandel sind nicht nur Themen für Sozialarbeit und Pflege.•Übernahme von ehrenamtlichen Aufgaben durch ältere Menschen: Die Generation der Über-60-Jährigen verfügt über enorme Ressourcen. Damit sind Erfahrungswissen, Zeit und soziale Kompetenzen gemeint. Diese Ressourcen gilt es zu stärken und sowohl der Gemeinschaft als auch Einzelpersonen zugänglich zu machen.Ausblick / Verbreitung / NachhaltigkeitDas neue Programmheft des Kulturservices enthält eine ganzseitige Werbung für die KulturBegleitung. Es wurde ein Flyer erstellt, der über den Hauptverteiler des Kulturservices versandt wurde. Die Mitglieder des Seniorenbei-rates der Stadt Rheine werben mit dem Flyer in ihren Organisationen für die KulturBegleitung, ebenso wie die Kooperationspartner, die den Flyer in ihren Veranstaltungsstätten auslegen. In den verschiedenen Seniorenwohn-heimen spricht die Projektleiterin persönlich vor und wirbt für das Projekt.Eine Vernetzung mit Nachbargemeinden, die ähnliche Projekte planen oder bereits realisiert haben ist unbedingt vorgesehen. Erste Kontakte zu einem ähnlichen Projekt des Ev.-Ref. Diakonischen Werkes Grafschaft Bentheim bestehen bereits.Weitere Mitwirkende / KooperationspartnerMitwirkende: Stadt Rheine Kulturservice, Aktion von Mensch zu Mensch, Kirchengemeinde Heilig Kreuz; Kooperationspartner: Städtische Museen, Kloster Bentlage, Natur Zoo Rheine, City Kino, Musikschule Rheine, Volkshochschule Rheine, Stadtbibliothek Rheine, Stadthalle Rheine

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mobikultKultureller Besuchsdienst seit November 2011

von Gisela Riedel, Krankenschwester

KurzbeschreibungHinter mobikult verbirgt sich ein kultureller Be-suchsdienst, bei dem ehrenamtlich engagierte Bürgerinnen und Bürger eine einzelne Person in ihrem häuslichen Umfeld mit einem The-menkoffer aufsuchen. Das Thema steht im Mittelpunkt des Besuches und ermöglicht ei-nen schnellen Kontakt über ein gemeinsames Interesse.Mit diesem Koffer sollen Menschen zusam-mengebracht werden und Einzelne aus ihrer Isolation geführt werden. Es soll kein unver-bindlicher Treff auf der Straße oder an einem unbekannten Ort sein. Besuchen meint: „Ich suche dich, den anderen. Ich möchte mit dir in eine persönliche Verbindung treten.“ Das Zusammentreffen regt die Kommunikation an. Das Vorlesen von Geschichten oder Gedichten bereitet Freude und eine höhere Lebenszufrie-denheit. Damit wird die Aufrechterhaltung von Aktivitäten und Sozialkontakten gefördert. Ziel ist es auch, den Verbleib in der eigenen Woh-nung zu ermöglichen.Kulturbegeisterte aktive Menschen wurden für

mobikult mobilisiert und fortgebildet. Sie ent-wickelten bislang Koffer zu den Themen 50er-Jahre-Kaffeetafel, Biografie, Bild-Foto, Reise, Gesellschaftsspiele.Zielgruppe• alte und hochbetagte Menschen, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, sowie schwerst behinderte Menschen, die ihre Wohnung nicht mehr verlassen können•aktive Menschen in der nachberuflichen Phase, die nach sinnvollen Aufgaben suchen und be- reit sind, sich bürgerschaftlich zu engagierenZiele• Vereinsamung im Alter entgegenwirken•Ressourcen aktivieren und fördern•Stärkung der Lebenszufriedenheit durch Aktivität und Kreativität •Aufrechterhaltung von Aktivitäten und SozialkontaktenAusblick / Verbreitung / NachhaltigkeitIn Zukunft wird das Projekt mobikult weiter aus-gebaut und in der evangelischen Gemeinde Münster-Hiltrup etabliert. Nicht nur ältere Men-schen, sondern auch Menschen mit Demenz sollen von diesem Projekt profitieren. Durch den Aufbau einer Betreuungsgruppe für Betrof-fene im Jahr 2009 und das Projekt „Der andere Blick – für ein besseres Leben mit Demenz in Hiltrup“ ist eine Ausweitung für Menschen mit Demenz denkbar.Weitere Mitwirkende / KooperationspartnerGemeindediakonie Hiltrup e.V., ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

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1. Kulturgeragogische Woche an Rhein und Wied– Ü 70 Herzlich willkommenKulturwoche vom 16. bis 23. Oktober 2011

von Sabine Paganetti, Kirchenmusikerin, Musikpädagogin, -therapeutin und -geragogin

KurzbeschreibungEine Woche lang bestand für Ältere die Möglichkeit, verschiedene künstlerische und kulturelle Angebote (Konzerte, Biografiearbeit, Musik, Tanz, Theater, Malerei, intergenerationelles Lesen und Kinästhetik) wahrzunehmen und Dinge zu tun, die man schon immer einmal tun wollte oder bei denen der Reiz des Neuen die Teilnehmenden beflügelte. Die Angebote erstreckten sich jeweils über einen Tag. Abends bestand die Möglichkeit, kulturelle Veranstaltungen vor Ort zu besuchen (Deichführung, Landesbühne, Kino, Museen und Konzerte).ZielgruppeMenschen über 70 Jahre (aber auch darunter); überregional und konfessionsübergreifend, mit und ohne HandicapZiele•kulturelle Teilhabe vor Ort•kostenloses Angebot (durch Sponsorenakquise)•Vernetzung bestehender Kulturangebote mit innovativen Ideen der Projektleiterin•geistlich/spirituelle BegleitungAusblick / Verbreitung / NachhaltigkeitGerade Kirchengemeinden können und sollen sich dem demografischen Wandel nicht verschlie-ßen, sondern müssen attraktive Angebote schaffen, die sich an realistischen zukunftsgewandten Altersbildern orientieren müssen, damit der Neuausrichtung der kirchlichen Arbeit mit und für ältere Menschen Raum gegeben werden kann. Zukünftig sind in der Kirchengemeinde weitere kulturgeragogische Angebote vorgesehen. Weitere Mitwirkende / KooperationspartnerDiakonisches Werk im Ev. Kirchenkreis Wied

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„dementia+art“ – Kulturelle Teilhabe für Menschen mit Demenz Rahmenprogramm zum Sommerblut-Festival der Multipolar-kultur in Köln vom 10. bis 28. Mai 2012

von Jochen Schmauck-Langer, Autor und Alltagsbegleiter

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KurzbeschreibungIm Kontext des Sommerblut Festivals 2012 sollte der Blick auf die ‚Familienkrankheit‘ Demenz gelenkt werden. Dabei wurde ein hoher Innovationscharakter für die Region angestrebt, was die Möglichkeiten kultureller Teilhabe von Men-schen mit Demenz angeht. Der Fokus lag auf den jeweils verbliebenen Ressourcen, nicht auf den Defiziten.Angesichts der knappen finanziellen Mittel und der kurzen Vorbereitungs- und Festivalzeit wurde die Strategie verfolgt, Aufgaben, Engagement – auch finanzielles – nach außen zu delegieren, „nur“ die Rahmenbedingungen für Projekte festzulegen und darauf zu achten, dass diese „ein gemeinsames schönes Erleben“ für Menschen mit Demenz ermög-lichten. Hierfür wurden museumspädagogische Fachkräfte, Ehrenamtlliche für die kulturelle Begleitung von Menschen mit Demenz sowie Ehrenamtliche von Ford Globe geschult, die mit zwei Kleinbussen Fahrdienste zu den meisten Veranstaltungen anboten.Besondere Herausforderungen lagen darin, innovative Inhalte in den wichtigsten Kunstsparten anzubieten und neue Strukturen der Nachhaltigkeit zu schaffen; ferner: die Fragen der Logistik und der Barrierefreiheit; auch die Schwierig-keit, jene rund 75 % der Demenzkranken zu erreichen, die in ihren Familien betreut werden. Bestandteile des Rahmenprogramms waren u.a. eine Schulung zum Kulturbegleiter, Aufführungen des Theaterpro-jekts Anderland, Museumsführungen, ein Ball, Vorträge, Strick-Kunst und Guerilla-Knitting, offene Chorprobe.ZielgruppeMenschen mit Demenz und ihre Angehörigen, Seniorinnen und Senioren, Fachleute in Kulturinstitutionen und Seni-oreneinrichtungen / Soziale Betreuung, am Thema Demenz interessierte Öffentlichkeit, JugendlicheZieleZiel war die Öffnung der Gesellschaft für einen selbstverständlicheren Umgang mit dem Bereich Demenz (Stichwort: Inklusion). Es sollten Infrastrukturbeispiele für eine dauerhafte kulturelle Teilhabe geschaffen werden. Diese sollte für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen ohne Hektik und Stress möglich sein und an sinnliches Erleben an-knüpfen, damit tief verankerte Emotionen wieder erfahrbar gemacht und Erinnerungen aufgegriffen werden können. Im Kern geht es darum, gemeinsam etwas Schönes zu erleben.Ausblick / Verbreitung / NachhaltigkeitEin wesentliches Erfolgskriterium wäre es, wenn bei dem Krankheitsbild Demenz nicht nur die negativen Aspekte der Krankheit im Fokus der Öffentlichkeit blieben, sondern – bei einer realistischen Ressourcenorientierung – die jeweils verbleibenden Möglichkeiten der Erkrankten in den Vordergrund treten würden. Dazu gehören dann praktikable An-sätze und belastbare Strukturen für Formen einer dauerhaften Teilhabe von Demenzkranken an den kulturellen Mög-lichkeiten der Gesellschaft. Zu stabilisieren wäre dies durch eine Logistik (des Holens und Bringens und Begleitens), die eine Nachfrage nach kultureller Teilhabe in vielen Fällen überhaupt erst ermöglicht. Für die Stadt Köln (es war vermutlich die umfangreichste Veranstaltung dieser Art in Deutschland) und für die betei-ligten Partner (Corporate Citizenship wirkt sich positiv auf das Unternehmensimage aus) generierte das Projekt einen hohen Image-Nutzen.Begleitend soll eine Broschüre entstehen „Köln mit Demenz erleben: Möglichkeiten kultureller und sozialer Teilhabe für Menschen mit demenzieller Veränderung und ihre Angehörigen im Kölner Raum“. Darüber hinaus soll ein gemeinsamer Flyer für Kölner Museen (öffentliche und private) für das Segment Demenz entwickelt werden.Erfahrungen aus dem Projekt sollen für andere Kommunen und Institutionen in Form von Vorträgen/Workshops nutzbar gemacht werden.Weitere Mitwirkende / Kooperationspartnerdementia+art, Sommerblut e.V. sowie weitere zahlreiche Kooperationspartner (u.a. Museumsdienst Köln, Bürgerhaus Stollwerck, Hochschule für Musik und Tanz Köln, Sozial-Betriebe-Köln, Freies Werkstatt Theater, Der Paritätische NRW)

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Fokusgruppenkonferenzenam 24. November 2010 und am 28. Juni 2012 im Ministerium für Generationen, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes NRW, DüsseldorfAm 24.11.10 fand eine Fokusgruppenkonferenz statt, zu der Vertreterinnen und Vertreter von Verbänden, Netz-werken bzw. Interessenvertretungen (Landesarbeitsge-meinschaft Seniorenbüros NRW, LAG der freien Wohl-fahrtspflege, Forschungsinstitut Geragogik, Kuratorium Deutsche Altershilfe, Forum Seniorenarbeit NRW, Lan-desarbeitsgemeinschaft der kommunalen Migrantenver-tretungen, Landesseniorenvertretung NRW, Landkreistag NRW, Städte- und Gemeindebund NRW, Städtetag NRW sowie ZWAR Zentralstelle NRW) eingeladen wurden. Ihnen wurde das Vorhaben vorgestellt und in Beratung mit ihnen abgestimmt. Die Fokusgruppe unterstützte die Weiterbildungsmaßnahme inhaltlich, erkannte sie als Qualifizierungsmaßnahme an und bewarb sie in den ei-genen Fachkreisen. Am 28. Juni 2012 fand eine weitere Fokusgruppenkonferenz zur curricularen Reflexion statt.

Fachtag KulturgeragogikImpulse für die Kulturarbeit mit Älterenam 11. Oktober 2011 in der Akademie Franz Hitze Haus, Münster„Wenn ich neunzig bin“ – mit einem Blues endete der Erste Fachtag Kulturgeragogik sehr beschwingt. Mit dem Komponisten Bernhard König am Klavier improvisierten die 140 Expertinnen und Experten und Teilnehmenden über ihre ganz persönliche Vision vom Alter zum Ab-schluss eines Tages, der eine Vielzahl neuer Impulse für die Kulturarbeit mit Älteren gegeben hat. Kulturgeragogik sei, so Hans Hermann Wickel, Professor für Musik in der sozialen Arbeit an der Fachhochschule Münster und Fachleiter der neuen Weiterbildung, „die folgerichtige Antwort auf selbstverständliche Bedürfnis-se, die ganz breit in unserer Gesellschaft vorhanden sind, denn kulturelle Aktivitäten und kulturelle Bildung sind für Ältere ein wichtiger, ja nahezu zentraler Schlüssel zu sozialer Teilhabe, zu Lebensqualität und Zufriedenheit, zu sinnerfüllter Zeit und damit zu einem erfolgreichen Altern.“ Wie diese Bedürfnisse ernst genommen und dann passend und qualitativ hochwertig im Inhalt wie in der Struktur in Angeboten aufbereitet werden können, versucht die Kulturgeragogik – laut Wickel – nicht nur zu beantworten, sondern auch in die Tat umzusetzen. „The older the fiddle(r), the sweeter the tune“ – mit die-

sem verschmitzt abgewandelten Zitat eines nordirischen Altenheimbewohners leitete er seine Standortbestim-mung der neuen Disziplin ein. Es beschreibt nämlich anschaulich ein wesentliches Merkmal kulturgeragogi-scher Arbeit: Sie knüpft an die lange Lebenserfahrung mit Kultur an, die ein alter Mensch erworben hat. Ziel der neuen Disziplin sei „ein flächendeckendes, barrierefreies und passendes sowie qualitativ hochwertiges Angebot für die verschiedenen kulturellen Bedürfnisse und An-sprüche älterer Menschen in ihren jeweiligen Lebensla-gen, und die sind, wie wir ja wissen, äußerst heterogen.“Die Bedeutung einer positiven Sicht vom Alter mit seinen vielfältigen kreativen und kulturellen Möglichkeiten be-tonte auch Prof. Ursula Lehr, die in ihrer Einführung über Kreativität im Alter als Herausforderung in einer Gesell-schaft des langen Lebens sprach. In ihrem mitreißenden und informativen Vortrag forderte die Gerontologin und Bundesministerin a.D., dass wir unser Augenmerk weit stärker auf die Ressourcen des Alters lenken müssen. Es müsse – bei aller Anerkennung der mit zunehmendem Lebensalter bzw. veränderter Lebenssituation gegebe-nen Grenzen – auch nach den verbliebenen Möglichkei-ten gefragt werden, denn auch im hohen Alter sei das Glas nicht halb leer, sondern halb voll! Kreative Möglich-keiten und die Beschäftigung mit Kunst und Kultur seien essenziell, wenn es darum geht, dem Leben nicht nur Jahre zu geben, sondern den Jahren Leben zu geben. Wie kulturgeragogische Angebote in der Praxis aussehen können, zeigte schon die musikalische Einstimmung mit den Damen und Herren des Chors 60+ der Westfäli-schen Schule für Musik zum Auftakt des Fachtags. Mit afrikanischen Rhythmen, Gesang und Perkussion brach-ten sie die Tagungsteilnehmerinnen und -teilnehmer in Schwung. Mit Grußworten von Frau Staatsekretärin Mar-lies Bredehorst vom Ministerium für Gesundheit, Eman-zipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfa-len, die besonders die Bedeutung einer wohnortnahen Versorgung – auch mit kulturellen Angeboten – für die Lebensqualität im Alter hervorhob, und Prof. Richard Korff, Vizepräsident der Fachhochschule Münster, wurde der Tag eingeleitet. Am Nachmittag gab es dann in fünf Workshops reichlich Anregungen für die kulturpraktische Arbeit mit Älteren in Kultureinrichtungen sowie Alten- und Pflegeheimen. Der Medienpädagoge Thomas Kupser vom JFF München stellte das preisgekrönte Projekt „Generationen im Dia-log“ vor, in dem neue kreative Ansätze für die intergene-

Weitere Projektaktivitäten

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rationelle Medienarbeit entwickelt wurden. Im Workshop von Hans-Robert und Florian Oliver Schlecht aus Stuttgart ging es um die Initiative „RosenResli – Kultur für Menschen mit Demenz“, die Begleitung für Betroffene und ihre Angehörigen ins Museum, ins Theater, ins Konzert oder die Oper anbietet. RosenResli kooperiert hierfür mit hochkul-turellen Einrichtungen wie dem Staatstheater Stuttgart, den Stuttgarter Philharmonikern, der Staatsgalerie und dem Porsche Museum. Mit praktischen Übungen, Spielen und musikalischen Improvisationen gab der Komponist und Konzertpädagoge Bernhard König einen lebendigen Einblick in seine Arbeit mit dem Kölner „Experimentalchor für Alte Stimmen“, der sich an aufgeschlossene und kulturell aktive Menschen ab 70 richtet. In zwei weiteren Workshops stand die Methode des biografischen Arbeitens im Zentrum. „Von Peter Kraus bis Woodstock“ nannte die Erwach-senenbildnerin Sabine Sautter ihren Workshop, der sich mit der Kulturbiografie derjenigen befasste, die heute über 60 und über 70 sind. Die Sozial- und Theaterpädagogin Susanne Vedder hingegen zeigte in ihrem Workshop „Die Früchte des Lebens ernten...“, wie sie mit hochaltrigen Menschen in Pflegeheimen mit Mitteln des Biografietheaters arbeitet. Parallel zu den Workshops fand ein Fachforum statt. Expertinnen und Experten aus den Bereichen Kultur, Senioren-arbeit, Bildung und Forschung diskutierten über Ziele und Bedarfe der Kulturgeragogik und über die notwendigen Rahmenbedingungen, um älteren Menschen nachhaltig Zugang zu kulturgeragogischen Angeboten zu ermöglichen. Es wurde festgestellt, dass neben einer stärkeren Vernetzung zwischen Kulturpraxis und Berufsgruppen, die in der Seniorenarbeit tätig sind, es der Unterstützung von Seiten der Politik aber auch der Forschung bedarf, damit bedarfs-gerechte und qualitätsvolle Angebotsstrukturen entwickelt werden können.Eine ausführliche Tagungsdokumentation ist Anfang 2012 erschienen und kann beim Institut für Bildung und Kultur bestellt oder auf der Homepage www.kulturgeragogik.de heruntergeladen werden.

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Für jede Staffel der Weiterbildung wurde ein Flyer mit den aktuellen Terminen, Inhalten und dem Beitragssatz entworfen. Über die Pressearbeit der Fachhochschule Münster und des Instituts für Bildung und Kultur wur-den regelmäßig Fachleute der Sozialen Arbeit und Pflege sowie aus Kunst und Kultur über die Weiterbildung informiert. In Fachzeitschrif-ten wurden Anzeigen sowie Ankündigungen veröffentlicht.Es wurde eine Internetseite aufgebaut (www.kulturgeragogik.de), die über Hintergrund, Inhalte, Termine, Teilnahmegebühr, Bewer-bungs- und Zertifizierungsverfahren sowie die Zielgruppe und die Kooperationspartner der Weiterbildung informiert. Darüber hinaus fin-den Interessierte hier weiterführende Hinwei-

Öffentlichkeitsarbeit

se zu Workshops oder Fachtagen zum Thema und es stehen Link- sowie Literaturtipps zur Verfügung.Für interessierte, potenzielle Teilnehmende gab es am 23. Februar 2011 sowie am 22. November 2011 Informationsabende in der Fachhochschule Münster, bei denen über die Weiterbildung und das Bewerbungsverfahren informiert wurde. Am ersten Informations-abend nahmen 14 Personen teil, von denen sich acht für die Weiterbildung bewarben. Beim zweiten Informationsabend waren zehn Interessierte anwesend, hiervon bewarben sich drei Personen. Zusätzlich informierten die Fachhochschule Münster und das Institut für Bildung und Kultur über E-Mail und standen für telefonische Beratungen zur Verfügung.

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Öffentlichkeitsarbeit

Viele der von den Teilnehmenden durchgeführten Praxisprojekte bestehen nach wie vor, werden weiterentwi-ckelt und/oder verstetigt. Hierdurch gewinnt die Praxis der Kulturarbeit mit Älteren an Nachhaltigkeit.Das Projekt „Kulturgeragogik“ bestand darin, ein Curriculum für die Weiterbildung zu entwickeln und den ers-ten Durchlauf intensiv zu begleiten und zu evaluieren. Dieses Projekt konnte verstetigt werden: Seit 2012 ist die Weiterbildung fester Bestandteil des Weiterbildungsprogramms der Fachhochschule Münster ohne weitere öffentliche Förderung. Die Zusammenarbeit mit dem Institut für Bildung und Kultur besteht nach wie vor. Die Weiterbildung finanziert sich seitdem ausschließlich über die Teilnehmergebühren, die von 1.490 auf 1.895 Euro angehoben werden mussten. Die zweite Staffel der Weiterbildung startete im April 2012 mit 17 Teilnehmenden. Sie werden voraussichtlich im März 2013 ihr Zertifikat „Kulturgeragoge/Kulturgeragogin“ erhalten. Es ist geplant, die Weiterbildung einmal pro Jahr anzubieten – vorbehaltlich weiterhin bestehender Nachfrage. Start wird voraussichtlich jeweils im Frühjahr sein.Die Entwicklung der Weiterbildung wurde vom Land Nordrhein-Westfalen finanziell unterstützt und sie wurde in Fachgremien in NRW kommuniziert, die diese Qualifizierungsmöglichkeit anerkennen. Der erste Durch-lauf der Weiterbildung wurde vorwiegend in NRW beworben, in weiteren Staffeln wird der Teilnehmerkreis geöffnet. An der zweiten Staffel nehmen auch Personen aus der Schweiz und aus Malta teil. Geplant ist, die Weiterbildung über die Bundesländergrenzen zu kommunizieren, damit diese auch hier Anerkennung findet.

Nachhaltigkeit / Ausblick

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Institut für Bildung und KulturKim de GrooteKüppelstein 34

42857 RemscheidTel. 02191.794296

[email protected]

www.kulturgeragogik.de

Fachhochschule MünsterFachbereich Sozialwesen

Referat WeiterbildungMagdalena Megler

Hüfferstr. 2748149 Münster

Tel. [email protected]

Kontakt und weitere Informationen

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Das Projekt „Kulturgeragogik – Kulturarbeit mit Älteren“ wurde von September 2010 bis Juni 2012 gefördert vom Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen (www.mgepa.nrw.de).

Ein gemeinsames Projekt von:

FotonachweisSeite 1 MGEPA, Torsten StecherSeite 2 Stephan EichlerSeite 6 Helga BergersSeite 10 oben von links: Daniel Berbig, Jochen Schmauck-Langer; unten von links: Jürgen Riedel, Foto Kammann, HildenSeite 11 von links: Hermine Oberrück, Gudrun Wünsche, Jürgen Kessler Seite 12 Jürgen KesslerSeite 14 Hermine OberrückSeite 16 Jürgen KesslerSeite 17 Gudrun WünscheSeite 18 Annemie HartwigSeite 19 Annemie HartwigSeite 20 Foto Kammann, HildenSeite 21 von links: Sophie Voets-Hahne, Gudrun Wünsche, Sophie Voets-HahneSeite 22 Karin WeismüllerSeite 23 Karin WeismüllerSeite 25 Gina FinkSeite 26 Pieter RemmelzwaalSeite 28 Jürgen RiedelSeite 29 von links: Jürgen Kessler, Sabine Paganetti, Jürgen KesslerSeite 30 von links: Daniel Berbig, Jochen Schmauck-Langer

gefördert vom:

Impressum

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Institut für Bildung und Kultur e.V. (IBK)Küppelstein 34D-42857 Remscheid

Fon +49(0)2191 794 296Fax +49(0)2191 794 290

[email protected]

www.kulturgeragogik.de

gefördert vom: