Kupferverteilung in einem Flußsediment und seine biologische Verfügbarkeit

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Kupferverteilung in einem Flulsediment und seine biologische Verfiigbarkeit* Georg Gellert ~ und Ruth Wittassek 2 1 An der Trfinke 3, D-5202 Hennef 41, Bundesrepublik Deutschland 2 Institut •r angewandte Zoologie, Universitfit Bonn, Immenburg 1, D-5300 Bonn 1, Bundesrepublik Deutschland Distribution of Copper in a River Sediment and its Biological Availability Summary. In a devastation region of the river Sieg below a cable metal work sediment and makrozoobenthos were tested for their copper content. Copper could be analysed directly from the dry weight with Zeeman AAS. Gradients in sediments and organisms showed copper enrichment originated from the cable metal work. Ephemerella ignita, Asellus aquaticus and Hydropsyche sp. accumulate copper exceedingly, Baetis sp. seems to regulate the copper uptake and Stictotarsus 12-pustulatus has a re- strictive copper concentration. Differences in the copper uptake may relate to feeding type, sediment association, age and size of organism. Zusammenfassung. In einer Ver6dungszone der Sieg unter- halb eines Kabel- und Metallwerkes wurde das Sediment sowie das Makrozoobenthos auf eine m6gliehe Kupferbela- stung untersucht. Das Kupfer konnte mit der Zeeman AAS direkt aus der Trockensubstanz bestimmt werden. Sediment und Organismen weisen einen gegeniiber Ver- gleichsstellen stark erh6hten Kupfergehalt auf. Es zeigten sieh groBe Unterschiede in der Akkumulationsffihigkeit, wo- bei Ephemerella ignita, Asellus aquaticus und Hydropsyche sp. besonders starke Akkumulierer zu sein scheinen, wfih- rend sich Baetis sp. der steigenden Belastung mit relativ abnehmender Aufnahme anzupassen scheint und Stietotar- sus 12-pustulatus sich durch sehr geringen Kupfergehalt auszeichnet. Es wurde versucht, Unterschiede in der Kupfer- akkumulationsffihigkeit auf den Ernfihrungstypus, Sedi- mentbindung, Alter und Gr6ge der Organismen zuriekzu- fiihren. 1. Einleitung Zur Beurteilung der Gfite yon Fliel3gew/issern wird derzeit das Saprobiensystem von Kolkwitz u. Marson [1] herange- zogen. Dieses System beruht auf der Beobachtung, dab sich ein Flul3 naeh Eintrag yon organisch abbaubaren Stoffen nach dem Grad des Abbaus in vier verschiedene Saprobienstufen einteilen 1/iBt: polysaprobe, c~-mesosaprobe, fl-mesosaprobe und oligosaprobe Stufe. * Vorgetragen anlilIlich des Kolloquiums ,,Stand und Perspektive der Feststoffanalyse mit AAS", Wetzlar, 8 . - 10.10. 1984 Offprint requests to." G. Gellert Fresenius Z Anal Chem (1985) 322:700-703 Springer-Verlag 1985 Die polysaprobe Stufe wird iiberwiegend durch Reduk- tionsprozesse gekennzeichnet. In der e- und fl-mesosaproben Stufe finden vermehrt Oxidationsvorgfinge statt. Die oligo- saprobe Stufe stellt schlieBlich den Abschnitt der beendeten Oxidation dar [2]. Jeder Selbstreinigungsstufe werden Leitorganismen zu- geordnet, die in den jeweiligen Saprobienstufen ihr Verbrei- tungsoptimum haben. Jeder Bioindicator erh/ilt einen Sa- probienindex, mit dem die Saprobienstufe ermittelt wird. Fiir die Reaktion von aquatischen Organismen auf indu- strielle Verschmutzungen, beispielsweise mit Schwermetal- len oder halogenierten Kohlenwasserstoffen gibt es derzeit kein Bewertungsschema. So wurde ein Flul3abschnitt der Sieg unterhalb eines Kabel- und Metallwerkes in Sch6neck (FlulIkilometer 85,0) anhand der dort gefundenen Organismen als fi-mesosaprob eingestuft [3], obwohl dort weder eine dieser Saprobienstufe angemessene Artenvielfalt noch Besiedlungsdichte herrscht, wie Ergebnisse mit der Substratnetzmethode zeigen [3]. Die vorliegende Ver6dungszone kann also mit dem Saprobiensy- stem nicht erfal3t werden. Dieser Umstand war Ausgangspunkt ffir die vorliegende Untersuchung. Schon durch Arbeiten von Wundsch und Czensny aus den Jahren 1915 und 1932 [4, 5], die den fische- reibiologischen Zustand der Sieg in Beziehung zur Verunrei- nigung durch industrielle Abwisser setzen, wird auf die M6glichkeit der Belastung der Sieg durch Cu-haltige Abw/is- ser des ehemals englischen Kupferrohrwerkes der Elmores- Gesellschaft, heute als Kabel- und Metallwerk der Gutehoff- nungshiitte AG, verwiesen. Hinweise auf eine Abnahme der Tierbesiedlung in schwermetallbelasteten Gewissern ergeben sich aus zahlrei- chen Arbeiten [6, 7]. Es interessierte nun, ob in der Ver- 6dungszone eine Kupferanreicherung des Sedimentes mit biologischer Verffigbarkeit in Form von Anreicherung in tierischen Organismen festgestellt werden kann. 2. Material und Methode 2.1 Probenahme Im August 1984 wurde an drei verschiedenen Stellen in der Sieg sowohl Sediment als auch Tiermaterial gesammelt. Probestelle Flul3-km FluBseite Imhausen 77,5 links Schladern 83,5 rechts Sch6neck 85,0 links (500 m unterhalb des Werkes)

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Kupferverteilung in einem Flulsediment und seine biologische Verfiigbarkeit* Georg Gellert ~ und Ruth Wittassek 2

1 An der Trfinke 3, D-5202 Hennef 41, Bundesrepublik Deutschland 2 Institut •r angewandte Zoologie, Universitfit Bonn, Immenburg 1, D-5300 Bonn 1, Bundesrepublik Deutschland

Distribution of Copper in a River Sediment and its Biological Availability

Summary. In a devastation region of the river Sieg below a cable metal work sediment and makrozoobenthos were tested for their copper content. Copper could be analysed directly from the dry weight with Zeeman AAS.

Gradients in sediments and organisms showed copper enrichment originated from the cable metal work. Ephemerella ignita, Asellus aquaticus and Hydropsyche sp. accumulate copper exceedingly, Baetis sp. seems to regulate the copper uptake and Stictotarsus 12-pustulatus has a re- strictive copper concentration. Differences in the copper uptake may relate to feeding type, sediment association, age and size of organism.

Zusammenfassung. In einer Ver6dungszone der Sieg unter- halb eines Kabel- und Metallwerkes wurde das Sediment sowie das Makrozoobenthos auf eine m6gliehe Kupferbela- stung untersucht. Das Kupfer konnte mit der Zeeman AAS direkt aus der Trockensubstanz bestimmt werden.

Sediment und Organismen weisen einen gegeniiber Ver- gleichsstellen stark erh6hten Kupfergehalt auf. Es zeigten sieh groBe Unterschiede in der Akkumulationsffihigkeit, wo- bei Ephemerella ignita, Asellus aquaticus und Hydropsyche sp. besonders starke Akkumulierer zu sein scheinen, wfih- rend sich Baetis sp. der steigenden Belastung mit relativ abnehmender Aufnahme anzupassen scheint und Stietotar- sus 12-pustulatus sich durch sehr geringen Kupfergehalt auszeichnet. Es wurde versucht, Unterschiede in der Kupfer- akkumulationsffihigkeit auf den Ernfihrungstypus, Sedi- mentbindung, Alter und Gr6ge der Organismen zuriekzu- fiihren.

1. Einleitung

Zur Beurteilung der Gfite yon Fliel3gew/issern wird derzeit das Saprobiensystem von Kolkwitz u. Marson [1] herange- zogen.

Dieses System beruht auf der Beobachtung, dab sich ein Flul3 naeh Eintrag yon organisch abbaubaren Stoffen nach dem Grad des Abbaus in vier verschiedene Saprobienstufen einteilen 1/iBt: polysaprobe, c~-mesosaprobe, fl-mesosaprobe und oligosaprobe Stufe.

* Vorgetragen anlilIlich des Kolloquiums ,,Stand und Perspektive der Feststoffanalyse mit AAS", Wetzlar, 8 . - 10.10. 1984

Offprint requests to." G. Gellert

Fresenius Z Anal Chem (1985) 322:700-703 �9 Springer-Verlag 1985

Die polysaprobe Stufe wird iiberwiegend durch Reduk- tionsprozesse gekennzeichnet. In der e- und fl-mesosaproben Stufe finden vermehrt Oxidationsvorgfinge statt. Die oligo- saprobe Stufe stellt schlieBlich den Abschnitt der beendeten Oxidation dar [2].

Jeder Selbstreinigungsstufe werden Leitorganismen zu- geordnet, die in den jeweiligen Saprobienstufen ihr Verbrei- tungsoptimum haben. Jeder Bioindicator erh/ilt einen Sa- probienindex, mit dem die Saprobienstufe ermittelt wird.

Fiir die Reaktion von aquatischen Organismen auf indu- strielle Verschmutzungen, beispielsweise mit Schwermetal- len oder halogenierten Kohlenwasserstoffen gibt es derzeit kein Bewertungsschema.

So wurde ein Flul3abschnitt der Sieg unterhalb eines Kabel- und Metallwerkes in Sch6neck (FlulIkilometer 85,0) anhand der dort gefundenen Organismen als fi-mesosaprob eingestuft [3], obwohl dort weder eine dieser Saprobienstufe angemessene Artenvielfalt noch Besiedlungsdichte herrscht, wie Ergebnisse mit der Substratnetzmethode zeigen [3]. Die vorliegende Ver6dungszone kann also mit dem Saprobiensy- stem nicht erfal3t werden.

Dieser Umstand war Ausgangspunkt ffir die vorliegende Untersuchung. Schon durch Arbeiten von Wundsch und Czensny aus den Jahren 1915 und 1932 [4, 5], die den fische- reibiologischen Zustand der Sieg in Beziehung zur Verunrei- nigung durch industrielle Abwisser setzen, wird auf die M6glichkeit der Belastung der Sieg durch Cu-haltige Abw/is- ser des ehemals englischen Kupferrohrwerkes der Elmores- Gesellschaft, heute als Kabel- und Metallwerk der Gutehoff- nungshiitte AG, verwiesen.

Hinweise auf eine Abnahme der Tierbesiedlung in schwermetallbelasteten Gewissern ergeben sich aus zahlrei- chen Arbeiten [6, 7]. Es interessierte nun, ob in der Ver- 6dungszone eine Kupferanreicherung des Sedimentes mit biologischer Verffigbarkeit in Form von Anreicherung in tierischen Organismen festgestellt werden kann.

2. Material und Methode

2.1 Probenahme

Im August 1984 wurde an drei verschiedenen Stellen in der Sieg sowohl Sediment als auch Tiermaterial gesammelt.

Probestelle Flul3-km FluBseite

Imhausen 77,5 links Schladern 83,5 rechts Sch6neck 85,0 links

(500 m unterhalb des Werkes)

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AHa Nse N eleN seh r

Tabelle 1. Cu-Gehalte in ppm in der Trockensubstanz von Baetis sp. bei Sch6neck

Einwaage (Einzelindividuen) Cu-Konzentration mg TS ppm i. TS

0,058 278,8 0,052 416,3 0,054 225,8 0,055 177,4

k = 274,6 V = 26,6%

TS Trockensubstanz V Standardabweichung in %

Die Probenahme des Sediments erfolgte in str6mungsbe- ruhigten Bereichen, wo Sand- und Schlammablagerungen zu finden waren. Die tierischen Organismen wurden an jeder Probestelle im Feinsubstrat mit einem handelsfiblichen Kii- chensieb (Maschenweite 1 m m x 1 mm) und in steinigen Be- reichen dutch Absammeln mit einer Federstahlpinzette ge- wonnen. An dieser Stelle muB auf die zum Teil geringe Anzahl der gefundenen Tiere innerhalb einer systematischen Einheit hingewiesen werden.

2.2 Probenaufbereitung und Analytik

Die Sedimentproben wurden bei 105 ~ C 24 h lang getrock- net, auf 2 mm abgesiebt und mit einem Achatm6rser zersto- Ben. Die Tiere wurden ohne Berficksichtigung des Darmin- haltes in 70 %igem Alkohol abget6tet, in einer Teepoll6sung von den/iul3erlich anhaftenden Ionen befreit [8], mehrfach in Aqua dest. gewaschen und bei 105 ~ C 24 h lang getrock- net. Vor der Analyse wurden sie mit einem Achatm6rser pulverisiert. Alle Proben wurden im Zeeman AAS SM 1 der Fa. Grfin Optik, Wetzlar, GmbH direkt aus der Trockensub- stanz verascht und atomisiert. Zur Probeneinffihrung wurde die Graphitschiffchentechnik verwendet [9].

Die Kupfermessung konnte auf der Resonanzlinie 324,2 nm durchgeffihrt werden. Die Auswertung der Signale erfolgte fiber die Ausmessung der Peakh6he. Der Vorteil der Direktveraschung dieser Feststoffanalysenmethode besteht darin, dab auf derartigen Ver6dungsstandorten mit geringer Biomasse auch bei geringer Einwaage eine Messung der Schwermetallbelastung noch mSglich ist. Es konnten in eini- gen F/illen sogar einzelne Individuen gemessen werden, so dab die Abweichung der Einzelmessungen innerhalb einer Art die individuell bedingte Streuung der Gesamtprobe wi- derspiegelt (Tabelle 1).

In den meisten Ffillen wurden mehrere Individuen einer Art zu einer Mischprobe zusammengefal3t. Jede Messung wurde ffinfmal wiederholt. Als zertifiziertes Standard Refe- renz Material (SRM) stand kein entsprechendes organisches Material zur Verffigung. Verwendet wurde der CRM 62 Standard ,,Olive leaves" [10]. Der Verlauf der Eichkurve wurde mit Hilfe einer wfigrigen Eichl6sung ermittelt.

3. Ergebnisse und Diskussion

In Tabelle 2 sind die Analysenergebnisse als Gesamtkupfer- gehalt des Sedimentes dargestellt.

Tabelle 2. Kupfergehalte im Flul3sediment (J? in ppm TS) ausge- w/ihlter Probestellen

Probe- Flug- Sediment- Kupfergehalt Abweichung stelle km beschaffenheit ppm in TS %

Imhausen 75 ,5 sandig 63,1 _+ 10,9 Schladern 83 ,5 sandig 85,7 _+ 7,0 Sch6neck 8 5 ,0 sandig 206,1 _-t- 18,2

lehmig 291,4 +_ 8,0

Die Gehalte zeigen eine hohe Kupferbelastung des Sedi- ments bei Sch6neck, wobei die Sedimentprobe mit der klei- neren Partikelgr613e mehr Kupfer enthielt, als das sandige Substrat. An den Probestellen oberhalb des Werkes enth/ilt das Sediment eine relativ gleichf6rmige Belastung. Thomas und Neuland [11] bezeichnen Kupfergehalte dieser Gr613en- ordnung in der Swist als ,,Grundrauschen". Die Nagold weist im Sediment Gehalte bis 70 ppm auf [12].

Es bleibt festzustellen, dal3 der signifikant h6here Kup- fergehalt im Siegsediment nur an der Probestelle unterhalb des Kabel- und Metallwerkes vorkommt.

In Tabelle 3 sind die Kupfergehalte des Makrozooben- thos zusammengefal3t.

Aus einem Vergleich der Kupfergehalte der Tiere an allen drei Stellen ergibt sich eine in allen Ffillen signifikant hShere Kupferaufnahme an der stark belasteten Stelle in Sch6neck. Besonders herausragend in ihren absoluten Kupfergehalten sind dabei Ephemerella ignita, Hydropsyche sp. und Asellus aquaticus. Besonders wenig Kupfer nimmt anscheinend Stic- totarsus 12-pustulatus auf, wenn man von einer Stichprobe ausgehend iiberhaupt eine Aussage machen kann. Bereits an der weniger belasteten Stelle in Schladern weisen einige Tiere einen beachtlichen Kupfergehalt auf, wobei wieder Asellus aquaticus wie auch Baetis sp. zu nennen ist. Stictotarsus zeichnet sich wiederum durch geringe Konzentration aus. In Imhausen, das sich in seiner Sedimentbelastung zwar nicht signifikant von Schladern unterseheidet, nehmen alle Tiere deutlich weniger Kupfer als in Schladern auf, wobei sich Asellus aquaticus, Ancylus fluviatilis und Baetis sp. aber doch schon deutlich in ihrem Gehalt von den anderen Vertre- tern des Zoobenthos absetzen.

Ein Konzentrationsfaktor, d. h., das Verhfiltnis der Kup- ferkonzentration des Tieres zu der des Sedimentes, gibt bes- ser als die absoluten Kupfergehalte Auskunft, wie die Orga- nismen auf verschiedene Belastungsgrade reagieren. Die Konzentrationsfaktoren fiir die jeweiligen Probestellen sind in Tabelle 4 dargestellt.

Dabei 1/il3t sich die folgende Einteilung vornehmen: 1. Starke Akkumulatoren sind Tiere, die auf zunehmende

Belastung mit ansteigender Kupferaufnahme reagieren. Zu dieser Gruppe geh6ren Ephemerella, Hydropsyche und Asellus.

2. Demgegenfiber stehen Tiere, die sich mit relativ abneh- mender Aufnahme der steigenden Belastung anzupassen scheinen und die eventuell die Kupferaufnahme regulieren. Baetis geh6rt in diese Kategorie.

3. Zu den Tieren, die bei verschiedenen Graden der Bela- stung ihres Biotops Kupfer in gleich geringem Mal3e konzen- trieren, geh6rt der K/ifer Stictotarsus.

Bei der Bewertung des extrem hohen Gehaltes von Ephe- merella ignita in dieser Untersuchung mug man ihre sedi- mentgebundene Lebensweise hervorheben. Sie lebt vorzugs-

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Eg e eN ea

Tabelle 3. Kupfergehalte des Zoobenthos der Sieg (X in ppm TS) ermittelt an ausgewfihlten Probestellen im August 1984

Taxa SchSneck Schladern Imhausen

ppm i. TS V % n ppm i. TS V % n ppm i. TS V % n

Gas tr opoda Ancylus fluviatilis 94,4 14,0 4 Isopoda Asellus aquaticus 479,5 7,6 4 290,0 3,7 12 114,2 14,7 5 Ephemeroptera Baetis sp. 274,5 26,6 9 201,3 15,0 5 117,1 12,0 13 Ephemerella ignita 949,7 8,4 2 88,6 9,0 1 Odonata Calopteryx splendens 32,0 14,8 1 Coleoptera Stictotarsus 12-pustulatus 92,5 18,3 1 20,1 27,0 1 Trichoptera Hydropsyche sp. 383,8 11,7 34 50,7 19,0 25 31.4 9,0 19 Polycentropus flavomaculatus 87,2 16,0 4 26,1 9,6 5 Ceraclea sp. 220,2 16,0 13 Sericostoma personatum 204,0 14,5 2 71,3 13,1 2 Diptera Atherix ibis 226,5 7,8 4

V Standardabweichung in % n Anzahl der Individuen

Tabelle 4. Kupferkonzentrationsfaktoren (Tier: Sediment)

SchSneck Schladern Imhausen

Ephemerella ignita 4,3 1,03 Asellus aquaticus 2,2 3,4 1,8 Hydropsyche sp. 1,7 0,6 0,5 Baetis sp. 1,2 2,3 1,8 Atherix ibis 1,04 Ceraclea sp. 1,0 Sericostoma personatum 0,9 1,1 Stictotarsus 12-pustulatus 0,4 0,2 Polycentropus flavomac. 1,0 0,4 Calopteryx splendens 0,5 Ancylus fluviatilis 1,5

weise unter Steinen und ist in ihrer Ern/ihrung omnivor [13, 14]. Als vielleicht ausschlaggebender Faktor fiir den hohen Gehalt kann das Alter der Larven in Betracht gezogen wer- den. Die Tiere befanden sich im August, zur Zeit der Auf- sammlung, kurz vor AbschluB des Larvenstadiums, was einem etwa einjfihrigen Aufenthalt im Gew/isser, von der Eiablage an gerechnet, entspricht [15].

Auch Asellus aquaticus hat eine ausgesprochen sedi- mentgebundene Lebensweise und ist intensiv am Abbau des organischen Materials beteiligt [16]. Diese Lebensweise bie- tet die besten Voraussetzungen ffir sein schon in frfiheren Arbeiten erkanntes Akkumulationsverhalten [17, 18].

Bei der KScherfliege Hydropsyche sp. handelt es sich um eine fakultativ netzbauende Art [19], die ihre Nahrung, bestehend aus pflanzlichem und tierischem Material, passiv filtriert [19, 20]. Die filtrierende Lebensweise scheint eine besonders gfinstige Voraussetzung fiir eine hohe Schwerme- tallaufnahme zu sein [17]. Die hohe Kupferkonzentration erscheint umso bedeutsamer, wenn man beriicksichtigt, dab sich die Tiere zur Zeit der Aufsammlung m6glicherweise erst im 2. bis 3. Larvenstadium befunden haben [20, 21]. ,Khnlich ist der Gehalt der kScherbauenden Art Ceraclea sp. einzu-

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schfitzen, denn auch hier befinden sich die Larven im 2. bis 3. Entwicklungsstadium [22].

Dagegen scheint der fihnlich hohe Gehalt der ebenfalls k6cherbauenden Sericostoma personatum, die sich nach etwa sechsmonatiger Larvalentwicklung im August bereits in einem sp/iten Larvenstadium befindet [23] unbedeutender, obwohl sich Sericostoma und Ceraclea in ihrer sedimentge- bundenen Lebensweise /ihneln. Ftir Ceraclea als kleinem Larventypus spielt vielleicht im Gegensatz zu Sericostoma die negative Korrelation zwischen OrganismusgrSge und Schwermetallkonzentration eine Rolle [24, 25].

In diesem Zusammenhang der Tiere mit sedimentgebun- dener Lebensweise muB als Letztes noch auf Ancylus fluvia- tilis hingewiesen werden, die bereits in Imhausen einen be- trfichtlichen Kupfergehalt aufweist. Ancylus weidet Steine ab und erfagt dabei hauptsfichlich Diatomeen, die sie mit Hilfe der gleichzeitig aufgenommenen SedimentkSrner im Verdauungstrakt zerreibt [26]. Sicherlich hat Ancylus auch einen schneckenspezifisch hohen Kupfergrundgehalt (Kup- fer im Blutfarbstoff).

Erstaunlich ist, dab die Larven der Eintagsfliege Baetis sp. als Algenweider [27] und der r/iuberisch lebenden Dipte- renart Atherix ibis [28, 29], die beide auf dem Sediment weniger standortgebunden als mehr beweglich leben [30], eine/ihnliche Konzentration aufweisen.

Einen auffallend niedrigen Gehalt hat der Schwimmkfi- fer Stictotarsus 12-pustulatus an allen Probestellen. Even- tuell stellt die Tatsache, dab er als Vertreter der Familie der Dystiscidae rfiuberisch lebt und zum Atmen an die Wasser- oberfl/iche schwimmen mug, einen Hinweis auf eine weniger sedimentgebundene Lebensweise dar. Da es sich bei Sticto- tarsus um einen Imaginalfund handelt, kann es aber auch nicht ausgeschlossen werden, dab er sich erst in jiingster Zeit nach Zuflug dort angesiedelt hat.

Damit bestfitigen auch diese Ergebnisse die in anderen Arbeiten ffir die Invertebratenfauna bereits festgestellte Ten- denz, dab die Schwermetallkonzentration im Organismus geringer wird, je h6her seine Stellung in der Nahrungskette

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ist [31]. Leland u. Mc Nurney [32] haben bei einer Untersu- chung der Bleiverteilung in einem Flug6kosystem folgende Einteilung nach Art und Oft der Ern/ihrung vorgenommen: In der Reihenfolge abnehmender Schwerrnetallkonzentra- tion stehen die sedimentabhfingigen detritivoren Organis- men an der Spitze, gefolgt von den passiven Filtrierern, den sedimentgebundenen Omnivoren und den R/iubern. Die Wasseroberfl~ichenrfiuber enthalten stets die geringsten Ge- halte.

Dieser Einteilung kann durch diese Arbeit nicht wider- sprochen werden. Allerdings scheinen die Verweildauer an der belasteten Stelle, das Alter der Larven und das Entwick- lungsstadium sowie die Organismusgr613e dieses Schema zu modifizieren.

L i t e r a t u r

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Eingegangen am19. Juli1985

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