Leben im Anthropozän: Geteiltes Wasser – geteilte Risiken?

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Die Verfügbarkeit von Wasser in ausreichender Quantität und guter Qualität für Gesellschaften und Ökosysteme räumlich und zeitlich zu gewährleisten, ist eine der großen globalen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft. Um die Wasserve rfügbarkeit sicherzustellen , greifen Gesell- schaften als gestaltende Akteure massiv in natürliche Wassersysteme ein, wobei die Entscheidungen und Handlungen auf unterschiedlichen Skalen, lokal bis global, ihre Wirkung entfalten. Über die intensive Nutzung von Ober- Leben im Anthropozän – Macht oder Ohnmacht? Namibia: Geteilte Gefahren – ungeteilte Risiken? Leben im Anthropozän: Geteiltes Wasser – geteilte Risiken? Heide Kerber Johanna Kramm Robert Lütkemeier Soija Schmitz Laura Woltersdorf ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, Hamburger Allee 45, D-60486 Frankfurt/Main (E-mail: [email protected]) Geteilte Wasserrisiken – „Wir sitzen alle in einem Boot” Sitzen wir wirkli alle im selben Boot? Im Rahmen von Kooperation bzw. kollektivem Handeln sind folgende Punkte zu beachten: Ungleiche Verteilung der Risiken Unterschiedliche Machtpositione n Frage der Inklusion und Stimmberechtigung Frage der Repräsentatio n Schaffung gemeinsamer Ziele benötigt Koordination, Abstimmung und Treffen Den globalen Herausforderungen des Anthropozäns kann vor allem auf der regionalen und lokalen Ebene begegnet werden. Das „shared risk“-Konzept bietet sich als eine Kon- kretisierung dieses Anspruchs an. Mit der Idee von geteilten Wasserrisiken wird angenommen, dass Risiken wie Wasser- knappheit (Qualität/Quantität) von unterschiedlichen Ak-  teuren geteilt werden. Nur wenn sich alle Akteure zusam- menschließen, kann durch Kooperation eine nachhaltige Nutzung der Wasserressourcen erreicht werden. Das Beispiel zeigt, dass die betroffenen Akteure zwar denselben Gefahren ausgesetzt sein können, aber nicht im selben Maße Risiken „teilen“. Akteure sind mit unterschiedlichen Ressourcen (finanziell, personell) ausgestattet und nehmen unterschiedliche Macht- positionen im „Kollektiv“ ein. Dies führt zusammen mit unterschiedlichen Interessen, Risikowahrnehmungen und -bewertungen zu verschiedenen Handlungsspiel- räumen und -möglichkeiten . Abb. 1:  Konzeptualisierung geteilter Risiken unter Akteuren im Rahmen eines sozial-ökologischen Systems GEFAHREN Öffentliche Wasserversorger NamWater Landwirtschaftliche Großbetriebe Kleinbauern Viehhaltung Stadtbevölkerung  Landbevölkerung  Zwischenstaatliches Management (Interessenpolitik, sektorale Differenz en und Inkonsist enzen) Wasserqualität (Chemische und biologische Verunreinigung) Wasserquantität (Menge und Variabilität, Nutzungskonflikte) Überschwemmung RISIKEN Verlust von Kunden Erhöhte Kosten (illegale Wasserentnahme, Wasseraufbereitung) Schäden im Leitungsnetz Einhaltung von Hygienestandards Wasserpreis e für Trinkwasser Auf Kanal als Trinkwasserzufuhr angewiesen Krankheit bei unzureichenderQualität Infrastrukturschäden Ernteverluste Einkommensverluste Intersektorale Politikstrategien Integrierte Managementkonzepte Partizipative Lösungsansätze Multi-Stakeholder- Partnerschaften REGULATION flächen- und Grundwasserressourcen oder das Bauen von großen Infrastrukturen wie Staudämmen und zentralen Wasserver- und Abwasserentsorgungssystemen verändern sich Wasserflüsse und naturräumliche Gegebenheiten grundlegend gesellschaftliches Handeln wird zur prägenden Kraft im Erdsystem, wir befinden uns im Anthro- pozän. Mit der Idee vom Anthropozän sind sowohl ein Gestaltungs imperativ wie auch Gestaltungs chancen für eine nachhaltige Entwicklung verbunden. Mit dem Anthropozän geht die Verantwortung der Menschheit einher ihre „Macht“ zu nutzen: Neue Regulationsmuster müssen geschaffen werden um Wasserrisiken zu lösen und eine nachhaltige Entwicklung zu gestalten. Abb. 2:  Mapping relevanter Akteure und ihrer Gefahren und Risiken im Cuvelai-Etosha Einzugsgebiet Über Aushandlungsprozesse können aussichtsreiche Hebel für die Umsetzung gemeinsam getragener Lösungen identifiziert werden. Um auf der Handlungsebene den Herausforderungen des Anthropozäns langfristig zu begegnen,  können Wasserpartnerschaften gegründet werden oder sich Unternehmen in einem Gebiet für eine gemeinsame Nutzung der Ressource (Kaskaden, Wieder- verwendung) zusammenschließen. Dies stellt eine innovative Weiterentwicklung des IWRM-Ansatzes dar. Die Ressource Wasser wird von verschiedenen Akteuren beansprucht dadurch entstehen geteilte Risiken. Nur über kollektives Handeln und die Inklusion aller kann dem  langfristig begegnet werden. Der Risikobegriff des „shared-risk“-Konzepts bedarf einer terminologischen Anschärfung. Nichtsdestotrotz hat das Konzept einen hohen symbolischen Gehalt für die Praxis. Aus geteilten Gefahren erwachsen für die Akteure spezifische Risiken die wiederum gemeinsame Regulationserfordernisse nach sich ziehen. © CuveWaters © CuveWaters © CuveWaters © cuveWaters Karte 1:  Wasserversorgungsnetz und Bevölkerungsdichte im Cuvelai-Etosha Einzugsgebiet

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Die Verfügbarkeit von Wasser in ausreichender Quantitätund guter Qualität für Gesellschaften und Ökosystemeräumlich und zeitlich zu gewährleisten, ist eine der großenglobalen Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft.Um die Wasserverfügbarkeit sicherzustellen, greifen Gesell-schaften als gestaltende Akteure massiv in natürlicheWassersysteme ein, wobei die Entscheidungen undHandlungen auf unterschiedlichen Skalen, lokal bis global,ihre Wirkung entfalten. Über die intensive Nutzung von Ober-

Leben im Anthropozän – Macht oder Ohnmacht?

Namibia: Geteilte Gefahren – ungeteilte Risiken?

Leben im Anthropozän:

Geteiltes Wasser – geteilte Risiken?

Heide Kerber Johanna Kramm Robert Lütkemeier Soija Schmitz Laura Woltersdorf

ISOE – Institut für sozial-ökologische Forschung, Hamburger Allee 45, D-60486 Frankfurt/Main (E-mail: [email protected])

Geteilte Wasserrisiken – „Wir sitzen alle in einem Boot”

Sitzen wir wirkli alle im selben Boot?

Im Rahmen von Kooperation bzw. kollektivem Handelnsind folgende Punkte zu beachten: Ungleiche Verteilung der Risiken Unterschiedliche Machtpositionen Frage der Inklusion und Stimmberechtigung Frage der Repräsentation Schaffung gemeinsamer Ziele benötigt

Koordination, Abstimmung und Treffen

Den globalen Herausforderungen des Anthropozäns kannvor allem auf der regionalen und lokalen Ebene begegnetwerden. Das „shared risk“-Konzept bietet sich als eine Kon-kretisierung dieses Anspruchs an. Mit der Idee von geteiltenWasserrisiken wird angenommen, dass Risiken wie Wasser-knappheit (Qualität/Quantität) von unterschiedlichen Ak-

 teuren geteilt werden. Nur wenn sich alle Akteure zusam-menschließen, kann durch Kooperation eine nachhaltigeNutzung der Wasserressourcen erreicht werden.

Das Beispiel zeigt, dass die betroffenen Akteure zwardenselben Gefahren ausgesetzt sein können, aber nichtim selben Maße Risiken „teilen“. Akteure sind mitunterschiedlichen Ressourcen (finanziell, personell)ausgestattet und nehmen unterschiedliche Macht-positionen im „Kollektiv“ ein. Dies führt zusammen mitunterschiedlichen Interessen, Risikowahrnehmungenund -bewertungen zu verschiedenen Handlungsspiel-räumen und -möglichkeiten.

Abb. 1: Konzeptualisierung geteilter Risiken unter Akteuren im Rahmen eines sozial-ökologischen Systems

GEFAHREN

ÖffentlicheWasserversorger• NamWater

LandwirtschaftlicheGroßbetriebe

Kleinbauern

Viehhaltung

Stadtbevölkerung  

Landbevölkerung  • Zwischenstaatliches

Management(Interessenpolitik,sektorale Differenzenund Inkonsistenzen)

• Wasserqualität(Chemische undbiologischeVerunreinigung)

• Wasserquantität(Menge und Variabilität,Nutzungskonflikte)

• Überschwemmung

RISIKEN

• Verlust von Kunden• Erhöhte Kosten (illegale

Wasserentnahme,Wasseraufbereitung)

• Schäden im Leitungsnetz• Einhaltung von

Hygienestandards

• Wasserpreise fürTrinkwasser

• Auf Kanal alsTrinkwasserzufuhrangewiesen

• Krankheit beiunzureichender Qualität

• Infrastrukturschäden• Ernteverluste• Einkommensverluste

• IntersektoralePolitikstrategien

• IntegrierteManagementkonzepte

• PartizipativeLösungsansätze

• Multi-Stakeholder-Partnerschaften

REGULATION

flächen- und Grundwasserressourcen oder das Bauen vongroßen Infrastrukturen wie Staudämmen und zentralenWasserver- und Abwasserentsorgungssystemen verändernsich Wasserflüsse und naturräumliche Gegebenheitengrundlegend – gesellschaftliches Handeln wird zurprägenden Kraft im Erdsystem, wir befinden uns im Anthro-pozän. Mit der Idee vom Anthropozän sind sowohl einGestaltungsimperativ wie auch Gestaltungschancen für einenachhaltige Entwicklung verbunden.

Mit dem Anthropozän geht die Verantwortung der Menschheit einher ihre „Macht“ zu nutzen: Neue Regulationsmuster

müssen geschaffen werden um Wasserrisiken zu lösen und eine nachhaltige Entwicklung zu gestalten.

Abb. 2: Mapping relevanter Akteure und ihrer Gefahren und Risiken im Cuvelai-Etosha Einzugsgebiet

Über Aushandlungsprozesse können aussichtsreiche Hebelfür die Umsetzung gemeinsam getragener Lösungenidentifiziert werden. Um auf der Handlungsebene denHerausforderungen des Anthropozäns langfristig zubegegnen,  können Wasserpartnerschaften gegründetwerden oder sich Unternehmen in einem Gebiet für einegemeinsame Nutzung der Ressource (Kaskaden, Wieder-verwendung) zusammenschließen. Dies stellt eineinnovative Weiterentwicklung des IWRM-Ansatzes dar.

Die Ressource Wasser wird von verschiedenen Akteuren beansprucht dadurch entstehen geteilte Risiken. Nur über

kollektives Handeln und die Inklusion aller kann dem  langfristig begegnet werden.

Der Risikobegriff des „shared-risk“-Konzepts bedarf einer terminologischen Anschärfung. Nichtsdestotrotz

hat das Konzept einen hohen symbolischen Gehalt für die Praxis. Aus geteilten Gefahren erwachsen für die

Akteure spezifische Risiken die wiederum gemeinsame Regulationserfordernisse nach sich ziehen.

© CuveWaters

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Karte 1: Wasserversorgungsnetz und Bevölkerungsdichte imCuvelai-Etosha Einzugsgebiet

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