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72 INDISCHER OZEAN trekking trekking La Réunion Die üppig-grünen Talkessel Cirque de Mafate, Salazie und Cilaos be- grenzen schwindelerregende Steilwände, von deren Flanken rau- schende Wasserfälle in die Tiefe stürzen. Am 3.000er-Gipfel Piton des Neiges gehen braune Basaltfelsen in eine urige Heidelandschaft über. In der Caldera des aktiven Vulkans Piton de la Fournaise erwartet Wande- rer eine unwirkliche Mondlandschaft aus erstarrten Lavaströmen. Astrid Därr entführt auf eine Reise in den Indischen Ozean. Wanderparadies im Indischen Ozean Text/Bilder: Astrid Därr Im Talkessel Cirque de Mafate

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INDISCHER OZEANtrekkingtrekking

La Réunion

Die üppig-grünen Talkessel Cirque de Mafate, Salazie und Cilaos be-grenzen schwindelerregende Steilwände, von deren Flanken rau-schende Wasserfälle in die Tiefe stürzen. Am 3.000er-Gipfel Piton desNeiges gehen braune Basaltfelsen in eine urige Heidelandschaft über. Inder Caldera des aktiven Vulkans Piton de la Fournaise erwartet Wande-rer eine unwirkliche Mondlandschaft aus erstarrten Lavaströmen. AstridDärr entführt auf eine Reise in den Indischen Ozean.

Wanderparadiesim Indischen Ozean

Text/Bilder: Astrid Därr

Im TalkesselCirque de Mafate

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Mafate ist 87 Jahre alt. Er hat 30 Jahre lang die Postausgetragen und ist dabei geschätzte 150.000 Kilo-meter zu Fuß gelaufen«, erzählt Nadine.

Je weiter wir in den Cirque de Mafate vor-dringen, desto großartiger wird der Ausblick aufden messerscharfen Grat des Piton Cabris (»Zie-genberg«), der zusammen mit den umliegendenFelsformationen eine spektakuläre Bergkulisse

bildet. An jeder Gabelung weisen Schilder mitAngabe des Ziels, der Wegnummer und derGehzeit den Weg. Spätnachmittags erreichen wirunsere Hütte (Gîte) in Grand Place, !ankiert vonder zackigen Silhouette steiler Granitwände. Wirschlafen in blitzsauberen Holzbungalows mitfrisch bezogenen Stockbetten und eigenem Badmit heißer Dusche.

Beim Abendessen lernen wir die typisch kreo-lische Küche kennen, die uns nun jeden Tag er-wartet: Rumpunsch als Aperitif, dann Cari(Curry) mit Bohnensauce und Reis. Nach demEssen stoßen wir mit Rhum Arrangé an – jedeFamilie auf der Insel bereitet den Rum nachihrem eigenen Rezept mit aromatischen Zutatenwie Rosmarin, "ymian und Zitronengras zu.

Mühsam windet sich der Bus die schmale Ser-pentinenstraße aufwärts. In den steilsten Kur-ven fängt der Motor an zu stottern, so dass wirfürchten, im nächsten Moment anschieben zumüssen. Bis obenhin dicht bewachsene, tief-grüne Felswände, von denen dünne Kaskaden inweißen Schleiern hinabfallen, begrenzen wieeine Mauer den Talkessel Cirque de Salazie. AmStraßenrand gedeihen Tomaten, P#rsiche, Avo-cados, Bananen und Orangen. Die Rankp!anzeChouchou (Chayote) überwuchert ganze Hänge.»Chouchou ist wie Schwein – man kann fast alleTeile davon essen. In der kreolischen Küche ver-wertet man Wurzeln, Blätter und Früchte«, er-klärt Nadine Wiss, unsere drahtige, französischeWanderführerin mit dem braunen Lockenkopf.

Cirque de Mafate:Grüner Talkessel

Vom Dorf Hell-Bourg mit seinen buntenkreolischen Holzhäusern fahren wir hinauf zumAusgangspunkt des Trekkings auf 1.650 MeterHöhe. In den Alpen ist auf dieser Höhe dieBaumgrenze erreicht. Auf der tropischen InselLa Réunion wachsen auch hier noch Kasuarinen(Filaos) und Baumheide (Erica arborescens).Wir satteln unsere Rucksäcke, bepackt mit Klei-dung, Waschsachen und Snacks für vier Tage.Ein Wurzelweg durch knorrigen Wald führtbergab in den benachbarten Talkessel Cirque deMafate, ins Herz von La Réunion.

An einem glasklaren Badegumpen legen wireine Mittagspause ein. Was für ein herrliches Ge-fühl, die müden Füße im Wasser abzukühlen, ins

Käsebaguette zu beißen und auf den warmen Fel-sen sitzend die Nase in die Sonne zu halten. Nachder Brotzeit verwöhnt uns Nadine sogar mit Tü-tenka$ee vom Campingkocher und köstlicherZartbitter-Schokolade mit Kakao von der Insel.

Vorbei an einem mächtigen Bambushain errei-chen wir das abgeschiedene Dörfchen Ilet àBourse. Wie die anderen Dörfer im Cirque de Ma-fate, ist auch dieses nur zu Fuß erreichbar. Etwa800 Menschen leben im 72 qkm großen Talkesselabseits aller Straßen. Solarpanels sorgen für Stromund Warmwasser, Lebensmittel und Baumateria-lien werden per Helikopter einge!ogen. Sogar dieMüllabfuhr funktioniert über den Lu%weg. DieKinder laufen zur Grundschule, und auch derPostbote geht zu Fuß. »Der alte Brie%räger von

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INFOBOXAllgemeinesDie drei Talkessel von La Réunion zählen zumUNESCO-Weltnaturerbe. Wanderer finden hier gutmarkierte Wege von leicht bis anspruchsvoll. Aufdrei Fernwanderwegen kann man in mehrerenTagen den Piton des Neiges (GRR1, sechs Etap-pen), die gesamte Insel (GRR2, zwölf Etappen)oder den straßenfreien Cirque de Mafate (GRR3,fünf Etappen) erkunden.

AnreiseMit Air France oder Air Austral über Paris nach St.Denis auf La Réunion. Es gibt günstige An-schlussflüge nach Mauritius.

Beste ReisezeitAuf der Insel herrscht das ganze Jahr über einfeucht-warmes Klima mit Durchschnittstempera-turen zwischen 18 und 30°C an der Küste. Im(Süd-) Winter (Mai bis Oktober) ist es trockenerund kühler als im Sommer (November bis April).Für Wanderer eignen sich die milden Wintermo-nate am besten, dann ist es in den Bergen vormit-tags meist klar.

AusrüstungFür das Trekking im Cirque de Mafate reicht ein35 bis 45 Liter Rucksack für Kleidung (inkl.Regen- und leichter Fleecejacke), Waschzeug undSnacks. Für die Besteigung des Piton des Neigessollte man eine warme Jacke, Handschuhe undMütze nicht vergessen.

ÜbernachtungZahlreiche sehr gepflegte Berghütten (Gîtes) bie-ten Unterkunft in Zwei- und Mehrbettzimmern(meist mit eigenem Bad) ab 18 Euro/Person.Gegen Aufpreis erhält man ein einfaches Früh-stück und ein typisch kreolisches Abendessen.Wer Zelt und Isomatte mitschleppt, kann auchcampen.

Gîtes de France Réunion (Tel. +262 262 729781;www.gitesdefrance.re): Infos zu den privatenUnterkünften, Hütten und Campingplätzenauf der Insel.

www.resa.reunion.fr: Online-Buchung von Cam-pingplätzen, Gîtes und Hotels.

Karten und LiteraturIGN Karten (Carte de Randonnée) 4402RTSt.-Denis, Cirques de Mafate et de Salazieund 4406RT Piton de la Fournaise (1:25.000);»Réunion« von Rike Stotten und Ulrich Quack(Iwanowski’s Reisebuchverlag, ISBN 978-3-86197-114-6; 16,95 Euro): UmfangreicherReiseführer mit vielen Wandertipps.

InfosÎle de la Réunion Tourisme (www.insel-la-reunion.com): Alle Infos zur Reisevorbereitung, zuAktivitäten und Sehenswürdigkeiten.

VeranstalterAuf der 13-tägigen Reise »Réunion – Vulkantrek-king im Indischen Ozean« (2.990 Euro) begleitetdie erfahrene, deutschsprachige Bergwanderfüh-rerin Nadine Wiss kleine Gruppen durch alle dreiTalkessel (Salazie, Mafate, Cilaos) und auf dieGipfel von Piton des Neiges und Piton de la Four-naise. Infos: Hauser Exkursionen GmbH(Tel. 089 2350060; www.hauser-exkursionen.de)

Beim Aufstieg zur Gîte de Volcan bietet sich eingrandioser Ausblick auf den Cirque de Cilaos(ganz oben). – Die Dörfer und Hütten im Cirque deMafate sind nur zu Fuß erreichbar (oben).

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»Auf La Réunion führen alle Wege zum Rum«,scherzt Nadine – unser Rumkonsum auf dieserReise sollte ihr Recht geben.

Am nächsten Morgen steigen wir steil hinabin die Schlucht des Rivière des Galets, den wirauf einer Hängebrücke überqueren. Ebenso steilgeht es wieder hinauf zum Dorf Îlet des Lata-niers. Die Berge um uns herum schimmern inhundert Schattierungen von Grün – wenn eseinen grünsten Ort der Erde gibt, dann ist esMafate! Nur die meterhohen Blüten der Agavenüberragen die dichte Vegetationsdecke. Auf demWeiterweg nach Îlet des Orangers #nden wir ineiner herrlich kühlen Klamm etwas Schatten vorder stechenden Tropensonne.

Weiter bergauf erreichen wir auf 1.300 MeterHöhe völlig durchgeschwitzt die Felskante LaBrèche. Dunkle Quellwolken wabern von derOstseite des steil abfallenden Kamms nach oben.In dieser gespenstischen Stimmung erblickenwir endlich das heutige Ziel unter uns: die Häu-ser von Roche Plate. In der dortigen Gîte lassenwir uns von der kreolischen Matrone Vivette inihrer mit quietschbunten Plastikblumen und

Girlanden verziertenLaube mit Cari und Rumverwöhnen.

Bis zum Städtchen Ci-laos im dritten Talkesselder Insel stehen uns nochzwei weitere Tagesmär-sche bevor. Von RochePlate wandern wir zweiStunden bergauf bis zurTisanerie de 3 Roches, wowir eine erfrischende Ci-tronnade schlürfen undJean Bernard demons-triert, wie er Kampferölfür die müden Muskelnder Wanderer destilliert.Von hier sind es nur nochwenige Meter hinab bisLes Trois Roches: Derwilde Rivière des Galets stürzt durch eine breiteSpalte in eine von hohen Felswänden begrenzteSchlucht. In den Gumpen oberhalb gönnen wirunseren Beinen mal wieder eine Kneippkur –bloß nicht der Abbruchkante zu nahe kommen!

Entlang des erodierten Flussbetts geht es spä-ter weiter stromaufwärts Richtung Marla, einerHüttenansammlung auf einem Hochplateau in1.600 Meter Höhe. Am Kamm weit oberhalb un-serer Herberge lässt sich schon der Pass hinüberin den Cirque de Cilaos erahnen.

Wie Lametta hängen die langen, neongrünenBart!echten von der urigen Baumheide entlangdes Wegs. Stufe um Stufe steigen wir am nächs-ten Morgen zum Col du Taïbit (2.081 m) auf.Nach einer Stunde haben wir den Rand des Tal-kessels erklommen. Ein letzter Blick zurück inden Cirque de Mafate stimmt uns beinahe me-

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Die Insel La Réunion (zu deutsch »Insel der Zu-sammenkunft«) mit ihrem Hauptort Saint-Denisliegt im Indischen Ozean, knapp 700 Kilometeröstlich von Madagaskar. Sie bildet politisch einÜbersee-Département und eine Region Frank-reichs. Die Fläche der Insel beträgt rund 2.500qkm, von der Form her ist sie nahezu oval(Durchmesser von 50 bis 70 km). Die Einwohner-zahl liegt bei knapp 834.000.

La Réunion

Piton des Neiges: Höchster Bergim Indischen Ozean

Das gut ausgebaute Bussystem, beschilderte Wanderwege, schlaglochfreieStraßen, komfortable Hotels und Supermärkte wie in Europa machen dasReisen auf der Insel einfach. La Réunion gehört als Übersee-Département zuFrankreich und somit zur EU, aber so gut organisiert hatten wir uns die rund2.500 qkm große Insel, nur 700 km östlich des Entwicklungslands Mada-gaskar, doch nicht vorgestellt. Das gep!egte Städtchen Cilaos mit Ententeich,Tretbooten und Fontänen weckt fast Assoziationen mit einem Kurort in Bay-ern. Nur die kreolische Architektur und die tropischen Früchte erinnern unsdaran, dass wir uns im Indischen Ozean be#nden.

Zum Rasten bleibt keine Zeit: Gleich am nächsten Tag brechen wir zumhöchsten Gipfel der Insel auf. Endlich eine richtige Bergtour, die sich auchvon Anfang an so anfühlt: Im Schatten von Pinien- und Tamarindbäumengeht es stetig bergauf. Auf fast 2.000 Metern wird es zum ersten Mal etwaskühl im verschwitzten T-Shirt. Immer steiler windet sich der Pfad in Ser-pentinen aufwärts, der Wald weicht einer niedrigen Heidevegetation. Da-zwischen erö$nen sich grandiose Ausblicke auf den Talkessel von Cilaos,der sich zunehmend in Wolken hüllt.

Auf 2.479 Meter Höhe erreichen wir das Refuge de Caverne, das schoneher einer Alpenvereinshütte gleicht als die Herbergen in Mafate. In dreiZimmern à 15 Personen stapeln sich die Bergsteiger in Dreierstockbettenübereinander. Im gemeinsamen Waschraum gibt es nur Kaltwasser. DieDusche fällt heute aus. Hüttenwirt Alain ist hier seit 30 Jahren im Dauer-einsatz. Früher trug er die Vorräte selbst hinauf, jetzt kommt der Heli-kopter. »Hier gibt es immer Rougail saucisse. Ich komme seit 14 Jahrenmit Gruppen hierher – immer Würstchen mit Sauce! Nur wenn AlainsSchwester ihn vertritt, gibt es mal was anderes«, klagt Nadine lachend.

Um 5 Uhr morgens geht es los – auf zum Gipfelsturm. Ein klarer Ster-nenhimmel spannt sich wie eine Kuppel über unseren Köpfen. Der Stein-weg führt in moderater Steigung entlang eines Rückens bergauf. Pünktlichzum Sonnenaufgang stehen wir in 3.070 Meter Höhe auf dem höchsten Gip-fel im Indischen Ozean – geographisch in Afrika, politisch in Europa. Dieaufgehende Sonne taucht die Talkessel von Cilaos im Süden und Salazie imNorden in rotes Licht.

Der Piton des Neiges ist die Geburtsstätte von La Réunion. Er wuchs voretwa 3 Millionen Jahren aus dem Ozean und erhob sich bis 4.300 Meter überdem Meer. Im Laufe der Jahrtausende #el der Vulkan bei zahllosen Erup-tionen langsam in sich zusammen. Die entleerten Magmakammern bildenheute die drei kleeblattförmig angeordneten Talkessel der Insel.

Beim Abstieg über buntes Tu$steingeröll fühlen sich Mütze, Handschuheund Jacke noch gut an. Nur eine Stunde später spazieren wir schon wieder inkurzer Hose und T-Shirt bergab. Nach einem spartanischen Frühstück in einerHütte geht es gleich weiter abwärts Richtung Plateau de Bélouve. Noch ahnenwir nicht, was uns erwartet. Am Cap Anglais kündigt Nadine an: »In dennächsten zwei Stunden gibt es alles: Leitern, Wurzeln und viiiiiel Schlamm!«Es folgt eine wahre Dschungel-Challenge. Mittlerweile schüttet es wie aus Ei-mern, Nebelschwaden verhüllen die Aussicht und die Landscha% hat sich ineinen Urwald aus Bambus, Baumfarnen, Moospolstern und Flechten ver-wandelt. Wir überwinden Aluleitern, stolpern über glitschige Holzplanken,Steine und Wurzeln, versinken knöcheltief im Schlamm.

Erschöp% erreichen wir die mit Holzschindeln verkleidete Gîte de Be-louve, die wie ein englisches Landhaus auf dem perfekt gestutzten Rasenthront. Unser Bettenlager mutiert schnell zur Wäschekammer. An kreuzund quer gespannten Leinen, an Geländern und Türrahmen tropfen diemodrig-süß du%enden Klamotten vor sich hin. Doch der Lohn für dieStrapazen lässt nicht lange auf sich warten: eine heiße Dusche und ein Ana-naskuchen in der gemütlichen Hütte.

Fôret de Belouve: Letzter PrimärwaldDie mit dem Auto zugängliche Gîte de Bélouve ist ein beliebtes Wo-

chenendziel einheimischer Familien. Nicht zu lange Wanderwege füh-ren in den einzigartigen Primärwald Fôret de Bébour-Bélouve. Dieausladenden Kronen der endemischen Tamaris des Hauts (Acacia hete-rophylla) bilden ein lichtes Dach über den bis zu acht Meter hohen Farn-bäumen und dem undurchdringlichen Dickicht darunter. Nirgendwosonst wird Wanderern die Biodiversität der Insel so vor Augen geführt

In der riesigen Caldera des Piton de la Fournaise er-hebt sich der inaktive Kegel des Formica Léo (ganzoben). – Die Wege im Cirque de Mafate sind gut aus-geschildert (oben).

Wasserfälle stürzen in den spektakulärenKessel Trou de Fer (ganz rechts).

Anzeige lancholisch: die sattgrüne Bergkulisse, die bun-ten Häuschen, die Wasserfälle und Wildbäche.Doch der Abstieg nach Cilaos enttäuscht unsnicht. Dunkle Basalttürme ragen wie Finger ausdem Wald, weiter unten wandern wir durch Blu-menwiesen und roten Pinienwald. Schließlicherreichen wir nach vier Tagen wieder die ersteStraße. Ein knallig-pinker, ö$entlicher Busbringt uns zurück in die Zivilisation.

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wie hier. Ein Botaniker könnte sich wohl stun-denlang mit einem einzigen Baum beschäfti-gen, bis er alle Farne, Flechten und Orchideenan dessen Ästen erfasst hätte.

Über einen Bohlenpfad, begleitet vom Ge-zwitscher des Oiseau de Vierge (Maskarenen-Paradiesschnäpper), wandern wir drei Stundendurch den mystischen Wald, bis wir eine Aus-sichtsplattform erreichen. Hinter der Plattformfällt das Gelände unvermittelt in einen riesigenBergkessel ab, das Trou de Fer. Ein Wasserfall er-gießt sich 300 Meter tief vom oberen Rand desKessels in eine grüne Schlucht. Ein Helikopter,der von der Seite in die Schlucht düst, ver-schwindet als kleiner, weißer Punkt in der Weitedieses gigantischen Lochs mitten im Dschungel.

Piton de la Fournaise:Wilde Vulkanlandschaft

Schon am nächsten Tag scheint der immer-grüne Wald von Bélouve weit weg. Auf einerSchotterpiste rumpelt unser Kleinbus über einvegetationsloses Meer aus braunem Vulkansandzur Gîte de Volcan am Piton de la Fournaise. DasHaupthaus der Hütte auf 2.250 Meter Höhethront auf Pfeilern über der Caldera Plaine desSables. Der einzige noch aktive Feuerberg derInsel bricht fast jährlich aus. Bei großen Erup-tionen wie im Jahr 2007 !ießt die Lava in einembreiten Strom bis zum Indischen Ozean. Wir be-ziehen unsere Stockbetten in einem der einfa-chen Schlafräume. Die ganze Nacht trommeltder Regen auf das Dach der Hütte.

In einer kurzen Regenpause brechen wir mor-gens auf zum Aussichtspunkt Pas de Bellecombean der Abbruchkante zur aktiven Caldera. AufBetonstufen steigen wir hinab in eine Wüste auserkalteter Lava. In der düsteren Stimmung fühltes sich an wie ein Abstieg in die Unterwelt. Dererloschene Kegel Formica Léo erhebt sich rostrotaus der Mondlandscha%. Dahinter verschwindetder 2.500 Meter hohe Kegel des Cratère Dolo-mieu in einer grauen Wolkendecke. Weiße Farb-tupfer markieren den Weg quer über die Calderazu einer Höhle aus erstarrtem Basalt, der Cha-pelle de Rosemont. Dort ö$net der Himmelendgültig seine Schleusen.

Schier endlos erscheint der Weiterweg überdie erstarrte Stricklava, die mal dunkelorange,mal metallic-blau und dann wieder nougatbraunschimmert. Stoisch wandern wir vorbei an La-valöchern und -blasen bis zum höchsten Punktam Kraterrand – und sehen nichts. Das graueNichts des Nebels verschluckt die Landscha%.Zurück in der Gîte, wärmen wir unsere klam-men Finger an den Ka$eetassen auf. Durchnässtund verkühlt freuen wir uns nun auf ein paartropisch-heiße Tage am Korallenstrand an derWestküste.

Genau eine Woche später ist der Weg hinab indie Caldera für Wanderer gesperrt. Ein Schlundder Unterwelt speit bis zu 50 Meter hohe Lava-Fontänen aus. Nachts strahlt der Himmel glü-hend-rot über dem infernalischen Spektakel derEruption. Was für ein feuriger Abschluss einerReise ins Inselparadies La Réunion! &

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Einer der schönstenPlätze im Cirque de Ma-fate: Les Trois Roches(oben). – Einerder wenigen Sand-strände der Insel:Grande Anse an derWestküste (links).