Laserenergieanalyse bei 40 kHz – in Echtzeit : Einzelpulsüberwachung sichert Prozessqualität

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PROZESSKONTROLLE www.laser-journal.de LTJ 45 © 2007 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Laserenergieanalyse bei 40 kHz – in Echtzeit Einzelpulsüberwachung sichert Prozessqualität Die Überwachung eines Lasers kann man mit einem Tachometer im Automobil vergleichen. Während einer Fahrt müssen wir überwachen, ob wir zu schnell oder zu langsam fahren. Durch eine Rückkoppe- lung mittels unseres zentralen Datenpro- zessors (Gehirn) sind wir in der Lage den Aktuator (Gaspedal) in seinem Zustand entsprechend anzupassen. Ebenso, müs- sen wir während eines Bearbeitungspro- zesses, etwa beim Bohren von Microvias zum Beispiel, den Bearbeitungslaser stän- dig überwachen. Zu schwache Pulse führen zu unsauberen bzw. nicht ausreichend durchgeschossenen Vias. Zu starke Pulse verschwenden Energie, verringern die Lebensdauer der Strahlquelle und erzeugen möglicherweise auch unsau- bere Ergebnisse und Mikrorisse. Auch in der Messtechnik ist die Laser- energiemessung ein interessantes Thema, um z. B. bei der Messung der Transmission von Gläsern und Kristallen Alterungserschei- nungen (photochemische und photophy- sikalische Prozesse) zu untersuchen. In die- sem Beitrag wird ein Messsystem vorgestellt, dass die Energie jedes einzelnen Laserpulses misst, und zwar bis zu einer Taktfrequenz von 40 kHz. Stand der Technik Laserenergiemessung findet in der Regel entweder durch eine kalorimetrische Mes- sung oder mit einer Photodiode statt. Die kalorimetrische Messung ist wegen der Un- abhängigkeit von der Wellenlänge interes- sant für flexible Systeme, wie z. B. in einem Forschungslabor. Aufgrund der thermischen Messung ist diese Methode allerdings relativ langsam: der Detektor misst einen Tempera- turanstieg durch die Absorption von Lasere- nergie und muss sich durch Wärmediffusion ausreichend abkühlen, bevor der nächste Puls kommt. Maximal sind Wiederholraten STEVE WRIGHT Dr. Steve Wright studierte Chemical Physics an der Queen’s University in Kingston, Canada und promovierte an der Universität Dortmund. Er ist Geschäftsleiter der Artifex Enginee- ring e.K., die er im Jahr 2001 gründete. DIE AUTOREN ●● Steve Wright Bernhard Neumann Artifex Engineering e.K. Bollwerkstr. 17A 26725 Emden BERNHARD NEUMANN Dipl. Ing. FH Bernhard Neumann studierte An- gewandte Lasertechnik an der FH Oldenburg/ Ostfriesland/Wilhelmshaven in Emden. Er ist Entwicklungsingenieur im Unternehmen mit 5 Jahren Erfahrung in der Konzipierung und Durchführung von lasertechnischen Projekten. Tel.: +49-(0)4921-450-9360 Fax: +49-(0)4921-450-9365 E-Mail: [email protected] E-Mail: bernhard.neumann @artifex-engineering.com Website: www.afx-eng.de von einigen Hundert Hertz mit kleinen De- tektoroberflächen möglich. Eine Photodiode dagegen ist sehr schnell – Signalanstiegszeiten im Nanosekundenbe- reich sind möglich. Somit sind Messungen der hochgetakteten Festkörper- und Gaslaser gut erreichbar. Nachteilig ist die starke Spektral- abhängigkeit dieser Detektoren, die nur durch eine Werkskalibrierung berücksichtigt werden kann. Allerdings ist für eine Vielzahl von An- wendungen, wie z. B. die Überwachung eines Bearbeitungslasers, die Wellenlängenabhän- gigkeit ohne Bedeutung, denn es wird ja nur eine Laserwellenlänge verwendet. Im Folgenden wird ein System vorge- stellt, dass für den OEM-Einsatz konzipiert wurde. Ein Strahlteiler und ein Messkopf mit zugehöriger Elektronik sind in einem kompakten Aufbau kombiniert. Der Strahl- teiler ist eine planparallele Platte, die etwa 5 % der Laserstrahlung in einen Messkopf auskoppelt. Dieser besteht aus einem Hohl- raum mit einer integrierten Photodiode. Der Hohlraum ist diffus streuend, um negative Auswirkungen von Parametern wie Einfalls- winkel, Strahllage, Strahlinhomogenität und Speckle zu eliminieren. Das System misst die Energie jedes einzelnen Laserpulses durch eine Aufintegration der Ladung auf der Pho- todiode nach dem Lichtpuls. Dies geschieht bis zu einer Wiederholrate von 40 kHz (ein System bis 100 kHz ist zur Zeit in Planung). Da das System integrierend misst, ist es so- gar ohne Belang, dass die Photodiode mögli- cherweise eine längere Anstiegszeit aufweist als die Dauer des Laserpulses selbst. Solange der Puls von der Photodiode absorbiert wird, wird die entsprechende Ladung erzeugt und kann über den nachgeschalteten Trans- impedanzverstärker nachgewiesen wer- den. Durch entsprechende Auslegung des Messkopfes können sehr geringe Energien im pJ-Bereich (Pikojoule) oder recht kräftige Pulse im Joulebereich vermessen werden. Das geht natürlich nicht mit einem einzigen Messkopf. Aber in der Regel kann mit einem Messkopf eine Dynamik von ca. 4 Dekaden (13 bis 14 bit) gut realisiert werden.

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PROZESSKONTROLLE

www.laser-journal.de LTJ 45 © 2007 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Laserenergieanalyse bei 40 kHz – in EchtzeitEinzelpulsüberwachung sichert Prozessqualität

Die Überwachung eines Lasers kann man mit einem Tachometer im Automobil vergleichen. Während einer Fahrt müssen wir überwachen, ob wir zu schnell oder zu langsam fahren. Durch eine Rückkoppe-lung mittels unseres zentralen Datenpro-zessors (Gehirn) sind wir in der Lage den Aktuator (Gaspedal) in seinem Zustand entsprechend anzupassen. Ebenso, müs-sen wir während eines Bearbeitungspro-zesses, etwa beim Bohren von Microvias zum Beispiel, den Bearbeitungslaser stän-dig überwachen.

Zu schwache Pulse führen zu unsauberen bzw. nicht ausreichend durchgeschossenen Vias. Zu starke Pulse verschwenden Energie, verringern die Lebensdauer der Strahlquelle und erzeugen möglicherweise auch unsau-bere Ergebnisse und Mikrorisse.

Auch in der Messtechnik ist die Laser-energiemessung ein interessantes Thema, um z. B. bei der Messung der Transmission von Gläsern und Kristallen Alterungserschei-nungen (photochemische und photophy-sikalische Prozesse) zu untersuchen. In die-sem Beitrag wird ein Messsystem vorgestellt, dass die Energie jedes einzelnen Laserpulses misst, und zwar bis zu einer Taktfrequenz von 40 kHz.

Stand der Technik

Laserenergiemessung findet in der Regel entweder durch eine kalorimetrische Mes-sung oder mit einer Photodiode statt. Die kalorimetrische Messung ist wegen der Un-abhängigkeit von der Wellenlänge interes-sant für flexible Systeme, wie z. B. in einem Forschungslabor. Aufgrund der thermischen Messung ist diese Methode allerdings relativ langsam: der Detektor misst einen Tempera-turanstieg durch die Absorption von Lasere-nergie und muss sich durch Wärmediffusion ausreichend abkühlen, bevor der nächste Puls kommt. Maximal sind Wiederholraten

STEVE WRIGHTDr. Steve Wright studierte Chemical Physics an der Queen’s University in Kingston, Canada und promovierte an der Universität Dortmund. Er ist Geschäftsleiter der Artifex Enginee-ring e.K., die er im Jahr 2001 gründete.

DIE AUTOREN

●●Steve Wright

Bernhard NeumannArtifex Engineering e.K.

Bollwerkstr. 17A26725 Emden

BERNHARD NEUMANNDipl. Ing. FH Bernhard Neumann studierte An-gewandte Lasertechnik an der FH Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven in Emden. Er ist Entwicklungsingenieur im Unternehmen mit 5 Jahren Erfahrung in der Konzipierung und Durchführung von lasertechnischen Projekten.

Tel.: +49-(0)4921-450-9360Fax: +49-(0)4921-450-9365

E-Mail: [email protected]: [email protected]: www.afx-eng.de

von einigen Hundert Hertz mit kleinen De-tektoroberflächen möglich.

Eine Photodiode dagegen ist sehr schnell – Signalanstiegszeiten im Nanosekundenbe-reich sind möglich. Somit sind Messungen der hochgetakteten Festkörper- und Gaslaser gut erreichbar. Nachteilig ist die starke Spektral-abhängigkeit dieser Detektoren, die nur durch eine Werkskalibrierung berücksichtigt werden kann. Allerdings ist für eine Vielzahl von An-wendungen, wie z. B. die Überwachung eines Bearbeitungslasers, die Wellenlängenabhän-gigkeit ohne Bedeutung, denn es wird ja nur eine Laserwellenlänge verwendet.

Im Folgenden wird ein System vorge-stellt, dass für den OEM-Einsatz konzipiert wurde. Ein Strahlteiler und ein Messkopf mit zugehöriger Elektronik sind in einem kompakten Aufbau kombiniert. Der Strahl-teiler ist eine planparallele Platte, die etwa 5 % der Laserstrahlung in einen Messkopf auskoppelt. Dieser besteht aus einem Hohl-raum mit einer integrierten Photodiode. Der Hohlraum ist diffus streuend, um negative

Auswirkungen von Parametern wie Einfalls-winkel, Strahllage, Strahlinhomogenität und Speckle zu eliminieren. Das System misst die Energie jedes einzelnen Laserpulses durch eine Aufintegration der Ladung auf der Pho-todiode nach dem Lichtpuls. Dies geschieht bis zu einer Wiederholrate von 40 kHz (ein System bis 100 kHz ist zur Zeit in Planung). Da das System integrierend misst, ist es so-gar ohne Belang, dass die Photodiode mögli-cherweise eine längere Anstiegszeit aufweist als die Dauer des Laserpulses selbst. Solange der Puls von der Photodiode absorbiert wird, wird die entsprechende Ladung erzeugt und kann über den nachgeschalteten Trans-impedanzverstärker nachgewiesen wer-den. Durch entsprechende Auslegung des Messkopfes können sehr geringe Energien im pJ-Bereich (Pikojoule) oder recht kräftige Pulse im Joulebereich vermessen werden. Das geht natürlich nicht mit einem einzigen Messkopf. Aber in der Regel kann mit einem Messkopf eine Dynamik von ca. 4 Dekaden (13 bis 14 bit) gut realisiert werden.

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46 LTJ November 2007 Nr. 5 © 2007 WILEY-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim

Datenanalyse im Fehlerfall

Die wahre Leistung dieses Systems liegt aber in der weiteren on-board Signalverarbei-tung. Der Anwender kann eine untere und eine obere Energieschwelle einprogrammie-ren. Die Energiewerte werden während der Messung in Echtzeit mit diesem Sollfenster verglichen. Eine Hardwareleitung dient zur Meldung des Ergebnisses dieser Auswer-tung. Dadurch ist eine Meldung eines Feh-lers schon vor dem nächsten Laserpuls ge-währleistet. Die gemessenen Daten werden dann in ein Ringbuffer gespeichert. Dieser Speicher hat eine Größe von 9 MB – groß genug, um die Daten der letzten 75 Sekun-den von 2 Messkanälen bei einer Auflösung von 12 bit bei 40 kHz Wiederholrate aufzu-nehmen. Vor der Messung kann der Anwen-der die Anzahl der Pulse, die nach einem ge-messenen Fehlerfall weiter aufgenommen werden sollen, einprogrammieren. Ein in-terner Index wird mitgespeichert und sorgt für die 1:1 Korrelation der Messdaten mit der Systemsteuerung im Nachhinein. Somit ist eine umfassende Analyse der Laserstabili-tät vor, während und nach einem Fehlerfall möglich. Das bedeutet, dass der Anwender gleich ausreichende Information erhält, um den Systemfehler schnell diagnostizieren zu können.

Applikationsbeispiel Mikromaterialbearbeitung

Die Mikrobearbeitung von Materialien ist ein großer und stark zunehmender Markt. Sei es die Feinjustage (Trimmen) von Wider-

standswerten, das Bohren von Mikrovias in der Elektronikbranche oder das „Schreiben“ von 3D-Bildern für Multimediaprodukte. Diese Anwendungen benötigen Laserpulse mit hoher Taktrate in einer sehr feinen und konstanten Dosierung, um gleichmäßige und präzise Ergebnisse zu erzielen. In der Re-gel werden hier Festkörperlaser verwendet, die im nahen Infrarot oder durch Frequenz-vervielfachung im grünen oder UV-Bereich strahlen. Energien von µJ (Mikrojoule) bis mJ (Millijoule) und Wiederholraten von 10 kHz bis 200 kHz für den hohen Durchsatz sind Stand der Technik. Um den Bearbeitungs-prozess fehlerfrei zu halten, muss der Laser fortwährend überwacht werden – am Bes ten jeder einzelne Puls. Zudem ist es häufig sinn-voll, eine Überwachung des Prozesses selbst vorzunehmen. Nehmen wir als Beispiel die Bearbeitung von Glas mit einem engfokus-sierten Laserstrahl, um 3D-Bilder hinein-zuschreiben. Die Bilder werden dadurch erzeugt, dass der Laserschuss aufgrund der sehr hohen Leistungsdichte während des Pulses ein Plasma im Inneren des Glases erzeugt. Es kommt zu einem etwa kugelför-migen Mikroriss im Inneren des Glases. Eine große Anzahl von diesen Punktrissen erzeu-gen dann ein 3D-Bild mit hoher Auflösung. Das erfolgreiche Erzeugen eines Plasmas setzt zwei Bedingungen voraus. Erstens muss die Pulsenergie hoch genug sein und zwei-tens muss der Strahl scharf genug fokussiert werden, um mit dieser Energie eine ausrei-chende Leistungsdichte zu erzeugen. Somit ist eine Überwachung der Pulsenergie allein nicht ausreichend, um den Bearbeitungs-prozess vollständig zu überwachen. In die-sem Fall kann es sinnvoll sein, einen zweiten Messkopf zu verwenden, der auf den Nach-weis des Plasmaleuchtens ausgelegt worden ist. Dies lässt sich dadurch realisieren, dass die Lichtöffnung zum Detektor mit einem Sperrfilter versehen wird, der Streulicht vom Bearbeitungslaser ausschließt. Somit wird

sichergestellt, dass nur das Plasmaleuchten nachgewiesen wird.

Ein kompakter Aufbau für eine solche An-lagenüberwachung ist in Abbildung 1 dar-gestellt. Der Bearbeitungsstrahl durchläuft den Strahlteiler. Ein Teil des Strahls wird in den Messkopf ausgekoppelt. Dieser Teil-strahl dient der Messung der Laserenergie. Der Bearbeitungsstrahl wird dann auf das Werkstück fokussiert und es kommt zum Plasmaleuchten. Dieses Leuchten liegt im Wesentlichen im sichtbaren Bereich und erscheint dem Betrachter als weißes Licht. Ein Teil dieses Lichts wird an der Rückseite des Strahlteilers in den zweiten Messkopf reflektiert. Wie erwähnt: ein Sperrfilter am Eingang des Messkopfes schließt hier das Laserlicht aus. Somit wird nur die Stärke des Plasmaleuchtens gemessen. Durch die Echt-zeitanalyse beider Parameter (Laserenergie und Plasmaleuchten) kann der Bearbeitungs-prozess sehr gut überwacht werden. Quali-tätsmängel lassen sich so noch während der Bearbeitung ausschließen. Bei Anlagen mit sehr großer Bearbeitungsfläche kann dieses Monitoring entscheidend sein.

Für diese Klasse an Messungen trägt das vorgestellte Messsystem also zu einer Verbes-serung der Genauigkeit bei. Ferner ist durch die hohen Wiederholraten eine Erhöhung des Durchsatzes möglich. Bei umfangrei-chen Qualitätskontrollen kann dies entschei-dend sein, denn dadurch kann die Anzahl der parallelen Messplätze reduziert werden – eine erhebliche Kosteneinsparung.

DIE FIRMA

Artifex Engineering e. K.

Artifex Engineering e.K. befasst sich mit der Entwicklung und Herstellung von präziser optoelektronischer Mess-technik für industrielle photonische An-wendungen. Expertise in den Bereichen Optik, Optoelektronik, Analog- und Digitalelektronik sowie Mikrokontroller-software und Software für graphische Bedieneroberflächen gewährleisten pro-fessionelle Ergebnisse für anspruchsvolle und umfangreiche kundenspezifische Messaufgaben.Mehr Informationen finden Sie unter: www.afx-eng.de

ABBILDUNG 1: Kompakter Aufbau zur gleichzeitigen Messung von Laserenergie und Plasmaleuchten.