Lebensmittel- und Umweltanalytik mit der Spektrometrie || Infrarotspektroskopie

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4 Infraro t spe kt roskopie Hartwig Schulz 4.1 Einleitung Schwingungsspektroskopische Methoden werden bereits seit mehreren Jahrzehnten sehr erfolgreich zur Identifizierung und Strukturaufklarung chemischer Verbindungen eingesetzt. Dies ist nicht zuletzt darauf zuriickzufuhren, dal3 sich die Spektren oftmals mit einem vergleichsweise geringen Aufwand in kurzer Zeit registrieren lassen, nur eine geringe Substanzmenge fiir die Untersuchung benotigt wird und im Vergleich zu klassischen Analysenmethoden kaum Chemikalien und Usemittel erforderlich sind. Neben den energiedispersiven IR-Gerilten, bei denen jeweils uber ein Prisma oder ein optisches Gitter das polychromatische Licht der IR-Strahlungsquelle zerlegt wird, sind seit etwa Anfang der 70er Jahre vermehrt Gerate im Einsatz [4-11, bei denen durch Interferometrie und anschliel3ender Fourier-Transformation das IR-Spektrum erzeugt wird. Als Hauptvorteile der Fourier-Transform (FT)-IR-Gerate ist insbeson- dere die schnelle Spektrenaufnahme, bei der alle Wellenlangen gleichzeitig erfal3t wer- den, anzufiihren. Dariiber hinaus wird aufgrund der optischen Anordnung (wesentlich groaerer Strahlenteiler als bei dispersiv registrierenden Spektrometern) ein besseres SignaYRauschverhaltnis mit der damit verbundenen hbheren Nachweisempfindlich- keit erreicht. Wahrend der Hauptanwendungsbereich der IR-Spektroskopie bisher weitgehend auf einheitliche chemische Verbindungen begrenzt war, bestehen heute aufgrund der Kopplungsmoglichkeit mit der Kapillar-Gaschromatographie auch Moglichkeiten, Einzelkomponenten komplexer Mischungen mittels IR-Spektroskopie zu identifizieren. In einigen Fallen ist es auch ohne vorherige Stofftrennung anhand charakteri- stischer Schlusselbanden moglich, eine Beurteilung komplexer Gemische vorzuneh- men. Neben der direkten Spektrenidentifizierung werden heute im zunehmenden Maae chemometrische Methoden fur qualitative und quantitative Aussagen herange- zogen. In diesem Zusammenhang kommt insbesondere der NIR-Spektroskopie als Schnellmethode zur Bestimmung von Lebensmittelinhaltsstoffen eine immer groaere Bedeutung zu. Abhangig von dem jeweiligen Bereich des fur die Messung genutzten elektromag- netischen Spektrums unterscheidet man prinzipiell drei Teilbereiche der Schwingungs- spektroskopie. Das kurzwellige Nahe Infrarot (NIR) 4000-12 500 cm-I, das Mittlere Infrarot (MIR) 400-4000 cm-' und das langwellige Ferne Infrarot (FIR) 50-400 cm-I. Die FIR-Spektroskopie wird hier nur der Vollstandigkeit halber aufgefuhrt ; sie besitzt jedoch bei der Lebensmittel- und Umweltanalytik nur eine untergeordnete Rolle. Lebensmittel-und Umweltanalytikmit der Spektrometrie Herausgegeben von Lothar Matte1 CoDvriaht Q 1995 VCH Verlaasaescllscliaft mbk

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4 Infraro t spe kt roskopie Hartwig Schulz

4.1 Einleitung

Schwingungsspektroskopische Methoden werden bereits seit mehreren Jahrzehnten sehr erfolgreich zur Identifizierung und Strukturaufklarung chemischer Verbindungen eingesetzt. Dies ist nicht zuletzt darauf zuriickzufuhren, dal3 sich die Spektren oftmals mit einem vergleichsweise geringen Aufwand in kurzer Zeit registrieren lassen, nur eine geringe Substanzmenge fiir die Untersuchung benotigt wird und im Vergleich zu klassischen Analysenmethoden kaum Chemikalien und Usemittel erforderlich sind.

Neben den energiedispersiven IR-Gerilten, bei denen jeweils uber ein Prisma oder ein optisches Gitter das polychromatische Licht der IR-Strahlungsquelle zerlegt wird, sind seit etwa Anfang der 70er Jahre vermehrt Gerate im Einsatz [4-11, bei denen durch Interferometrie und anschliel3ender Fourier-Transformation das IR-Spektrum erzeugt wird. Als Hauptvorteile der Fourier-Transform (FT)-IR-Gerate ist insbeson- dere die schnelle Spektrenaufnahme, bei der alle Wellenlangen gleichzeitig erfal3t wer- den, anzufiihren. Dariiber hinaus wird aufgrund der optischen Anordnung (wesentlich groaerer Strahlenteiler als bei dispersiv registrierenden Spektrometern) ein besseres SignaYRauschverhaltnis mit der damit verbundenen hbheren Nachweisempfindlich- keit erreicht.

Wahrend der Hauptanwendungsbereich der IR-Spektroskopie bisher weitgehend auf einheitliche chemische Verbindungen begrenzt war, bestehen heute aufgrund der Kopplungsmoglichkeit mit der Kapillar-Gaschromatographie auch Moglichkeiten, Einzelkomponenten komplexer Mischungen mittels IR-Spektroskopie zu identifizieren.

In einigen Fallen ist es auch ohne vorherige Stofftrennung anhand charakteri- stischer Schlusselbanden moglich, eine Beurteilung komplexer Gemische vorzuneh- men. Neben der direkten Spektrenidentifizierung werden heute im zunehmenden Maae chemometrische Methoden fur qualitative und quantitative Aussagen herange- zogen. In diesem Zusammenhang kommt insbesondere der NIR-Spektroskopie als Schnellmethode zur Bestimmung von Lebensmittelinhaltsstoffen eine immer groaere Bedeutung zu.

Abhangig von dem jeweiligen Bereich des fur die Messung genutzten elektromag- netischen Spektrums unterscheidet man prinzipiell drei Teilbereiche der Schwingungs- spektroskopie. Das kurzwellige Nahe Infrarot (NIR) 4000-12 500 cm-I, das Mittlere Infrarot (MIR) 400-4000 cm-' und das langwellige Ferne Infrarot (FIR) 50-400 cm-I.

Die FIR-Spektroskopie wird hier nur der Vollstandigkeit halber aufgefuhrt ; sie besitzt jedoch bei der Lebensmittel- und Umweltanalytik nur eine untergeordnete Rolle.

Lebensmittel-und Umweltanalytik mit der Spektrometrie Herausgegeben von Lothar Matte1

CoDvriaht Q 1995 VCH Verlaasaescllscliaft mbk

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4.2 Theoretische Grundlagen

Die Fahigkeit von IR-Strahlung, Atome bzw. Atomgruppen in Molekulen zu Schwin- gungen anzuregen, ist darauf zuruckzufuhren, da13 die Atomabstande nicht starr fixiert sind, sondern Gleichgewichtslagen einnehmen, um die, abhangig von der Bindungs- starke und den jeweiligen Atommassen, mehr oder weniger intensive Schwingungen ausgefuhrt werden konnen. Eine Wechselwirkung mit dem elektrischen Feld des IR- Lichtes ist prinzipiell nur dann zu beobachten, wenn sich wahrend der Schwingung die Symmetrie der Ladungsverteilung (das elektrische Dipolmoment) andert. Die einge- strahlte Infrarotenergie wird immer dann vom Molekul absorbiert, wenn die Eigenfre- quenzen der im Molekul vorhandenen Bindungen mit der jeweiligen Frequenz des ein- gestrahlten IR-Lichtes in Resonanz treten. Aus dem hierbei resultierenden IR-Spek- trum, bei dem die IR-Durchlassigkeit in Abhangigkeit der variierten Wellenlange regi- striert wird, lassen sich daher wichtige Informationen iiber die in einem Molekul vor- liegenden chemischen Strukturparameter ableiten.

Bei mehratomigen Molekulen sind, wie im folgenden am Beispiel des Wassermole- kuls kurz erlautert werden soll, verschiedene Schwingungstypen moglich (Abb. 4-1) :

a) Die Schwingung erfolgt symmetrisch in Richtung der beiden Bindungen

b) Die Schwingung erfolgt asymmetrisch in Richtung der beiden Bindungen

c) Die Schwingung verursacht eine Veranderung der Bindungswinkel im Molekul

(symmetrische Valenzschwingung vs).

(asymmetrische Valenzschwingung yas).

(Deformationsschwingung 6).

a b C

Abb. 4-1: Schwingungstypen eines Wassermolekuls: (a) symmetrische Schwingung, vS; (b) asym- metrische Schwingung, yar; (c) Deformationsschwingung, 6.

Da weitere Schwingungstypen bei dem hier betrachteten Wassermolekul nicht moglich sind, sind lediglich an drei Stellen des entsprechenden Wasserspektrums Absorptionen zu erwarten. Dabei treten die beiden Valenzschwingungen im annahernd gleichen Energiebereich bei ca. 3410 cm-' auf und werden ublicherweise im Spektrum nicht auf- gelost (Abb. 4-2 a). Die Deforrnationsschwingung ist dagegen bei deutlich niedrigeren Wellenzahlen (ca. 1650 cm-') zu beobachten. Bei dem entsprechenden Dampfphasen- spektrum (Abb. 4-2 b) sind aufgrund der geringeren intermolekularen Wechselwirkun-

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Wavenumber (cm-1)

I I I I I I I I I 1 I I

* I ' I I I I I I I I I I 1 I

I 3750 3500 3250 3000 2750 2500 2250 20m 1750 1500 1250 IOM i

Wavenumber (crn-1)

Abb.4-2: MIR-Spektrum von Wasser. (a) Aufnahme in kondensierter Phase, (b) Aufnahme in Dampfphase, * C02-Absorptionsbanden.

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gen die Valenzschwingungen zu hoheren Wellenzahlen hin verschoben ; daruber hinaus sind hier, den Schwingungsbanden uberlagert, die Rotationsbanden des Wassers zu erkennen.

Die in einem Molekul ausgefuhrten Schwingungen von Atomen konnen in erster Naherung mit dem Modell des harmonischen Oszillators veranschaulicht werden. Hierbei stellt man sich ein zweiatomiges Molekul in Form von zwei durch eine elasti- sche Feder verbundene Massen m, und m2 vor.

Erfahrt das System nun eine Auslenkung aus der Gleichgewichtslage um den Betrag A,, so wird als Folge eine Schwingungsbewegung der beiden Atome ausge- fuhrt. Fur die in diesem Zusammenhang zu betrachtende potentielle Energie (V) als Funktion des Kernabstandes r ergibt sich ein parabelformiger Verlauf, wobei der Pro- portionalitatsfaktor f (Kraftkonstante) ein Ma13 fur die Bindungsstarke darstellt :

Aus dem im folgenden angegebenen, formelmaBigen Zusammenhang der Eigenfre- quenz Y und der Kraftkonstante f

IaBt sich die fur die Spektreninterpretation wichtige Erkenntnis ableiten, daB die Schwingungsfrequenz direkt proportional zur Bindungsstarke und indirekt proportio- nal zu den Massen der schwingenden Atome ist.

Aus der quantentheoretischen Beschreibung des harmonischen Oszillators ergibt sich fur die Eigenwerte:

En = h * YE (n + '/i), n = 0, 1, 2 . . . (h = Planck'sches Wirkungsquantum)

Hierbei kennzeichnet die Schwingungsquantenzahl n das jeweilige Schwingungsni- veau. Findet bei einem Molekul nur eine Schwingung statt, so muB man sich modell- haft unter der Absorption eines Lichtquants einen Ubergang in das jeweils nachst hohere Schwingungsniveau vorstellen. Da beim Modell des harmonischen Oszillators die Abstande der Schwingungsniveaus stets gleich sind, sind aufgrund der Auswahlre- geln nur Ubergange zum nachsthoheren Niveau zugelassen. Das insbesondere bei der NIR-Spektroskopie zu beobachtende Phanomen der Kombinations- und Obertone laBt sich dementsprechend auf diese Weise nicht erklaren.

Eine bessere Annaherung an die realen Verhaltnisse wird dagegen bei dem Modell des anharmonischen Oszillators erzielt. Bei der durch das sogenannte Morse-Potential

beschriebenen, asymmetrischen Potentialkurve rucken dagegen mit zunehmender Schwingungsquantenzahl die Energieniveaus immer mehr zusammen. Obertone, bei denen Quantensprunge vom Schwingungsgrundzustand (n = 0) zu Schwingungsni- veaus mit n > 1 ausgefuhrt werden, lassen sich an diesem Modell sehr gut veranschau-

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4.3 MIR-Spektroskopie 167

lichen; die Intensitat dieser Banden ist allerdings entsprechend den experimentel- len Befunden aufgrund der geringen Ubergangswahrscheinlichkeit vergleichsweise gering.

4.3 MIR-Spektroskopie

4.3.1 Gerateaufbau

Zur Erzeugung der Infrarotstrahlung wird heute fast ausschliel3lich der Nernst-Stift verwendet. Er besteht aus einem Gemisch von Thoriumoxid, Zirkonoxid und Ytherbi- umoxid und wird elektrisch auf ca. 1800 "C erhitzt. Das polychromatische Licht wird bei den konventionellen, Dispersions-Infrarotspektrometern in zwei Teilstrahlen zer- legt, von denen einer als MeBstrahl und der andere als Vergleichsstrahl dient (Abb. 4-3). Durch den Monochromator werden in schneller Abfolge die beiden Strahlengange auf den Detektor gelenkt. Wenn keine Absorption im MeBstrahl registriert wird, ist die Intensitat der beiden Teilstrahlen gleich und der Detektor erzeugt folgerichtig kein

F S \\

M 12 I \

Abb.4-3: Strahlengang eines Doppelstrahl-IR-Spektrophotometers mit Gittermonochromator. M1 Planspiegel, M2, M3 Toroidspiegel, M4, M6 Planspiegel, M5, M8 Planspiegel, M7 Toroid- spiegel, M9 Planspiegel, M10 Paraboloidspiegel, M12 Ellipsoidspiegel, C Sektorspiegel, S1 Ein- trittsspalt, S2 Austrittsspalt, G Gitter, F Filter, T Thermoelement, B1 MeBblende, B2 100%- Abgleich [4-31.

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31.

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4.3 MIR-Spektroskopie 169

Signal. Wird allerdings durch die Probe Strahlungsenergie absorbiert , so entsteht ein Intensitatsunterschied, der nach elektronischer Verstarkung entsprechend vom Detek- tor angezeigt wird.

Bei den dispersiv arbeitenden Spektrometersystemen besteht das Monochromator- system entweder aus einem Prima oder einem oder mehreren drehbar angeordneten optischen Gittern, die das polychromatische Licht der Strahlungsquelle spektral zerle- gen. Die frequenzabhangige Aufzeichnung der auf diese Weise registrierten Intensita- ten im Bereich von 4000 cm-' bis 400 cm-' bezeichnet man als ,,MIR-Spektrum".

Anwendungen der MIR-Spektroskopie im Lebensmittelbereich waren lange Zeit, insbesondere aufgrund der durch den Wassergehalt verursachten Absorptionsbanden nur im eingeschrankten AusmaB moglich. Zwar hat man versucht, durch schmale Kuvetten mit einer Weglange < 50 pm diese Schwierigkeit zu umgehen, jedoch gestal- tete sich hierbei die Probenvorbereitung und die Handhabung recht schwierig 14-21. Mittels der heute verfugbaren lT-IR-Technologie konnen diese Nachteile groatenteils uberwunden werden. Wie in Abb. 4-4 zu erkennen ist, wird bei dem zur Erzeugung von MIR-Spektren verwendeten Michelson-Interferometer zunachst mittels eines halb- durchlassigen Spiegels der Probenstrahl geteilt. Die eine Halfte der Strahlung wird dabei zu einem feststehenden Spiegel reflektiert, wahrend die andere Halfte auf einen beweglichen Spiegel gelenkt wird. Die anschlieBend rekombinierenden Teilstrahlen treten abhangig von der Wegdifferenz der beiden Spiegel am Strahlenteiler in Interfe- renz; dabei wird die Interferenzintensitat als Funktion der variablen Weglange des Spiegels elektronisch gespeichert. Das auf diese Weise erhaltene, digitale Interfero- gramm wird anschlieBend wieder nach Ausfuhrung einer mathematischen Operation, der sogenannten Fourier-Transformation, als konventionelles IR-Spektrum darge- stellt . Vorteile der Fourier-Transformations-Technik sind vor allem in der hohen Wel- lenzahlgenauigkeit, der kurzen Spektren-Registraturdauer und dem gunstigen Signal-/ Rauschverhslltnis zu sehen.

4.3.2 Praparation der Proben

Prinzipiell konnen Proben aller Aggregatzustande IR-spektroskopisch vermessen wer- den. Eine Beschreibung der hauptsachlich angewandten Praparationsmethoden ist bei Gunzler und Bock [4-31 detailliert aufgefuhrt, so daB diesbezuglich hier nur auf einige allgemeine Grundlagen eingegangen werden soll.

Gasformige Proben werden in spezielle Gaskuvetten uberfuhrt, die meist aus einem Glaszylinder mit IR-strahlungsdurchlassigem Fenstermaterial (KCI, KBr, CaF2 etc.) hergestellt sind. Zur Abdichtung der Fenster wird gummielastisches Material ver- wandt; fur die Messung sehr aggressiver Gase empfiehlt es sich, Teflondichtungen ein- zusetzen. Fur IR-Messungen im Spurenbereich bis unterhalb von 1 ppm wurden spezi- elle Langweg-Gaskuvetten entwickelt (Abb. 4-3 , bei denen mittels eines Spiegelsy- stems der IR-Strahl mehrfach hin- und herreflektiert wird. Durch diesen optischen Trick lassen sich Weglangen innerhalb der Kuvette von 1 bis 20 m erreichen.

Fur die Probenpraparation von Festkorpern eignet sich besonders gut die KBr- PreBtechnik. Hierzu werden etwa 1 bis 2 mg der zu untersuchenden Substanz mit 200

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Abb. 4-5: Strahlengang innerhalb einer Langweg-Gaskuvette [4-31.

bis 300 mg Einbettungsmaterial (im allgemeinen KBr, seltener NaCl oder CsI), innig verrieben und unter Vakuum mittels eines speziellen Preawerkzeuges (Abb. 4-6) mit 10 bis 20 t Druck belastet.

Eine Verwendung von NaCl oder CsI als Einbettungsmaterial ist insbesondere dann zu empfehlen, wenn infolge anormaler Dispersion (Christiansen-Effekt) asymmetri- sche Banden im IR-Spektrum beobachtet werden. Dieser Effekt kann vermindert wer- den, wenn es gelingt, die Differenz der Brechungsindizes von Probe und Einbettungs- material herabzusetzen. Hierbei ist einerseits die Auswahl des geeigneten Einbet- tungsmaterials von Bedeutung, andererseits werden aber auch durch einen sehr hohen Vermahlungsgrad die unerwunschten Dispersionserscheinungen minimiert.

Fliissigkeiten werden iiblicherweise in sogenannten ,,Festkuvetten" vermessen. Hierbei handelt es sich um Kiivetten mit definierter Schichtdicke, die je nach der gewiinschten Applikation mit unterschiedlichen Fenstermaterialien ausgestattet sind.

SchlauchanschluR I I f f .

Abb. 46: Prebwerkzeug zur Herstellung von PreBlingen. (Quelle: Fa. Perkin-Elmer, Uberlingen).

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4.3 MIR-Spektroskopie 171

7 - K r i s t a l l

feststehende Hohlspiegel

Abb. 47: Strahlengang bei der Horizontal-ATR. (Quelle: Bio-Rad Laboratories CmbH, Miinchen).

Am haufigsten wird als Fenstermaterial NaCl eingesetzt ; sofern auch IR-Banden unterhalb von 600 cm-' registriert werden sollen, empfiehlt es sich, auf KBr bzw. CsI auszuweichen. Fur die Messung von Proben mit einem hohen Wasseranteil stehen ebenfalls mehrere Fenstermaterialien zur Verfugung. Bezuglich der IR-Durchlassig- keit und Widerstandsfahigkeit gegenuber Sauren und Basen sind sogenannte Irtran- Fenster am universellsten einsetzbar, aber auch Materialien wie CaF, und BaF2 finden bei der Messung waflriger Proben Anwendung.

1st es schliefilich erforderlich, auch noch im nahen IR-Bereich eine ausreichende Durchlassigkeit zu gewahrleisten, bieten sich KRSJ-Fenster an; da es sich hierbei um einen Mischkristall aus Thalliumbromid und Thalliumiodid handelt, ist aufgrund der hohen Giftigkeit des Materials groBte Vorsicht bei der Handhabung geboten.

Zur Messung von pastosen, zahflussigen Produkten wird bereits seit einiger Zeit die ATR-Methode (Attenuated Total Reflection) sehr erfolgreich angewandt. Hier wird mit Hilfe einer zusatzlichen optischen Einrichtung, die im Probenraum des Spek- trometers untergebracht ist, der Probenstrahl in einen trapezformigen Kristall rnit hohem Brechungsindex (z. B. Zinkselenid, Germanium, KRSJ) umgelenkt. Die zu vermessende Probe wird bei der Horizontal-ATR direkt in eine Vertiefung des Kri- stalls aufgetragen. Gemafl dem in Abb. 4-7 dargestellten Strahlengang kommt es bei dem 1R-Strahl an der Grenzfllche zwischen Kristall und Probenmaterial zur Totalref- lektion. Dabei dringt das IR-Licht einige pn in die Probenoberflache ein und erfafit auf diese Weise alle, vom IR-Licht absorbierten Anteile. Obwohl bei dieser Proben- prlparation ein vollig andersartiges Prinzip vorliegt, werden dennoch im Vergleich zu den konventionellen Durchstrahlspektren sehr ahnliche Ergebnisse erhalten.

Bei der als Weiterentwicklung der ATR-Technik heute bereits sehr verbreiteten FMIR-Technik (Frustrated Multiple Internal Reflection) wird das Reflektionselement (zumeist ein Zinkselenid-Kristall) beidseitig mit der Probe bestrichen und mittels einer Halterung leicht angepreSt. Wie in Abb. 4-8 zu erkennen ist, wird der IR- Probenstrahl im Gegensatz zur ATR-Technik mehrfach innerhalb des Kristalls reflek- tiert.

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172 4 Infrarotspektroskopie

Abb. 4-8: Strahlengang bei der FMIR.

4.3.3 GC-IR-Kopplung

Im Bereich der Lebensmittelforschung und hier insb re bei der Aromastoff-For- schung leistet die MIR-Spektroskopie neben den anderen molekulspektroskopischen Methoden wie NMR- und Massenspektroskopie wertvolle Identifizierungshilfen bei der Charakterisierung der aus Lebensmitteln hergestellten Aromafraktionen. Soweit die zu untersuchenden Komponenten unzersetzt gaschromatographierbar sind, besteht heute ebenfalls die Moglichkeit, mittels GC-IR-Kopplung komplexe Gemi- sche ohne weitere Vortrennungen direkt untersuchen zu konnen. Wie in Abb. 4-9 zu erkennen ist, werden hierbei die an der Kapillar-GC-Saule aufgetrennten Substanzen zusammen mit dem Tragergasstrom iiber eine sogenannte ,,Light-Pipe" dem optischen System des FT-IR-Spektrometers zugefiihrt. Die auf diese Weise erhaltenen Dampf- phasenspektren konnen wiederum mit Hilfe entsprechender Spektrenbibliotheken meistens identifiziert werden. Da die infrarotspektroskopische Nachweisgrenze bei den iiber eine ,,Light-Pipe" gekoppelten GC-IR-Systemen bei etwa 10-100 ng liegt, ist eine Anwendung in der Umweltanalytik oftmals nicht moglich. Hier durfte aller-

sond

Abb. 4-9: Funktionsscherna einer GC-FTIR-Kopplung. (1) Light pipe, (2) IR-Detektor, (3) beweglicher Spiegel, (4) feststehender Spiegel, ( 5 ) Strahllei- ter, (6) IR-Lichtquelle.

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4.4 NIR-Spektroskopie 173

dings das noch wenig verbreitete ,,Tracer-Verfahren", bei dem die von der GC-Saule eluierenden Komponenten in einer Stickstoff-Matrix bei 77 K auf einer Metallplatte kondensiert werden, einige Vorteile liefern. Einerseits sind die resultierenden IR-Spek- tren besser mit denen vorhandener Spektrenbibliotheken vergleichbar und auSerdem besteht die Moglichkeit, mehrmals die auf der Metallplatte abgeschiedene Substanz zu scannen und so eine bessere Nachweisempfindlichkeit zu erzielen.

4.4 NIR-Spektroskopie

Bei den meisten im NIR-Bereich zu beobachtenden Absorptionsbanden handelt es sich um Ober- und Kombinationsschwingungen der im MIR-Bereich auftretenden Grundschwingungen. Wie sich aus den Auswahlregeln ableitet, sind fur den anharmo- nischen Oszillator nicht nur Quantenspriinge in die jeweils benachbarten, sondern auch in hohere Terme moglich. Aufgrund der vergleichsweise geringen Ubergangs- wahrscheinlichkeit treten diese Obertone im Vergleich zum Grundton jedoch nur mit erheblich geringerer Intensitat im Spektrum auf. Dies gilt auch fur die sogenannten Kombinationstone, die immer dann zu beobachten sind, wenn durch einen Lichtquant zwei unterschiedliche Schwingungsarten gleichzeitig angeregt werden.

4.4.1 Aufnahme von Spektren

Der Aufbau eines NIR-Spektrometers ist in Abb. 4-10 kurz skizziert. Zur Erzeugung der NIR-Strahlung werden uberwiegend Wolframlampen eingesetzt , deren Licht uber Linsen bzw. Blendensysteme gebundelt wird. Bei energiedispersiven NIR-Geraten wird dann das polychromatische Licht mittels geeigneter Dispersionselemente (Filter- rad, Prisma, Gitter) in die einzelnen Wellenlangen zerlegt ; in entsprechender Weise wird bei Fourier-Transform-Geraten mittels eines speziellen Interferometers das Inter- ferogramm aufgezeichnet. In beiden Fallen wird das von der Probe reflektierte IR-Licht in einer Integrationskugel (Ulbricht-Kugel) gesammelt und anschlieaend auf den Detektor gelenkt. Die dort eintreffende IR-Strahlung wird meist mittels der sehr empfindlichen photoelektrischen PbS-Detektoren registriert. An dieser Stelle sei angemerkt, daS die im Rahmen qualitativer und quantitativer NIR-Untersuchungen erforderliche Kalibration nicht ohne weiteres von einem PbS-Detektor auf einen anderen gleicher Bauart ubertragen werden kann. Seitens der Geratehersteller wird allerdings zur Zeit bereits daran gearbeitet, Moglichkeiten zu finden, um diese unter- schiedliche Detektor-Charakteristik entsprechend ausgleichen zu konnen.

FlIissige Proben konnen neben der sonst iiblichen Bestimmung in Glas- oder Quarzkuvetten auch mittels einer Transflexions-Sonde vermessen werden. Hier durch- dringt das IR-Licht zunachst die Probe, wird an einem Reflektor diffus gestreut, durchstrahlt ein zweites Ma1 die Probe und trifft schlieSlich uber einen Lichtleiter auf den Detektor. Der Transflexions-MeSkopf ist sowohl fur stark als auch fur schwach absorbierende Proben geeignet, da die Lange des Lichtweges mittels verschiedener Distanzstucke variiert werden kann. Bei der Wareneingangskontrolle sind auBerdem

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174 4 Infrarotspektroskopie

Interferometer ' 7 ,- . - . - . _ . - . - . - . - . _

NIR-Quelle beweglicher Keil

2 doppelbrechende Keile

BCAP-Software

(Fourier - Transformation)

Abb. 4-10: Funktionsschema eines NIR-Spektrometers. (Quelle: Fa. Biihler, Uzwilkhweiz).

noch Tauchsonden fur NIR-Transmissionsmessungen in Gebrauch. Dank der teilweise sehr robusten Bauweise dieser Sonden sind im Gegensatz zur Transflexionsmessung auch Untersuchungen stark korrosiver Fliissigkeiten (z. B. konzentrierte Sauren und Laugen) moglich.

Feste Proben werden entweder wie bei der MIR-Spektroskopie in Form von PreB- lingen in Transmission oder ohne weitere Vorbehandlung in diffuser Reflexion vermes- sen. Bei der Reflexionsmessung empfiehlt es sich allerdings, mehrere Spektren dersel- ben Probe aufzunehmen und aus diesen Daten das Mittelwerts-Spektrum zu errei- chen, da abhangig von der KorngroBe und dem Anpreadruck der Sonde Unterschiede in den Spektren resultieren konnen.

4.4.2 Interpretation von NIR-Spektren

Aufgrund der im Vergleich zur MIR-Spektroskopie deutlich schlechteren Auflosung verschiedener Schwingungstypen und der damit verbundenen Bandenverbreiterung sollte eine Interpretation von NIR-Absorptionsbanden nur mit einigem Vorbehalt erfolgen. Fur die Untersuchung von Lebensmitteln kann es dennoch zuweilen niitzlich sein, zumindest eine orientierende Zuordnung treffen zu konnen. In der folgenden Tab. 4-1 sind daher einige charakteristische Frequenzbereiche aufgelistet, in denen Absorptionen verschiedener, funktioneller Gruppen registriert werden [4-4 bis 4-71.

Licht, leiter

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4.4 NIR-Spektroskopie 175

Tab. 4-1: Charaktcristischc NIR-Absorptionen verschiedener funktioneller Gruppen.

Wellenlange Wellenzahl Schwingungsrnodus funktionelle Gruppe

1015 1030 I060 I143 11.52 1 170 1195 1215 1225 1360 1395 1410 1415 1417 1440 I446 1450 I460 1483 1500 1530 1533 1620 1685 1695 1765 1900 I940 19.50 2080 2 140 2200 2280 2323 23x0

9852 9709 9434 8749 868 1 8547 8368 8230 8 I63 7353 7168 7092 7067 7057 6944 6916 6897 6849 6743 6667 6536 6523 6173 5935 5900 5666 5263 5155 5128 4808 4673 4.545 4383 430.5 4202

2x v(C-H)+3x 6(C-H) 3 X v(N-H) 3 X v(N-H) 3 X v(C-H) 3 x v(C-H) 3 x v(C-H) 3 x v(C-H) 3 x v(C-H) 3 X Y(C-H) 2 X Y( C-H) + 6( C-H) 2X v(C-H)+G(C-H) 2X ~ ( 0 - H ) 2X v(C-H)+G(C-H) 2 X Y( C-H) + 6( C-H) 2X v(C-H)+G(C-H) 2 X v(C-H)+G(C-H) 2x v(0-H) 2X v(N-H) 2~ v(N-H) 2~ v(N-H) 2X Y(N-H) 2 X Y(C-H) 2X v(C-H) 2X Y(C-H) 2X Y(C-H) 2X Y(C-H) 3 x v(C=O)

3 x v(C=O) ~ ( 0 - H ) +6(O-H)

~ ( 0 - H ) +6(0-H) v( = C-H) +v( C = C) v(C--H)+v(C=O) Y( C-H) + b(C-H) v(C-H) +6(C-H) 2X b(0-H)

-CH, R-NH2 R-NH? Ar -CH?

-CH1 -HC=CH-

-CH,- -CH< -CH3

R-OH

Ar -CH< Ar

-CONH2 -CONH2

-CH2-

-CH?-

HZ0

-NH- R-NH, =CH- = CH2 Ar -CH1 -CH2- -COOH H20 -COOR R-OH -HC=CH- -CHO -CHs

R-OH -CH2-

In den meisten Fallen wird jedoch bei der Auswertung von NIR-Spektren, wie oben bcrcits erwahnt, nach dem chemometrischen Prinzip vorgegangen. Hierbei wird zunachst jedem Datenpunkt im Spektrum eine quantitative bzw. qualitative Eigen- schaft (z. B. Identitat, Fettgehalt, Wassergehalt) zugeordnet. Sofern bei dieser Korre- lation cin systematischer Zusammenhang festgestellt werden kann, ist es moglich, die betreffenden Parameter unbekannter Proben auf Basis der rechnerisch aufbereiteten NIR-Daten vorhersagen zu konnen. Auf die einzelnen Auswertealgorithmen wird an dieser Stelle nicht naher eingegangen ; hier sei lediglich auf die sehr umfangreiche Spe- zialliteratur verwiesen [4-8 bis 4-12]. Hervorzuheben ist jedoch, da13 im wesentlichen die im folgenden genannten drei Auswertealgorithmen von Bedeutung sind:

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176 4 Infrarotspektroskopie

- Hauptkomponentenanalyse (Principal Component Analysis, PCA). - Kurvenanpassung (Partial Least Squares Regression, PLS). - Multiple Linear Regression, MLR.

Bei allen drei hier aufgefuhrten Algorithmen besteht die Zielsetzung darin, den Infor- mationsgehalt der NIR-Spektren auf das Wesentliche zu reduzieren.

Zur Identifizierung von Stoffen wird hauptsachlich die PCA angewandt. Die Dar- stellung der zu betrachtenden Spektren erfolgt in einem 2- bzw. 3-Faktorenplot. Hier- bei sind die Spektren eines Stoffes jeweils als Punkt, umgeben von einem Toleranz- kreis wiedergegeben. Die sich auf diese Weise aus mehreren Vergleichsmustern dessel- ben Stoffes ergebende Punktwolke wird als ,,Cluster" bezeichnet. Fur die Applikation der PCA ist es nun erforderlich, solche Faktoren zu finden, die eine Trennung der Cluster bewirken und aufgrund dessen eine eindeutige, qualitative Zuordnung der betrachteten Stoffe moglich ist.

Fur die quantitative Bestimmung von Lebensmittelinhaltsstoffen werden dagegen meist die PLS oder die MLR (nach erfolgter Hauptkomponentenanalyse) angewandt. Das letztere Verfahren wird in der Statistik auch als ,,Principal Component Regres- sion'' (PCR) bezeichnet. Zur Kalibration benotigt man moglichst viele Muster mit bereits bekannten Eigenschaftswerten. Diese durch Referenzmethoden ermittelten Laborergebnisse (z. B. Proteingehalt, Hydroxyl-, Saure- und Verseifungszahl) sollten so exakt wie moglich sein, da sonst relativ ungenaue bzw. fehlerhafte Kalibrationen resultieren.

Im Gegensatz zur PCR werden bei dem statistischen Berechnungsverfahren der PLS die vorgegebenen Korrelationsdaten bereits von Anfang an in die Berechnung miteinbezogen. Jede der auf diese Weise berechneten Hauptkomponenten enthalt demnach Informationen uber die mittels der Referenzmethode ermittelten Probenge- halte; die ersten Faktoren reprasentieren demnach stets die beste Ubereinstimmung zwischen vorhergesagtem und ,,wahrem" Wert.

4.5 Applikationsbeispiele

Der klassische Anwendungsbereich der MIR-Spektroskopie besteht neben einigen quantitativen Bestimmungsmethoden hauptskhlich in der Identifizierung einheitli- cher, chemischer Stoffe. Wahrend friiher allerdings die Suche nach entsprechenden Vergleichsspektren manuell unter Zuhilfenahme von Spektrensammlungen (z. B. Sadtler-Standardspektren) erfolgte, stehen heute zu diesem Zweck PC-Anwendungen mit der Zugriffsmoglichkeit auf umfangreiche Spektren-Datenbanken zur Verfugung. Es ist heute moglich, innerhalb sehr kurzer Zeit eine ,,Hitliste" der vom Anwendungs- programm ausgewahlten Spektren-VorschlHge zu erhalten und diese auf dem Bild- schirm mit dem Spektrum der zu identifizierenden Komponente zu vergleichen.

Fur den Bereich der Wareneingangskontrolle werden daruber hinaus Software- Tools angeboten, die neben der reinen Identifizierung eines Lots zusatzlich eine Kenn-

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4.5 Applikationsbeispiele 177

zahl liefern, welche als MaJ3 fur die festgestellte Abweichung im Vergleich zu einem zugrunde gelegten Referenzspektrum herangezogen werden kann.

Bei der NIR-Spektroskopie werden, wie oben bereits angefuhrt, hauptsachlich mit- tels chemometrischer Methoden Resultate erhalten. Die in der Literatur beschriebe- nen Applikationen befassen sich dementsprechend uberwiegend mit der qualitativen Identifizierung von Stoffgemischen und nur wenig mit der Charakterisierung von Reinsubstanzen. Dariiber hinaus wird angestrebt, die etablierten, zeit- und personal- intensiven Analyseverfahren durch entsprechende NIR-Bestimmungsmethoden zu ersetzen. Dabei wird insbesondere die Zielsetzung verfolgt, die NIR-Spektroskopie in der InprozeB-Kontrolle vermehrt einzusetzen [4-131.

4.5.1 Charakterisierung von Fetten

Speiseole und -fette lassen sich bezuglich Identitat und Qualitat sehr gut mittels FT- IR-Spektroskopie analysieren ; dabei kommt als Probenpraparation sowohl die Trans- missions- als auch die ATR-Messung in Frage. Die weitaus groBte Bedeutung durfte hierbei der Moglichkeit zur Charakterisierung der Autoxidation in Fetten und Olen zukommen. Bei diesem sehr komplexen, chemischen ProzeB werden aus den in den Olen enthaltenen freien und veresterten Fettsauren in Gegenwart von Luftsauerstoff zunachst Hydroperoxide gebildet, die sich im weiteren Reaktionsverlauf hauptsachlich zu Aldehyden, Ketonen, Alkoholen etc. umsetzen. Daruber hinaus findet eine signifi- kante cidtrans-Isomerisierung sowie eine Konjugation olefinischer Doppelbindungen wahrend der Hydroperoxid-Bildung statt. Dies 1aBt sich sehr anschaulich am Beispiel von Olivenol demonstrieren (Abb. 4-11). Hier ist die Abnahme der Absorptionsbande

C 0 .- 4 ; 9 'l

3050 3000 2950 2900 2850 2800

Wellenzahl Ccrn-'I

Abb. 4-11: MIR-Spektren von Oliven61-Proben nach unterschiedlicher Erhitzungsdauer. Unteres Spektrum nicht erhitzt, oberes Spektrum nach vierstundigem Erhitzen [4-141.

Page 16: Lebensmittel- und Umweltanalytik mit der Spektrometrie || Infrarotspektroskopie

178 4 Infrarotspektroskopie

Y : Factor 3

X : Factor 1

Abb. 4-12: 3-Faktorenraum fur das qualitative Modell verschiedener Pflanzenole. (A) Olivenol, (B) Rapsol, ( C ) SojaGI, (D) ErdnuBol, (E) Sonnenblumenol. (Quelle: Fa. Biihler, Uzwil).

bei ca. 3000 cm-', die der isolierten cis-Doppelbindung zugeordnet wird, im Verlauf der mehrstundigen thermischen Behandlung sehr gut zu erkennen. Gleichzeitig wer- den wahrend der Erhitzung im zunehmenden Ma13 trans-Doppelbindungsanteile anhand der Bande bei ca. 995 cm-' registriert [4-151.

Auch der Anteil freier Fettsauren kann schnell und verlal3lich mittels MIR-Spek- troskopie quantifiziert werden [4-161. Dabei wird eine vergleichbare Genauigkeit wie bei der titrimetrischen AOAC-Referenzmethode erzielt.

Eine Klassifizierung verschiedener Pflanzenole, sowie eine Abgrenzung gegenuber synthetischem 0 1 und Paraffin01 ist, wie anhand des 3-Faktorenplots in Abb. 4-12 zu erkennen ist, mittels MIR-Spektroskopie ohne weiteres moglich [4-171. Die entspre- chenden Ergebnisse werden auch mittels Diskriminanzanalyse bei einigen weiteren Pflanzenolen (Baumwollsamen-, Oliven-, ErdnuB-, Getreide-, Sesam-, Reiskleie-, Kokosnu13- und Rapsol) erhalten [4-18, 4-19]. Dabei stutzt sich die Klassifizierung ins- besondere auf die im Bereich zwischen 1600 und 2200 nm auftretenden Absorptions- banden der Fettsauren, die hier einen, fur die jeweilige Olsorte spezifischen ,,Finger- print" liefern.

4.5.2 Charakterisierung von Kohlenhydraten

Zu den Kohlenhydraten, denen als Hauptnahrstoffe in der menschlichen Ernahrung neben Proteinen und Fetten eine besondere Bedeutung zukommt, zahlen Mono-, Oligo- und Polysaccharide. Bei den Monosacchariden, zu denen unter anderem die chemischen Substanzen Glucose, Fructose und Galactose gerechnet werden, handelt es sich um Polyhydroxyaldehyde. Oligosaccharide entstehen formal durch Kondensa-

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4.5 Applikationsbeispiele 179

tion aus Monosacchariden ; in der Lebensmittelchemie sind aus dieser Gruppe insbe- sondere die 3 Disaccharide Saccharose (Rohzucker), Maltose und Lactose sowie das Trisaccharid Raffinose von Bedeutung. Die Gruppe der Polysaccharide wird im wesentlichen durch Starke, Cellulose, Pektin sowie den in verschiedenen Dickungs- mitteln (Gummi arabicum, Traganth, Johannisbrotkernmehl etc.) vorkommenden, polymeren Kohlenhydraten reprasentiert.

In der Praxis werden MIR-Untersuchungen an den oben aufgefuhrten Kohlenhy- draten allerdings kaum durchgefuhrt, da bei den im Fingerprintbereich zu registrieren- den zahlreichen Absorptionsbanden nur in seltenen Fallen eindeutige Interpretationen moglich sind. Im Bereich um 3500 cm-' sind die sehr breiten und intensiven, jedoch uncharakteristischen OH-Valenzschwingungsbanden zu beobachten.

Im zunehmenden Mafle erfahrt allerdings die NIR-Spektroskopie eine Bedeutung bei der Analyse von Starken, Starkeprodukten und Starkeverzuckerungsprodukten. So konnen mit der NIR-Technologie fur unterschiedliche Weizenqualitaten sowie fur den Weichweizennachweis in Durum-Teigwaren Modelle erstellt werden, die genaue Aussagen in qualitativer und quantitativer Hinsicht zulassen. Ebenso lassen sich Pro- duktparameter wie Wasser-, Asche- und Fettgehalt mittels NIR-Spektroskopie korrekt erfassen [4-201.

Auch die bei der Qualitatsbeurteilung von Reis relevante, quantitative Bestim- mung des Amylosegehaltes kann mittels NIR-Spektroskopie erfolgreich durchgefuhrt werden und bietet somit eine hoffnungsvolle Alternative zu den derzeitig angewand- ten colorimetrischen bzw. amperometrischen Standard-Bestimmungsmethoden [4-211.

Mittels NIR-Reflexionsspektroskopie gelingt es ebenfalls, die Zusammensetzung der neutralen Ballaststoffe bezuglich der aus Hemizellulosen, Zellulosen und Lignin bestehenden Fraktion naher zu charakterisieren [4-221. Im Rahmen eines an 34 Test- personen durchgefuhrten Ernahrungsversuches mit sechs verschiedenen ballaststoff- reichen Versuchsdiaten wurde dariiber hinaus demonstriert, inwieweit die NIR-Ana- lyse bei der in-vivo-Studie zur Messung des Ballaststoffgehaltes einen Beitrag liefern kann [4-231.

In der Brauereiindustrie werden die verwendeten Rohstoffe, wie Gerste, Malz, Hopfen und Hefe bereits seit einiger Zeit mit Hilfe der NIR-Technologie untersucht. Auflerdem kann diese Methode hier zur Charakterisierung der Brauwurze und des Bieres sowohl bei der In-Prozeflkontrolle als auch bei der Endkontrolle eingesetzt wer- den [4-241. Es zeigt sich hierbei, daB bei der Analyse flussiger Proben die Transmis- sionsmessung im Vergleich zur Transflexionsmessung bessere Resultate liefert . Ein weiterer Vorteil besteht darin, dafl synchron auch weitere, in der Brauerei wichtige Produktparameter wie z. B. der Ethanol- und der Extraktgehalt bestimmt werden konnen [4-251. Die in der Brauwurze enthaltenen Zuckerverbindungen Glucose, Mal- tose und Maltotriose konnen sowohl mittels NIR- als auch MIR-Spektroskopie quanti- fiziert werden. Wahrend die MIR-Spektroskopie genauere Ergebnisse liefert, sind die Vorteile der NIR-Spektroskopie insbesondere in der einfacheren Probenvorbereitung und in der schnelleren Resultaterstellung zu sehen. In Abb. 4-13 sind die NIR-Absorp- tionsspektren fur Starke, Maltotriose, Maltose und Glucose wiedergegeben.

Bei der Identifizierung von Dickungsmitteln auf Polysaccharidbasis (z. B. Gummi arabicum, Traganth, Johannisbrotkernmehl, Guarkernmehl) liefert die gaschromato- graphische Charakterisierung der Hydrolyseprodukte nicht immer eindeutige Unter-

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180 4 Infrarotspektroskopie

2200 2250 2300 2350 2400 2450

WellenlBnge (nrn)

Abb. 4-W: NIR-Absorptionsspektren waBriger Lijsungen von (a) Starke, (b) Maltotriose, (c) Maltose und (d) Glucose [4-251.

scheidungskriterien und ist dariiber hinaus relativ zeitaufwendig. In einer kurzlich durchgefiihrten Studie wird gezeigt, daB auch hier Moglichkeiten bestehen, mittels NIR-Spektroskopie und der Faktoranalyse Dickungsmittel anhand entsprechender Referenzspektren prinzipiell zu unterscheiden (Abb. 4-14) [4-261.

4.5.3 Charakterisierung von Proteinen

Der Bestimmung des Proteingehaltes in Milch, Milchprodukten sowie Fleisch- und Wurstwaren kommt sowohl aus produktionstechnischer als auch aus lebensmittelrecht- licher Sicht eine besondere Bedeutung zu. Dabei ist ebenfalls festzustellen, daB die bisher ubliche Protein-Bestimmungsmethode nach Kjeldahl in zunehmendem MaBe durch die wesentlich schnellere und leistungsfahigere NIR-Technologie abgelost wird. Ublicherweise werden bei der spektroskopischen Bestimmung auBer dem Proteinge- halt auch die mengenmaaigen Anteile von Fett und Wasser synchron erfal3t.

Sofern es gelingt, die Temperatur wahrend der Messung moglichst konstant zu hal- ten, sind die Ergebnisse fur den jeweils kalibrierten Konzentrationsbereich sehr zuver- Iassig und weisen zudem eine gute Reproduzierbarkeit auf. Eine wichtige Vorausset- zung fur eine erfolgreiche IR-Messung ist dariiber hinaus, daB die zu untersuchende Probe sorgfaltig homogenisiert wird und weder enzymatisch noch mikrobiologisch kontaminiert ist.

Fur die NIR-spektroskopische Bestimmung des Proteingehaltes wird in den mei- sten Fallen die durch die Peptidbehandlung verursachte Absorptionsbande bei 2170 nm herangezogen [4-27, 4-28]. Es wurde festgestellt, daB diese Bande weder

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4.5 Applikationsbeispiele 181

F ii k

F ii k

Abb. 4-14: NIR-Spektren und Clustermodelle fur die Systeme Traganth (A)/Xanthan (B) und Gummi arabicum (C)/Ghatti gum (D) [4-261.

durch die Gegenwart von Salzen, Zuckern, Aminosauren und Detergentien noch durch pH-Wert-Verlnderungen merklich beeinfluat wird. Allerdings ist es bei Protein- Gehaltsbestimmungen in Ol/Wasser-Emulsionen erforderlich, individuelle Korrektu- ren der Kalibration durchzufiihren.

Auch zur Charakterisierung der Kasereifung, in deren Verlauf lange Peptidketten in kurzere Peptidsegmente und der Milchzucker in Milchsaure umgesetzt werden,

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182 4 Infrarotspektroskopie

laljt sich die NIR-Spektroskopie erfolgreich einsetzen. Um eine Denaturierung der zu untersuchenden Probe zu vermeiden, werden hierbei zweckmaljigerweise die Spektren mittels FMIR-Technik auf einem Zinkselenidkristall im Bereich von 1000-1800 cm-' vermessen [4-291. Die in diesem Spektralbereich auftretenden beiden Amidbanden, die hauptsachlich durch y(C=O)- und y(C-N)-Schwingungen verursacht werden, nehmen im Verlauf der Kasereifung an Intensitat deutlich zu. Dies ist mit der teilweisen Aufhebung der in den langen Eiweiljketten vorliegenden sterischen Hinde- rung der Atome und Atomgruppen zu erklaren. Ebenso laBt sich der Lactoseabbau anhand der Abnahme der OH-Schwingungen im Bereich von 1000-1300 cm-' verfol- gen .

Im Rahmen der Qualitatsbeurteilung verschiedener Getreidesorten wird bei der Proteingehaltsbestimmung die klassische Kjeldahl-Methode mehr und mehr durch Nahinfrarot-Reflexionsspektroskopie substituiert [4-30 bis 4-35]. Die rasche Verbrei- rung dieser schnellen und zerstorungsfreien Methodik fur die Protein-Analytjk mag nicht zuletzt auch dadurch begrundet sein, daB sich weitere, wichtige Qualitatspara- meter wie 0 1 - und Feuchtegehalt simultan bestimmen lassen.

In Erganzung zur Ermittlung des Proteingehaltes ist es bei Milch, insbesondere im Falle der Kasereifung zusatzlich von Bedeutung, den Caseingehalt zu bestimmen. Nach dem klassischen Verfahren ist hierzu zunachst eine Gesarnt-Stickstoffbestim- mung entsprechend der Kjeldahl-Methode durchzufuhren. Im AnschluB wird dann nach Ausfallung des Caseins bei pH = 4.6 und 20 "C der Nicht-Casein-Stickstoffgehalt ermittelt; aus der Differenz der auf diese Weise bestimmten Werte errechnet sich schlieljlich der Caseingehalt.

In analoger Weise kann der Caseingehalt auch durch NIR-Messungen der Milch und dem von Casein befreiten Filtrat ermittelt werden. Die Probengehalte werden hierbei mittels multipler, hea re r Regression (MLR) der unkorrigierten IR-Absorptio- nen bestimmt. Zur Caseinfallung sollte jedoch in jedem Fall Phosphorsaure anstelle von Essigsaure verwandt werden, da letztere Verbindung im Bereich der Proteinban- den starke Absorptionen aufweist. Eine weitere Verbesserung der NIR-Bestimmungs- methode wird erzielt, wenn zur Caseinfallung Labferment eingesetzt wird, da die durch die Verdunnung verursachte Intensitatsminderung in diesem Fall zu vernachlas- sigen ist [4-361.

4.5.4 Charakterisierung von Aromastoffen und Aromaextrakten

Der Schwerpunkt der analytischen Qualitatskontrolle in der Aromenindustrie liegt zweckmaljigerweise auf der Seite der eingesetzten Rohstoffe, den Aromastoffen und den Aromaextrakten. Neben den chromatographischen Untersuchungsmethoden wird die MIR-Spektroskopie hierbei vorrangig zur Kontrolle einheitlicher Aromakompo- nenten wie z. B. Vanillin oder Maltol (Abb. 4-15 und 4-16) eingesetzt. In einigen Fallen ist es jedoch auch moglich, relativ komplex aufgebaute Aromaextrakte wie beispiels- weise etherische Ole anhand der im mittleren Infrarotbereich auftretenden Banden zu charakterisieren. So kann beispielsweise die bezuglich der Terpeninhaltsstoffe unter- schiedliche Verteilung bei spanischem und tunesischem Rosmarinol anhand separater

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I I I I I I I I I I I I I I

A R

0 , 1

I I I I 1 I I I I I I I I too0 3750 3500 3250 3000 2750 2500 2250 2000 1750 1500 1250 1000 750 500

Wavenumber (cm-1)

Abb. 4-15: MIR-Spektrum von Vanillin.

I I I I I I I I I I I I I 4OW 3750 3500 3250 3000 2750 2500 2250 2000 1750 1500 1250 1000 750 500

Wavenumber (cm-1)

Abb. 4-16: MIR-Spektmm von Maltol.

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184 4 lnfrarotspektroskopie

m - ' ' I I '

m 3750 3500 3250 3000 2750 2501 2250 zow 1750 1500 i i s n iocc 7

Wavenumber (cm-1)

Abb. 4-17: MIR-Spektren von spanischem (A) und tunesischem Rosmarinol (B)

Schlusselbanden recht gut erkannt werden. Wie in Abb. 4-17 zu erkennen ist, weist das tunesische Rosmarinol im Bereich zwischen 900-1200 cm-' intensive Banden auf, die von dem hoheren 1.8-Cineolgehalt verursacht werden. Die aus Spanien stammenden Ole zeichnen sich hingegen durch einen hoheren Camphen-, Campher- und a-Pinen- Gehalt aus. Die beiden Qualitaten konnen daher sehr gut anhand der im MIR-Bereich auftretenden Terpen-Schliisselbanden bei 749 und 1017 cm-' (Campher), 787 cm-' (a-Pinen) sowie bei 875 cm-l (Camphen) unterschieden werden. Dariiber hinaus sind im Gegensatz zum tunesischen 0 1 hier geringe Mengen Verbenon enthalten, dessen Nachweis anhand der bei 1690 cm-' auftretenden Carbonylschliisselbande vorgenom- men werden kann. Auch ein Verschnitt von Orangeno1 mit dem preiswerteren Citronenol kann anhand der charakteristischen y-Terpinenbande bei 950 cm-' in den

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4.5 Applikationsbeispiele 185

P " " " ' " " " " "

8

R

s

5:

0

X

- S R ?2 5 %

E s o

I

t: ._ E

I-

8

5:

8

X

R

s

0

1100 1075 10% 1025 LWO 975 950 925 900 875 E50 825 800 775 750 725 700

Wavenumber (cm-1)

Abb. 4-18: MIR-Spektren von (A) Orangen61 und (B) Citronenol.

meisten Fallen erkannt werden, da die zu beobachtende, relativ intensive C-H-Defor- mationsbande dieser Monoterpen-Kohlenwasserstoffverbindung im Orangenbl nicht vorkommt (Abb. 4-18) [4-371. Die bei den beiden Citrusolen aul3erdem noch zu beob- achtenden Absorptionsbanden werden im wesentlichen durch C-H- und C=C-Valenz- schwingungen des Terpeninhaltsstoffes Limonen sowie durch die Carbonylbande der Aldehyde bestimmt. Eine IR-spektrophotometrische Methode zur quantitativen Bestimmung des Citralgehaltes in Orangen- und Citronenol wurde erst kurzlich vorge- stellt [4-381. Dabei zeigt es sich, dal3 die bei der Bestimmung storenden Einflusse weit- gehend durch Subtraktion des Limonenspektrums auf Basis der Derivativspektren erfolgreich ausgeglichen werden konnen.

Als weitaus sicherste Methode zur Identifizierung der oftmals komplexen Stoffge- mische erweist sich jedoch die GC-IR-Kopplung. In der Literatur befinden sich hierzu

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186 4 Infrarotspektroskopie

zahlreiche Anwendungsbeispiele [4-39 bis 4-44]. Die Moglichkeit der IR-Spektrosko- pie zwischen diastereomeren Verbindungen unterscheiden zu konnen, hat besonders bei der von Naturstoffgemischen, wie z. B. den etherischen Olen mit dazu angeregt, die Gaschromatographie sowohl mit FTIR als auch mit der Massenspektroskopie zu koppeln [4-45 bis 4-47]. Die hierbei erhaltenen Daten ermoglichen es, sowohl Infor- mationen bezuglich vorhandener funktioneller Gruppen, als auch uber Molekularge- wicht, Struktur und Isotopenverhaltnisse synchron zu erhalten. Im Vergleich zum Massendetektor wird allerdings bei der GC-FTIR eine weitaus geringere Nachweis- empfindlichkeit erzielt. Daher ist es erforderlich, daB im Fall starker IR-Absorber 1-10 mg und im Fall schwacher IR-Absorber zumindest 100 mg der zu identifizieren- den Komponente fur die Spektrenaufnahme zur Verfiigung stehen. AuBerdem ergeben sich derzeitig noch bei der Identifizierung der fluchtigen Komponenten einige Ein- schrankungen, da noch nicht sehr umfangreiche Dampfphasen-Referenzspektren zur Verfugung stehen. In den meisten Fallen kann auf diese Spektren jedoch nicht verzich- tet werden, da insbesondere bei Molekiilen mit starken intermolekularen Wechselwir- kungen (wie z. B. Wasserstoff-Briickenbindungen) erhebliche Unterschiede bei Spek- tren isolierter Molekule in der Dampfphase und den entsprechenden, in kondensierter Phase aufgenommenen IR-Absorptionen registriert werden. Allgemein ist festzustel- len, daB die Dampfphasenspektren im Vergleich zu den entsprechenden, in konden- sierter Phase gemessenen Spektren, eine hohere Feinstruktur aufweisen. Derzeitig versucht sich die ,,Kryo-Technologie" neben der ,,Lightpipe-Technik" im Markt zu etablieren [4-481. Bei diesem Verfahren wird das GC-Eluat auf einem spiralformigen Trager ausgefroren und anschliel3end vermessen. Diese Methode bietet den Vorteil, daB eine weitaus hohere Nachweisempfindlichkeit (bis in den pg-Bereich !) erzielt und die MeSzeit variabel gestaltet werden kann. Daruber hinaus steht derzeitig im Gegen- satz zu den sonst erzeugten Gasphasen-IR-Spektren eine weitaus hohere Anzahl von Bibliotheksspektren fur einen Vergleich zur Verfugung.

Bei der Identifizierung von chemischen Verbindungen in Stoffgemischen mittels GC-Fl lR miissen analog zur GC-MS die folgenden drei Voraussetzungen erfullt sein:

- Die zu identijizierende Komponente mup in ausreichender Menge vorhanden sein. - Sofern koeluierende Verunreinigungen vorhanden sind, durfen diese einen bestimm-

- Das IR-Spektrum der zu identifizierenden Komponente sollte in einer Referenz-

Insbesondere in den Fallen, wo bei der massenspektroskopischen Analyse das Mole- kulion nicht erscheint, wie dies z. B. bei Acetalen und verschiedenen Estern oftmals der Fall ist, kann die GC-FTIR-Technologie wichtige, zusatzliche Informationen bei der Zuordnung liefern. Wahrend bei der Identifizierung isomerer Verbindungen eine Suche in MS-Spektrenbibliotheken insbesondere bei homologen Substanzen oftmals zu zweifelhaften Resultaten fuhrt, wird mittels einer IR-Spektrensammlung zumeist eine prazise Zuordnung erhalten.

Eine weitere, wichtige Applikation der GC-IR-Kopplung besteht in dem Nachweis einiger natiirlicher Aromastoffe, fur die zur Vermeidung toxikologischer Risiken indi- viduelle Hochstmengen festgesetzt wurden. Obwohl diese Verbindungen (trans-Ane- thol, P-Asaron, Cumarin, Menthol, Pulegon, Safrol und a-Thujon) oftmals sehr gut

ten Anteil nicht uberschreiten.

Bibliothek enthalten sein.

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4.5 Applikationsbeispiele 187

100.0

9 9 . 9

9 9 . 8

9 9 . 7

2 9 9 . 6 e g 9 9 . 5

g 99.4 0

P 99 .3

9 9 . 2

9s. 1

9 9 . 0 I

(a) 4 J 0 0 . . . ' ' . . . . ' . . . ! ' 3000 Wavenumber (cm.1) 2000 1000

4 2 99 .4

5 g 99 .2 P ::::I . . . . , .

9 8 . 6

4 0 0 0 3000 2000 1000 (b) Wavenumber (cm.1)

Abb. 4-19: Dampfphasen-MIR-Spektren von trans-Anethol (a) und @-Asaron (b), resultierend aus GC-FTIR-Untersuchungen.

mittels relativer Retentionsindizes und massenspektrometrischer Detektion identifi- ziert werden konnen, besteht in einigen Fallen doch der Wunsch, IR-Daten als zusatz- liche Information fur die Strukturanalyse zur Verfugung zu haben [4-491. Stellvertre- tend fur die Gruppe dieser Aromastoffe sind in Abb. 4-19 die mittels GC-FTIR erhal- tenen Dampfphasen-MIR-Spektren von trans-Anethol und 6-Asaron wiedergegeben.

Wie erste Hinweise vermuten lassen, wird auch die NIR-Spektroskopie bei der Wareneingangskontrolle von Aromastoffen und Aromaextrakten zukunftig einen gewissen Stellenwert einnehmen [4-501. Dabei laBt sich heute allerdings noch nicht genau abschatzen, inwieweit diese Methodik zur Abgrenzung der chemisch oftmals sehr ahnlichen Rohstoffe geeignet ist, bzw. mit welcher Sicherheit Verfalschungen z. B. bei etherischen Olen erkannt werden. Das Hauptanwendungsgebiet besteht hier wie bei der MIR-Spektroskopie in der Charakterisierung einheitlicher Verbindungen wie z. B. Linalool, Geraniol oder das bei flussigen Aromen als Losungsmittel verwen- dete Triacetin.

Wie in der Abb. 4-20 zu erkennen ist, wird das NIR-Spektrum von brasilianischem Orangenol hauptsachlich durch Kombinations- und Oberschwingungen der von den

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188 4 lnfrarotspektroskopie

1 .o

0.5

0.0

Abb.4-20: NIR-Spektrum von Orangenol.

Terpenkohlenwasserstoffen resultierenden C-H-Schwingungsbanden gepragt; Unter- schiede zu anderen Agrumenolen wie z. B. Petitgrainol, Limetteol, Citronenol und Neroliol sind visuell kaum auszumachen (bei Petitgrainol handelt es sich um das aus den Blattern und Zweigen der bitteren Orange (Citrus aurantium) mittels Wasser- dampfdestillation hergestellte 0 1 ; Neroliol wird dagegen aus den Bliiten derselben Pflanze ebenfalls durch Wasserdampfdestillation gewonnen). Wendet man allerdings statistische Auswertealgorithmen an, konnen die bestehenden, geringen spektralen Unterschiede deutlich festgestellt und auf diese Weise die chemisch sehr ahnlichen Ole sicher differenziert werden (Abb. 4-21).

0.12

0.08

0.04

0 L 0.00 U

Y -0.04

> -0.08

, , .. ... . . .. . .. .. .... . , -0.12

-0.16

-c. 20

-0.21 -0.18 -am -0.12 -0.09 -0.06 -0.03 o.m 0.03 0.06 0.09

Abb. 4-21: 2-Faktorenplot einiger Agrumenole. (A) Petitgrainol, (B) Limetteol, (C) Citronenol, (D) Orangenol, (E) Neroliol.

X : FactDrt

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4.5 Applikationsbeispiele 189

0.29

0.20

0.16

0.12

; 0.08 44

-0.M -0.16 -0.12 -0.08 -0.04 0.00 0.W 0.08 a17 0.16

X: Factor2

Abb. 422: 2-Faktorenplot einiger Gewiirzole. (A) Muskatellersalbeiol, (B) Rosmarinol, (C) Salbeiol, (D) Origanumol, (E) Estragonol, (F) Basilikumol.

Auch die teilweise sehr ahnlich zusammengesetzten etherischen Ole der Gewiirz- pflanzen Rosmarin, Estragon, Origanum, Basilikum und Salbei konnen im zwei- dimensionalen Faktorraum eindeutig voneinander separiert werden (Abb. 4-22).

Bei spriihgetrockneten Aromen wird im Rahmen der Qualitatskontrolle der Was- sergehalt iiblicherweise entsprechend der titrimetrischen Bestimmungsmethode nach Karl-Fischer bestimmt. Erste Untersuchungen zeigen, daB auch hier die NIR-Spek- troskopie vergleichbare Ergebnisse liefert und daruber hinaus durch die wesentlich kiirzeren Analysenzeiten sowie die Moglichkeit zur InprozeB-Kontrolle wesentlich rationeller einzusetzen ist [4-501. Aufgrund der hohen Korrelations-Koeffizienten kann davon ausgegangen werden, daB die im Kalibrierbereich ermittelten NIR-Werte sehr gut mit den Resultaten der Referenzmethode iibereinstimmen.

4.5.5 Charakterisierung von Umweltkontaminanten

In der Umweltanalytik ist es im allgemeinen erforderlich, Einzelsubstanzen im Spu- renbereich noch sicher identifizieren bzw. quantifizieren zu konnen. Hierbei haben sich bereits seit langerer Zeit insbesondere die beiden Analysentechniken GC-MS und HPLC-Fluoreszenzdetektion sowie neuerdings auch die HPLC-MS bei zahlreichen Applikationen im Umweltbereich bewahrt. Bei der Infrarotspektroskopie ist im Rahmen der jeweils gesetzlich festgelegten Hochstwerte die erforderliche Nachweis- empfindlichkeit sowie ein giinstiges SignaVRauschverhaltnis oftmals sehr vie1 schwerer zu realisieren als bei der massenspektrometrischen oder fluorimetrischen Detektion. Dennoch ist es gelungen, in gasformigen, flussigen und festen Proben Umweltkonta- minanten mit zufriedenstellender Empfindlichkeit und Selektivitat zu bestimmen.

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190 4 Infrarotspektroskopie

Fur die Untersuchung von Feststoffen wie Klarschlamm, Bodenproben, Sedimen- ten und Abfall wurden in diesem Zusammenhang spezielle Analysenmethoden erar- beitet [4-511. Im Falle gasformiger Umweltproben kann die Nachweisempfindlichkeit entsprechend dem Bouguer-Lambert-Beer'schen Gesetz sehr einfach durch VergroBe- rung der Schichtdicke gesteigert werden. Man setzt hier sogenannte Langweg-Gasku- vetten ein (siehe Abb. 4-5), bei denen die optische Weglange zwischen 1 m und 20 m variabel eingestellt werden kann. Auf diese Weise lassen sich z. B. fur Schwefeldioxid und nitrose Gase Nachweisgrenzen bis zu etwa 1 ppm erzielen [4-521. Bei der Uberwa- chung der maximalen Arbeitsplatzkonzentration (MAK-Werte), sowie bei Kontroll- messungen gemal3 der ,,Technixhen Anleitung Luft" werden insbesondere tragbare Infrarot-Gasanalysatoren, ausgestattet mit einer lichtstarken Optik und einem pyroe- lektrischen Li-Tantalat-Detektor eingesetzt [4-531. Diese Gerate verfugen meist uber einen Datenspeicher, der auch nach dem Abschalten die Kalibrierdaten von uber 100 Gasen, deren Alarmgrenzen sowie die optimalen Detektionswellenlangen aufnehmen kann. Ein detaillierter Uberblick uber infrarotspektroskopische Messungen gasformi- ger Emissionen ist der im folgenden angegebenen VDI-Richtlinie zu entnehmen [4-541. Als typische Einsatzgebiete sind in diesem Zusammenhang insbesondere MAK-Messungen von CO, COz, Formaldehyd oder Ethylenoxid am Arbeitsplatz zu nennen; es werden hierbei Nachweisgrenzen von unter 0.01 ppm erreicht.

Auch bei der exakten Identifizierung von Umweltkontaminanten in komplexen Stoffgemischen gewinnt die GC-FTIR-Kopplungstechnik neben der seit Iangerem etablierten GC-MS-Technik zunehmend an Bedeutung. Der Hauptvorteil besteht dabei in der Moglichkeit, die einzelnen Isomere substituierter, aliphatischer und aro- matischer Kohlenwasserstoffe mit oftmals sehr ahnlichen Massenspektren besser unterscheiden zu konnen. Dies kann anhand einer mittels GC-IR untersuchten Mischung verschiedener Chlorbenzole sehr gut demonstriert werden (Abb. 4-23). Die resultierenden IR-Spektren der Chlorbenzolisomere liefern hier aufgrund der unter- schiedlichen Molekulsymmetrien jeweils sehr individuelle Fingerprints [4-551. Die bei- den gemeinsam eluierten Tetrachlorbenzole konnen trotz der unzureichenden, gaschromatographischen Trennung mittels der sogenannten ,,Subtraktionstechnik" noch identifiziert werden. Hierzu wird von dem aus Peak Nr. 4 aufgenommenen IR- Spektrum das Bibliotheksspektrum von 1,2,3,5-Tetrachlorbenzol subtrahiert; das resultierende Differenzspektrum kann dann wiederum durch einen Bibliotheks-Such- lauf als 1,2,4,5-Tetrachlorbenzol eindeutig zugeordnet werden.

Der Vorteil der FTIR-Spektroskopie gegenuber der Massenspektroskopie wird auch bei der Analyse industrieller Mischungen polychlorierter Biphenyle erkennbar [4-56, 4-57]. Weitere Anwendungsbeispiele der GC/FTIR in der Umweltanalytik, wie etwa der Nachweis von Pestiziden, polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAKs) und Dioxinen sind in einem umfangreichen Ubersichtsartikel dargestellt

Einige Pestizide weisen teilweise nur schwache Absorptionen im mittleren Infrarot- bereich auf, so daB an die bei diesen Applikationen eingesetzten GC-FTIR-Systeme hohe Anforderungen gestellt werden. Da aber bei den zu analysierenden Komponen- ten die moglichen Isomere bzw. Konformere oftmals eine sehr unterschiedliche bio- chemische Wirksamkeit aufweisen, ist es zur moglichst priizisen Bewertung eines even- tuellen toxikologischen Risikos erforderlich, auch diese Substanzen zumindest halb-

[4-581.

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4.5 Applikationsbeispiele 191

0.045 ,

0 . 0

0.09 I CC-PERK1 : 1,3,5 CHlMUIBENZENE

CC-PEAK4 : 1.2.9.5 CKORDBWZENE *1.2,4,5 CHLOAOBENZLNE

-

CC-PEAK2 : 1.2.2 CttOADBENZENE 0.09 I 0.045

0.0

CC-PEAK3 : 1.2.3 CK-WZENE

0.ws

0 . 0

quantitativ separat erfassen zu konnen. Obwohl in einigen Fallen, wie etwa bei der Identifizierung der vier Hexachlorbenzol-Isomere mittels der ,,Light-pipe-Technik" zufriedenstellende Ergebnisse erhalten werden [4-591, bietet hier doch die ,,Tracer- Technik" aufgrund der wesentlich besseren Nachweisempfindlichkeit einige Vorteile [4-421. Auch zum Nachweis des friiher sehr verbreitet angewandten Pflanzenschutz- mittels DDT (Dichlordiphenyltrichlorethan) sowie dessen beiden Metaboliten DDD (Dichlordiphenyldichlorethan) und DDE (Dichlordiphenylethan) wurde die Tracer- GC-FTIR-Technik erfolgreich eingesetzt . In Abb. 4-24 sind die MIR-Spektren dieser

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192 4 Infrarotspektroskopie

m 5 0.08 -0 g 0.06 4

0.04

0.02

0.00

1600 1400 1200 1000 800 Wavenumber

Abb. 424: Tracer-GC/FT-IR-Spektren von (unten) [4-421.

0.65

0.323

8

5: 2

c -0.004

+ 0.0454

0.0233

-0.00:

Chryana

4.4‘-DDT 4.4’-DDD (Mitte) und 4.4’-DDE

Lo

5 “1 I

* TRACER SPECTRUM

I

I . - I ! ! II

t- 10 1800 1600 I400 1200 1000 800

Waven u m be r (cm-1)

t -

Abb. 425: MIR-Spektren von Chrysen. Aufnahmen mittels KBr-PreBtechnik (oben) und Tracer- GCIFT-IR-Technik (unten) [4-601.

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4.6 Literatur 193

drei Pestizide fur den Bereich zwischen 1800 cm-' bis 650 cm-' dargestellt; die fur die Spektrenaufnahme benotigte Konzentration betragt dabei lediglich jeweils 6 ng.

Die Vorteile der Kryo-Technik konnen auch bei der Bestimmung der PAK's genutzt werden [4-60, 4-61]. Da bei diesen Substanzen intensive IR-Absorptionen hauptsach- lich im Bereich zwischen loo0 cm-' und 700 cm-' zu beobachten sind, kann bei dem PAK-Nachweis in Umweltproben der Detektions-Wellenlangenbereich zur Erreichung hoherer Selektivitat entsprechend eingegrenzt werden. Am Beispiel von Chrysen ist zu erkennen, daB ein mittels Tracer-Technik aufgenommenes MIR-Spektrum groSe Ahn- lichkeiten mit einem entsprechenden, mittels konventioneller KBr-PreStechnik erzeugten Spektrum aufweist (Abb. 4-25) ; demnach konnen hier die Bibliotheken mit IR-Aufnahmen in kondensierter Phase ohne weiteres fiir Identifizierungszwecke ange- wandt werden. Bei einer Probenmenge von lediglich 500 pg Chrysen wird noch ein giinstiges SignaURausch-Verhaltnis im Bereich von etwa 200 erhalten.

Auch wenn, wie oben bereits mehrfach angefiihrt, die Tracer-GC-FI'IR-Technik einige Vorteile insbesondere bei der Spurenanalytik komplexer Stoffgemische liefert , so sollte doch nicht unerwahnt bleiben, dal3 die Bedienung eines derartigen Gerltes sehr sorgfaltig von entsprechend qualifiziertem Personal ausgefiihrt werden mu13. Bereits kleine Undichtigkeiten im System konnen die Qualitat der erhaltenen Resul- tate erheblich negativ beeinflussen. Auch ist es unvermeidbar, dal3 sich auf dem ZnSe- Fenster immer eine geringe Menge an Feuchtigkeit in Form von Eis niederschllgt; der Absorptionsbereich von 3700 bis 3100 cm-' kann infolgedessen bei der Spektrenidenti- fizierung kaum berucksichtigt werden.

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