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Lautsprecher Wilson Benesch A.C.T. One Evolution Autor: Andreas Wenderoth Fotografie: Rolf Winter

Die A.C.T. One Evolution ist ein spä-

ter Nachfahre des vielleicht nach-

haltigsten Designs der Firmenge-

schichte von Wilson Benesch. 1994

sorgte der erste Standlautsprecher

in der damals gänzlich neuartigen

Schalenbauweise mit Carbonfasern

für Furore auf dem Markt – und un-

zählige Auszeichnungen. Drei Laut-

sprecher-Generationen und fast ein

Vierteljahrhundert später will Wil-

son Benesch mit ihrer neuen A.C.T.

One Evolution erneut den Markt auf-

wirbeln.

Die völlige Ablösung

Ich gebe zu, dass ich einige Entwicklungen bei Wilson Beneschverschlafen habe. Noch immer assoziiere ich mit der britischenFirma aus Sheffield zuallererst jenen Plattenspieler mit dem unge-wöhnlichen Carbon-Tonarm, der mich, als er irgendwann bei ei-nem Freund im Rack stand, geärgert hat – weil er deutlich besserklang als mein damaliger LP 12. Gut, ich habe schon mitbekom-men, dass irgendwann in der Produktpalette auch das andere Ende der Kette, die Lautsprecher auftauchten (die sich ebenfallsder Carbonfasern bedienten). Aber „Tactic Drive Unit“ (die diefrüheren Scan-Speak-Chassis ablösten) oder das revolutionäreSubwoofer-System Torus gingen glatt an mir vorbei. Wie gut, dassmit der A.C.T. One Evolution nun ein Lautsprecher in meine Hän-de gerät, mit dem mein Blick geweitet wird. Eine Art Nachhilfeun-terricht in Sachen innovativer Lautsprecherbau.

Um die Genese des Lautsprechers besser zu verstehen, hilft es, zuden Anfängen des Unternehmens zurückzugehen. 1989 gründetendie heutigen Eigentümer Christina und Craig Milnes mit einemStartkapital von lediglich 10 000 englischen Pfund Wilson Be-nesch. Wären nicht bald weitere 25 000 Pfund dazugekommen,die das englische Industrieministerium im Rahmen eines For-schungsprojekts zur Verfügung stellte, hätten sie den Laden wahr-scheinlich bald dichtmachen können. So aber leiten sie heute ge-meinsam eine äußerst erfolgreiche High-End-Schmiede mit 16Festangestellten.

Der Hintergrund des Paares könnte verschiedener nicht sein:Christina Milnes studierte Psychologie, Soziologie und Betriebs-wirtschaft mit Schwerpunkt Personalwesen. Als Hauptgeschäfts-führerin ist sie für strategische Entwicklung der Firma zuständig.Ihr Mann Craig, Designchef von Wilson Benesch, lernte das Inge-nieursgeschäft beim Stahlriesen British Steel und schloss einKunststudium an der Loughborough Universität an. Im drittenStudienjahr wurde ihre Tochter geboren, die Craig mit einem ge-brauchten Armstrong-Röhrenverstärker und dem Bau seines ers -ten Lautsprechers frühzeitig an die Musik heranführen wollte. Ihnließ das Thema nun nicht mehr los: Neben dem Studium sondier-te er den High-End-Markt und stellte fest, dass es keine Firma gab,die mit bahnbrechend innovativen Materialien arbeitete. Carbon-

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fasern wurden damals durch den Er-folg des McLaren MP4/1 zwar zuneh-mend populär, aber niemand war bisdahin auf die Idee gekommen, dasHightech-Material auch für Platten-spieler oder Lautsprecher zu nutzen.

A.C.T. heißt so viel wie „AdvancedComposite Technology“ und meint ge-nau dies: den Einsatz von Carbonfa-sern. Deshalb, weil sie eine sehr hoheSteifigkeit und innere Dämpfung habenund somit mögliche Klangverfärbun-gen durch das Lautsprechergehäuse sogut wie ausschließen sollen. „MehrMasse führt immer zum Problem einerniedrigeren Resonanzfrequenz“, sagtCraig Milnes. Kombiniere man aber einMaterial geringer Masse (Carbonfasernin den seitlichen Zargen und im Kopf-teil) mit einem Material hoher Zugfes -tigkeit (hochfesten Stahl beziehungs-weise hybride Verbindungen vonAluminium und Stahl in Front, Rück-teil und Fuß), ergebe sich als positiverEffekt eine Art gegenseitige Selbstbe-dämpfung. Genau das ist der Grund fürden schichtartigen Aufbau des Laut-sprechers. Durch die Schalenbauweisekann die gesamte Struktur in der verti-kalen Achse, der längsten Länge desLautsprechers, besser kontrolliert, alsoResonanzen vermieden werden.

Die A.C.T. One Evolution ist die kon-sequente Weiterentwicklung des Laut-sprechers, der 1994 als A.C.T. One er-schienen war und sich über A.C.T. unddie A.C.T. C 60 fortgesetzt hatte. „Es ist

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Gute Reflexe: Die beiden Reflexöffnungen für die Mitteltöner befinden sichim oberen Teil des Gehäuserückens. Die große Bass-Reflex-Öffnung strahltnach unten ab. Im Fuß des Lautsprechers sitzt auch das Tri-Wire-Terminal –hier mit den Original-Bi-Wire-Silber-Brücken

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wie bei einem Porsche 911“, sagt Craig Milnes (und deutet mit die-sem hübschen Vergleich die Liga an, in der er Wilson Benesch sieht),bei dessen Entwicklung ja auch niemand auf die Idee käme, dieGrundform oder die essenziellen Zutaten zu verändern – wohl aberdie technischen Feinheiten und die aktuelle Interpretation. So istdas Aussehen (nicht das Innenleben) des im 3-D-Cad/Cam-Verfah-ren entwickelten Lautsprechers immer noch stark angelehnt an dieursprüngliche (damals noch in Greaves gefertigte) A.C.T. One. Al-lerdings sind auch viele Elemente der aktuellen Flaggschiff-Serie„Geometry“ eingeflossen, deren neuestes Modell sie darstellt: skulp-turhafte Linien, eine nach vorne abfallende Kopfplatte (die Bühneund Präsenz erhöhen soll), der bogenhafte, sich elegant nach hintenverjüngende Körper, der stehende Wellen verhindern soll.

Was sie rein optisch völlig von ihren Vorgängern unterscheidet,ist die Farbe: Waren Carbonfasern in Lautsprechern bisher stetsschwarz, gibt es sie in der A.C.T. One Evolution erstmals auch ge-färbt: Durch die Zusammenarbeit mit Hypetex, einem Team ausFormel-1-Ingenieuren, das das Verfahren entwickelt hat, ist nun,man ahnt es, nicht irgendeine Farbe entstanden, sondern eine sehrbeziehungsreiche: „Enzo Red“ – in Anlehnung an das berühmteRot des Enzo Ferrari. So soll die Geschwindigkeit und Dynamik,mit der die Box akustisch zu Werke geht, auch optisch ausgedrücktwerden. Und in der Tat ist sie ein wahrer Augenschmaus. Ein fastzierlicher Feingeist, der ungemeine Wertigkeit ausstrahlt.

Im Fuß des Lautsprechers befindet sich ein vergleichsweise selte-nes Tri-Wiring-Terminal, das dem Besitzer eine Vielzahl von An-schlussmöglichkeiten erlaubt. Mit den Original-Silberbrückenkann wahlweise auf Bi- oder Single-Wiring umgestellt werden.Damit ich den Lautsprecher nicht jedes Mal auf die Seite legenmuss, wenn ich das Lautsprecherkabel wechsle, hatte mir der Ver-trieb freundlicherweise eine von Phonosophie angefertigte Brückemitgeschickt, mit der die Verkabelung außerhalb des Lautspre-cherfußes erfolgen kann. So richtig praktisch finde ich die Origi-nal-Terminal-im-Fuß-Lösung nicht, aber dies ist keiner Marottedes Herstellers geschuldet, sondern dem Umstand, dass die massi-ve Rückseite außer den beiden Reflex-Öffnungen für die Mitteltö-ner (die für den Tieftöner strahlt aus dem Fuß nach unten ab) ausoptischen Gründen keine weiteren Elemente haben sollte. Aberauch, weil man bei Wilson Benesch davon ausgeht, dass ein Besit-zer dieses Lautsprechers – der ja für’s Ankommen steht – nichtständig die Kabel hin und her wechselt.

Allerdings sollte man die sechs Kabel des Terminals dann auchkorrekt verbinden. Ich hatte zunächst zwei Anschlüsse vertauscht,

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Lautsprecher Wilson Benesch A.C.T. One Evolution

nähernd gerecht geworden! Stattdessen schwebteein hilfreicher Engel ein (in Form von CarstenThiele, Hifi-Studio 10), der mit der nötigen Ruheund Erfahrung – schließlich verkauft er den Laut-sprecher auch – bei dessen Entfaltung half.

Per Ferndiagnose hatte zuvor der Vertriebschefdarauf getippt, dass die Grandinote-Endstufe denLautsprecher möglicherweise nicht ausreichendtreibt. Obwohl ein Wirkungsgrad von 89 dB inKombination mit vier bis sechs Ohm Impedanz janun nicht gerade als heikel gilt, macht meine Pass inder Tat noch geringfügig mehr Druck, ebenso einherbeigeschaffter 200 Watt-Vollverstärker (Mod-Wright KWI 200), mit dem der Lautsprecher prak-tisch aus dem Stand sehr dynamisch, vollmundigund frei aufspielt. Jedenfalls, wenn man sich vorher

sodass das akustische Ergebnis irritierend ernüch-ternd war: Der Sound klebte im Lautsprecher, etwasflachbrüstig, praktisch kein vorhandener Bass. Als ichVertriebschef Michael Hannig am Telefon beschreibe,wie der Lautsprecher klingt, sagt er, nein, er kenne dieOne Evolution sehr gut, und meine Klang-Schilde-rung beschreibe sie ganz sicher nicht. Als der An-schlussfehler behoben ist, spielt die Box allerdings im-mer noch nicht ganz „frei“. Und nun beginnt einekleine Odyssee, die Suche danach, wie man dem Laut-sprecher seine Qualität entlocken kann (die er vorerstnicht mitteilen möchte). Hinwerfen, weil ein komplettzufriedenstellendes Ergebnis nicht in Reichweitescheint? Wäre ich diesem Impuls gefolgt, ich hättemich einer großen Erfahrung beraubt – und wäre diesem wunderbaren Lautsprecher auch nicht an -

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noch ein bisschen mit der Verkabelung auseinander -gesetzt hat. Nachdem wir die Netzkabel an Vor- UndEndstufe umgestellt haben auf PS-Audio beziehungs-weise Swisscables, löst sich das Klangbild noch besservom Lautsprecher, gewinnen auch die unteren Mittenan Feinzeichnung. Mir wird klar, dass hier keine „Plugand Play-Lautsprecherbox“ vor mir steht, sondern ei-ne, die durchaus wählerisch im Hinblick auf ihre Spiel-partner ist. Aber wie bei einer echten Bühnen-Divasieht man ihr das gerne nach, denn sie kann vieles, wo-von andere nur träumen. Doch dazu gleich mehr.

Um ihr volles Potenzial abzurufen, bringt Thiele,mehr aus Spaß (denn es geht natürlich auch ein paarStufen drunter), noch eine CH-Precision-Endstufemit. Das, was ich ein paar Schritte zuvor noch alskickenden, etwas überbetonten Oberbass empfunden

Vorherige Seite: Jedem das Gleiche – Bass und Mitten ha-ben nahezu identische Chassis aus isotaktischem Polypro-pylen. Diese Seite: Der hochauflösende Hybrid-Hochtönerverfügt über eine Membran aus Carbon und Seide

habe, hat sich jetzt völlig aufgelöst. Noch mal wirdder Standort der Boxen leicht korrigiert und einigeGerätefüße später (Thiele vertreibt unter dem Fir-mennamen CT äußerst interessante Tuning-Pro-dukte, die sicherlich eine eigene Geschichte wertwären) klingt die A.C.T. Evolution One nun so, dassich Schwierigkeiten habe, den Hörraum überhauptwieder zu verlassen. Jetzt hat sie mich buchstäblichgepackt.

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schen wird hier wie rhythmisches Atmen eingesetzt,ein Gewitter aus Synkopen und fast swingenderBecken-Arbeit (sehr schön auflösender, frei spielen-der Hochtöner!) versetzt einen mit brachialer Urge-walt direkt auf den Dancefloor (ich persönlich sitzezum Leidwesen meiner Freundin allerdings deutlichlieber zwischen den Lautsprechern, aber das ist viel-leicht eine andere Geschichte). Sehr guter Fokus, ex-plodierende Dynamik und Mitten, die ebenso prä-sent wie natürlich spielen. Deren größter Effekt ihrevöllige Effektlosigkeit ist. Für mich fast am meistenbeeindruckend jedoch, wie sich der Lautsprecherpraktisch selbst auflöst: Die Musik spielt zu keinerSekunde aus den Gehäusen, sie IST im Raum.

Ich bin erstaunt darüber, wie weit man den Laut-sprecher auseinanderziehen kann, ohne dass dasKlangbild dadurch zerrissen wird (mein eigenerLautsprecher macht das nicht mit). Leicht eingewin-kelt erzielt die Evolution One in meinem Hör-Raumdie besten Ergebnisse. Normalerweise, sagt Chefent-

Was genau der kleine „Flicken“ an der Rückseite der Mem-bran bewirkt, verrät Wilson Benesch nicht. Nur, dass es sichum einen multi-funktionalen visko-elastischen Verbundstoffhandelt

Ganz offen: Beim Blick hinter die Chassis kommen mehrereSchichten Dämmstoff zum Vorschein. Über Gewindestangenist die Wilson Benesch vom Kopf bis zum Fuß verbunden

Eine erste Probe: Elektronische Musik ist sicherlichnicht meine bevorzugte Stilrichtung, im Falle vonTrentemøllers intelligentem Minimal-Album Thelast resort aus dem Jahr 2006 (Poker Flat, PFRLP 18,2-LP), mache ich gern eine Ausnahme. Schon des-halb, weil man unter anderem die Basstüchtigkeitdes Lautsprechers damit recht gut auf die Probe stel-len kann. Erste Überraschung: Der Bass reicht sehrtief herunter, was angesichts der bescheidenen, wohljedem Wohnzimmer gerechten Gehäusemaße nichtunbedingt zu erwarten war. Dies ist neben der cle-veren Reflexabstimmung unter anderem dem Um-stand zuzuschreiben, dass der Lautsprecher durchseine innovative Bauweise gänzlich auf Verstrebun-gen verzichten kann, in seinem Inneren also de factogrößer ist als vergleichbare Boxen – und insofernauch mehr Raum zur Bassentfaltung hat.

Das Stück „Into the trees“ changiert zwischen Am-bient und Techno; raffinierte Soundteppiche bauensich über einem treibenden Beat auf, sanftes Rau-

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fung laut Wilson Benesch fünfmal so gut ist wie ge-wöhnliches Polypropylen und durch seine Richt-charakteristik sogenannte „visko-elastische“ Ab-sorptions-Eigenschaften hat, vereinfacht gesagt,also vergleichsweise viel Resonanzenergie absorbie-

wickler und Firmenchef Craig Milnes, werden in ei-nem Lautsprecher verschiedene Chassis verwendet,mit unterschiedlichem Resonanzverhalten, Dämp-fungseigenschaften, Wirkungsgrad und Linearität.Dies führt zu Verzerrungen, Phasenverschiebungenund einer negativen Beeinflussung des Impulsverhal-tens. Elektrostaten umgehen das Problem, müssenaber für einen angemessenen Output ziemlich großsein. Er löse das Problem, sagt Milnes, indem er, ab-gesehen von kleinen Modifikationen, die der Opti-mierung des Frequenzgangs dienen, ein und dasselbeChassis für ganz verschiedene Aufgaben einsetzt.

Wie das Flaggschiff der Firma, die Cardinal, istauch die A.C.T. One Evolution ein Zweieinhalbwe-ge-Standlautsprecher, allerdings mit vier Chassis.Ein neuartiger, inwändig relativ großer 25 mm-Ka-lottenhochtöner, der linear bis 30 kHz und bei ei-nem Abfall von -6 dB sogar bis 35 kHz hoch reichtund über eine sehr leichte Hybrid-Membran ausCarbon und Seide verfügt, soll die Geschwindigkeiteines harten Konusmaterials mit der tonalen Rich-tigkeit und Breitbandigkeit eines klassischen, eherweichen Hochtöners verbinden. Für Bass und Mit-ten sorgen gleich drei 170 mm Tactic II Chassis aussogenanntem isotaktischem Polypropylen (IPP),einem an der Leeds Universität entwickelten Kunst-stoff, der im Hinblick auf Steifigkeit und Dämp-

xxxMitspielerPlattenspieler: Artemis SA-1 Tonarm: Schröder No.2 Tonabneh-mer: Lyra Scala, Soundsmith „Hyperion“ Vorstufe: Funk MTX V3b,Grandinote Proemio, CH Precision L1 Endstufe: Pass XA- 30.5,Grandinote Silva, CH Precision A1 Vollverstärker: ModWright KWI200 Phono-Pre: Tom Evans „The Groove Anniversary MK2“ Phono-Pre: Tom Evans The Groove 20th Anniversary MK2 Lautsprecher:Sehring S902 Kabel: HMS Gran Finale, Gran Finale Jubilee, HMSSuprema, PS Audio AC12, Swisscables Reference Plus (Netzkabel),Harmonic Technology Magic Link 3 (XLR-Kabel); JPS Labs Aluminata(RCA); Heavens Gate Audio Ultra Supreme, Fast Audio Black Scien-ce, MasterBuilt Reference Line (Lautsprecherkabel) Netzleiste: Iso-tek Orion Zubehör: Phonosophie Wandsteckdose und Sicherung, TimeTable, Time Justin, Time „T for 3“, Audioplan Antispikes, CT Au-dio Resonanztechnik - Steppness I + II, Doppelio; Fast Audio Absor-ber, Acoustic System Resonatoren, Audiophil Schumann Generator,Nadelreiniger Lyra SPT, Onzow ZeroDustxxxx

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ren kann. Das wiederum lässt die Chassis zu einem idealen Spiel-partner der Carbonfasern werden. Der unterste Treiber ist fürden unteren Bass zuständig (bis 34 Herz!). Die beiden anderenflankieren den Hochtöner, der untere ist für die oberen, der obe-re für die unteren Mitten zuständig: Ein sogenannter „Troika“-Aufbau (der auch in der Cardinal Verwendung findet) und derneben den eigenen Kammern, die die Treiber nun haben, einender Hauptunterschiede zur A.C.T. One ausmacht.

Die Antriebseinheit des Tactic II ist eine Entwicklung, die inKooperation mit dem Studiengang Physik der Sheffield Univer-sity entstanden ist: Hierbei wurde der Neodymium-Magnet ein-gekapselt, wodurch der Durchfluss des Treibers erhöht wird. EinPolypropylen-Kegel in einem stromlinienförmigen Korb verbin-det den Anspruch der Leichtbauweise bei gleichzeitig garantiertgroßer Steifigkeit. Bedingt durch ihren Aufbau können die bei-den Mitten-Chassis direkt vom Verstärker, also ohne jeden Filter,angetrieben werden. Dadurch soll der besonders kritische Mit-

tenbereich frei von Phasenverschie-bungen spielen, äußerst linear und na-hezu völlig verzerrungs- und verfär-bungsfrei.

Das wird an einem weiteren Beispieldeutlich: Misty ist ein Album, das icheigentlich nur heraushole, wenn ich gutgestimmt bin (obwohl es eigentlichauch fantastisch genau umgekehrtfunktioniert). Das Yamamoto TsuyoshiTrio (TBM 30, LP) zeigt sich in dieserherausragenden Aufnahme aus demJahr 1974 im Tokioter Aoi-Studio inbester Spiellaune. Die A.C.T. One Evo-lution freut sich über gute „Nahrung“und macht eine Bühne auf, die ich sogroß und plastisch noch nicht gehörthabe. Links das Klavier mit changie-renden, manchmal harten, und dannfast liebkosenden Anschlägen, die so le-bendig im Raum hallen, als säße manselbst dabei. Was für eine atemberau-bende Natürlichkeit: Durch die filter-befreiten Mitten-Chassis klingt dasKlavier nicht nur klavierhaft, sondernerzeugt eine nahezu perfekte Illusioneines wirklichen Klaviers. Man siehtdie Hand auf den Tasten, den Hammer,der auf die Stahlseiten drückt, den Ton,der resoniert und in den Raum tritt.Rechts daneben der Kontrabassist, dertief in die Saiten greift, und den Schlag-zeuger, dessen Jazzbesen so unerhörtbeiläufig (und doch präzise) über dieFelle streicht, als könnte er nebenbeinoch Zeitung lesen. Der Lautsprechermacht nach oben hin wunderbar aufund wird auch in den tiefen Frequen-zen niemals eng. Zeitrichtig undäußerst dynamisch – trotz seiner Viel-schichtigkeit ein Lautsprecher aus ei-nem Guss. „Trocken und kultiviert, wieein wirklich guter Martini“, heißt es in

Die hochwertigen Spikes sind bequem verstellbar und stehen auf speziellankoppelnden Stahlkugeln

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einer amerikanischen Besprechung,was die Sache recht gut trifft. Wobei er– um im Spirituosenvergleich zu blei-ben – auch die zitronige Frische einesguten „Whisky sour“ hat.

Auf Finks großartig produziertem 2-LP-Live-Album (Ninja Tune, ZEN201) aus dem Jahr 2013 überlässt derSinger-Songwriter freundlicherweisedie letzte Plattenseite ganz dem ihnzuvor begleitenden Royal Concertge-bouw Orchestra, das ahnungsvoll miteiner Komposition von Charles Ivesaus dem Jahre 1908 schließt: „The un-answered question“, das sich um die„immerwährende Frage des Seins“dreht. Ein fast meditatives Streicher -thema, in das eine glockenklare „fra-gende“ Trompete von rechts stößt,und als Störelement und Widerpartein Flötenquartett, das sich atonal indie ruhigen Akkorde der Streicherschiebt. Das Stück stellt einige akusti-sche Klippen auf, aber die A.C.T. OneEvolution umschifft sie alle in sou -verä ner Manier. Trotz der zum Teil er-heblichen Aggressivität der Flötensät-

xxxxLautsprecher Wilson Benesch A.C.T. One Evolution Funktionsprinzip: 2,5 Wege Standlautsprecher Wirkungsgrad: 89 dB Nennim-pedanz: nominal 6 Ohm, Minimum 4 Ohm Frequenzgang: 34Hz–30kHz Beson-derheiten: Hybridbauweise unter Einsatz von Carbonfaserschalen, gleiche Chassisfür Tief- und Mitteltöner aus isotaktischem Polypropylen, Hochtöner mitCarbon/Seidenmembran Ausführungen: 13 Standardfarben (plus 4 Racing-Farben,Aufpreis 1990 Euro) Maße (H/B/T): 119 x 22,5 x 40 cm Gewicht: 46 kg Garantie:3 Jahre Preis: ab 27590 Euro

Kontakt: IBEX AUDIO, Alfredshöhe 29, 89522 Heidenheim, Telefon 07321/25490,www.ibex-audio.dexxxx

ze, die eine Herausforderung für jeden Lautsprecher darstellen,bleibt sie bei aller dynamischen Präsenz tonal unbeirrt sauber.Die Bühne plastisch, der Raum beeindruckend, die Musiker zumGreifen nah. Die Ablösung vom Lautsprecher erreicht einenGrad, den ich so von keiner anderen Box kenne! Beim Ausklangdes letzten Taktes fühlt man sich dermaßen in den Konzertsaalhineingezogen, dass man sich unwillkürlich selbst ermahnt,möglichst nicht als Erster zu applaudieren, weil man den span-nungsvollen Nachhall der Musik und den wundervollen Mo-ment nicht zerstören möchte. Und wie erleichternd es ist, wennman es dann irgendwann doch darf. Bravo!