Landschaftsschutzgebiete, Naturdenkmale und Der Mooswald€¦ · March, in Umkirch und auch im...

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Geheimnisvoll und undurchdringlich wirkt der Mooswald auch heute noch an manchen Stellen Der Mooswald 44 Quadratkilometer für den Landschaftsschutz und die Erholung Direkt vor den Toren der Stadt Freiburg finden sich ökologische Raritäten und Erholungsmöglichkeiten in Hülle und Fülle K nietiefer Sumpf, ein dichter Wald aus Erlen, Eschen, Weiden, Pap- peln und dornigen Sträuchern, dazwi- schen Kröten, Schlangen und schier unendlich viele Steckmücken. Eine menschenfeindliche Gegend wird er gewesen sein, der Mooswald vor 1000 Jahren. Es war im Jahr 1008, gut 100 Jahre vor der Stadtgründung, als das Wald- gebiet um Freiburg erstmals in einer Urkunde erwähnt wurde (s. Kasten). Mindestens also seit der ersten Jahr- tausendwende, wahrscheinlich aber schon sehr viel länger, ist der Freibur- ger Mooswald kein Urwald mehr, wurde er vom Menschen beeinflusst und umgestaltet. Wie alt der Wald ist, der heute die westliche Grenze Frei- burgs darstellt, und wie er ausgesehen hat, bevor der Mensch ihn nutzte und nach und nach umwandelte, darüber sind sich Forstwissenschaftler und Botaniker bis heute nicht einig. Fest steht: Der Mooswald war lange Zeit ein undurchdringlicher Sumpfwald, ein Wald also, in dem das Grundwas- ser unter dem Druck der Dreisam, der Glotter, der Elz, des Dietenbachs und anderer Bäche sowie der Hangwässer des Schwarzwaldes mancherorts bis an die Bodenoberfläche reichte. Schon die Römer veränderten den Wald Neuere Untersuchungen haben je- doch gezeigt, dass der Mooswald noch weitaus vielfältiger war als lange an- genommen. „In Pollenanalysen konnte nachgewiesen werden“, sagt Helmut Volk, „dass hier in vorrömi- scher Zeit eine Baumart wuchs, die an diesem Standort niemand vermutet hätte: Die Tanne.“ Diese und andere Pflanzenarten siedelten sich auf klei- nen Anhöhen an, die die Flüsse und Bäche über Jahrhunderte geformt hat- ten. Auf Standorten, wo das Grund- wasser mehr als einen Meter unter der Oberfläche stand, was für Erle, Esche & Co. weitaus zu tief ist. Volk, bis zu seiner Pensionierung im vergangenen Jahr Leiter der Abtei- lung Landespflege an der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Ba- den-Württemberg, leitet aus den Er- gebnissen der Pollenanalysen noch andere Schlussfolgerungen ab. Denn mit der römischen Besiedelung im er- sten Jahrhundert nach Christus ver- schwindet auch die Tanne aus dem Gebiet des heutigen Mooswaldes. „Die Römer“, vermutet der Wissen- schaftler, der lange Jahre über die Ge- schichte der Aue- und Sumpfwälder des Oberrheins geforscht hat, „haben das Holz der Tanne offenbar bevorzugt genutzt. So sehr, dass sie nach der rö- mischen Zeit nicht wieder auftaucht. Das zeigt, wie weit der menschliche Einfluss auf die Entwicklung des Wal- des zurückreicht.“ Die Stadt Freiburg, spätestens seit 1289 im vollen Besitz der „Moose“, vergab im Mittelalter wie zuvor der König Nutzungsrechte, zu denen auch der Kahlschlag und eine dann fol- gende landwirtschaftliche Nutzung gehörten. Allerdings auch die daran anschließende Wiederaufforstung, trug doch der Wald damals zu einem wichtigen Teil zum Reichtum der Stadt bei. Der Mooswald ist keine Natur-, er ist eine Kulturlandschaft. „Vieles, was für Besucher wie der Inbegriff von Natur wirkt,“ sagt Revierförster Ernst Krämer, „ist von Menschen geschaf- fen: Die alten Eichen beispielsweise sind Reste der Mittelwaldwirtschaft, als die Freiburger viel Brennholz aus dem Wald holten, die Eichen aber ste- hen ließen, weil deren Früchte, die Ei- cheln, als Futter für die Schweine dienten.“ Der Mooswald wurde be- weidet und entwässert, Holz wurde geerntet, Kies ausgebaggert. Es gibt kaum einen Quadratmeter, der nicht vom Menschen beeinflusst und verän- dert worden wäre. Erholungsschwerpunkt für 200 000 Großstädter Vor allem die Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg haben dem Moos- wald arg zugesetzt: Dem Stadtteil Landwasser, der Westrandstraße, dem Mineral-Thermalbad, der Mülldepo- nie Eichelbuck, und der Erweiterung des Industriegebiets Nord fielen rund 100 Hektar Wald zum Opfer. Aller- dings wurden als Ausgleich rund 50 Hektar Wiesen im Rieselfeld und bei Umkirch wieder aufgeforstet. Für die Zukunft sieht es jedoch besser aus: Der aktuelle Flächennutzungsplan 2020 sieht erstmals seit Jahrzehnten keine Inanspruchnahme des Moos- waldes vor. Heute ist der seit 1993 un- ter Landschaftsschutz stehende Mooswald nicht nur der letzte verblie- bene große Ried-Auewald des Oberr- heins, sondern bildet für die 200 000- Einwohnerstadt Freiburg auch das be- deutendeste Naherholungsgebiet. Seine leichte Erreichbarkeit, die hohe landschaftliche Attraktivität sowie zahlreiche Erholungseinrichtungen ziehen an Spitzentagen bis zu 10 000 Besucherinnen und Besucher an. Die immer noch gewaltige Ausdehnung von über 40 Quadratkilometern sorgt dafür, dass man sich dennoch nicht gegenseitig „auf die Füße tritt“, son- dern immer auch die Waldeinsamkeit findet. i n F r e i b u r g Liebe Leserinnen und Leser, das Thema „Schutz der Artenvielfalt“ ist heute in aller Munde, hat doch der Rückgang von Tier- und Pflan- zenarten – welt- weit und auch hierzulande – bedenkliche Aus- maße angenom- men. Mit den Amtsblatt-Sonder- seiten „Natur in Freiburg“ wollen wir den Bürgerin- nen und Bürgern die Lebensräume in Freiburg mit ihren vielen geschützten Arten nahe bringen. Wir möchten Sie nicht nur einladen, sich über unsere Naturschätze zu informieren, sondern auch dazu ermuntern, die Natur mit offenen Augen zu erleben. Denn ohne ein lebendiges und kenntnisreiches Verhältnis zur Umwelt hat der Natur- schutz keine Chance. Gerda Stuchlik Umweltbürgermeisterin N atürlich ist er viel älter. Schät- zungsweise vor 10000 Jahren, als sich das Klima in der Rheinebene er- wärmte, bildete sich dort wieder ein Wald. Erstmals urkundlich erwähnt wurde der Mooswald (silvae) vor ge- nau 1000 Jahren. Am 30. September 1008 stellte König Heinrich der II. eine Urkunde für den Basler Bischof Adalbero aus, in der er ihm die Jagd- rechte (Wildbann) in den Wäldern der Breisgauer Bucht übertrug. Der rund 400 Quadratkilometer große Bezirk wird mit den Eckpunkten Bötzingen, Tiengen, Adelhausen und Vörstetten markiert und nennt auch erstmals ei- nige Ortschaften der Region wie die Wiehre (Worin) oder Herdern (Harde- ren). In den folgenden Jahrhunderten wurde der Wald dann auch forstlich und zur Schweinemast genutzt, wie das nebenstehende Bild zeigt. TAUSEND JAHRE MOOSWALD „Auffallen um jeden Preis“ ist das Motto des Feuerfalter-Männchens mit seinen orangeroten Flügeln. Das Weibchen begnügt sich bei dem Kleid mit einem dezenten Braunton. Der bis zu 4 Zentimeter große Falter ist sehr selten und streng geschützt. Er findet sich gelegentlich in Röhrichtbestän- den in Wassernähe, wo er beim Son- nenbaden beobachtet werden kann. Oft zu finden ist im Mooswald die kleine Hain-Bänderschnecke, die sich durch ihre lebhafte hell-dunkel Zeich- nung von allen anderen Schnecken deutlich unterscheidet. Ihr ärgster Feind ist die Amsel, die das Schnecken- haus mit ihrem Schnabel knacken kann. Vorsicht ungenießbar! signalisiert die Streifen- wanze ihren Fressfein- den mit ihrer rot- schwarz gestreiften Fär- bung. Die 1 Zentimeter große Wanzenart hat ihren Schwerpunkt am Mittelmeer, kommt aber auch in den wärmeren Regionen Süddeutsch- lands vor. Platzhirsch unter den Käfern. Mit seinen bis zu 8 Zentimetern Länge und seinen beein- druckenden Zangen ist der Hirschkäfer die größte und kräftigste Käferart hierzulande. Sein Lebensraum sind alte Eichen, von deren Säften er sich ernährt und in deren Totholz er seine Eier legt. Wer das besonders geschützte Tier entdecken will, muss sorg- fältig dicke Eichenstämme absuchen. Streng geschützt ist die Helm-Azur- jungfer, eine Libellenart, die man in offenem Gelände zwischen Mai und August in der Nähe von Gewässern beobachten kann. Auffällig ist der tür- kis-dunkel gestreifte Hinterleib. „Natur in Freiburg“, so lautet der Titel einer Serie des Umweltschutzamtes im Amtsblatt, in der wir in loser Folge Natur- und Landschaftsschutzgebiete, Naturdenkmale und Gewässer im Stadtkreis Freiburg vorstellen. Im 1. Teil beschäftigen wir uns mit dem Landschaftsschutzgebiet „Freiburger Mooswald“, seinen Naturschätzen, seiner Geschichte und seiner Bedeutung für die Naherholung.

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Page 1: Landschaftsschutzgebiete, Naturdenkmale und Der Mooswald€¦ · March, in Umkirch und auch im Frei-burger Industriegebiet Nord. Ende der 1970er Jahre war das Grundwasser so weit

Geheimnisvoll und undurchdringlich wirkt derMooswald auch heute noch an manchen Stellen

Der Mooswald44 Quadratkilometer für den Landschaftsschutz und die ErholungDirekt vor den Toren der Stadt Freiburg finden sich ökologische Raritäten und Erholungsmöglichkeiten in Hülle und Fülle

Knietiefer Sumpf, ein dichter Waldaus Erlen, Eschen, Weiden, Pap-

peln und dornigen Sträuchern, dazwi-schen Kröten, Schlangen und schierunendlich viele Steckmücken. Einemenschenfeindliche Gegend wird ergewesen sein, der Mooswald vor 1000Jahren.

Es war im Jahr 1008, gut 100 Jahrevor der Stadtgründung, als das Wald-gebiet um Freiburg erstmals in einerUrkunde erwähnt wurde (s. Kasten).

Mindestens also seit der ersten Jahr-tausendwende, wahrscheinlich aberschon sehr viel länger, ist der Freibur-ger Mooswald kein Urwald mehr,wurde er vom Menschen beeinflusstund umgestaltet. Wie alt der Wald ist,der heute die westliche Grenze Frei-burgs darstellt, und wie er ausgesehenhat, bevor der Mensch ihn nutzte undnach und nach umwandelte, darübersind sich Forstwissenschaftler undBotaniker bis heute nicht einig. Feststeht: Der Mooswald war lange Zeitein undurchdringlicher Sumpfwald,ein Wald also, in dem das Grundwas-ser unter dem Druck der Dreisam, derGlotter, der Elz, des Dietenbachs undanderer Bäche sowie der Hangwässerdes Schwarzwaldes mancherorts bisan die Bodenoberfläche reichte.

S c h o n d i e R ö m e r v e r ä n d e r t e n d e n W a l d

Neuere Untersuchungen haben je-doch gezeigt, dass der Mooswald nochweitaus vielfältiger war als lange an-genommen. „In Pollenanalysenkonnte nachgewiesen werden“, sagtHelmut Volk, „dass hier in vorrömi-scher Zeit eine Baumart wuchs, die andiesem Standort niemand vermutethätte: Die Tanne.“ Diese und anderePflanzenarten siedelten sich auf klei-nen Anhöhen an, die die Flüsse undBäche über Jahrhunderte geformt hat-ten. Auf Standorten, wo das Grund-wasser mehr als einen Meter unter derOberfläche stand, was für Erle, Esche& Co. weitaus zu tief ist.

Volk, bis zu seiner Pensionierungim vergangenen Jahr Leiter der Abtei-lung Landespflege an der ForstlichenVersuchs- und Forschungsanstalt Ba-den-Württemberg, leitet aus den Er-

gebnissen der Pollenanalysen nochandere Schlussfolgerungen ab. Dennmit der römischen Besiedelung im er-sten Jahrhundert nach Christus ver-schwindet auch die Tanne aus demGebiet des heutigen Mooswaldes.„Die Römer“, vermutet der Wissen-schaftler, der lange Jahre über die Ge-schichte der Aue- und Sumpfwälderdes Oberrheins geforscht hat, „habendas Holz der Tanne offenbar bevorzugtgenutzt. So sehr, dass sie nach der rö-mischen Zeit nicht wieder auftaucht.Das zeigt, wie weit der menschlicheEinfluss auf die Entwicklung des Wal-des zurückreicht.“

Die Stadt Freiburg, spätestens seit1289 im vollen Besitz der „Moose“,vergab im Mittelalter wie zuvor derKönig Nutzungsrechte, zu denen auchder Kahlschlag und eine dann fol-gende landwirtschaftliche Nutzunggehörten. Allerdings auch die darananschließende Wiederaufforstung,trug doch der Wald damals zu einemwichtigen Teil zum Reichtum derStadt bei.

Der Mooswald ist keine Natur-, erist eine Kulturlandschaft. „Vieles, wasfür Besucher wie der Inbegriff vonNatur wirkt,“ sagt Revierförster ErnstKrämer, „ist von Menschen geschaf-fen: Die alten Eichen beispielsweisesind Reste der Mittelwaldwirtschaft,als die Freiburger viel Brennholz ausdem Wald holten, die Eichen aber ste-hen ließen, weil deren Früchte, die Ei-cheln, als Futter für die Schweinedienten.“ Der Mooswald wurde be-weidet und entwässert, Holz wurdegeerntet, Kies ausgebaggert. Es gibtkaum einen Quadratmeter, der nichtvom Menschen beeinflusst und verän-dert worden wäre.

E r h o l u n g s s c h w e r p u n k t f ü r 2 0 0 0 0 0 G r o ß s t ä d t e r

Vor allem die Jahrzehnte nach demZweiten Weltkrieg haben dem Moos-wald arg zugesetzt: Dem StadtteilLandwasser, der Westrandstraße, demMineral-Thermalbad, der Mülldepo-nie Eichelbuck, und der Erweiterungdes Industriegebiets Nord fielen rund100 Hektar Wald zum Opfer. Aller-dings wurden als Ausgleich rund 50Hektar Wiesen im Rieselfeld und beiUmkirch wieder aufgeforstet. Für dieZukunft sieht es jedoch besser aus:Der aktuelle Flächennutzungsplan2020 sieht erstmals seit Jahrzehntenkeine Inanspruchnahme des Moos-

waldes vor. Heute ist der seit 1993 un-ter Landschaftsschutz stehendeMooswald nicht nur der letzte verblie-bene große Ried-Auewald des Oberr-heins, sondern bildet für die 200000-Einwohnerstadt Freiburg auch das be-deutendeste Naherholungsgebiet.Seine leichte Erreichbarkeit, die hohelandschaftliche Attraktivität sowiezahlreiche Erholungseinrichtungenziehen an Spitzentagen bis zu 10000Besucherinnen und Besucher an. Dieimmer noch gewaltige Ausdehnungvon über 40 Quadratkilometern sorgtdafür, dass man sich dennoch nichtgegenseitig „auf die Füße tritt“, son-dern immer auch die Waldeinsamkeitfindet.

i n F r e i b u r g

Liebe Leserinnen und Leser, das Thema „Schutz der Artenvielfalt“ist heute in aller Munde, hat doch der

Rückgang vonTier- und Pflan-zenarten – welt-weit und auchhierzulande –bedenkliche Aus-maße angenom-men. Mit denAmtsblatt-Sonder-seiten „Natur inFreiburg“ wollenwir den Bürgerin-

nen und Bürgern die Lebensräume inFreiburg mit ihren vielen geschütztenArten nahe bringen. Wir möchten Sienicht nur einladen, sich über unsereNaturschätze zu informieren, sondernauch dazu ermuntern, die Natur mitoffenen Augen zu erleben. Denn ohneein lebendiges und kenntnisreichesVerhältnis zur Umwelt hat der Natur-schutz keine Chance.

Gerda StuchlikUmweltbürgermeisterin

Natürlich ist er viel älter. Schät-zungsweise vor 10000 Jahren, als

sich das Klima in der Rheinebene er-wärmte, bildete sich dort wieder einWald. Erstmals urkundlich erwähntwurde der Mooswald (silvae) vor ge-nau 1000 Jahren. Am 30. September1008 stellte König Heinrich der II.eine Urkunde für den Basler BischofAdalbero aus, in der er ihm die Jagd-rechte (Wildbann) in den Wäldern derBreisgauer Bucht übertrug. Der rund400 Quadratkilometer große Bezirkwird mit den Eckpunkten Bötzingen,Tiengen, Adelhausen und Vörstettenmarkiert und nennt auch erstmals ei-nige Ortschaften der Region wie dieWiehre (Worin) oder Herdern (Harde-ren). In den folgenden Jahrhundertenwurde der Wald dann auch forstlichund zur Schweinemast genutzt, wiedas nebenstehende Bild zeigt.

TAUSEND JAHRE MOOSWALD

„Auffallen um jeden Preis“ ist dasMotto des Feuerfalter-Männchens mitseinen orangeroten Flügeln. DasWeibchen begnügt sich bei dem Kleidmit einem dezenten Braunton. Der biszu 4 Zentimeter große Falter ist sehrselten und streng geschützt. Er findetsich gelegentlich in Röhrichtbestän-den in Wassernähe, wo er beim Son-nenbaden beobachtet werden kann.

Oft zu finden ist im Mooswald diekleine Hain-Bänderschnecke, die sichdurch ihre lebhafte hell-dunkel Zeich-nung von allen anderen Schneckendeutlich unterscheidet. Ihr ärgsterFeind ist die Amsel, die das Schnecken-haus mit ihrem Schnabel knacken kann.

Vorsicht ungenießbar!signalisiert die Streifen-wanze ihren Fressfein-den mit ihrer rot-schwarz gestreiften Fär-bung. Die 1 Zentimetergroße Wanzenart hatihren Schwerpunkt amMittelmeer, kommt aberauch in den wärmerenRegionen Süddeutsch-lands vor.

Platzhirsch unter den Käfern. Mit seinen biszu 8 Zentimetern Länge und seinen beein-druckenden Zangen ist der Hirschkäfer diegrößte und kräftigste Käferart hierzulande.Sein Lebensraum sind alte Eichen, von derenSäften er sich ernährt und in deren Totholzer seine Eier legt. Wer das besondersgeschützte Tier entdecken will, muss sorg-fältig dicke Eichenstämme absuchen.

Streng geschützt ist die Helm-Azur-jungfer, eine Libellenart, die man inoffenem Gelände zwischen Mai undAugust in der Nähe von Gewässernbeobachten kann. Auffällig ist der tür-kis-dunkel gestreifte Hinterleib.

„Natur in Freiburg“, so lautet der Titel einerSerie des Umweltschutzamtes im Amtsblatt,in der wir in loser Folge Natur- undLandschaftsschutzgebiete, Naturdenkmale undGewässer im Stadtkreis Freiburg vorstellen. Im 1. Teil beschäftigen wir uns mit dem Landschaftsschutzgebiet „Freiburger Mooswald“, seinen Naturschätzen, seiner Geschichte und seiner Bedeutung für die Naherholung.

Page 2: Landschaftsschutzgebiete, Naturdenkmale und Der Mooswald€¦ · March, in Umkirch und auch im Frei-burger Industriegebiet Nord. Ende der 1970er Jahre war das Grundwasser so weit

Die gravierendste Folge menschli-cher Aktivitäten ist der – vor al-

lem in den vergangenen hundert Jah-ren – stark gesunkene Grundwasser-spiegel im Mooswald. Dort, wo früherder Wald lange Zeit des Jahres unterWasser stand und die Menschen nurbei Frost das Holz ernten konnten, ha-ben sich nun ganz andere Lebens-räume entwickelt: Mischwälder mitStieleiche, Roteiche und Buche, diezwar frische Standorte mögen, aberkeine nassen, haben die Erlenbruch-wälder ersetzt. Der Anteil der Erleging von vormals 30 auf gerade nochsieben Prozent zurück. Noch in den1930er Jahren reichte das Wasser inder Hälfte des Mooswaldes den Bäu-men „bis zu den Füßen“, der Grund-wasserspiegel lag durchweg bei untereinem halben Meter. Heute ist dies nurnoch auf sechs Prozent der Fläche derFall.

Gründe dafür gibt es viele.Zunächst wurden seit Mitte des 19.Jahrhunderts die Bachläufe, die dasWaldgebiet durchziehen, begradigtund in feste Betten gezwängt. Seitherfließt das Wasser viel schneller ab alsfrüher. Außerdem wurden für denStraßen- und Siedlungsbau und für dieLandwirtschaft Böden mit Entwässe-rungsgräben trocken gelegt. Und nichtzuletzt wurde allerorten Wasser für dieTrinkwasserversorgung oder zur indu-striellen Nutzung entnommen, so zwi-

schen Emmendingen und Reute, in derMarch, in Umkirch und auch im Frei-burger Industriegebiet Nord.

Ende der 1970er Jahre war dasGrundwasser so weit abgesunken,dass Gerhard Hügin in seinem von derLandesanstalt für Umweltschutz Ba-den-Württemberg herausgegebenenBand „Die Mooswälder der Freibur-ger Bucht“ zu dem Ergebnis kommt,dass es „bereits auf der Hälfte derFläche keinen Einfluss mehr auf dasPflanzen- und Tierleben“ hat. Wasalso tun? Um das völlige Trockenfal-len der Feuchtbiotope zu verhindern,wird der Wald seit 1986 bewässert.Das vor allem von der Firma RhodiaAG zur Kühlung entnommene Wasserwird über ein ausgeklügeltes Verteil-system wieder in den Wald geleitet. Sokönnen die ursprünglich zur Entwäs-serung angelegten Gräben nun Gegen-teiliges bewirken: Über das Grabensy-stem wird das Wasser dorthin geleitet,wo es früher abgezweigt wurde. Überkleine Stauweiher und Wehre lässtsich die Wassermenge steuern. Damitlässt sich ein weiteres Absinken desGrundwassers verhindern und sogareine gewissen Trendumkehr ist an denMesspegeln ablesbar. Die Kosten fürdiese Wiederbewässerung teilen sichdie Firma Rhodia AG und die StadtFreiburg.

Neben solchen aktiven Bewässe-rungen gibt es auch zahlreiche präven-

tive Schritte. Denn vor allem durch dieBodenversiegelung fließt immer mehrWasser oberflächlich ab, versickertalso nicht mehr im Boden und erreichtsomit das Grundwasser nicht. In Frei-burg wird dieser Verlust zumindestteilweise durch die Versickerung vonNiederschlagswasser in jüngeren Be-bauungsplangebieten ausgeglichen. Inden Stadtteilen Vauban und Rieselfeldfließt das Niederschlagswasser nichtmehr über Kanäle ab, sondern ver-sickert vor Ort ins Grundwasser.

D e r S c h u t z d e s M o o s w a l d e s b e g i n n t i n d e r I n n e n s t a d t

In der Summe haben diese Maß-nahmen zu einer erfreulichen Ent-wicklung des Grundwasserpegels ge-führt. So kommt das Umweltschutz-amt zu folgendem Ergebnis über dielangfristige Entwicklung der Grund-wasserstände: „Die hohen Grundwas-serstände der 30er Jahre fallen sehrstark in der Periode 1950 bis 1970 undhaben anschließend einen steigendenTrend. Das Niveau vor 1950 wird je-doch nicht wieder erreicht.“

Weil dies auch in Zukunft kaummöglich sein wird, gehen Forstwissen-schaftler und Umweltschützer von ei-ner Entwicklung aus, nach der diemäßig feuchten bis feuchten Standorteim Mooswald zu erhalten sein werden,während die feuchten und sumpfigenStandorte auf sehr wenige kleineFlächen reduziert bleiben. „Da istFreiburg keine Ausnahme“, sagtHans-Gerd Michiels von der Abtei-lung Waldökologie der ForstlichenVersuchs- und Forschungsanstalt, „dieletzten Refugien echter Sumpfwälderin Deutschland sind sehr klein. Auchim Mooswald tritt eine Banalisierungauf großer Fläche ein.“ Will heißen:Die Besonderheiten werden weniger,die weit verbreiteten, durch die Buchedominierten Mischwälder setzen sichmehr und mehr durch.

Im Mooswald geht es denn auchnicht darum, den ursprünglichenWaldzustand wiederherzustellen, son-dern darum, die für die heutigen Stan-dortbedingungen potenzielle natürli-che Vegetation zu erhalten oder wie-der anzusiedeln. Auch dies ist eineschwierige Aufgabe: Vor allem dieStieleiche leidet unter dem niedrigenGrundwasserstand und ist auf großerFläche geschwächt.

Noch steht ein großer Teil der altenEichen, die den Mooswald nicht nuraus ökonomischen Gesichtspunktenzu einem reichen Wald machen, son-dern auch aus ökologischen. So richtetsich heute ein Hauptaugenmerk derforstlichen Aktivitäten auf den Erhaltund die Verjüngung der Eichen. Aufden trockenen Standorten ist dieskaum mehr möglich. Aber dort, wodas Grundwasser nicht zu sehr gefal-len ist, bieten sich ihr gute Vorausset-zungen. Wenn also die Maßnahmengegen die Absenkung des Grundwas-sers fortgesetzt werden, können die ei-chenreichen Wälder erhalten werden.Das bedeutet für die aktuelle undkünftige Entwicklung des Moos-walds: Sein Schutz beginnt in der In-nenstadt.

Früher stand dem Mooswalddas Wasser bis zu den FüßenHeute prägt der gesunkene Grundwasserstand die Zukunft des ehemaligen Sumpfwaldes

Im Mooswald gibt es viel zuentdecken, zu erleben undanzuschauen. Hier ein paar Tipps und Anregungen:

Schon- und Bannwald „Bahnholz“Das östlich von Hochdorf in der Nord-westecke des Mooswalds gelegene 36Hektar große Bannwaldgebiet Bahnholzzeichnet sich durch besonders hoheGrundwasserstände aus. Hier haben sichReste eines echten Bruchwaldes mit derSchwarzerle als Hauptbaumart sowieKönigsfarn, Märzenbecher und Sumpf-seggen erhalten. In dem Totalreservatruht die forstliche Nutzung, um die Ent-wicklung zum „Urwald von morgen“ zuermöglichen.

Mittelwaldwirtschaft OpfingenWestlich des Opfinger Baggerseesbetreibt das Forstamt eine 25 Hektargroße Fläche in traditioneller Mittel-waldwirtschaft. Unter der Eiche als herr-schende Baumart wird der Hainbuchen-Unterwuchs im 20-Jahres-Rhythmus „aufden Stock gesetzt“ und damit Brennholzproduziert. Die teils mehrhundertjähri-gen Eichen dienen der Stammholzpro-duktion und der Eichelmast. Denn bis ins19. Jahrhundert hinein diente der Waldauch als Weidefläche für Rinder, Ziegenund Schweine. Diese Wirtschaftsform istheute nahezu ausgestorben und wurdeaus historischen und ökologischen Grün-den wiederbelebt.

Naturerlebnispfad RieselfeldDer insgesamt 5 Kilometer lange Pfadbietet auf 27 Stationen breite Informa-tionen zur Geschichte des Rieselfelds,

den Besonderheiten von Fauna und Florades Naturschutzgebietes, über die Wald-nutzung, den Obstanbau und die Bie-nenzucht. Auf den Freiflächen ergebensich gute Möglichkeiten für ornithologi-sche Beobachtungen. Ein Führer durchdas Naturschutzgebiet Rieselfeld ist beimUmweltschutzamt, Talstraße 4, gratis zubekommen.

Naturschutzgebiet HunnenbuckFreiburgs kleinstes Naturschutzgebiet istnicht leicht zu finden. Etwa 200 Metervor der Autobahn zweigt man von Frei-burg über die Opfinger Straße kommendnach links ab und entdeckt dort einennur etwa 10 Meter hohen Hügel im sonstflachen Gelände. Der Lößboden ermög-licht hier eine sehr große Artenvielfaltmit Märzenbecher, Türkenbundlilie,Faulbaum und Weißdorn, der hier baum-artige Dimensionen erreicht. Ein kleinerPfad leitet durch das 7 Hakter großeNaturschutzgebiet, das auch den moori-gen Auwaldbereich im Osten umfasst.

Naturschutzgebiet GaisenmoosDas 25 Hektar große Schutzgebiet beiTiengen zeichnet sich durch strukturrei-che Bruchwälder mit zahlreichen Quell-austritten aus.

Waldseilgarten am RieselfeldIn unmittelbarerNähe zum StadtteilRieselfeld liegt Frei-burgs erster Wald-seilgarten mit 10Hochseil- und 8 Nie-derseilelementen.Die Ausrüstung wieHelme und Sicher-heitsgurte verleihtder VeranstalterWaldseilgarten e.V..Das Mindestalter ist7 Jahre. InklusiveAusrüstung kostetdie Nutzung 25 Europro Person und Tag.Infos: Tel. 6964200.

BaggerseenMit einer Größe von 44 Hektar ist derOpfinger Baggersee der größte undbeliebteste Badesee in Freiburg.Während der Südteil für Badegäste aus-

gestaltet wurde, ist der Nordrand als Bio-topschutzzone ausgewiesen, die nichtbetreten werden darf. Vom Aussichts-punkt an der Nordostecke lassen sichFischreiher, Kormorane, viele Entenartenund vielleicht auch mal ein Eisvogel beider Jagd beobachten. Weitere Bagger-seen sind der kleine Opfinger See, derReutemattensee bei Tiengen, der Moos-weiher bei Landwasser, der Tuni- und derSilbersee am Autobahnknoten Nord undder Waltershofener See, der aber wegender Wasserqualität nicht zum Badengeeignet ist.

MundenhofSeit 40 Jahren zeigt das TiergehegeMundenhof Haustierrassen aus allerWelt. Der Naturerlebnispark am Randedes Rieselfeldes ist bei freiem Eintrittrund um die Uhr geöffnet. Anmeldun-gen und Informationen über die zahlrei-chen Sonderveranstaltungen unter Tel.201-6580.

Hütten und GrillstellenAn vielen Stellen gibt es im MooswaldGrillstellen und Hütten, die über dasstädtische Forstamt unter Tel. 201-6202gemietet werden können.

Trimm-Dich-StreckenAm Waldspielplatz Wolfswinkel begin-nen drei ausgeschilderte Laufstreckenmit 5, 10 und 21,1 Kilometer Länge. Wei-tere Waldlaufpfade befindet sich in derSeehau westlich der GewerbegebietsHaid, in Waltershofen bei den Sportplät-zen sowie beim Eugen-Keidel-Mineral-bad.

Hochanstehendes Grundwasser findet sich im Mooswald gelegent-lich im Winter und Frühjahr, wie hier am Schlatthofweg

Anders als klassische Auewälder, die gekennzeichnet sind durch regel-mäßige Überflutungen während der Hochwasserzeiten und Trocken-

phasen während des Niedrigwassers der Flüsse, sind die Sumpf- oderBruchwälder dauerhaft feucht bis nass. Auf den feuchtesten Standorten, andenen das Grundwasser an der Bodenoberfläche ansteht, wachsen unterden Erlen Walzen- und Sumpfsegge, die Sumpfdotterblume, das BittereSchaumkraut, der Kleine Baldrian, der Sumpf-Haarstrang und das Leber-moos. Auf den feuchten Standorten, wo das Grundwasser im Mittel 30 bis50 Zentimeter unter Flur steht, verdrängt die Esche die Erle alsHauptbaumart. Hier wachsen das Scharbockskraut, der Goldhahnenfuß,das Moschuskraut, die Schlüsselblume, der Bärlauch und das Bingelkraut.

Dort schließlich, wo das Grundwasser weiter unten steht – im Mittel 90Zentimeter unter der Oberfläche – wächst der Frauenfarn-Stieleichen-Hainbuchenwald, ein Mischwald, der dominiert ist von der Stieleiche. Da-neben finden sich Hainbuche, Esche und Erle, darunter Sauerklee, Stern-miere, Goldnessel, Flatterhirse, Buschwindröschen, Frauenfarn, Schar-bockskraut, Rasenschmiele und auf nährstoffärmeren Standorten auch derDornfarn und die Waldbrombeere.

Doppelt geschützthält besserDer Mooswald: Landschaftsschutz-und Natura-2000-Gebiet

Das Landschaftsschutzgebiet (LSG)„Mooswald“ mit einer Größe von

44 Quadratkilometern umfasst dennördlichen und südlichen Mooswaldmit dem dazugehörenden Offenland,den Nordhang des Schönbergs sowiedie Höhen des Marchhügels. Vorran-gige Schutzzwecke, so die Verordnungdes Regierungspräsidiums vom Mai2006, ist „die Erhaltung und Sicherungeines leistungsfähigen Naturhaushalts,die Erhaltung von Vielfalt und Schön-heit der Landschaft mit seinen charak-teristischen Lebensgemeinschaftenund die Sicherung des Gebietes als Er-holungsraum“. Im Gegensatz zu Natur-schutzgebieten ist im LSG eine Nut-zung (z. B. Forst- oder Landwirtschaft)nicht ausgeschlossen, jedoch darf derCharakter des Gebietes hierdurchnicht nachteilig verändert werden.

Mit der Vogelschutzrichtlinie von1979 und der Fauna-Flora-Habi-

tat (FFH) Richtlinie von 1982 habensich die Mitgliedsstaaten der Europäi-schen Union schon früh auf gemein-same Ziele zum Naturschutz geeinigt,die im europäischen SchutzgebietsnetzNATURA 2000 mündeten. Das Land-schaftsschutzgebiet Mooswald wurdenahezu flächendeckend für diesen Ver-bund gemeldet. Entscheidend dafürwaren Vorkommen der Lebensraumty-pen „Auwald mit Erle, Esche, Weide“sowie „Sternmieren-Eichen-Hainbu-chenwald“ sowie die Vorkommen vonHirschkäfer, Heldbock, Bech-steinfledermaus und Großes Mausohr.

Nicht zuletzt das Vorkommen desseltenen Mittelspechts war es, was dasLand Baden-Württemberg dazu ver-anlasste, den Mooswald auch als eu-ropäisches Vogelschutzgebiet zu mel-den. Neben dem Mittelspecht kom-men im Mooswald Buntspecht, Grün-und Grauspecht, Schwarz- und Klein-specht vor. Und die nicht mehr vonden Spechten genutzten Höhlen wer-den anschließend von einer Vielzahlanderer Tiere wieder besiedelt: VonHohltaube und Waldkauz genauso wievon Fledermäusen, vom Siebenschlä-fer bis hin zu Hornissen. Im Moos-wald konnten einige seltene Fleder-mäuse, etwa die Bechsteinfledermausund der Große Abendsegler, nachge-wiesen werden.

Der tiefe, morastige Boden mit sei-nen zahlreichen Tümpeln, feuchtenSenken und kleinen Seen ließ zwarlange Zeit keine geregelte Bewirt-schaftung zu, um so mehr aber bot erLebensraum für viele Amphibien undInsekten. Bis heute finden sich derGras- und der Laubfrosch, die Erd-kröte, die Gelbbauchunke, der Faden-molch und der Bergmolch in denfeuchten Refugien des Waldes. Unddies, obwohl in Deutschland insge-samt nur 21 Amphibienarten bekanntsind, von denen 14 auf der Roten Listeder vom Aussterben bedrohten Artenzu finden sind. Auch viele Insektenar-ten leben in den feuchten Zonen desWaldgebietes, unter ihnen die Blau-grüne Mosaikjungfer, die Helm-Azur-jungfer, die Streckerspinne, derKleine Blaupfeil, die gebänderte Hei-delibelle, der Plattbauch, der Schwal-benschwanz, die Erd- und die Stein-hummel.

DER SUMPFWALD

Der Gesundheitspolizist im Moos-wald heißt Schwarzmilan undernährt sich zumeist von krankenoder toten Tieren. Der strenggeschützte Greifvogel überwintertin Afrika und brütet hierzulandezwischen März und Juli in hohenBäumen, vorzugsweise in Auewäl-dern.

Keine Angst vor Insektenstichen hat derWespenbussard, der mit Schuppen an denFüßen und Federchen rund um die Augengeschützt ist. Pernis apivoris (bienenfres-send) brütet in alten Baumbeständen undverbringt die hier insektenarme Winterzeitim tropischen Afrika.

Größte Rarität im Moos-wald ist der Mittelspecht,der alte Eichen für seineBruthöhlen benötigt. Aufseinen Speisezettel stehenInsekten, die er im Totholzaufspürt.

Der Riese unter den Spechtenheißt Schwarzspecht, trägt einerote Kappe und ist ein kräftigerZimmermann. Die strenggeschützte Art lebt in ausgedehn-ten Buchenwälder und ernährtsich wie alle Spechte von Insek-ten.

Eine graziele Künstlerin ist die Streckerspinne,die am liebsten in Gewässernähe ihr Netz baut.Mit dem langgestreckten Hinterleib mit brau-nem Mittelstrich ist sie unverwechselbar.Einen besonderen Schutz genießt die Art nicht.Vorsicht bissig! Der Balkenschröter verfügt über

besonders kräftge Kiefer und kann durchaus dieHaut durchbeißen. Der 3 Zentimeter große Kraft-zwerg findet sich in morschem Holz, wo er seineEier ablegt. Er ernährt sich von Baumsäften undBlättern.

Ein Blindflieger ist, wie alle Fledermäuse, auchdie Bechsteinfledermaus, die sich am Echo ihrereigenen Rufe orientiert. Die äußerst seltene undstreng geschützte Art lebt noch im Mooswaldmit seinen vielen Spechthöhlen, die ihr als Kin-derstube dienen. Den Winter verbringt sie infrostsicheren Höhlen.

Anziehende Düfte verbreitet das Kaisermantel-männchen und lockt so die Weibchen an. Diegeschützte, aber verbreitete Art kann man imMooswald auf Blüten des Wasserdostes undverschiedener Disteln entdecken. Die Falter mitdem auffällig orange-braunen Muster habeneine Spannweite von 5 bis 6 Zentimetern.

Schnell, wendig und scheu ist derFeldhase, den zwar jeder kennt,aber der sich nur selten zeigt. Dasliegt auch daran, dass dasLangohr unter der Intensivland-wirtschaft leidet und sein Bestandstark zurückgegangen ist. VieleJäger verzichten deshalb auf dieBejagung.

Der rostfarbene Dickkopffaltermag es warm und sonnig. An denWaldrändern des Mooswalds kannman das 3 Zentimeter große Tieran Distelblüten entdecken.

ANSCHAUEN UND ERLEBEN

NATURSCHUTZ UND ERHOLUNG: DAS LANDSCHAFTSSCHUTZGEBIET MOOSWALD

Page 3: Landschaftsschutzgebiete, Naturdenkmale und Der Mooswald€¦ · March, in Umkirch und auch im Frei-burger Industriegebiet Nord. Ende der 1970er Jahre war das Grundwasser so weit

Redaktion und Inhalt: Presse- und Öffentlich-keitsreferat, Rathausplatz, 79098 Freiburg, Tel. 0761/201-1340, -1341 E-Mail: [email protected] Betreuung: Umweltschutzamt79102 Freiburg, Talstraße 4 Verantwortlich: Walter Preker, OB-BüroTexte: Stephan Guenther, Andreas BraunFotos: A. Braun, R. Buhl, G. Süssbier, Landesanstalt für Umwelt Baden-WürttembergVerlag: Freiburger StadtkurierVerlagsgesellschaft mbHBismarckallee 8, 79098 FreiburgHerstellung: Freiburger Druck GmbHErscheinungsdatum: Juni 2008

Schwierige Balance zwischen Holzproduktion und Naturschutz Die Forstwirtschaft muss heute vielen Ansprüchen gerecht werden

WEITERE INFORMATIONEN

Seit 1999 ist der städtische Forstbe-trieb mit dem Mooswald als erster

in Baden-Württemberg FSC-zertifi-ziert. Das Siegel der regierungsunab-hängigen und internationalen Organi-sation „Forest Stewardship Council“(FSC) erhalten nur Wälder, die gleich-zeitig umweltgerecht, wirtschaftlichtragfähig und sozial verantwortungs-voll bewirtschaftet werden. FSC folgtdamit im Wesentlichen den forstwirt-schaftlichen Grundsätzen der Nach-haltigkeit, geht aber in einzelnen Be-reichen noch darüber hinaus. DerMooswald erfüllt als ökologisch wert-voller, stadtnaher und ertragreicherWald mehr als viele andere Wälderalle drei Funktionen gleichzeitig: DenNaturschutz, die nachhaltige forstli-che Nutzung und die Erholung. DieBewirtschaftung des Waldes folgt al-len diesen Erfordernissen.

Schon im Mittelalter wurde dasHolz des Mooswaldes genutzt, oft inForm der Niederwaldwirtschaft, beider die Bäume im 20-Jahres-Rhyhmus„auf den Stock gesetzt“, also abge-schlagen wurden. Die Baumarten, dieaus den verblieben Stöcken austreibenkönnen, bildeten in den folgendenJahrzehnten wieder einen neuen„Stockschlagwald“, der vor allemBrennholz lieferte.

D e r W a l d h a t e i n l a n g e s G e d ä c h t n i s

Aus den Niederwaldflächen ent-stand schon bald der Mittelwald, eineWaldbauform, bei der über einergleichaltrigen, nach dem Muster desNiederwaldes genutzten Unterschichtaus Hainbuche eine Oberschicht mitEichen und Ulmen wächst. Im Gegen-satz zu den kurzfristig genutzen Bäu-men des Unterstands, ließ man die Ei-chen über lange Zeiträume stehen,weil sie dann sowohl wertvolles Bau-holz lieferten als auch Eicheln, die zurSchweinemast genutzt wurden.

Teile des Mooswaldes sind bisheute durch diese Mittelwaldwirt-schaft geprägt, denn auch wenn siekaum mehr danach bewirtschaftetwerden, hat der Wald ein langes Ge-dächtnis. Die alten Mooswald-Eichensind Relikte aus dieser Zeit. Heutesind sie die Grundlage für wertvolleBiotope, in denen seltene Arten wie

der Mittelspecht, der Hirschkäfer undFledermäuse vorkommen.

Heute wird der Mooswald, wie alleanderen Wälder auch, überwiegendals Hochwald bewirtschaftet, diekurzfristigen Nutzungen wie im Nie-der- und Mittelwald fehlen. AlleBäume wachsen zu Hochstämmenheran und erreichen ein hohes Alter.Ziel der Forstwirtschaft ist eine stand-ortgerechte und naturnahe Baum-artenzusammensetzung, die im Aue-und Sumpfwald besonders vielfältigist: Von Erle, Weide, Pappel über Es-che, Ahorn, Linde und Ulme bis hin zuEiche und Hainbuche kommen aufden frischen bis nassen Standorten des

Mooswaldes fast alle LaubbaumartenMitteleuropas vor. Entsprechend auf-wändig sind die Vorgaben für eine na-turnahe Forstwirtschaft: Je nachKlein- und Kleinststandort werdeneinzelne Baumarten gefördert, dieauch sehr unterschiedliche Alter errei-chen. Während die Eiche gut 200Jahre alt werden kann, werden dieWeichhölzer Weide, Pappel und Erleschon nach 60 bis 80 Jahren geerntet.

Der FSC-Standard verbietet es, dieWälder mit schweren Erntemaschinenflächenhaft zu befahren, weil dies Bo-den und Vegetation schädigen kann.Für die Forstwirtschaft bedeutet dieseinen höheren Arbeitsaufwand und

damit höhere Kosten. Nur durch eineerhöhte Nachfrage nach zertifiziertemHolz können diese Wettbewerbsnach-teile, zum Beispiel gegenüber Forstbe-trieben in Nord- und Osteuropa aufge-fangen werden.

Ein kleiner Bereich im nordwestli-chen Teil des Mooswaldes – zwischenZubringer Nord und Autobahn – ist alsBannwald ausgewiesen. In Baden-Württemberg sind Bannwälder Total-reservate der Forstverwaltungen, indenen jede Nutzung unterbleibt. DieseBannwälder dienen der wissenschaft-lichen Erforschung natürlicher Ab-läufe und als Rückzugsgebiet für be-drohte Tier-, Pflanzen- und Pilzarten.

„Der Mooswald – ein Führer durchs Jahr“ so heißt ein 36 Seiten starkes Büchlein,das der Verein „Schutzgemeinschaft Frei-burger Mooswald“ herausgegeben hat.Hier finden sich Vorschläge für Wande-rungen und Spaziergänge durch denMooswald. Das Buch ist für 5 Euro imFreiburger Buchhandel und beim Forst-amt erhältlich. Die SchutzgemeinschaftFreiburger Mooswald, VereinsvorsitzendeFr. Maass, ist unter Tel: 82136erreichbar.

„Die Mooswälder, Natur- und Kultur-geschichte der Breisgauer Bucht“ Monografie des Mooswalds mit zahlrei-chen Beiträgen zu Geologie, Landschaft,Geschichte, Vegetation, Tierwelt, Grund-wasser, Klima, Siedlungen und Flurna-men; erscheint im Lavori-Verlag Freiburgim September 2008, 680 Seiten, Preis29,80 Euro

Broschüre „FreiburgerWaldansichten“Das vom Fortsamt herausgegebene Heftinformiert auf 40 Seiten über dieGeschichte und Gegenwart der FreiburgerForstwirtschaft und die Funktionen desWaldes. Es ist gratis beim Forstamt, Gün-terstalstr. 71, Tel: 201-6201, zu bekommen.

UmweltschutzamtAuskunft zu Landschaftsökologie undNaturschutz: Herr Lehn, Tel: 201-6120. Weitere Informationen finden sich auchim Internet unterwww.freiburg.de/umweltschutzForstamt im Internet Informationen über den Stadtwald, dieÖkologie, Jagd, Holzverkauf, Freizeit undehrenamtliches Engagement finden sichunter www.freiburg.de/forstamt

Vermietung von Grillplätzenund WaldhüttenStädtisches Forstamt, Günterstalstraße71, Tel: 201-6201

Forstrevier MooswaldHr. KrämerIm Wolfswinkel 37, Tel: 84711

Forstrevier St. GeorgenHr. MenzingerAumattenweg 37, Tel: 4309876

Forstrevier OpfingenHr. MüllerTiengener Str. 4, Tel: 4765965

NaturschutzbeauftragteDie Naturschutzbeauftragten sind derUnteren Naturschutzbehörde zugeord-net und beraten und unterstützen dieBehörden bei allen umweltrelevantenPlanungen. Für den Bereich Mooswaldsind zuständig:Herr Hoffrichter, Tel. 203-2582, 30642Herr Wossidlo , Tel: 208-1452

AG FledermausschutzDie Arbeitsgemeinschaft widmet sichdem Schutz der heimischen Fledermäuse.Kontakt: Hr. Hensle, Tel: 286431

Während früher imWald „jedesStöckchen“ genutztwurde, lässt das Forst-amt heute einen Teildes Baumbestands vonselbst absterben undschafft mit dem Totholz(Bild oben) interes-sante und selteneLebensräume. Wie vorhundert Jahren (Bildlinks) begeisternjedoch auch heute nochwertvolle Mooswald-Alteichen die Förster

Einem verirrten Meeresbewohnerähnelt der Tintenfischpilz, der Anfangdes letzten Jahrhunderts aus Austra-lien nach Europa eingewandert ist.Sein pestilenzartiger Geruch locktInsekten an, die seine Sporen verbrei-ten.

Der biblische Stab desAron war Namensgeberfür den Aronstab. DiePflanze lockt mit ihremGeruch Insekten an, diein die Blatttüte fallenund dort die Blütebestäuben.

Mit der Nase zu finden ist der Bär-lauch, der die Mooswälder stellen-weise mit einem dichten Teppichüberzieht. Die nach Knoblauch rie-chende Pflanze ist nicht geschütztund wird als Gemüse oder Gewürzverwendet. Vorsicht beim Sammeln:Die Blätter nicht mit giftigenMaiglöckchenblättern verwechseln.Naturschutzrechtlich darf man nurkleine Mengen für den Eigenbedarfpflücken.

Die Eiche, „der deutsche Baum“,verdankt seinen guten Ruf demvielseitig verwendbaren Holz. Daszähe und witterungsbeständigeEichenholz wird als Bauholz, fürMöbel, Eisenbahnschwellen undFässer gebraucht. Von den beidenEichenarten bevorzugt die Stielei-che (Eicheln an Stielen) die Niede-rungen, die Traubeneiche das Berg-und Hügelland. Im Mooswald bil-det die Eiche das „Waldgerüst“.

Nicht selten, nicht besonders geschützt, abereine auffallende Schönheit ist der Salomonssie-gel mit seinen vielen weißen Blüten. Die bis zueinem halben Meter hohe Pflanze besiedeltfeucht-warme, schattige Standorte und ist imMooswald überall zu finden. Sie gehört zurFamilie der Maiglöckchengewächse und ver-strömt wie diese einen wohltuenden Geruch.

Vogelschutz durchbehutsameWaldwirtschaftInterview mit dem OrnithologenFrank Hohlfeld

Im Mooswald gibt es viele überausseltene Vogelarten. Über die Mög-

lichkeiten und Schwierigkeiten sie zuschützen, sprachen wir mit FrankHohlfeld. Der promovierte Biologe ar-beitet seit 20 Jahren als Ornithologe,also Vogelkundler, und kennt sich mitder Vogelwelt des Mooswaldes, in demer immer wieder arbeitet, gut aus.

Amtsblatt: Was macht den Moos-wald für einen Ornithologen eigent-lich so interessant?

Hohlfeld: Es ist vor allem diegroße Waldfläche mit einem hohenAnteil von Tot- und Altholz sowie ei-ner naturnahen Baumartenzusam-mensetzung, die den Mooswald so ar-tenreich macht. Das gilt im besonde-ren für die Vogelwelt, die im Unter-schied zu vielen anderen Waldgebie-ten hier besonders vielfältig ist.

Welche Arten sind denn charakteri-stisch für den Mooswald?

Da ist an ersterStelle sicherlich derMittelspecht zu nen-nen, außerdem derSchwarzspecht undder Grauspecht. Esgibt Baumfalken, denSchwarzmilan unddie Waldschnepfe.An den Gewässernkommt der Eisvogelvor und das Naturschutzgebiet Arles-heimer See dient vielen Enten- undReiherarten als Winterquartier. An denWaldrändern kann man auch die Nach-tigall oder den Pirol antreffen.

Was muss getan werden, um die Vo-gelwelt zu schützen?

Die Bewirtschaftung des Waldesspielt eine entscheidende Rolle. Diehohe Artenvielfalt zeigt, dass dieForstwirtschaft hier ganz im Sinneder Ökologie handelt. Zum Beispiellegen die Mooswaldförster großenWert darauf, dass genügend Totholzim Wald bleibt. Die nachhaltige, be-hutsame und die Belange des Natur-schutzes berücksichtigende Forstwirt-schaft sollte nach Möglichkeit fortge-setzt werden.

Die noch vorherrschenden Altei-chen sind aber in Gefahr und damitder Lebensraum und die Nahrungs-quelle vieler geschützter Arten. Woliegen die Ursachen?

Das Eichensterben hat sicher ver-schiedene Ursachen. Das Absinkendes Grundwasserspiegels dürfte einesein; aber auch die Luftverschmut-zung, der Temperaturanstieg infolgedes Klimawandels und die Verände-rungen im Nährstoffhaushalt durchIndustrie, Landwirtschaft und Verkehrspielen eine Rolle.

Lässt sich das Problem durch An-pflanzen junger Eichen lösen?

Es wird versucht, ist aber relativteuer. Außerdem sind die jungen Ei-chen durch die Konkurrenz andererschnellwachsender Baumarten gefähr-det. Sicher wird es eine zeitliche Lückegeben, wenn die Alteichen abgestorbensind und die jungen Eichen noch nichtderen Dimensionen erreicht haben. Indiesem Zeitraum dürfte es für Mittel-specht, Hirschkäfer oder andere Alt-holzbewohner eng werden.