Kunstjahr 2015

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Kunst Jahr Germany | Print Year 2015 Circulation: N/A 100 OKTOBER Schaulaufen der Kunstmessen, preisgekrönte Kunsthäupter und bewegte Bilder im Rhein-Main-Gebiet „B3 Biennale des bewegten Bildes“, Ausstellung „Mode Bewegt Bild. The Fashion Film Effect“ im Museum Angewandte Kunst (MAK), Frankfurt – KENZO: „Electric Jungle/Women Resort Collection“ Im Oktober ist der Terminplan der Galeris- ten und der Sammler stets besonders dicht bestückt. Eine Messe reiht sich förmlich an die andere. Den Anfang machte vom 8. bis 11. Oktober die Viennafair. Der Event, ver- anstaltet von der Reed Messe Wien, sah sich freilich vor Ort mit einer unliebsamen Kon- kurrenz konfrontiert: Erst kurz zuvor, Ende September, hatte bereits eine Messe für Ge- genwartskunst, die viennacontemporary, in der Marx Halle Premiere gefeiert. Nicht nur in Wien bezweifelt man, dass die österrei- chische Hauptstadt ausreichend Marktpo- tenzial für zwei ähnlich aufgestellte Rivalen bietet. Ohnehin verblasste das Wiener Scharmützel angesichts der Strahlkraft, die von der Frie- ze London ausging. Die 13. Ausgabe lockte vom 14. bis 17. Oktober mehr als 160 Gale- rien aus 27 Ländern in das feudale Zelt im Regent‘s Park. Parallel huldigte man den Al- ten Meistern: Die vierte Ausgabe der Frieze Masters konnte immerhin auf 130 Aussteller verweisen. Wem die Gegenwartskunst bei der hippen Muttermesse zu oberflächlich erschien, den entschädigte die Frieze Mas- ters mit manch einem Meisterwerk. Apro- pos Klassiker: Verglichen mit dem Londo- ner Messezwilling ist die Pariser FIAC, die Foire Internationale d‘Art Contemporain, ein echter Evergreen. Auf eine vierzigjährige Geschichte kann die Messe zurückblicken. Vom 21. bis 25. Oktober lud Jennifer Flay, die FIAC-Direktorin, erneut ins Grand Palais. Und musste sich ebenfalls eines Nebenbuh- lers erwehren: Die Satellitenmesse „(OFF) ICIELLE“ trat in der Cité de la Mode et du Design mit der Beteuerung an, „die Sprache der zeitgenössischen Kunst zu decodieren“. Klingt nach Sisyphus-Arbeit. Gaben sich im Oktober die Kunstmessen ein Stelldichein, so galt das nicht minder für die Preise. Verliehen werden sie in der Regel an solche Künstler, die den Olymp der Ge- genwartskunst bereits erklommen haben, mithin zumindest des Preisgeldes gar nicht bedürfen. Der Ruhm, der mit solchen Tro- phäen einhergeht, ist allerdings auch nicht zu verachten. Ihn ernteten im Oktober un- ter anderem der Blütenbildhauer Wolfgang Laib, dem der japanische „Praemium Impe- riale“ überreicht wurde, sowie die ZERO- Legende Günther Uecker (Seite 124 bis Seite 127); den Staatspreis des Landes Nordrhein- Westfalen überreichte ihm Ministerpräsi- dentin Hannelore Kraft am 22. Oktober in Düsseldorf. Auch für Boris Mikhailov wurde im Oktober der rote Teppich ausgerollt. Der ukrainische Hardcore-Dokumentationsfoto- graf nahm den Kaiserring der Stadt Goslar in Empfang; der ist zwar undotiert, doch höchst prestigeträchtig. Kurze Laufzeit, große Resonanz: Vom 7. bis 11. Oktober fand die zweite Ausgabe der „B3 Biennale des bewegten Bildes“ statt. Unter dem Leitthema „Expanded Senses. Mit allen Sin- nen erleben und Grenzen verschieben“ traten in Frankfurt und der Rhein-Main-Region rund 200 Künstler und Medienschaffende an, um aktuelle Tendenzen rund um Film, Com- puterspiele und andere dynamische Bild- formen des digitalen Zeitalters vorzustel- len. Das Zentrum der Biennale, die von der Hochschule für Gestaltung Offenbach (HfG) ausgerichtet wurde, befand sich im Museum Angewandte Kunst (MAK) in Frankfurt, wo die Ausstellung „Mode Bewegt Bild. The Fashion Film Effect“ zur B3 präsentiert wurde. „Gren- zen verschieben“, dieses Biennale-Motto klang fast prophetisch angesichts der Flüchtlinge, die notgedrungen Grenzen überschreiten.

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Year 2015 Circulation: N/A

100

OKTOBERSchaulaufen der Kunstmessen, preisgekrönte Kunsthäupter und bewegte Bilder im Rhein-Main-Gebiet

„B3 Biennale des bewegten Bildes“, Ausstellung „Mode Bewegt Bild. The Fashion Film Effect“ im Museum Angewandte Kunst (MAK), Frankfurt – KENZO: „Electric Jungle/Women Resort Collection“

Im Oktober ist der Terminplan der Galeris-

ten und der Sammler stets besonders dicht

bestückt. Eine Messe reiht sich förmlich an

die andere. Den Anfang machte vom 8. bis

11. Oktober die Viennafair. Der Event, ver-

anstaltet von der Reed Messe Wien, sah sich

freilich vor Ort mit einer unliebsamen Kon-

kurrenz konfrontiert: Erst kurz zuvor, Ende

September, hatte bereits eine Messe für Ge-

genwartskunst, die viennacontemporary, in

der Marx Halle Premiere gefeiert. Nicht nur

in Wien bezweifelt man, dass die österrei-

chische Hauptstadt ausreichend Marktpo-

tenzial für zwei ähnlich aufgestellte Rivalen

bietet.

Ohnehin verblasste das Wiener Scharmützel

angesichts der Strahlkraft, die von der Frie-

ze London ausging. Die 13. Ausgabe lockte

vom 14. bis 17. Oktober mehr als 160 Gale-

rien aus 27 Ländern in das feudale Zelt im

Regent‘s Park. Parallel huldigte man den Al-

ten Meistern: Die vierte Ausgabe der Frieze

Masters konnte immerhin auf 130 Aussteller

verweisen. Wem die Gegenwartskunst bei

der hippen Muttermesse zu oberflächlich erschien, den entschädigte die Frieze Mas-

ters mit manch einem Meisterwerk. Apro-

pos Klassiker: Verglichen mit dem Londo-

ner Messezwilling ist die Pariser FIAC, die

Foire Internationale d‘Art Contemporain,

ein echter Evergreen. Auf eine vierzigjährige

Geschichte kann die Messe zurückblicken.

Vom 21. bis 25. Oktober lud Jennifer Flay, die

FIAC-Direktorin, erneut ins Grand Palais.

Und musste sich ebenfalls eines Nebenbuh-

lers erwehren: Die Satellitenmesse „(OFF)ICIELLE“ trat in der Cité de la Mode et du

Design mit der Beteuerung an, „die Sprache der zeitgenössischen Kunst zu decodieren“. Klingt

nach Sisyphus-Arbeit.

Gaben sich im Oktober die Kunstmessen ein

Stelldichein, so galt das nicht minder für die

Preise. Verliehen werden sie in der Regel

an solche Künstler, die den Olymp der Ge-

genwartskunst bereits erklommen haben,

mithin zumindest des Preisgeldes gar nicht

bedürfen. Der Ruhm, der mit solchen Tro-

phäen einhergeht, ist allerdings auch nicht

zu verachten. Ihn ernteten im Oktober un-

ter anderem der Blütenbildhauer Wolfgang

Laib, dem der japanische „Praemium Impe-riale“ überreicht wurde, sowie die ZERO-

Legende Günther Uecker (Seite 124 bis Seite 127); den Staatspreis des Landes Nordrhein-

Westfalen überreichte ihm Ministerpräsi-

dentin Hannelore Kraft am 22. Oktober in

Düsseldorf. Auch für Boris Mikhailov wurde

im Oktober der rote Teppich ausgerollt. Der ukrainische Hardcore-Dokumentationsfoto-

graf nahm den Kaiserring der Stadt Goslar

in Empfang; der ist zwar undotiert, doch

höchst prestigeträchtig.

Kurze Laufzeit, große Resonanz: Vom 7. bis

11. Oktober fand die zweite Ausgabe der „B3 Biennale des bewegten Bildes“ statt. Unter dem Leitthema „Expanded Senses. Mit allen Sin-nen erleben und Grenzen verschieben“ traten in

Frankfurt und der Rhein-Main-Region rund

200 Künstler und Medienschaffende an, um

aktuelle Tendenzen rund um Film, Com-

puterspiele und andere dynamische Bild-

formen des digitalen Zeitalters vorzustel-

len. Das Zentrum der Biennale, die von der

Hochschule für Gestaltung Offenbach (HfG)

ausgerichtet wurde, befand sich im Museum

Angewandte Kunst (MAK) in Frankfurt, wo

die Ausstellung „Mode Bewegt Bild. The Fashion Film Effect“ zur B3 präsentiert wurde. „Gren-zen verschieben“, dieses Biennale-Motto klang

fast prophetisch angesichts der Flüchtlinge,

die notgedrungen Grenzen überschreiten.

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TODESFÄLLE

Florian Karsch, Galerist* 1925, † 2.10.2015

Chantal Akerman, Filmkünstlerin* 1950, † 5.10.2015

Hilla Becher, Fotografin* 1934, † 10.10.2015

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Chronik

Wolfgang Laib arbeitet im New Yorker MoMA an seiner Installation „Pollen from Hazelnut“

Boris Mikhailov: Aus der Bilderserie „If I were a German…“ FIAC-Chefin Jennifer Flay

Frieze London, Stand der Galerie White Cube – Anri Sala: „Still Life in the Doldrums“