Kunststoff-Lackierung in reproduzierbarer Qualität

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-"---------- Kunststoff-Lackierung in reproduzierbarer Oualitat Moderne Lohnlackier-Betriebe rnussen in neue Anlagen investieren, urn auch in Zukunft fur die hohen Anforderungen der Kunden gerustet zu sein. Die neue Flachenspritzanlage zur Lackierung von 3-D-Kunststoffteilen bei Ritzi Lackiertechnik in Tuningen ist ein typisches Beispiel dafUr. lichkeit zur prozesssicheren und doku- mentierbaren Verarbeitung von Was- serlacken. Die Gesamtinvestitionen liegen bei 1 Mio. Euro und sollen sich in voraussichtlich spatestens funf [ah- ren amortisiert haben. E s ist einer von vielen typischen Fiil- len, wie moderne Lackieranlagen heute bei Lohnlackierern zustande kommen: Der Kunde mochte ein Teil lackieren lassen und verfUgt tiber ein klares Anforderungsprofil. Der Lohn- lackierer geht mit diesem Profil plus seinen eigenen Vorstellungen und Wtinschen auf die Anlagenbauer zu und lasst sich Konzeptvorschliige unterbreiten. Nach diesem Schema lief auch die Entscheidungsfindung zum Kauf einer neuen Lackieranlage bei der Ritzi Lackiertechnik GmbH in Tuningen ab, die im Januar dieses jahres in Betrieb gegangen ist. In der Flachen- spritzanlage werden vorwiegend 3-D- Kunststoffteile fur den Kfz-Innenbe- reich beidseitig lackiert. Neben den Spezifikationen des Kunden rich tete Ritzi groBes Augenmerk auf die Mog- Hachenspritzer kontra Roboter Bei der Realisierung war - auch das ist typisch - Eile geboten. Da mit der neuen Anlage eine alte ersetzt und diese auch an der gleichen Stelle auf- gebaut werden sollte, konnte tiber die Bestandssicherung das Genehmi- gungsverfahren beschleunigt werden. Zwischen Auftragsvergabe und Inbe- triebnahme lagen nur vier Monate. =- ) )J Der neue Flachensprirzautomat bei Ritzi in Tuningen ist konsequent ausgerichtet auf eine reproouzier- bare Lackierqualitm JOT 7 12003

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Page 1: Kunststoff-Lackierung in reproduzierbarer Qualität

-"----------Kunststoff-Lackierung

in reproduzierbarer Oualitat

Moderne Lohnlackier-Betriebe rnussen in neue Anlagen

investieren, urn auch in Zukunft fur die hohen Anforderungen

der Kunden gerustet zu sein. Die neue Flachenspritzanlage zur

Lackierung von 3-D-Kunststoffteilen bei Ritzi Lackiertechnik in

Tuningen ist ein typisches Beispiel dafUr.

lichkeit zur prozesssicheren und doku­

mentierbaren Verarbeitung von Was­

serlacken. Die Gesamtinvestitionen

liegen bei 1 Mio. Euro und sollen sichin voraussichtlich spatestens funf [ah­

ren amortisiert haben.

Es ist einer von vielen typischen Fiil­

len, wie moderne Lackieranlagen

heute bei Lohnlackierern zustande

kommen: Der Kunde mochte ein Teil

lackieren lassen und verfUgt tiber ein

klares Anforderungsprofil. Der Lohn­

lackierer geht mit diesem Profil plus

seinen eigenen Vorstellungen und

Wtinschen auf die Anlagenbauer zu

und lasst sich Konzeptvorschliige

unterbreiten.

Nach diesem Schema lief auch die

Entscheidungsfindung zum Kauf einer

neuen Lackieranlage bei der Ritzi

Lackiertechnik GmbH in Tuningen

ab, die im Januar dieses jahres in

Betrieb gegangen ist. In der Flachen­

spritzanlage werden vorwiegend 3-D­Kunststoffteile fur den Kfz-Innenbe­

reich beidseitig lackiert. Neben den

Spezifikationen des Kunden rich tete

Ritzi groBes Augenmerk auf die Mog-

Hachenspritzer kontra Roboter

Bei der Realisierung war - auch das

ist typisch - Eile geboten. Da mit der

neuen Anlage eine alte ersetzt und

diese auch an der gleichen Stelle auf­

gebaut werden sollte, konnte tiber

die Bestandssicherung das Genehmi­

gungsverfahren beschleunigt werden.

Zwischen Auftragsvergabe und Inbe­

triebnahme lagen nur vier Monate.

=-

) ) J

Der neue Flachensprirzautomat

bei Ritzi in Tuningen ist konsequent

ausgerichtet auf eine reproouzier­

bare Lackierqualitm

JOT 712003

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INNOVATIVE OBERFLAcHENVEREDELUNG

Ritzi Lackiertechnik GmbH in Iun lnqen steht fur drei Produktionsbereiche :

Lasertechnik-l.acklerunqen fur edles Iaq-Nac htDeslqn, hochwertige Effekt·

lackierungen und d iverse Druckverfahren. Lackiert wer den vorwiegend Kfz­

Kunststoffteile fur den Innenbereich . In alien Bereichen versteht sich der Dienst·

leister als umfassender Problemlbser fur die Oberflachenveredelung. Das

Angebotsspektrum reicht beispielsweise von der Entwicklung der Spritzguss·

teile Ober die Serienferligung bis hin zu Logistik.

Am Stammsitz der Ritzi Gruppe in Trossingen werden neben Pulverbeschichtun­

gen auch Autoreparaturlackierungen und verschiede ne Druck-Arbeiten . zum

Beispiel fur Werbemi ttel und Displays , durchqefubrt.

Das 1920 von Gebhard Ritzi geg rOndete Unternehmen befi ndet sich nach wie

vor in Besitz der Familie Ritzi und wird heute von den BrOdern Albrech t und

Gunter Ritzi gefOhrt. In der gesamten Gruppe sind etwa 360 Mitarbei ter

beschaftiqt, davon etwa 150 im Wer k Tuningen.

Einsalzfertig fOrden Bedarfsfa ll ­

ein vollsWndiger Wechse lblock mit

achl Pislolen

Blick in die Lackierkabine. Die

Traverse mit den Pistolen fahrt quer

zur Transportrichtung btn lind her.

Vor der Auftragsvergabe hat sichder Betriebsleiter des Werkes Tunin­

gen, Emil Ilic, viele Anlagen europa­

weit angesehen. Sorgfiiltig hatte man

bei Ritzi abgewogen, ob man mit einer

Roboteranlage oder einem Flachen­

spritzer das Aufgabenspektrum besser

bcwaltigcn kann. Ilie: "Mit Blick aufDurchlaufzeiten, Flexihilitat und Pro­

zesssicherheit sind wir schlieBlich zu

dem Entschluss gekommen, dass die

Anlage von Venjakob am besten zu

unserem Anforderungsprofil passt. Mit

entscheidend war aber auch die sichere

und prompte Beratung sowie der

Erfahrungsfundus bei Venjakob."

Zwei Personen bestiicken die Anla­

ge tiber einzeln drehende Werkstiick­

aufnahmen, wobei drei SpieBe je

Rost aufgenommen werden. In derIonisier- und Abblasstation werden die

Werkstiicke tiber rotierende Blasdtisen

von lose anhaftendem Staub befreit,

gleichzeitig wird die Kunststoff­

oberflache ionisiert. Dabei wird der

Hauptluftstrom tiber seitlich angeord­

nete Dtisen abgesaugt und nur ein

kleiner Teilstrom geht nach unten

weg. Die Luft wird tiber Filter

und Befeuchtungsanlage im Kreislauf

gefahren.

Danach folgt die Beflammung mit

zwei Brennern, die quer zur Transport­

einrichtung bewegt werden. Mit den

zwei Brennern hat der Betreiber die

Moglichkeit, erforderliche Einstellun­

gen individuell vorzunehmen, abge­

stimmt auf das Material, die Teilegeo­

metrie oder die Matcrialstarkc.

Vorteile durch Einzeldrehungder LackierspieBe

In der Spritzkabine erfolgt die auto­

matische Lackierung mit maximal acht

Roboter-Pistolen, die auf einem quer

zur Forderrichtung traversierenden

Balken installiert sind. Die Spritzkabi­

ne ist so ausgelegt, dass sowohl Lose­mittel- als auch Wasserlacke wechsel­

weise verwendet werden konnen. Die

LackierspieBe lassen sich wahrend des

Spritzvorganges einzeln beliebig dre­

hen und positionieren. "Die Einzel­

drehung bringt entscheidende Vorteile

hinsichtlich der Lackiergeschwindig­keit und der Aufnahme des Over­

sprays", bcstatigt Ilic. [ede Spritzpisto­

Ie kann mit einem Arbeitsmodus

"schiebend", "ziehend" oder "zie­hend-rschiebend" betrieben werden.

Zwischen Vorbehandlung und

Lackierkabine haben die Anlagenpla­ner Platz fur eine zweite Lackierkabi­

ne, zum Beispiel fur Nass-in-Nass­

Lackierungen, von vorneherein einge­

plant. Hier macht sich der modulare

Aufbau der Anlage bezahlt, durch den

jederzeit und an jeder sinnvollen Positi­

on Trennungen und Erweiterungen

moglich sind. Lackkoagulierung und

Lackaustrag erfolgen vollautomatisch.

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_L....--- _Etwa 90 Tonnen Lack werden bei

Ritzi in Tuningen jahrlich verarbeitet.Die Halfte davon sind bereits wasser­

basierende Lacke, Tendenz steigend.

"Diese Tendenz beeinflussen wir nur

sehr wenig", raumt Ilic ein. "Oft for­

dern die Designer des Kunden Ober­

flachen, die nur mit Uisemittellackenmachbar sind. Wir konnen beim Kun­

den nur nachfragen, ob alternativ zum

Losemittellack auch fur Wasserlacke

die entsprechenden Freigaben vor­liegen."

Die Farbversorgung erfolgt tiber

Doppelmembranpumpen. Wasser- be­

ziehungsweise Losemittellacke wer­

den tiber getrennte Mischkopfe, Farb­

leitungen und Spritzpistolengruppenverarbeitet. Etwa 90 Prozent der ver­

wendeten Lacke sind 2-K-Systeme.

Ftir die sichere Dosierung und Mi­

schung der Komponenten setzt Ritzi

auf eine 2-K-Mischanlage von b&m.

Ftir Probelaufe, kleinste Losgroflen

oder Einstellungen am Lack wurde ein

sogenanntes Paint-Shuttle integriert,

mit dem schnell kleinste Lackmengen

bei geringem Sptilaufwand verarbeitet

werden konnen.

Unterhalb der Forderebene ist die

wasserberieselte Spritznebelabsaugung

angeordnet, der Farbnebelauswasch­

turm befindet sich an der Rtickseite

der Spritzkabine. Die AbfUhrung der

Spritzkabinen-Abluft erfolgt tiber Dach.

Reproduzierbare Parameter

Auf die Lackierkabine folgt die

Abdunststrecke sowie der Trockner.Der nach dem Paternoster-Prinzip auf­

gebaute Trockner verfUgt tiber sechs

Etagen, die nur teilweise beltiftet wer­

den und lufttechnisch voneinander

getrennt sind. In den beltifteten Zonen

erfolgt eine Querbeltiftung mit gerin­

gen Luftgeschwindigkeiten, um Ver­

wirbelungen zu vermeiden. In allenBereichen des Trockners sind die Para­

meter reproduzierbar verstellbar. Die

RtickfUhrung der Teile zur Abnahme

erfolgt unterhalb der Anlage.

Aile Verfahrensparameter, von der

Vorbehandlung, der Spritzstation mit

Lackkoagulierung tiber den Trocknerbis hin zur ZuluftfUhrung und -aufbe-

Emil itk: Betrieosteiter bei Ritzi

LaekiertecfJrlik in Iunmqen: ..Es netgil l zwei M anal e qeaauer; bis wir

sicnerer wuraen im Umgang mit der

nellen An/age lind damit oucn die

Mog lieflkeiten vall nurzen. die eine

soicne maderne Anlage biete:."

reitung werden tiber die Steuerung

verwaltet und konnen jederzeit abge­

rufen werden. Damit ist der Betreiber

in der Lage, mit einer maximalen

Reproduzierbarkeit zu arbeiten. Der

Anlagenbauer hat per Modem die Mog­

lichkeit, im Stiirungsfall per Echtbild­

Diagnose auf die Anlage zuzugreifen.

Fur die Anlagensteuerung steht dem

AnlagenfUhrer ein Touchscreenpanel

mit einer textlosen Menti-Ftihrung zur

VerfUgung. Wolfgang Hauser, Projekt­

verantwortlicher bei Venjakob: "Diese

Menti-Ftihrung fuhrt zu einer sehr

hohen Akzeptanz und erleichtert die

Einarbeitung des Bedienpersonals."

Routine erst in der Serie

An der Lackieranlage arbeitet em

AnlagenfUhrer, zwei Mitarbeiter sind

fur die Teileaufgabe und -abnahme

zustandig. In den Monaten nach Inbe­

triebnahme haben die Mitarbeiter so

manche Uberstunde dafur verwendet,die Anlage zu verstehen - auch das ist

typisch nach dem Kauf einer moder­

nen Lackieranlage. "Wir mussten eini­

ges dazu lernen. Routine haben wir

erst in der Serie bekommen ", erinntert

sich Ilic.

Die technischen Anforderungen hat

Venjakob aus Sicht von Ritzi in jedem

Fall erftlllt. Ilic: "Gegentiber der alten

Anlage haben wir einen groBen qualita­tiven Schritt nach vorne gemacht."

Dabei meint Ilic nicht nur das Ausse­

hen der Lackierung und die zu prufen­

den Eigenschaften, sondern auch,unter welchen Umstandc.n diese Qua­

litat produziert werden kann. Ein

groBes Plus ist fur Ilic der reingungs­

freundliche Aufbau der Anlage. .Wir

rennen jedem Partikelchen hinterher.

Qualitat lasst sich nur mit einer Anlage

produzieren, die leicht zu reinigen undsauber ist."

Relativ schnell umsetzen lieBe sich

noch die Integration einer zusatzlichen

UV-Trocknung, die in absehbarer Zeit

bei Ritzi fur die Verarbeitung vonUV-Lacken erforderlich werden konnte.

Kunststoff-Reinigung im Visier

Intensiv bcschaftigt sich Ritzi der­

zeit mit der Reinigung und Vorbehand­

lung von Kunststoffteilen. Mit demZiel, auch bei Problemteilen eine ein­

wandfreie Lackhaftung gewahrleisten

zu konnen, hat der Lohnlackierer einePlasma-Niederdruck-Anlage von Die­

ner Electronic, Nagold, gekauft. In der

600000 Euro teuren Anlage mit einemKammervolumen von 12 m-' will Ilic in

der nachsten Zeit verschiedene Testsmit Problemteilen durchftihren. Um­

fangreiche Versuche im Vorfeld haben

gezeigt, dass im Niederdruck-Plasma

eine ausgezeichnete Aktivierung derKunststoffoberflache und eine Abreini­

gung organischer Verunreinigungen

erreicht wird.

Ungeachtet des sen stellt Ilic alsnachste Investition bereits eine wassri­

ge Power-Wash-Anlage in Aussicht, die

der Lackieranlage inline vorgeschaltet

ware. Doch zuvor muss mit dem neuen

Flachenspritzer erst einmal wiederGeld verdient werden - auch das ist

nicht eben untypisch fur einen Lohn­

lackierer. (Ke)

Konlakl: Venjakob Maschinenbau

GmbH & Co.KG, Rheda-Wiedenbruck,

Tel. 05242/9603-173,[email protected]

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