Langsam, aber beharrlich erobern Frauen die Chefetagen€¦ · Auch Tahmina Rothgangel setzt auf...

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Bunte Ausnahme bei den Brummis D as Geschäft mit Lastwagen ist fest in der Hand von Männern. Auf den Führungsebenen sind Manager in dunklen Anzügen und Kra- watten fast unter sich. Daniela Gerd tom Markotten ist eine bunte Ausnah- me bei den Brummis. Die Daimler-Ma- nagerin mag die etwas hemdsärmeligen Umgangsformen in der Lkw-Sparte, die stets gepaart seien mit großem Team- geist. „Wenn ich mit Lkw-Kollegen zu tun hatte, war das immer sehr pragma- tisch, nach dem Motto: Wir müssen eine Lösung finden. Das hat mir gut ge- fallen“, erzählt die Managerin. Nun soll sie für die Lkw-Sparte den Weg in die di- gitale Zukunft frei machen und attrakti- ve neue Geschäftschancen erschließen. Seit April vergangenen Jahres leitet die IT-Ex- pertin in der Truck- Sparte den neuen Be- reich Digital Solutions & Services. Daniela Gerd tom Markotten stammt aus Ostwestfalen und ist im Laufe ihres Studiums und ihrer Karrie- re viel in der Welt und in den verschie- denen Sparten des Stuttgarter Auto- konzerns herumgekommen: Sie hat in Karlsruhe Wirtschaftsingenieur stu- diert, dort gemerkt, „dass mir Informa- tik sehr viel Spaß macht“, und in Frei- burg promoviert. Während des Stu- diums verbrachte sie ein Auslandssemester in Costa Rica, die Diplomarbeit schrieb sie bei einem deutsch-chinesischen Joint Venture. Es ging dabei um die Optimierung von Pro- zessen. „Da habe ich auch kulturell viel gelernt“, berichtet die 42-jährige Mana- gerin. Als Trainee bei Daimler-Chrysler arbeitete sie in Japan im Einkauf bei der damaligen Konzerntochter Mitsubishi Motors und in der Produktionsplanung bei Chrysler in Auburn Hills. Darauf folgten verschiedene IT-Projekte an verschiedenen Standorten, ein Wechsel ins Marketing, wo der Internetauftritt von Daimler entwickelt wurde. Ab Ende 2014 leitete sie schließlich das Lkw-Auftragszentrum in Wörth, wo geplant wird, wann welches Fahrzeug produziert werden muss, damit es der Kunde genau dann bekommt, wenn er es braucht. Zu diesem Bereich gehörte auch die Daimler-Tochter Fleetboard, die telematikgestützte Internetdienste anbietet. „Ich hatte den Eindruck, dass man aus dieser Telematiklösung viel mehr machen könnte“, sagt die Daim- ler-Managerin. So entstand schließlich der neue Bereich Digital Solutions & Services. Fleetboard bildet mit heute etwa 250 Mitarbeitern den Kern des neuen Be- reichs. Fleetboard stellt Daten rund um Fahrer, Fuhrpark und Auftragsabwick- lung bereit, mit denen der Einsatz der Lastwagen optimiert und die Kosten ge- senkt werden können. Die neue Digital- chefin der Truck-Sparte hat nun damit begonnen, ein Team von zunächst 40 Mitarbeitern aufzubauen, das neue digitale Dienstleistungen rund um den Lkw entwickelt. Die von Fleetboard gesam- melten Daten sollen die Basis für neue Serviceangebote sein. Im Mercedes- Lkw seien 400 Sen- soren verbaut, sagt Gerd tom Markot- ten. Die Analyse der Datenströme könne beispielsweise Hinweise da- rauf geben, dass ein Schaden droht. Mit einer kleinen vorsorglichen Wartung könne dann vermieden werden, dass der Lastwagen lie- genbleibe und hohe Reparaturkos- ten fällig werden. Kostenvorteile bringe auch eine Internetplatt- form, über die Transporte vermit- telt werden. Die Spedition könne so bei der Routenplanung Emp- fehlungen erhalten, wo zusätzli- che Ladung aufgenommen wer- den kann. Zudem entwickelt Daimler einen App Store für Lkws. So wurde etwa gemeinsam mit dem Kipperhersteller Dautel eine sogenannte Schüttkegel- App entwickelt, mit deren Hilfe der Fahrer schon vor dem Abla- den über die Rückfahrkamera erkennen kann, wie viel Platz er für sein Schüttgut benötigt. Dies erleichtert das Rangieren und macht es überflüssig, dass etwa Kies anschließend umständlich mit Baumaschinen oder mit Schaufeln umgeschichtet wer- den muss. Daniela Gerd tom Markotten hat ein ehrgeiziges Ziel: „Wir wollen das Transport- und Logistikgeschäft zusammen mit unse- ren Kunden revolutionieren.“ Anders sei die sich abzeichnende Marktent- wicklung nicht zu bewältigen. Bis 2050 werde sich der Transportmarkt ver- dreifachen. „Wir müssen effizienter werden, um dieses Transportvolumen bewältigen zu können. Dafür ist die Di- gitalisierung der Schlüssel“, schwärmt die Daimler-Managerin. Ob aus dem Digitalbereich der Truck-Sparte in einigen Jahren eine richtige Tochtergesellschaft mit eini- gen Tausend Mitarbeitern werden kann, lässt sie offen: „Schauen wir mal. Wir machen uns jetzt auf den Weg. Mit jeder neuen Idee werden wir wachsen“, meint die Digitalchefin. hap Es tut sich was im Land E s tut sich was im Land im Hinblick auf die Rolle der Frauen im Berufsleben. Als Präsidentin des Statistischen Lan- desamts Baden-Württemberg kann Carmi- na Brenner das mit Zahlen untermauern: „Aus dem Mikrozensus wissen wir, dass heute rund 72 Prozent der Frauen erwerbs- tätig sind. 1991 lag die Quote bei knapp 60 Prozent.“ Auch bei Frauen mit Kindern hat sich etwas bewegt. Aber: „Das Plus geht über- wiegend auf den großen Zuwachs im Be- reich Teilzeitarbeit zurück“, sagt Brenner. Teilzeitarbeit gilt nicht gerade als karriere- fördernd. Laut Mikrozensus arbeiteten 2012 in Baden-Württemberg 48,8 Prozent der Frauen, aber nur zehn Prozent der Männer nicht in Vollzeit. Die frühere CDU-Land- tagsabgeordnete aus dem Wahlkreis Freudenstadt und ehemalige Wirt- schaftssprecherin der Landtagsfraktion ihrer Partei hat Positives zu ver- melden: Die Qualifikation der erwerbstäti- gen Frauen wird immer besser. In der Al- tersgruppe der 30- bis unter 35-Jährigen haben 28,9 Prozent eine Hoch- oder Fach- hochschulreife. „Damit haben sie die Män- ner mit 28,4 Prozent überholt.“ Das gilt üb- rigens auch für die Meister- oder Techni- kerausbildung. Bei der Besetzung von Führungsposi- tionen sind Frauen jedoch kaum voran- gekommen. Sie stellen 28 Prozent der Führungskräfte in Baden-Württemberg. „In Deutschland insgesamt haben Frauen schon 30 Prozent erreicht.“ Aus den Verdiensterhebungen des Lan- desamts über 60 Branchen geht ferner her- vor, dass Frauen über alle Altersgruppen hinweg im Durchschnitt 26 Prozent weni- ger verdienen als Männer. Das ändert sich mit der besser werdenden Qualifi- kation der Frauen nicht zwangs- läufig . „Die Branche bestimmt das Gehalt. Ebenso wie der Umfang der Beschäftigung und andere Faktoren der Erwerbsbiografie“, weiß Brenner. Frauen weisen da mehr Lücken auf, weil sie wegen der Kindererziehung oft vorüber- gehend ausscheiden, häufiger als Männer Elternzeit nehmen oder später Teilzeit arbeiten. „Diese Jahre fehlen im Erwerbsleben und können kaum mehr aufgeholt werden“, sagt sie. Außerdem gibt es noch immer ty- pische Frauen- und Männerbe- rufe. „Den größ- ten Frauenanteil mit 81 Prozent gab es 2015 nach dem Mikrozen- sus bei den me- dizinischen und nicht-medizini- schen Gesundheitsberufen.“ Und die sind schlechter bezahlt als die meisten männerdomi- nierten Branchen, weiß Brenner, die Betriebs- und Volkswirt- schaft sowie Germanistik in Tü- bingen und in den USA studiert hat. Trotz Girls’ Days und ähnlicher Aktionen „gibt es da unterm Strich wenig Veränderungen“. Das zeigt sich auch bei den Selbstständi- gen. Der Anteil der Frauen, die in einem freien Beruf arbeiten, wuchs zwischen 2005 und 2015 von 28 auf 32 Prozent. Weibliche Gründer (ohne freie Berufe) sind „stark in allen Dienstleistungsbereichen und im Gesundheits- und Sozialwesen ver- treten“, stellt Brenner fest. Nach Ansicht der gebürtigen Horberin ist das Thema Beruf und Familie „eine Daueraufgabe. Baden-Württemberg ist da nicht Trendsetter, folgt aber einem Trend in den hochspezialisierten Industrienatio- nen. Die vielen Projekte unserer Familien- forschung im Statistischen Landesamt zei- gen dies.“ Da seien „natürlich“ auch die Männer gefragt. „In Deutschland arbeiten bisher nur fünf Prozent der im Manage- ment tätigen Männer in Teilzeit, in Groß- britannien sind es acht Prozent, in den Nie- derlanden zwölf Prozent“, zitiert sie aus dem „Familienreport Väter“. bl Potenzial der Gründerinnen Langsam, aber beharrlich erobern Frauen die Chefetagen W elches Potenzial in Frauen als Gründerinnen steckt, zeigt nicht nur das Beispiel der Vor- zeigeunternehmerin Saskia Biskup. Das von ihr im Umfeld der Universität Tübin- gen gegründete Biotech-Unternehmen Cegat, das Genomanalysen zur geziel- teren Behandlung von Erbkrankheiten oder Krebs erstellt, gewann jüngst den baden-württembergischen Landespreis als erfolgreichstes junges Unternehmen, bekam 2011 den deutschen Gründerpreis für das beste deutsche Start-up-Unter- nehmen, wurde 2013 zum Entrepreneur des Jahres gewählt und holte 2014 den Women Innovation Price der EU. „Die einzige Chance, unseren Vorsprung zu nutzen, war eine private Finanzierung“, sagt sie. Um die Universitäten Heidelberg, Karlsruhe, Freiburg und Tübingen ent- stehen immer wieder Medizintechnik- Gründungen. Auch da sind Frauen da- bei. Ein Beispiel ist der Gewinner des CyberOne Hightech Awards Baden- Württemberg, dem zentralen Business- plan-Wettbewerb der Hightech-Branchen. Die Biologin Andrea Hoffmeister und die Betriebswirtin Barba- ra Eberbach gehören zum Team um den Biochemiker Florian Kreppel, das Teil der Abteilung Gentherapie des Universitätsklinikums Ulm ist, aber eine Ausgründung plant. Ihr Biotech- Spinoff Ad-O -Lytics nutzt die Prinzi- pien der Natur zur Krebsbekämp- fung und setzt Viren ein, um bösarti- ge Krebszellen zu infizieren und zu zerstören. Für diesen nebenwir- kungsarmen Therapieansatz bekam das Team den Preis. Die Tourismusmanagerin Laura Kutter aus Backnang hat mit ihrer Schwester die „Tour de sens“ gegründet. Blinde, Sehbe- hinderte und Sehende, oft im Senioren- alter, reisen zusammen in Städte, Berg- landschaften, zum Wandern oder ans Meer, „um das Trentino zu riechen, Andalusien zu hören, Nordspanien zu fühlen oder Por- tugal zu schmecken“. Das Angebot hat Prei- se wie den Touristikpreis bei der CMT in Stuttgart oder eine Auszeichnung für bei- spielhafte Inklusionspraxis erhalten. Zu den vielen älteren Gründern im Land gehört Ramona Damske. Mit 50 Jahren war die ehemalige „Schlecker-Frau“ 2012 eine Spätgründerin. Im Baiersbronner Ortsteil Mitteltal führt sie den früheren Schlecker- Markt mit neuem Konzept weiter. Mit gro- ßem Erfolg. Zwar bestellen auch ältere Kunden viel übers Internet, viel wichtiger für sie ist aber häufig der Einkauf als Mög- lichkeit zur Kommunikation. Wenn der nächste Laden weit entfernt ist und man kein Auto mehr hat, wird das schwierig. Einkaufsmöglichkeiten am Ort sind daher von zentraler Bedeutung. Und die bietet Ramona Damske. Vielen betagten Kunden liefert sie die Waren sogar nach Hause. Die gelernte Arzthelferin Betül Celik hat 2015 in Stuttgart den interkulturellen Pflegedienst Ikra gegründet. Die türkisch- stämmige Deutsche wendet sich an die wachsende Zahl von Pflegebedürftigen aus anderen Kulturen. Gleichzeitig demons- triert sie, welches Potenzial Migranten oder Deutsche mit Migrationshintergrund angesichts der demografischen Entwick- lung hierzulande haben: „Das Marktpoten- zial ist riesig“, sagt die 31-Jährige. „Um aber türkische, griechische und italienische Kunden zu erreichen, muss man die Spra- che der Pflegebedürftigen sprechen.“ Auch Tahmina Rothgangel setzt auf In- terkulturalität. Sie leitet drei Krippen und einen Kindergarten in Stuttgart, ein zwei- ter folgt bald. Während ihrer Ausbildung zur Erzieherin träumte die heute 36-jährige Mutter einer Tochter von einem bilingualen Konzept, bei dem die Kleinen spiele- risch an Deutsch oder Eng- lisch als Zweitsprache he- rangeführt werden sollten. Gedacht, getan. 2010 eröff- nete sie in Stuttgart die erste bilinguale Kindertagesstätte. Rothgangels Kindervil- la GmbH setzt auf ein Konzept, bei dem die Kinder mit gelernten Pädagogen, Native Speakern, auf spielerische Weise und in Verbindung mit kreativen Ansätzen zwei- sprachig erzogen werden. Jede Gruppe wird von drei Pädagogen und einer Assis- tentin betreut. Zu elternfreundlichen Öff- nungszeiten zwischen 7.30 und 18.30 Uhr lernen die Kleinen mit neuen Medien wie Tablets, bekommen Klavier- oder Ballett- unterricht oder gehen zum Schwimmen. Die Eltern schätzen auch, dass es nur weni- ge Schließtage gibt. Bei Bedarf wird eine Samstagsbetreuung angeboten, im Kinder- garten wird unterschieden zwischen Kin- dergarten- und Vorschulkindern. Eine gute Verpflegung mit Mahlzeiten aus der eige- nen Küche rundet das Angebot ab. Ihr Mann arbeitet nebenberuflich mit. Zusam- men mit einer Buchhalterin sowie dem pä- dagogischen und dem Reinigungspersonal beschäftigt die Erzieherin und Geschäfts- führerin 50 Mitarbeiter. „Angebote wie diese gibt es in Stuttgart wenige. Das war eine echte Marktlücke“, sagt die im afghanischen Kabul geborene Frau. Rothgangel träumt nun von der Einrichtung einer zweisprachigen Grundschule. Ihre Schützlinge werden ja älter. bl Carmina Brenner ist Präsidentin des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg. Traum von einer besseren Welt A ls Antje von Dewitz 1998 in das Unternehmen ihres Vaters einstieg, war sie schwanger. Inzwischen hat sie vier Kinder. Sie war immer berufstätig. 2009 übernahm sie sogar die Führung des Tettnanger Outdoor-Sportartikel-Herstel- lers Vaude. „Ich habe nie ohne Kinder ge- arbeitet“, sagt die studierte Kulturwirtin und promovierte Ökonomin. Die quirlige Managerin kennt daher das Thema Verein- barkeit von Familie und Beruf aus eigener Erfahrung. Bei einem Frauenanteil von 60 Prozent war Familie immer ein Thema in der Firma. Mangels Betreuungsmöglich- keiten setzten früher viele Mitarbeiterin- nen nach der Geburt jahrelang aus. Dazu trugen in der Provinz auch Vorbehalte bei. „Rabenmütter“ hatten kein gutes Image. Schon früh richtete man bei Vaude ein Kinderhaus ein, in dem heute Kinder von sechs Monaten bis zu zehn Jahren betreut werden. Doch von Dewitz hält nichts von Einzelmaßnahmen, sie setzt auf Ganz- heitlichkeit. Als Anhänge- rin der Gemeinwohlöko- nomie (GWÖ) sollten nach ihrer Ansicht Unterneh- men nicht nur nach ökono- mischen, sondern auch nach gesellschaftlichen und ökologischen Krite- rien bewertet werden. Dass dies nicht nur graue Theo- rie ist, zeigt die schier un- ermessliche Zahl von Auszeichnungen, die das Unternehmen erhalten hat – für Nach- haltigkeit, Umweltfreundlichkeit, soziales Engagement und Familienfreundlichkeit. Wichtig sind von Dewitz die Auszeichnung als „Deutschlands nachhaltigste Marke“ (2015) sowie der DNWE-Preis für Unter- nehmensethik und der Family Award für die familienfreundlichste Unternehmens- kultur von der Unternehmensberatung A. T. Kearney. Die 44-Jährige legt großen Wert darauf, das Engagement selbst vorzuleben. Ihre eigenen vier Kinder besuchten das 2001 er- öffnete Kinderhaus. Mitarbeiter können flexibel Teilzeit arbeiten, zwischen 15 und 95 Prozent. Elternzeiten werden von fast allen Männern wahrgenommen, oft deut- lich länger als die üblichen zwei Monate. Von Dewitz’ Lebensgefährte ist seit mehre- ren Jahren Hausmann und hat gerade das Wohnhaus komplett renoviert. Das Enga- gement geht aber noch viel weiter. 2008 hat Vaude den Betrieb des Familien-Freibades am Firmensitz im Tettnanger Ortsteil Obereisenbach übernommen, in Koopera- tion mit der Stadt und dem örtlichen För- derverein. Damit konnte die Schließung verhindert werden. „Das Bädle ist ein wich- tiger Treffpunkt für die Familien“, sagt sie. „Ein Unternehmen mit vielen Mitarbei- tern, einer Produktion und zentralen Lo- gistik bedeutet für einen kleinen Ort ja auch eine Belastung. Wir wollten dafür etwas zurückgeben.“ Der „Erfolg“ gibt von Dewitz recht. Vaude ist nicht nur wirtschaftlich sehr erfolgreich. Das Unternehmen ist auch ein attraktiver Arbeitgeber, der seine Mitarbei- ter bei der Vereinbarung von Beruf und Familie unterstützt. So ist es wohl kein Zufall, dass die Mitarbei- ter überdurchschnittlich viele Kin- der bekommen. 50 Prozent der 500 Mitarbeiter sind regelmäßig in Teil- zeit. Das Interesse von außen an Vau- de ist riesig. Viele Unternehmen ho- len sich Rat. „Wir haben eine eigene Fachkraft, die nur Führungen macht“, berichtet sie. „Sogar Tagungen werden hier, in der Nähe des Bodensees, durchge- führt.“ Von Dewitz verschweigt aber nicht, dass die Organisation des Ganzen „wirklich anstren- gend und aufwendig ist“ – und auch Geld kostet. Schließlich steht auch Vaude im Wettbewerb. Natürlich gebe es auch Zielkonflikte, etwa zwi- schen Ökologie und Ökonomie. Insgesamt aber zahle sich das Vertrauen in die Mitarbeiter aus. „Wir bemühen uns, eine Arbeitskultur zu schaffen, in der jeder Mensch sein Potenzial ausschöpfen kann. Dann, wenn man nicht in ein Schema ge- zwängt wird, können sich Kreativität und Eigenverantwortung ent- falten.“ Fehlzeiten und Fluktuation seien sehr gering. Und auch um gutes Personal müsse sie sich nicht sorgen. Antje von Dewitz macht deutlich, dass auch Vaude viel von den Mitarbeitern ver- langt, vor allem Flexibilität, Leistungsbe- reitschaft und Entscheidungsfreude. „Ent- scheidungen ruhen bei uns auf vielen Schultern. Ich bin überzeugt, dass sie umso besser sind, je vielfältiger die Mitwirken- den sind – Frauen und Männer, Ältere und Jüngere, verschiedene Nationalitäten.“ Mit einer Quote von 40 Prozent sind Frau- en bei Vaude in Führungspositionen gut vertreten. Gesamtgesellschaftlich hält sie aber eine Mindestquote für notwendig. „Sonst bewegt sich zu wenig.“ bl Managerinnen Obwohl Frauen eher in Sozialberufen dominieren, stehen sie zunehmend auch in anderen Branchen ihren Mann und mischen Männerdomänen auf – sei es als Gründerin mit genialen Ideen, als Retterin von Familientraditionen, als visionäre IT-Managerin, als forsche Forscherin oder bei- spielsweise als zupackende Entwicklungshelferin. Daimler-Managerin Daniela Gerd tom Markotten leitet den neuen Bereich Digital Solutions & Services in der Truck-Sparte. Antje von Dewitz ist Geschäftsführerin des Outdoor- Sportartikel-Herstellers Vaude. „Irgendjemand sollte hier helfen“ W ährend des Balkankrieges gründete Suzana Lipovac die Hilfsorganisation Kinder- berg. Als Geschäftsführerin managt sie heute weltweit Hilfsprojekte und berät Militär und Politik. Als Gewinn ver- bucht sie ein Lächeln, einen Hände- druck, ein Dankeschön. Wenn sie von Millionen redet, heißt die Währungs- einheit nicht Dollar, sondern Patienten. Und wie die Risiken in ihrem Business aussehen, zeigt ein Blick auf den wackli- gen Büroschrank im ehemaligen Stutt- garter Waisenhaus: Obendrauf liegen ein Stahlhelm und eine Tüte mit der Aufschrift „kugelsichere Weste“. Suzana Lipovac trug auch schon Kostüm und Pumps bei der Arbeit. Da- mals, als die in Stuttgart geborene Toch- ter bosnischer Kroaten nach Abitur und Aus- bildung zur Europase- kretärin die erste Stufe auf der Karriereleiter erklommen hatte: Als Assistentin der Ver- kaufsleitung beim Weltkonzern Unilever stand ihr die Berufswelt offen. Wäre da nicht der Sommerurlaub 1992 gewesen, in dem es Suzana Lipovac ins ehemalige Jugoslawien zog. Seit drei Jahren tobte dort der Krieg und die Nachrichten von Verwandten klangen besorgnis- erregend. „Ich hatte das Gefühl, irgend- jemand sollte hier helfen“, erinnert sich die drahtige, dunkelhaarige Frau mit den wachen Augen. Als sich herumsprach, was Suzana plante, schleppten Nachbarn und Freunde tütenweise Hilfsgüter an. Da- mit reiste die junge Frau in ein Flücht- lingslager, in dem bosnische Muslime Zuflucht gesucht hatten. Sie verteilte die Spenden, sprach mit Helfern und Opfern, hörte zu und packte an. Zurück im Firmenalltag fühlte sich alles sehr merkwürdig an. „Mich inte- ressierte nicht mehr, was die Kollegen erzählten“, erinnert sich die heute 48-Jährige. Als ein Kunde sie noch leicht vorwurfsvoll mit „Endlich sind Sie wieder da, es geht um Leben und Tod“ begrüßte, kam sie ins Grübeln – denn es ging nur um eine termingerech- te Warenlieferung. Nur Wochen später waren Konzern und Karriere Geschich- te, Suzana Lipovac zog in ihr altes Kin- derzimmer in Stuttgart, schrieb sich an der Uni ein und legte los. Unbedarft, aber nicht ungeschickt: Als die elter- liche Garage von Hilfsgütern überquoll, schwatzte Lipovac der Caritas einen alten Lastwagen ab und fuhr den robus- ten 7,5-Tonner höchstselbst ins Kriegs- gebiet. Dort geriet sie prompt zwischen die Fronten und saß monatelang fest. Während sie vom ständigen Granat- feuer, vom Leid der Menschen und den Hürden für die Helfer erzählt, skizziert sie an der Wandtafel die damalige Lage: Die Stadt Gradacac, Fluss, Front, Ver- sorgungskorridor. Und sie mittendrin, ohne Kontakt zu irgendwem. „Meine Eltern sind fast wahnsinnig geworden.“ Irgendwann gelang die Heimkehr – doch nur, um mehr Hilfe zu organisie- ren. Suzana Lipovac brachte kriegsver- sehrte Kinder zur Behandlung nach Deutschland und tonnenweise Hilfs- güter auf den Balkan, unterstützt von einer Handvoll enga- gierter Mitstreiter im Verein Kinderberg. Dessen Struktur war und blieb einfach. Auch heute, wo Kinderberg auf mehreren Konti- nenten Projekte unter- hält und neue – wie demnächst im Irak – aufbaut, besteht die ganze Organisation aus einer Ge- schäftsführerin und sechs Projektbe- treuern und Verwaltungsmitarbeitern. Diese bauen vor Ort Teams mit lokalen Mitarbeitern auf und unterstützen sie, bis sie selbstständig funktionieren. In Afghanistan waren es 125 Gesundheits- stationen mit mehr als 500 Mitarbei- tern und fast sechs Millionen Patienten, die Suzana Lipovac binnen acht Jahren aufbaute. Doch warum gera- de der kleine Kinderberg und nicht eine große Hilfs- organisation? „In die Whi- te Areas wollte niemand. Sie sind abgelegen und ge- fährlich. Dort gibt es kei- ne Polizei und keine Inf- rastruktur“, sagt Lipo- vac, „nur große Not.“ Also ging sie hin. Mit gesprächsbereiten Ta- liban arrangierte sie sich, indem sie jeden behandelte, der um Hilfe bat. Mit der Bundeswehr koope- rierte sie zum Schutz und für funktionierende Hilfe bei Logistik und medizini- scher Versor- gung, wie schon Jahre zuvor im Kosovo. Seit 2010 lehrt die Kinderberg- Gründerin an der Führungsakademie der Bundeswehr und berät deren Zen- trum für Zivil-Militärische Zusammen- arbeit. Auch das gehört zum Job, doch manchmal ist der Entwicklungshelferin der Managementanteil zu groß. „Wenn ich nur noch mit Ministerien, Militärs und Stakeholdern zu tun habe und kei- ne Zeit habe, mit Helfern und Patienten zu reden, nervt das“, sagt Lipovac. Eines der Erfolgsgeheimnisse von Kinderberg ist sicher, dass immer alle nah am Men- schen geblieben sind. Natürlich hat sich die Gründerin über die Jahre weiter- gebildet in Sachen Evaluation, Organi- sationsentwicklung oder Coaching. Doch wenn das Team ein neues Projekt plant, kommt ein frisches Papier auf das Flipchart, eine Karte an die Tafel und eine Kiste Plastikfiguren zum Projekt-Modell-Bau auf den Tisch. „Kein Computer kann eine gekühlte Impfkette von Deutschland bis in den Arm eines afghanischen Kindes pla- nen“, verteidigt Lipovac das Vorge- hen, bei dem Menschenverstand und Erfahrung vor Theorie und Techno- logie rangieren. Aufhören war nur kurz ein The- ma, als auf dem Balkan Frieden ein- gekehrt und eine Familie gegründet war. Doch dann kamen der neue Krieg in Afghanistan, die Tsunami in Südostasien und das Flüchtlings- elend auf der Balkanroute – unweit von Suzana Lipovacs erstem huma- nitären Einsatz. Und immer wieder war da das Gefühl, „je- mand sollte helfen“. bb Saskia Biskup ist Gründerin und geschäftsführende Gesellschafterin der Tübinger Cegat GmbH. Suzana Lipovac ist Gründerin und Geschäfts- führerin der Hilfsorganisation Kinderberg. Fotos: Daimler, Fotolia/ra2 studio, Jens Staingaesser, Lichtgut/Max Kovalenko, Michael Trippel, privat ,,Die einzige Chance, den Vorsprung zu nutzen, war eine private Finanzierung.’’ Saskia Biskup, Gründerin Cegat GmbH „In afghanischen White Areas gibt es keine Polizei und keine Infrastruktur, nur große Not.“ Suzana Lipovac, Geschäftsführerin Kinderberg „Wir machen uns jetzt auf den Weg. Mit jeder neuen Idee werden wir wachsen.“ Daniela Gerd tom Markotten, Leiterin Solutions & Services „Wir bemühen uns, eine Arbeitskultur zu schaffen, in der jeder sein Potenzial ausschöpfen kann.“ Antje von Dewitz, Geschäftsführerin Vaude „Das Plus geht überwiegend auf den Zuwachs im Bereich Teilzeitarbeit zurück.“ Carmina Brenner, Präsidentin des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg 4 Wirtschaft in Baden-Württemberg 5 Wirtschaft in Baden-Württemberg Nr. 1 | Februar 2017 Stuttgarter Zeitung | Stuttgarter Nachrichten

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Page 1: Langsam, aber beharrlich erobern Frauen die Chefetagen€¦ · Auch Tahmina Rothgangel setzt auf In-terkulturalitt . Sie leitet drei Krippen und einen Kindergarten in Stuttgart, ein

Bunte Ausnahme bei den Brummis

Das Geschäft mit Lastwagen istfest in der Hand von Männern.Auf den Führungsebenen sind

Manager in dunklen Anzügen und Kra­watten fast unter sich. Daniela Gerdtom Markotten ist eine bunte Ausnah­me bei den Brummis. Die Daimler­Ma­nagerin mag die etwas hemdsärmeligenUmgangsformen in der Lkw­Sparte, diestets gepaart seien mit großem Team­geist. „Wenn ich mit Lkw­Kollegen zutun hatte, war das immer sehr pragma­tisch, nach dem Motto: Wir müsseneine Lösung finden. Das hat mir gut ge­fallen“, erzählt die Managerin. Nun sollsie für die Lkw­Sparte den Weg in die di­gitale Zukunft frei machen und attrakti­ve neue Geschäftschancen erschließen. Seit April vergangenenJahres leitet die IT­Ex­pertin in der Truck­Sparte den neuen Be­reich Digital Solutions& Services.

Daniela Gerd tomMarkotten stammt aus Ostwestfalen und ist imLaufe ihres Studiums und ihrer Karrie­re viel in der Welt und in den verschie­denen Sparten des Stuttgarter Auto­konzerns herumgekommen: Sie hat inKarlsruhe Wirtschaftsingenieur stu­diert, dort gemerkt, „dass mir Informa­tik sehr viel Spaß macht“, und in Frei­burg promoviert. Während des Stu­diums verbrachte sie einAuslandssemester in Costa Rica, die Diplomarbeit schrieb sie bei einemdeutsch­chinesischen Joint Venture. Esging dabei um die Optimierung von Pro­zessen. „Da habe ich auch kulturell vielgelernt“, berichtet die 42­jährige Mana­gerin.

Als Trainee bei Daimler­Chryslerarbeitete sie in Japan im Einkauf bei derdamaligen Konzerntochter MitsubishiMotors und in der Produktionsplanungbei Chrysler in Auburn Hills. Darauffolgten verschiedene IT­Projekte anverschiedenen Standorten, ein Wechselins Marketing, wo der Internetauftrittvon Daimler entwickelt wurde.

Ab Ende 2014 leitete sie schließlichdas Lkw­Auftragszentrum in Wörth, wogeplant wird, wann welches Fahrzeug produziert werden muss, damit es derKunde genau dann bekommt, wenn eres braucht. Zu diesem Bereich gehörteauch die Daimler­Tochter Fleetboard,

die telematikgestützte Internetdienste anbietet. „Ich hatte den Eindruck, dass man aus dieser Telematiklösung viel mehr machen könnte“, sagt die Daim­ler­Managerin.

So entstand schließlich der neueBereich Digital Solutions & Services. Fleetboard bildet mit heute etwa 250Mitarbeitern den Kern des neuen Be­reichs. Fleetboard stellt Daten rund umFahrer, Fuhrpark und Auftragsabwick­lung bereit, mit denen der Einsatz derLastwagen optimiert und die Kosten ge­senkt werden können. Die neue Digital­chefin der Truck­Sparte hat nun damitbegonnen, ein Team von zunächst40 Mitarbeitern aufzubauen, das neuedigitale Dienstleistungen rund um den

Lkw entwickelt. Dievon Fleetboard gesam­melten Daten sollendie Basis für neueS e r v i c e a n g e b o t esein. Im Mercedes­Lkw seien 400 Sen­soren verbaut, sagtGerd tom Markot­

ten. Die Analyse der Datenströmekönne beispielsweise Hinweise da­rauf geben, dass ein Schaden droht.Mit einer kleinen vorsorglichen Wartung könne dann vermiedenwerden, dass der Lastwagen lie­genbleibe und hohe Reparaturkos­ten fällig werden. Kostenvorteilebringe auch eine Internetplatt­form, über die Transporte vermit­telt werden. Die Spedition könneso bei der Routenplanung Emp­fehlungen erhalten, wo zusätzli­che Ladung aufgenommen wer­den kann. Zudem entwickeltDaimler einen App Store für Lkws.

So wurde etwa gemeinsam mitdem Kipperhersteller Dauteleine sogenannte Schüttkegel­App entwickelt, mit deren Hilfe der Fahrer schon vor dem Abla­den über die Rückfahrkameraerkennen kann, wie viel Platz erfür sein Schüttgut benötigt. Dieserleichtert das Rangieren undmacht es überflüssig, dass etwa Kies anschließend umständlichmit Baumaschinen oder mit Schaufeln umgeschichtet wer­den muss. Daniela Gerd tomMarkotten hat ein ehrgeiziges

Ziel: „Wir wollen das Transport­ und Logistikgeschäft zusammen mit unse­ren Kunden revolutionieren.“ Anderssei die sich abzeichnende Marktent­wicklung nicht zu bewältigen. Bis 2050werde sich der Transportmarkt ver­dreifachen. „Wir müssen effizienterwerden, um dieses Transportvolumenbewältigen zu können. Dafür ist die Di­gitalisierung der Schlüssel“, schwärmtdie Daimler­Managerin.

Ob aus dem Digitalbereich derTruck­Sparte in einigen Jahren einerichtige Tochtergesellschaft mit eini­gen Tausend Mitarbeitern werdenkann, lässt sie offen: „Schauen wir mal. Wir machen uns jetzt auf den Weg. Mit jeder neuen Idee werden wir wachsen“,meint die Digitalchefin. hap

Es tut sich was im Land

Es tut sich was im Land im Hinblick aufdie Rolle der Frauen im Berufsleben.Als Präsidentin des Statistischen Lan­

desamts Baden­Württemberg kann Carmi­na Brenner das mit Zahlen untermauern:„Aus dem Mikrozensus wissen wir, dassheute rund 72 Prozent der Frauen erwerbs­tätig sind. 1991 lag die Quote bei knapp60 Prozent.“

Auch bei Frauen mit Kindern hat sichetwas bewegt. Aber: „Das Plus geht über­wiegend auf den großen Zuwachs im Be­reich Teilzeitarbeit zurück“, sagt Brenner.Teilzeitarbeit gilt nicht gerade als karriere­fördernd. Laut Mikrozensus arbeiteten 2012 in Baden­Württemberg 48,8 Prozent der Frauen, aber nur zehnProzent der Männer nichtin Vollzeit.

Die frühere CDU­Land­tagsabgeordnete aus demWahlkreis Freudenstadtund ehemalige Wirt­schaftssprecherin derLandtagsfraktion ihrerPartei hat Positives zu ver­melden: Die Qualifikation der erwerbstäti­gen Frauen wird immer besser. In der Al­tersgruppe der 30­ bis unter 35­Jährigenhaben 28,9 Prozent eine Hoch­ oder Fach­hochschulreife. „Damit haben sie die Män­ner mit 28,4 Prozent überholt.“ Das gilt üb­rigens auch für die Meister­ oder Techni­kerausbildung.

Bei der Besetzung von Führungsposi­tionen sind Frauen jedoch kaum voran­gekommen. Sie stellen 28 Prozent derFührungskräfte in Baden­Württemberg.„In Deutschland insgesamt haben Frauen schon 30 Prozent erreicht.“

Aus den Verdiensterhebungen des Lan­desamts über 60 Branchen geht ferner her­vor, dass Frauen über alle Altersgruppenhinweg im Durchschnitt 26 Prozent weni­ger verdienen als Männer. Das ändert sich

mit der besser werdenden Qualifi­kation der Frauen nicht zwangs­läufig . „Die Branche bestimmt dasGehalt. Ebenso wie der Umfangder Beschäftigung und andere Faktoren der Erwerbsbiografie“,weiß Brenner. Frauen weisen da mehr Lücken auf, weil sie wegender Kindererziehung oft vorüber­gehend ausscheiden, häufiger alsMänner Elternzeit nehmen oderspäter Teilzeit arbeiten. „DieseJahre fehlen im Erwerbslebenund können kaum mehr aufgeholt werden“, sagt sie.Außerdem gibt es noch immer ty­

pische Frauen­und Männerbe­rufe. „Den größ­ten Frauenanteilmit 81 Prozentgab es 2015 nachdem Mikrozen­sus bei den me­dizinischen undnicht­medizini­

schen Gesundheitsberufen.“ Und die sind schlechter bezahltals die meisten männerdomi­nierten Branchen, weiß Brenner,die Betriebs­ und Volkswirt­schaft sowie Germanistik in Tü­bingen und in den USA studiert hat. Trotz Girls’ Days und ähnlicher Aktionen „gibt esda unterm Strich wenig Veränderungen“.

Das zeigt sich auch bei den Selbstständi­gen. Der Anteil der Frauen, die in einemfreien Beruf arbeiten, wuchs zwischen2005 und 2015 von 28 auf 32 Prozent.Weibliche Gründer (ohne freie Berufe) sind„stark in allen Dienstleistungsbereichenund im Gesundheits­ und Sozialwesen ver­treten“, stellt Brenner fest.

Nach Ansicht der gebürtigen Horberinist das Thema Beruf und Familie „eine

Daueraufgabe. Baden­Württemberg ist danicht Trendsetter, folgt aber einem Trendin den hochspezialisierten Industrienatio­nen. Die vielen Projekte unserer Familien­forschung im Statistischen Landesamt zei­gen dies.“ Da seien „natürlich“ auch dieMänner gefragt. „In Deutschland arbeitenbisher nur fünf Prozent der im Manage­ment tätigen Männer in Teilzeit, in Groß­britannien sind es acht Prozent, in den Nie­derlanden zwölf Prozent“, zitiert sie ausdem „Familienreport Väter“. bl

Potenzial der GründerinnenLangsam, aberbeharrlich erobernFrauen die Chefetagen

Welches Potenzial in Frauenals Gründerinnen steckt, zeigtnicht nur das Beispiel der Vor­

zeigeunternehmerin Saskia Biskup. Dasvon ihr im Umfeld der Universität Tübin­gen gegründete Biotech­UnternehmenCegat, das Genomanalysen zur geziel­teren Behandlung von Erbkrankheitenoder Krebs erstellt, gewann jüngst denbaden­württembergischen Landespreisals erfolgreichstes junges Unternehmen,bekam 2011 den deutschen Gründerpreisfür das beste deutsche Start­up­Unter­nehmen, wurde 2013 zum Entrepreneurdes Jahres gewählt und holte 2014 denWomen Innovation Price der EU. „Dieeinzige Chance, unseren Vorsprung zunutzen, war eine private Finanzierung“,sagt sie.

Um die Universitäten Heidelberg,Karlsruhe, Freiburg und Tübingen ent­stehen immer wieder Medizintechnik­Gründungen. Auch da sind Frauen da­bei. Ein Beispiel ist der Gewinner desCyberOne Hightech Awards Baden­Württemberg, demzentralen Business­plan­Wettbewerb derHightech­Branchen.Die Biologin AndreaHoffmeister und dieBetriebswirtin Barba­ra Eberbach gehörenzum Team um denBiochemiker Florian Kreppel, dasTeil der Abteilung Gentherapie desUniversitätsklinikums Ulm ist, abereine Ausgründung plant. Ihr Biotech­Spinoff Ad­O­Lytics nutzt die Prinzi­pien der Natur zur Krebsbekämp­fung und setzt Viren ein, um bösarti­ge Krebszellen zu infizieren und zuzerstören. Für diesen nebenwir­

kungsarmen Therapieansatz bekam dasTeam den Preis.

Die Tourismusmanagerin Laura Kutteraus Backnang hat mit ihrer Schwester die„Tour de sens“ gegründet. Blinde, Sehbe­hinderte und Sehende, oft im Senioren­alter, reisen zusammen in Städte, Berg­landschaften, zum Wandern oder ans Meer,„um das Trentino zu riechen, Andalusien zu hören, Nordspanien zu fühlen oder Por­tugal zu schmecken“. Das Angebot hat Prei­se wie den Touristikpreis bei der CMT inStuttgart oder eine Auszeichnung für bei­spielhafte Inklusionspraxis erhalten.

Zu den vielen älteren Gründern im Landgehört Ramona Damske. Mit 50 Jahren wardie ehemalige „Schlecker­Frau“ 2012 eineSpätgründerin. Im Baiersbronner OrtsteilMitteltal führt sie den früheren Schlecker­Markt mit neuem Konzept weiter. Mit gro­ßem Erfolg. Zwar bestellen auch ältereKunden viel übers Internet, viel wichtiger für sie ist aber häufig der Einkauf als Mög­

lichkeit zur Kommunikation. Wenn der nächste Laden weit entfernt ist und mankein Auto mehr hat, wird das schwierig.Einkaufsmöglichkeiten am Ort sind dahervon zentraler Bedeutung. Und die bietetRamona Damske. Vielen betagten Kunden liefert sie die Waren sogar nach Hause.

Die gelernte Arzthelferin Betül Celikhat 2015 in Stuttgart den interkulturellenPflegedienst Ikra gegründet. Die türkisch­stämmige Deutsche wendet sich an diewachsende Zahl von Pflegebedürftigen aus anderen Kulturen. Gleichzeitig demons­triert sie, welches Potenzial Migrantenoder Deutsche mit Migrationshintergrundangesichts der demografischen Entwick­lung hierzulande haben: „Das Marktpoten­zial ist riesig“, sagt die 31­Jährige. „Um abertürkische, griechische und italienische Kunden zu erreichen, muss man die Spra­che der Pflegebedürftigen sprechen.“

Auch Tahmina Rothgangel setzt auf In­terkulturalität. Sie leitet drei Krippen undeinen Kindergarten in Stuttgart, ein zwei­ter folgt bald. Während ihrer Ausbildung

zur Erzieherin träumte dieheute 36­jährige Muttereiner Tochter von einembilingualen Konzept, beidem die Kleinen spiele­risch an Deutsch oder Eng­lisch als Zweitsprache he­rangeführt werden sollten.Gedacht, getan. 2010 eröff­

nete sie in Stuttgart die erste bilingualeKindertagesstätte. Rothgangels Kindervil­la GmbH setzt auf ein Konzept, bei dem dieKinder mit gelernten Pädagogen, NativeSpeakern, auf spielerische Weise und in Verbindung mit kreativen Ansätzen zwei­sprachig erzogen werden. Jede Gruppewird von drei Pädagogen und einer Assis­tentin betreut. Zu elternfreundlichen Öff­nungszeiten zwischen 7.30 und 18.30 Uhrlernen die Kleinen mit neuen Medien wie Tablets, bekommen Klavier­ oder Ballett­unterricht oder gehen zum Schwimmen. Die Eltern schätzen auch, dass es nur weni­ge Schließtage gibt. Bei Bedarf wird eineSamstagsbetreuung angeboten, im Kinder­garten wird unterschieden zwischen Kin­dergarten­ und Vorschulkindern. Eine guteVerpflegung mit Mahlzeiten aus der eige­nen Küche rundet das Angebot ab. Ihr Mann arbeitet nebenberuflich mit. Zusam­men mit einer Buchhalterin sowie dem pä­dagogischen und dem Reinigungspersonal beschäftigt die Erzieherin und Geschäfts­führerin 50 Mitarbeiter.

„Angebote wie diese gibt es in Stuttgartwenige. Das war eine echte Marktlücke“, sagt die im afghanischen Kabul geborene Frau. Rothgangel träumt nun von derEinrichtung einer zweisprachigenGrundschule. Ihre Schützlinge werden jaälter. bl

Carmina Brenner ist Präsidentin des Statistischen Landesamtes Baden­Württemberg.

Traum von einer besseren Welt

Als Antje von Dewitz 1998 in dasUnternehmen ihres Vaters einstieg,war sie schwanger. Inzwischen hat

sie vier Kinder. Sie war immer berufstätig.2009 übernahm sie sogar die Führung des Tettnanger Outdoor­Sportartikel­Herstel­lers Vaude. „Ich habe nie ohne Kinder ge­arbeitet“, sagt die studierte Kulturwirtin und promovierte Ökonomin. Die quirligeManagerin kennt daher das Thema Verein­barkeit von Familie und Beruf aus eigener Erfahrung. Bei einem Frauenanteil von60 Prozent war Familie immer ein Themain der Firma. Mangels Betreuungsmöglich­keiten setzten früher viele Mitarbeiterin­nen nach der Geburt jahrelang aus. Dazutrugen in der Provinz auch Vorbehalte bei.„Rabenmütter“ hatten kein gutes Image.

Schon früh richtete man bei Vaude einKinderhaus ein, in dem heute Kinder vonsechs Monaten bis zu zehn Jahren betreutwerden. Doch von Dewitz hält nichtsvon Einzelmaßnahmen, sie setzt auf Ganz­heitlichkeit. Als Anhänge­rin der Gemeinwohlöko­nomie (GWÖ) sollten nachihrer Ansicht Unterneh­men nicht nur nach ökono­mischen, sondern auchnach gesellschaftlichenund ökologischen Krite­rien bewertet werden. Dassdies nicht nur graue Theo­rie ist, zeigt die schier un­ermessliche Zahl von Auszeichnungen, diedas Unternehmen erhalten hat – für Nach­haltigkeit, Umweltfreundlichkeit, sozialesEngagement und Familienfreundlichkeit.Wichtig sind von Dewitz die Auszeichnungals „Deutschlands nachhaltigste Marke“(2015) sowie der DNWE­Preis für Unter­nehmensethik und der Family Award fürdie familienfreundlichste Unternehmens­kultur von der Unternehmensberatung A.T. Kearney.

Die 44­Jährige legt großen Wert darauf,das Engagement selbst vorzuleben. Ihre eigenen vier Kinder besuchten das 2001 er­öffnete Kinderhaus. Mitarbeiter könnenflexibel Teilzeit arbeiten, zwischen 15 und95 Prozent. Elternzeiten werden von fast allen Männern wahrgenommen, oft deut­lich länger als die üblichen zwei Monate.Von Dewitz’ Lebensgefährte ist seit mehre­

ren Jahren Hausmann und hat gerade dasWohnhaus komplett renoviert. Das Enga­gement geht aber noch viel weiter. 2008 hatVaude den Betrieb des Familien­Freibadesam Firmensitz im Tettnanger OrtsteilObereisenbach übernommen, in Koopera­tion mit der Stadt und dem örtlichen För­derverein. Damit konnte die Schließung verhindert werden. „Das Bädle ist ein wich­tiger Treffpunkt für die Familien“, sagt sie. „Ein Unternehmen mit vielen Mitarbei­tern, einer Produktion und zentralen Lo­gistik bedeutet für einen kleinen Ort jaauch eine Belastung. Wir wollten dafüretwas zurückgeben.“

Der „Erfolg“ gibt von Dewitz recht.Vaude ist nicht nur wirtschaftlich sehrerfolgreich. Das Unternehmen ist auch einattraktiver Arbeitgeber, der seine Mitarbei­ter bei der Vereinbarung von Berufund Familie unterstützt. So ist eswohl kein Zufall, dass die Mitarbei­ter überdurchschnittlich viele Kin­

der bekommen. 50Prozent der 500Mitarbeiter sindregelmäßig in Teil­zeit. Das Interessevon außen an Vau­de ist riesig. VieleUnternehmen ho­len sich Rat. „Wirhaben eine eigeneFachkraft, die nur

Führungen macht“, berichtet sie.„Sogar Tagungen werden hier, inder Nähe des Bodensees, durchge­führt.“ Von Dewitz verschweigtaber nicht, dass die Organisation des Ganzen „wirklich anstren­gend und aufwendig ist“ – undauch Geld kostet.

Schließlich steht auch Vaudeim Wettbewerb. Natürlich gebees auch Zielkonflikte, etwa zwi­schen Ökologie und Ökonomie. Insgesamt aber zahle sich dasVertrauen in die Mitarbeiteraus. „Wir bemühen uns, eineArbeitskultur zu schaffen, inder jeder Mensch sein Potenzialausschöpfen kann. Dann, wenn man nicht in ein Schema ge­zwängt wird, können sich

Kreativität und Eigenverantwortung ent­falten.“ Fehlzeiten und Fluktuation seiensehr gering. Und auch um gutes Personal müsse sie sich nicht sorgen.

Antje von Dewitz macht deutlich, dassauch Vaude viel von den Mitarbeitern ver­langt, vor allem Flexibilität, Leistungsbe­reitschaft und Entscheidungsfreude. „Ent­scheidungen ruhen bei uns auf vielenSchultern. Ich bin überzeugt, dass sie umsobesser sind, je vielfältiger die Mitwirken­den sind – Frauen und Männer, Ältere undJüngere, verschiedene Nationalitäten.“Mit einer Quote von 40 Prozent sind Frau­en bei Vaude in Führungspositionen gutvertreten. Gesamtgesellschaftlich hält sieaber eine Mindestquote für notwendig.„Sonst bewegt sich zu wenig.“ bl

Managerinnen Obwohl Frauen eher in Sozialberufen dominieren, stehen sie zunehmend auch inanderen Branchen ihren Mann und mischen Männerdomänen auf – sei es als Gründerin mit genialenIdeen, als Retterin von Familientraditionen, als visionäre IT­Managerin, als forsche Forscherin oder bei­spielsweise als zupackende Entwicklungshelferin.

Daimler­Managerin Daniela Gerd tom Markotten leitet den neuen Bereich Digital Solutions &Services in der Truck­Sparte.

Antje von Dewitz ist Geschäftsführerin des Outdoor­Sportartikel­Herstellers Vaude.

„Irgendjemand sollte hier helfen“

Während des Balkankriegesgründete Suzana Lipovacdie Hilfsorganisation Kinder­

berg. Als Geschäftsführerin managt sieheute weltweit Hilfsprojekte und berätMilitär und Politik. Als Gewinn ver­bucht sie ein Lächeln, einen Hände­druck, ein Dankeschön. Wenn sie vonMillionen redet, heißt die Währungs­einheit nicht Dollar, sondern Patienten.Und wie die Risiken in ihrem Business aussehen, zeigt ein Blick auf den wackli­gen Büroschrank im ehemaligen Stutt­garter Waisenhaus: Obendrauf liegenein Stahlhelm und eine Tüte mit derAufschrift „kugelsichere Weste“.

Suzana Lipovac trug auch schonKostüm und Pumps bei der Arbeit. Da­mals, als die in Stuttgart geborene Toch­ter bosnischer Kroatennach Abitur und Aus­bildung zur Europase­kretärin die erste Stufeauf der Karriereleitererklommen hatte: AlsAssistentin der Ver­kaufsleitung beimWeltkonzern Unileverstand ihr die Berufswelt offen. Wäre danicht der Sommerurlaub 1992 gewesen,in dem es Suzana Lipovac ins ehemaligeJugoslawien zog. Seit drei Jahren tobtedort der Krieg und die Nachrichtenvon Verwandten klangen besorgnis­erregend. „Ich hatte das Gefühl, irgend­jemand sollte hier helfen“, erinnert sichdie drahtige, dunkelhaarige Frau mit den wachen Augen.

Als sich herumsprach, was Suzanaplante, schleppten Nachbarn undFreunde tütenweise Hilfsgüter an. Da­mit reiste die junge Frau in ein Flücht­lingslager, in dem bosnische MuslimeZuflucht gesucht hatten. Sie verteiltedie Spenden, sprach mit Helfern und Opfern, hörte zu und packte an.

Zurück im Firmenalltag fühlte sichalles sehr merkwürdig an. „Mich inte­ressierte nicht mehr, was die Kollegen erzählten“, erinnert sich die heute48­Jährige. Als ein Kunde sie noch leicht vorwurfsvoll mit „Endlich sindSie wieder da, es geht um Leben undTod“ begrüßte, kam sie ins Grübeln –denn es ging nur um eine termingerech­te Warenlieferung. Nur Wochen späterwaren Konzern und Karriere Geschich­te, Suzana Lipovac zog in ihr altes Kin­derzimmer in Stuttgart, schrieb sich an der Uni ein und legte los. Unbedarft,aber nicht ungeschickt: Als die elter­liche Garage von Hilfsgütern überquoll,

schwatzte Lipovac der Caritas einenalten Lastwagen ab und fuhr den robus­ten 7,5­Tonner höchstselbst ins Kriegs­gebiet. Dort geriet sie prompt zwischendie Fronten und saß monatelang fest.Während sie vom ständigen Granat­feuer, vom Leid der Menschen und denHürden für die Helfer erzählt, skizziert sie an der Wandtafel die damalige Lage:Die Stadt Gradacac, Fluss, Front, Ver­sorgungskorridor. Und sie mittendrin,ohne Kontakt zu irgendwem. „Meine Eltern sind fast wahnsinnig geworden.“Irgendwann gelang die Heimkehr –doch nur, um mehr Hilfe zu organisie­ren. Suzana Lipovac brachte kriegsver­sehrte Kinder zur Behandlung nachDeutschland und tonnenweise Hilfs­güter auf den Balkan, unterstützt von

einer Handvoll enga­gierter Mitstreiter imVerein Kinderberg.

Dessen Struktur warund blieb einfach. Auchheute, wo Kinderbergauf mehreren Konti­nenten Projekte unter­hält und neue – wie

demnächst im Irak – aufbaut, besteht die ganze Organisation aus einer Ge­schäftsführerin und sechs Projektbe­treuern und Verwaltungsmitarbeitern.Diese bauen vor Ort Teams mit lokalenMitarbeitern auf und unterstützen sie,bis sie selbstständig funktionieren. InAfghanistan waren es 125 Gesundheits­stationen mit mehr als 500 Mitarbei­tern und fast sechs Millionen Patienten,die Suzana Lipovac binnen acht Jahren aufbaute. Doch warum gera­de der kleine Kinderbergund nicht eine große Hilfs­organisation? „In die Whi­te Areas wollte niemand.Sie sind abgelegen und ge­fährlich. Dort gibt es kei­ne Polizei und keine Inf­rastruktur“, sagt Lipo­vac, „nur große Not.“Also ging sie hin. Mitgesprächsbereiten Ta­liban arrangierte siesich, indem sie jedenbehandelte, der umHilfe bat. Mit derBundeswehr koope­rierte sie zumSchutz und fürfunktionierendeHilfe bei Logistikund medizini­scher Versor­

gung, wie schon Jahre zuvor im Kosovo.Seit 2010 lehrt die Kinderberg­

Gründerin an der Führungsakademieder Bundeswehr und berät deren Zen­trum für Zivil­Militärische Zusammen­arbeit. Auch das gehört zum Job, dochmanchmal ist der Entwicklungshelferinder Managementanteil zu groß. „Wennich nur noch mit Ministerien, Militärsund Stakeholdern zu tun habe und kei­ne Zeit habe, mit Helfern und Patientenzu reden, nervt das“, sagt Lipovac. Einesder Erfolgsgeheimnisse von Kinderbergist sicher, dass immer alle nah am Men­schen geblieben sind. Natürlich hat sichdie Gründerin über die Jahre weiter­gebildet in Sachen Evaluation, Organi­sationsentwicklung oder Coaching.Doch wenn das Team ein neues Projektplant, kommt ein frisches Papier aufdas Flipchart, eine Karte an die Tafelund eine Kiste Plastikfiguren zumProjekt­Modell­Bau auf den Tisch.„Kein Computer kann eine gekühlteImpfkette von Deutschland bis in denArm eines afghanischen Kindes pla­nen“, verteidigt Lipovac das Vorge­hen, bei dem Menschenverstand undErfahrung vor Theorie und Techno­logie rangieren.

Aufhören war nur kurz ein The­ma, als auf dem Balkan Frieden ein­gekehrt und eine Familie gegründetwar. Doch dann kamen der neueKrieg in Afghanistan, die Tsunamiin Südostasien und das Flüchtlings­elend auf der Balkanroute – unweitvon Suzana Lipovacs erstem huma­nitären Einsatz. Und immer wieder

war da das Gefühl, „je­mand sollte helfen“. bb

Saskia Biskup ist Gründerin und geschäftsführende

Gesellschafterin der Tübinger Cegat GmbH.

Suzana Lipovac ist Gründerin und Geschäfts­führerin der Hilfsorganisation Kinderberg.

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,,Die einzige Chance,den Vorsprung zu nutzen, war eine private Finanzierung.’’Saskia Biskup,Gründerin Cegat GmbH

„In afghanischen White Areas gibt es keine Polizei und keine Infrastruktur, nur große Not.“ Suzana Lipovac,Geschäftsführerin Kinderberg

„Wir machen unsjetzt auf den Weg.Mit jeder neuen Idee werden wir wachsen.“Daniela Gerd tom Markotten,Leiterin Solutions & Services

„Wir bemühen uns,eine Arbeitskulturzu schaffen, in derjeder sein Potenzial ausschöpfen kann.“Antje von Dewitz,Geschäftsführerin Vaude

„Das Plus geht überwiegend auf den Zuwachs im Bereich Teilzeitarbeit zurück.“Carmina Brenner,Präsidentin des Statistischen Landesamtes Baden­Württemberg

4 Wirtschaft in Baden-Württemberg 5Wirtschaft in Baden-WürttembergNr. 1 | Februar 2017Stuttgarter Zeitung | Stuttgarter Nachrichten