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www.B–u–B.de BuB | 60 (2008) 01 3 Inhalt | BuB Foyer Lesesaal Magazin Aus dem Berufsverband Fachliteratur Österreichische Bibliothekarinnen auf der Flucht. Verfolgt, verdrängt, vergessen? (Peter Vodosek)_____________________________ 79 Verbergen, Überschreiben, Zerreißen. Formen der Bücherzerstörung in Literatur, Kunst und Religion (Rainer Strzolka) _______________ 80 Blickpunkt Internet Totgesagt – aber quicklebendig / Warum Link- sammlungen nach wie vor aktuell sind (Jürgen Plieninger) ___________________________ 82 Neue Fachliteratur_____________________ 84 Seite 1 Enquete-Kommission Kultur fordert Biblio- theksgesetze / Stärkere Einbindung in Bildungskonzepte und Bibliotheksentwick- lungsplan empfohlen (Bernd Schleh) _______ 4 Ausland Interkulturelle Bibliotheksarbeit in New York / Goethe-Institut schreibt Stipendien aus ____ 5 Politik »Öffentliche Bibliotheken sollen Pflichtauf- gabe werden« / Vorsitzende der Enquete- Kommission »Kultur in Deutschland« fordert Bibliotheksgesetze in den Ländern _________ 6 Wissenschaftliche Bibliothek Streit mit Wissenschaftsverlagen eskaliert / Max-Planck-Gesellschaft kündigt Lizenzvertrag mit Springer _______________ 7 Gute Online-Dienste, schlechte Fachbuch- Ausstattung / Studenten bewerten Ange- bote von Universitätsbibliotheken ________ 8 Öffentliche Bibliothek Der Mann mit der Fliege geht / Henner Grube tritt in Ruhestand – 17 Jahre Bibliothekarischer Direktor der ekz (Barbara Lison) _________________________ 8 Blickpunkt Recht: Schnarchen in der Bibliothek / Was die Benutzungsordnung regeln kann – und was nicht (Michael Haager) ______________________ 10 Die Wattenscheider Kultur-WG / Stadt- bücherei, Volkshochschule und Stadtarchiv unter einem Dach (Susanne Grimberg) ___ 12 Internationale Künstler verschönern Kinderbücherei (Susanne Grimberg) ______ 13 Neugier auf die Nachbarn geweckt / Projekt »Bibliotheken grenzenlos« fördert interkulturelle Kompetenz (Angela Ortmanns-Dohrmann) __________ 14 Ausstellung Gastspiel in Köln zum 100. Geburtstag / Stadt- und Universitätsbibliothek zeigte Laurence Olivier-Ausstellung (Gernot U. Gabel) _____________________ 15 Bildungspartner Bibliothek Eintauchen in den Informationspool / Multiplikatorenschulung für Lehrer in der Stadtbücherei Stuttgart (Simone Fasola) ___ 16 Die schulbibliothekarische Arbeit ausbauen! / Ein Positionspapier des dbv _____________ 17 »Junior-Fahrbibliothek« auf Erfolgskurs / Stadtbibliothek Herne baut Angebot für Vor- und Grundschulkinder aus (Karin Anlauf)_________________________ 18 Bock auf Bücher / Spandauer Jugendlitera- turpreis macht das Medium Buch lebendig (Stephanie Mattner, Gisela Rhein) ________ 19 Studium und Ausbildung Wohin bloß mit dem Bachelor? / Aus dem Vorstand: Ergebnis der BIB-Mitglie- derumfrage. – Aus den Landesgruppen: Be- richte über Fachtagungen und Exkursionen in Baden-Württemberg, Berlin, Nordrhein-West- falen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen Ergebnis der Vorstandswahl in Thüringen. – Service: Mitgliedernachrichten _________ 85 Editorial ______________________________ 4 Impressum ___________________________ 60 Summary · Résumé ____________________ 92 Stellenmarkt __________________________ 94 SCHWERPUNKT: Die Bibliothek der Zukunft 15 Mal Zukunft der Bibliothek / Experten blicken nach vorn: Prognosen, Ideen, Visionen _______________________ 40 Bibliotheksgesetz rückt in greifbare Nähe / Thüringen prescht vor und nimmt locker die erste Hürde (Frank Simon-Ritz) _______ 47 »Es gibt fantastische Bibliothekare in Deutschland« / Bundespräsident Horst Köhler würdigt Arbeit des Berufs- standes und fordert mehr Unterstützung für Bibliotheken _______________________ 49 Abschied von der Lebenslüge der »Bibliothek für alle« / Bildungsarmut, Mobilitätsverlust, Multi-Kulti-Gesellschaft: Die Zukunft erfordert völlig neue Strategien (Meinhard Motzko)___________ 50 Mut zum Expansionskurs / Gewagte Thesen zur wissenschaftlichen Bibliothek der Zukunft (Meinhard Motzko) _________ 54 Hochschul-Absolventinnen berichten über Probleme bei der Jobsuche (Julia Hellmich) _ 20 FaMIs erobern die Frankfurter Buchmesse / Auszubildende stellen ihren Beruf vor (Karin Holste-Flinspach) ________________ 20 Fachwirt startet in Hessen / Berufliche Erstqualifikation im ABD-Bereich zwingend (Karin Holste-Flinspach) ________________ 22 Spezialbibliothek Einblick in jüdische Traditionen / 25 Jahre Judaica-Bibliothek in Konstanz (Thomas Uhrmann) ____________________ 23 Medien Web 2.0-Angebote meist passiv genützt / Computer und Internet bei Jugendlichen weiter auf dem Vormarsch ______________ 24 Nachrichten __________________________ 24 Wenn Regale virtuell werden: www.tauschticket.de (Bodo Pohla) _______ 25 »Die Türkische Bibliothek« als Wander- ausstellung ___________________________ 26 RSWK-Gesamtausgabe in elektronischer Form ___________________ 28 Orientierung im Dschungel der Leseförderung ________________________ 29 BuB-Redaktionsbeirat: Verstärkung aus der Schweiz _______________________ 30 Termine Fortbildungen von Januar – März 2008 ___ 31 Kalendertipps _________________________ 33 2. IFLA Presidential Meeting: Herausforderungen für Wissenschaft und Gesellschaft im digitalen Zeitalter_____ 34 Markt _______________________________ 36 Per Mausklick durch die Bücherhalle / Hamburger Pläne und Visionen zu E-Medien, Online-Lernen und der Filiale in Second Life (Wolfgang Tiedtke) ________ 56 Bibliothekare in Delphi / Zukunfts-Diskurs zwischen Prognose, Selbstermutigung und Utopie (Jens Ilg) ___________________ 61 Wo man Gespräche ausleihen kann / »Lebende Bücher in der Bibliothek« in Berlin Marzahn-Hellersdorf (Maike Niederhausen, Niko Schachner) ___ 64 Spaziergang durch die gedachte Bibliothek / Computeranimierte Drei-D-Modelle visualisieren Räume, die in Zukunft real werden sollen (Erik Friedling, Martin Götz, Claudio Schmidt) ______________________ 65 Die Uni-Bibliothek, dein Freund und Helfer / Studierenden-Unterstützungs- Systeme nach US-amerikanischem Vorbild als Zukunftsmodell (Margaret Parks, Heinz-Konrad Reith) ___________________ 68 Geschichte Frau Rosenthals Bücher / Ein Fall von NS-Raubgut aus jüdischem Besitz an der Bayerischen Staatsbibliothek (Thomas Jahn)__ 70 »Displaced Books« und »Hidden Collections« / Tagungsbericht vom 3. Hannoverschen Symposium »NS-Raubgut in Bibliotheken« (Rainer Strzolka) ______________________ 77

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Lesesaal

Magazin

Aus dem Berufsverband

Fachliteratur

Österreichische Bibliothekarinnen auf der Flucht. Verfolgt, verdrängt, vergessen? (Peter Vodosek) _____________________________ 79

Verbergen, Überschreiben, Zerreißen. Formen der Bücherzerstörung in Literatur, Kunst und Religion (Rainer Strzolka) _______________ 80

Blickpunkt Internet

Totgesagt – aber quicklebendig / Warum Link-sammlungen nach wie vor aktuell sind (Jürgen Plieninger) ___________________________ 82

Neue Fachliteratur _____________________ 84

Seite 1

Enquete-Kommission Kultur fordert Biblio-theksgesetze / Stärkere Einbindung in Bildungskonzepte und Bibliotheksentwick-lungsplan empfohlen (Bernd Schleh) _______ 4

Ausland

Interkulturelle Bibliotheksarbeit in New York / Goethe-Institut schreibt Stipendien aus ____ 5

Politik

»Öffentliche Bibliotheken sollen Pfl ichtauf-gabe werden« / Vorsitzende der Enquete-Kommission »Kultur in Deutschland« fordert Bibliotheksgesetze in den Ländern _________ 6

Wissenschaftliche Bibliothek

Streit mit Wissenschaftsverlagen eskaliert / Max-Planck-Gesellschaft kündigt Lizenzvertrag mit Springer _______________ 7

Gute Online-Dienste, schlechte Fachbuch-Ausstattung / Studenten bewerten Ange-bote von Universitätsbibliotheken ________ 8

Öffentliche Bibliothek

Der Mann mit der Fliege geht / Henner Grube tritt in Ruhestand – 17 Jahre Bibliothekarischer Direktor der ekz (Barbara Lison) _________________________ 8

Blickpunkt Recht: Schnarchen in der Bibliothek / Was die Benutzungsordnung regeln kann – und was nicht (Michael Haager) ______________________ 10

Die Wattenscheider Kultur-WG / Stadt-bücherei, Volkshochschule und Stadtarchiv unter einem Dach (Susanne Grimberg) ___ 12

Internationale Künstler verschönern Kinderbücherei (Susanne Grimberg) ______ 13

Neugier auf die Nachbarn geweckt / Projekt »Bibliotheken grenzenlos« fördert interkulturelle Kompetenz (Angela Ortmanns-Dohrmann) __________ 14

Ausstellung

Gastspiel in Köln zum 100. Geburtstag / Stadt- und Universitätsbibliothek zeigte Laurence Olivier-Ausstellung (Gernot U. Gabel) _____________________ 15

Bildungspartner Bibliothek

Eintauchen in den Informationspool / Multiplikatorenschulung für Lehrer in der Stadtbücherei Stuttgart (Simone Fasola) ___ 16

Die schulbibliothekarische Arbeit ausbauen! / Ein Positionspapier des dbv _____________ 17

»Junior-Fahrbibliothek« auf Erfolgskurs / Stadtbibliothek Herne baut Angebot für Vor- und Grundschulkinder aus (Karin Anlauf) _________________________ 18

Bock auf Bücher / Spandauer Jugendlitera-turpreis macht das Medium Buch lebendig (Stephanie Mattner, Gisela Rhein) ________ 19

Studium und Ausbildung

Wohin bloß mit dem Bachelor? /

Aus dem Vorstand: Ergebnis der BIB-Mitglie-derumfrage. – Aus den Landesgruppen: Be-richte über Fachtagungen und Exkursionen in Baden-Württemberg, Berlin, Nordrhein-West-falen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Thüringen • Ergebnis der Vorstandswahl in Thüringen. – Service: Mitgliedernachrichten _________ 85

Editorial ______________________________ 4

Impressum ___________________________ 60

Summary · Résumé ____________________ 92

Stellenmarkt __________________________ 94

SCHWERPUNKT: Die Bibliothek der Zukunft

15 Mal Zukunft der Bibliothek / Experten blicken nach vorn: Prognosen, Ideen, Visionen _______________________ 40

Bibliotheksgesetz rückt in greifbare Nähe / Thüringen prescht vor und nimmt locker die erste Hürde (Frank Simon-Ritz) _______ 47

»Es gibt fantastische Bibliothekare in Deutschland« / Bundespräsident Horst Köhler würdigt Arbeit des Berufs-standes und fordert mehr Unterstützung für Bibliotheken _______________________ 49

Abschied von der Lebenslüge der »Bibliothek für alle« / Bildungsarmut, Mobilitätsverlust, Multi-Kulti-Gesellschaft: Die Zukunft erfordert völlig neue Strategien (Meinhard Motzko) ___________ 50

Mut zum Expansionskurs / Gewagte Thesen zur wissenschaftlichen Bibliothek der Zukunft (Meinhard Motzko) _________ 54

Hochschul-Absolventinnen berichten über Probleme bei der Jobsuche (Julia Hellmich) _ 20

FaMIs erobern die Frankfurter Buchmesse / Auszubildende stellen ihren Beruf vor (Karin Holste-Flinspach) ________________ 20

Fachwirt startet in Hessen / Berufl iche Erstqualifi kation im ABD-Bereich zwingend (Karin Holste-Flinspach) ________________ 22

Spezialbibliothek

Einblick in jüdische Traditionen / 25 Jahre Judaica-Bibliothek in Konstanz (Thomas Uhrmann) ____________________ 23

Medien

Web 2.0-Angebote meist passiv genützt / Computer und Internet bei Jugendlichen weiter auf dem Vormarsch ______________ 24

Nachrichten __________________________ 24

Wenn Regale virtuell werden: www.tauschticket.de (Bodo Pohla) _______ 25

»Die Türkische Bibliothek« als Wander-ausstellung ___________________________ 26

RSWK-Gesamtausgabe in elektronischer Form ___________________ 28

Orientierung im Dschungel der Leseförderung ________________________ 29

BuB-Redaktionsbeirat: Verstärkung aus der Schweiz _______________________ 30

Termine

Fortbildungen von Januar – März 2008 ___ 31

Kalendertipps _________________________ 33

2. IFLA Presidential Meeting: Herausforderungen für Wissenschaft und Gesellschaft im digitalen Zeitalter _____ 34

Markt _______________________________ 36

Per Mausklick durch die Bücherhalle / Hamburger Pläne und Visionen zu E-Medien, Online-Lernen und der Filiale in Second Life (Wolfgang Tiedtke) ________ 56

Bibliothekare in Delphi / Zukunfts-Diskurs zwischen Prognose, Selbstermutigung und Utopie (Jens Ilg) ___________________ 61

Wo man Gespräche ausleihen kann / »Lebende Bücher in der Bibliothek« in Berlin Marzahn-Hellersdorf (Maike Niederhausen, Niko Schachner) ___ 64

Spaziergang durch die gedachte Bibliothek / Computeranimierte Drei-D-Modelle visualisieren Räume, die in Zukunft real werden sollen (Erik Friedling, Martin Götz, Claudio Schmidt) ______________________ 65

Die Uni-Bibliothek, dein Freund und Helfer / Studierenden-Unterstützungs-Systeme nach US-amerikanischem Vorbild als Zukunftsmodell (Margaret Parks, Heinz-Konrad Reith) ___________________ 68

Geschichte

Frau Rosenthals Bücher / Ein Fall von NS-Raubgut aus jüdischem Besitz an der Bayerischen Staatsbibliothek (Thomas Jahn) __ 70

»Displaced Books« und »Hidden Collections« / Tagungsbericht vom 3. Hannoverschen Symposium »NS-Raubgut in Bibliotheken« (Rainer Strzolka) ______________________ 77

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Editorial

Ernte 2008Mit so viel politischem Rückenwind sind die deutschen Bibliothe-kare noch nie in ein neues Jahr gestartet. Egal ob Deutscher Kul-turrat oder Thüringischer Landtag, eine ganze Reihe Institutionen und Politiker setzt sich inzwischen für die Interessen der Bibliothe-ken hierzulande ein. Selbst Bundespräsident Horst Köhler hat sich zum engagierten Fürsprecher des Berufsstandes gemacht. In seiner vielbeachteten Rede bei der Wiedereröffnung der Anna Amalia Bibliothek im vergangenen Oktober in Weimar würdigte das Staatsoberhaupt Deutschlands Bibliotheken als »unverzicht-bares Fundament in unserer Wissens- und Informationsgesell-schaft« und forderte eine strategische Verankerung der Bibliothe-ken als Teil der Bildungsinfrastruktur (Redeauszüge auf Seite 49).

Im sächsischen Landtag haben die Bündnisgrünen noch kurz vor Jahresende die Einsetzung einer Bibliothekskommission bean-tragt, die eine Bibliothekskonzeption für das Bundesland erarbei-ten soll – anschließendes Bibliotheksgesetz nicht ausgeschlossen. Im Nachbarland Sachsen-Anhalt tagte eine entsprechende Kom-mission bereits drei Jahre und legte Anfang Dezember umfassen-de Empfehlungen vor. Das Besondere: Zum ersten Mal hatten Experten sowohl aus Öffentlichen und wissenschaftlichen Biblio-theken als auch aus Schulen und Erwachsenenbildung, und zwar aus ganz unterschiedlichen Bundesländern, ihre Köpfe zusam-mengesteckt (Ergebnisse in der nächsten BuB-Ausgabe).

Damit nicht genug. Auch die Enquete-Kommission »Kultur in Deutschland« präsentierte nach vierjähriger Arbeit Mitte Dezember ihren Abschlussbericht. Darin fordern die Experten ausdrücklich die Aufgaben und die Finanzierung der »öffentlichen Bibliotheken« auf Landesebene in Gesetzen zu regeln (siehe nebenstehenden Bericht).

Alles nur schöne Worte? Keineswegs. In Thüringen nahm die Initiative für ein Landesbibliotheksgesetz, nicht zuletzt durch die Unterstützung der prominenten Fürsprecher, die erste parla-mentarische Hürde. In der Landtagsdebatte hatten sich überra-schend alle Parteien hinter einen entsprechenden Gesetzesent-wurf gestellt und ihn an die zuständigen Ausschüsse zur weiteren Beratung überwiesen (siehe Seite 47). In Thüringen könnte also tatsächlich das erste Bibliotheksgesetz in Kraft treten und zum Vorbild für andere Bundesländer werden.

Eines ist klar: Diese Erfolge für das deutsche Bibliothekswesen sind kein Zufall, sondern das Ergebnis harter Arbeit. Nach jahre-langen Investitionen in die Lobbyarbeit – egal ob von Verbands-funktionären in Berlin oder von Bibliothekaren vor Ort – können 2008 die ersten Früchte geerntet werden, und die sind größer, als so mancher zu hoffen wagte.

Wichtig ist nun, dass die Anstrengungen nicht nachlassen. Die Anliegen der Bibliothekare sind bei vielen Entscheidungsträ-gern angekommen. Jetzt sollte es auch darum gehen, die Arbeit der Bibliotheken in der breiten Bevölkerung zu verankern. Dafür

bietet die für Herbst dieses Jahres nach erfolgreichem österreichischem Vorbild geplante bundesweite Image-Kampag-ne »Deutschland liest. Treffpunkt Bibliothek« eine große Chance. Sie muss 2008 genutzt werden!

Bernd Schleh (BuB-Redakteur)

Seite 1

In ihrem Abschlussbericht fordert die Enquete-Kommis-sion »Kultur in Deutschland« ausdrücklich, die Aufgaben und die Finanzierung der »öffentli-chen Bibliotheken« auf Landes-ebene in Gesetzen zu regeln. Darüber hinaus empfehlen die Experten, Bibliotheken stärker in die Bildungskonzepte der Länder einzubinden. Außerdem wird die Einrichtung einer länderübergreifenden Biblio-theksentwicklungsagentur vorgeschlagen.

Vier Jahre lang haben elf Bun-destagsabgeordnete und elf Kultur-Sachverständige als En-quete-Kommission eine Be-standsaufnahme der Situati-on von Kunst und Kultur in Deutschland erarbeitet. Ihr Ab-schlussbericht steht seit Mitte Dezember unter www.bundes-tag.de/aktuell/archiv/2007/kultur_schlussbericht/index.html im Internet (öff entliche Biblio-theken: Seite 129–132). Enthal-ten sind 400 Empfehlungen für politisches Handeln, darunter folgende für den Bereich der Bibliotheken:1. Die Enquete-Kommission empfi ehlt den Ländern, Auf-gaben und Finanzierung der öff entlichen Bibliotheken in Bibliotheksgesetzen zu regeln. Öff entliche Bibliotheken sollen keine freiwillige Aufgabe sein, sondern eine Pfl ichtaufgabe wer-den. Alternativ zu Bibliotheksge-setzen der Länder kann die recht-liche Sicherung von öff entlichen Bibliotheken auch durch einen länderübergreifenden Staatsver-trag angestrebt werden.2. Die Enquete-Kommission empfi ehlt den Ländern, einen länderübergreifenden Bibli-otheksentwicklungsplan zu erstellen. Ein solcher Plan soll bildungspolitische Zielsetzun-

gen und Qualitätsstandards be-inhalten.3. Die Enquete-Kommission empfi ehlt dem Bund und den Ländern die Einrichtung einer Bibliotheksentwicklungsagen-tur zu prüfen. Diese Agentur kann dazu beitragen, strategi-sche, innovative und qualitäts-sichernde Zielsetzungen länder-übergreifend abzustimmen und umzusetzen.4. Die Enquete-Kommission empfi ehlt den Ländern, Bib-liotheken in ihre Bildungskon-zepte einzubinden. Die Länder sollen eine spartenübergreifende Arbeit fördern. Mit einer Ko-operation zwischen Schulen, Vorschulen, Kindergärten und anderen Bildungs- und Kultu-reinrichtungen können – zum Beispiel durch eine Zusammen-arbeit von Schulbibliothek und öff entlichen Bibliotheken – Syn-ergieeff ekte erzielt werden. Wei-tere Schnittstellen und Koope-rationsmöglichkeiten können in einem Bibliotheksentwick-lungsplan formuliert werden.5. Die Enquete-Kommission empfi ehlt dem Bund und den Ländern, gemeinsam eine natio-nale Bestandserhaltungskonzep-tion für gefährdetes schriftliches Kulturgut zu erarbeiten. Die Enquete-Kommission empfi ehlt weiterhin der Bundesregierung ein Förderprogramm zur physi-schen Rettung, digitalen Erfas-sung und digitalen Sicherung von bedrohtem schriftlichem Kulturgut von nationaler und europäischer Bedeutung aufzu-legen, sowie sich dafür einzuset-zen, dass entsprechende Förder-möglichkeiten auf EU-Ebene erweitert werden. Erläuterungen der Vorsitzenden der Enquete-Kommission, Gitta Connemann (CDU), zu den Aussagen der Kommission über Bibliotheken stehen auf Seite 6. slh

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Enquete-Kommission Kultur fordert BibliotheksgesetzeStärkere Einbindung in Bildungskonzepte und Bibliotheksentwicklungsplan empfohlen

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5Foyer | BuB 55Foyer | BuBAusland

Wie integrieren wir Migranten in die Gesellschaft, in die sie einwandern? Wie ist die An-näherung zwischen der Kultur der Einwanderer und der des Einwanderungslandes möglich? Und wie diejenige zwischen den Kulturen der verschiedenen Einwanderergruppen?

In traditionellen Einwande-rungsländern wie den USA ha-ben in diesem Kontext bereits viele Bibliotheken innovative

Ausland

Interkulturelle Bibliotheksarbeit in New YorkGoethe-Institut schreibt Stipendien aus

ihrer Arbeit auf die Entwicklung von Angeboten für Migranten gelegt.

Das Goethe-Institut New York, ein denkmalgeschütztes Haus an der Fifth Avenue ge-genüber dem Metropolitan Mu-seum of Art gelegen, hat in sei-nen Räumlichkeiten eine kleine Souterrain Wohnung, in denen die Stipendiaten untergebracht werden. Zusammen mit »Biblio-thek & Information Internatio-nal« übernimmt das Goethe-In-stitut New York die Flugkosten und ein Tagegeld. Die Kandida-ten werden bei der Planung der Reise und Kontaktaufnahme vor Ort unterstützt.

Von den Stipendiatinnen/Sti-pendiaten wird erwartet, dass sie während ihres Aufenthalts ei-nen Blog auf den Webseiten des Goethe-Instituts führen, ihre Erfahrungen an ihrer Biblio-thek in Deutschland umsetzen und in der Fachpresse über ihren

Die Öffentliche Bibliothek in Queens – einem besonders interkulturellen Stadtteil von

New York – hat einen Schwerpunkt ihrer Arbeit auf die Entwicklung von Ange-boten für Migranten gelegt.

Aufenthalt, ihre Erfahrungen und ihr Konzept zur Umsetzung berichten.

Bevorzugt berücksichtigt werden Bewerber/innen, die bereits ein konkretes Projekt in ihrer Bibliothek planen und sich dafür Anregungen und Exper-tise bei dem Aufenthalt in New York holen möchten.

Bewerbungsunterlagen für 2008 können bis Ende Februar 2008 angefordert werden bei Bri-gitte Döllgast, Goethe-Institut New York, [email protected].

Von den Stipendiatinnen/Stipendiaten wird erwartet,

dass sie während ihres Aufenthalts einen Blog auf

den Webseiten des Goethe-Instituts führen.

Ideen und Projekte entwickelt, um diesen Prozess der Inte-gration zu unterstützen. Auch in Deutschland wird die Inte-gration von Migranten immer mehr zu einer Kernaufgabe von Öff entliche Bibliotheken, die für diese Zielgruppe verstärkt Angebote und Programme auf-legen.

Um den internationalen fachlichen Austausch zu diesem Th ema zu fördern, werden im Rahmen des neuen »Librarian in Residence«-Programms des Goethe-Instituts New York im Jahr 2008 zweimal je ein/e Bib-liothekar/in aus Deutschland zu einem maximal vierwöchigen Studienaufenthalt eingeladen. Während dieser Zeit sollen sie ein Praktikum an der Queens Library in New York absolvie-ren, um sich Anregungen für die eigene Arbeit zu verschaff en.

Die Öff entliche Bibliothek in Queens – einem besonders in-terkulturellen Stadtteil von New York – hat einen Schwerpunkt �

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Politik

»Öffentliche Bibliotheken sollen Pfl ichtaufgabe werden«Vorsitzende der Enquete-Kommission »Kultur in Deutschland« fordert Bibliotheksgesetze in den Ländern

Beim Landestreffen der Öffent-lichen und wissenschaftlichen Bibliotheken Mecklenburg-Vorpommerns im Oktober des vergangenen Jahres in Stralsund hat die Vorsitzende der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages »Kultur in Deutschland«, Gitta Conne-mann (CDU), den Bibliotheken den Rücken gestärkt und unter anderem Bibliotheksgesetze in den einzelnen Bundesländern gefordert. Im Folgenden ver-öffentlicht BuB Ausschnitte aus ihrer Rede. (Siehe dazu auch den Bericht auf Seite 47)

»[…] Bibliotheken arbeiten heute in einem schwierigen fi -nanziellen und gesellschaftli-chen Umfeld. Der Ursprung des Hauptproblems lässt sich mit einem Wort benennen: Freiwil-ligkeit!

Kommunale Bibliotheken zählen zu den sogenannten frei-willigen Aufgaben, sie nehmen keine Pfl ichtaufgabe wahr. Diese Einteilung wirkt sich aus, sobald eine Kommune ihren Haushalt nicht ausgleichen kann. Um es an einem Bild deutlich zu ma-chen. Gerät eine Kommune in fi nanzielle Nöte, muss sie eine Gemeindestraße weiter teeren, aber die Gemeindebibliothek schließen.

Das ist aus meiner Sicht die falsche Priorität. Denn zu einer funktionierenden Infrastruktur gehören eben nicht nur Ver-kehrswege, sondern zwingend Kultur- und Bildungseinrich-tungen. Für mich müssen diese Teil einer Grundversorgung sein. Denn sie bieten eines – die Chance auf gleiche Teilhabe. Eine Bibliothek steht jedem frei – unabhängig von Herkunft, Sozialisation, Milieu und sei-

»Wichtiger Bestandteil einer Reform des Bibliothek-wesens in Deutschland muss

meiner Ansicht nach eine rechtliche Aufwertung von

Bibliotheken sein.«

Politik

nem Geldbeutel. Deshalb wäre es richtig, der Arbeit der Biblio-theken den Rang einer Pfl icht-aufgabe zu geben.

Die allgemeine Mittelknapp-heit führt nämlich dazu, dass Erwerbungsetats gekürzt, Stadt-teilbibliotheken geschlossen und die Dienstleitungen für die Leser reduziert werden. Hinzu kommt die Herausforderung durch neue Informationstech-nologien, die es erforderlich ma-chen, den Buchbestand um neue Medien, wie Videos und CD-ROMs, oder Internetplätze zu erweitern. Es gibt den Zielkon-fl ikt, einerseits den Nutzern In-halte digital anbieten zu wollen und andererseits nur beschränk-te Mittel für den Rechteerwerb zur Verfügung zu haben.

Die Politik, wir, sehen Ihre Probleme. In der Enquete-Kom-mission »Kultur in Deutschland« haben wir intensiv diskutiert, wie sich die Leistungsfähigkeit der Bibliotheken in Deutschland sichern und verbessern lässt, wie die Bibliotheken ihren Platz als geistiges Zentrum in der Mitte der Gesellschaft ausfüllen kön-nen.

In der Bundesrepublik exis-tiert keine nationale rechtliche Normierung der Bibliotheken. Dagegen sind in zwei Drittel der 25 EU-Staaten Öff entliche Bib-liotheken durch ein Bibliotheks-gesetz rechtlich normiert und in langfristige Entwicklungspläne eingebunden. Finanzielle Res-sourcen und materielle Ausstat-tung werden dort langjährig ge-plant und richten sich nach den entwickelten Zielvorgaben. Pro-jektförderungen honorieren in-novative Programme. Gesamt-staatliche Standards sorgen in diesen Ländern für eine fl ächen-deckende Qualitätssicherung

und ermöglichen eine landes-weite Informationsversorgung auf hohem Niveau.

Blicken wir nun nach Deutschland: In den Verfassun-gen von Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt wird immerhin die Förderung von Bibliotheken als Staatsziel betont. Baden-Württemberg erwähnt Biblio-theken im Weiterbildungsgesetz und Hessen beschreibt die Wah-rung des kulturellen Erbes im Hessischen Hochschulgesetz. In Bayern wiederum existiert eine Bibliotheksverordnung.

Wichtiger Bestandteil einer Reform des Bibliothekwesens in Deutschland muss meiner Ansicht nach eine rechtliche Aufwertung von Bibliotheken sein. Diese könnte die rechtli-che Position der Öff entlichen Bibliotheken stärken und deren

gesamtgesellschaftliche Bedeu-tung hervorheben. Bibliotheken könnten durch eine rechtliche Festschreibung in Form von Bibliotheksgesetzen mehr Ver-bindlichkeit und Unterstützung erfahren. Eine solche Regelung legt ein gemeinsames Handeln von Bund, Ländern und Kom-munen im Sinne eines koopera-tiven Föderalismus nahe.

Deshalb besteht bei uns auch Einigkeit, dass wir Bibliotheks-gesetze in den Ländern brau-chen. In diesen Gesetzen sollten die Aufgaben und Finanzierung von Öff entlichen Bibliotheken im Rahmen eines bildungs- und kulturpolitischen Konzepts geregelt werden. Alternativ zu Bibliotheksgesetzen der Länder könnte die rechtliche Sicherung auch durch einen länderüber-greifenden Staatsvertrag ange-strebt werden. Die Zielsetzung dabei muss sein: Öff entliche Bibliotheken sollen keine frei-willige Aufgabe sein, sondern eine Pfl ichtaufgabe werden.

Ein grundlegendes Defi zit außerhalb der wissenschaft-lichen Bibliotheken ist in der deutschen Bibliotheksland-schaft die fehlende überörtliche Koordinierung und Vernetzung der Bibliotheken untereinan-der. Das ist ineffi zient, führt zu Qualitätsminderungen und erschwert eine gemeinsame In-teressenvertretung. Einheitliche Qualitätsstandards existieren nicht. Der Wissens- und Infor-mationsaustausch untereinan-der ist mitunter zu gering. Gute Beispiele für Kooperationen von Bibliotheken sind gegenwärtig das Kompetenznetzwerk Biblio-theken (KNB) und die Deutsche Internetbibliothek (DIB) sowie vereinzelt regionale Kooperatio-nen in den Ländern.

Das weist zwar den richti-gen Weg, ist aber zu wenig. So macht sich das Fehlen einer De-fi nition der gesellschaftlichen Aufgaben und Zielgruppen von Bibliotheken bemerkbar. Eine fachliche Koordinierungsstel-le könnte eine solche Aufgabe übernehmen, innovative Pro-jekte fördern, verbreiten und unterstützen. Es sollte deshalb die Einrichtung einer Biblio-theksentwicklungsagentur ge-prüft werden. Eine solche Agen-tur könnte dazu beitragen, stra-tegische, innovative und qua-litätssichernde Zielsetzungen länderübergreifend abzustim-men und umzusetzen.

Gegenstand unserer Über-legungen war auch ein lände-rübergreifender Bibliotheks-entwicklungsplan. Ein solcher Plan müsste bildungspolitische Zielsetzungen und Qualitäts-standards beinhalten. Denn, meine Damen und Herren, Bibliotheken sind wichtiger Bil-dungspartner: bei der Beratung in Beruf und Weiterbildung, bei der Integration von Migranten, bei der Leseförderung. Alle For-schungen sagen uns: Wichtig ist die Leseförderung in frühester Kindheit und jungen Jahren, denn später wird es schwierig, aus einem Nicht-Leser einen Leser zu machen. Bereits in Kin-dergärten und Grundschulen müssen die Grundlagen gelegt werden. Alle Schulen sollten

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daher Leseräume schaff en, das meine ich zeitlich und räum-lich.

Angesichts der großen ge-sellschaftlichen und bildungs-politischen Bedeutung der Bib-liotheksarbeit für Kinder und Jugendliche bedarf es einer be-sonderen Beachtung der Schul-büchereien, ihrer Ausstattung und ihrer fachlichen Betreuung. Die Schulbibliothek ist eine wichtige Quelle für den Erwerb und Erhalt der Fähigkeit des Le-sens.

Moderne Schulbibliotheken sollen Informations- und Wis-senszentren sein, die ein breit gefächertes Angebot an Büchern und anderen Medien bereithal-ten. Hier müssen die Techniken der Informationsbeschaff ung und der kritische Umgang mit dieser Information eingeübt werden.

Aber wir wissen alle: Die Rea-lität sieht von den Hauptschulen bis zum Gymnasium leider zu oft anders aus. Meine Damen und Herren, hier stehen die Schule, die Öff entlichen Bibliotheken, ihre staatlichen Träger und da-mit die Politik in der Verantwor-tung. Wir brauchen insgesamt eine größere Zusammenarbeit von Bibliotheken und Schulen sowie anderen Einrichtungen der kulturellen Bildung vor Ort. Ich denke hier zum Beispiel an Bibliotheksprogramme im An-gebot der Ganztagschule.

Ich glaube, Bildungsinstitu-tionen und kommunale Biblio-theken müssen dazu organisato-risch, strukturell und rechtlich so vernetzt werden, dass eine spartenübergreifende Koope-ration die Umsetzung von bil-dungs- und kulturpolitischen Zielen ermöglicht.

[…] Es geht um nicht weni-ger, als dass Bibliotheken wieder den Platz einnehmen können, der ihnen seit Jahrhunderten zu-stand – als geistiges Zentrum in der Mitte der Gesellschaft. Die Bibliotheken haben bereits be-wiesen, dass sie bereit sind, die-sen Platz wieder einzunehmen. Nun ist es an der Politik, die-sen Schritt in die Zukunft mit besseren Rahmenbedingungen vollenden zu helfen.«

Wissenschaftliche Bibliothek

Streit mit Wissenschafts-verlagen eskaliertMax-Planck-Gesellschaft kündigt Lizenzvertrag mit Springer

Die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) hat nach schwierigen Verhandlungen ihren langjäh-rigen Lizenzvertrag mit dem Springer Verlag Ende 2007 gekündigt. Die Verhandlungen sind gescheitert, so teilte die Gesellschaft mit, weil keine Einigung über ein adäqua-tes Verhältnis von Preis und nachhaltigen Leistungen erzielt werden konnte. »Springer ist von überhöhten Forderungen bis zum Schluss nicht abge-rückt; deshalb hat die MPG den Vertrag gekündigt«, so Vizepräsident Kurt Mehlhorn. Durch Auswertung der Nut-zungsstatistiken und Vergleiche mit anderen wichtigen Verlagen sei deutlich geworden, dass Springer für die angebotenen Zeitschriften etwa das Doppel-te des Preises fordere, den die Max-Planck-Gesellschaft noch für vertretbar erachte.

Im Rahmen des bisherigen Vertrags war sämtlichen Max-Planck-Instituten der Zugriff auf gut 1 200 elektronische wis-senschaftliche Zeitschriften des Springer Verlags möglich. Durch das Scheitern der Verhandlun-gen kann die institutsübergrei-fende Literaturversorgung mit der von Springer zur Verfügung gestellten Recherche-Oberfl äche SpringerLink nicht mehr zentral zur Verfügung gestellt werden. Die Max-Planck-Gesellschaft und die Max Planck Digital Li-brary werden mit den am meis-ten betroff enen Institutsbiblio-theken zusammen Strategien er-arbeiten, um die Versorgung mit unverzichtbaren Inhalten kos-tengünstig sicherzustellen.

Das Scheitern der Vertrags-verhandlungen mit Springer stellt einen vorläufi gen Höhe-punkt in der Auseinanderset-

zung mit einigen global agieren-den Wissenschaftsverlagen dar. Die extremen Preisentwick-lungen in der Informationsver-sorgung, aber auch Einschrän-kungen in den Nutzungs-möglichkeiten bewegen die Wissenschaftsorganisationen weltweit zu einem Umdenken.

Bereits im Jahre 2003 hat die Max-Planck-Gesellschaft die »Berlin Declaration on Open Access to Knowledge in the Sci-ences and Humanities« initiiert, welche für öff entlich fi nanzierte

Forschung vermehrt off ene Pu-blikationsmöglichkeiten för-dern soll.

Das Beharren des Springer Verlags auf seiner Verhand-lungsposition bestätigt den über 240 Wissenschaftsorganisatio-nen, welche die »Berlin Decla-ration« bisher weltweit unter-zeichnet haben, wie wichtig ihr Anliegen ist. Gewiss könnten es sich nur wenige Verleger leisten, das Allgemeininteresse an mög-lichst breitem Zugang zu Wis-sen durch ihre exzessiven Preis-gestaltungen zu unterwandern. Verfügten Verleger jedoch über die Marktmacht, um solche Preise tatsächlich durchzuset-zen, und fehlte dem Gesetzgeber die Bereitschaft, solch unange-messenes Verhalten einer recht-lichen Kontrolle zu unterwer-fen, so bleibe der Wissenschaft nur der Weg zur Selbsthilfe, so die MPG. �

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Wissenschaftliche Bibliothek

Gute Online-Dienste, schlechte Fachbuch-AusstattungStudenten bewerten Angebote von Universitätsbibliotheken

Gute Hochschulbibliotheken sind auch heutzutage die wich-tigste Quelle, um an notwen-dige Fachliteratur im Studium zu gelangen. Eine aktuelle Umfrage der CHE Gemeinnüt-ziges Centrum für Hochschul-entwicklung GmbH zu den Angeboten von Universitätsbib-liotheken hat nun ergeben: Die Studierenden sind zufrieden mit den Online-Diensten. Deutlich schlechter schneidet jedoch an einigen Universitäten das Ange-bot an Fachliteratur ab.

Für die Bewertung der Univer-sitätsbibliotheken wurden die Urteile der Studierenden aus den sogenannten »Buchwissen-schaften« herangezogen, denn in diesen Fächern sind die Stu-dierenden in besonderem Maße auf eine gute Literaturversor-gung angewiesen. Dazu zählen von den ins CHE-Ranking ein-bezogenen Fächern Germanis-tik, Anglistik/Amerikanistik, Romanistik, Geschichte sowie Erziehungswissenschaften und Psychologie. Die Daten basie-ren auf der Befragung von rund 21 000 Studierenden dieser Fä-cher im Herbst 2006 im Rah-men des aktuellen Hochschul-rankings.

Fast einhellig gut bis sehr gut benoteten die Studierenden die

neuen Online-Benutzerservices der Bibliotheken. Das Angebot von elektronischen Bibliotheks-katalogen und internetgestütz-ten Systemen der Benutzerkon-tenverwaltung wird im bundes-weiten Mittel mit 1,6 benotet. Auch für die Möglichkeiten zur Literaturrecherche geben die Studierenden keine Noten schlechter als 2,5.

Weniger gut ausgestattet sind die Bibliotheken mit Kopierge-räten. Hier reicht die Notenskala nur von 3 bis 5. Entscheidend für die Studierenden dürfte jedoch der Bestand der notwendigen Fachliteratur sein. Besonders die Verfügbarkeit einer ausreichen-den Anzahl von Fachbüchern scheint im bundesweiten Ver-gleich sehr unterschiedlich zu sein. Sie wird an der Universität

Insgesamt weisen die Unibibliotheken in Bielefeld, Konstanz, Mannheim und

Tübingen in allen betrachte-ten Merkmalen zum Indika-

tor »Bibliothek« Spitzen-plätze auf.

Konstanz mit dem Mittelwert von 1,6 benotet, jedoch im ho-hen Norden in Flensburg nur noch mit durchschnittlich 4 be-wertet.

Auch die Zufriedenheit mit den Öff nungszeiten variiert bun-desweit stark. Insgesamt weisen die Universitätsbibliotheken in Bielefeld, Konstanz, Mannheim und Tübingen in allen betrach-teten Merkmalen zum Indikator »Bibliothek« Spitzenplätze auf.

Weitere Informationen zu der Studie des Centrums für Hoch-schulentwicklung gibt es im In-ternet unter der Adresse www.che.de.

Erratum

In der Bildunterschrift zum Beitrag »Hollywood-Glamour und ökologisches Engage-ment« in BuB Heft 10/2007, Seite 693, hat sich ein Fehler eingeschlichen: Das Foto zeigt nicht Robert Kennedy jr., son-dern Edward Kennedy.

Henner Grube bei der Abschiedsfeier im November 2007 in Reutlingen: Seine Markenzeichen waren nicht Allerweltsattitüden, sondern Fliege, Fachverstand und Freundlichkeit. Foto: Michael Sauter/ekz

Öffentliche Bibliothek

Der Mann mit der Fliege gehtHenner Grube tritt in Ruhestand / 17 Jahre Bibliothekarischer Direktor der ekz

Henner Grube verlässt die ekz! Das ist eine Nachricht, mit der sich viele – auch ich – nur mit einiger Mühe anfreunden können! Denn: Für viele Kun-dinnen und Kunden der ekz war Henner Grube die ekz.

17 Jahre lang hat er diese Fir-ma vor allem bei den deutschen – aber längst nicht nur bei den deutschen – Bibliothekarinnen und Bibliothekaren verkörpert – mit Engagement, ich möchte sagen: mit Herzblut, aber ohne den blinden und entleerten Eifer, den Repräsentanten ei-nes Wirtschaftsunternehmens manchmal an den Tag legen, um ihre Kundschaft zu beein-drucken.

Henner Grube hat mit ganz anderen Mitteln beeindruckt. Seine Markenzeichen waren nicht die Allerweltsattitüden und analogen Attribute des mo-dernen Managers, den man oft als unidentifi zierbaren Teil einer großen Masse auf Messen, Flug-häfen oder in ICEs schemenhaft wahrnimmt.

Henner Grubes Markenzei-chen sind viel subtiler und viel seltener. Wir alle kennen ihn als � den Mann mit der Fliege,� den Mann mit dem blüten-

weißen, gestärkten Ober-hemd,

� den Mann mit dem gezück-ten Pelikan-Füllhalter,

� den Mann mit dem feinen, zurückhaltenden Schmun-zeln.

Henner Grube fi el auf, wo im-mer er war, sei es bei den vielen wuseligen Messeauftritten der ekz, sei es bei all den Sitzun-gen, Podiumsdiskussionen oder Vorträgen, an denen er beteiligt war. Henner Grube war äußer-lich und fachlich immer äußerst präsent.

Aber natürlich war sein öf-fentlicher Auftritt nicht das entscheidende Moment seines Engagements bei der ekz. Ent-scheidend waren seine fachliche Kompetenz und sein Ohr, das er den Bibliothekarinnen und Bibliothekaren lieh, sein Ohr, das er am Puls der Entwicklung unserer Bibliotheken hatte. Es

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verging kein Monat, in dem er nicht bei seinen Kunden war, es gab kaum eine größere Fachta-gung, wo er nicht durch seine Anwesenheit das Interesse der ekz an unserer Profession doku-mentierte. Seine Arbeitsprinzi-pien waren Kontakt, Kontakt und Kontakt sowie Beteiligung, und Integration der Kundenin-teressen in die Geschäftsprozes-se der ekz – sprich: Sein oberstes Arbeitsprinzip war Kundenori-entierung im allerbesten Sinne.

Und Henner Grube hat sich in diesem Sinne auch den Heraus-forderungen gestellt, denen sich in den vergangenen 17 Jahren die ekz und damit auch Henner Grube als ihr Bibliothekarischer Direktor stellen mussten.

Da war zum Beispiel die Ver-einigung der beiden deutschen Staaten mit all ihren komple-xen Implikationen. Dass die ekz auch schnell in den neuen Bundesländern als zuverlässiger Dienstleister einen guten Na-men hatte und dort ein neuer Absatzmarkt erschlossen wer-den konnte, dazu hat Henner Grube entscheidend beigetra-gen. Die Integration von »Ost« und »West« war für ihn immer ein ganz besonderes, auch per-sönliches, Anliegen.

Und natürlich sind mit sei-nem Namen auch grundlegende Innovationen des Angebotes der ekz verbunden: Stellvertretend will ich hier die »Standing Or-der« nennen, die heute immerhin die Hälfte des Medienumsatzes der ekz ausmacht. Das ist schon sehr bemerkenswert, bedenkt man, dass dieses Angebot an-fänglich von so mancher Kol-legin beziehungsweise so man-chem Kollegen als »die Axt an der bibliothekarischen Wurzel« (Zi-tat Grube) betrachtet oder gar geschmäht wurde.

Aber Grube hat damit recht-zeitig die aus den Sparzwängen der Bibliotheken geborenen Rationalisierungsbedürfnisse in ein erfolgreiches Geschäftsmo-dell für die ekz transferiert. Und wenn ich sage »erfolgreiches Ge-schäftsmodell für die ekz«, dann ist damit auch immer verbunden »erfolgreiches Geschäftsmodell für die Bibliotheken«.

Denn, dass der Werbespruch »Der Erfolg unserer Kunden ist auch unser Erfolg« auch stets ein ertragbringendes Leitmotiv für die ekz war und dort im Hause grundsätzlich gelebt wurde, ist wesentlich auf Henner Grubes gute Kontakte zu den Biblio-theken zurückzuführen. Gru-be nahm wie ein Seismograph die Entwicklungstendenzen in unserer Zunft wahr. Und, um dieses »Ohr am Puls der Zeit« zu institutionalisieren, hat Henner Grube den Bibliothekarischen Beirat – quasi als permanentes Kundenforum und Marketing-instrument der ekz – initiiert.

Erwähnen will ich auch Herrn Grubes langjähriges En-gagement für unsere Bundesver-einigung »Bibliothek & Infor-mation Deutschland«. Er war gerade auch in den ersten Jahren der BID – damals noch BDB genannt – ein Fels in der Bran-dung der verschiedenen zusam-menströmenden Interessen der deutschen Bibliotheksverbände. Er hat immer und unermüdlich die Generallinie einer möglichst einheitlichen Außendarstellung der deutschen Bibliotheken for-ciert und diese auch in seinen Arbeitszusammenhängen stets propagiert. Und: Henner Grube hat, wenn nötig, für Ausgleich in der Diskussion gesorgt.

Und nach einem solch en-gagierten Arbeitsleben kann ich sehr gut verstehen, was sich Henner Grube für seinen Ruhe-stand wünscht: nämlich wirk-lich Ruhe sowie viel Zeit für seine Familie und die Beschäfti-gung mit seinen Vorlieben und Interessen. Er will der Kunst und Philosophie frönen und will außerdem in einem Radius, der im wesentlichen Deutschland umfasst, ausgiebig Land und Leute erforschen.

Ich wünsche Henner Gru-be, dass die nächsten Jahre und Jahrzehnte für ihn so werden, wie er sie sich wünscht, dass er all das erleben und erfahren kann, wofür ihm bei der ekz nicht genug Zeit blieb. Und ich wünsche ihm, dass er zukünftig mit Freude auf die ekz schauen kann.

Barbara Lison, Bremen

Öffentliche Bibliothek

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Michael Haager ist Biblio-thekar und Rechtsanwalt; er lebt in Tübingen – Kontakt: [email protected]

§

Schnarchen in der BibliothekWas die Benutzungsordnung regeln kann – und was nicht

Ich prognostiziere einfach mal, dass zum Auslieferungstermin dieses Heftes draußen Januar-kälte herrscht, es jedenfalls un-gemütlich ist. Da will man kei-nen Hund vor die Tür jagen und auch keinen Nutzer aus dem Le-sesaal. Aber der da hinten, der hockt schon seit Stunden da, liest auch nicht, sondern schläft wohl eher. Die letzten Tage war er auch immer da. Andere Besu-cher rümpfen die Nase, wenn sie an ihm vorbeigehen. Jetzt wacht er vom eigenen Schnarchen auf, scheint irritiert, fängt an zu pö-beln. Schluss damit, wir werfen ihn raus. Geht das so einfach?

Den Referendar schicken wir gleich los, um eine passende Vorschrift zu suchen, nach der wir unliebsame Besucher raus-schmeißen können. Wo sucht der Referendar? Natürlich in der Benutzungsordnung. Da fin-det er aber keinen Passus, nach dem wir Obdachlose, die nur zum Aufwärmen kommen, raus-schmeißen können. Also sucht er weiter und macht sich erst ein-mal Gedanken über die Benut-zungsordnung als solche.

Die erste Frage, die er dabei überdenkt ist, ob man eine Be-

nutzungsordnung denn über-haupt braucht. Ein häufig dis-kutiertes Thema, vor allem in Häusern, die nicht oder nur im Ausnahmefall Außenstehende als Nutzer zulassen – etwa Be-hörden- oder auch Kanzleibib-liotheken.

Um es klar zu sagen: Auch diese Häuser brauchen eine Be-nutzungsordnung. Denn sie re-gelt das Verhältnis zwischen Bib-liothek und Nutzer, wobei mit Nutzer nicht erst der registrierte Leser mit Leseausweis gemeint ist oder der eingeschriebene Stu-dierende, sondern jedermann, der die heiligen Hallen nicht nur irrtümlich betritt und nut-zen möchte. Und das kann eben auch bloß der Kollege sein. Auch im Verhältnis zu diesem Internen sollten die Verhältnisse im Vor-hinein klar sein.

Die Benutzungsordnung kann, darf und soll – oder muss sogar – alles regeln, was im ge-nannten Verhältnis zwischen Bibliothek und Nutzer rele-vant ist. Was nicht relevant ist, braucht auch nicht geregelt zu werden. Eine reine Präsenzbib-liothek kann sich Regeln über die Ausleihe sparen, sie kann aber klarstellen, dass eine Ausleihe

nicht stattfindet und dass Aus-nahmen hiervon ohne Ansehen der Person auch nicht vorgese-hen sind.

Soweit ist es noch banal. Um-gekehrt ist es aber Alltag, dass häufig vorkommende Dinge nicht oder nicht in erforderlichem Maß überlegt oder berücksich-tigt sind. Die Kunst jedes juristi-schen Regelwerkes, angefangen beim Grundgesetz bis zu Vereins-satzung oder eben Benutzungs-ordnung ist es, für auftretende Sachverhalte eine Lösung bereit-zustellen. Dabei ist es notwen-dig zu abstrahieren, aber nicht so weit, dass das herauskommt, was der Volksmund gerne Gummipa-ragraf nennt.

Ermessensspielräume wird es freilich immer geben. Diese erst klar zu fassen und dann das Er-

messen korrekt auszuüben, wä-ren dann zwei weitere Schritte, an denen sich die Qualität der Benutzungsordnung und die Fä-higkeiten des Personals messen lassen.

Natürlich kennt auch eine Be-nutzungsordnung Grenzen oder Schranken, das heißt, sie muss sich innerhalb eines vorgegebe-nen Rahmens halten. Oder ei-gentlich sind es mehrere Rah-men, die teilweise wenig mitein-ander zu tun haben.

Grundgesetz als Rahmen

Einer dieser Rahmen ist etwa das Grundgesetz oder die geltenden Gesetze. Wenn wir eine Benut-zungsordnung entwerfen, prü-fen oder ändern wollen, sind also alle infrage kommenden Rahmen

zu beachten. Spätestens jetzt, wenn es konkreter wird, tren-nen sich aber Spreu und Weizen, denn ein fundamentaler Unter-schied zwischen den Rahmen er-gibt sich aus der Frage, ob die Bibliotheken öffentlich-rechtli-chen oder zivilrechtlichen Cha-rakter haben.

Diese Unterscheidung ist des-halb so gravierend, weil sie eine der ganz wesentlichen Unter-schiede in der Rechtsordnung eines Staates darstellt. Nach ei-ner gängigen Definition ist eine Vorschrift dann öffentlich-recht-lich, wenn nur ein Hoheitsträ-ger aus ihr Rechte oder Pflichten ableiten kann. Im Zivilrecht ha-ben wir es demnach mit Gleich-ordnung zu tun, im öffentlichen Recht mit Unterwerfung. Haben wir also eine Bibliothek öffent-lichen Rechts, kann sie ihr Ver-hältnis zur Nutzerschaft öffent-lich-rechtlich gestalten, was den Nutzer eher Untertan als Kunde sein lässt. Natürlich kann jede Bibliothek ihr Nutzungsverhält-nis zivilrechtlich ausgestalten, wenn ihr Träger hoheitlich ist, dies muss aber erkennbar für den Nutzer sein und die Wahl kann nur einmal für alle Male getrof-fen werden.

Die Erfahrung zeigt, dass es im Zweifel sinnvoll ist, sich für das Zivilrecht zu entscheiden, nicht nur weil auch bei der öf-fentlichen Hand der Trend von der Amtsstube zum Servicezen-trum, vom Verwaltungsakt zum Produkt geht. Das Zivilrecht lässt eine wesentlich freiere Ge-staltung zu und ist, auch und erst recht im Konfliktfall, flexib-ler. Vor allem dann, wenn ältere Benutzungsordnungen wenig Normen enthalten und man auf die Verwaltungsverfahrens- und -vollstreckungsgesetze zugrei-fen muss, staubt die Mühsal der Bürokratie.

Ich bin kein Freund der Priva-tisierung öffentlicher Infrastruk-

§ §§§§

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Blickpunkt Recht

tur, ganz im Gegenteil. Aber das Angebot einer Bibliothek, egal ob Stadtbücherei oder For-schungsbibliothek, hat zu we-nig mit Regieren und Verwalten zu tun. Daher im Zweifel Zivil-recht. Die auftretenden Misch-formen oder besser Stufen, nach denen bestimmte Akte, etwa die Zulassung zur Bibliotheks-nutzung, noch öffentlich-recht-lich sind, die Ausleihe dann zi-vilrechtlich, sind hinnehmbar, wenn auch dem Bürger nur noch schwer zu vermitteln. Wenn die-ser die verweigerte Zulassung vor dem Verwaltungsgericht, hernach die überzogene Mahn-gebühr vor dem Amtsgericht verhandeln muss, stellt der Bür-ger traditionell das Verständnis ein – moderner wäre, eine Mail an die Redaktion einer Verbrau-cherschutzsendung zu schicken. Für das Zivilrecht spricht auch die Möglichkeit, Gebühren aller Art sehr viel freier festlegen zu können, als unter der Kuratel des Verwaltungsrechts.

War allerdings der Staat schon immer an hehre Grundsätze ge-bunden, so musste es der freien Wirtschaft erst allmählich vorge-schrieben werden, dass auch ihr nicht alles erlaubt ist, was der Bi-lanz schmeichelt und nicht völ-lig wider Treu und Glauben ist. Das sogenannte Antidiskrimi-nierungsrecht, das auch Pri-vate zwingt, sich an bestimm-te Grundrechte zu halten, wird aber im Bereich Bibliotheken we-nig ändern.

Es war bisher schon unzuläs-sig, die Nutzerschaft nach Dis-kriminierungsmerkmalen zu se-lektieren und die Nutzung des Lesesaals auf männliche, wei-ße, schlanke, gebildete, evan-gelische Hessen ab 45 zu be-schränken, und auch weiter-hin wird man nicht auf die Idee kommen, solchen Mist in seine Benutzungsordnung zu schrei-ben. Das Spielfeld des Antidis-

kriminierungsrechts ist ein an-deres, die Grundfehler unserer Gesellschaft wird auch dieses Recht ohnehin nicht beseitigen, und beim Verfassen unserer Be-nutzungsordnung lassen wir den gesunden Menschenverstand einfach mal zugeschaltet.

Die wahren Schwierigkeiten bei der Benutzung liegen woan-ders. Zahlreiche dieser Proble-me ergeben sich, wie in anderen Branchen auch, aus den moder-nen Zeiten. Seit im ersten Lese-saal der erste Internetzugang zu funktionieren begann, ist eine Unzahl von Versuchen gestartet worden, dem Rattenschwanz an Rechts- und praktischen Proble-men, der folgte, Herr zu werden. Etliche dieser Probleme sind bis heute ungelöst.

Filter sind untauglich

Wir müssen nicht schlauer sein als der Gesetzgeber, daher kön-nen wir manches offen lassen. Sinnvoll wäre nur, bestimmte Regelungsmaterien, wie eben zum Beispiel die Nutzung neu-er Medien, nicht in eine Satzung zu schreiben, die nur schwer zu ändern ist und Diskussionen in Gemeinde- und anderen Rä-ten erfordert. Regeln unterhalb der formell notwendigen Benut-zungsordnung sind stets mög-lich. Idealerweise schafft die Be-nutzungsordnung selbst hierzu Ermächtigungsgrundlagen.

Eine wirklich wasserdichte Be-nutzungsordnung wird sich im Bereich neuer Medien und Tech-niken kaum schaffen lassen, an-zustreben ist nur, dass der Nutzer die Bibliothek von der Haftung so weit als möglich freistellt. Fil-ter jedweder Art sind untaug-lich, sinnlos oder übertrieben. Es reicht aus, klarzustellen, dass die Bibliothek gar nicht beeinflussen kann, was die Nutzer am Termi-nal so alles anstellen. Den Rest erledigen eine gute Abschir-

mung des Bibliothekssystems und eine Zeitbegrenzung für die Nutzung.

In die Rubrik moderne Zei-ten fallen auch Leseausweise, zu deren Handhabung ich in die-ser Zeitschrift schon früher An-merkungen gemacht habe. Bib-liotheken hätten gerne eine un-begrenzte Haftung der Nutzer, verständlich in unseren kas-senschwachen Zeiten, aber wie ich schon einmal ausführte, die meisten Nutzer sind noch ärmer als die Kommunen. Ein Interes-senausgleich sollte das berück-sichtigen.

Gleich nach dem verlorenen und missbrauchten Leseaus-weis kommen dann Dinge, die es schon immer gab: Bücher, die nicht zurückkommen, und Kos-ten, die nicht einbringbar sind. In diesem Bereich hilft eine Be-nutzungsordnung wenig, denn auch in Bibliotheken gilt, was im Rest der Welt gilt: Dem Halbkri-minellen, der erst nur schlam-pig ist und seine Leihfrist über-zieht, dann pampig wird und

die Gebühren nicht bezahlt und den das auch nicht schert, weil er weiß, dass der Gerichtsvoll-zieher beim ihm gar nichts ho-len darf, gegen den ist kein Kraut gewachsen, und den Schwund durch diese Klientel müssen wir immer einkalkulieren. Das ist billiger, als jedem Euro mit-tels Vollstreckung hinterherzu-klagen.

Ich weiß, dass das Geld in den Bibliotheken knapp ist, aber ge-rade deshalb sollten Kosten-Nutzen-Rechnungen nicht un-terlassen werden. Was die Be-

nutzungsordnung in diesem Zusammenhang aber durchaus kann, ist abschrecken.

Denn wir verletzen nicht un-seren Auftrag und Zweck, wenn wir für eine bestimmte Leserkli-entel früh und klar Sperren ver-hängen. Das heißt noch nicht Hausverbot, aber zumindest ein Ausleihverbot.

Dies waren nun zwei weite-re Stichworte: Zweck und Haus-verbot. Als Bibliothek haben wir stets einen Zweck, der in der Regel vom Unterhaltsträger definiert wird, soweit er nicht selbstverständlich ist. In der Be-nutzungsordnung haben wir demnach alle Regelungen weg-zulassen, die den Zweck unse-res Hauses oder unserer Anstalt über die Maßen beeinträchtigen. All die kleinen Vorschriften, die uns das Leben erleichtern, und die wir noch gerne erweitern würden (zum Beispiel: das Mit-bringen von Kindern, die noch nicht selbst lesen können, ist un-tersagt), müssen wir also daran messen, ob sie in diesem Sinne zu weit gehen. Was in diesem Bereich stets hilft, sind General-klauseln, die im Einzelfall von der Leitung oder von Diensthaben-den ad hoc ausgelegt und an-gewendet werden können – un-ter Wahrung des Augenmaßes, wenn es denn der Alltagsstress zulässt.

Womit wir beim Hausverbot wären. Das kann der Inhaber des Hausrechts stets ausüben, auch wenn in der Benutzungsordnung nichts dazu steht. Inhaber ist der Eigentümer, Mieter, die Hauslei-tung, Chefin vom Dienst, jeder gerade anwesende Mitarbeiter, in dieser Reihenfolge und mit Ausnahmen.

Also können wir unabhängig von unserer Benutzungsordnung unseren Frierenden vom Anfang am nächsten Tag wieder reinlas-sen – wenn er beim Aufwärmen niemanden stört.

§ §§§§

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Die Wattenscheider Kultur-WGStadtbücherei, Volkshochschule und Stadtarchiv unter einem Dach

Bereits zum sechsten Mal in ihrer 100-jährigen Geschichte ist die Bücherei Wattenscheid im Januar 2006 umgezogen. Und trotzdem war diesmal alles anders: Die Zweigstelle der Stadtbücherei Bochum bezog das erste Obergeschoss des neuen Einkaufszentrums »Ger-trudis-Center« in der Watten-scheider Innenstadt, zwischen Ärzten, Geschäften und Restau-rants. Gleichzeitig zogen auch Filialen des Stadtarchivs und der Volkshochschule ein. Damit gründeten die drei städtischen Institutionen auf rund 950 Quadratmetern (davon 620 Quadratmeter Bücherei) die »Kultur-WG Wattenscheid«.

Wattenscheid ist mit gut 74 000 Einwohnern der zweitgrößte Stadtteil Bochums. Er verlor im Zuge der kommunalen Neu-gliederung 1974/75 seine Un-abhängigkeit und wurde Bezirk der benachbarten Großstadt. Diese Entwicklung wird von den Wattenscheidern bis heute eher misstrauisch beäugt und nicht wirklich akzeptiert, wes-halb die meisten öff entlichen Einrichtungen Bochums eine Zweigstelle in Wattenscheid un-terhalten.

Für die Bücherei bedeutete der Umzug einen Verlust von etwa einem Drittel Fläche, wes-halb der Bestand von 40 000 Medieneinheiten auf 30 000 schrumpfen musste. Gleichzei-tig wurden aber in den Jahren 2005 und 2006 Sondermittel für den Medienetat im fünf-stelligen Bereich genehmigt, der umfangreiche Neuanschaf-fungen und den Austausch ab-genutzter Medien ermöglichte. So konnte der Neuanfang in der Kultur-WG mit einem ak-tuellen und attraktiven Bestand gemacht werden, der seitdem wesentlich besser genutzt wird.

2006 wurde der Bestand durch-schnittlich sechsmal umgesetzt.

Für die VHS und das Stadt-archiv Bochum bot der Umzug in gemeinsame Räumlichkeiten mit der Stadtbücherei die Gele-genheit, vor Jahren aufgegebene Zweigstellen ihrer Einrichtun-gen in Bochums »unabhängigs-tem« Stadtteil Wattenscheid wieder zu eröff nen, ohne dass zusätzliche hohe Mietkosten auf den Träger zukamen.

Den Wattenscheider Bürgern sollte ermöglicht werden, ohne lange Wege alle drei Kulturein-richtungen zu nutzen – auch wenn die Kultur-WG oft nur zwischen der Bochumer Haupt-stelle und dem Kunden vor Ort vermittelt.

Die Einheit der drei Einrich-tungen wird schon beim Betre-

ten der Kultur-WG deutlich: Während der Öff nungszeiten der Stadtbücherei ist der einzige Zugang zu allen drei Institutio-nen die Bücherei.

Über der Eingangstür stehen Stadtbücherei, Stadtarchiv und VHS gleichberechtigt neben-einander, im Eingangsbereich der Bücherei liegen Programme und Anmeldekarten der VHS und Prospekte des Archivs aus. Dazu fi ndet man im Bestand der Stadtbücherei die Lehrbücher und begleitenden AV-Medien zu den Sprachkursen der VHS. Und wenn der entsprechende Kollege mal nicht da ist, werden in der Bücherei auch Anmelde-karten für VHS-Kurse ange-nommen oder telefonisch Aus-künfte beim Stadtarchiv in Bo-chum eingeholt.

Gegenseitige Ergänzung

Kultur-WG heißt mehr als ein-fach nur gemeinsam wohnen. Die Mitbewohner teilen sich nicht nur Eingang, Teeküche und sanitäre Anlagen: Auch zwei Veranstaltungsräume kön-

nen von allen dreien genutzt werden, für Veranstaltungen ei-ner einzelnen Einrichtung oder aber für gemeinsame Projekte.

Nach zwei Jahren Zusam-menarbeit kann die Kultur-WG bereits auf eine Reihe erfolgrei-cher Projekte zurückblicken: Ausstellungen des Stadtarchivs fi nden in den Räumen der Bü-cherei statt, die VHS bietet the-matisch passende Vorträge an. Der Stadtarchivar besucht regel-mäßig die Stadtbücherei, um im Bestand an Wattenscheider Hei-matliteratur zu recherchieren, der in der Bücherei umfassender ist als in den eigenen Regalen.

Die VHS veranstaltet Auto-renlesungen und Literaturvor-träge wie »Literarische Weinpro-ben« in der Bücherei, mit Weinen vom Rhein und Literatur über Wein, gefunden und vorgetra-gen von Büchereimitarbeitern. Und wenn die Stadtbücherei eine größere Veranstaltung hat, zieht auch schon mal der VHS-Deutschkurs um in die Räume des Stadtarchivs, damit die Stadt-bücherei den größeren Veran-staltungsraum nutzen kann.

Drei Einrichtungen, eine Tür: Die Zusammenarbeit von Stadtbücherei, Stadtarchiv und Volkshochschule funk-tioniert in Wattenscheid reibungslos. Foto: Stadtbücherei Wattenscheid

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Autorenlesungen, ein Stand beim Wattenscheider Famili-enfest, die Organisation und Durchführung der ersten Wat-tenscheider Kulturnacht – es geht vieles einfacher, wenn man Kräfte bündeln kann. Außerdem bedeutet die Kooperation, dass die einzelnen Einrichtungen ihre Veranstaltungsprogramme gegenseitig bereichern, was eine gesicherte Finanzierung und eine wesentlich höhere Frequenz an Veranstaltungen – vor allem für Erwachsene – bedeutet, als die Stadtbücherei alleine jemals ermöglichen könnte. So hat die

Zweigbücherei Wattenscheid mit 18 Veranstaltungen für Er-wachsene im Zeitraum Januar bis Oktober des vergangenen Jahres selbst die Zentralbücherei (sechs Erwachsenen-Veranstal-tungen) überholt.

Rekord-Besucherzahlen

Gänzlich getrennte Wege sind in der Wattenscheider Kultur-WG kaum noch möglich – aber nach zwei Jahren auch nicht mehr gewünscht. Für die Wat-tenscheider Bürger vereinfacht die gemeinsame Unterbringung

der drei Institutionen eini-ges. Wer Kultur, Bildung oder Stadtgeschichte (oder alles auf einmal) möchte, hat nur noch eine Anlaufstelle. Die Schüler nutzen die Möglichkeiten gerne, wenn es Referate zu schreiben gilt: Das Stadtarchiv kann sich über Rekord-Besucherzahlen freuen, wenn das Material der Stadtbücherei nicht schnell oder ausführlich genug weiterhilft. Und die Bücherei freut sich über Neukunden, die eigent-lich »nur« zur Volkshochschule wollten und »hängen geblieben« sind.

Eine solche Kooperation ver-schiedener Kultureinrichtungen einer Kommune ist nicht mehr einzigartig, aber immer noch sehr selten. Wie viel Koopera-tion noch zusätzlich möglich ist, wird sich in den nächsten Jahren zeigen. Nach zwei Jahren Kultur-WG heißt das Fazit: Die Zusammenarbeit funktioniert, für Kunden wie für Mitarbeiter – und nicht mal über den Ab-wasch wurde bisher in der WG gestritten.

Susanne Grimberg,Wattenscheid

Für die Stadtbücherei Watten-scheid hat der Umzug in die Kul-tur-WG einerseits bedeutet, dass sie nach 30 Jahren in den Genuss einer komplett neuen Einrichtung kam. Andererseits waren die neu-en Räumlichkeiten mit einem Flä-chenverlust von etwa 30 Prozent gegenüber dem vorher bewohn-ten Gebäude verbunden. Vor al-lem die Kinderbuchabteilung ver-lor ihre separaten Räumlichkei-ten und fand sich nun im selben Raum mit der Erwachsenenabtei-lung wieder, dazu noch in direkter Nähe zu Verbuchungstheke und Eingangsbereich.

Diese Platzierung war die ein-zige Möglichkeit, die Lärmquellen

in der Bücherei auf ein Minimum zu beschränken und so zumindest in einem Teil der Einrichtung (im Sachbuchbereich) Ruhe- und Ar-beitszonen einzurichten.

Um die Kinderbücherei räum-lich abzutrennen, wurden die Kin-derbuchregale an der Frontseite einseitig mit Holztafeln verklei-det, sodass von der Außensei-te der Eindruck einer mehrfach durchbrochenen Wand entstand. Die Tafeln sollten kindgerecht ge-staltet werden, und so entstand die Idee, die Holztafeln von Kin-dergruppen bemalen zu lassen.

Durch die Vermittlung des Wattenscheid sehr verbundenen Künstlers Otmar Alt kam ein be-

eindruckendes Projekt zustande: Zusammen mit den Kindern ei-nes örtlichen Kindergartens ge-stalteten acht international be-kannte Maler Holztafeln für die Kinderbücherei. Die Stadtbüche-rei hatte lediglich die Material-kosten zu tragen, die Künstler ar-beiteten unentgeltlich für je einen Vormittag mit den Kindern zu-sammen.

Am 30. März 2006 ging es los. Romero Britto, Lieblingskünst-ler von Barbra Streisand, Andre Agassi und anderen Prominenten, malte mit den Kindern das erste Bild, einen lesenden Jungen. Die Aktion fand großes Echo in der Presse.

Der New Yorker Künstler Ja-mes Rizzi malte am 7. Mai »funny faces«, Otmar Alt selber andert-halb Monate später den »Raben Flips«.

Im Laufe von 14 Monaten ent-standen so acht kunstvoll gestal-tete bunte Tafeln. Miró-Schü-ler Gustavo Herman, Peter Gay-mann, Cyrus Overbeck und das Künstlerduo Guldenberg folgten der Einladung der Otmar-Alt-Stif-tung und halfen den Kindern beim Malen.

Sieben der Künstler waren zu-dem bereit, das entstandene Bild zu signieren, was eine ungemei-ne Wertsteigerung der Bilder be-deutete.

Die Stadtbücherei hat auf die-se Weise acht Kunstwerke für ihre Räume gewonnen, die jetzt in maßgefertigten Plexiglas-Kästen die Kinderbücherei verschönern und beim Betreten der Bücherei sofort ins Auge fallen.

Susanne Grimberg

Farbige Akzente in der Kinderbücherei: Acht international bekannte Künstler griffen in der Bücherei Wattenscheid gemeinsam mit Kindern zu Farbe und Pinsel. Foto: Stadtbücherei Wattenscheid

Internationale Künstler verschönern Kinderbücherei

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Öffentliche Bibliothek

Neugier auf die Nachbarn gewecktProjekt »Bibliotheken grenzenlos« fördert interkulturelle Kompetenz

»Andere Länder kennenlernen – Neugier auf die Nachbarn we-cken – das Besondere anderer Kulturen entdecken – Toleranz fördern – Spaß an der Sprache entwickeln« – unter diesem Motto haben elf Bibliotheken der EUREGIO Maas-Rhein alle dritten und vierten Grund-schulklassen und gleichaltrigen EinzelteilnehmerInnen zu einem dreisprachigen Quiz eingeladen. Von ihren Nachbarn konnten die Kinder, aber auch die Biblio-theksmitarbeiter viel lernen.

Mit dem Projekt »Bibliotheken grenzenlos« wurde ein beispiel-haftes grenzüberschreitendes Dreiländer-Projekt in elf Bib-liotheken mit 54 Klassen und 1 200 Kindern von März 2006 bis Juni 2007 durchgeführt. Das ehrgeizige Ziel war, Medi-en- und Sprachkompetenz zu fördern und dabei die anderen Sprachen der nächsten Nach-barn ins Bewusstsein zu rücken und in Anfängen zu vermitteln.

Um die Sprachkompetenz nachhaltig zu fördern, erhielt jedes Kind einen dreisprachigen, farbig illustrierten »Kinderbibliotheksführer – hier ein Ausschnitt.

Die formulierten Ziele laute-ten:� Förderung der Medien- und Sprachkompetenz von Kindern und Jugendlichen,� besserer Zugang zu den Medienbeständen und mehr Kenntnisse über die Nachbar-länder und deren Sprachen,� Ausbau der grenzüberschrei-tenden Zusammenarbeit der be-teiligten Bibliotheken und des Medienzentrums Eupen.

Mit dem Projekt betraten alle Teilnehmer absolutes Neuland, es mussten vier verschiedene Mentalitäten berücksichtigt werden: belgische Lebensfreu-de, Sprachenvielfalt bei den Ostbelgiern, niederländischer Pragmatismus und deutsches Anspruchsdenken.

Aus der Region Aachen wa-ren Herzogenrath und Würse-len mit von der Partie. Beides Bibliotheken der Grundstufe, die durch ihre Grenznähe für den EUREGIO-Gedanken be-sonders aufgeschlossen sind.

Aus der »Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens« (DG) beteiligten sich neben dem Me-dienzentrum in Eupen noch vier weitere Bibliotheken: Büllingen, Kelmis, St. Vith und Weywertz. Im eigenständigen Ostbelgien gibt es seit jeher eine vorbildli-che, professionelle Bibliothek-spädagogik, und speziell das Medienzentrum betreibt off en-siv EUREGIO-Kooperationen. Die Bibliothèque Jean Nyssen (Eupen) und die Bibliothèque de Welkenraedt, zur Province Liè-ge, dem französischsprachigen Teil Belgiens gehörend, waren bisher schon in den EUREGIO-Arbeitskreis eingebunden und sofort bereit, durch ein Koope-rations-Projekt den praktischen Kontakt zu intensivieren.

Ländergrenzen überwinden

Aus der Provincie Limburg (Niederlande) konnten die Bib-liotheek Kerkrade und die Stadsbibliotheek Maastricht überzeugt werden, bei diesem wegweisenden, Ländergrenzen überwindenden Vorhaben mit-zumachen.

Kurz zur Vorgeschichte: Zwischen den Bibliotheken in der EUREGIO Maas-Rhein bestehen seit Jahren enge Kon-takte, außerdem fanden unter Federführung des Dezernates »Öff entliche Bibliotheken« bei

der Bezirksregierung Köln seit 1997 regelmäßige Treff en mit umfangreichem fachlichen Aus-tausch statt. Zu dieser ältesten REGIO Europas gehören allein aus den Kreisen Aachen, Düren, Euskirchen und Heinsberg über 30 Bibliotheken, dazu sind noch mehrere aus der »Deutschspra-chigen Gemeinschaft Belgiens« und aus niederländisch Lim-burg zu zählen. 2004 wurde mit viel Engagement der Bibliothek Maastricht gemeinsam das Pro-jekt »www.Euregio-bib.net« auf den Weg gebracht, welches die Recherche und den Leihverkehr zwischen zahlreichen Bibliothe-ken der EUREGIO erleichtert und auf einer eigenen Website abgebildet ist

Beim aktuellen Projekt woll-ten die Verantwortlichen das Th ema EUREGIO Maas-Rhein dreifach verankern: räumlich, sprachlich und – vor allem – interaktiv. Die wichtigste Ziel-gruppe sollten Kinder im Alter zwischen acht und zehn Jahren sein. Für sie, die gerade Heimat-kunde, andere Sprachen und ihre Nachbarländer entdecken, wurden die Klassenbesuche in den örtlichen Bibliotheken mit Quizfragen zur Region und ver-tiefenden nachbarschaftlichen Begegnungen kombiniert.

Rita Bertemes, Leiterin des Medienzentrums Eupen und Projektkoordinatorin, brachte den Projektentwurf »Bibliothe-ken grenzenlos« erfolgreich zu Beginn des Jahres 2006 durch die Gremien. Die »Stichting Euregio Maas-Rhein« bewillig-te die Gesamtkosten von 43 255 Euro. Das Team des Medien-zentrums Eupen unter Ingrid Rossi entwickelte ein »Euregio-Quiz« mit zwölf altersgerechten Fragen zu den drei Ländern der EUREGIO Maas-Rhein in drei Sprachen. Die Antworten konn-ten die Schülerinnen und Schü-ler in den Bibliotheken aus den Büchern der EUREGIO-Th e-men-Kisten herausfi nden. Jeder richtig ausgefüllte Quiz-Bogen nahm an einer Auslosung teil.

Als Gewinne für die Quizsie-ger hatten sich die Planerinnen ein ausgefeiltes Besuchs- und Begegnungsprogramm ausge-

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dacht: Für die Gewinnerklassen waren gegenseitige Treff en mit Besichtigungsprogramm und Besuchen in den teilnehmenden Bibliotheken und Schulen der Partnerländer und ein gemein-sames Abschlussfest geplant, als Trostpreise waren Bücher vor-gesehen. Um die Sprachkompe-tenz noch nachhaltiger zu för-dern, wurde ein dreisprachiger, farbig illustrierter »Kinderbibli-otheksführer«, der von der Gra-fi kerin Sarah Nix kindgerecht gestaltet wurde, an jedes Kind verschenkt.

Ausgiebiger Know-how-Transfer

Doch auch die Zielgruppe der Bibliotheksmitarbeiterinnen er-fuhr im Rahmen des Projektes ausgiebig Know-how-Transfer über die Grenzen. Während der Vorbereitungstreff en wurden besonders drei Th emen in Semi-narblöcken vertieft: � »Belgien – Land der Comics« mit einer gemeinsamen Fahrt zum Comicmuseum nach Brüs-sel und Besuch der Ausstellung »Le Monde Franquin«.� Vorstellung des Recherche-system der niederländischen Bibliotheken anhand des »Ala-din«-Recherche-Konzeptes der Stadsbibliotheek im Centre Ce-ramique Maastricht.� Vorstellung des Projektes »GrenzGeschichten« zur His-torie der Region durch Herbert Ruland und Holger Dux von der VHS Ostbelgien.

Beim Besichtigungsrundgang durch die Kinderabteilung der Maastrichter Bibliothek wun-derte sich ein deutsches Kind

Die Klasse aus Würselen-Bardenberg löst die Quizfragen selbstständig anhand der Medien aus der Bücherkiste. Büchereileiterin Angela Ort-manns-Dohrmann gibt nur Tipps. Foto: Aachener Nachrichten

dann doch über die Bücher: »Hier ist ja alles in einer fremden Sprache geschrieben!« Dieser Ausruf allein schon beweist, wie wichtig und notwendig alle Be-gegnungen waren und dass der Kontakt zwischen Kindern und Schulklassen in der EUREGIO weiterhin gefördert werden soll-te.

Das vorhandene Material: Bücherkisten mit den Quizbö-gen und das dreisprachige Bib-liotheksheft werden zum Ein-satz kommen, wenn die Grund-schulkinder sich mit dem Th ema »Heimat« befassen und ihre ört-liche Bibliothek besuchen. Die Mehrheit der Bibliothekarinnen wird auch in Zukunft einmal jährlich ein Treff en am Drei-länderpunkt für die vier neuen Siegerklassen arrangieren. Da-bei können nun die Erfahrun-gen aus dem Projekt ausgewertet und in abgewandelter Form ge-nutzt werden.

Angela Ortmanns-Dohrmann, Stadtbücherei Würselen

Auch die Zielgruppe der Bibliotheksmitarbeiterinnen

erfuhr im Rahmen des Projektes ausgiebig »Know-

how-Transfer« über die Grenzen.

Ausstellung

Gastspiel in Köln zum 100. GeburtstagUniversitäts- und Stadtbibliothek zeigte Laurence Olivier-Ausstellung

Eine Ausstellung zum 100. Geburtstag des Schauspielers Laurence Olivier war vom 1. bis zum 31. Oktober 2007 im Foyer der Universitäts- und Stadt-bibliothek Köln zu sehen. Der künstlerische Werdegang des großen Mimen wurde anhand von Fotos, Büchern, Videos und DVDs nachgezeichnet.

Laurence Olivier gilt als größ-ter Schauspieler der englischen Th eater- und Filmwelt im 20. Jahrhundert. Der Sohn eines anglikanischen Pfarrers durch-lief eine kurze Schauspielausbil-dung und tingelte zunächst als jugendlicher Liebhaber in Sa-lonkomödien über die Londoner Bühnen. Als er dann Rollen in den Dramen Shakespeares an-geboten bekam, stieg er zu ei-nem der führenden Shakespea-re-Darsteller seiner Zeit auf, der bald auch in Charakterrollen der klassischen Moderne reüssierte.

Bei einem Gastspiel am Broadway in New York entdeck-ten ihn die Filmagenten der gro-

Laurence Olivier: Eine Ausstellung in der Universitäts- und Stadtbib-liothek Köln erinnerte an den gro-ßen Mimen. Foto: USB Köln

ßen Hollywood-Studios, und Olivier bekam in den frühen 1930er Jahren erste Rollen in dem neuen Medium angeboten. Die »göttliche« Greta Garbo lehnte ihn zwar als Partner ab, aber mit Filmen wie »Rebecca« und »Sturmhöhe« gelang ihm doch der Aufstieg in die ers-te Garde der Hollywoodstars. Auch die Heirat mit Vivien Leigh, der Hauptdarstellerin in dem Welterfolg »Vom Win-de verweht«, trug zu seinem Glamourimage bei. Nach 1945 spielte Olivier als Partner von Filmstars wie Marilyn Mon-roe, Jean Simmons, Katherine Hepburn, Kirk Douglas, Peter Ustinov, Dustin Hoff mann und Michael Caine.

Durch seine Erfahrungen im Filmgeschäft mit den führen-den Regisseuren Hollywoods wurde Olivier zunehmend mit dem Metier vertraut, sodass er in den Vierzigerjahren selbst als Regisseur Shakespeare-Dramen verfi lmte und zugleich die Ti-telrollen übernahm. »Henry V«, »Hamlet«, »Richard III« brach-ten Shakespeare einem breiten Publikum nahe und Olivier so-gar zwei Oscars ein.

Bereits 1944 wurde Olivier erstmals das Amt des Inten-danten angeboten, zunächst an der Londoner Traditionsbühne Old Vic, dann am Chichester Festival Th eater und schließlich als Gründungsdirektor für das britische Nationaltheater. In Anerkennung seiner Leistungen trägt heute die größte Bühne des National Th eatre in London sei-nen Namen. Olivier wurde 1947 zum Ritter geschlagen und 1970 als erster Schauspieler seines Landes geadelt und als Baron Olivier of Brighton in das briti-sche Oberhaus aufgenommen.

Gernot U. Gabel

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Bildungspartner Bibliothek

Eintauchen in den InformationspoolMultiplikatorenschulung für Lehrer in der Stadtbücherei Stuttgart

Stellen Sie sich folgendes Szenario vor: Die Lehrer surfen gekonnt auf den In-formationsfl uten. Sie nutzen die vielfältigen Angebote der Stadtbücherei für ihre Informa-tionsrecherchen und vermitteln ihre Informationskompetenz den Schülern weiter. Mit ihren Klassen nutzen sie die elektro-nischen Informationsquellen der Stadtbücherei von der Schule aus, sind aber auch gern gesehene Stammgäste in der Bücherei. Die Stadtbü-cherei Stuttgart kommt mit ihrer Multiplikatorenschulung für Lehrer »Eintauchen in den Informationspool – Recherche leicht gemacht!« dieser Vision ein Stück näher und baut ihr vielfältiges Angebot als Partner für Schulen aus.

Die Multiplikatorenschulung zielt darauf ab, die Recherche-kompetenzen der Lehrer in den Informationsquellen der Stadtbücherei Stuttgart zu för-dern. Den Schwerpunkt dieser Benutzungsschulung bilden die folgenden drei elektronischen Recherchetools der Stadtbüche-rei*:� Der Online-Katalog mit dem gesamten Medienbestand der Stadtbücherei.� Das Rechercheportal, das eine große Auswahl an thema-tischen Datenbanken, Biblio-thekskatalogen und Pressear-chiven bietet. Über eine einzige Suchmaske kann übergreifend in diesen bibliografi schen und thematischen Datenbanken re-cherchiert werden.� Das Regionalportal, in dem unter einer Suchoberfl äche die Online-Kataloge von Bibliothe-ken in und um Stuttgart abge-fragt werden können.

Als Multiplikatoren sollen die Lehrer ihre verbesserte und neu

Die verantwortlichen Studentinnen des Projektseminars »Teaching Li-brary« an der Stadtbücherei Stuttgart: Tanja Trageser, Ilona Obermeier, Simone Fasola, Katlen Reimann (von links); es fehlt Elwira Wojtas.

Foto: Stadtbücherei Stuttgart

* Die genannten Informationsquel-len können auf der Homepage der Stadtbücherei Stuttgart (www.stuttgart.de/stadtbuecherei) ab-gerufen werden unter »Kataloge – Datenbanken – Portale«.

Die Schulung wird mit einem Quiz eröffnet, um die

Teilnehmer spielerisch abzuholen und eine gemein-

same Basis zu schaffen.

erworbene Informationskom-petenz nicht nur im Unterricht anwenden, sondern diese auch ihren Schülern und Lehrerkolle-gen weitervermitteln.

Im Rahmen des Projektse-minars »Teaching Library« ent-wickelten Studentinnen unter der Leitung von Prof. Ingeborg Simon an der Hochschule der Medien Stuttgart die Multi-plikatorenschulung für Lehrer der Stadtbücherei Stuttgart und ließen eine kühne Gruppe von interessierten Lehrerinnen den Sprung in den Informations-pool wagen.

Schulungen nach den Vor-stellungen des »Teaching Libra-ry«-Konzepts unterscheiden sich von herkömmlichen Konzepten darin, dass Inhalte und Ziele mit einer Zielgruppenanalyse auf die Bedürfnisse der Teilneh-mer zugeschnitten werden und die Unterrichtsmethoden die Teilnehmer aktiv einbeziehen. Dabei gilt: Je heterogener die Gruppen sind, desto schwieriger ist es, diesen Anspruch zu erfül-len.

Dichte Inhaltsvermittlung

Im Falle der hier vorgestellten Multiplikatorenschulung ent-stand ein 90-minütiges Konzept für die Informationsrecherche an der Oberstufe mit dem Schwergewicht auf dem Fach Deutsch und einem Exkurs in Biologie. Die Zeitknappheit während der Schulung fordert eine dichte Inhaltsvermittlung. Die Entscheidung fi el darum auf den lehrerzentrierten Fron-talunterricht, kombiniert mit Eigenaktivität der Teilnehmer. Um die persönliche Informati-onsaufnahme und -verarbeitung zu gewährleisten, muss den Ler-nenden gleichzeitig die Möglich-keit gegeben werden, sich aktiv

am Unterricht zu beteiligen und die Lerninhalte individuell nachzuvollziehen. Nicht zu ver-nachlässigen ist, dass möglichst viele Sinne der Teilnehmer an-gesprochen werden. Die ausge-

wählten Methoden beinhalten darum sowohl visuelle als auch auditive und taktile Elemente.

Die Schulung wird mit einem Quiz eröff net, um die Teilneh-mer spielerisch abzuholen und eine gemeinsame Basis zu schaf-fen. Die Gruppe erhält Kärtchen mit zentralen Begriff en, die sie den drei Recherchetools On-line-Katalog, Rechercheportal und Regionalportal zuord-nen muss. Damit werden die Vorkenntnisse der einzelnen Teilnehmenden aktiviert und gleichzeitig die neuen Begriff e eingeführt. Dieser Einstieg bil-det das Netz in dem die Lern-inhalte hängen bleiben.

Am Schluss der Schulung überprüft die Gruppe die Kärt-chen und ordnet sie mit ihrem neu erworbenen Wissen um. Wichtig ist, dass die Diskussi-

on um die Kärtchenplatzierung unter den Teilnehmern abläuft und so wenig wie möglich von den Bibliothekaren gesteuert wird, damit ein echtes Lernen stattfi ndet.

Durch das Quiz aktiviert und auf die relevanten Begriff e sen-sibilisiert wird den Teilnehmern anschließend die Handhabung der drei Recherchetools mit ei-nem Live-Vortrag vermittelt. Während ein Bibliothekar den Live-Vortrag hält, unterstützt der zweite die einzelnen Teil-nehmer bei ihren individuellen Problemen in der Anwendung. Um bei den Ausführungen die ungeteilte Aufmerksamkeit der Gruppe zu erhalten, steht bei der Einführung des jeweiligen Re-cherchetools das selbstständige Ausprobieren im Vordergrund.

Erste Gehversuche

Nach diesen ersten neugierigen Gehversuchen kann mit dem Frontalunterricht begonnen werden. Jedes Tool wird in der Schulung separat vermittelt, wobei der Fokus auf dem On-

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line-Katalog liegt, da die dort gelernten Recherchestrategien auch bei den anderen Tools an-gewendet werden können. Die Recherchetools werden über den Beamer erklärt und ausgewähl-te Recherchestrategien anhand von Aufgaben, die gemeinsam gelöst werden, Schritt für Schritt live vorgeführt. Die Teilnehmer sind somit immer in der Lage, die Wege am eigenen Computer nachzuvollziehen und selbst aus-zuprobieren. Vor dem Wechsel zum nächsten Tool werden die wichtigsten Lerninhalte in der Gruppe kurz zusammengefasst.

Wie schon erwähnt ist der Kernpunkt dieser Schulung, dass die Teilnehmer in die Lage versetzt werden, die erworbene Informationskompetenz einer-seits als kompetente Benutzer anzuwenden und andererseits als Multiplikatoren weiterzuver-mitteln. Um die Lehrer in dieser Funktion zu unterstützen, wer-den alle Schulungsmaterialien nicht nur als Handout, sondern auch in digitaler Form abgege-ben. So stehen den Kursteilneh-mern folgende Kursunterlagen zur Weiterverarbeitung auf einer CD zur Verfügung:� Live-Vortrag mit kommen-

tierten Screenshots,� Informationen und Links zu

den Recherchetools,� Arbeits- und Lösungsblätter

zu den Recherchetools,� Quizkärtchen mit Lösung.Die attraktiv gestaltete Infor-mationsmappe, bestückt mit den erwähnten Materialien und den Flyern der Stadtbücherei, fand großen Anklang bei allen Teilnehmern und bildet einen wichtigen Baustein in der Ge-winnung von Multiplikatoren.

Zwei Bibliothekare können die Schulung bequem durch-führen. Sie brauchen zusammen einen Computer mit Beamer und Internetzugang, und auch den Teilnehmern sollte je ein eigener Computer mit Internet und einer zusätzlichen Schreib-fl äche zur Verfügung stehen. Für das Einstiegsquiz braucht man zudem eine Magnet- oder Pinnwand.

Simone Fasola, Basel; Kontakt: [email protected]

Bildungspartner Bibliothek

Die schulbibliothekarische Arbeit ausbauen!Ein Positionspapier des dbv

Der Ausbau schulbibliotheka-rischer Arbeit ist eine Heraus-forderung für das deutsche Bibliothekswesen. Diskutiert werden in Fachkreisen derzeit unterschiedliche Modelle. Im Folgenden stellt der Deutsche Bibliotheksverband (dbv) seine Position vor.

Der dbv hat sich bereits 1986 für den Ausbau von Schulbibliothe-ken eingesetzt, unter anderem in seiner Denkschrift »Zur Ent-wicklung der Schulbibliotheken in der Bundesrepublik Deutsch-land«, in der er Bundesländer und Kommunen aufgefordert hat, die Einrichtung und Ent-wicklung von Schulbibliothe-ken stärker zu fördern. Die For-derungen und Feststellungen aus dieser dbv-Denkschrift gel-ten heute unverändert, an dem völlig unzureichenden Ausbau-stand leistungsfähiger Schulbib-liotheken hat sich seit dem nur wenig verändert.

Grundlegend geändert haben sich allerdings seit der Veröff ent-lichung der »Pisa-Studie 2000« in Deutschland die Bildungs-debatte und die Rahmenbe-dingungen der Bildungs- und der Bibliothekspolitik. Auf die Schulen sind – als vielleicht wichtigste Konsequenz der Pisa-Diskussion – qualitativ neue Herausforderungen zugekom-men, die sie nur im Rückgriff auf zusätzliche Lernressourcen bewältigen können: vor allem die Forderung nach neuen For-men selbstständigen und eigen-motivierten Lernens und nach einer stärkeren Gewichtung der fachübergreifenden Schlüssel-qualifi kationen Lese-, Medien- und Informationskompetenz.

Die gebotene fächerüber-greifende Einbindung von Le-seförderung und Vermittlung von Informationskompetenz in den Unterricht bedingt ein en-

ges räumliches wie inhaltliches Miteinander von Schule und Bibliothek. Dieses kann nach unterschiedlichen Modellen er-folgen – von der eigenständigen Schulbibliothek über eine auf festen Absprachen basierenden Kooperation mit einer leistungs-fähigen Bibliothek bis hin zur Betreuung durch eine schulbib-liothekarische Arbeitsstelle oder Fachstelle. Dabei ist die Schul-bibliothek der Ort, der – attrak-tiv gestaltet, leistungsfähig aus-gebaut und unterrichtlich einge-bunden – diese Anforderungen in besonderer Weise unterstützt und fördert.

Auch der Auf- und Ausbau von Schulbibliotheken, der im Rahmen der Ganztagsschulent-wicklung in Gang gekommen ist, erfordert bibliothekarisches und schulbibliothekarisch-curriculares Know-how in den Schulen, erfordert – da dies in der Regel nicht vorhanden ist – eine Kooperation von Schu-le und Bibliothek. Gleiches gilt für die Qualifi zierung von Lehrern zur Leitung, aber auch zur unterrichtlichen Nutzung der Schulbibliothek: Auch hier führen nur ein enger Dialog zwischen pädagogischen und bibliothekarischen Fachkräften und darauf aufbauende Qualifi -zierungsangebote weiter.

Öff entliche und wissenschaft-liche Bibliotheken bieten bereits ein breites Angebotsspektrum für die Zusammenarbeit mit schulischen und außerschuli-schen Bildungseinrichtungen an. Sie unterstützen im Rahmen ihrer Profi le und Möglichkeiten die Umstrukturierung der schu-lischen Bildung und stellen die notwendigen fachbibliothekari-schen Hilfen und Lernressour-cen zur Verfügung. Die aktive Bildungspartnerschaft mit Schulen gehört zu den Basisauf-gaben von Bibliotheken.

Da die Bedingungen für solche Bildungspartnerschaf-ten sehr unterschiedlich sind, empfi ehlt der dbv, den Auf- und Ausbau schulbibliothekarischer Dienstleistungsangebote an je-weils vorhandene Ressourcen anzudocken und individuell sowie pragmatisch auszugestal-ten. Notwendige professionelle Standards, wie sie von der dbv-Expertengruppe »Bibliothek und Schule« erarbeitet und pu-bliziert werden, sollten dabei nicht unterlaufen werden.

Die inzwischen auf Lände-rebene vorliegenden Koope-rationsvereinbarungen zwi-schen Schulministerien und den Landesverbänden des dbv gehen genau diesen Weg einer sukzessiven Verdichtung der Zusammenarbeit von Schule und Bibliothek, die an gegebene Strukturen anschließt, mit dem Ziel der Förderung von Lesemo-tivation und Informationskom-petenz bei Kindern und Jugend-lichen. Bibliotheken greifen ihre Rolle als Bildungspartner der Schulen aktiv auf und gestalten neue Formen unmittelbarer Zu-sammenarbeit zwischen Schulen und Bibliotheken.

Beim Ausbau schulspezifi -scher Dienstleistungen der Bib-liotheken sowie beim Auf- und Ausbau der Schulbibliotheken darf es zu keiner Umverteilung kommunaler Ressourcen zu Lasten der Öff entlichen Biblio-theken kommen. In Kommu-nen, in denen leistungsfähige Öff entliche oder wissenschaft-liche Bibliotheken vorhanden sind, werden Kooperationen und Vernetzungen angestrebt. Denn nur die Einbindung schul-bibliothekarischer Angebote in eine lokale und regionale Bib-liotheksstruktur sorgt für einen eff ektiven Ressourceneinsatz, sichert fachliche Unterstützung und gewährleistet so nachhaltig die Wirksamkeit schulbibliothe-karischer Arbeit. Die Profi lie-rung der Bibliotheken als aktive Bildungspartner der Schulen macht diese nicht nur zum un-verzichtbaren Lernumfeld von Schule, sondern gibt ihnen auch eine wichtige bildungspolitische Legimitation. �

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Bildungspartner Bibliothek

»Junior-Fahr-bibliothek« auf ErfolgskursStadtbibliothek Herne baut Angebot für Vor- und Grundschul-kinder aus

Die Stadtbibliothek Herne hat ein erfolgreiches Konzept zur Vermittlung von Lese- und Sprachkompetenz für Vor- und Grundschulkinder gestartet: Die »Junior-Fahrbibliothek« kommt bei Klein und Groß gut an.

Als im Sommer 2006 nach 27 Jahren Dienstbetrieb von der Fahrbibliothek Abschied ge-nommen werden musste, ge-schah dies mit einem weinenden und einem lachenden Auge. Hatte doch der Rat der Stadt Herne beschlossen, die Fahrbib-liothek durch ein mobiles Ange-bot zur Lese- und Sprachförde-rung für Kinder abzulösen.

Grundlage des alternativen Konzeptes ist, die wichtige Ziel-gruppe der Kinder im Alter bis zu zehn Jahren auch weiterhin mit einem mobilen Bibliothek-sangebot zu versorgen. Sie war vom Wegfall der Fahrbibliothek besonders hart getroff en, da diese Kinder in der Regel wenig selbstständig sind, häufi g keine ortsfeste Bibliothek in der Nähe haben und daher darauf ange-wiesen sind, dass die Bibliothek zu ihnen kommt. Zudem sollte aus wirtschaftlichen Gründen ein neues Fahrzeug preiswerter sein und die Betriebskosten ge-ringer ausfallen.

Vorbild war die Stadtbiblio-thek Berlin-Mitte, die mit ihren Bücherbussen die Grundschulen des Bezirks versorgt. Dabei war die Größe dieser Bücherbusse ein ausschlaggebendes Element.

Im August 2007 fi el der Startschuss für die »Junior-Fahrbibliothek«, deren Name als kleinere Variante der bisherigen Fahrbibliothek und als Angebot für Kinder im Vor- und Grund-

Die Gestaltung der »Junior-Fahrbibliothek« lässt keinen Zweifel: In diesem Bus ist mächtig was los. Foto: Stadtbibliothek Herne

schulalter schnell gefunden war. Der Bücherbus besteht aus

einem speziell nach den Wün-schen der Stadtbibliothek ge-bauten Koff eraufbau, der auf ein Fahrgestell gesetzt wurde. Die Gesamtlänge des Fahrzeugs beträgt 7,5 Meter. Damit ist ge-währleistet, dass auch Haltestel-len mit räumlich ungünstigen Verhältnissen in den Fahrplan aufgenommen werden können.

Das kompakte Äußere des Busses täuscht über das Raum-angebot im Inneren hinweg. So bieten die Regale Platz für 2 500 Medien. 16 kleine Besu-cher und Besucherinnen kön-nen sich bequem gleichzeitig im Bus aufhalten. Es fällt auf, wie einladend hell und farbenfroh die Gestaltung ist. Rechts neben dem Eingang befi ndet sich der leuchtend gelbe Verbuchungs-platz. Die Farbe fi ndet sich auch bei den Regalträgern und den Sitzpodesten wieder.

Lesekalische Früherziehung

Die »Junior-Fahrbibliothek« gehört zum Lese- und Sprach-förderungskonzept der Herner Kinder- und Jugendbibliothe-ken. Der Bus wird im Rahmen der lesekalischen Früherziehung eingesetzt und ist Bildungs-partner für die Grundschulen.

Ziel ist eine kontinuierliche und systematische Kooperation zwischen der Bibliothek, den Kindertagesstätten und den Schulen.

Der Bücherbus ist das Binde-glied zu den ortsfesten Biblio-theken. Die Kinder lernen das Angebot der Stadtbibliothek im »Kleinformat« kennen und nutzen. Mit dem Wechsel in die weiterführenden Schulen, kön-nen sie – nun älter und mobiler – auch eigenständig eine ortsfes-te Bibliothek aufsuchen.

Der Schwerpunkt des Me-dienangebotes sind Bücher. Hier reicht die Spannbreite von Bilderbüchern bis zu Erzählun-gen und Sachbüchern für die lesekundigen Zehnjährigen. Besonderer Beliebtheit erfreuen sich die Bücher des Buchportals »Antolin«. Der Bestandsaufbau ist nicht ausschließlich auf die schulischen Interessen der Kin-der ausgerichtet. Viele Titel sol-len ausschließlich die Freude am Lesen wecken.

Neben den Kindern sollen auch Eltern, Erzieher und Leh-rer erreicht werden. Die »Juni-or-Fahrbibliothek« bietet daher auch die Möglichkeit, den Un-terricht ergänzende Medien-boxen und Klassensätze zu be-stellen und in die Schule liefern zu lassen, Einführungen in die

Bibliotheksbenutzung zu ver-einbaren oder Angebote kreati-ver Leseförderung, wie Bilder-buchkino und Vorlesestunden, zu nutzen.

In regelmäßigen Abständen besucht eine Mitarbeiterin die einzelnen Einrichtungen, um über die »Junior-Fahrbibliothek« zu informieren und Anregungen aufzunehmen. Schriftliche Ko-operationsvereinbarungen legen die Partnerschaft zwischen der Bibliothek, den Kindertages-stätten und den Schulen fest. In diesen wird unter anderem fest-gehalten, dass die Kinder sich die Medien auch für ihre Frei-zeit ausleihen können.

130 Bibliothekseinführun-gen und rund 1 000 Neuan-meldungen nach drei Monaten Dienstbetrieb zeigen, dass das Angebot ankommt. Insgesamt 18 Schulen und 7 Kindertages-stätten sind in den Fahrplan der eingebunden. 28 Haltestellen werden in einem wöchentlichen beziehungsweise 14-tägigen Rhythmus angefahren.

Als Teil des Projektes »Bil-dungspartner NRW – Biblio-thek und Schule« wurde die »Junior-Fahrbibliothek« durch das Land Nordrhein-Westfalen gefördert.

Karin Anlauf, Stadtbibliothek Herne

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Bildungspartner Bibliothek

Bock auf BücherSpandauer Jugendliteraturpreis macht das Medium Buch lebendig

Vernetzung, Kooperation und Jugendliche standen im Vordergrund beim inzwischen zum zweiten Mal vergebenen Spandauer Jugendliteraturpreis im September 2007. Die Span-dauer Jugendbibliothek hatte insbesondere im Vorfeld eine zentrale Rolle: Das Zusammen-stellen einer Jugendjury und de-ren inhaltliche Begleitung sowie das Herstellen der Kontakte zu den Kooperationspartnern aus dem Wirtschafts- und Verlags-wesen.

Diese Vorarbeit schlug sich am Abend der Preisverleihung in einem gelungenen Konzept nie-der. Karstadt Spandau bot den Raum für ein zahlreich erschie-nenes Publikum: Interessierte Erwachsene, Jugendliche, aber auch LehrerInnen verfolgten zwei Stunden lang die Vorstel-lung und Bewertung der nomi-nierten Bücher und schließlich die Vergabe des Preises durch den Stadtrat für Bildung, Kul-tur und Sport. Die von einem Jugendlichen moderierte Veran-staltung wartete mit vielen kre-ativen Ideen auf. Ein Gymnasi-um des Bezirks begeisterte mit seiner Big Band und der Autor Zoran Drvenkar gab Literari-sches zum Besten.

Zur Vorgeschichte: Im April 2006 startete die Jugendbib-liothek Berlin-Spandau den Aufruf »Literaturinteressierte Jugendliche zwischen 13 und 15 Jahren als Juroren für einen Spandauer Literaturpreis ge-sucht!« Das Ergebnis war beein-druckend. Mädchen und Jungs meldeten sich in so großer Zahl, dass eine Warteliste angelegt werden musste. 15 entschlossene Leser und Leserinnen machten sich dann an die Arbeit, die 12 Titel für Jugendliche von der Auswahlliste für den Deutschen Jugendliteraturpreis zu lesen. Ei-

genaktivität der Gruppe war ge-fordert: Erstellung eines Bewer-tungskatalogs, intensive literari-sche Diskussionen und Planung der Abschlussveranstaltung – das waren neue Erfahrungen für viele Gruppenmitglieder. Unterstützend und moderierend stand die Bibliothek zur Seite. Befl ügelt durch den Erfolg 2006 beschlossen die Jugendlichen weiterzumachen. Neue Jurymit-glieder wurden integriert, die Bibliothek, Karstadt Spandau, die Verlage und die lokale Poli-tik waren wieder mit dabei.

Dank der Kooperationspart-ner stand am Ende jeder Arbeits-phase eine Belohnung für die Mühe: Im März 2007 ermög-lichte Karstadt Spandau eine Reise für die ganze Gruppe zur Leipziger Buchmesse, wo auch die neue Nominierungsliste druckfrisch in Empfang genom-men wurde, und im November 2007 erlebten die Jugendlichen eine aufregende und literarisch spannende Lesenacht bei Les-Art, dem Berliner Kinder- und Jugendliteraturhaus.

Bewusst und unbewusst haben alle Jurymitglieder viel gelernt: Sie haben eine Diskus-sionskultur entwickelt, sich mit der Bewertung von Literatur auseinandergesetzt, öff entliches Auftreten geübt, große Veran-staltungen mit Sponsoren orga-nisiert und vor allem Durchhal-tevermögen bewiesen! Ein wich-tiges, inhaltlich und öff entlich erfolgreiches Projekt auch für die Jugendbibliothek Spandau. Alle Beteiligten sind entschlos-sen die Erfolgsgeschichte 2008 fortzusetzen.

Stephanie Mattner, Gisela Rhein, Berlin-Spandau

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Ausbildung

Wohin bloß mit dem Bachelor? Hochschul-Absolventinnen berichten über Probleme bei der Jobsuche

Nicht alle Absolventen starten so erfolgreich ins Berufsleben wie Deutschlands erste Bache-lor-Bibliothekarin mit Arbeits-vertrag, die nur eine einzige Bewerbung verschickt hat, worüber BuB im Themenspe-zial zu »Bachelor, Master und Berufsstart« in Heft 10/2007 berichtete. Selbst im bibliothe-karisch vergleichsweise golde-nen Baden-Württemberg gehen nicht alle Absolventen weg wie die warmen Semmeln – trotz guter Noten und fl eißigem Verschicken der Bewerbungs-unterlagen.

Jede Menge Reaktionen und Kommentare hat die BuB-Re-daktion auf das Ausbildungs-Th emenspezial im Oktoberheft erhalten. Vor allem gab es Lob, aber es waren auch ein paar kri-tische Kommentare darunter. Die neuen Studienstrukturen mit Bachelor- und Masterab-schlüssen gelten manchen Kri-tikern als Fehlentwicklung oder mindestens als reformbedürftig. Manche rechnen mit geringen Jobchancen vor allem der Ba-chelor-Absolventen, die oftmals nur drei Jahre lang studieren und denen kaum Zeit für indi-viduelle Profi lbildung und Aus-landsaufenthalte bleibt.

Zwei Stuttgarter Bachelor-Absolventinnen zum Beispiel, die im Sommer ihren Abschluss gemacht haben und trotz in-tensiver Jobsuche bis zum Re-daktionsschluss dieses Heftes noch keine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erhalten haben, fühlen sich durch ihre Erfahrungen als Bewerberinnen desillusioniert. Sie möchten den BuB-Lesern von ihrer Lage be-richten, die sie selber als prekär einschätzen. Da sie andernfalls Nachteile für die weitere Stel-lensuche fürchten, möchten sie gerne anonym bleiben.

»Ich habe schon 50 Bewerbungen geschrieben«, berichtet eine Bache-lor-Absolventin mit »sehr gutem« Examen. Auf eine Einladung zum Ge-spräch wartet sie bislang vergebens, oft kommt nicht mal irgendeine Antwort zurück. Foto: Hellmich

Viele ausgeschriebene Stellen sind Teilzeitstellen und dazu

auch noch befristet.

Ausbildung

FaMIs erobern die Frankfurter BuchmesseAuszubildende stellen ihren Beruf vor / Messe-stand selbst geplant

Im Rahmen eines Schulprojek-tes haben FaMI-Auszubildende aus Hessen und Rheinland-Pfalz einen Stand auf der Buchmesse in Frankfurt mit Informationen rund um den Beruf zum Fach-angestellten für Medien- und Informationsdienste gestaltet.

Der über 60 Quadratmeter große und zentral in Halle 4.2 – dort sind das Internationale Bibliothekszentrum, die wissen-schaftlichen Fachverlage sowie Anbieter von Dienstleistungen für Bibliotheken, Fachinforma-tions- und Bildungsspezialisten versammelt – gelegene Stand, bot den Besuchern Informati-onsgespräche, Power-Point-Prä-sentationen, einen Film über die FaMI-Ausbildung sowie ge-druckte Info-Materialien.

Nach dem Angebot und der Zusage eines kostenlosen Stan-des seitens der Messegesellschaft im Frühjahr 2007 fand das ei-gentliche, klassenübergreifende Projekt der Messestandgestal-tung hauptsächlich in den letz-ten beiden Schulwochen vor den Sommerferien statt. Die in-haltliche Gestaltung blieb dabei ausschließlich den 44 Auszubil-denden aus den Fachrichtungen Information und Dokumentati-on sowie Bibliothek überlassen. Die Vorbereitung gestaltete sich äußerst arbeitsintensiv, zahl-reiche Sitzungen waren erfor-derlich, es galt, Sponsoren zu gewinnen, den Dienstplan zu gestalten, einen Film zu drehen, Einladungen zu verschicken, ein Internetportal zu erstellen, Kontakte zu Verlags- und Buch-handelsklassen herzustellen und bei angehenden Veranstaltungs-kaufl euten nachzufragen, die mit allgemeinen Tipps halfen.

»Ich habe schon 50 Bewer-bungen geschrieben«, berichtet eine von ihnen, die mit »sehr gutem« Examen die Hochschule verlassen hat und sowohl in ei-ner wissenschaftlichen als auch in Öff entlichen Bibliothek ar-beiten würde. Eine Einladung zum Gespräch hat sie bislang nicht erhalten, oft komme nicht mal irgendeine Antwort zurück.

»Bibliothekarin ist mein Traumberuf, vom Studium und vom Abschluss bin ich nicht ent-täuscht«, sagt sie, »nur werden die Berufschancen einfach viel zu positiv dargestellt.« Für eine Arbeitsstelle aus Süddeutsch-land wegzuziehen, kommt für sie allerdings auch nicht infra-ge, sie will gern im Stuttgarter Raum bleiben und mit ihrem Freund zusammenleben. Im Herbst wollen sie heiraten.

Eine ihrer Kommilitoninnen, die sich auch bei BuB gemeldet hat, hatte vor dem Bachelor-Stu-dium bereits eine Ausbildung zur Fachangestellten für Me-dien- und Informationsdienste (FaMI) absolviert und fragt sich heute, ob ihr das Studium über-haupt etwas genutzt hat. Besse-

re Jobchancen sieht sie für sich nicht, und die Gehaltsverbesse-rung hatte sie sich erheblicher vorgestellt. »Andere FaMIs aus meinem Ausbildungsjahrgang leiten jetzt kleine Stadtteilbili-otheken, und ich lebe von Ar-beitslosengeld«, bilanziert sie.

»Es werden vor allem befris-tete Stellen ausgeschrieben, die meisten natürlich nicht am ei-genen Wohnort – aber bei dem geringen Gehalt lohnt sich der Umzug für so kurze Zeit einfach nicht und ein Auto zum Pendeln kann man sich auch nicht leis-ten.« Viele Stellen seien Teilzeit-stellen, von dem Gehalt kann man kaum seinen Unterhalt bestreiten.

Ein Masterstudium kommt für sie nicht infrage, schon al-lein aus fi nanziellen Gründen. Teures Semesterticket, Unter-haltskosten, Studiengebühren: »Da kann man froh sein, wenn

man das hinter sich hat.« Auch wenn das Studium ansonsten gut und interessant gewesen sei. Sollte sich in den nächsten Wochen berufl ich nichts erge-ben, wird sie wieder zurück nach Hessen ziehen und bei ihren El-tern wohnen. Wie vor der FaMI-Ausbildung. Julia Hellmich

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Dabei ging es zunächst um die Standgestaltung: 30 Sitz-boxen, stabile Pappwürfel mit Buchmotiven, wurden von der Messe gestellt ebenso wie Mobi-liar und Internetanschluss. Auf die Standwand selbst mussten das Logo »We love to inform you« aufgebracht sowie Plaka-te allgemein zum Beruf, zu den einzelnen Fachrichtungen und Perspektiven erstellt werden.

Am Stand liefen wechsel-weise, als Nachrichtensendung aufgezogen, die Kurzform eines 18-minütigen Films über das Berufsbild des FaMI, seine Auf-gaben und Tätigkeiten –inklusi-ve Interviews mit Passanten auf der Frankfurter Zeil und Aus-bildern in verschiedenen Ein-richtungen – und eine deutsch-englische Power-Point-Präsenta-tion mit der groben Vorstellung der fünf Fachrichtungen.

Zum Mitnehmen lagen aus: 1. Eine Weiterbildungsbro-schüre mit Informationen über berufsbegleitende Weiterbil-dungen, Studienangebote und Zusatzausbildungen, jeweils mit kurzen Angaben zu Inhalt, Vor-aussetzungen, Dauer, Abschluss und Kontaktmöglichkeiten, deren Aufl age von 250 Stück be-reits nach kurzer Zeit vergriff en war.2. Eine FaMI-Zeitung speziell für junge Besucher der Buch-messe aber auch für (potenzielle) Ausbilder, Arbeitgeber und die interessierte Öff entlichkeit, mit Berufsinfos, Kreuzworträtsel, Comics, Bewerbungstipps (siehe unter: www.FaMI-treff .de.tl).

Schleppender Beginn

Schließlich gab es ein Quiz über den FaMI-Beruf und über Bib-liotheken, einen Vortrag der Verfasserin zum Ausbildungsbe-ruf und Infoblätter »Wie werde ich ein FaMI« mit Bewerbungs-tipps.

Das Resümee: Nach einem eher schleppenden Beginn am ersten Messetag gestaltete sich der weitere Messeverlauf recht zufriedenstellend, jeweils 12 bis 15 Azubis organisierten, un-terstützt von Lehrkräften, die Standbetreuung an den Messe-

tagen – auf Initiative der Schüler auch am Wochenende.

Die Schwierigkeiten, vor allem im Vorfeld, waren zahl-reich. Der Zeitdruck war enorm. Bedingt durch den Blockun-

Das Messestand-Team der FaMI-Azubis auf der Frankfurter Buchmesse, zusammen mit Projektleiterin Karin Holste-Flinspach Foto: Vito Bilello

terricht mussten viele Arbeiten außerhalb der Schulzeit stattfi n-den, die Buchmesse selbst fand während der hessischen Herbst-ferien statt. Die Koordination zwischen den beiden Berufs-schulklassen war nicht immer einfach, Sponsoren waren nur sehr schwer zu fi nden (vieles war nur zu verwirklichen, indem Ausbildungsbetriebe Druckkos-ten übernahmen, Buntdrucke ermöglichten oder Buttons her-stellten); die Tagespresse zeigte nur wenig bis kein Interesse.

Und dennoch: Es hat sich gelohnt. Die Begeisterung, das

Eine Fortsetzung des Buchmesseprojekts ist geplant, allerdings im

nächsten Jahr mit Fokussie-rung auf die Studiengänge

im BID-Bereich.

Engagement, die verstärkte Identifi kation mit dem Beruf, aber auch der Wissenszuwachs aller Beteiligten und vor allem die Chance, die Arbeit, den Be-ruf der FaMIs im Rahmen einer großen Veranstaltung wie der Buchmesse zu präsentierten und einem fachverwandten, fach-kundigen Publikum, aber auch der interessierten Öff entlichkeit vorstellen zu können, waren ein Gewinn für alle.

Ein erfreulicher Nebenef-fekt verdient noch Erwähnung: Erstmalig konnten FaMI-Aus-zubildende kostenlos Eintritts-karten zur Buchmesse erhalten. Die Karten wurden von der Geschäftsstelle des Berufsver-bandes Information Bibliothek (BIB) in Reutlingen unabhän-gig von Vereinsmitgliedschaft versandt, mit dem Ergebnis, dass über 400 Azubis von dem Angebot Gebrauch machten.

Und wie wird es 2008 wei-tergehen? Eine Fortsetzung des Buchmesseprojekts ist geplant, allerdings im nächsten Jahr mit Fokussierung auf die Studi-engänge im BID-Bereich und

möglichst unter größerer Mit-wirkung des BIB. Auch wird eine bessere Vernetzung mit dem Newcomer-Tag der dgi-on-line-Tagung angestrebt. Ideen sind herzlich willkommen!

Karin Holste-Flinspach, Frankfurt am Main

Mitglieder des BIB

werden gebeten, alle Ände-rungen ihrer personenbezo-genen Angaben, insbesonde-re des Namens, der Anschrift und der Beitragsgruppe, nicht dem Verlag von BuB, sondern der Geschäftsstelle des BIB mitzuteilen.

BIB-GeschäftsstellePostfach 13 2472703 ReutlingenTelefon 0 71 21/34 91-0Telefax 0 71 21/30 04 [email protected]

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22 BuB | Foyer Ausbildung

Prüfungsbereiche Stunden

Aspekte der Volks- und Betriebswirtschaft, Recht und Steuern

70 Volks- und Betriebswirtschaft

Recht und Steuern

Organisation, Informations-management, Rechnungswesen und Controlling

80 Unternehmensführung Organisation InformationsmanagementProjektmanagement RechnungswesenControlling

Personalwirtschaft, Führung und Kommunikation

110 Personalrecht und -wirtschaft einschließlich BerufsbildungsrechtKommunikationFührung

Informationsprozesse und Informationssysteme, Berufsspezifisches Recht

220 Informationsbedarf und Informationsprozesse

Ermitteln und Auswählen von Quellen sowie Beschaffen von InformationenInformationssysteme

Erschließen von Informationen

Berufsspezifisches RechtArchivieren, Erhalten, Sichern und Vermitteln von Informationen und Dokumenten

150 Archivieren von Informationsträgern und Anwenden von Techniken der Bestandserhaltung und -sicherungSpeicherung digitaler Informationen, Datensicherung und DatensicherheitVermitteln von Informationen

Vorläufiger Lehrplan und Prüfungsbereiche des neuen Fortbildungslehrgangs »Fachwirt/-in für Informati-onsdienste«

Ausbildung

Fachwirt startet in HessenBerufl iche Erstqualifi kation im ABD-Bereich zwingend

Aufstiegs- und weiterbildungs-motivierten Fachangestellten für Medien- und Informations-dienste steht ab diesem Jahr neben der Möglichkeit eines Fernstudiums in Potsdam auch die Fachwirtfortbildung offen – in Hessen ab sofort, zukünftig angedacht in Niedersachsen und bei der Bundesverwaltung.

Ab 2008 – passend zum zehn-jährigen Jubiläum des Ausbil-dungsberufes zum Fachan-gestellten für Medien- und Informationsdienste – sind im Bundesland Hessen die Voraus-setzungen zur Ablegung einer Fortbildungsprüfung zum Fach-wirt für Informationsdienste auf der rechtlichen Grundlage von Paragraf 54 Berufsbildungsge-setz und inhaltlich basierend auf der Empfehlung des Deutschen

BII unterstützt IFLA-Präsidentschaft

Die Direktorin der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB), Claudia Lux, erfährt in ihrem Amt als neue IFLA-Prä-sidentin vielfältige Unterstüt-zung durch ihre deutschen Kollegen. Auch die für den in-ternationalen Fachaustausch zuständige Einrichtung »Bib-liothek & Information Inter-national« (BII) hat ihre För-dermittel für die Zeit der deut-schen IFLA-Präsidentschaft entsprechend ausgerichtet. Rund 40 Prozent der Zuschüs-se für Auslandsaufenthalte deutscher Bibliothekare und Informationsspezialisten sol-len für Vorhaben verwendet werden, die mit dem IFLA-Weltkongress sowie den Sa-tellite- undr Midwintermee-tings von IFLA-Sektionen in Verbindung stehen. Beim ver-gangenen IFLA-Weltkongress in Durban wurde die Teilnah-me von 16 deutschen Kolle-ginnen und Kollegen geför-dert. Auch der ausführliche Kongressbericht in BuB Heft 11/12 (2007) kam mit groß-zügiger Unterstützung durch BII zustande. Weitere Infor-mationen über BII und die ak-tuellen Fördermöglichkeiten gibt es unter www.bi-international.de. slh

Industrie- und Handelskam-mertags (DIHK) und der Ge-werkschaft Verdi geschaff en.

Ein berufsbegleitender Vorbe-reitungslehrgang beim Verwal-tungsseminar Frankfurt (www.hvsv-ff m.de) mit einem auf circa zweieinhalb Jahre verteil-ten Gesamtstundenkontingent von 640 Unterrichtsstunden wird eingerichtet. Zehn Stun-den sind der Lern- und Arbeits-methodik vorbehalten.

Die (vorläufi ge) Stundenta-fel legt die Curriculum-Emp-fehlung von DIHK und Verdi zugrunde, weicht jedoch bei der Stundenverteilung zuguns-ten einer engeren fachlichen Kenntnisvermittlung und dem Fächerzuschnitt von der Vorla-ge ab. Die schriftliche Prüfung selbst besteht im Gegensatz zur Berliner Empfehlung aus fünf

Aufsichtsarbeiten (Dauer je-weils 180 Minuten) mit teilweise geändertem Inhalt. Die ersten drei Arbeiten sind spätestens 19 Monate nach Lehrgangsbeginn zu schreiben, am Ende des Lehr-gangs die zwei weiteren Prü-fungsarbeiten.

Der praktische Prüfungsteil beinhaltet die selbstständige Bearbeitung eines praxisbezo-genen Sachverhaltes in Form einer Projektarbeit. Diese ist dem Prüfungsausschuss zu prä-sentieren mit anschließendem Fachgespräch.

Der tatsächlich von den Teilnehmern zu erbringende Arbeitsaufwand für Lehrgangs-teilnahme und Prüfungsvorbe-reitung dürfte ein Vielfaches des Präsenzphasenansatzes umfas-sen.

Die Zulassung zur Fachwirt-fortbildungsprüfung in Hessen ist im Gegensatz zum DIHK/Verdi-Entwurf zwingend an eine berufl iche Erstqualifi kation im ABD-Bereich geknüpft, den Berufsabschluss zum Fachange-stellten für Medien- und Infor-mationsdienste beziehungsweise

eine abgeschlossene Ausbildung im Bereich Archiv, Bibliothek oder Dokumentation.

Bis zur Ablegung des zweiten schriftlichen Prüfungsteils muss zudem eine praktische Tätigkeit in der Dauer von zweieinhalb bis viereinhalb Jahren, je nach Note der Abschlussprüfung, in einem Archiv, einer Bibliothek oder ei-ner Dokumentationsstelle nach-gewiesen werden. Des weiteren ist die Lehrgangsteilnahme vor-geschrieben.

Ausführlichere Informatio-nen aus Hessen zur Fachwirt-fortbildung werden folgen.

Karin Holste-Flinspach, Frankfurt am Main

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23Foyer | BuBSpezialbibliothek

Spezialbibliothek

Einblick in jüdische Traditionen 25 Jahre Judaica-Bibliothek in Konstanz

Seit 25 Jahren existiert in Konstanz, der größten Stadt am Bodensee, eine öffentliche Judaica-Bibliothek. Die von dem Historiker und Schrift-steller Erich Bloch (Verfasser der »Geschichte der Juden in Konstanz im 19. und 20. Jahr-hundert«) und Else Levi-Müh-sam aufgebaute, von Alfred Lebenheim damals fi nanziell unterstützte und im November 1982 eröffnete Dr.-Erich-Bloch-und-Lebenheim-Bibliothek der Israelitischen Kultusgemeinde Konstanz kann in der Biblio-thekslandschaft des Bodense-eraumes, aber auch im Bereich jüdischer Kultur in Deutschland nach der Schoah noch heute als Besonderheit gesehen werden.

Es war das Verdienst der drei oben genannten Initiatoren aus dieser kleinen Gemeinde, die zudem nicht in einer Großstadt angesiedelt ist, eine vielseitige Judaica-Bibliothek einzurichten und das Verdienst des Gemein-devorstandes, sie für die gesamte Bevölkerung zu öff nen. Auch die Stadt Konstanz beteiligte sich anlässlich der Bibliotheksgrün-dung mit einem fi nanziellen Beitrag. In der weiteren Umge-bung des südwestdeutschen und Ostschweizer Raumes ist diese Institution damit die einzige öf-fentliche jüdische Bücherei.

Als erste Judaica-Bibliothek, die nicht einer Hochschule an-gegliedert ist, und zugleich als erste Bibliothek einer jüdischen Gemeinde in Deutschland ist die Bibliothek im Jahr 2001 in einen Bibliotheksverbund auf-genommen worden. Der gesam-te Buchbestand (Herbst 2007: 3 300 Bände) ist beim Biblio-theksservice-Zentrum Baden-Württemberg (BSZ) elektro-nisch katalogisiert worden und im Internet-Katalog des Süd-westdeutschen Bibliotheksver-bunds (SWB) recherchierbar: http://swb.bsz-bw.de/DB=2.1

Thomas Uhrmann erläutert den Talmud und die rabbinische Literatur in der Judaica-Bibliothek in Konstanz. Foto: Axel Jacquin (BSZ)

und http://swb.bsz-bw.de/DB=2.203.

Neben Büchern zur jüdi-schen Religion, Philosophie, Geschichte, zu jüdischem Le-ben in Deutschland und an-deren Ländern, zu Fragen des christlich-jüdischen Verhältnis-ses, zu Antisemitismus und zur Schoah sowie Bänden zu Kunst und Wissenschaften fi nden sich zahlreiche Biografi en jüdischer Persönlichkeiten und Zeitzeu-gen aus den verschiedensten Epochen. Ein umfangreicher Bestand ist mit unterschiedli-chen Th emenkreisen dem Land Israel gewidmet. In der Abtei-lung Belletristik fi ndet der Be-sucher Romane, Dramen und Gedichtbände jüdischer Auto-ren aus Amerika, Europa und Israel sowie jiddische Literatur und Liedtexte. Kunstbildbän-de, verschiedene Periodika und auch Kinder- und Jugendbücher runden das Angebot – haupt-sächlich Titel in deutscher Spra-che – für die Benutzer ab.

Intensive Integrationsarbeit

Else Levi-Mühsam betreute die Bibliothek mit Leidenschaft und Sachkenntnis bis zu ihrem Umzug nach Jerusalem im Sep-tember 1995. Seither ist Th omas Uhrmann ehrenamtlicher Lei-ter der Bibliothek. Es war dies die Zeit, in der innerhalb der Gemeinde ein großer Verände-rungsprozess begonnen hatte. Wie überall in Deutschland stieg die Zahl der Mitglieder durch den Zuzug von Juden aus der ehemaligen Sowjetunion unerwartet stark an, erforderte eine intensive Integrationsarbeit und machte die feste Anstellung eines Rabbiners erforderlich.

Für die Bibliothek bedeu-tete dies zweierlei: Einerseits wurde der ohnehin nicht allzu weite fi nanzielle Spielraum für Neuerwerbungen noch enger, anderseits veränderten sich die

inhaltlichen Kriterien für wei-tere Anschaff ungen. Werke über die religiösen Wurzeln, ohne die die jüdische Literatur in all ihrer Vielfalt nicht zu denken ist, Bü-cher zu Traditionen und Regeln religiösen jüdischen Lebens, die den Neueinwanderern, aber auch Nichtjuden einen authen-tischen Einblick in das jüdische Denken und Handeln vermit-teln, sowie Unterrichtsmateria-lien für die Kinder waren jetzt gefragt. Und der damals neue Rabbiner Chaim Naftalin sel.A. benötigte für seine Studien vor Ort die wichtigsten religiösen und religionsgesetzlichen Texte und Kommentare in hebräischer Sprache.

So ergänzen seither die grund-legendsten Fundamente einer jüdischen Bücherei, wie der Tal-mud, Schulchan Aruch, Ram-bam (Maimonides), Chassidut und andere, als Handbibliothek den für die Ausleihe bestimm-ten Bestand, wobei Teile dieser rabbinischen Literatur ebenfalls in deutscher Sprache vorhanden sind. Ergänzt wurde der Bestand nichtrabbinischer Literatur aber auch durch großzügige Schen-kungen aus der Bevölkerung und anderen Institutionen.

Neben Gemeindemitgliedern und nichtjüdischen Lesern aus Konstanz und Umgebung nut-zen vermehrt Schüler und Stu-

denten die Bibliothek. Besuche von Schulklassen und anderen Gruppen werden oft mit einer Besichtigung der Synagoge ver-bunden, um sich neben jüdi-scher Literatur aus erster Hand über jüdische Tradition und jü-disches Leben im Allgemeinen sowie im heutigen Konstanz zu informieren.

Im Jahr 2001 war die Biblio-thek in die 4. Baden-Württem-bergischen Bibliothekstage ein-gebunden. Seit 2005 beteiligen sich die Israelitische Kultus-gemeinde Konstanz und ihre Bibliothek in Zusammenarbeit mit der Stadt Konstanz mit verschiedenen Veranstaltungen am jährlich stattfi ndenden »Eu-ropäischen Tag der jüdischen Kultur« (www.bsz-bw.de/eu/blochbib/eurotag2007.pdf) und in diesem Jahr auch am bundes-weiten Wissenschaftsjahr, das in Konstanz unter dem Motto »Freiheit der Religionen« steht. Mit diesen Aktivitäten möchten die Israelitische Kultusgemein-de und ihre Bibliothek einen Beitrag zum interkulturellen Dialog leisten.

Informationen über die Bib-liothek fi ndet man im Internet unter www.bsz-bw.de/eu/blochbib und http://de.wikipedia.org/wiki/Dr.-Erich-Bloch-und-Lebenheim-Bibliothek.

Th omas Uhrmann, Konstanz

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24 BuB | Foyer Medien

Medien

Web 2.0-Angebote meist passiv genütztComputer und Internet bei Jugendlichen weiter auf dem Vormarsch

Ein Viertel der jugendlichen Internetnutzer beteiligt sich aktiv am Web 2.0 und produ-ziert mindestens mehrmals pro Woche eigene Inhalte, sei es durch das Einstellen von Bildern, Videos, Musikdateien oder das Verfassen von Blog- oder News-group-Beiträgen. Fast jeder dritte Junge und jedes fünfte Mädchen mit Interneterfahrung trägt so regelmäßig zum Web 2.0 bei. Dies sind Ergebnisse der repräsentativen JIM-Studie 2007 des Medienpädagogi-schen Forschungsverbundes Südwest zum Medienverhalten 12- bis 19-Jähriger in Deutsch-land.

Wie die Untersuchung konkre-ter Web 2.0-Angebote weiter zeigt, werden diese aber vor al-lem passiv genutzt. So haben beispielsweise 78 Prozent der In-ternetnutzer schon einmal etwas in der Web 2.0-Enzyklopädie »Wikipedia« gesucht, aber nur vier Prozent haben aktiv Ein-träge verfasst. Ähnliches gilt für die Videoplattform »YouTube«, dort hat immerhin schon jeder zehnte jugendliche Internetnut-zer einmal ein Video eingestellt, drei Fünftel nutzen diese Seite jedoch nur passiv und schauen Videos an. Bei »Myspace« haben sieben Prozent der Internetnut-zer zwischen 12 und 19 Jahren schon einmal Inhalte einge-stellt.

Dass das Th ema Web 2.0 bei den Jugendlichen angekommen ist, zeigen auch die Angaben zu den Lieblingsseiten im Internet. Hier werden neben den Portalen der Provider und Suchmaschi-nen von den Jugendlichen vor allem Angebote aus dem Bereich Web 2.0 genannt, die von den Usern selbst kreierte Inhalte präsentieren.

Insgesamt sind Computer und Internet bei den Jugendli-chen weiter auf dem Vormarsch: Mehr als zwei Drittel haben inzwischen einen eigenen PC oder einen Laptop, 45 Prozent können vom eigenen Zimmer

aus online gehen. Die Bedeu-tung des Internet nimmt weiter zu: Aktuell zählen 93 Prozent der Jugendlichen zu den »Onli-nern«, die zumindest selten das Internet nutzen. Die meisten sind dabei intensive Nutzer: 83 Prozent gehen mehrmals pro Woche oder täglich ins Netz.

Der Medienpädagogische Forschungsverbund Südwest präsentiert die JIM-Studie in diesem Jahr bereits zum zehn-ten Mal. Die repräsentative Studienreihe bildet das Medi-enverhalten der Jugendlichen zwischen 12 und 19 Jahren in Deutschland ab. Der Medien-pädagogische Forschungsver-bund ist eine Kooperation der Landesanstalt für Kommuni-kation Baden-Württemberg (LFK) und der Landeszentrale für Medien und Kommunika-tion Rheinland-Pfalz (LMK). Die Durchführung der Studie erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Südwestrundfunk (SWR).

Die Bedeutung des Internet nimmt weiter zu:

Aktuell zählen 93 Prozent der Jugendlichen zu den »On-

linern«, die zumindest selten das Internet nutzen.

Nachrichten

Vorbild in Europa

Amsterdam (Niederlande). Seit einem halben Jahr ist die neue Zentralbibliothek (www.oba.nl) in Betrieb. Täglich kom-men über 7 000 Besucher in die moderne und sieben Tage die Woche (10 bis 22 Uhr) geöff ne-te Einrichtung. Bereits im Juli 2007 war die Bibliothek feier-lich von Prinzessin Laurentien eröff net worden. Die Prinzessin ist Ehrenvorsitzende des nieder-ländischen Verbands Öff entli-cher Bibliotheken. Die vom Ar-chitekten Jo Coenen entworfene Bibliothek ist mit 28 000 Qua-dratmetern eine der größten Öff entlichen Bibliotheken Eu-ropas. Sie besitzt unter anderem eine große Jugendabteilung, ei-nen abgetrennten Ausstellungs-bereich, ein Lesecafé und ein Restaurant, das einen Blick über die ganze Stadt eröff net. Unter-gebracht ist die Einrichtung auf der Oosterdokseiland, der »Insel des Wissens« in der niederländi-schen Hauptstadt.

100 Jahre Stadtbibliothek

Berlin. Die Stadtbibliothek hat am 15. Oktober 2007 ihren 100. Geburtstag gefeiert. Nach der Wiedervereinigung wurde sie mit der Amerika-Gedenkbiblio-thek 1995 zur Stiftung Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) zusammengeführt. Die Senatsbibliothek Berlin kam 2005 zur Stiftung hinzu. Heute befi nden sich im Haus Berliner Stadtbibliothek die Fachgebie-te: Allgemeine Information, Naturwissenschaften, Medi-zin, Sport, Technik, Umwelt, Mathematik und Informatik, Landwirtschaft, Recht und Wirtschaft sowie das Pressezent-rum; weiterhin die Historischen Sammlungen mit historischem Lesesaal, das Zentrum für Ber-lin-Studien im Ribbeck-Haus und die e-LernBar, das Selbst-lernzentrum der Zentral- und Landesbibliothek Berlin.

Protest gegen Umzug

Berlin. Das Bezirksamt Mitte hat bekanntgegeben, dass zum 1. März die »Integration« der Jerusalem-Jugendbibliothek in der Schulstraße in die Bezirks-zentralbibliothek am Luisenbad erfolgen soll. Die in der Schul-straße bestehenden Angebote und Dienstleistungen sowie das Mitarbeiter-Team würden, so heißt es, nach dem Umzug am neuen Standort zur Verfügung stehen. Bereits kurz nach Be-kanntwerden hat sich eine Initi-ative gebildet, die die Schließung und den Wegzug der Bibliothek im Norden Berlins verhindern möchte. Eine Unterschriften-aktion wurde gestartet. Weitere Informationen unter: www.bibliothek.blogsport.de

Kulturelle Vielfalt

Berlin. Die Dachorganisation der bibliothekarischen und in-formationswissenschaftlichen Verbände, Bibliothek Informa-tion Deutschland (BID), hat eine umfangreiche Stellung-nahme zur Unesco-Konvention »Kulturelle Vielfalt« abgegeben. Das zweiteilige Dokument mit dem Titel »Das Unesco-Über-einkommen mit Leben füllen: Herausforderungen für Biblio-theken und Bibliotheksträger« ist im Bibliotheksportal (www.bibliotheksportal.de) zu fi nden.

»Elefant« feiert Jubiläum

Berlin. Seit einem Vierteljahr-hundert gibt es die Empfeh-lungsliste für Kinder- und Ju-gendbücher »Der Rote Elefant«. Neu eingeführt wurde nun eine Kooperation mit dem Zentra-len Verzeichnis Antiquarischer Bücher (zvab): Kinder zwischen elf und zwölf Jahren formulie-ren ihre Leseeindrücke zu längst vom Markt verschwundenen Kinder- und Jugendbüchern. »Der Rote Elefant« kostet vier Euro als Einzelheft und drei Euro im Abo, zuzüglich Ver-sandkosten. Weitere Informati-onen unter: www.lesart.org.

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Parteien befragt

Bern (Schweiz). Im Vorfeld der Parlamentswahlen im vergange-nen Oktober hat der Schweizer Bibliotheksverband BBS eine beispielgebende Parteienbe-fragung zur Bibliothekspoli-tik durchgeführt. Fragen und Antworten der Parteien sind zu fi nden unter www.bbs.ch (Akti-vität – Lobbying).

Verbände fusioniert

Bern (Schweiz). Der Verband der Bibliotheken und der Biblio-thekarinnen/Bibliothekare der Schweiz (BBS, gegründet 1897) und die Schweizerische Ver-einigung für Dokumentation (SVD, gegründet 1939) werden ab 2008 gemeinsam auftreten. Die Fusion zu »Bibliothek In-formation Schweiz« wurde in der Gründungsversammlung im November 2007 von den Mitgliedern bestätigt. Als neuer Präsident des Verbands wurde Andreas R. Brellochs gewählt. Er ist als Information Resear-cher und Knowledge Manager der Boston Consulting Group AG (Switzerland) in Zürich tätig. »Bibliothek Information Schweiz« vertritt rund 1 700 Einzel- und 460 Kollektivmit-glieder. Der Verband versteht sich sowohl als Berufs- wie auch als Branchenverband und bezweckt die Förderung sowie Entwicklung des schweizeri-schen Informationswesens im Sinne einer national koordinier-ten Informations- und Biblio-thekspolitik. Weiter dient der Verband der fachlichen Vernet-zung seiner Mitglieder, der Aus- und Weiterbildung sowie dem aktiven Erfahrungsaustausch auf nationaler und internationa-ler Ebene. Weitere Informatio-nen zur Fusion fi nden sich unter www.bbs.ch.

Fusion gescheitert

Böblingen/Sindelfi ngen. Aus der geplanten Kooperation der Bibliotheken von Böblingen und Sindelfi ngen wird nichts.

Die Gemeinderäte beider Städte haben sich bereits Mitte Oktober des vergangenen Jahres dagegen ausgesprochen. Das entschei-dende Argument: Die einma-ligen Investitionskosten seien sehr viel höher als der Nutzen ei-ner Fusion. Als wesentliche Vo-raussetzung für die Fusion galt eine Vereinheitlichung der bei-den EDV-Systeme. Zusammen mit der Neuetikettierung der Medien hätte sie rund 720 000 Euro gekostet. Dem gegenüber veranschlagte die eingesetzte Projektgruppe jährliche Einspa-rungen von rund 160 000 Euro,

vor allem bei den Personalkos-ten – gedacht wurde an einen gemeinsamen Leiter und eine an einem Ort zusammengeführte Verwaltung. Die Fusionsgesprä-che waren auch vor dem Hinter-grund geführt worden, dass sich die Leiter in beiden Städten an der Ruhestandsgrenze befan-den. In Böblingen schied Rita Mücke Ende November aus. Zuvor hatte schon Hans-Joa-chim Basalla in Sindelfi ngen seinen Abschied genommen, dort war bei Redaktionsschluss Brigitte Kraft kommissarische Leiterin.

Im Ruhestand

Bozen. (Italien) Der ehemalige Direktor des Amts für Biblio-theken und Lesen in Südtirol, Franz Berger, ist Ende Novem-ber 2007 in Ruhestand ge-gangen. Während seiner Zeit als Amtsdirektor hatte Berger den Bibliotheksverband Bozen ins Leben gerufen und lange Jahre als Vorsitzender geleitet. Berger war unter anderem we-sentlich an der Ausarbeitung des Bibliotheksgesetzes der Autonomen Provinz Südtirol beteiligt. Zuletzt arbeitete er

Nachrichten

Seit drei Jahren ist eine kosten-freie Tauschbörse für Bücher und andere Medien online. Handelte es sich zunächst um eine reine Bü-cherseite (www.buchticket.de), so wurde bald schon der Tausch weiterer Medien möglich ge-macht – die Seite www.tauschti-cket.de war geboren.

Dort kann jeder Bücher, Ton-träger, Filme, sowie PC- und Kon-solenspiele mithilfe eines Ticket-systems kostenlos tauschen. Ein-zig die Portokosten müssen vom Anbieter übernommen werden. Sicherheit bietet, ähnlich wie bei eBay, ein Bewertungssystem.

Mitglieder stellen mithilfe von Eingabeformularen die Medien, die sie abgeben möchten, ins Sys-tem ein. Der Anbieter darf bis zu fünf Tickets für sein Medium ver-langen. Jeder registrierte Nutzer des Systems kann nun den Artikel für die entsprechende Anzahl Ti-ckets anfordern. Ein Bonussystem unterstützt Neueinsteiger. So be-kommt man das erste Ticket be-reits nach Einstellen der ersten drei Artikel als Prämie.

Die Betreiber präsentieren vier Kataloge: Bücher, Film, Musik und PC/Games. Jeder weist di-verse, auf die jeweilige Medien-

kategorien zugeschnittene Such-einstiege und Suchmöglichkeiten auf. Tickets lassen sich unab-hängig von den Kategorien ein-setzen. Ist ein gesuchtes Medi-um nicht im Katalog vorhanden, so kann der Nutzer einen Such-auftrag anlegen und wird per E-Mail benachrichtigt, sobald das Medium ins System eingestellt wird.

Tauschticket.de zählt derzeit 90 000 Mitglieder und hat bisher mehr als eine Million Medien (da-von circa 800 000 Bücher) ange-boten.

Bodo Pohla

Wenn Regale virtuell werden: www.tauschticket.de

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als Direktor der neugegrün-deten Universitätsbibliothek Bozen.

Auch nachts geöffnet

Dortmund. Die Zentralbiblio-thek der Universitätsbibliothek hat seit November 2007 von montags 8 Uhr bis samstags 24 Uhr geöff net. Nur noch an Sonn- und Feiertagen bleibt die Bibliothek geschlossen. Damit hat die Zentralbibliothek ihre Öff nungszeiten von bisher 69 Stunden auf 136 Stunden pro Woche erhöht. Die Erweite-rung der Öff nungszeiten wur-de durch einen Pforten- und Empfangsdienst ermöglicht, der die Aufsicht in den Biblio-theksräumen übernimmt. Die Mittel hierfür stammen zum Teil aus Studienbeiträgen. Die Bibliothek reagiert damit auf die weiter steigende Nachfrage nach Lese- und Arbeitsplätzen und hoff t auf eine Entzerrung der – insbesondere in Prüfungs-zeiten – starken Nachfrage nach ruhigen Arbeitsplätzen. Die Bibliothek wird täglich von über 3 000 Nutzern besucht.

Nacht der Bibliotheken

Düsseldorf. Großer Andrang herrschte am 26. Oktober in fast allen der mehr als 200 Biblio-theken, die sich in ganz Nordhein-Westfalen an der »Nacht der Bibliotheken« be-teiligten. Insgesamt lockte das abwechslungsreiche Programm mit seinen hochkarätig besetzten Lesungen, Tatort-Inszenierun-gen und Krimi-Rallyes deutlich mehr Besucher (65 000) in die Öff entlichen, wissenschaftli-chen und kirchlichen Bibliothe-ken als vor zwei Jahren bei der ersten »Nacht der Bibliotheken«. Das Konzept, nicht auf einen Mega-Event, sondern auf eine Vielzahl attraktiver kleiner und mittelgroßer Veranstaltungen zu setzen, habe sich, so die Orga-nisatoren bezahlt gemacht. Al-lein in die Stadtbücherei Rheine kamen mehr als 3 500 Besucher – und 400 Neukunden.

»Libreka« freigeschaltet

Frankfurt am Main. Der Bör-senverein des Deutschen Buch-handels hat auf der vergangenen Buchmesse sein Branchenpro-jekt zur Digitalisierung von Bü-chern unter dem Namen »Libre-ka« freigeschaltet (www.libreka.de). Die Idee dahinter: Verlage lassen ihre lieferbaren Bücher einscannen und stellen Libreka – die Vorgängerversion lief un-ter dem Namen »Volltextsuche Online« (VTO) – die Daten zur Verfügung. Interessierte können dann online im Volltext dieser Bücher nach Informationen su-chen. Welche Teile des Buches dabei tatsächlich sichtbar wer-den, bestimmt der Verlag. Zum Start des Projekts hatten rund 300 Verlage insgesamt 8 000 Titel angemeldet. Ein eher be-scheidenes Angebot im Ver-gleich zu Google Book Search, wo inzwischen über eine Milli-on Titel von etwa 10 000 Verla-gen recherchierbar sind.

»Vademecum Antiquariat«

Frankfurt am Main. Der Börsen-verein des Deutschen Buchhan-dels hat ein »Vademecum Anti-quariat 2008« herausgegeben. Es enthält die rund 470 Anschrif-ten der Mitgliedsfi rmen der Ar-beitsgemeinschaft Antiquariat im Börsenverein, des Verbands Deutscher Antiquare und der Genossenschaft der Internet-Antiquare (GIAQ). Genannt werden neben den Anschriften und Internet-Adressen auch die Spezialgebiete der verzeichne-ten Firmen. Einzelexemplar-bestellungen werden kostenlos ausgeführt, solange der Vorrat reicht. Kontakt: Geschäftsstelle der Arbeitsgemeinschaft An-tiquariat im Börsenverein des Deutschen Buchhandels e. V., Großer Hirschgraben 17–21, 60311 Frankfurt am Main, [email protected].

Studie zu Kinderbüchern

Frankfurt am Main. Sind Kin-der und Jugendliche ihrem Alter

voraus – und damit empfohlene Altersangaben bei Büchern un-nötig, wenn bis zu einem Drit-tel der Zielgruppe sie ohnehin ignoriert und lieber Bücher für Ältere liest? Werden Großeltern, die wachsende Generation der »neuen Alten«, die Hauptkäufer der Zukunft sein? Sollte man sich auf die Klassiker verlassen oder auch das Lebensgefühl der Jugendlichen einbeziehen? Die-se Fragen wirft die repräsentati-ve Grundlagenstudie »Kinder- und Jugendbücher: Marktpo-tenzial, Käuferstrukturen und Präferenzen unterschiedlicher Lebenswelten« auf, die der Bör-senverein des Deutschen Buch-handels initiiert hat. Die Studie

untersucht unter anderem, wer wo welche Kinderbücher zu welchem Zweck kauft und wel-che Orientierungshilfen bei der Auswahl genutzt werden. Diese auch für Bibliothekare interes-santen Daten stehen als Down-load unter www.boersenverein.de.

Virtuelle Normdatei

Frankfurt am Main. Die Deut-sche Nationalbibliothek, die Bi-bliothèque nationale de France, die Library of Congress und das Online Computer Library Cen-ter (OCLC) sind übereingekom-men, gemeinsam den »Virtual

Nachrichten

»Die Türkische Bibliothek« als Wanderausstellung

Die Stiftung Lesen lädt in Zu-sammenarbeit mit der Robert Bosch Stiftung und dem Uni-onsverlag bundesweit Biblio-theken zu einem gemeinsamen Projekt ein: der Wanderausstel-lung »Die Türkische Bibliothek«. Zeitlich parallel zu einer gleich-namigen Schulkampagne steht diese Ausstellung ab Januar 2008 kulturellen Einrichtungen in ganz Deutschland kostenlos zur Verfügung – und bietet viel-seitige Anknüpfungspunkte für thematisch verwandte Veran-staltungen wie Literaturzirkel, Autorenlesungen, Diskussions-runden mit örtlichen Türkeispe-zialisten und andere Programm-punkte.

Ausgehend von der literari-schen Edition »Türkische Bib-liothek« im Unionsverlag – ei-ner Initiative der Robert Bosch Stiftung, die zuvor unübersetz-te Klassiker, Erzählungen, Es-says aber auch junge Lyrik in derzeit 9 von insgesamt 20 Bän-den präsentiert –, zeichnet die Ausstellung ein umfassendes Bild ausgewählter Autoren und ihrer Zeit: der türkischen Mo-derne seit Beginn des 20. Jahr-hunderts. In Form von 13 infor-

mativen und grafisch anspre-chenden Schautafeln und einem Exemplar der Edition »Türkische Bibliothek« veranschaulicht sie die soziale und kulturelle Kom-plexität der Türkei und regt zur Auseinandersetzung mit dem in Deutschland vorherrschenden Gesellschaftsbild des Landes am Bosporus an. Eine Begleitbro-schüre gibt Tipps und Ideen zur Präsentation der Ausstellung sowie zur Organisation ergän-zender Veranstaltungen.

Insgesamt 100 Ausstellungs-exemplare sind ab Januar 2008 zu vergeben. Die Dauerleihgabe im Rahmen des Ausstellungs-projekts ist unentgeltlich und an wenige organisatorische Vo-raussetzungen gebunden. We-sentliche Bedingungen sind die nicht-kommerzielle Nutzung der Schautafeln, ein Konzept zu möglichen Zusatzveranstaltun-gen der Leihnehmer sowie die Nutzbarmachung der Schauta-feln und der Ansichtsexemplare der »Türkischen Bibliothek« für andere Institutionen wie Schu-len oder Kulturvereine nach Ende der Ausstellung in den ei-genen Räumlichkeiten.

Weitere Informationen zur Bewerbung sind bei der Stiftung Lesen erhältlich unter www.stiftunglesen.de/tuerkischebibliothek.

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International Authority File« (VIAF), eine Virtuelle Interna-tionale Normdatei, aufzubauen und fortzuentwickeln. Die ein-zelnen Normdateien sollen im VIAF virtuell zu einem gemein-samen Normdaten-Service inte-griert werden, der den Zugang zu den Namen aller einbezoge-nen Normdateien bietet. Die Vereinbarung baut auf einem vorausgegangenen Forschungs-projekt auf, in dem die Deutsche Nationalbibliothek gemeinsam mit der Library of Congress und OCLC durch die Zusammen-führung ihrer Personennamen-dateien nachgewiesen haben, dass der Aufbau eines Virtual International Authority File auch unter den Bedingungen großer Datenbestände machbar ist. Mit der neuen Kooperati-onsvereinbarung stößt die Bi-bliothèque nationale de France hinzu, und der VIAF wird um die französischen Normdaten erweitert. Langfristig zielt das VIAF-Projekt darauf ab, die Normdateien möglichst vieler Bibliotheken zu einem globalen VIAF-Service zu integrieren, der für die Nutzer im Web welt-weit frei zugänglich ist.

»Schreibzeit« für Kinder

Gerlingen. Der Arbeitskreis Le-sen der Stadt Gerlingen hat An-fang 2007 das Projekt »Schreib-zeit« ins Leben gerufen. Von Fe-bruar bis April konnten Kinder und Jugendliche zwischen 8 und 18 Jahren ihre selbst geschriebe-nen Erzählungen und Gedichte in der Stadtbücherei Gerlingen abgeben. Der Ansturm war groß: 72 Nachwuchsautoren haben sich beteiligt. Die Werke sind inzwischen in einem Buch ver-öff entlicht. Ausgewählte Texte stehen im Internet unter www.stadtbuecherei.gerlingen.de.

Open Access

Göttingen. Die Niedersächsi-sche Staats- und Universitäts-bibliothek (SUB) hat mit Un-terstützung der Universität Göt-tingen das Pilotprojekt »Open

Access mit Springer Open Choice« gestartet. Die Verein-barung mit dem Wissenschafts-verlag Springer wurde bereits im vergangenen September ge-schlossen. Inzwischen werden alle zur Publikation angenom-menen Artikel von Erstautoren (»corresponding authors«) der Georg-August-Universität au-tomatisch über Springer Open Choice publiziert. Ein solcher Zugang ermöglicht es For-schenden, Lehrenden und Stu-dierenden weltweit, kostenfrei auf wichtige wissenschaftliche Informationen zuzugreifen, und erhöht zugleich die weltweite Sichtbarkeit der Göttinger For-schungsergebnisse.

Handbuch zur Langzeitarchivierung

Göttingen. Das Handbuch »Kleine Enzyklopädie der di-gitalen Langzeitarchivierung«, herausgegeben von nestor, dem Deutschen Kompetenznetzwerk Langzeitarchivierung, sammelt und strukturiert das derzeit vor-handene Wissen über die viel-fältige und komplexe Materie. In einer Vielzahl von Aufsät-zen stellen Experten die unter-schiedlichen technischen und rechtlichen Aspekte des Th emas dar und vermitteln auf diese Weise ein Bild von Langzeit-archivierung, welches von den Grundsätzen bis hin zu digita-len Erhaltungsstrategien in un-terschiedlichen Anwendungs-feldern reicht. Das Handbuch bietet nestor allen interessierten Institutionen und Einrichtun-gen kostenfrei zum Download an. Es ist ein »living document«, dessen Inhalt und Umfang ste-tig aktualisiert werden wird, es steht unter http://nestor.sub.uni-goettingen.de/handbuch/nestor-Handbuch_01.pdf im Netz.

Promis lesen vor

Hamburg. Am bundesweiten Vorlesetag der Wochenzeitung »Die Zeit« und der Stiftung Le-sen, der am 23. November des

vergangenen Jahres zum vierten Mal stattfand, haben sich mehr als 7 000 Vorleser, darunter 632 Politiker und Prominente, betei-ligt. Mehr als 200 000 Kindern und Jugendlichen wurde an je-nem Tag vorgelesen, in Kinder-gärten, Schulen, Bibliotheken und Kinderheimen. Das waren rund dreimal so viele wie im Jahr 2006. Für den Vorlesetag konnten unter anderem gewon-nen werden: Manuel Andrack, Ralf Bauer, Marco Bode, Tom Buhrow, Olli Dittrich, Ulrike Folkerts, Sigmar Gabriel, Jette Joop, Franz Josef Jung, Sarah Kuttner, Sandra Maischber-ger, Harald Martenstein, Ul-rich Matthes, Franz Müntefe-ring, Th omas Ohrner, Rezzo Schlauch, Marietta Slomka und Wolfgang Tiefensee.

Ausgewählter Ort

Hamburg. Die Deutsche Zen-tralbibliothek für Wirtschafts-wissenschaften (ZBW) ist

»Ausgewählter Ort im Land der Ideen«. Damit ist sie Teil der Veranstaltungsreihe »365 Orte im Land der Ideen«, die gemeinsam von der Standort-initiative »Deutschland – Land der Ideen« und der Deutschen Bank durchgeführt wird. Aus Anlass der Preisverleihung ver-anstaltet die ZBW am 23. April einen »Abend der off enen Tür« an ihren beiden Standorten an der Kieler Förde und der Binne-nalster in Hamburg.

Büchern Pate stehen

Hamburg. Die Staats- und Uni-versitätsbibliothek hütet ein be-deutendes Kulturerbe: histori-sche Bücher und Zeitschriften, Handschriften und Nachlässe, Autographen, Karten und Mu-sikalien. Dieser große Schatz muss gepfl egt werden. Unter dem Motto »Edlen Büchern Pate stehen« hat die Bibliothek zu diesem Zweck eine Aktion Buchpatenschaften ins Leben

Nachrichten

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gerufen. Damit will sie Ham-burger Bürgerinnen und Bürger motivieren, Buchpatenschaften für ein ausgewähltes Werk zu übernehmen. Bei der Auftakt-veranstaltung im November des vergangenen Jahres konnten Interessierte im Rahmen einer Auktion Buchpate werden.

Lindgren-Ausstellung

Hamburg. Noch bis zum 27. Januar ist in der Staats- und Universitätsbibliothek die Aus-stellung »Astrid Lindgren zum 100.« zu sehen. Vor hundert Jahren, am 14. November 1907 geboren, wurde Lindgren zur bekanntesten und erfolgreichs-ten Kinderliteratur-Autorin der Welt. Seit über 60 Jahren erfährt ihr Werk multimediale und in-ternationale Verbreitung. Jeder scheint sie zu kennen. Und doch verbirgt sich hinter ihren Mär-chen, Geschichten und Roma-nen eine nicht leicht zugängliche Persönlichkeit. Mit vier Th emen möchte die Ausstellung dem Menschen hinter der Legende Astrid Lindgren näher kom-men: Kindheit und Kinderpara-diese, die schwierige Mutterrolle in Leben und Werk, die Auto-rin als Medienmanagerin und schwedischer Kulturexport für das Nachkriegs-Hamburg 1949. Weitere Informationen zur Aus-stellung unter: www.sub.uni-hamburg.de/blog/?p=764.

Integrierte Recherche

Hannover. Unter www.goportis.de stellen die drei Deutschen Zentralen Fachbibliotheken (ZFB), zu denen die Technische Informationsbibliothek (TIB), die Deutsche Zentralbibliothek für Medizin (ZB MED) sowie die Deutsche Zentralbibliothek für Wirtschaftswissenschaften (ZBW) gehören, seit Dezember 2007 eine integrierte Recherche in den umfassenden Beständen der drei Bibliotheken bereit. Er-gänzt wird dieser Service durch die Fachportale GetInfo, Med-Pilot und EconBiz mit weiteren fachspezifi schen Datenbanken.

Ab März 2008 will Goportis darüber hinaus einen gemein-samen Bestell- und Lieferdienst für wissenschaftliche Volltexte zur Verfügung stellen – alles aus einer Hand.

Vascoda ausgebaut

Hannover. Das Wissenschafts-portal Vascoda (www.vascoda.de) hat bereits im November 2007 seinen Internetauftritt überarbeitet und bietet seither einen verbesserten Zugang sowie ein erweitertes Informationsan-gebot an. Die Suchmaschine hat ausschließlich wissenschaftliche Inhalte im Visier. Laut Angaben der Betreiber durchforstet sie über 100 Millionen Datensätze aus über 100 Datenbanken un-terschiedlicher Anbieter. Insge-samt beteiligen sich mittlerweile mehr als 40 Einrichtungen am Aufbau und an der Weiterent-wicklung des Wissenschaft-sportals, das gemeinsam vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Deutschen Forschungsge-meinschaft (DFG) mit einem inzwischen zweistelligen Millio-nenbetrag gefördert wurde.

Neuer Direktor

Leipzig. Michael Fernau wird neuer Direktor der Deutschen Nationalbibliothek in Leipzig. Der Verwaltungsrat der Deut-schen Nationalbibliothek hat

beschlossen, ihn dem Bundes-präsidenten zur Ernennung vorzuschlagen. Der 52-jährige Jurist leitet seit sechs Jahren die Zentralverwaltung der Deut-schen Nationalbibliothek und wird Anfang 2008 die neue Aufgabe übernehmen. Fernau wird damit einer der beiden ständigen Vertreter der Gene-raldirektorin der Deutschen Nationalbibliothek, Elisabeth Niggemann. Fernau folgt Birgit Schneider nach, die im Sommer 2007 plötzlich und unerwartet gestorben ist. Zu den Schwer-punkten der künftigen Arbeit Fernaus wird neben der Leitung des Hauses mit seinen 350 Mit-arbeiterinnen und Mitarbeitern die Betreuung der Bauaktivitä-ten für den 4. Erweiterungsbau der Deutschen Nationalbiblio-thek in Leipzig gehören.

Sprung auf Shortlist

London (Großbritannien). Für den Sieg reichte es leider nicht, aber immerhin landete das Deutsche Kompetenznetzwerk nestor mit seiner Arbeitsgruppe »Vertrauenswürdige Archive –

Zertifi zierung«, vertreten durch die Bayerische Staatsbibliothek und die Humboldt-Universität zu Berlin, beim diesjährigen »Conservation Award« in der Disziplin der Digitalen Lang-zeitarchivierung auf der Short-list der fünf besten Kandidaten. In diesem internationalen, von Sir Paul McCartney unterstütz-ten Wettbewerb werden alle zwei Jahre Arbeiten ausgezeich-net, die sich um die dauerhafte Bewahrung des Kulturguts ver-dient gemacht haben. Der erste Preis ging an das National Ar-chives of the UK.

SSG übernommen

München. Ab 2008 übernimmt die Bayerische Staatsbiblio-thek das Sondersammelgebiet »Informations-, Buch- und Bibliothekswesen« (SSG 24.1). Gleichzeitig hat die Bibliothek den Auftrag zum weiteren Aus-bau der entsprechenden Virtuel-len Fachbibliothek »b2i« erhal-ten. Das Sondersammelgebiet wurde bereits 1949 an der Nie-dersächsischen Staats- und Uni-versitätsbibliothek Göttingen

Nachrichten

RSWK-Gesamtausgabe in elektronischer Form

In den vergangenen Jahren wur-de wiederholt der Wunsch nach einer elektronischen Ausgabe der RSWK geäußert. Die Deut-sche Nationalbibliothek stellt nun auf ihrer Website eine elek-tronische Version der Gesamt-ausgabe kostenfrei zur Verfü-gung:<urn:nbn:de:1111-20040721235> <http://nbn-resolving.de/urn/resolver.pl?urn=urn:nbn:de:1111-20040721235>

Sie befindet sich auf dem Stand der 3. Auflage 1998 ein-schließlich der 4. Ergänzungslie-ferung 2007. Das Beispielregis-ter wurde wie schon zur 3. Er-gänzungslieferung unverändert gelassen, es entspricht somit dem Zustand nach der 2. Ergän-

zungslieferung. Damit ist die elektronische Version der RSWK in allen Teilen inhaltsgleich mit der aktuellen Papierausgabe.

Mit der elektronischen Aus-gabe verbindet die Deutsche Nationalbibliothek die Erwar-tung einer einheitlichen Nut-zung der RSWK und der SWD in einer heterogenen Informati-onslandschaft.

Die Papierausgabe der 3. Auf-lage des Grundwerks RSWK ein-schließlich der vier Ergänzungs-lieferungen kann zum Preis von 85,50 Euro (zuzüglich Porto) bezogen werden über die:Deutsche Nationalbibliothek Zentrale bibliografische Dienstleistungen Adickesallee 1 60322 Frankfurt am Main Fax: 069/15 25-16 36 E-Mail: [email protected]

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eingerichtet und dort bis Ende 2007 betreut.

Massendigitalisierung

München. Die Bayerische Staatsbibliothek hat das erste durch die Deutsche Forschungs-gemeinschaft geförderte Mas-sendigitalisierungsprojekt ge-startet. In zwei Jahren sollen fast 37 000 deutschsprachige Druckwerke mit über 7,5 Mil-lionen Seiten aus der Zeit von 1518 bis 1600 digitalisiert und frei zugänglich durch das Mün-chener Digitalisierungszentrum im Internet bereitgestellt wer-den. Dabei kommen erstmals völlig neu entwickelte Scan-Ro-boter zum Einsatz. Die Bayeri-sche Staatsbibliothek leistet da-mit einen wichtigen Beitrag zur Bereitstellung des kulturellen Erbes des 16. Jahrhunderts und zum Aufbau der Deutschen Di-gitalen Bibliothek.

Telefonierende Affen

München. Telefonierende Af-fen, Piratenmäuse und tropi-sche Inseln: Wer kennt sie nicht, die Plakatmotive von Günter Mattei? Sie gehören zu Mün-chen wie Mattei zum Münchner Jugendtheater SchauBurg. Seit Jahren arbeitet der freie Illust-rator für das Münchner Jugend-theater, entwirft Drucksachen und Th eaterplakate. In einer Ausstellung der Internationalen Jugendbibliothek wird noch bis Ende Januar am Beispiel von 22 Produktionen aus den Jahren 1990 bis 2007 gezeigt, wie ein Th eaterplakat entsteht. Dabei wird die Vor- und Entstehungs-geschichte der Plakate, insbe-sondere zu kinderliterarischen Produktionen, in Form künstle-risch-spielerischer Werkstattbe-richte erzählt. Autobiografi sche Notizen, Skizzen, Fotos und Bühnenbild- und Kostüment-würfe, die dem Künstler als Anregung dienten, zeigen den Werdegang eines Plakats vom ersten Entwurf bis zum fertigen Originalplakat. Die Ausstellung ist montags bis freitags von 10

Nachrichten

bis 16 Uhr und samstags und sonntags von 14 bis 17 Uhr ge-öff net.

Eingewanderte Wörter

München. Ob morgens beim Kaff ee, bei der Arbeit am Lap-top oder abends im Fitness-Stu-dio – täglich nutzen wir Wörter, die aus anderen Sprachen ins Deutsche »eingewandert« sind. Das Goethe-Institut und der Deutsche Sprachrat suchen in einer internationalen Ausschrei-bung nun nach dem besten Wort mit »Migrationshinter-grund«. Eine Jury, unter ande-ren mit Anne Will und Loriot, prämiert die »besten Wörter« und die schönsten Begründun-gen. Einsendeschluss ist der 29. Februar. Dem Hauptgewinner winkt eine Studienreise für zwei Personen in das Ursprungsland des eingewanderten Wortes. Die besten Einsendungen der Ausschreibung veröff entlicht der Hueber-Verlag im Anschluss in einem Buch mit dem Titel »Eingewanderte Wörter«. Jeder Teilnehmer, dessen Beitrag ins Buch aufgenommen wird, erhält ein Geschenkexemplar. Weitere Informationen unter: www.das-beste-eingewanderte-wort.de.

Adventskalender

Neustadt/Weinstraße. Der un-ter Federführung des Landesbi-bliothekszentrums erstellte Ad-ventskalender hat in über 1 800 Schulklassen in Rheinland-Pfalz großen Anklang gefunden. Für die Adventszeit 2007 erhielten Kinder der 3. und 4. Klassenstu-fen einen literarischen Advents-kalender der besonderen Art: In roten Umschlägen gabes für jeden Schultag bis Weihnachten »Dezembergeschichten« zum Vorlesen. Mit den von der Ar-beitsgruppe »Lesespaß aus der Bücherei« zusammengestellten Geschichten und zusätzlichen Rätseln und Spielen wurde die Vorweihnachtszeit zu einem Le-seabenteuer. Insgesamt wurden mit dem Kooperationsprojekt von Bibliotheken und Schulen

landesweit 40 000 Kinder er-reicht. Jeden Tag wurde jeweils eine Dezembergeschichte vor der ganzen Klasse vorgelesen. Anschließend gab es Aufgaben und Rätsel, die die Kinder ein-zeln oder in kleinen Gruppen lösen konnten.

Kooperation mit Schulen

Rendsburg. Erstmals einen lan-desweiten Überblick über die Zusammenarbeit von Biblio-theken und Schulen gibt es jetzt in Schleswig-Holstein. In einer Umfrage unter allen Bibliothe-

Zwei interessante Veröffentli-chungen aus dem Bereich Kinder- und Jugendmedien sind in der Schweiz erschienen. Der »Weg-weiser zur Leseförderung«, he-rausgegeben vom Schweizeri-schen Institut für Kinder- und Jugendmedien, informiert über aktuelle Angebote und Projek-te im deutschsprachigen Raum, vermittelt BibliothekarInnen und Lehrkräften Ideen und Materia-lien für alle Schulstufen und ver-zeichnet Kontaktstellen für Wei-terbildung, Information und Be-ratung. Das Buch kostet 18,50 Schweizer Franken und ist beim Schweizerischen Institut für Kin-der- und Jugendmedien zu be-ziehen: [email protected].

Im zweiten Werk empfiehlt der Kinderbuchfonds Baobab in der neuen Ausgabe von »Frem-de Welten« 200 ausgewählte Ti-tel, die Einblicke in fremde Kultu-ren und Religionen geben, Hori-zonte öffnen und Möglichkeiten, aber auch Konflikte des interkul-

turellen Zusammenlebens auf-zeigen. »Fremde Welten« wirbt für die Begegnung zwischen den Menschen und sieht das Buch als Brücke zwischen den Kulturen.

Das Verzeichnis ist ein gutes Hilfsmittel für Lehrkräfte, Bib-liothekarinnen, Eltern und an-dere Interessierte. Aus allen Le-sestufen werden Bücher, Hörbü-cher, DVDs und Materialien für den Unterricht vorgestellt. Jeder Eintrag enthält eine ausführliche und kritische Besprechung, An-gaben zu Lesealter und Schau-platz sowie die bibliografischen Daten. Verschiedene Register er-leichtern die gezielte Suche auch nach Thema oder Kontinent.

Die Kriterien zur Auswahl sind im Verzeichnis und auf der Website des Kinderbuchfonds Baobab publiziert: www.baobabbooks.ch. Das Buch kann in Deutschland für 9 Euro beim Ar-beitskreis für Jugendliteratur ([email protected]) bestellt werden.

Orientierung im Dschungel der Leseförderung

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ken des Landes hat die Arbeits-stelle Bibliothek und Schule des Büchereivereins Schles-wig-Holstein e.V. den Stand der Kooperation untersucht. Hinderungsgründe und Best Practice Beispiele werden eben-so dargestellt wie die Vielfalt der verschiedenen Formen der Zusammenarbeit. Die Auswer-tung dieser Umfrage steht jetzt, neben den anderen Arbeitshil-fen der Arbeitsstelle, im Internet zum Download zur Verfügung: www.bz-sh.de/schule/absmat.php.

Bibliothek runderneuert

Reutlingen. Über helle, freund-liche Räume, einen besse-ren Service und eine deutlich schnellere Abwicklung der Aus-leihen können sich die Besucher und Mitarbeiter der Stadtbib-liothek freuen. Nach 22 Jahren intensivster Nutzung – jährlich verzeichnet die Stadtbibliothek über 500 000 Besucher – stan-den Mitte vergangenen Jahres die ersten größeren Renovie-rungsarbeiten an. Gleichzeitig wurde die Medienverbuchung auf RFID umgestellt. Die Stadt Reutlingen machte für die Bau-maßnahmen 650 000 Euro und für die Umstellung auf RFID 466 000 Euro locker. Die Bib-liothek verfügt nun über sieben Selbstverbuchungsplätze, inklu-sive eines Rückgabeautomaten im Außenbereich, sowie über einen modernen, großzügigen Th ekenbereich im Erdgeschoss. Während der Bauarbeiten von Mitte Juli bis Ende September war die Bibliothek provisorisch in einem Ausweichquartier be-trieben worden.

Checkliste Soziale Software

Reutlingen. Die Kommission für One-Person Librarians des Berufsverbands Information Bibliothek (BIB) hat bereits 2006 etliche »Checklisten« zum Th emenbereich Web 2.0 und Bibliothek 2.0 veröff entlicht. Es wurden RSS-Feeds, Wikis

und Weblogs jeweils unter den Aspekten Nutzung und Ein-satz in Bibliotheken behandelt. Ende vergangenen Jahres ist die Checkliste Nr. 22 zum Th ema »Soziale Software nutzen« er-schienen, die einen Überblick über die ganze Software-Fami-lie gibt. Zu fi nden ist das Ganze unter www.bib-info.de/komm/kopl/pub/check22.pdf.

Marketing mit Studenten

Stuttgart. Bereits im Oktober 2007 ist der Startschuss für ein Kooperationsprojekt zwischen der Hochschule der Medien Stuttgart, Studiengang Biblio-theks- und Informationsma-nagement, und der GeSIG e.V. (German Serials Interest Group) gefallen. Die Initiatoren des Projekts, Prof. Wolfgang Ratzek und der Vorsitzende der GeSIG e.V., Werner Stephan, leitender Direktor der Universitätsbib-liothek Stuttgart, entwickelten in mehreren Treff en die Rah-menbedienungen für die Zu-sammenarbeit. Im Mittelpunkt steht der Marketing-Auftritt des Forums Zeitschriften, der nun von Studenten überarbeitet, optimiert und somit benutzer-freundlicher konzipiert werden soll. Das Forum Zeitschriften GeSIG e.V. (www.gesig.org) ist der Runde Tisch der Fachinfor-mation. Der Verein bietet allen am Informationsprozess Betei-ligten aus Bibliotheken, Verla-gen und Agenturen eine kom-munikative Plattform in Bezug auf den Zeitschriftenmarkt.

Gaststudenten erwünscht

Stuttgart. Der Masterstudien-gang »Konservierung Neuer Medien und Digitaler Informa-tion« an der Staatlichen Akade-mie der Bildenden Künste öff -net auch zum Wintersemester 2007/8 wieder einen großen Teil seiner Lehrveranstaltungen für Gaststudenten als Gelegenheit zur berufl ichen Weiterbildung. Dieses Angebot richtet sich vor allem an Berufstätige und Per-sonen mit beschränktem Zeit-

kontingent, denen ein Vollzeit-studium nicht möglich ist. Eine Übersicht über die Veranstal-tungen und Termine fi ndet sich auf www.mediaconservation.abk-stuttgart.de/index-Dateien/D_Curr.htm. Weitere Informa-tionen zum Studiengang sind erhältlich über www.mediacon-servation.org. Nächster Bewer-bungsschluss für den Masterstu-diengang ist der 15. Januar.

Mobile Netzoffensive

Washington (USA). Die Ent-wicklung mobiler Web-Ge-schäftsmodelle in Industrie-ländern geht nur schleppend voran. Deshalb will eine In-dustrieinitiative neue Ideen in Schwellenländern entwickeln und erproben. Als Parade-Part-

Nachrichten

ner der mobilen Netzoff ensive wurde die Library of Congress (LoC) gewonnen. Dort laute-te der Kommentar: Nachdem bereits 111 Millionen Nutzer online auf LoC-Inhalte zugrei-fen würden, wolle man sicher-stellen, dass auch alle mobilen Internet-Nutzer rund um den Globus Zugang erhielten. Dass sich dem mobilen Netz gerade in Schwellenländern die größ-ten Entwicklungsmöglichkeiten bieten, hat seinen Grund: Die mobile Vernetzung stellt dort wegen mangelhaft ausgebauter Festnetzinfrastruktur meist die erste Vernetzung überhaupt dar.

Naturprojekt ausgezeichnet

Westoverledingen. Das von der Gemeindebücherei entwickelte und durchgeführte »Egon-Na-turgeschichtenprojekt« (vgl. BuB 9/2007, Seite 651–652) ist als offi zielles Projekt der UN-Dekade »Bildung für nachhal-tige Entwicklung« (Infos zur Dekade unter www.bne-portal.de) ausgewählt worden. Die Auszeichnung wurde bei einer Feierstunde Ende November 2007 in Stuttgart an alle bun-desweit ausgewählten Projekte überreicht.

Österreich liest

Wien (Österreich). Mehr als 500 000 Besucher auf circa 4 000 Veranstaltungen hat das größte Literaturfestival Öster-reichs in der Woche vom 15. bis zum 21. Oktober 2007 ange-lockt. Die Aktion wurde vom Büchereiverband Österreichs initiiert und vom österreichi-schen Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur und den Ländern gefördert. Zum zweiten Mal setzten die Bibliotheken mit tausend Ver-anstaltungen ein deutliches Sig-nal für das Lesen. Von den Ge-meinde- und Pfarrbibliotheken über Schul-, Stadt-, Landes- und Universitätsbibliotheken bis hin zur Österreichischen Nati-onalbibliothek beteiligten sich

Verstärkung aus der Schweiz für BuB

Ab sofort wird BuB auch über die Entwicklungen im Schwei-zer Bibliothekswesen aktuel-ler berichten. Dazu konnte Dr. Gerhard W. Matter als neuer Redaktionsbeirat für die Fach-zeitschrift gewonnen werden. Matter ist Historiker und wis-senschaftlicher Bibliothekar. Seit 1990 ist der erfahrene Kollege Kantonsbibliothekar des Kantons Basel-Landschaft. Er leitet die Kantonsbiblio-thek Baselland in Liestal, de-ren aufsehenerregenden Neu-bau Matter bereits in BuB Heft 10/2007 (Seite 741 bis 744) vorgestellt hat. Außer-dem ist Matter als Dozent an der Fachhochschule der Zen-tralschweiz und der Univer-sität Zürich tätig. – Kontakt: [email protected]

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Einrichtungen aus dem ganzen Land und luden zum Dialog über das Lesen und die Literatur ein. Näheres dazu unter: www.oesterreichliest.at.

IFLA-Präsidentin bei BOBCATSSS

Zadar (Kroatien). Experten und Studierende aus vielen Ländern Europas und von fast allen an-deren Kontinenten haben ihre Teilnahme am BOBCATSSS-Symposium vom 28. bis 30. Januar in Zadar zugesagt. Die IFLA-Präsidentin und Gene-raldirektorin der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB), Prof. Claudia Lux, wird neben Prof. Ana Marusic, Herausgebe-rin des Croatian Medical Jour-nal, die Auftaktrede halten. Auf der dreitägigen Veranstaltung werden zahlreiche Vorträge, Workshops, Poster und ein um-fangreiches Rahmenprogramm geboten. Die Veranstalter erwar-ten mehr als 400 Teilnehmer, die sich über den Stand der wis-senschaftlichen Auseinanderset-zung sowie über Praxismodelle im Bereich der technischen, so-zialen, kulturellen, rechtlichen und ökonomischen Bibliotheks- und Informationswissenschaft austauschen und neue Koopera-tionen eingehen möchten. Wei-tere Informationen gibt es unter www.bobcatsss2008.org.

Viele Wege führen zu

BuBForum Bibliothek und InformationGartenstraße 1872764 Reutlingen

Postfach 13 2472703 Reutlingen

Telefon 0 71 21/34 91-0Telefax 0 71 21/30 04 33

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FortbildungJanuar

Comic und Mangas14. Januar – FU Berlin · BuB 11-12/2007

Bibliotheks-Management: Führungskompetenz17. – 18. Januar – FU Berlin · BuB 11-12/2007

Besichtigung der Bibliothek der TFH Wildau bei Berlin22. Januar – Bibliothek der TFH WildauVeranstalter: Landesgruppe Berlin im Berufsverband Information Bibliothek (BIB)Anmeldung: Frank Redies, c/o Staatsbibliothek zu Berlin, 10722 Berlin, Telefon: 030/266-24 93Weitere Information: www.bib-info.de/fobi/reg_fobi.htm

Erlebniswelt Bücher: Kreativer und spielerischer Einsatz von Kinderbüchern24. Januar – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, Hannover · BuB 11-12/2007

»Download und was dann…?«26. Januar – Universitätsbib-liothek ErfurtVeranstalter: Landesgruppe Thüringen im Berufsverband Information Bibliothek (BIB)Gebühr: Kostenlos für Mitglie-der, Nichtmitglieder 15 EuroAnmeldung: Stadt- und Regi-onalbibliothek Erfurt, Barba-ra Jokisch, Telefon: 03 61/65 51 563, E-Mail: [email protected] Information: www.bib-info.de/fobi/reg_fobi.htm

Katalogisieren mit Bibliothe-ca 2000: Aufbauschulung29. Januar – Landesbiblio-thekszentrum/Rheinische Landesbibliothek Koblenz · BuB 11-12/2007

Leseecken an Ganztags-schulen: Erfahrungsaustausch für Grundschulen und Förderschulen29. Januar – Casimirianum, Neustadt/Weinstraße · BuB 11-12/2007

Februar

Vom Nutzen Sozialer Software für Bibliotheken4. Februar – FU BerlinVeranstalter: FU-Weiter-bildungszentrumReferenten: Ben Kaden, Maxi KindlingGebühr: 50 EuroAnmeldung: FU Berlin, Weiterbildungszentrum, Telefon: 030/83 85 14 58, E-Mail [email protected], www.fu-berlin.de/weiterbildung

Bibliotheken bauen und ausstatten II: Planung und Durchführung6. – 8. Februar – FU BerlinVeranstalter: FU-Weiterbil-dungszentrumReferenten: Prof. Dr. Ulrich Naumann, Dr. Klaus Ulrich Werner, Hellen Niegaard, Dr. Mario Glauert, Dr. Annette Gerlach, u. a. Gebühr: 250 EuroAnmeldung: FU Berlin, Weiterbildungszentrum, Telefon: 030/83 85 14 58, E-Mail [email protected], www.fu-berlin.de/weiterbildung

»Besprechungen, Meetings, Sitzungen…«7. Februar – Universitätsbib-liothek Johann Christian Sen-ckenberg, Frankfurt (Main)Veranstalter: Universitäts-bibliothek Johann Christian SenckenbergReferentin: Ilona Munique, WEGA-Team, StuttgartGebühr: 50 EuroAnmeldung: Universitäts-bibliothek Johann Christian Senckenberg, Geschäftsstelle für Aus- und Fortbildung, Bockenheimer Landstr. 134–138, 60325 Frankfurt (Main)

Leseförderung mit dem DeutschbuchZielgruppe: Lehrkräfte der Klassen 9 und 10 (alle Schulformen)7. Februar – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, HannoverVeranstalter: Akademie für Leseförderung der Stiftung Lesen, HannoverReferent: Dr. Andreas MüllerAnmeldung: (bis 23. Januar) www.akademiefuerlesefoerderung.de, [email protected], Telefon: 05 11/12 67-215

Leselernprozesse verstehen – Lesekompetenzen erkennen und fördernZielgruppe: Lehrkräfte des Primarbereichs (Grund- und Förderschule)11. Februar – Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek, HannoverVeranstalter: Akademie für Leseförderung der Stiftung Lesen, HannoverReferentin: Karola PenzAnmeldung: (bis 25. Januar) www.akademiefuerlesefoerderung.de, [email protected], Telefon: 05 11/12 67-215

Kinder- und Jugend-Biblio-theksarbeit: Fachtagung11. – 12. Februar – FU BerlinVeranstalter: FU-Weiter-bildungszentrum und DBV-ExpertengruppeReferentinnen: Ute Hach-mann, Susanne Brandt, Karin

Veranstaltungen, die vom Be-rufsverband Information Bib-liothek (BIB) angeboten wer-den, finden sich ab sofort ebenfalls in dieser Rubrik. Eine Sammlung von Links zu bib-liothekarischen Fortbildungs-veranstaltungen bietet die Website <www.bib-info.de/komm/knt_neu/fundgrub/bib_fobi.htm>.

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Rösler, Janette Achberger u. a. Gebühr: 120 EuroAnmeldung: FU Berlin, Weiterbildungszentrum, Telefon: 030/83851458, E-Mail [email protected], www.fu-berlin.de/weiterbildung

Kundenkommunikation im Alltag meistern13. Februar – Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle KoblenzVeranstalter: Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle KoblenzReferentin: Ilona MuniqueGebühr: 20 EuroAnmeldung: (bis 30. Januar) Landesbibliothekszentrum/Büchereistelle Neustadt, Telefon: 0 63 21/39 15-21 bzw. Landesbibliothekszent-rum/Büchereistelle Koblenz, Telefon: 02 61/9 15 00-301

Hello StrangerDie Teilnehmer erarbeiten einfache Lösungen für Standardsituationen in Bibliotheken, in denen Englisch gesprochen und verstanden werden muss.18. Februar – Fachhochschu-le Köln, Geisteswissenschaftli-ches Zentrum – GWZVeranstalter: ZBIW der Fach-hochschule KölnReferentin: Annette Land-gräberGebühr: 50 Euro (inkl. Mittag-essen)Anmeldung: (bis 10. Januar) Fachhochschule Köln, ZBIW, 50678 Köln, Telefon: 02 21/4 00 75-401 oder -117, Fax: 02 21/4 00 75-280, E-Mail: [email protected]

Frühjahrstagung der hauptamtlich geleiteten Bibliotheken in Rheinhessen-Pfalz18. Februar – Ernst-Bloch-Zentrum der Stadt Ludwigs-hafenVeranstalter: Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle NeustadtAnmeldung: (bis 11. Februar) Landesbibliothekszentrum/

Büchereistelle Neustadt, Telefon: 0 63 21/39 15-21

Mitarbeitergespräche im Rahmen der Leistungsorien-tierten Bezahlung LoBIn diesem Seminar geht es um die die Themen:� Führen durch Zielverein-barungen (Leistung definie-ren und beurteilen, Menschen entwickeln und fördern, Zielformulierungen)

� Feedback (Feedback-Regel, Selbstbild – Fremdbild)� Mitarbeitergespräche (Aktives Zuhören, Techniken der Gesprächsführung, Gesprächstechniken)Ein wichtiger Bestandteil die-ser Veranstaltung sind prak-tische Übungen, die von den Teilnehmern selbst erarbeitet werden.18. + 19. Februar – Münchner StadtbibliothekZielgruppe: Kolleginnen und Kollegen, die im Rahmen von LoB Mitarbeitergespräche führenVeranstalter: BIB-Landes-gruppe BayernReferentin: Regine Sucker, KommunikationstrainerinGebühr: 70 Euro BIB-Mitglie-der, 160 Euro NichtmitgliederAnmeldung: Andrea Graf, Stadtbibliothek Kempten, Orangerieweg 20–22, 87439 Kempten, Tel. 08 31/25 25-724, Fax:08 31/25 25-732, E-Mail: [email protected] Information: www.bib-info.de/fobi/reg_fobi.htm

Katalogisieren mit Bibliothe-ca 2000: Grundschulung19. Februar – Landesbibliothekszentrum/Rheinische Landesbibliothek KoblenzVeranstalter: Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle KoblenzReferentin: Sieglinde SchuGebühr: 20 EuroAnmeldung: (bis 1. Februar) Landesbibliothekszentrum/Büchereistelle Koblenz, Telefon: 02 61/9 15 00-301

E-Books in wissenschaft-lichen und Öffentlichen Bibliotheken20. Februar – Universitätsbib-liothek ErfurtVeranstalter: Deutscher Bib-liotheksverband – Landesver-band ThüringenGebühr: 20 EuroAnmeldung: (bis 20. Januar) Universitätsbibliothek Ilmenau, Telefon: 0 36 77/69 47 01, E-Mail: [email protected]

Wie vermitteln wir Informa-tionskompetenz? Didaktische Reduktion und aktivierende Methoden19. – 20. Februar – FU BerlinVeranstalter: FU-Weiterbil-dungszentrumReferentinnen: Ulrike Hanke, Ulrike ScholleGebühr: 160 EuroAnmeldung: FU Berlin, Weiterbildungszentrum, Telefon: 030/83 85 14 58, E-Mail [email protected], www.fu-berlin.de/weiterbildung

Effektiv recherchieren im Internet20. – 21. Februar – hbz, KölnVeranstalter: ZBIW der Fach-hochschule KölnReferentin: Julia BergmannGebühr: 180 Euro (inkl. Über-nachtung und Mittagessen)Anmeldung: (bis 15. Januar) Fachhochschule Köln, ZBIW, 50678 Köln, Telefon: 02 21/4 00 75-401 oder -117, Fax: 02 21/4 00 75-280, E-Mail: [email protected]

Neue Begriffe in Bibliothe-ken: Weblogs, Wikis, RSS…, USB-Stick, Palm, iPod… Was ist das eigentlich?21. Februar – Universitätsbib-liothek DortmundVeranstalter: ZBIW der Fach-hochschule KölnReferentinnen: Jessica Busch-mann, Jutta NowakGebühr: 50 Euro (inkl. Mittag-essen), für Teilnehmer aus der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen kostenfreiAnmeldung: (bis 10. Januar) Fachhochschule Köln, ZBIW, 50678 Köln, Telefon: 02 21/4 00 75-401 oder -117, Fax: 02 21/4 00 75-280, E-Mail: [email protected]

Wertschätzende Kommunikation21. – 22. Februar – FU BerlinVeranstalter: FU-Weiterbil-dungszentrumReferentin: Caroline MeinkeGebühr: 120 EuroAnmeldung: FU Berlin,

Termine

Alles Online – oder was?

Die Fachkonferenz der Biblio-theksfachstellen in Deutsch-land lädt ein zur Fortbildung »Alles Online – oder was? Die reale Internet Bibliothek – Berichte aus der Praxis«. Die Veranstaltung findet am 24. April von 10 bis 16:30 Uhr in der Stadtbücherei Würzburg statt. Geplant sind folgende Themen:� Geschäftsgang im Inter-

net (Erfahrungsbericht über Medienbruchfreie Kommu-nikation aus Hanau und Er-gänzungen durch die ekz)

� 300 Tage Onleihe – ein Er-fahrungsbericht aus Würz-burg (Hannelore Vogt / Volker König)

� »Kooperation im Internet – Bibliothek 2.0?« (Jochen Dudeck)

� »Die Online-PR der Biblio-theken. Außendarstellung Öffentlicher Bibliotheken über das Internet« (Sandra Mehmeti)

Der Teilnahmebeitrag beträgt 25 Euro. Anmeldung bis spä-testens 1. April bei:Hessische Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken bei der Hessischen Landes-bibliothek WiesbadenRheinstraße 55/5765185 WiesbadenFax: 06 11/334-26 55E-Mail: [email protected]ückfragen an Alexander Budjan: Telefon 06 11/334/26 90.

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Weiterbildungszentrum, Telefon: 030/83851458, E-Mail [email protected], www.fu-berlin.de/weiterbildung

Invisible Web21. – 22. Februar – FU BerlinVeranstalter: FU-Weiterbil-dungszentrumReferenten: Christine-Doro-thea Sauer, Paul UlrichGebühr: 100 EuroAnmeldung: FU Berlin, Weiterbildungszentrum, Telefon: 030/83851458, E-Mail [email protected], www.fu-berlin.de/weiterbildung

Wer? Wie? Was? Wieso? Weshalb? Warum? Leseförderaktionen für Grund- und Förderschulen25. Februar – Casimiranum, Neustadt/WeinstraßeVeranstalter: Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle NeustadtReferentin: Beate Schellen-bergGebühr: 20 EuroAnmeldung: (bis 11. Februar) Landesbibliothekszentrum/Büchereistelle Neustadt, Telefon: 0 63 21/39 15-21

Leseförderung in der Schulbibliothek: Praxis-erprobte ProjektarbeitZielgruppe: Mitarbeiter von Schulbibliotheken, Lehrkräfte weiterführender Schulen25. Februar – Gottfried Wil-helm Leibniz Bibliothek, Han-noverVeranstalter: Akademie für Leseförderung der Stiftung Lesen, HannoverReferentin: Annette NeubaurAnmeldung: (bis 8. Februar) www.akademiefuerlesefoerderung.de, [email protected], Telefon: 05 11/12 67-215

Bibliotheks-Management: Projektmanagement25. – 26. Februar – FU BerlinVeranstalter: FU-Weiterbil-dungszentrumReferent: Prof. Dr. Stephan Büttner

Gebühr: 200 EuroAnmeldung: FU Berlin, Weiterbildungszentrum, Telefon: 030/83851458, E-Mail [email protected], www.fu-berlin.de/weiterbildung

Lesestart – die Lese-Initiative für DeutschlandZielgruppe: Beschäftigte in Öffentlichen Bibliotheken und Kindergärten, alle Interessierten26. Februar – Gottfried Wil-

helm Leibniz Bibliothek, Han-noverVeranstalter: Akademie für Leseförderung der Stiftung Lesen, HannoverReferentinnen: Sabine Bone-witz, Karola Penz, Anke Märk-

Termine

Kalendertipps

Juli 2008

03 Franz Kafka wurde vor 125 Jahren geboren

18 Nelson Mandela wird 90

22 Otto Waalkes wird 60

23 Götz George wird 70

26 Mick Jagger wird 65

August 2008

07 Joachim Ringelnatz wurde vor 125 Jahren geboren

09 Gerd Ruge wird 80

10 Klaus Emmerich wird 65

16 Reiner Kunze wird 75

16 Madonna wird 50

17 Robert De Niro wird 65

18 Roman Polanski wird 75

22 Vor 125 Jahren wurde »Ge-spenster« von Henrik Ibsen in Helsingborg uraufgeführt

22 Karlheinz Stockhausen wur-de vor 80 Jahren geboren

24 Vor 40 Jahren zündete Frankreich seine erste Was-serstoffbombe im Pazifik

25 Antoine Henri Becquerel starb vor 100 Jahren

29 Hermann Schulze-Delitzsch wurde vor 200 Jahren geboren

29 Michael Jackson wird 50

September 2008

10 Karl Lagerfeld wird 70

17 Käthe Kruse wurde vor 125 Jahren geboren

19 Vor 100 Jahren wurde die »7. Sinfonie (e-moll)« von Gustav Mahler in Prag uraufgeführt

23 Julio Iglesias wird 65

24 Heinrich Droste starb vor 50 Jahren

29 Lech Walesa wird 65

Oktober 2008

01 Vor 50 Jahren nahm die NASA ihre Tätigkeit auf

02 Oswald Kolle wird 80

13 Christiane Hörbiger wird 70

15 Chris De Burgh wird 60

20 Otfried Preußler wird 85

21 Alfred Nobel wurde vor 175 Jahren geboren

22 Vor 25 Jahren bildeten 220 000 Menschen eine »Friedenskette« zwischen Neu-Ulm und Stuttgart

28 Cornelia Froebes wird 65

30 Johanna von Koczian wird 75

November 2008

02 Königin Sophia von Spanien wird 70

05 Sam Shepard wird 65

12 Loriot wird 85

13 Peter Härtling wird 75

14 Prinz Charles wird 60

20 Selma Lagerlöf wurde vor 150 Jahren geboren

28 Vor 25 Jahren flog Ulf Merbold als erster Bundes-bürger ins All

Dezember 2008

03 Ozzy Osbourne wird 60

04 Horst Buchholz wurde vor 75 Jahren geboren

08 Johannes Heesters wird 105

09 Marius Müller-Westernhagen wird 60

13 Heino wird 70

16 Vor 10 Jahren startete die USA Luftangriffe auf den Irak

17 Kaspar Hauser starb vor 175 Jahren

18 Keith Richards wird 65

21 Kurt Waldheim wird 90

21 Vor 40 Jahren startete »Apollo VIII« zum ersten bemannten Mondumflug

22 Giacomo Puccini wurde vor 150 Jahren geboren

23 Helmut Schmidt wird 90

23 Kaiser Akihito von Japan wird 75

23 Königin Silvia von Schwe-den wird 65

24 Manfred Rommel wird 80

25 Joan Miró starb vor 25 Jahren

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Bürmann, Anne LoheAnmeldung: (bis 12. Februar) www.akademiefuerlesefoerderung.de, [email protected], Telefon: 05 11/12 67-215

Bücher richtig reparieren26. Februar – Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle NeustadtVeranstalter: Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle NeustadtReferentin: Ursula DrostGebühr: 10 EuroAnmeldung: (bis 12. Februar) Landesbibliothekszentrum/Büchereistelle Neustadt, Telefon: 0 63 21/39 15-21

Recherche unter der Bibliothekssoftware PICA (für die Auszubildenden des 1. Ausbildungsjahres)26. – 27. Februar: Friedrich-Schiller-Universität JenaVeranstalter: Thüringer PICA-KommissionAnmeldung: (bis 26. Januar) Universitätsbibliothek Ilmenau, Telefon: 0 36 77/ 69 47 01, E-Mail: [email protected]

»Wart’ mal eben schnell« – Zeitmanagement am Bibliotheksarbeitsplatz26. – 27. Februar – Katholi-sche Akademie »Die Wolfs-burg«, Mühlheim an der RuhrVeranstalter: ZBIW der Fach-hochschule KölnReferentin: Claudia CornelsenGebühr: 170 Euro (inkl. Über-nachtung und Vollverpfle-gung), für Teilnehmer aus der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen kostenfreiAnmeldung: (bis 10. Januar) Fachhochschule Köln, ZBIW, 50678 Köln, Telefon: 02 21/4 00 75-401 oder -117, Fax: 02 21/4 00 75-280, E-Mail: [email protected]

Zeit- und Selbstmanagement28. – 29. Februar – FU BerlinVeranstalter: FU-Weiterbil-dungszentrumReferent: Pascale MeyerGebühr: 120 Euro

Anmeldung: FU Berlin, Weiterbildungszentrum, Telefon: 030/83851458, E-Mail [email protected], www.fu-berlin.de/weiterbildung

März

»Wir bilden aus«: 10 Jahre FaMI-Ausbildung – bundes-weit und in Hessen. Derzeiti-ger Stand und Entwicklungen des Berufsbildes.Im Anschluss findet ein Erfah-rungsaustausch der Ausbilder-bibliotheken statt.3. März – Stadtbibliothek HanauVeranstalter: Hessische Fachstelle für Öffentliche BibliothekenReferentin: Karin Holste-FlinspachAnmeldung: Hessische Fach-stelle für Öffentliche Biblio-theken bei der Landesbiblio-thek Wiesbaden, Rheinstr. 55-57, 65185 Wiesbaden, Telefon: 06 11/334-26 90

Besichtigung der Stadt-bibliothek und Universitäts-bibliothek Landau3. März – Treffpunkt Stadtbib-liothek Landau (Eingang)Veranstalter: BIB-Landesgrup-pe Rheinland-PfalzAuch Nichtmitglieder sind herzlich willkommenGebühr: keine, Mittagessen im Brauhof auf eigene KostenAnmeldung: (bis 18. Februar) Marion Straßer, FH Kaisers-lautern, Standort Zweibrücken, Amerikastr. 1, 66482 Zweibrücken, Telefon: 0 63 32/91 41 30, E-Mail: [email protected] Information: www.bib-info.de/fobi/reg_fobi.htm

Wenn Jugendliche die Bibliothek aufmischen3. – 4. März – FU BerlinVeranstalter: FU-Weiterbil-dungszentrumReferentin: Dr. Haci UslucanGebühr: 120 EuroAnmeldung: FU Berlin, Weiterbildungszentrum,

Termine

Anlässlich der deutschen IFLA-Präsidentschaft von Prof. Clau-dia Lux organisiert das deut-sche IFLA-Nationalkomitee in Kooperation mit dem Aus-wärtigen Amt in Berlin und der Deutschen Forschungsgemein-schaft, unterstützt von vie-len deutschen Fachverbänden und Bibliotheken, eine dreiteili-ge internationale Konferenzse-rie zum Thema »Freier Zugang zur Information«. Das zwei-te IFLA Presidential findet nun am Donnerstag, 21. Februar, von 9.30 bis 17.30 Uhr und am Freitag, 22. Februar, von 10 bis 15.45 Uhr im Auswärtigen Amt, Berlin, Werderscher Markt 1, statt.

Gemeinsam mit Bibliothe-karen und Kulturpolitikern aus Singapur, China, Japan, Korea, Vietnam, Indien, Indonesien und weiteren Ländern Asiens, der Schwerpunktregion dieses zweiten Treffens, wird das The-ma des freien Informationszu-gangs im digitalen Zeitalter und in einer demokratischen Gesell-schaftsordnung als Basis für Wis-senschaft und Forschung disku-tiert, die Rolle der Bibliotheken als Partner der Wissenschaft im digitalen Zeitalter definiert so-wie die gesellschaftsrelevanten Beziehungen herausgestellt. Die Veranstalter erwarten mehr als 20 ausländische Experten aus dem Bibliotheks- und dem kul-turpolitischen Bereich Asiens.

»Bibliotheken auf die Tages-ordnung!«, das Motto der deut-schen IFLA-Präsidentschaft, wird während dieser zweitägi-gen Konferenz gemeinsam mit politischen Entscheidungsträ-gern, Bibliotheksexperten und einem internationalen Publikum umfassend betrachtet. Alle Bei-träge werden simultan in die Sprachen Deutsch und Englisch übersetzt.

Vorläufiges Programm:Donnerstag, 21. Februar11 Uhr: Freier Zugang zur Infor-mation in der globalen Wissens-gesellschaft? 11.30 Uhr: Die gesellschaftliche Verantwortung im Informations-zeitalter12 Uhr: Bibliotheken: Partner für Wissenschaft und Gesellschaft in Zeiten veränderter Informati-onsanforderungen13.30 Uhr: Themenblock I: Kom-merzialisierung versus Öffent-liche Förderung? Grenzen und Chancen der Informationsver-sorgung16 Uhr: Themenblock II: Litera-turversorgung für Wissenschaft und GesellschaftFreitag, 22. Februar 10 Uhr: Themenblock III: Digita-lisierung im kulturellen und ge-sellschaftlichen Kontext13 Uhr: Abschließende Podiums-diskussion (Working Nets: Der Aufbau internationaler netzba-sierter Forschungsumgebungen)15.30 Uhr: Vorstellung der Er-klärung zu den Presidential Mee-tings16 Uhr: Führung durch die Bib-liothek des Auswärtigen Amts

Kosten: 100 Euro bei verbindli-cher Anmeldung bis einschließ-lich 22. Januar; 160 Euro danachAnmeldeschluss: 12. Februar Anmeldung bitte per Mail an: [email protected] Sekretariat des deutschen IFLA-Nationalkomitees,Hella KlauserKompetenznetzwerk für Bibliotheken (knb) im DBV Straße des 17. Juni 11410623 BerlinTelefon: 030/39 00 14 82

Weitere Informationen und On-line-Anmeldung: www.ifla-deutschland.de/de/ifla_praesi dentschaft/meetings.html

2. IFLA Presidential MeetingHerausforderungen für Wissenschaft und Gesellschaft im digitalen Zeitalter

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Telefon: 030/83851458, E-Mail [email protected], www.fu-berlin.de/weiterbildung

Bibliotheken bauen und ausstatten III: Ausstatten von Bibliotheken3. – 5. März – FU BerlinVeranstalter: FU-Weiterbil-dungszentrumReferenten: Prof. Dr. Clau-dia Lux, Prof. Dr. Ulrich Nau-mann, Dr. Klaus Ulrich Wer-ner, Andreas Richter, u. a. Gebühr: 250 EuroAnmeldung: FU Berlin, Weiterbildungszentrum, Telefon: 030/83851458, E-Mail [email protected], www.fu-berlin.de/weiterbildung

Wer? Wie? Was? Wieso? Weshalb? Warum? Leseförderaktionen für Grund- und Förderschulen4. März – Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle KoblenzVeranstalter: Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle KoblenzReferentin: Beate Schellen-bergGebühr: 20 EuroAnmeldung: (bis 11. Februar) Landesbibliothekszentrum/Büchereistelle Koblenz, Telefon: 02 61/9 15 00-301

Effektiv recherchieren im Internet4. – 5. März – hbz, KölnVeranstalter: ZBIW der Fach-hochschule KölnReferentin: Julia BergmannGebühr: 180 Euro (inkl. Über-nachtung und Mittagessen)Anmeldung: (bis 22. Januar) Fachhochschule Köln, ZBIW, 50678 Köln, Telefon: 02 21/4 00 75-401 oder -117, Fax: 02 21/4 00 75-280, E-Mail: [email protected]

Einführung in RAK-WB und die Umsetzung nach Pica4. – 6. März und 17. – 20. März – Universitätsbibliothek Johann Christian Sencken-berg, Frankfurt (Main)

Beide Veranstaltungen ge-hören zusammen und sollten nach Möglichkeit nicht ge-trennt gebucht werden.Veranstalter: Universitäts-bibliothek Johann Christian SenckenbergReferentin: Christiane Brand (ULB Darmstadt)Gebühr: 350 EuroAnmeldung: Universitäts-bibliothek Johann Christian Senckenberg, Geschäftsstelle für Aus- und Fortbildung, Bo-ckenheimer Landstr. 134-138, 60325 Frankfurt (Main)

Erfolgreiche Bibliotheks-konzepte II: Strategien für die Zukunft5. März – Heinrich-Pesch-Haus, LudwigshafenVeranstalter: Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle Koblenz, Landesbibliotheks-zentrum/Büchereistelle Neustadt,Referenten: Ute Hachmann, Frank RaumelGebühr: 30 Euro, für Teilneh-mer/innen am Projekt »Biblio-thek 2010 plus« kostenlosAnmeldung: (bis 19. Februar) Landesbibliothekszentrum/Büchereistelle Neustadt, Te-lefon: 0 63 21/39 15-21 bzw. Landesbibliothekszentrum/Büchereistelle Koblenz, Telefon: 02 61/9 15 00-301

Lebendig und nachhaltig vorlesen: Seminar zur Leseförderung

6. März – Landesbibliotheks-zentrum/Büchereistelle KoblenzVeranstalter: Landesbiblio-thekszentrum/Büchereistelle KoblenzReferent: Rainer RudloffGebühr: 20 EuroAnmeldung: (bis 21. Februar) Landesbibliothekszentrum/Büchereistelle Neustadt, Te-lefon: 0 63 21/39 15-21 bzw. Landesbibliothekszentrum/Büchereistelle Koblenz, Telefon: 02 61/9 15 00-301

Studientag für ehren- und nebenamtlichen Bücherei-MitarbeiterInnen – Arbeits-hilfen für den Bereich Kinder und Jugend8. März – Stadthalle Bad HersfeldVeranstalter: Hessische Fach-stelle für Öffentliche Biblio-theken in Kooperation mit der Konrad-Duden-Stadtbiblio-thek in Bad HersfeldAnmeldung: Hessische Fachstelle für Öffentliche Bibliotheken bei der Landes-bibliothek Wiesbaden, Rhein-str. 55-57, 65185 Wiesbaden, Telefon: 06 11/334-26 90

Umgang mit Kunden/Umgang mit Benutzern10. – 11. März – FU BerlinVeranstalter: FU-Weiterbil-dungszentrumReferentin: Caroline MeinkeGebühr: 120 EuroAnmeldung: FU Berlin, Weiterbildungszentrum, Telefon: 030/83851458, E-Mail [email protected], www.fu-berlin.de/weiterbildung

Grundlagen und Probleme der Bestandserhaltung in Bibliotheken und Archiven12. – 13. März – FU BerlinVeranstalter: FU-Weiterbil-dungszentrumReferentin: Dr. Annette Ger-lachGebühr: 100 EuroAnmeldung: FU Berlin, Weiterbildungszentrum, Telefon: 030/83851458, E-Mail [email protected]

Besichtigung der Peter-Weiß-Bibliothek in Hellersdorf17. März – Peter-Weiß-Biblio-thek Hellersdorf/BerlinVeranstalter: Landesgruppe Berlin im Berufsverband Infor-mation Bibliothek (BIB)Anmeldung: Frank Redies, c/o Staatsbibliothek zu Berlin, 10722 Berlin, Telefon: 030/266-24 93Weitere Information: www.bib-info.de/fobi/reg_fobi.htm

Grundkurs: »Regeln für die alphabetische Katalogisie-rung in wissenschaftlichen Bibliotheken« (RAK-WB)31. März – 3. April – Univer-sitätsbibliothek WeimarVeranstalter: Thüringer Landesverband im DBV und Landesgruppe Thüringen im Berufsverband Information Bibliothek (BIB)Gebühr: 80 EuroAnmeldung: (bis 29. Februar) Universitätsbibliothek Ilmenau, Telefon: 0 36 77/69 47 01, E-Mail: [email protected]

Fortbildung an der FU Berlin

Das Weiterbildungszentrum der Freien Universität Ber-lin bietet im Wintersemes-ter wieder ein umfangreiches Seminarprogramm für Biblio-thekarInnen und ehrenamtli-che LesepatInnen an. Die 35 Veranstaltungen sind auf der Homepage des Weiterbil-dungszentrums unter www.fu-berl in.de/weiterbildung aufgeführt.

Termine

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Mitteilungen von Unternehmen

In der Rubrik »Markt« wer-den Pressemitteilungen von Unternehmen und Dienst-leistern – ohne redaktionelle Bearbeitung – veröffentlicht. Die Redaktion behält sich vor, Beiträge auszuwählen und zu kürzen.

Markt

EBSCO:Besserer Überblick über elektronische Ressourcen

pr. – Mit E-Journal Updates steht Bibliothekaren jetzt eine neue Informationsquelle in EBSCONET zur Verfügung. Bibliothekare können sich über das web-basierte Verwaltungs-system von EBSCO schnell über neu verfügbare Formatoptionen zu ihren Zeitschriftenabonne-ments informieren.

Darüber hinaus können Mitar-beiter in der Bibliothek folgende wichtige Informationen im E-Journal Updates online abru-fen: � aktuelle Formatänderungen und neue Formatoptionen für abonnierte Zeitschriften� Archiv mit den durchgeführ-ten Formatänderungen � neu verfügbare kostenlose elektronische Formate laufender Print-Abonnements � Zeitschriften, bei denen ein Verlagswechsel stattgefunden hat� neue Open Access-Titel in der EBSCO-Titeldatenbank � neu hinzugefügte bezie-hungsweise gelöschte Titel in-nerhalb eines elektronischen Zeitschriftenpakets.

Diese Informationen können via RSS übermittelt werden.

»E-Journal Updates ist ein-fach zu nutzen«, sagt Cindi Par-ker Sandridge, Serials Specialist in Technical Services an der James Madison University in Harrisonburg (Virginia/USA). »Da wir von den Verlagen nicht immer darüber informiert wer-den, wenn sie Preise oder For-mate ändern, glaube ich, dass Bibliotheken davon profi tieren werden. Denn so kennen wir die Optionen und können das beste Format für unsere Nutzer wählen.«

»E-Journal Updates ist eine wichtige Ergänzung für EBS-CONET, denn es ermöglicht

uns, unsere Kunden pro-aktiv über Änderungen ihrer elektro-nischen Zeitschriftenkollektio-nen zu informieren. Dies ist ein häufi g geäußerter Wunsch«, er-klärt Rebecca Day, Manager of E-Resource Services Develop-ment bei EBSCO.

www.ebsco.de

Pisakids Internetverlag GbR:Lesen lernen mithilfe des Internet

pr. –Als erstes Internetpro-gramm zum systematischen Aufbau von Lesekompetenz in Grundschulen ist im Oktober 2007 das Programm Pisakids gestartet. Eine Demoversion des Programms steht mit einer Erläuterung des Konzepts unter www.pisakids.de im Netz.

Elisabeth Simon-Pätzold hat das Programm als Antwort auf die in den Pisa-Tests ermittelten Leseschwächen wissenschaftlich fundiert und mit hohem di-daktischen und gestalterischen Niveau entwickelt: Auf vier un-terschiedlichen Schwierigkeitse-benen trainieren und verbessern die Kinder ihre Lesefähigkeit im Kontext immer neuer an-spruchsvoller Kinderbücher. Zu jedem Buch können sie unter 32 Spielen und Aktivitäten wählen.

Die Kinder sind autonom in ihrem Lernweg, und gelangen durch maximale Diff erenzie-rung zu evaluierbarer Lesekom-petenz. Die Lernebenen sind in aufsteigender Komplexität kom-poniert. Lernphasen und Lern-ergebnisse werden protokolliert und können in mehreren Eva-luationsschritten Stärken und Schwächen beim Lesenlernen aufzeigen. Das Programm star-tet mit zehn Büchern als Voll-version und fünf Büchern als Kurzversion.

Das umfassende Lernpro-gramm kann im Schulunterricht ebenso eingesetzt werden, wie es den Unterricht ergänzt und den Eltern eine sinnvolle Leseförde-rung anbietet. Das neue Medi-um Internet wird bewusst als modernes Instrument in einer veränderten Lernumgebung der Kinder eingesetzt. Es nutzt die mit ihm verbundene Motivation der Kinder, vermittelt Lust an den Spielen mit einer im Internet außergewöhnlich ästhetischen Bildersprache und fördert durch den Aufbau der Spiele und ein ausgeklügeltes Bonussystem die

Das umfassende Lern-programm kann im Schulun-

terricht ebenso eingesetzt werden, wie es den Unter-richt ergänzt und den Eltern eine sinnvolle Leseförderung

anbietet.

Konzentration und den Ehrgeiz, zu richtigen Ergebnissen in den vorgegebenen Lernpfaden zu fi nden.

Elisabeth Simon-Pätzold ist Grundschullehrerin und hat Zu-satzstudien im Bereich Kinder-und Jugendliteratur in Wien so-wie im Bereich der Hochbegab-tenförderung (Echa-Diplom) in Münster absolviert. Gemeinsam mit ihrem Mann Ulrich Pätzold hat sie in Dortmund die GbR Pisakids Internetverlag aufge-baut. Das Programm Pisakids wird über Abonnement vertrie-ben. Die jährlichen Kosten be-tragen: Einzelnutzung 60 Euro, Klassenlizenz 120 Euro. Kon-takt: [email protected].

ElsevierMit Studiengebühren Informationsangebot verbessert

pr.– Deutsche Fachhochschulen haben nach Erkenntnissen von Elsevier einen Teil der erstmals im vergangenen Jahr erhobe-nen Studiengebühren einge-setzt, um die Ausstattung von Bibliotheken mit Online-Da-tenbanken zu verbessern. Dies optimiert für Studenten den direkten Zugriff auf notwendige Fachliteratur.

Unter anderem bietet die Hoch-schule Off enburg im neuen Stu-diensemester über ScienceDi-rect College Edition Zugriff auf Artikel aus wissenschaftlichen Fachzeitschriften im Volltext an. Die Fachliche Bibliotheks-leiterin, Petra Möhringer: »Wir konnten mit der Lizenzierung von ScienceDirect endlich eine Lücke in unserem Daten-bankangebot im Bereich Inge-nieur- und Naturwissenschaf-ten schließen. Und das Angebot kommt sehr gut an, denn unsere Studierenden sind über den un-komplizierten Zugriff auf die Volltexte begeistert.«

Seit 2008 bietet die Science-Direct College Edition noch mehr Inhalt: Kunden können ohne Zusatzkosten auf ein Voll-text-Archiv der wissenschaftli-chen Fachzeitschriften ab 1995 zugreifen. Die Ausstattung von Bibliotheken mit Online-Da-tenbanken verbessert – gemäß dem vorgesehenen Verwen-dungszweck der Studiengebüh-ren – ganz gezielt die Qualität von Studium und Lehre und wirkt sich gleichzeitig positiv auf das Ranking aufgrund aller einschlägigen Methoden aus.

Weitere Investitionen in elektronische Dienstleistungs-angebote werden erwartet; spe-ziell von Fachhochschulen und Universitäten in den Bundes-ländern, die bereits Studienge-bühren erheben, wie zurzeit in Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersach-sen, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland.

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37Foyer | BuBMarkt

DiViBib»Medientanke« am Gymnasium

pr. – Immer mehr Menschen in Deutschland haben die Möglichkeit, digitale Medi-en online bei ihrer Bibliothek auszuleihen – darunter ist seit 17. November 2007 auch ein ganzes Gymnasium. Mit der »Medientanke« ging in Amberg ein bisher einmaliges Projekt an den Start.

Die Stadtbibliothek Amberg kooperiert mit dem Gregor-Mendel-Gymnasium sowie der Firma Siemens und eröff nete die sechste Onleihe Deutschlands – gleichzeitig auch das erste Pu-blic Private Partnership.

Aber auch Bibliotheksnutzer von Stadtbibliotheken in Nor-drhein-Westfalen und Nieder-sachsen können jetzt Medien online ausleihen. Am 28. No-vember startete mit der »Online Ausleihe« der Stadtbücherei-en Hamm die zweite Onleihe in Nordrhein-Westfalen nach Köln.

Mit den »Onleihen« in Göt-tingen und Oldenburg hat nun auch Niedersachsen digitale Fi-lialen, die am 3. Dezember er-öff neten. Und als Weihnachts-geschenk an alle Nutzer gingen die Stadtbibliotheken in Düssel-dorf und Neuss mit den beiden »Online-Bibliotheken« am 17. Dezember online.

Für 2008 sind Neueröff nun-gen von Onleihen in Th üringen, Baden-Württemberg, Berlin, Bremen und Mecklenburg-Vor-pommern geplant, darunter auch einige Verbünde kleinerer Bibliotheken. Von Mai bis No-vember 2007 hatten bereits in Würzburg, Hamburg, Köln, München und Frankfurt (Oder) digitale Filialen von Stadtbibli-otheken eröff net. Diese werden in Zusammenarbeit mit der Di-ViBib GmbH, einer Tochter der ekz.bibliotheksservice GmbH betrieben.

Mehr Infos zur Onleihe und die Zugänge zu den Onleihen stehen unter www.Onleihe.de.

www.DiViBib.com

Swets:Preisgekröntes ScholarlyStats gekauft

pr. – Swets erweitert seine um-fangreiche Produktlinie durch den Erwerb des preisgekrön-ten ScholarlyStats und setzt damit sein strategisches Ziel fort, Bibliotheken in aller Welt ein ausgesuchtes Portfolio an Dienstleistungen anzubieten.

Swets teilt hiermit mit, dass es von MPS Technologies (MPST) die Exklusivrechte an Scholarly-Stats erworben hat. MPS Tech-nologies wird ScholarlyStats weiter für Swets betreiben und den Service weiterentwickeln, um die Kontinuität für die be-stehenden Kunden sicherzustel-len.

ScholarlyStats ist ein mo-dernes webbasiertes Portal, das die Sammlung, Zusammen-fassung und Analyse von Nut-zungsstatistiken von elektroni-schen Magazinen über multiple Quellen erleichtert. Geliefert im COUNTER-kompatiblen Format, können die Nutzungs-berichte von den Bibliotheken über eine einheitliche, intuitive Schnittstelle eingesehen und he-runtergeladen werden. So kön-nen sich Mitarbeiter auf andere Tätigkeiten konzentrieren und es wird leichter, genauere Ent-scheidungen hinsichtlich der Sammlung zu treff en.

MPST legte ScholarlyStats im Jahr 2005 auf, das Produkt wurde weltweit schnell ange-nommen. ScholarlyStats wurde bei der Vergabe der »Interna-tional Information Industry Awards« als »Library Product of the Year« ausgezeichnet. In enger Zusammenarbeit mit MPS Technologies als globalem Verkaufspartner seit dem Start 2006 hat Swets eine führende Position entwickelt und damit seine Stärke bewiesen, wenn es um die Markteinführung neuer Technologien geht. Swets freut sich sehr über die volle Aufnah-me dieses Produkt in sein um-fangreiches Portfolio und über sein noch nicht erschlossenes Potenzial.

Obwohl Swets das Produkt erworben hat, wird sich für die bestehenden Kunden und Geschäftspartner von MPST nichts ändern. MPST wird Swets als Outsourcing-Partner dienen und weiterhin die Nut-zungsstatistiken sammeln und verarbeiten. Die Kunden kön-nen ScholarlyStats über dassel-be Portal – www.scholarlystats.com – weiterhin nutzen, und die Statistiken werden weiter im sel-ben Format erstellt.

Beuth VerlagHistorische DIN-Normen online

pr. – Ab sofort bietet der Beuth Verlag seinen Kunden unter www.mybeuth.de einen neuen Online-Service an: Die Recher-che und den Download von historischen DIN-Normen.

Mit diesem Dienst stehen DIN-Normen zur Verfügung, die seit 1978 zurückgezogen wurden. Um Verwechslungen zu ver-meiden, sind diese Dokumen-te auf jeder Seite durch einen Stempel als »zurückgezogen« gekennzeichnet. Beuth-Online-Kunden können einen Großteil der Dokumente zum direkten Download bestellen; außerdem besteht die Möglichkeit, sich die Normen in einer Papierfassung liefern zu lassen.

Historische Normungsdoku-mente werden aus verschiede-nen Gründen benötigt: Nicht selten zum Beispiel muss die Investitionsgüterindustrie für die Instandhaltung von Anla-gen nach älteren Anforderungen ermitteln, und oftmals müssen historische Normen bei juris-tischen Auseinandersetzungen zwischen Produzenten und Ab-nehmern zu Rate gezogen wer-den; auch Gutachter benötigen historische Dokumente für ihre Tätigkeit.

OCLC:Weltweite Markenidentität

pr. – OCLC, der weltweit größte Bibliotheksdienstleister, führt alle Niederlassungen unter ei-nem Namen und einer gemein-samen Marke zusammen, um Bibliotheken weltweit mit einer vereinheitlichten und klaren Strategie zu unterstützen.

Als Folge werden die OCLC PICA-Niederlassungen in Deutschland, der Schweiz, den Niederlanden, Großbritanni-en, Frankreich und Australien in OCLC umbenannt. Durch den Zusammenschluss aller lokalen Büros unter einem Na-men und einer Identität können Bibliotheken weltweit von der Mitgliedschaft bei OCLC, sei-nen Forschungsaktivitäten und einem erweiterten Produkt- und Service-Portfolio profi tieren.

»Durch die Vereinigung von OCLC PICA und OCLC zu einer globalen Organisation können Bibliotheken in Europa, dem Nahen Osten und Afrika Teil des weltweit führenden Bi-bliotheksdienstleisters werden. Durch die Bündelung der Kräf-te sind wir in der Lage, die kriti-sche Masse zu erreichen, die nö-tig ist, um webbasierte Dienste anzubieten, die den wachsenden Erwartungen und Anforderun-gen heutiger Bibliotheksnutzer gerecht werden«, sagt Rein van Charldorp, Managing Director von OCLC PICA.

OCLC hat weltweit Ent-wicklungs- und Produktma-nagement-Abteilungen sowie acht Entwicklungsstandorte in Deutschland, den Niederlan-den, Großbritannien und den Vereinigten Staaten gebildet.

OCLC hat darüber hinaus Mitarbeiter aus verschiedenen Regionen zu Arbeitsgruppen zu-sammengeführt und seine Akti-vitäten in drei Weltregionen ge-bündelt: in Nord-, Mittel- und Südamerika, im Asien-Pazifi k-Raum und in der »EMEA«-Re-gion Europa, Naher Osten und Afrika.

www.oclcpica.org

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 40 Bibliothek der Zukunft

15 Mal Zukunft der Bibliothek

Experten blicken nach vorn:Prognosen, Ideen, Visionen

Über die Zukunft lässt sich treffl ich speku-lieren. Buchbranche und Bibliothekswe-sen wähnten sich in ihrer Historie schon häufi g am Abgrund angelangt – und verkündeten andererseits auch immer wieder selbstbewusst die eigene füh-rende Rolle im Herzen der Gesellschaft. Auch die elektronischen Medien werfen existenzielle Fragen auf: Werden Biblio-theken in der Zukunft zu den wichtigsten Akteuren im digitalen Markt gehören? Oder wird letztlich doch mit der Mas-sendigitalisierung ihr Ende eingeläutet? Zukunftsfragen haben Brisanz, das zeigen die Kommentare von Persönlichkeiten aus der Bibliotheksszene, von Praktikern, Be-obachtern und Programmatikern, die für BuB ihre Ideen, Visionen und Prognosen aufgeschrieben haben.

Die Bibliothek neu erfi nden!

Wir leben in einer Zeit, die für die Men-schen angesichts der Informationsfl ut im-mer ereignisreicher, aber für den Einzelnen auch zunehmend erfahrungs-, weil bewe-gungsärmer wird. Das hängt vor allem mit den fl achen Monitorwelten zusammen, aus denen die Menschen ihre Text-, Bild-, Film- und Toninformationen zunehmend generieren.

Angesichts des Informationsüberfl us-ses, der schnellen Verfügbarkeit elektro-nisch aufbereiteter Informationen, den Entwicklungen hin zum semantischen Web und zu intelligenten, multifunkti-onalen Suchmaschinen, ist es nur allzu verlockend, für die Bibliotheken der Zu-kunft einen Paradigmenwechsel hin zur

denken, den Begriff der Wissensnaviga-tion und Wissensvermittlung weiter und den der Bibliothek radikal neu zu erfi n-den. Den Idea Stores sind beispielsweise auch ein Tanzstudio und ein Th eater an-gegliedert. Und im Wissenscafé in Stutt-gart gerät Wissen wahrhaft in Bewegung;

Joscha Remus, Wissenschaftsjournalist

Sabine Homilius, Stadtbücherei Frankfurt am Main

rein elektronischen Multimediathek zu prognostizieren.

So werden futuristische Visionen ent-worfen von allwissenden Avataren, von Wissens- und Weisheitsnavigatoren, die den Besucher empfangen und ihm in Se-kundenschnelle maßgeschneiderte In-formationen aus dem vereinten Pool der digitalisieren Informationsträger der Welt liefern.

Doch jenseits aller technologiebezoge-nen Debatten sehe ich die Bibliothek der Zukunft auch als einen inspirierenden Ort der Begegnung an. Als einen Ort, an dem Neugierige, Lernende und Wissensdursti-ge neben ihrem Wissen auch ihre Erfah-rungen austauschen können.

Ich sehe die Bibliotheken und Media-theken als lebendige Stätten der Wissens-vermittlung und Orte, an denen man neue Formen selbst organisierter Wissensge-meinschaften und neuer Lernkooperatio-nen ausloten möchte.

Ähnlich den Idea Stores in London und dem Wissenscafé in der Stuttgarter Me-diothek setzt dieser Paradigmenwechsel den Mut voraus, einmal tüchtig quer zu

nämlich dann, wenn die Teilnehmer ihre »Bewegungserfahrungen« austauschen, neue Formen »motorischer Intelligenz« er-proben und ihre Kenntnisse an ihre »Wis-sensfreunde« weitergeben.

Die Bibliothek der Zukunft sollte jen-seits des formalisierten Wissens, das in Büchern, Bildträgern und Datenbanken gespeichert und verwaltet werden kann, jenseits aller elektronischer Verfügbarkeit, auch das implizite Wissen der Menschen einbinden. Sie sollte auch Ideengenerator und Wissenstauschbörse sein. Vor allem aber Wissensbegegnungsstätte.

Joscha Remus, Wissenschaftsjournalist

Kreativ im virtuellen, realen, politischen Raum

Zum ersten Mal in der Geschichte leben mehr Menschen in Städten als auf dem Land. Die urbane Gesellschaft stellt auch an Bibliotheken neue Anforderungen. Die Großstadt-Bibliothek der Zukunft muss vor allem kreativ sein: Kreativ in der Me-dienverbreitung und -vermittlung ebenso wie in der Vernetzung und Selbstdarstel-

»Doch jenseits aller technologie-bezogenen Debatten sehe ich die

Bibliothek der Zukunft auch als einen inspirierenden Ort der Begegnung.«

(Joscha Remus)

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Lesesaal | BuB 41Schwerpunkt

Bibliothek der Zukunft

lung. Auf individuelle Lebensstile und fl exible Arbeitszeiten reagiert die Biblio-thek mit dem Ausbau virtueller Angebote. Neue digitale Dienstleistungen werden an 24 Stunden überall in der Stadt abrufbar sein. Sprachkurse, Fachaufsätze, Spielfi l-me oder Hörbücher aus dem Medienbe-stand per download runterladen – das ist dann die eine Seite.

Gleichzeitig wird der reale Raum der Bibliothek wichtiges Zentrum der lokalen Vernetzung und Identität. Auch außer-halb der Innenstädte bieten die Bibliothe-ken im Stadtteil einen öff entlichen Raum, in dem Kultur und Nachbarschaft aktiv gepfl egt werden. Die kleinen und großen Medienzentralen der Großstadtbibliothek werden zu integrativen Lern- und attrakti-ven Freizeiträumen.

Chancengleichheit und Bildungsförde-rung bleiben elementare Eckpfeiler unserer Arbeit. Die aktuelle demografi sche Ent-wicklung, der stetige Zustrom ausländi-scher Mitbürgerinnen und Mitbürger und das lebenslange Lernen sind Herausforde-

In zehn Jahren…

… werden Universitätsbibliotheken di-gital sein. Die vorhandenen Buchbestände werden in sehr begrenztem Maße weiter wachsen, aber in erheblich geringerem Umfang als bisher.

… wird die Literatur- und Informati-onsversorgung elektronisch »just in time« stattfi nden. Zeitschriften lösen sich auf zu Artikelsammlungen, Artikel werden für die Einzelnutzung gekauft, umfangreiche Texte werden elektronisch bereitgestellt und bei Bedarf »print on demand« produ-ziert.

… wird der überwiegende Teil der Aus-kunftsdienste nicht mehr in der Univer-sitätsbibliothek als Ort, sondern virtuell (Chat, E-Mail, VoIP, neue Techniken) und bei den Kunden am Arbeitsplatz statt-fi nden.

… werden Suchstrategien in noch viel stärkerem Maße als heute durch Suchma-schinen und »Google-isierung« geprägt sein.

… werden Bibliotheks- und Rechenzen-trumsdienste in weiten Teilen nicht mehr trennbar sein.

… werden Universitätsbibliotheken konkrete personalisierte Forschungs- und Studienunterstützung zur Beschleunigung von Forschungsvorhaben und Studium

liotheken, Hosts, private Anbieter) erledi-gen.

… werden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Universitätsbibliotheken unangefochtene Spezialistinnen und Spe-zialisten für Informationsvermittlung und -beschaff ung sein, ohne die eine Universi-tät undenkbar ist

– wenn die Bibliotheken die Herausfor-derungen jetzt annehmen!

Petra Hätscher, Universitätsbibliothek Konstanz

Stärke durch Kooperation und Vernetzung

Meine Th ese zur Bibliothek der Zukunft ist: Der gravierendste Wandel wird sich nicht auf technischer Ebene vollziehen. Digitalisierung, virtuelle Angebote, RFID und Selbstverbuchung werden zwar zum Alltag in Bibliotheken jeder Größenord-nung gehören, nachhaltiger jedoch wer-den sich beispielsweise die Öff entlichen Bibliotheken dadurch ändern, dass sie ihren Schwerpunkt von einer Kultur- und

Petra Hätscher, Universitätsbibliothek Konstanz

Günter Pflaum, Landesbibliotheks-zentrum Rheinland-Pfalz

rungen, denen wir schon jetzt mit neuen Serviceangeboten begegnen. Hier steht vor allem auch die Medienvermittlung im Zentrum, die wir noch zielgruppenspezi-fi scher ausbauen werden. Die Vernetzung mit Bibliotheken in der Region und inner-städtischen Partnern helfen uns ressour-censchonend, das Medien- und Service-angebot kontinuierlich zu erweitern und neue Zielgruppen zu erschließen.

Nicht zuletzt: Kleider machen Leute. Damit Bibliotheken von einer breiten Öf-fentlichkeit angenommen werden, müssen sowohl Servicezeiten als auch Medienan-gebot und Architektur stimmen. Und da-für benötigen wir personelle und fi nanziel-le Mittel. Hier ist Lobbyarbeit gefragt. Mit unserem Bildungsauftrag stärken wir die Demokratie, das friedliche Miteinander der Kulturen und die Wirtschaft. Die Bib-liothek wird zu einem politischen Schwer-gewicht, ein Bibliotheksgesetz könnte das Ergebnis sein. Dann sind wir gut gerüstet für die Reise in die Zukunft.

Sabine Homilius, Stadtbücherei Frankfurt am Main

»Mit unserem Bildungsauftrag stärken wir die Demokratie, das friedliche Miteinander der Kulturen und die Wirtschaft. Die Bibliothek wird zu

einem politischen Schwergewicht, ein Bibliotheksgesetz könnte das Ergebnis

sein.« (Sabine Homilius)

»Zeitschriften lösen sich auf zu Artikelsammlungen, Artikel werden für die Einzelnutzung gekauft, um-

fangreiche Texte werden elektronisch bereitgestellt und bei Bedarf ›print on

demand‹ produziert.« (Petra Hätscher)

routinemäßig bieten, sowohl elektronisch als auch im persönlichen Gespräch.

… werden Universitätsbibliotheken einen Teil ihrer Informationsversorgung mittels anderer Dienstleister (zentrale Bib-

Freizeiteinrichtung mehr zu einer Bil-dungseinrichtung verlagern.

Sie werden bei der Bewältigung der An-forderungen und Probleme unserer Ge-sellschaft aktiv mithelfen. Als Bildungs-partner begleiten sie die Menschen von der Wiege bis ins hohe Alter – und zwar eff ektiv in Verbünden und in Kooperation mit anderen Einrichtungen.

Bibliotheken werden sich spartenüber-greifend mit Unterstützung von zentralen Serviceeinrichtungen zusammenschließen und ihre Aufgaben in enger Abstimmung mit Kindergärten, Schulen, Volkshoch-schulen, Universitäten und anderen Bil-dungseinrichtungen wahrnehmen. �

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 42 Bibliothek der Zukunft

Kooperation und Vernetzung sind die Schlüsselwörter für die Zukunft.

Das könnte zum Beispiel so aussehen: Die moderne Schulmediathek, eine Mi-schung aus Bibliothek, Computer-, Medi-en- und Werkraum, ist nicht nur architek-tonisch das Zentrum der Ganztagesschule, sondern steht auch im Schulalltag im Mit-telpunkt. Auf circa 1 000 Quadratmetern verteilen sich fast 300 Arbeitsplätze. On-line-Angebote stehen überall über W-LAN zur Verfügung. Die Mediathek wird vielfältig genutzt: Schüler recherchieren dort und erarbeiten Unterrichtsthemen und Vorträge, sie erledigen ihre Hausauf-gaben und nutzen die Räume zum Aufent-halt in Freistunden.

Auch viele Projekte und Arbeitsgruppen der Ganztagesschule fi nden dort statt. Die Schulmediathek ist eine Zweigstelle der Stadtbibliothek, die in die Projekte und Th emen eingebunden wird und ergänzen-de Veranstaltungen organisiert. Wochen-end- und Abendöff nungsstunden sind in den meisten Bibliotheken üblich.

Ohnehin bildet die Stadtbibliothek zusammen mit der Volkshochschule ein Lernzentrum für alle Altersgruppen und arbeitet intensiv mit Schulen und Kin-dergärten zusammen. Sie steht im engen Verbund mit dem BMZ, dem Bibliotheks- und Medien-Zentrum, das neben den Bibliotheken auch Schulen, Kindergärten und Medienzentren durch zentrale Ser-vice- und Koordinierungsleistungen, Me-dienbestände und Online-Datenbanken, Lese- und Sprachförderprogramme sowie Beratung und Fortbildung unterstützt.

Günter Pfl aum, Landesbibliotheks-zentrum Rheinland-Pfalz

Räume für Menschen, Avatare für Handys

Die Bibliothek der Zukunft sollte ihren Auftrag auch in fernen Jahrzehnten fest im Blick haben: Als öff entliches Unterneh-men stellt sie weiterhin Medien, Wissen und qualitätsvolle Informationen für die Bürgerinnen und Bürger bereit. Die Funk-tion des zentralen öff entlichen Raums bleibt erhalten: Treff punkt und Kommu-nikationsort, Medienplaza und Wissens-agora – die Bibliothek bietet Raum und Räume für Menschen. Bücher aus Papier und hauchdünne Lese-, Audio- und Vi-deogeräte mit lizenzierten Inhalten laden zum Genuss vor Ort mit einem Kaff ee ein, persönliche Beratung und Wohlfühl-Am-biente sind Trumpf.

An manchen Orten präsentierten sich Bibliotheken aber auch als Kombination

aus Wissenszentrum, Museum und Volks-hochschule: In Lernwelten mit Th emen-schwerpunkten wie Familie, Wissenschaft oder Sport bilden Medien, Exponate, in-teraktive Experimente und Lernangebote ein durchdachtes Angebot mit maximaler Bildungswirkung oder entsprechendem Unterhaltungsfaktor.

Neu sind die Wege, auf denen dies ge-schieht: Durch innovative Technologien

Allerdings handelt es sich nicht immer um echte Bibliotheksmitarbeiter – Avata-re geben Standardauskünfte und erst ab einem gewissen Komplexitätsgrad über-nimmt der Mensch. Bei weitergehenden Anforderungen werden bibliothekarische Kollegen über Netzwerke konsultiert – bei Bedarf auch in anderen Ländern, denn Übersetzungschips gestalten die Kommu-nikation mit den internationalen Kollegen ganz einfach (menschliche Missverständ-nisse ausgeschlossen).

Besonders erfreulich: Auch die Biblio-theken der Zukunft brauchen kompetente Dienstleister ...

Andreas Mittrowann, ekz.bibliotheksservice GmbH

Eine unerschöpfl iche Quelle neuen Wohlstands und geistiger Freiheit

Eines Tages fragte Captain Kirk auf der Enterprise in die Luft: »Computer, was wissen wir über…«, und der Computer hielt ihm einen Kurzvortrag über die frag-liche Angelegenheit. Das wird es natürlich nie geben, denn wir werden nicht fragen: »Computer, was wissen wir über…«, son-dern: »Bibliothek, was wissen wir über…«.

Mit der Bibliothek der Zukunft werden wir reden können, von jedem Ort der Erde aus. Das wird sehr nützlich sein, außer für Menschen in wasserarmen Gegenden, weil es denen nichts nützt, wenn Sie kein Wasser, sondern die Antwort bekommen, dass Wasser ein paar Tagesreisen entfernt ist. Aber vielleicht fi nden diese Leute in der Bibliothek der Zukunft eine Anleitung zum Bau einer Pipeline und einen Ratge-ber, wie sie ihre feindlichen Nachbarn da-von überzeugen können, das Wasser über die Grenze leiten zu dürfen.

»Das digitale und mobile Service-angebot wird deutlich mehr Raum

als heute einnehmen. Über die Hälfte des Bestandes wird als »Onleihe«

zur Verfügung stehen.« (Andreas Mittrowann)

werden die Geräte direkt vor Ort erstellt und passen sich an die Wünsche des Nut-zers an. 3-D-Ausgabe von Videos und drahtlose Audioübertragung ins Ohr gehören zum Standard, Texte lassen sich auch automatisch vorlesen – dass die Spre-cherstimme dabei synthetisch ist, merken die Hörer nicht. Auch die Bibliotheksmö-bel sind fl exibel und stellen sich auf die Größe, das Sehvermögen oder andere kör-perliche Gegebenheiten der Kunden ein.

Das digitale und mobile Serviceangebot wird deutlich mehr Raum als heute ein-nehmen. Über die Hälfte des Bestandes wird als »Onleihe« zur Verfügung stehen und kann via Handy oder durch andere Ausgabegeräte mit drahtlosem Internetan-schluss von Zuhause oder aus dem jeweili-gen fahrenden (schwebenden?) Untersatz ausgeliehen werden. Dass dabei nicht nur Wissen und Unterhaltung, sondern auch die persönliche Beratung vom Biblio-theksserver bezogen werden können, ver-steht sich von selbst.

Andreas Mittrowann, ekz.bibliotheksservice GmbH

Konrad Umlauf, Humboldt-Universität zu Berlin

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Lesesaal | BuB 43Schwerpunkt

Bibliothek der Zukunft

Die glühenden Fanatiker gleich welcher Religion werden von dieser Bibliothek auch nichts haben, weil sie gar nicht erst fragen werden, denn sie werden keine Ant-worten hören wollen, die ihrer Verblen-dung zuwiderlaufen.

Aber für alle anderen wird die Bibliothek der Zukunft eine unerschöpfl iche Quelle neuen Wohlstands und geistiger Freiheit sein. Diese Bibliothek wird nicht nur viel-fältigste Ressourcen zusammenführen, die heute noch nur getrennt zugänglich sind, beispielsweise Bahn-Fahrpläne und die Daten des menschlichen Genoms, althe-bräische Bibeltexte und Anleitungen zur Programmierung von friedlichen Com-puterspielen, falls es so etwas gibt, sondern sie wird diese Ressourcen auch passgenau selektieren können, weil sie versteht, was der Nutzer meint, auch wenn er es nicht angemessen artikulieren kann.

Deshalb braucht die Bibliothek der Zu-kunft auch kein Tutorial zur Vermittlung von Informationskompetenz bereitzustel-len. Aber sie wird den Nutzern reale und virtuelle Räume zur Kommunikation und Werkzeuge zur Bearbeitung anbieten, da-mit sie gemeinsam aus dem gefundenen Wissen neues, produktives Wissen gene-rieren können.

All dies wird die Bibliothek der Zukunft vermögen – wenn es gelingt, ein Urheber-recht zu etablieren, das dem Wissensdurst keine Fesseln anlegt, und wenn es gelingt, die Politiker davon zu überzeugen, dass sie den Reden von der Wissensgesellschaft praktische Taten folgen lassen müssen.

Eins wird die Bibliothek der Zukunft nicht können: die Nutzer zu veranlassen, das ihr entnommene Wissen ausschließ-lich in ethisch einwandfreier Weise zu nut-zen. Das müssen die Nutzer selber leisten. Und das wird die wichtigste Aufgabe der Zukunft sein.

Konrad Umlauf, Humboldt-Universität zu Berlin

Massendigitalisierung für die Wissenschaft

Die Bayerische Staatsbibliothek ist eine der größten europäischen Universalbiblio-theken. Als internationale Forschungsbib-liothek richten sich ihre Angebote an Wis-senschaftler und Studierende weltweit.

Insofern ist das Internet für die Bayeri-sche Staatsbibliothek gleichsam das natür-liche Medium, erlaubt es doch den Zugriff auf Informationen für jedermann in aller Welt und rund um die Uhr. Es ist daher ein vorrangiges strategisches Ziel der Biblio-thek, ihren einzigartigen Bestand, der ein Gutteil des abendländischen schriftlichen

Kulturerbes umfasst, so rasch wie möglich zu digitalisieren und – ganz pragmatisch – für die Welt nutzbar zu machen.

Die technischen Voraussetzungen der »industriellen« Massendigitalisierung sind heute weitgehend vorhanden. In einem ak-tuellen, von der DFG geförderten Projekt

ganz neue Arbeitsmöglichkeiten eröff nen. Für die Bayerische Staatsbibliothek gilt also nicht nur »content is king«, sondern ebenso »context is king«.

Angesichts der zügig voranschreitenden Massendigitalisierung wird manch einer nun vielleicht ängstlich fragen, was künf-tig aus der »realen« Bibliothek, der »bricks and books« wird. Bei mehr als einer Million Besucher jährlich in den Lese-sälen der Bayerischen Staatsbibliothek – Tendenz steigend – kann man darauf je-doch beruhigt zurückfragen: »Sonst keine Sorgen?«Klaus Ceynowa, Bayerische Staatsbibliothek

Was ich nicht im Netz fi nde, das gibt es nicht!

Wie können Spezialbibliotheken in der vernetzten Informationswelt, die 24 Stun-den am Tag, an sieben Tagen die Woche alle Fragen beantwortet, zukünftig beste-hen?

In den Kunst- und Museumsbibliothe-ken dominieren heute noch die Nutzer, die gedruckte Standardwerke verwenden, ohne die Chancen des Internet zu kennen. Die Bibliothek muss dagegen ankämpfen, als verstaubte Büchersammlung dazustehen – die nie geöff net ist, wenn man sie braucht –, und andererseits muss sie sich davor hüten, im von Kommerz und Werbung überfrach-teten Internet unterzugehen.

Noch zu oft sieht es heute so aus: Je-mand, der ein Porzellanservice geerbt hat, will etwas darüber herausfi nden, sucht im Internet und fi ndet häufi g nichts oder zu viel. Er kommt gar nicht auf die Idee, seine Anfrage an eine Spezialbibliothek zu stel-len. Dabei könnte ihm dort mit einer qua-lifi zierten Recherche im Internet, der Su-

Martin Zangl, Arbeitsgemeinschaft der Kunst- und Museumsbibliotheken

Klaus Ceynowa, Bayerische Staatsbibliothek

zur Digitalisierung der 37 000 deutsch-sprachigen Drucke des 16. Jahrhunderts im Bestand der Bayerischen Staatsbiblio-thek werden mit modernster Scan-Robo-tik 7,5 Millionen Seiten in nur zwei Jah-ren erfasst. Die aktuellen Förderlinien der DFG, vor allem zu Nationallizenzen für laufende Zeitschriften und zur Digitalisie-rung von Sondersammelgebieten, werden zudem auch die zusehends fl ächendecken-dere digitale Bereitstellung urheberrecht-lich geschützter Werke erlauben.

Angesichts der immensen Kosten der Massendigitalisierung ist Kreativität ge-fragt: Die Public-Private-Partnership der Bayerischen Staatsbibliothek mit Google zur Digitalisierung der urheberrechts-freien Bestände des 17. bis 19. Jahrhun-derts – circa eine Million Bücher – wird in einem überschaubaren Zeitraum ein elektronisches Angebot schaff en, das mit öff entlichen Mitteln allein nicht fi nanzier-bar wäre.

Die Bereitstellung der Digitalisate in Form volltextindexierter Forschungs-korpora, erschlossen mit diff erenzierten Strukturdaten und Web 2.0 Funktionali-täten, wird insbesondere für die Geistes-, Kultur- und Gesellschaftswissenschaften

»Es ist ein vorrangiges strategisches Ziel der Bibliothek, ihren einzigartigen Bestand, der ein Gutteil des abendlän-

dischen schriftlichen Kulturerbes umfasst, so rasch wie möglich

zu digitalisieren und – ganz pragma-tisch – für die Welt nutzbar zu machen.« (Klaus Ceynowa)

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che in einem Fachportal mit Linksamm-lung oder einer Fachdatenbank geholfen werden, und er könnte auf Spezialliteratur zugreifen.

Für Spezialbibliotheken – nicht nur im Kunst- und Museumsbereich – sollte deshalb eine Zukunftsstrategie sein, die Öff entlichkeit und damit auch den Geld-geber neu von sich zu überzeugen.

Die Arbeitsgemeinschaft der Kunst- und Museumsbibliotheken (AKMB) hat dazu das Mittel der Standards und des Qualitätsmanagements gewählt. So wer-den sowohl die von außen herangetra-genen Anforderungen als auch ein selbst gesetztes Qualitätsniveau formuliert. Mit mess- und prüfbaren Kriterien werden Anforderungen zu Aufgaben, Angeboten, Rahmenbedingungen und Personalquali-fi kation genannt.

Bereits die Auseinandersetzung mit Standards und die Durchführung eines Auditverfahrens beinhaltet Qualitätsma-nagement. Ein Zertifi kat dokumentiert den Leistungsstand öff entlichkeitswirk-sam und ist nach unserer Einschätzung ein ganz wichtiger Schritt auf dem Weg in die Zukunft!

Was Bibliotheken seit Jahrhunderten leisten, nämlich Informationen nicht nur bereitzuhalten, sondern zu beschaff en, aufzubereiten, zu vermitteln und dabei noch Medien- und Informationskomp-etenz zu stärken, das kann kein Internet leisten. Die Dienstleistung macht den ent-scheidenden Unterschied zur Suchmaschi-ne! Unser Ziel ist, dass es zukünftig heißt: »Was ich an Informationen in einer realen oder virtuellen Bibliothek mit professio-neller Hilfe nicht fi nde, das gibt es nicht!«

Martin Zangl, Arbeitsgemeinschaft der Kunst- und Museumsbibliotheken

Keine Zukunft für unseren Bücherbus

Es gibt viele Bürger, die für die Zukunft von Bibliotheken kämpfen und sich stark machen! Wir haben es mit einer Initiative zur Rettung des Bücherbusses im Märki-schen Kreis versucht, als dieser abgeschaff t werden sollte.

Wir haben rund 30 000 Unterschriften im Rahmen eines Bürgerbegehrens ge-sammelt, wir haben demonstriert und eine eigene Website eingerichtet. Unser Motto war immer: »Jedes Kind, jeder Erwachse-ne, den wir mit dem Bücherbus zum Lesen animieren, ist ein Gewinn für die Gesell-schaft.«

Da die Reduzierung des Bibliotheksan-gebots im Märkischen Kreis kein Einzel-fall in Nordrhein-Westfalen ist, sehe ich

die bibliothekarische Grundversorgung in Zukunft gefährdet. Solange Biblio-theksarbeit eine »freiwillige Aufgabe« der Kommunen bleibt, ist sie in den Augen vieler Politiker eine Manövriermasse mit Einsparpotenzial – auch wenn völlig klar ist, dass dies die Haushaltssituation nicht maßgeblich verbessern wird.

Unsere Initiative hat schließlich ein eindrucksvolles Votum für den Erhalt der

Bildungs- und Kulturarbeit wurde einfach ausradiert. Zukunft der Bibliothek? Unser Bus ist Vergangenheit!

Brigitte Herrmann, Unterstützerkreis »Rettet den Bücherbus MK«

Brigitte Herrmann, Unterstützer-kreis »Rettet den Bücherbus MK«

Thomas Beyer, Kultursenator der Hansestadt Wismar

»Solange Bibliotheksarbeit eine ›freiwillige Aufgabe‹ der Kommunen

bleibt, ist sie in den Augen vieler Politiker eine Manövriermasse mit

Einsparpotenzial – auch wenn völlig klar ist, dass dies die Haushaltssitua-

tion nicht maßgeblich verbessern wird.« (Brigitte Herrmann)

chern, Medien und Informationen wert-schätzen, brauchen und dafür sogar vor Gericht ziehen!

Der Büchereibus des Märkischen Krei-ses, der 35 Jahre die Außenbezirke der Städte und die Dörfer des Kreises mit Me-dien versorgte, der zu den Menschen aller Gesellschaftsschichten kam, zu Jung und Alt, mit dessen Hilfe Medien- und Lese-kompetenz gestärkt wurde, diesen wun-derbaren Bücherbus gibt es nicht mehr. Eines der Fundamente demokratischer

Wie viel können wir uns leisten?

Wie sieht die Zukunft der Öff entlichen Bibliotheken in Mecklenburg-Vorpom-mern aus? Die Tendenz gibt Anlass zur Sorge: Von 2005 bis 2006 wurden 8 von 162 Einrichtungen geschlossen. Wieder einmal muss man sagen. Außerdem wur-den drei hauptamtlich geleitete Biblio-theken in nebenamtlich geleitete umge-wandelt. Auch dies setzt die Entwicklung der Vorjahre fort. Ergebnis: Nur noch 75 Prozent der Einwohner des Landes leben im Einzugsbereich von Bibliotheken, Ten-denz rückläufi g!

Sicher, jede Bibliothek hat ihre eigene Geschichte, und gewiss ist manchmal eine Bündelung der Kräfte sinnvoll. Aber es ist die Frage zu stellen, wie viel Bibliothek können und müssen wir uns leisten?

Um eines klarzustellen: Bibliotheken sind meines Erachtens genauso wichtig wie Schulen. Für Schulen stellen wir allerdings – manchmal umstrittene – oftmals aber zwischen den Gemeinden und Kreisen sorgfältig abgestimmte Entwicklungsplä-ne auf, für Bibliotheken nicht. Eigentlich wäre es an der Zeit …

Hier ist die Politik auf allen Ebenen gefragt. Aber auch wir, die Bibliotheken selbst, müssen etwas tun. Als allererstes: Qualitätsentswicklung. Dazu benötigen wir allerdings eine gut ausgestattete und in ihrer Finanzierung dauerhaft abgesicherte Fachstelle. Die Arbeit, die in der jetzigen Fachstelle in Rostock geleistet wird, ist hervorragend. Die fi nanziellen Rahmen-

Kreisfahrbücherei ergeben, doch die Poli-tik blieb völlig unbeeindruckt. Sie erklärte das Bürgerbegehren für unzulässig (dies wurde vom Verwaltungsgericht bestätigt) und stellte den Betrieb der Kreisfahrbü-cherei ein. Die letzte Hoff nung des Unter-stützerkreises liegt jetzt beim Oberverwal-tungsgericht in Münster.

Die Schließung von Bibliotheken und das Abschaff en von Bücherbussen ist ein Kahlschlag gegen den Willen vieler Bür-ger, die eine solche Versorgung mit Bü-

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Bibliothek der Zukunft

bedingungen mit jährlicher Projektförde-rung sind mies. Vor allem die kleinen Bib-liotheken benötigen die fachliche Unter-stützung einer Fachstelle, die nicht ständig um ihr eigenes Überleben kämpfen muss.

Bibliotheksentwicklungsplanung plus gut ausgestattete Fachstelle – und alle Pro-bleme sind gelöst? Mitnichten. Gut ausge-

Schreibwerkstätten zusammen. Erwach-sene lesen ihren Kindern vor, treff en sich mit Gleichgesinnten und fi nden Literatur zu ihren Interessen. Am Abend besuchen sie eine Lesung oder Diskussion, genießen ein Th ema, einen Autor, eine Inszenierung von Literatur und ein Glas Wein. All dies kann kein Internet ersetzen!

In der Stadtbücherei Pfullingen sind solche Ideen keine Träume, sondern leben-diger Alltag. Nicht zuletzt sorgt bei uns ein engagierter Förderverein mit einem pro-minenten Vorstandsteam für hohe kom-munalpolitische Wertschätzung.

Auch in Zukunft werden Bibliotheken im ländlichen Raum eine sozio-kulturelle Funktion haben. Sie werden sogar immer wichtiger für eine Gesellschaft, die nach sinnstiftenden, integrativen und iden-titätsbildenden Faktoren für ihr Leben und das Miteinander in der Gemeinde und Stadt sucht. Hoff entlich werden auch immer mehr Kommunalpolitiker diesen Wert erkennen und ihre Büchereien mit den nötigen Mitteln und mit ausgebilde-tem Personal ausstatten.

Um zukunftsfähig sein zu können, ist es aber auch zunehmend wichtig, das In-ternet nicht nur als Medium anzubieten, sondern selbst als Plattform zu nutzen. Gleichzeitig sollten Bibliotheken ihr An-gebot um Schulungen zur Recherche- und Medienkompetenz erweitern. Es bietet sich an, die Zusammenarbeit beispiels-weise mit der Volkshochschule und dem Buchhandel bei Benutzerschulungen und Veranstaltungen weiter auszubauen.

Auch die verstärkte Vernetzung von Bibliotheken untereinander wäre wün-schenswert, um in der Öff entlichkeit ein einheitlicheres Bild zu prägen und das Gewicht von Bibliotheken bei politischen Entscheidungen zu erhöhen!

Felicitas Vogel und Fleur Anna Ziegler, Stadtbücherei Pfullingen

Zwischen Stärkung und Schließung

Für die Öff entlichen Büchereien in kirch-licher Trägerschaft sehe ich folgende Trends: Bei geringfügigem Rückgang der Anzahl an Büchereien und konstant blei-benden Bestandszahlen nimmt die Zahl der Entleihungen deutlich zu, um 8,5 Prozent in den letzten fünf Jahren. Auch die Zahl der bürgerschaftlich Engagierten hat um mehr als 4 Prozent zugelegt. Und längst sind unsere Büchereien keine reinen Ausleihstellen mehr, sondern lebendige Kulturorte: Im Laufe von fünf Jahren ist die Anzahl der Veranstaltungen zur Lese-förderung um mehr als 43 Prozent auf gut 55 000 gestiegen!

Geht also alles aufwärts und voran? So ist es auch wieder nicht, denn bei den gravierenden Veränderungen innerhalb der Kirchen und ihren Strukturen bleiben auch wir nicht außen vor. Allerdings wer-den nicht nur in den beiden großen christ-lichen Konfessionen selbst, sondern auch in den Landeskirchen und den Erz/-Bis-tümern die Akzente völlig unterschiedlich gesetzt. Die Bandbreite verläuft von der Rückbesinnung auf das »Kerngeschäft« der Verkündigung, wo Büchereiarbeit dann völlig wegzubrechen droht, bis hin zur Stärkung des kulturellen Wirkens ge-rade über Büchereiarbeit.

In den Positionspapieren der katholi-schen Kirche und ihren Erz/-Bistümern ist fast ausnahmslos einer der zentralen Punkte die Stärkung des Ehrenamtes. Das schließt auch die fachliche Betreuung und Qualifi zierung der vielen tausend bürger-schaftlich Engagierten in den Büchereien mit ein. Unter diesem Aspekt bieten die kirchlichen Fachstellen und im Verbund mit den kirchlichen Büchereiverbänden eine Vielzahl von Aus- und Fortbildungs-maßnahmen. Diese Verbände wirken

Felicitas Vogel, Stadtbücherei Pfullingen

Lothar Ganter, Fachstelle Kirchli-ches Büchereiwesen Freiburg

Fleur Anna Ziegler, Stadtbücherei Pfullingen

»Für Schulen stellen wir zwischen den Gemeinden und Kreisen sorgfältig

abgestimmte Entwicklungspläne auf, für Bibliotheken nicht. Eigentlich wäre

es an der Zeit … « (Thomas Beyer)

bildete und motivierte MitarbeiterInnen sind auch unabdingbar. Und die haben wir allerorten in Mecklenburg-Vorpommern. Sie arbeiten mit Schulen zusammen, orga-nisieren fantastisch viele Veranstaltungen. Sie könnten noch selbstbewusster sein und deutlich öff entlich sagen: Bibliotheken sind die am meisten frequentierten kultu-rellen Bildungseinrichtungen, und sie sind notwendig wie die frische Mecklenburg-Vorpommer’sche Luft!

Th omas Beyer, Kultursenator der Hansestadt Wismar

Uns kann kein Internet ersetzen!

Das ist nicht nur in Skandinavien mög-lich: Büchereien im ländlichen Raum sind nicht nur Literatur-, Wissens- und Infor-mationszentren, sondern auch Kommuni-kations- und Kulturhäuser!

Hier treff en sich Kinder zur Bücher-Werkstatt, Schülerinnen und Schüler zum Referate-Schreiben, zu Lesungen und Führungen. Jugendliche gestalten ei-gene Kunstausstellungen und tun sich in

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auch intensiv im Bundesnetzwerk Bürger-schaftliches Engagement mit und stärken dadurch die Lobbyarbeit für das kulturelle Engagement der Kirchen.

Zentrale Th emen für die Zukunft kirch-licher Büchereiarbeit werden vor allem die Auswirkungen des demografi schen Wan-dels sein und in diesem Zusammenhang auch die Frage, welche Chancen Büche-reien im Sinne einer Integration von Men-schen mit Migrationshintergrund bieten. Auch das Th ema interreligiöser Dialog wird die Büchereien mit ihren Angeboten nachhaltig tangieren, ganz abgesehen von ihren Beiträgen zur allgemeinen Literatur-versorgung vor allem in strukturschwa-chen Regionen. An vielen Orten sind kirchliche öff entliche Büchereien einzige Einrichtungen ihrer Art. Mit Blick auf Bibliothekspläne kann es nicht um Kon-kurrenz gehen, sondern um eine sinnvolle Vernetzung zwischen hauptamtlich gelei-teten Bibliotheken und ehrenamtlich ge-leiteten Büchereien in kirchlicher Träger-schaft.

Lothar Ganter, Fachstelle Kirchliches Büchereiwesen Freiburg

Die Filiale im Internet eröffnen

Wir können beobachten, dass unsere Medienwelt immer digitaler wird. Das Interesse an digitalen Inhalten – seien es Hörinhalte oder Filmdownloads – steigt, und auch die breite Markteinführung von E-Books wird nicht mehr lange auf sich warten lassen.

Mit der Omnipräsenz von Internetzu-gängen spielen Trägermedien wie CDs und DVDs eine immer geringere Rol-le, zugleich wächst die Zahl der Down-loadangebote im Netz rapide. Ich sehe die »Entmaterialisierung der Inhalte« als einen Megatrend an. Umso wichtiger für Öff entliche Bibliotheken, ihr bisher auf dem Verleih physischer Medien aufgebau-tes »Kerngeschäft« zu überdenken, denn in nicht allzu ferner Zukunft wird kein Nut-zer mehr CDs und DVDs aus der Biblio-thek ausleihen wollen.

Neue Wege sind hier gefragt, die in den USA schon seit längerem begangen werden – der Verleih digitaler Inhalte. Mit dem Angebot der »Onleihe« gibt es nun auch in Deutschland erstmalig eine Lösung für die unkomplizierte Ausleihe digitaler Medien.

Diese Lösung, welche die DiViBib GmbH gemeinsam mit den Bücherhallen Hamburg, der StadtBibliothek Köln, der Stadtbücherei Würzburg und der Münch-ner Stadtbibliothek entwickelt hat, bietet Öff entlichen Bibliotheken die Möglich-

keit, digitale Inhalte in ihren Ausleihbe-stand zu integrieren. Digitale Inhalte, das heißt: E-Books, Musik, Hörbücher, Vide-os, Zeitungen und Zeitschriften, und bald auch Software.

Die Bibliotheken, die eine »Onleihe« einsetzen, eröff nen damit eine digitale Fi-liale im Netz. Diese Filiale steht den Bibli-othekskunden rund um die Uhr zur Ver-fügung und ist von jedem Internet-PC aus erreichbar. Öff entliche Bibliotheken zie-hen so mit anderen Dienstleistern gleich, die ihren Kunden längst einen 24-Stun-den-Service über das Internet bieten.

So stellen Bibliotheken sich heute schon auf das digitale Zeitalter ein und bieten ihren immer internetaffi neren Kunden einen Mehrwert: Die gewohnte qualitäts-volle Auswahl – auf eine neue Art.

Christian Hasiewicz, DiViBib GmbH

Wer sein Ziel nicht kennt, kann dort auch nicht ankommen

Warum interessiere ich mich für die Zu-kunft? Ich werde den Rest meines Lebens dort verbringen. Das war die Antwort des jüngst verstorbenen Informatikers Karl Steinbuch. Bekanntlich ist aber nichts so schwer vorherzusagen wie die Zukunft. Trotzdem hat es auch im Bibliothekswe-sen immer wieder Prophezeiungen gege-ben, negative wie positive. In letzterem Fall spricht man von Visionen.

Eine der bekanntesten aus dem vorigen Jahrhundert hatte Martin Walser, als er 1970 auf der VBB-Jahrestagung in Würz-burg seine »vorläufi ge Skizze« von der »Bibliothek der Zukunft« entwarf. Was er sich von Bibliotheken erhoff te, hat aber im Grunde schon Karl Preusker vor über 150 Jahren erträumt: die Verbindung von Weiterbildung mit Heranbildung zu wah-rer Humanität, die »Einung zum harmo-nischen Ganzen«.

Peter Vodosek, Bibliothekshistoriker

Christian Hasiewicz, DiViBib GmbH

Heute könnte man diese pathetische Formulierung, nüchtern wie wir geworden sind, auf die Formel bringen, die Biblio-thek der Zukunft sei »Informationsbiblio-thek plus X«, also weder ausschließlich »Anbieterin von Produkten für markt-fähige Wirtschaftssubjekte« noch bloße volkstümliche »Bespaßungsanstalt«. In-grid Bussmann charakterisierte einmal treff end, Stadtbücherei sei die Verbindung von Information und Inspiration. Wenn das heute eine Institution zu leisten ver-mag, dann eben die Bibliothek.

Ich gebe zu, eine solche Zielvorstellung bietet noch keine Handhabe für die Praxis. Aber es ist immerhin ein Ziel aufs innigs-te zu wünschen, denn wer sein Ziel nicht kennt, kann dort auch nicht ankommen.

E-Books, virtuelle Dienstleistungen oder Library 2.0 sind zweifellos aktuelle Notwendigkeiten, aber eigentlich kein

Ziel. Das Medium befriedigt die Bedürf-nisse, die es schaff t, trägt aber das Ziel nicht in sich.

Wenn die Bibliothek der Zukunft sich nicht nur als »the ultimate search machi-ne« (ALA) darstellt, sondern sich in einer alten Tradition zugleich als humane An-stalt betrachtet, dann ist das »nicht das Halten an der Asche, sondern das Weiter-geben der Flamme«. Der Satz stammt von Th omas Morus und der hat schließlich eine »Utopia« geschrieben.

Peter Vodosek, Bibliothekshistoriker

»E-Books, virtuelle Dienstleistungen oder Library 2.0 sind zweifellos aktuelle Notwendigkeiten, aber eigentlich kein Ziel. Das Medium befriedigt die Bedürfnisse, die es

schafft, trägt aber das Ziel nicht in sich.« (Peter Vodosek)

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Bibliothek der Zukunft

Frank Simon-Ritz

Bibliotheksgesetz rückt in greifbare NäheThüringen prescht vor und nimmt locker die erste Hürde

Die Zukunft der Bibliotheken in Deutsch-land wird nicht zuletzt davon abhängen, inwieweit es gelingt, Bibliotheken strate-gisch zu verankern – in der Gesellschaft, vor allem aber in Gesetzen. Seit Jahren kämpfen die Bibliothekare deshalb für ein verbindliches Bibliotheksgesetz, in Thürin-gen könnte der Traum nun wahr werden. In einer Landtagsdebatte haben sich überraschend alle Parteien hinter einen entsprechenden Gesetzesentwurf gestellt und ihn an die zuständigen Ausschüsse zur Beratung überwiesen. Frank Simon-Ritz beschreibt den aktuellen Stand des Projekts, das für andere Bundesländer zum Vorbild werden könnte.

Die Weimarer Bibliotheksrede von Bundespräsident Horst Köhler am 24. Oktober 2007 (siehe dazu den

Info-Kasten auf Seite 49) hat zumindest in Th üringen als »Ruck-Rede« gewirkt. Ins-besondere der eindringliche Appell Köh-lers, dass Bibliotheken »auf die politische Tagesordnung« gehören, ist in Th üringen (aber nicht nur in Th üringen) als deutli-cher Fingerzeig aufgefasst worden, die Frage der gesetzlichen Absicherung von Bibliotheken auf die Agenda der Landes-politik zu setzen.

In seiner Rede hat Köhler klare Wor-te für die Bedeutung der Bibliotheken gefunden: »Die deutschen Bibliotheken – und zwar alle, von der hochspezialisier-ten Forschungsbibliothek bis zur kleinen Stadtteilbibliothek – sind ein unverzicht-bares Fundament in unserer Wissens- und Informationsgesellschaft. Die Öff entli-chen Bibliotheken sind weder ein Luxus, auf den wir verzichten könnten, noch eine Last, die wir aus der Vergangenheit mit-

kulturpolitische Sprecherin der Linken, Birgit Klaubert, hatte bereits am Vorabend des 24. Oktober erklärt, es sei »höchste Zeit, den Gesetzentwurf des Th üringer Bibliotheksverbands parlamentarisch ernsthaft zu prüfen«.

Zumindest unter den kulturpolitischen Sprechern der drei im Landtag vertrete-nen Parteien wurde also im Umfeld der Köhler-Rede große Übereinstimmung im Hinblick auf das politische Ziel eines Bibliotheksgesetzes sichtbar. Der Th ürin-ger Bibliotheksverband hat diese Einmü-tigkeit sehr begrüßt und allen Parteien – und auch dem Th üringer Kultusminis-terium – erneut seine Mitwirkung an die-sem politischen Meinungsbildungsprozess angeboten.

CDU auf Tauchstation

Die CDU in Th üringen ist nach der Erklä-rung ihres kulturpolitischen Sprechers am 24. Oktober in dieser Frage – man kann es nicht anders sagen – auf Tauchstation ge-gangen; Linke und SPD haben das Th ema engagiert weiterverfolgt. Diesem Engage-ment ist es zu danken, dass der Entwurf für ein Th üringer Bibliotheksgesetz am 15. November 2007 – also nur drei Wochen nach der Köhler-Rede – auf der Tages-ordnung der Plenarsitzung des Th üringer Landtags stand (vgl. Landtagsdrucksache 4/3503).

Im Gesetzentwurf, den der Vorstand des Th üringer Bibliotheksverbands ge-meinsam mit dem Vorsitzenden des Re-gionalverbands Sachsen/Sachsen-Anhalt/Th üringen des VDB erarbeitet hat, geht es darum, die Träger der Bibliotheken – also insbesondere den Freistaat Th üringen so-wie die Kommunen und Landkreise – in die Pfl icht zu nehmen. (Der Gesetzent-wurf ist abgedruckt in BuB, Heft 5/2006, Seite 356 ff .)

Eine wichtige Intention dieses Entwurfs besteht darin, dass eine gemeinsame ge-setzliche Klammer für wissenschaftliche und Öff entliche Bibliotheken geschaff en werden soll. Die einzelnen Paragrafen des Gesetzentwurfs enthalten eine Beschrei-bung der Leistungen, die von Bibliotheken erbracht werden sollen und an denen sich Bibliotheken demzufolge auch messen las-sen müssen. Neben eher allgemeinen Aus-sagen enthält der Entwurf auch konkrete Festlegungen, so zum Beispiel dass die all-gemeine (Präsenz-)Nutzung der Bestände der Bibliotheken kostenfrei sein und blei-ben soll.

In einem wichtigen Punkt geht der Entwurf der Oppositionsfraktionen im Th üringer Landtag über den Entwurf des

In den nächsten Monaten werden sich jetzt der Wissenschaftsausschuss, der Bildungsausschuss, der Innenaus-

schuss und der Justizausschuss des Thüringer Landtags mit der Gesetzesvorlage befassen.

schleppen: Sie sind ein Pfund, mit dem wir wuchern müssen.« In Th üringen konnte man bei diesem Th ema eine Brücke von der Rede des Bundespräsidenten zu der Forderung nach einem Bibliotheksgesetz schlagen, die der Th üringer Bibliotheks-verband – unterstützt von den bibliothe-karischen Berufsverbänden – seit der Vor-stellung eines konkreten Gesetzentwurfs am 14. März 2006 in der Öff entlichkeit vertritt.

Noch am Nachmittag des 24. Oktober verkündete der kulturpolitische Sprecher der CDU-Fraktion im Th üringer Land-tag, Jörg Schwäblein, seine Fraktion werde nun ein Bibliotheksgesetz »auf den Weg bringen«. Am Tag danach sicherte der kul-turpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Hans-Jürgen Döring, seine Unterstützung für dieses Vorhaben der CDU zu. Er er-warte allerdings, dass die CDU nun auch wirklich »schnellstmöglich« einen entspre-chenden Gesetzentwurf vorlege. Und die

Frank Simon-Ritz ist Vorsitzender des Thüringer Bib-liotheksverbandes und Direktor der Universitätsbib-liothek der Bauhaus-Universität Weimar. – Kontakt: [email protected]

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Bibliotheksverbands hinaus. Zum Th e-ma der »Finanzierung von Bibliotheken« (Paragraf 9) enthält der Verbandsentwurf lediglich die knappe Aussage, dass die Trä-ger der Bibliotheken für diese »zuständig« sind. Dies wird im Oppositionsentwurf deutlich erweitert, wenn er festschreibt: »Die Öff entlichen Bibliotheken erhalten einen jährlichen Landeszuschuss.« Hier soll off ensichtlich der Freistaat Th üringen, der sich im Rahmen der Debatte über den Kommunalen Finanzausgleich eher aus der Frage der Finanzierung der Öff entli-chen Bibliotheken zurückziehen will (vgl. BuB, Heft 11-12/2007, Seite 772 f.), in die Pfl icht genommen werden.

Einhellige Zustimmung

Von allen Rednern in der Plenardebatte am 15. November wurde die Berechtigung des Anliegens grundsätzlich anerkannt.* Das galt auch für den Th üringer Kultus-minister, Jens Goebel, der sich bislang eher zurückhaltend geäußert hatte. Aus seiner Sicht besteht das Grundanliegen des Gesetzentwurfs darin, »einen Beitrag zur wirtschaftlichen Absicherung der

Bibliotheken zu leisten«. Die Grundsatz-frage besteht für ihn darin, welche »Rege-lungstatbestände« aus der Perspektive des Landes notwendig, möglich und sinnvoll sind. Diese Fragen sollten aus seiner Sicht »in Ruhe« geklärt werden.

Das Ergebnis nach der etwa einstündi-gen Debatte war für den Th üringer Bib-liotheksverband sehr befriedigend: Der

Die Frage nach dem Bibliotheks-gesetz ist aktuell zumindest in Thürin-gen untrennbar mit der Frage nach der Beteiligung des Landes an der Finan-zierung der Öffentlichen Bibliotheken

verbunden.

Landtag hat einstimmig (!) die Überwei-sung des Gesetzentwurfs in die Ausschüs-se beschlossen. In den nächsten Monaten werden sich jetzt der Wissenschaftsaus-schuss, der Bildungsausschuss, der In-nenausschuss und der Justizausschuss des Th üringer Landtags mit der Gesetzesvor-lage befassen.

Die Frage nach dem Bibliotheksgesetz ist aktuell zumindest in Th üringen – dar-auf hat der Th üringer Bibliotheksverband wiederholt hingewiesen – untrennbar mit der Frage nach der Beteiligung des Lan-des an der Finanzierung der Öff entlichen Bibliotheken, die sich in Th üringen so gut wie ausschließlich in Trägerschaft der Kommunen befi nden, verbunden. Bei der Landtagsdebatte am 13./14. Dezember 2007 (also erst nach Redaktionsschluss dieser Ausgabe) stand der Doppelhaushalt 2008/09 auf der Tagesordnung. Hier wird sich entscheiden, ob die Öff entlichen Bib-liotheken (noch bevor ernsthaft über ihre gesetzliche Absicherung debattiert wird) auch fi nanziell von Landesseite weiterhin unterstützt werden.

* Die Arbeitsfassung des Protokolls steht im Internet unter www.thueringen.de/imperia/md/content/landtag/plenum/arbeitsfassung/p07141.pdf.

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Lesesaal | BuB 49Schwerpunkt

Bibliothek der Zukunft

Am Tag der Bibliotheken, am 24. Oktober 2007, ist die restaurierte Anna Amalia Bib-liothek in Weimar feierlich wiedereröff-net worden. Die Festrede von Bundesprä-sident Horst Köhler geriet zu einem Plädo-yer für ein starkes Netz von Bibliotheken in Deutschland – wie die folgenden Aus-schnitte zeigen.

»[…] Wenn Bibliotheken so beeindruckend schön sind wie die Anna Amalia Bibliothek, dann ist es leicht, von ihnen zu schwärmen. Ich darf als Bundespräsident aber diesen Festtag nutzen, um wenigstens einen Sei-tenblick auf den bibliothekarischen Alltag in unserem Land zu werfen.

Zuerst die gute Nachricht: Es gibt noch Bibliotheken in Deutschland. Und dann die noch bessere Nachricht: Es gibt fantasti-sche Bibliothekare in Deutschland. Ich hatte vor einigen Monaten ein ausführliches Ge-spräch mit 14 Bibliothekarinnen und Bibli-othekaren aus ganz Deutschland und aus sehr unterschiedlichen Einrichtungen. Von der großen Zentral- und Landesbibliothek Berlin über die Universitätsbibliothek Bie-lefeld bis zur Stadtbücherei Chemnitz. Sel-ten habe ich eine Gruppe von so engagier-ten Menschen erlebt, die mit Leib und Seele für ihre Sache arbeiten. Das hat mich sehr beeindruckt – und mich auch optimistisch gestimmt.

Ich habe von so vielen Ideen und Projek-ten erfahren, wie Bibliotheksarbeit mit Le-ben erfüllt werden kann, gerade im Hinblick auf Kinder und Jugendliche. Ich will hier nur den Sommerleseclub erwähnen, ursprüng-lich eine Initiative aus der Stadtbibliothek Brilon im Sauerland. Wenn Kinder nachwei-sen, dass sie in den Sommerferien drei Bü-cher gelesen haben, bekommen sie dafür ein Zeugnis und es wird auf die Zeugnisno-te angerechnet. Diese Zusammenarbeit zwi-schen Schulen und Bibliotheken ist vorbild-lich – inzwischen machen 150 Bibliotheken bei dieser Initiative mit. So etwas ist großar-tig und ich wünsche mir noch mehr Nach-ahmer. […]

Noch kann man sagen: Bibliotheken bil-den in Deutschland ein flächendeckendes Netz. Und das ist gut: Bibliotheken fördern die Kompetenz, sich selbstständig den Zu-gang zu Informationen in allen medialen Formen zu beschaffen. Bibliothekarinnen und Bibliothekare bieten Orientierung – in realen und virtuellen Medienwelten. Auch im unendlichen Meer des Internet sind Bib-liothekare und Bibliotheken hilfreiche und kompetente Lotsen.

Die deutschen Bibliotheken – und zwar alle, von der hochspezialisierten For-schungsbibliothek bis zur kleinen Stadtteil-bibliothek – sind ein unverzichtbares Funda-ment in unserer Wissens- und Informations-

gesellschaft. Die Öffentlichen Bibliotheken sind weder ein Luxus, auf den wir verzich-ten könnten, noch eine Last, die wir aus der Vergangenheit mitschleppen: Sie sind ein Pfund, mit dem wir wuchern müssen.

Bei dem Gespräch mit den Bibliotheka-ren habe ich natürlich auch von den Ver-säumnissen gehört – und ich nutze diesen Festakt gern, um auch darauf einmal öffent-lich hinzuweisen: Auf dem Land ist das Netz Öffentlicher Bibliotheken zum Teil ziemlich dünn – und in manchen Gegenden kann man von einem regelrechten Bibliotheks-sterben sprechen. Nur etwa 15 Prozent der Schulen verfügen über eine eigene Biblio-thek, und selbst diese Bibliotheken erfül-len nur selten bibliothekarische Mindest-standards. In den Universitätsbibliotheken fehlen oft die notwendigen Mittel für aus-reichende Neuanschaffungen. So müssen Zeitschriftenabonnements abbestellt wer-den oder Forschungsreihen können nicht weiter bezogen werden. Das entwertet oft den Bestand.

Trotz des wichtigen Beitrags der Biblio-theken für die Bildung und das selbststän-dige Lernen, fehlt in Deutschland – im Ge-gensatz zu den erfolgreichen PISA-Ländern – die strategische Verankerung der Biblio-theken als Teil unserer Bildungsinfrastruk-tur. Durchgängige bildungspolitische Ziel-setzungen gemeinsam mit dem Bibliotheks-wesen sind heute weder auf Länderebene noch in der Politik des Bundes in ausreichen-dem Maße anzutreffen. Meine Meinung ist: Bibliotheken gehören deshalb in Deutsch-land auf die politische Tagesordnung.

Die Chance zur kulturellen Teilhabe, das heißt der Zugang zu Kunst und Kultur, zur Geschichte und zu wissenschaftlichem Den-ken, ist das Recht eines jeden Heranwach-senden. Neben den Schulen sind die Öf-fentlichen Bibliotheken entscheidende Bil-dungsorte. Entsprechend müssen wir sie ausstatten – und entsprechend müssen sie in der Lage sein, Freude und Lust an der Kultur, am Wissen, am Lernen zu vermitteln. […]

In den vergangenen Jahren mussten auch die Bibliotheken, Archive und Muse-en Sparbeiträge leisten. Die Finanzausstat-tung vieler Institute liegt heute unter dem Notwendigen, die Personaldecke ist dünn geworden. Viele können ihre Aufgaben der Bewahrung und Erschließung nicht mehr in erforderlichem Umfang erfüllen. Hier hof-fe ich auf eine Kurskorrektur. Die kulturel-le Überlieferung in Bibliotheken, Archiven und Museen ist eine geistige Heimat für die Nation. Wir brauchen sie, auch und gerade wenn wir nach vorne schauen und unseren Weg in die Zukunft gehen wollen. […]«

»Es gibt fantastische Bibliothekare in Deutschland«Bundespräsident Horst Köhler würdigt Arbeit des Berufsstandes und fordert mehr Unterstützung für Bibliotheken

Auf der Suche nach einem Bibliotheksgesetz? Bundespräsident Horst Köhler (Dritter von links) während eines Rundgangs durch die wiedereröffnete Anna-Amalia-Bibliothek, zu-sammen mit (von links): Hellmut Seemann, Präsident der Klassik Stiftung Weimar; Dieter Althaus, Ministerpräsident Thüringens; Staatsminister Bernd Neumann, Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien; Stefan Wolf, Oberbürgermeister von Weimar und Michael Knoche, Direktor der Anna-Amalia-Bibliothek. Foto: Guido Bergmann, BPA

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 50 Bibliothek der Zukunft

Meinhard Motzko

Abschied von der Lebenslüge der »Bibliothek für alle«Bildungsarmut, Mobilitäts-verlust, Multi-Kulti-Gesellschaft: Die Zukunft erfordert völlig neue Strategien

Öffentliche Bibliotheken ignorieren die gesellschaftliche Realität, indem sie vor allem die bildungsorientierte, bürgerliche Mittelschicht ansprechen, kritisiert der Bremer Sozialwissenschaftler Meinhard Motzko. In der Sozialforschung spricht man längst von neuen sozialen Milieus und teilt Gesellschaftsgruppen zum Bei-spiel in »Moderne Performer«, in »Tra-ditionsverwurzelte« und »Konsum-Ma-terialisten« ein. Auch BibliothekarInnen sollten solche Modelle endlich aufgreifen, empfi ehlt Motzko. Dazu kommt der demografi sche Wandel: Die Bevölke-rung wird älter, multikultureller und sie schrumpft. Die Bibliotheken dürften diese Tatsachen nicht länger ausblenden, wenn sie zukunftsfähig bleiben wollen. In der Konsequenz müsste das zu manch unge-wohnter Entscheidung führen, etwa bei der Personalauswahl. Plakativ gesagt: Die tätowierte Bibliothekarin mit Zungenpier-cing hat einen engeren Draht zu manchen Teenagern, der türkischstämmige Biblio-thekar weiß besser, wie er seine Lands-leute zum Lesen bewegt. Und manch ein »Traditionsverwurzelter« dürfte lieber einen Volksliederabend besuchen als eine Lesung moderner Lyrik.

Die Mobilität sinkt. Bibliotheken müssen dringend über neue Vertriebs-wege nachdenken, wie etwa Liefer-

dienste und Rückgabeboxen.

Unsere Bibliothek ist für alle da.« So oder ähnlich lauten die meis-ten Zielgruppenbeschreibungen

Öff entlicher Bibliotheken hierzulande. Wenn überhaupt Schwerpunkte gesetzt werden, sind es »Kinder und Jugendliche«, »SchülerInnen« oder (seltener) »SeniorIn-nen«.

Wir werfen keinen hinaus, das stimmt. Aber wer kommt eigentlich von selbst? Seit der Gründung Öff entlicher Bibliotheken unter dem Gedanken der Volksbildung in den Zwanzigerjahren des 20. Jahrhunderts schwanken die Zahlen der Nutzung zwi-schen 7 und 13 Prozent der Bevölkerung. Zählt man die sporadischen Bibliotheks-benutzerInnen hinzu, die etwa Infoberei-che und Lesesäle ohne Ausweis nutzen, kann die Zahl auf circa 30 Prozent steigen. Damit sind Bibliotheken unstrittig die am stärksten genutzten »freiwilligen« öff ent-lichen Einrichtungen. Dennoch: »Alle« nutzen sie nicht.

Und genauer hingeschaut, ergeben sich große Unterschiede: Bibliotheken errei-chen regelmäßig mehr jüngere Menschen,

haben Schwierigkeiten, die »mittlere Ge-neration« für sich zu gewinnen und zu halten, und sie brechen im Segment der »Älteren« vollends ein.

Ist das eigentlich schlimm? Nur dann, wenn man der Illusion anhängt, »Alle« müssten Bibliotheken nutzen. Das ist schon allein aus ökonomischen Gründen unmöglich. In Zeiten sich ausdiff erenzie-render Medienformen, steigender Infor-mationsfl ut, einer sich globalisierenden, ausdiff erenzierenden Gesellschaft kann es nicht Aufgabe des Staates sein, Öff entli-che Bibliotheken »für alle« zu unterhalten. Wer kann, soll sich seine Informationen und Medien selbst besorgen. Das muss man nicht subventionieren.

Bibliotheken als »Problemlöser«

Der Staat muss allerdings dafür sorgen, � dass alle BürgerInnen einen freien Zu-

gang zu Informationen haben,� alle lesen können,� alle eine gewisse Medienkompetenz er-

werben können,� alle wissen, wie man sich Informatio-

nen beschaff t.

Nicht umsonst sind »Lesen« und »Medi-en- und Recherchekompetenz« Schlüssel-qualifi kationen! Und da liegt der Hase im Pfeff er: Sinn verstehendes Lesen ist nicht nur für viele SchülerInnen ein Riesenpro-blem, die »Medien- und Recherchekompe-tenz« reduziert sich für zu Viele auf »Dad-deln« im Netz oder »Schachern bei Ebay«.

Bibliotheken haben als öff entliche Ein-richtungen die Aufgabe, die wichtigsten Probleme in diesem Bereich zu beackern. Sie müssen sich also auf die schwierigsten Problemgruppen konzentrieren und als »Problemlöser« fungieren.

Dazu eine kleine Auswahl an Proble-men, für die Bibliotheken als öff entlich fi -nanzierte Einrichtungen Lösungsbeiträge entwickeln und anbieten müssen:

Der demografi sche Wandel: Die Bevöl-kerung schrumpft, wird älter, die Zuwan-derung müsste steigen. Gleichzeitig sinkt das Rentenniveau, die Altersarmut steigt. Präventive Gesundheitsprojekte werden wichtiger. Und die Mobilität sinkt. Gerade dazu müssen Bibliotheken dringend auch über neue Vertriebswege nachdenken, wie etwa Lieferdienste, Rückgabeboxen und so weiter.

Eine sich nur mühsam entwickelnde Familienunterstützung bei gleichzeitig immer stärkerem Zurückgehen der Erzie-hung in vollständigen Familien.

Fehlende Bildungsorientierung und zu geringe Nutzung von Kindergärten. Schlechte Ausstattung der institutionellen Kinderförderung, Dominanz der Erzie-hung durch Eltern, ohne funktionierende Unterstützungssysteme.

Hoher Anteil »nicht ausbildungsfähi-ger« Jugendlicher. Extreme Chancenun-gleichheit für Kinder aus unterschiedlichen sozialen Herkünften im OECD-Vergleich. Bildungs- und Qualifi kationsdefi zite neh-men zu.

Trotz Schulpfl icht können in Deutsch-land nach Schätzungen des Bundesver-bands Alphabetisierung drei bis vier Mil-lionen Menschen nicht richtig lesen und schreiben. Die Dunkelziff er scheint er-heblich höher zu sein. Leseförderung fängt hier schon bei der Alphabetisierung an.

Zu geringer Akademikeranteil in der Bevölkerung. Nach kurzem Anstieg der Studentenzahlen bis 2010/2013 (zum Bei-spiel aufgrund doppelter Abiturjahrgän-ge durch eine Verkürzung der Schulzeit), erfolgt spätestens ab 2020 bundesweit ein drastischer Einbruch der Abiturienten-zahlen.

Mangelhafte Schlüsselqualifi kation (fehlende Interdisziplinarität, fehlende Medien- und Recherchekompetenz, man-gelhafte Teamfähigkeit, fehlendes gesell-

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schaftliches Basiswissen) auch nach dem Studienabschluss mit erheblichen Defi zi-ten für die Berufseinmündung, mangel-hafte Praxisorientierung der Ausbildung im Studium.

Erheblicher Fachkräftemangel bei gleichzeitig hoher Sockelarbeitslosigkeit und »Jugendwahn« in der Beschäftigungs-politik. Die größten Lücken bei den Fach-kräften bestehen schon heute in den inge-nieurwissenschaftlichen Fächern und in der Naturwissenschaft.

Ein Zuwanderungsrecht, dass für hoch qualifi zierte Zuwanderung völlig unat-traktiv und reglementiert ist. Während im Jahre 1992 noch 780 000 Menschen mehr nach Deutschland kamen, als das Land verließen, waren es im Jahre 2006 netto nur noch 40 000. Der »Netto-Bedarf« an Zuwanderung beträgt heute schon 200 000 bis 300 000 Menschen. Inzwi-schen ist der Zustrom von hochqualifi zier-ten Fachkräften nach Deutschland fast vollständig versiegt. In den vergangenen 24 Monaten kamen noch exakt 1 650.

Aus diesen Problemlagen ergeben sich auch zwangsläufi g neue Zielgruppen. Aber welche Zielgruppen sind das? Kann man

sie mit Kategorien wie »Alter« hinreichend beschreiben? Sicher nicht. Auch bei Kin-dern und Jugendlichen gibt es eindeutige Milieuunterschiede. Das wissen wir nicht erst seit der Pisa-Studie.

Soziale Milieus akzeptieren

Die letzten zehn Jahre haben in der sozi-ologischen Forschung bezüglich der Ziel-gruppendefi nitionen bemerkenswerte

von »Geschmacksfenstern«, die sich mit steigendem Lebensalter schließen, für den Musikgeschmack bereits mit Anfang 20, für Mode mit 23, für das Essen mit 28 und so weiter.

Welche Bibliothekarin, sozialisiert als Beamtenkind, studiert in den Sechzigern, lebenslang in öff entlichen Beschäftigungs-verhältnissen, heute mit Häuschen und (erwachsenem) Kind, lässt sich die Zunge piercen? Welche Bibliothek präsentiert ihr Angebot mit einem Wagen auf der Love-Parade? – Ein »Büchertisch« wäre dort bestimmt der Lacher schlechthin! Welche Bibliothek veranstaltet »LAN-Parties«?

Der letzte Stand der Milieuforschung formuliert zurzeit folgende Einteilung in vier Hauptgruppen und zehn Milieus. Die angegebenen Prozentzahlen zeigen den jeweiligen Anteil des Milieus an der Ge-samtbevölkerung (nach Sinus Sociovision 2007):

1. Gesellschaftliche Leitmilieus:

Etabliertes Milieu – 10 Prozent (status-bewusstes Establishment: Erfolgsethik, Machbarkeitsdenken und ausgeprägte Ex-klusivitätsansprüche),Postmaterielles Milieu – 10 Prozent (auf-geklärtes Post-68er-Milieu: postmaterielle

neue Ansätze gebracht. Erwähnt sei nur die Erforschung »sozialer Milieus«, wie zum Beispiel durch das Sinus Institut.1

Eine zentrale Erkenntnis der Sozialfor-schung ist: Mit steigendem Lebensalter verfestigen sich Grundwerte und Verhal-tensweisen, die Zugehörigkeit zum »eige-nen Milieu«. Milieuwechsel sind äußerst selten und bergen hohe Risiken des Schei-terns. Amerikanische Forscher sprechen

Mit steigendem Lebensalter ver-festigen sich Grundwerte und

Verhaltensweisen,die Zugehörigkeit zum »eigenen Milieu«. Milieuwechsel sind äußerst selten und bergen hohe

Risiken des Scheiterns.

1 Siehe dazu: www.sinus-sociovision.de

Wir werfen keinen hinaus, das stimmt. Aber wer kommt eigentlich von selbst? Bildungsarmut, Chancenungleichheit und nicht ausbildungsfähige Jugentliche werfen neue soziale Fragen auf, und Bildungseinrichtungen sollten darauf neue Antworten finden. Foto: Rebecca Seemann

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Werte wie »Entschleunigung«, Globalisie-rungskritik, intellektuelle Interessen), Moderne Performer – 10 Prozent (un-konventionelle Leistungselite: intensives Leben – berufl ich und privat, Multi-Opti-onalität, Flexibilität und Multimedia-Be-geisterung).

2. Traditionelle Milieus

Konservative – 5 Prozent (altes deutsches Bildungsbürgertum: konservative Kultur-kritik, humanistisch geprägte Pfl ichtauf-fassung, gepfl egte Umgangsformen),Traditionsverwurzelte – 14 Prozent (Si-cherheit und Ordnung liebende Kriegsge-neration: verwurzelt in der kleinbürgerli-chen Welt und der traditionellen Arbeiter-kultur),DDR-Nostalgische – 5 Prozent (resignier-te Wende-Verlierer: Festhalten an preu-ßischen Tugenden und altsozialistischen Vorstellungen von Gerechtigkeit und So-lidarität).

3. Mainstream Milieus

Bürgerliche Mitte – 15 Prozent (status-orientierte Mitte: Streben nach berufl icher und sozialer Etablierung, nach gesicher-ten, harmonischen Verhältnissen), Konsum-Materialisten – 12 Prozent (stark materialistisch geprägte Unterschicht: Anschluss halten an die Konsumstandards der breiten Mitte als Kompensationsver-such sozialer Benachteiligungen).

4. Hedonistische Milieus

Experimentalisten – 8 Prozent (extrem individualistische neue Boheme: ungehin-derte Spontaneität, Leben in Widersprü-chen, »plurale Identitäten«), Hedonistisches Milieu – 11 Prozent (Spaß-orientierte moderne Unterschicht / untere Mittelschicht: Verweigerung von Konventionen und Verhaltenserwartun-gen der Leistungsgesellschaft).

Und nun schauen Sie mal in Ihre Bib-liothek: auf Ihre Belegschaft, Ihre Möbel, in Ihr Veranstaltungsprogramm, in Ihren Medienbestand und so weiter! Damit ent-scheidet jede Bibliothek darüber, welche Milieus angesprochen werden. Und das mit einer langen Tradition der Orientie-rung auf die bürgerliche Mitte.

In Bibliotheken dominieren folgende Milieus: Bürgerliche Mitte, Postmateri-elle und (mit Abstrichen) Etablierte und Konservative. Die Nutzergruppen stam-men aus mittleren und hohen sozialen Lagen. Die können lesen, stellen interes-sante Fragen, benehmen sich vernünftig.

Ihre Grundwerte und Verhaltensmuster entsprechen am ehesten denen des Biblio-thekspersonals. Für die ist man gern da.

Also wird der Bestand, das Veranstal-tungsangebot, die Öff nungszeiten, das Personal und so weiter auf diese Milieus ausgerichtet. Nur damit das nicht auff ällt, wird von der »Bibliothek für alle« geredet. Aber ernst gemeint war das noch nie.

Inzwischen liegen auch eine Reihe von Untersuchungen über das Medienverhal-ten der unterschiedlichen Milieus vor. Welches Milieu liest welche Zeitungen, bevorzugt welche TV-Genres, nutzt On-line-Angebote, hört Schlager oder Klassik und so weiter.

Und nun schauen Sie mal in Ihren Le-sesaal: Wenn Sie »Konsum-Materialisten« erreichen wollen, gehört die »Praline« oder »Das Neue Blatt« ins Programm. Die le-sen eben nicht das »Capital«, den »Spiegel« oder »Die Zeit«. Wenn Sie »Traditionsver-wurzelte« erreichen wollen, bieten Sie bloß

sind unverzichtbare Stärken in der globa-lisierten Welt. Erste Untersuchungen über Milieus der Menschen mit Migrationshin-tergrund liegen auch vor (Sinus Sociovisi-on 2007). Demnach gibt es ein:Religiös verwurzeltes Milieu (niedrige soziale Lage, konservativ-religiös, strenge, rigide Wertvorstellungen, kulturelle En-klave), Traditionelles Gastarbeitermilieu (niedrige soziale Lage, Pfl icht- und Akzeptanzwerte, materielle Sicherheit, traditionelle Moral), Entwurzeltes Flüchtlingsmilieu (niedri-ge soziale Lage, konsum-materialistische Werte, Status, Besitz, Konsum, Aufstiegs-orientierung, soziale Akzeptanz, Anpas-sung), Statusorientiertes Milieu (mittlere sozia-le Lage, konsum-materialistische Werte, Status, Besitz, Konsum, Aufstiegsorientie-rung, soziale Akzeptanz, Anpassung), Hedonistisch subkulturelles Milieu (niedrige soziale Lage, individualistische Wertemuster, Selbstverwirklichung und Emanzipation, bikulturelle Orientierung, Kulturkritik), Adaptives Integrationsmilieu (untere bis mittlere soziale Lage, individualistische Wertemuster, Selbstverwirklichung und Emanzipation, bikulturelle Orientierung, Kulturkritik),Multikulturelles Performermilieu (mitt-lere soziale Lage, individualistische Wer-temuster, Selbstverwirklichung und Emanzipation, bikulturelle Orientierung, Kulturkritik, teilweise auch multioptio-nale Wertemuster: postmodernes Werte-Patchwork, Sinnsuche, multikulturelle Identifi kation), Intellektuell-kosmopolitisches Milieu (hohe soziale Lage, individualistische Wertemuster, Selbstverwirklichung und Emanzipation, bikulturelle Orientierung, Kulturkritik, teilweise auch multioptio-nale Wertemuster: postmodernes Werte-Patchwork, Sinnsuche, multikulturelle Identifi kation).

Schon jetzt erreichen Bibliotheken als eine der ganz wenigen öff entlichen Kultu-reinrichtungen (!) schon erhebliche Teile aus diesen Milieus. Aber vorwiegend eben auch wieder die mittleren sozialen Lagen, eher die »Etablierten« und »bereits Inte-grierten«.

Klare Milieuorientierung und Konfl ikte moderieren

Konfl ikte wird es zwischen den Milieus immer geben und hat es immer gegeben. Neu ist, dass die Wertemuster sich immer mehr ausdiff erenzieren und die verschie-denen Gruppen heute sogar relativ fried-

keine Homepage an und stellen Sie Ihre Räume nicht auch noch mit Computern voll. Die nutzt dort nämlich kaum einer, weil »online« in diesem Milieu noch im-mer ein Fremdwort ist. Stattdessen ein schöner Volksmusikabend oder eine Le-sung mit Guido Knopp…

Ein Blick in die Belegschaft ergänzt das Bild einer bürgerlich-traditionalistisch-intellektuellen Bibliothek: In welcher Be-legschaft fi nden Sie »Moderne Performer«, »Experimentalisten« oder »Hedonisten«? Die gelten als Kunden schon als »schwie-rig«. Stellen Sie sich vor, Sie hätten eine sol-che Kollegin oder einen solchen Kollegen? Undenkbar!

Nun werden viele (mit Recht!) sagen: Müssen wir denn jedem Zeitgeist hinter-herlaufen? Sicher nicht. Aber zur Kenntnis nehmen, wie sich die heutige Gesellschaft strukturiert, das müssen Sie schon. Da-nach können Sie in aller Ruhe entscheiden, welches Profi l Ihre Bibliothek haben soll, wen sie erreichen will und mit welchem Angebot das gelingt.

Aus der Vielzahl der Diskussionen um den demografi schen Wandel sei hier nur ein Aspekt herausgegriff en: Deutschland ist längst ein Einwanderungsland. Schon jetzt haben rund 25 Prozent der Bevölke-rung einen Migrationshintergrund. Das

Wenn Sie Konsum-Materialisten erreichen wollen, gehört die »Praline« oder »Das Neue Blatt« ins Programm. Die lesen eben nicht »Die Zeit« oder

den »Spiegel«.

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Bibliothek der Zukunft

lich nebeneinander herleben; allerdings sich auch nur selten begegnen oder austau-schen, das heißt relativ sprachlos neben-einander existieren, statt miteinander zu kommunizieren.

Ist es da nicht die Aufgabe von Bib-liotheken, dem Diskurs zwischen den Grundwerten wieder auf die Sprünge zu helfen? Diskussionen zwischen den Mili-eus zu organisieren, statt immer die glei-chen Lesungen für die immer gleiche klei-ne Schar von »Stammkunden« anzubieten? Das wäre doch das Salz in der Suppe einer spannenden Bibliothek!

Oder den Dialog von »Einheimischen« und »Migranten-Milieus«? So haben erste Versuche von Bibliotheken mit dem Pro-jekt »Fremde verleihen« überwältigende Erfolge gezeigt. Mit solchen Aktionen kann die Bibliothek mehr Integrationsleis-tungen erbringen als jede andere öff entli-che Kultureinrichtung.

Mein Plädoyer: Entwickeln Sie mit Ihrer Belegschaft eine möglichst homogene Vor-stellung über das Profi l Ihrer Bibliothek: Für welche Milieus entwickeln Sie welches Angebot, wie messen Sie die Erfolge und Misserfolge? Welches Milieu braucht bei

nun an die Ausrichtung der Bibliothek auf ein Profi l mit zu diesem neuen Profi l passenden Angeboten, sozialen und kom-munikativen Rahmenbedingungen und Verhaltensweisen. Es wird Klärungen dar-über geben:� welche Öff nungszeiten »milieugerecht«

sind (zum Beispiel auch sonntags und bis in die Nacht),

� wie man sich am Telefon meldet,� wie auf Besucher zugegangen wird,� welche Kleidung »angemessen« ist, � mit welchen Partnern kooperiert wird, � welche Medien beschaff t werden, � welche Möbel und welche Ausstattun-

gen »milieugerecht« sind, � welche Veranstaltungen für welches

Milieu zu organisieren sind, � welches Vertriebsnetz für welches Mili-

eu gewählt wird, � welches Preis- und Gebührenniveau

angemessen ist, � wie mit »Schwund« umgegangen wird, � welche Verhaltensregeln für Kunden

gelten sollen beziehungsweise welche Verhaltensregeln im Umgang mit Kun-den (und ihren Beschwerden) gelten.

Die Diskussion sollte bis hin zu Fragen ge-hen wie: � wer (aufgrund obiger Defi nitionen) in

Ihrer Bibliothek arbeiten kann und wer nicht,

� ob Sie »unterzubringende Fälle« mit dem großen Mutterherz in ihr Team aufnehmen oder ob Sie dafür Anforde-rungsprofi le haben,

� wie Sie sich über was fortbilden, � welcher Arbeitsstil angemessen ist, � wie Sie die Arbeit regelmäßig fakten-

orientiert messen und bewerten (statt darüber zu spekulieren),

� wie Sie die Einhaltung der Regeln kon-

trollieren und welche Sanktionsmög-lichkeiten bestehen (die dann auch ein-gesetzt werden),

� wie besondere Leistungen honoriert werden,

� wie Sie mit Fehlern umgehen (oder ob Sie Schuldige suchen),

� wie Sie Ihre Leistungen off ensiv nach außen (auch in das politische Umfeld) verkaufen.

Die bisher in Bibliotheken entwickelten Kriterien zu Beurteilung von Bibliotheken negieren jede Zielgruppenorientierung und erschweren so eine milieuorientierte Neuausrichtung der Bibliotheken. Sie tun noch immer so, als wären Bibliotheken »für alle da«. So werden als Leistungsindi-katoren immer noch allgemeine Indikato-ren erhoben und miteinander verglichen wie zum Beispiel: � Besuche pro Einwohner, � Bestandseinheiten je Einwohner, � Mitarbeiter je Einwohner, � Ausleihen je Einwohner, � Besucher je Öff nungsstunde.Milieuorientierte Standards, die die sozi-alen und kommunikativen Kompetenz-anforderungen klären und überprüfen, fehlen völlig. Erste erfolgversprechende Ansätze in dieser Art haben einige Biblio-theken im Rahmen der Entwicklung von Bibliothekskonzepten in Niedersachsen und Rheinland-Pfalz begonnen. Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein werden folgen, vielleicht auch weitere Bundeslän-der.2

Dabei zeigt sich sofort: Jede Bibliothek muss sich ihrem jeweiligen sozialen Um-feld anpassen. Und für diese Anpassung müssen mutige Entscheidungen fallen. Zu oft scheuen Belegschaften und Leitungen (aber auch die »Auftraggeber« in Politik und Verwaltung) solche Entscheidungen, obwohl alle wissen, dass sich etwa über den atmosphärischen Alltag, über Ange-bot und Personal solche Entscheidungen »durch die Hintertür« durchsetzen.

Positiv ausgedrückt: Je homogener die mit der Belegschaft erarbeitete und per-sönlich von den Belegschaftsmitgliedern gelebte Ausrichtung der Bibliothek mit den gewählten Milieuschwerpunkten übereinstimmen, desto leichter lässt sich mit Konfl ikten umgehen.

Kooperationen ausdehnen

Ein weiterer wichtiger Einwand gegen eine solche Konzeption ist immer wieder: Wo werden denn dann die Milieugruppen »versorgt«, die aus dem Raster der Biblio-thek fallen? Ich behaupte: Sie fallen bereits jetzt durch die Raster, nur eben nicht be-

Ihnen gar nicht erst zu kommen (auch wenn Sie die nicht gleich »rausschmeißen«, falls sich mal jemand verirrt…).

Nach einer solchen Profi lbildung und der Formulierung messbarer Ziele errei-chen Sie auf jeden Fall eines: Das Klima in der Belegschaft wird sich verbessern und Ihre Sicherheit im Umgang mit un-gewohnten Situationen wird zunehmen. Der Prozess wird nicht immer ohne Kon-fl ikte ablaufen. Die schmoren aber sowieso unter der Oberfl äche und werden etwa so kommuniziert: »Wie die heute wieder den Professor behandelt hat…«, »Wie der heu-te wieder rumläuft…«, »Der kann sich ja nicht mal am Telefon melden…« und »Da isst schon wieder einer Pommes und der macht nix…«.

Den Maßstab für gewünschte und geforderte Verhaltensweisen liefert von

2 Siehe dazu auch: Günter Bassen: Aus der De-fensive in die Off ensive. »Bibliotheksprofi le in der Kommune« in Niedersachsen / Demogra-fi sche Analysen. In: BuB 59 (7/8) 2007, Seite 538 – 539

Müssen wir denn jedem Zeitgeist hinterherlaufen? Sicher nicht. Aber zur Kenntnis nehmen, wie sich die heutige Gesellschaft strukturiert, das müssen

wir schon.

Meinhard Motzko ist Sozialwissen-schaftler und Qua-litätsmanagement-Auditor und lebt in Bremen. Seit 15 Jah-ren ist er mit seinem »PraxisInstitut für Organisations- und

Personalentwicklung« bundesweit als selbstständiger Berater, vorwiegend für öffentliche Einrichtungen, Verbände und Organisationen, unterwegs. Ein Schwer-punkt seiner Tätigkeit hat sich in den letzten 15 Jahren in der Begleitung von Bibliotheken im gesamten deutsch-sprachigen Raum sowie in Russland / Zentralasien entwickelt. – Kontakt: [email protected]

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 54 Bibliothek der Zukunft

wusst, und/oder sie werden als »schwierige Kunden« wahrgenommen.

Ich empfehle dringend eine viel abge-stimmtere Kooperation zwischen den Bib-liotheken in der jeweiligen Region. In den Städten unterhalten Bibliotheken meist ein Netz von Zweigstellen, die aufgrund

der unterschiedlichen Milieustruktur der Stadtteile sowieso unterschiedliche Aus-richtungen haben. Ist es dann nicht mög-lich, diesen Zweigstellen eine jeweils sehr spezielle Milieuausrichtung zu übertragen und in einer mobilen Gesellschaft dem Raver aus Berlin-Neukölln sagen: »Hey

Alter, Deine Bibliothek ist in Tiergarten, da triff st Du Deine Leute und hast die beste Musiksammlung für Deine nächste Tanznacht«?

Und in einem Wohngebiet, in dem die meisten Menschen einen Migrationshin-tergrund haben, muss irgendjemand vom

Einen kräftigen Expansionskurs empfiehlt der Sozialwissenschaftler Meinhard Motz-ko den wissenschaftlichen Bibliotheken: Um in Zukunft das Herzstück der eigenen Trägerinstitution zu werden, sollten sie ganz neue Aufgabenfelder anpacken und sich beispielsweise in der Verwaltung und beim Personalmanagement ihres Trägers stärker als Dienstleister profilieren. Zum Beispiel durch die Übernahme der Studierenden- und Prüfungsverwaltung, durch hochkarä-tige Schulungen in Recherchekompetenz und Wissenschaftspropädeutik und durch die Durchführung von Assesment-Centern für die Personalauswahl ihres Trägers (sie-he dazu auch den Bericht auf Seite 68). Für BuB hat Meinhard Motzko seine Empfeh-lungen in 13 Thesen zusammengefasst:

1. Wissenschaftliche Bibliotheken sind die Informationszentren ihrer jeweiligen Trä-gerinstitution. Als Herzstück der jeweiligen Institution sind sie in ihrem Kerngeschäft allumfassend zuständig für jegliche Infor-mationsbeschaffung, -aufbereitung und -vermittlung im Sinne einer Informations-agentur.

2. Wissenschaftliche Bibliotheken sind ver-antwortlich für das Identitätsmanagement ihres Trägers. Hierzu gehört an Hochschu-len auch die gesamte Prüfungs- und Studie-rendenverwaltung.

3. Wissenschaftliche Bibliotheken bieten ihre Dienstleistungen zur Informationsbe-schaffung, -aufbereitung und -vermittlung in Abstimmung mit ihrer Trägerinstituti-on auch kommerziell an, vorrangig auf den Märkten der Forschung und Entwicklung, der Informationsbranche und der Aus-, Fort- und Weiterbildung. Hierzu betreiben sie professionelle Akquisition privater und öffentlicher Aufträge auf der Basis transpa-renter Kostenkalkulationen.

4. Wissenschaftliche Bibliotheken nutzen modernste Technik für ihr Kerngeschäft. Dazu gehört insbesondere die Nutzung mo-dernster Datenbanktechnologie, Daten-übernahme, Selbstverbuchung und Onli-ne-Services inklusive der Datensicherheit. Aufgrund der Aufgabenüberschneidungen werden die Dienstleistungen von Datenzen-tren und Bibliotheken umfassend integriert.

5. Für gemeinsame Aufgabenfelder wie zum Beispiel Beschaffung, Erfassung / Verzeich-nis und ausleihfertige Bearbeitung von In-formationen und Medien sowie für die Un-terhaltung der technischen Infrastruktur werden zentrale Einrichtungen und externe Dienstleister genutzt.

6. Durch die Nutzung modernster Technik und zentraler / externer Dienstleistungser-bringung frei werdende Arbeitskapazitäten werden vorrangig in die Aufgabenfelder Be-ratung und Vermittlung umgewidmet.

7. Wissenschaftliche Bibliotheken überneh-men eigenständige Aufgaben in der Lehre. Hierzu gehören vor allem die Vermittlung von Recherchekompetenz und die Vermitt-lung von Grundlagen der Wissenschaftspro-pädeutik. Diese Lehrinhalte werden in die Prüfungsordnungen für Bachelor- und Mas-ter-Abschlüsse integriert und eigenständig durch die wissenschaftlichen Bibliotheken vermittelt und geprüft.

8. Wissenschaftliche Bibliotheken sind in-terdisziplinäre Lernzentren ihrer jeweiligen Trägerinstitution. Hierzu gehört nicht nur die Bereitstellung der Informationen im Sin-ne eines Medienzentrums, sondern auch die Bereitstellung entsprechender Arbeitsräu-me (insbesondere Kleingruppenräume) und technischer Infrastrukturen. Diese Lernzen-tren stehen den KundInnen 24 Stunden an 7 Tagen in der Woche offen.

9. Wissenschaftliche Bibliotheken überneh-men bei der Personalauswahl und der Per-sonalentwicklung ihrer Trägerinstitution allumfassend das Aufgabenfeld »Recher-chekompetenz«. Hierzu gehören sowohl Testverfahren wie zum Beispiel in Assess-ment-Centern und Berufungskommissio-nen zur Personalauswahl als auch perma-nente Fortbildungen für Beschäftigte ihrer Trägerinstitution und gegebenenfalls priva-ter Kundengruppen gegen Entgelt.

10. Für alle Aufgaben werden Aufgaben- und Anforderungsprofile erstellt. Die wich-tigsten Kernprozesse sind geregelt und be-züglich ihres Aufwandes quantifiziert. Die Führung erfolgt auf der Basis von Zielver-einbarungen.

11. Der Ressourcenbedarf ist budgetiert und unterliegt einem systematischen Control-ling. Bei der Ressourcenbeschaffung nutzt die Bibliothek die gesamte Breite möglicher Quellen. Hierzu gehören neben öffentli-chen, institutionell gebundenen Ressourcen vor allem Drittmittel aus Quellen der EU, des Bundes, der Länder und des Privatsektors sowie Eigeneinahmen aus Honoraren, Ge-bühren, kommerziellen Recherchen, Son-derforschungsbereichen und so weiter.

12. Wissenschaftliche Bibliotheken entwi-ckeln ein Qualitätsmanagementsystem mit systematischer Erfassung der Kundenwün-sche, der Kundenzufriedenheit, eindeutig definierten Leistungen mit messbaren Zie-len, klar geregelter Aufbau- und Ablaufor-ganisation, eindeutiger interner und exter-ner Kommunikation sowie systematischer interner und externer Überwachung (Au-dits) und geregelten Prozessen zur kontinu-ierlichen Verbesserung.

13. Aufgrund der zentralen Bedeutung für ihre Träger sind wissenschaftliche Bibliothe-ken in den obersten Leitungsorganen ihrer Trägerinstitutionen sowie in Berufungskom-missionen und Prüfungsausschüssen dauer-haft mit Sitz und Stimme vertreten.Ob ich das noch erlebe?

Meinhard Motzko

Mut zum ExpansionskursGewagte Thesen zur wissenschaftlichen Bibliothek der Zukunft

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Bibliothek der Zukunft

Personal auch mal Türkisch oder Russisch sprechen! Am besten selbst aus dem ent-sprechenden Land stammen.

Zugegeben: Es liegen in den Kommu-nen bisher kaum gesicherte Daten zur Mi-lieustruktur vor, und die eigene Erhebung solcher Daten kann von den Bibliotheken nicht verlangt werden. Da diese Problema-tik einer verstärkten Milieuorientierung aber weit über die Bibliotheken hinaus-reicht, wären Pilotprojekte gemeinsam mit Volkshochschulen, Bürgerzentren, Sozialeinrichtungen und so weiter denk-bar. Im Übrigen kennen die Beschäftigten in den Bibliotheken vor Ort ihre Milieus ganz gut, sodass Entscheidungen über die Ausrichtung auch auf Grundlage dieser oft jahrelangen Erfahrung erfolgen können.

Gleiches gilt für das Personal. Warum können die Beschäftigten in der gesamten Region nicht als Pool begriff en werden, die sich den jeweils zu Ihnen passenden Milieugruppen zuordnen und dann zu-künftig erheblich zufriedener mit »ihrer« Milieugruppe zu tun haben? Das setzt na-türlich eine größere Mobilität und Wech-selbereitschaft des Personals voraus, ich gehe aber davon aus, dass der Gewinn an Zufriedenheit die meisten Beschäftigten überzeugen wird.

Allerdings: Bei der heute dominieren-den Milieustruktur der Belegschaften in den Bibliotheken ist die Bereitschaft, ge-rade den Milieugruppen aus den untersten sozialen Lagen ein Angebot zu machen, nicht besonders ausgeprägt. Die Milieu-orientierung müsste also bis in die Einstel-lungspraxis hineingehen. Das betriff t in allererster Linie die Einstellung von Be-schäftigten mit Migrationshintergrund. Bisher echte »Exoten«.

Schwieriger wird es auf dem Lande. Aber auch dort akzeptieren die Kunden inzwischen längere Wege, wenn das An-

gebot dafür ihren jeweiligen spezifi schen Bedürfnissen entspricht. Das lehren alle Erfahrungen aus der Entwicklung der Freizeitgewohnheiten der letzten zehn Jahre. Inzwischen werden für ein »speziel-les Milieuerlebnis« Hunderte von Kilome-tern zurückgelegt.

Eine solche Milieuausrichtung ermög-licht zu speziellen Anlässen den span-nenden Austausch zwischen den Milieu-gruppen. Kooperationen zwischen der »postmodernen« Bibliothek und der »tra-ditionell-bürgerlichen« Bibliothek sind bestimmt spannender als manches »lite-

rarische Quartett«. Man stelle sich einen jährlichen Höhepunkt als Veranstaltung mehrerer Bibliotheken mit jeweils speziel-len Milieubeiträgen vor. Das kann »Stadt-fest- und Kultcharakter« entwickeln.

Das Sahnehäubchen wäre die Abstim-mung einer milieuorientierten Profi lbil-dung nicht nur im Bibliotheksbereich, sondern auch mit den Einrichtungen aus Sozialbereich, Weiterbildung, Kultur, aber auch beispielsweise Arbeitsverwaltung und Wirtschaft. Das würde ein weiteres seit Jahren ungelöstes Problem anpacken: Wie sind denn die Schnittstellen zwischen diesen Einrichtungen und der Bibliothek vor Ort geregelt? Macht da nicht jeder, was er will? Warum sind Bibliotheken häufi g »Ersatz-Bürgerhäuser« und »Ersatz-Kin-dertagesheime«?

Auf diesen Prozess sollten Bibliotheken nicht warten, sondern aktiv vorangehen. Sie können durchaus allein beginnen. Es wäre schon ein Riesenfortschritt, wenn die abgestimmte Zusammenarbeit zwischen Öff entlichen und wissenschaftlichen Bib-liotheken nach einer gemeinsam geführ-ten Diskussion um Milieuorientierung und Arbeitsteilung erreicht würde.

Das Bibliothekswesen würde damit auch einen erheblichen konzeptionellen »Wettbewerbsvorteil« bei Auftraggebern in Politik und Verwaltung erzielen, der in Zeiten knapper Kassen nicht unwich-tig ist. Wer anfängt, setzt seine Interessen am ehesten durch. Er sollte es aber ehrlich meinen. Da die Problematik einer ver-

stärkten Milieuorientierung weit über die Bibliotheken hinausreicht, wären Pilotprojekte gemeinsam mit Volks-

hochschulen, Bürgerzentren und Sozialeinrichtungen denkbar.

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 56 Bibliothek der Zukunft

Wolfgang Tiedtke

Per Mausklick durch die BücherhalleHamburger Pläne und Visionen zu E-Medien, Online-Lernen und der Filiale in Second Life

Was wollen die Nutzer von morgen von den Öffentlichen Bibliotheken? Aktu-elle Analysen wie die Online-Studien der Rundfunkanstalten ARD und ZDF zeigen, dass die heute 13- bis 20-Jährigen ganz andere Medien bevorzugen als die Jugendlichen noch vor wenigen Jahren. Weblogs, Spielkonsolen und Portale wie YouTube haben das Mediennutzungsver-halten beeinfl usst. Wolfgang Tiedtke, Lei-ter der Portal-Abteilung der Hamburger Öffentlichen Bücherhallen, plädiert dafür, die »neuen Medien« in Zukunft noch aus-drücklicher auf der Agenda zu platzieren und auch eine virtuelle 3-D-Biblio-theks-Filale in Angriff zu nehmen – zum Beispiel auf der Plattform Second Life. Im Folgenden erläutert er auch die aktuellen Netz-Projekte im Hamburger System, wie Chatbot-Auskunft und »DiViBib«, und zieht eine vorläufi ge Bilanz.

Die Stiftung Hamburger Öff entli-che Bücherhallen (HÖB) ist der zweitgrößte Kulturanbieter in der

Hansestadt, nach der Staatsoper. Seit ihrer Gründung im Jahre 1899 hat die Institu-tion immer wieder neuen Herausforde-rungen gestellt und diese mit dem ihr eigenen Erfi ndungsreichtum gemeistert. Man müsste weit ausholen, um die vielen Meilensteine auf dem langen Weg zu nen-nen. Die reichen Erfahrungen aus der Ver-gangenheit sind jedoch das Fundament für ein off ensives, kreatives Herangehen an Zukunftsthemen.

Im Vordergrund für die Zukunft der Bücherhallen steht gegenwärtig die Siche-rung einer fl ächendeckenden Bibliotheks-versorgung innerhalb des Hamburger Stadtgebietes mit kundenorientierten An-geboten. Es geht dabei um ein aktuelles, fundiertes und modernes Medienangebot in Bürgernähe.

Das System Bücherhallen Ham-burg umfasst heute 33 Bücherhallen, die Zentralbibliothek, die Jugendbibli-othek »hoeb4u«, die Kinderbibliothek »kibi@hh«, zwei Bücherbusse, rund 50 nebenamtlich geführte Einrichtungen in Schulen sowie 14 im Hamburger Straf-vollzug betreute Bibliotheken. Das Spi-ralcurriculum umfasst die Klassen 1 bis 8, und sämtliche Grundschulen der Stadt sind in die Programmarbeit einbezogen. Neuerdings werden die Programme fl ä-chendeckend auf Kitas, Vorschulen und die frühkindliche Leseförderung wie das Projekt »Buchstart« ausgedehnt.

Soweit zur Tradition und zu den »rea-len« Angeboten der Gegenwart. Für die Zukunft und auch heute schon gilt es al-lerdings auch, eine neue Problematik zu bewältigen: Die Entwicklung zukunftsfä-higer Angebote im Bereich moderne, elek-tronische Medien! Internet, elektronische Spiele, Web-Plattformen und andere neue Medien führen einen gravierenden Wan-del im Medienverhalten der Bevölkerung herbei und verändern somit auch die Er-wartungen und Wünsche der Bücherhal-lenkunden.

Wachstumspotenzial im Internet

Untersuchungen wie die Online-Studie der Rundfunkanstalten ARD und ZDF aus den Jahren 2006 und 2007 bestätigen, dass die heute 13- bis 20-Jährigen ganz an-dere Medien bevorzugen, als das noch vor wenigen Jahren der Fall war – in den Jahren vor YouTube, Second Life, Spielkonsolen et cetera. Gleichzeitig wird die Gruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen in allen Untersuchungen zusammen mit den

über 60-Jährigen als einzige Nutzergruppe gesehen, bei der mit Wachstumspotenzial im Internet zu rechnen ist.

Die Auswirkungen dieser Entwicklung spüren auch die Bücherhallen: Von den circa 400 000 ausgegebenen Kunden-ausweisen sind etwa 130 000 aktiv, also

mindestens einmal im Jahr durch unsere EDV gelesen worden. Es ist ein perma-nenter Rückgang der aktiven Kunden zu beobachten, allerdings bei gleichzeitiger Zunahme der Medienausleihe auf fast 12 Millionen im Jahr 2006, in dem rund 4,3 Millionen Besucher unsere Häuser auf-suchten.

Zu den Nutzern hinzuzählen müssen wir natürlich auch unsere virtuellen Kun-den, von denen uns täglich 5 000 besuchen und aktiv im Portal recherchieren oder die Funktionen »Kontoeinsicht«, »Verlänge-rungen« oder »Vormerkungen« nutzen. Auf das Jahr hochgerechnet sprechen wir von aktuell 1,8 Millionen Anwendersit-zungen im Jahr.

Internet, elektronische Spiele und Web-Plattformen führen einen

gravierenden Wandel im Medienver-halten herbei und verändern auch die

Erwartungen und Wünsche der Bücherhallenkunden.

Seit ihrer Gründung im Jahre 1899 hat sich die Stiftung Hamburger Öffentliche Bücher-hallen immer wieder neuen Herausforderun-gen gestellt und diese mit dem ihr eigenen Er-findungsreichtum gemeistert.

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Bibliothek der Zukunft

Eine Antwort auf dieses veränderte Me-diennutzungsverhalten war unter anderem die Ausweitung elektronischer, virtueller Angebote, die 24 Stunden an sieben Ta-gen in der Woche zur Verfügung stehen. Bereits im Jahre 2000 ermöglichte die sogenannte Internet-Off ensive der Freien und Hansestadt Hamburg den Bücher-hallen, ein Internet-Portal zu entwickeln, das nach dem Relaunch im Jahr 2007 mit neuem Design, attraktiven Diensten und zudem »barrierefrei« für die Bücherhallen-kunden im Netz gestartet ist.

Die virtuellen Dienste im Bücherhal-len-Portal umfassen selbstverständlich die klassischen Online-Dienstleistungen wie Katalogrecherche, Vormerkungen, Ver-längerungen, Kundenkontoeinsicht und so weiter. Das wird heute von den Kunden als »normaler« Service wahrgenommen. Darüber hinaus gibt es unsere »Virtuelle Kollegin INA«, ein Chatbot, der den neu-en Kommunikationsgewohnheiten jün-gerer Kunden Rechnung tragen soll. Und das neue Modul »Virtuelle Bücherhalle« vereinigt virtuelle Angebote wie Info Links, E-Medien, DiGiBib und »Fragen Sie Hamburger Bibliotheken!«. Das alles sind erste Schritte in Richtung eines virtu-ellen Auftritts.

Doch wir wollen mehr: Parallel zum herkömmlichen, realen Bibliotheksange-bot in der Stadt soll ein Angebot geschaff en werden, das attraktiv und innovativ genug ist, ganz neue Kunden auf diesem Wege zu gewinnen, und auch die Menschen wieder anzusprechen, die der traditionellen Bü-cherhalle verloren gegangen sind. Durch unsere virtuelle Tür wollen wir Kunden mit solchen Angeboten zurückgewinnen, die besser zu ihren Bedürfnissen und Ge-wohnheiten passen als traditionelle, reale Angebote.

Der zukünftige Weg wird auf jeden Fall in die Richtung führen, dass Öff ent-liche Bibliotheken sich in beiden Welten positionieren – real und virtuell. Dabei müssen wir darauf achten, den Zugang zu beiden Welten so komfortabel und off en wie möglich zu gestalten, dass weder der »klassische« Kunde noch der »virtuelle« Springer sich verprellt fühlen. Bei ARD und ZDF beobachten wir, dass Inhalte aus den Fernsehnachrichten über den Hinweis auf die Homepages durch die sogenannte Mediathek ergänzt werden. Praktisch be-deutet das ein »Fernsehen-On-Demand« über 24 Stunden.

Seit Ende 2006 ist die »Landesverord-nung zur Schaff ung barrierefreier Informa-tionstechnik (HmbBITVO)« in Hamburg verabschiedet und fordert von Hamburger Behörden und assoziierten Institutionen

und Stiftungen einen barrierefreien Inter-netauftritt. Das war für uns – neben unse-rer neuen Corporate Identity – ein weiterer wichtiger Grund, den Relaunch des Bü-cherhallen-Portals in Angriff zu nehmen. Dabei wurde eng mit dem Projekt BIK (»barrierefrei informieren und kommuni-zieren«) und mit der Agentur »FeldWald-Wiese« zusammengearbeitet.

Es wurde ein neues Content-Manage-ment-System eingesetzt und die Home-page komplett neu entwickelt. Parallel

densprache wiedergeben. Dabei gibt es eine Zusammenarbeit mit dem Gebärden-werk Hamburg.

Die Finanzen spielen bei all diesen Überlegungen selbstverständlich eine ele-mentare Rolle. Die Bücherhallen verfügen seit drei Jahren über einen Investitions-mitteletat für IuK-Aktivitäten. Er wird in jährlichen Verhandlungen zu von den Bücherhallen defi nierten Projekten ausge-lobt. Es muss sich dabei um zukunftsfähi-ge Projekte im Bücherhallen-Portal han-

werden neben diesen technischen Voraus-setzungen zusätzliche Tools eingesetzt, die Kundengruppen mit körperlichen Beein-

trächtigungen einen leichteren Zugriff auf die Portalinhalte ermöglichen. Es wird ein »Readspeaker« eingesetzt, der die Sei-teninhalte simultan vorliest, und es gibt Videosequenzen, welche die Portalinhalte in einigen wichtigen Bereichen in Gebär-

deln, die eine »realistische und gleichzeitig innovative« Komponente beinhalten.

Generell ist das Personalbudget davon aber ausgenommen, das bleibt Sache der Bücherhallen Hamburg. Aber sowohl die Kulturbehörde als auch die Finanzbehör-de fördern diese Projekte ausdrücklich, sie fordern sie sogar ein, um Innovationen auf den Weg zu bringen.

Heute für morgen gedacht – die virtuelle Zukunft

Einerseits haben Bibliotheken das Ziel, möglichst viele Bürger zu erreichen. Sie ge-stalten das Medienangebot und die Räu-me so attraktiv wie möglich. Andererseits geraten Bibliotheken durch Entwicklun-gen im Bereich der elektronischen Medien in ein Konkurrenzverhältnis zu anderen Anbietern. Die Bücherhallen Hamburg

Parallel zum herkömmlichen, realen Bibliotheksangebot in der Stadt soll ein Angebot geschaffen werden, das ganz neue Kunden anzieht – und auch diejenigen neu anspricht, die der

traditionellen Bücherhalle verloren gegangen sind.

Bibliotheken müssen sich kurzfristig Gedanken machen, wie sie sich denen gegenüber verhalten, die virtuelle Spiele bevorzugen und virtuell kommunizieren wollen.

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 58 Bibliothek der Zukunft

haben entschieden, sich diesem Wettbe-werb zu stellen.

Nachfolgend werden exemplarisch drei Th emenfelder beschrieben, die sich in der Projektphase befi nden. Über Zeitschienen werden wir an dieser Stelle nicht sprechen, da sie in der momentanen Phase nicht real eingeschätzt werden können.

Online-Anmeldung – E-Medien – DiViBib

Seit Mai 2007 haben die Bücherhallen Hamburg ein neues virtuelles Angebot, die sogenannte Onleihe, die der Dienst-leister DiViBib für Öff entliche Bibliothe-ken anbietet. Die Bücherhallen gehörten mit den Bibliotheken Würzburg, Köln und München zu den Piloteinrichtungen, die die »Onleihe« getestet haben.

Für Kunden der Bücherhallen ist die Onleihe bei uns ein kostenloses Angebot von circa 6 000 elektronischen Medien. E-Books, E-Audios, E-Videos, E-Music und E-Paper können über das Internet-Portal per Download auf den heimischen PC, PDA oder USB-Stick geladen werden. Das integrierte DRM (Digital Rights Manage-ment) macht es möglich, feste Leihfristen zu generieren, nach denen das Medium au-tomatisch zurückgegeben wird (E-Books zum Beispiel nach sieben Tagen) und dem nächsten Kunden zur Verfügung steht.

Über die letzten sieben Monate lief die Pilotphase. Die Erfahrungen haben

gezeigt, dass eine solche virtuelle Biblio-thek den Erwartungen unserer Kunden entspricht und, wie erhoff t, neue Kunden auf die Webseite zieht. Es haben natürlich auch Interessenten außerhalb Hamburgs – aus ganz Deutschland, aus Europa und sogar von anderen Kontinenten – zu den Bücherhallen Hamburg gefunden.

Die permanente Nachfrage zeigt inzwi-schen deutlich, dass wir mehr Medien be-nötigen. Bisher wurden von uns nur Titel

der Erscheinungsjahre 2006 und 2007 bei der DiViBiB geordert, um die Aktualität zu bieten, die das Medium Internet for-dert. Aus vielerlei Gründen ist es für die DiViBib aber schwierig, weitere Lizenzen für attraktive Medien in ausreichender Zahl zu beschaff en. Das hängt an diver-sen Teilproblemen – wie unter anderem an urheberrechtlichen Fragen und an Fragen zum Digital Rights Management.

Hinzu kommt, dass sich mit der Funk-tion »Schnuppermitgliedschaft« auch Kunden, die noch gar keine Kundenkarte der Bücherhallen Hamburg besitzen, ein-loggen und den Service testen. Über 200 Interessierte haben diese Möglichkeit be-reits wahrgenommen, und einige von ih-nen wollten anschließend gerne Kunden werden.

An dieser Stelle ergeben sich Proble-me. Denn der Zuwendungsgeber gibt das Geld für die Bücherhallen-Stiftung mit

Statistik zum Portal der Bücherhallen Hamburg

Personal: 3 Stellen / 2 Bibliothekare + 1 Assistentinplus 50 Redakteure im Bibliothekssystem

Etat: Zwischen 40 000 und 80 000 Euro Investitionsmittel im Jahr

Umfang:Rund 1 200 Web-Sites

Agentur: FeldWaldWiese in Hamburg

Umsatz:90 Millionen Hits im Kalenderjahr1,8 Millionen Anwendersitzungen5 000 Kunden auf der Seite pro Tag195 000 Verlängerungen im Monat8 000 Vormerkungen im Monat

Software:Content Managementsystem activewebContentserver 5.5Readspeaker INA Chatbot – Arificial SolutionsGebärdenvideos – Gebärdenwerk HamburgE-Medien – DiViBib, WiesbadenDiGiBib – HBZ, Köln

Links zum Thema

www.buecherhallen.dewww.hoeb4u.dewww.buecherhallen.de/kinderwww.buecherhallen.de/kibiwww.buchstart-hamburg.dewww.feldwaldwiese.dewww.artificial-solutions.comwww.digibib.netwww.readspeaker.dewww.gebaerdenwerk.dewww.datenschutz-nord.dewww.divibib.comwww.bik-online.info

Die Hamburger Bücherhallen haben seit 2007 nicht nur einen völlig neuen Webauftritt, sondern auch ein neues virtuelles Angebot, die sogenannte Onleihe, die der Dienstleister DiViBib für Öf-fentliche Bibliotheken anbietet. Abbildungen: HÖB

Ein Problem ist, dass der Zuwendungs-geber das Geld mit der Maßgabe

verbindet, diese Mittel ausschließlich für Hamburger Bürger einzusetzen

und nicht für Interessierte aus Argentinien oder Mallorca.

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Bibliothek der Zukunft

der Maßgabe, diese Mittel ausschließlich für Hamburger Bürger einzusetzen und nicht für Interessierte aus Argentinien oder Mallorca. Wenn wir alle Kunden, auch Nicht-Hamburger, bedienen wollen, dann müssten wir eine Online-Kunden-karte entwickeln, die mit einer Authenti-fi zierung und einer Kreditkartenfunktion versehen ist, damit eine entsprechende Ge-bühr bezahlt werden kann. Diese Kunden könnten dann für alle Online-Serviceleis-tungen der Bücherhallen Hamburg freige-schaltet werden.

Aber auch damit sind nicht alle Proble-me ausgeräumt. Es gab bereits kritische Fragen anderer deutscher Bibliotheken, ob wir als großes Bibliothekssystem anderen kleineren Bibliotheken Konkurrenz ma-chen wollen, indem wir Kunden aus ganz Deutschland akzeptieren. Wir haben uns nun zunächst auf Hamburg samt Umland sowie das Ausland beschränkt.

E-Learning vor Ort und im Portal

Dieses Projekt wird zunächst real in der Zentralbibliothek vor Ort entwickelt und wird virtuell seinen Platz im Internet-Por-tal fi nden. Damit wird der oben erwähnte Modus der Zweigleisigkeit fortgeführt. Wie die E-Learning-Landschaft letztend-

lich aussehen wird, ist noch fraglich. Das neue Urheberrecht, Authentifi zierungs- und Anmeldungsmodi und weitere im Prozess auftretende Fragen werden das Projekt prägen.

Wir werden uns auf dem Markt um-sehen – wie bisher für den Chatbot INA, für Barrierefreiheit und E-Medien –, ob es einen externen Anbieter zum Beispiel von E-Learning-Sprachkursen gibt, der bereit ist, sowohl in der Bibliothek als auch virtu-ell Angebote zu machen.

Filme – Videos – PodCasts

Soziale-Software-Plattformen wie YouTu-be und Flickr haben es gezeigt: Kunden

Perspektivisch wäre diese Technik ebenfalls für Kunden- sowie Mitarbeiter-schulungen extern und intern denkbar: virtuelle Führungen für den Kunden im Internet, bevor dieser in die Bibliothek kommt oder als Lehreinheiten in Zusam-menarbeit mit der Behörde für Bildung und Sport in Hamburg für den Einsatz im Unterricht. Mit einer »Screenrecorder Software« testen die Bücherhallen den Einsatz animierter Schulungsfi lme bei in-ternen Schulungen.

Second Life – 3-D-Bibliothek

Der konsequenteste Schritt in die »virtuel-le« Bibliothek ist die 3-D-Bibliothek oder »interaktive Bibliothek«. Die Realisierung wäre sicherlich sehr anspruchsvoll, kosten-intensiv und mit viel Arbeit verbunden. Sie wäre jedoch die logische Konsequenz aus den vorher genannten Entwicklungen.

Die zurzeit technisch und kostenmäßig realisierbare Variante wäre eine Filiale in »Second Life«. Auf dem Bibliothekskon-gress in Leipzig war diese Plattform noch in aller Munde und dem »Spiegel« eine Ti-telgeschichte wert. In der Zwischenzeit hat sich der Hype gelegt. Die Problemfelder, die unter den Begriff en »pornografi sche Inhalte« und »Pädophilie« diskutiert wor-den sind, haben für Skepsis gesorgt.

Es heißt bei den Bücherhallen zu diesem Th ema nun nicht mehr »Sollen wir oder sollen wir nicht?«, sondern »Warten wir ab!«. Auch die oft geäußerte Meinung, es

Der konsequenteste Schritt in die »virtuelle« Bibliothek ist die interaktive 3-D-Bibliothek. Die zurzeit technisch und kostenmäßig realisierbare Variante wäre eine Filiale in Second Life.

Bild: Second Life

Die zurzeit technisch und kosten-mäßig realisierbare Variante wäre eine Filiale in Second Life. Auf dem Biblio-thekskongress in Leipzig war diese Plattform noch in aller Munde und dem »Spiegel« eine Titelgeschichte

wert.

Wolfgang Tiedtke, geboren 1950 in Hamburg. Nach ei-ner kaufmännischen Ausbildung und praktischer Arbeit im Hamburger Im- und Export absolvier-te er das Abitur am

Abendgymnasium und anschließend das bibliothekarische Studium. Nach drei-jähriger Selbstständigkeit als Antiquar und Verleger schlossen sich die Biblio-theksstationen Geesthacht, Universität Hamburg (Seminar für Englische Spra-che und Kultur) und seit 1986 die Bü-cherhallen Hamburg an. Zunächst war er als Diplombibliothekar in Bergedorf und Kirchdorf tätig, nachfolgend von 1992 bis 1999 arbeitete er als Leiter der Bücherhalle Bergedorf und 1999, nach einem Wechsel in die Zentralbibliothek, folgte die Leitung des Informationszen-trums. Seit 2002 leitet Wolfgang Tiedt-ke die Portal-Abteilung und ist verant-wortlich für Internet-Auftritt, elektroni-sche Mehrwertdienste und Innovationen im virtuellen Bereich. Seit 2002 ist er im Deutschen Bibliotheksverband in der Dienstleistungskommission aktiv. – Kontakt: [email protected]

wollen Videos oder Animationen im Netz sehen. Das Bücherhallen-Portal bietet kleine Filme mit Gebärdensprache, Kun-deninterviews und Dokumentationen als Service im Netz an. Ein Problem ist zur-zeit, die großen Datenmengen dem Kun-den in angemessener Geschwindigkeit liefern zu können.

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handele sich bei Second Life um ein Spiel und ein Angebot wäre nicht mit den Zie-len einer Öff entlichen Bibliothek zu verei-nen, muss berücksichtigt werden.

Aber: Wie war das noch mit den Inno-vationen? Wie kamen sie in den Markt und auch in die Bibliotheken? RFID zum Beispiel war zunächst etwas für Industrie

nachweisbar verlässt, dürften sich in einer gutgemachten 3-D-Bibliothek als Avatar-Kunde zur Rubrik »Harry Potter« (Buch, Video, Comic – noch etwas?) durchkli-cken und aus der 3-D-Bücherhalle Da-teien auf iPod, USB-Stick, Laptop oder E-Paper herunterladen.

Wie bereits erwähnt: Wir wollen die Kunden – und nicht nur wir, sondern auch die Zeitungen, Zeitschriften, ARD und ZDF (mit ihrer Mediathek) – gewinnen, halten oder auch zurückholen. In den Wirtschaftsbetrieben und Medienhäusern ist das Ziel klar: Sie suchen und gewinnen die Kunden von morgen.

Für uns Bibliothekare ist es heute wich-tig, diese Fragen zu beantworten: Was wol-len und was sollen wir? Können wir uns auf unseren öff entlichen Auftrag berufen? Wie war der eigentlich – »Öff entliche Biblio-theken sollen alle Bevölkerungsschichten erreichen«? Na dann los! Die Bücherhal-len Hamburg haben grünes Licht für den Ausbau virtueller Aktivitäten, und zwar nicht von »LindenLab«, sondern von der Freien und Hansestadt Hamburg. – Wir sind so frei!

In Hamburg wird in Zukunft der zweigleisige Weg angestrebt: Attraktive »reale« Medien in Bürgernähe, Leseförderung und Kulturarbeit einerseits – vielfältige elektronische Angebo-te andererseits.

Redaktionsschluss für Heft 3/2008: 18. Januar

Anzeigenschluss für Heft 3/2008: 6. Februar

(www.b-u-b.de)

(Bis 2000: »Buch und Bibliothek«)Fachzeitschrift des BIB . Berufsverband Information Bibliothek e.V.(www.bib-info.de)60. Jahrgang, Nr. 01, Januar 2008ISSN 0340-0301

Herausgeber:Dr. Carola Schelle-Wolff, Hannover Prof. Dr. Konrad Umlauf, Berlin Prof. Cornelia Vonhof, StuttgartRedaktionsbeirat:Dale S. Askey, Kansas State University Library, Manhattan, KS .Prof. Jürgen Hering, Stuttgart . Dr. Jürgen Lodemann, Schriftsteller, Freiburg im Breisgau und Essen . Dr. Gerhard W. Matter, Kantons-bibliothek Baselland, Liestal . Prof. Dr. Elmar Mittler, Göttingen . Walburgis Otte, Bibliothek der FH Oldenburg/Ostfries-land/Wilhelmshaven . Dr. Georg Ruppelt, Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek/Nie-dersächsische Landesbibliothek, Hannover . Barbara Schleihagen, Deutscher Biblio-theksverband, Berlin . Dr. Harald Weigel, Vorarlberger Landesbibliothek, BregenzRedaktion:BuBPostfach 13 24 . 72703 ReutlingenGartenstraße 18 . 72764 ReutlingenTelefon (0 71 21) 34 91-0Telefax (0 71 21) 30 04 33E-Mail: [email protected]: Julia Hellmich (hel)Bernd Schleh (verantwortlich, slh) . unter Mitarbeit von Michael Reisser (rei)

Verlag und Anzeigenverwaltung:BOCK + HERCHEN VerlagPostfach 11 45 . 53581 Bad HonnefReichenbergerstraße 11 e . 53604 Bad HonnefTelefon (0 22 24) 57 75Telefax (0 22 24) 7 83 10E-Mail: [email protected]: Gabi Bott

Herstellung:Satz: Punkt & Pixel, Bad HonnefDruck: Strube OHG, GudensbergErscheinungsweise:zehn Hefte jährlich (Doppelhefte: Juli/Au-gust und November/Dezember)Preis:je Heft € 12,50, jährlich € 88,– Studierende sowie Mitglieder des VDB jährlich € 44,– Preise einschließlich Mehrwertsteuer und zuzüglich Versandgebühr.Für Mitglieder des BIB ist der Bezug im Mitgliedsbeitrag enthalten.BuB ist kündbar bis jeweils 15. November. Bezug durch den Verlag

und Großunternehmen. Und dann schrei-ben wir auf einmal das Jahr 2007, und die Bücherhallen Hamburg bekommen von ihren Zuwendungsgebern vier Millionen Euro, um diese Technik als Pilotanwender öff entlicher Dienstleistung in Hamburg einzuführen.

An dieser Stelle soll nicht für den »al-lein selig machenden Auftritt« in Second Life plädiert werden, da heute, zumindest rechtlich, große Bedenken dagegen beste-hen. Jedoch eins ist sicher: Bibliotheken müssen sich kurzfristig Gedanken ma-chen, wie sie sich denen gegenüber verhal-ten, die virtuelle Spiele bevorzugen und virtuell kommunizieren wollen.

Gerade die Gruppe der 13- bis 20-jäh-rigen Jugendlichen, die uns statistisch

Was wollen und was sollen wir? Können wir uns auf unseren öffentli-chen Auftrag berufen? Wie war der

eigentlich – »Öffentliche Bibliotheken sollen alle Bevölkerungsschichten

erreichen«?

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Bibliothek der Zukunft

Jens Ilg

Bibliothekare in DelphiZukunfts-Diskurs zwischen Prognose, Selbstermutigung und Utopie

In der bibliothekarischen Fachdiskussion gibt es immer wieder Beschreibungen und Aussagen zu Bedingungen und Gestalt einer zukünftigen Bibliothek. Wer die Diskussion inhaltlich erschließen und aus ihr Schlüsse ziehen will, muss allerdings auf einige Hindernisse gefasst sein; zum Beispiel bleibt häufi g der Status der Aussa-gen völlig unklar. Handelt es sich um eine wissenschaftlich erhärtete Prognose, eine Empfehlung, einen Diskussionsanstoß, eine Vision oder eher um eine Selbstermu-tigung? Bei genauerer Betrachtung lassen sich vier Typen von Bibliotheks-Zukunfts-beschreibungen unterscheiden: Progno-sen, Szenarien, Ideale und Utopien. Jens Ilg hat sie in seiner Masterarbeit an der Humboldt-Universität zu Berlin genauer unter die Lupe genommen und die Ergebnisse für BuB zusammengefasst.

Simulation einer architektonischen Utopie: Der Bau der »Brabentbibliothek«, datiert auf das Jahr 2040, ist ein zylinderförmiger Turm mit frei beweglichen Arbeitskabinen an der Außenseite. Der Nutzer kann sich darin an eine beliebige Stelle des Bestands navigieren.

Foto: »Bibliotheken 2040«, Bock und Herchen Verlag, Bad Honnef

Wie lässt sie sich beschreiben, die Bibliothek der Zukunft, die in der Fachdiskussion immer wie-

der zum Th ema gemacht wird? Konturen dieser Diskussion lassen sich erkennen, wenn die Aussagen aus Zeitschriftenar-tikeln, Monografi en, Broschüren und Web-Publikationen nach formalen Be-sonderheiten unterschieden werden.1 Man stößt dann auf mindestens vier Typen von Zukunftsbeschreibungen: auf Prognosen, Szenarien, Ideale und Utopien.

Bibliotheksprognosen

Ein großer Teil dieser Zukunftsdiskussion läuft auf Prognosen hinaus. Die Progno-seergebnisse erkennt man an der Behaup-tung, dass etwas in Zukunft der Fall sein

wird. Das kann sprachlich unterschiedlich ausfallen, zum Beispiel so: »Die Bibliothek der Zukunft ist teuer«, oder: »Web 2.0-Anwendungen werden künftig eine Rolle spielen«. Die Aussagen antworten auf die Frage, welche Gestalt die Bibliothek künf-tig haben wird oder welche Rahmenbe-dingungen künftig vorliegen werden.

Ein Beispiel liefert die Broschüre »Por-tale zu Vergangenheit und Zukunft«: Die

Autoren präsentieren Prognoseergebnisse aus einer Expertenbefragung zur Zukunft der Bibliothek, angepeilt wurde das Jahr 2015. Zu den Ergebnissen gehört unter an-derem: »Hauptmedium für Bibliotheken, so sehen es alle, bleibt nach wie vor das ge-druckte Buch.« Ferner sieht der Großteil der Experten die Bibliothek künftig »in einer Mischung aus Mediathek und In-fothek, Callcenter und Bürgeramt in Ver-bindung mit der zusätzlichen Rolle eines Lernortes und Buchmuseums«.2

Charakteristisch für diese Art von Aus-sagen ist, wie sie gewonnen werden. Soll eine Prognose vom Blick in die Glaskugel zu unterscheiden sein, muss unterstellt werden, dass sie sich anerkannten pro-gnostischen Methoden verdankt, dass sie begründet und überprüfbar ist. Die

Prognostik kennt zwei Methodenwege: Entweder basiert die Prognose auf Daten (zum Beispiel eine Hochrechnung). Oder sie basiert nicht auf Datenmaterial, ist also qualitativer Art, zum Beispiel eine Exper-tenbefragungen zur »Zukunft von X« nach der Delphi-Methode.

Ich gehe davon aus, dass die Bibliotheks-prognosen in dieser Diskussion nahezu ausschließlich auf qualitativem Wege ge-

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wonnen wurden. Diese Prognoseergeb-nisse resultieren häufi g aus intuitiven Einsichten mit Blick auf jüngere oder sich gegenwärtig anbahnende technologische Entwicklungen und auf Entwicklungen des Informationsbeschaff ungs- und -ver-arbeitungsverhaltens der Zielgruppe von Bibliotheken. Sie entstehen vermutlich in etwa nach gleichem Muster, wonach eine relevante Entwicklung als Trend identi-fi ziert und sodann beantwortet wird, wie dieser sich auf die künftige Bibliotheksar-beit auswirken wird.

Allerdings ist der praktische Wert einer Bibliotheksprognose eingeschränkt: Zum einen sind und können sie nur Hypothe-sen sein. Es ist also allenfalls wahrschein-lich, nicht aber sicher, dass es so kommen wird. Zum anderen kann der praktische Wert leiden unter der hohen Fehleranfäl-ligkeit besonders intuitiver Prognosen. Fehlerquellen können zum Beispiel die Unterschätzung der Komplexität des Ge-genstandes sein, für den etwas prognosti-ziert wird, beziehungsweise die Komplexi-tät des mit dem Gegenstand verwobenen Umfelds, oder die Parteilichkeit, die Ver-zerrung des Prognoseergebnisses durch eine (vielleicht unbewusst) parteiische Perspektive des Prognostikers.

Bibliotheksszenarien

Bibliotheksszenarien wiederum erkennt man am Plural: Sie skizzieren die künftige Bibliothek in mehreren, für gleich wahr-scheinlich gehaltenen und in der Regel plastischen Beschreibungen. Sie beantwor-ten die Frage, welche möglichen Gestalten die Bibliothek künftig haben könnte oder welche relevanten Rahmenbedingungen künftig möglich sein könnten. Mit Sze-narien zu arbeiten bietet sich an, wenn die Unsicherheit darüber hoch ist, ob die bedeutenden Entwicklungseinfl üsse bekannt sind, ob sie sich konstant entwi-ckeln und neue nicht hinzutreten werden. Szenarien rücken ab von der Vorstellung, dass die Rahmenbedingungen konstant genug bleiben, um eine Bibliotheksprog-nose wagen zu können.

1 Berücksichtigt wurden Beschreibungen zur »Bibliothek der Zukunft« seit den Neunziger-jahren im deutschen Sprachraum.

2 Jürgen Seefeldt, Ludger Syré: Portale zu Ver-gangenheit und Zukunft: Bibliotheken in Deutschland. Hildesheim, 2003, Seite 98 und 100. Die dritte Aufl age (2007) enthält diesen Abschnitt nicht mehr.

3 Henk Das, Maija Berndtson, Rolf Hapel: Einfl uss virtueller Medien auf die physische Bibliothek. Gütersloh, 2002

Ein Beispiel sind die von Henk Das, Mai-ja Berndtson und Rolf Hapel erarbeiteten Szenarien, wohin sich Konzepte kommu-naler Bibliotheken entwickeln könnten.3 Dafür wurden die künftig die Bibliotheks-entwicklung bestimmenden Faktoren und deren erwartete Entwicklung identifi ziert. Das sind unter anderem der Rückgang papiergebundener Buchproduktion, die Zunahme der Nutzung internetbasierter Medien und Micropayment. Daraus abge-leitet wurden vier Szenarien der künftigen Nutzung von Bibliotheksgebäuden, die sich tendenziell zur »Info-Tankstelle« oder zum »Gemeindezentrum«, zum »Zentrum für off enes Lernen« oder zum »Kulturcafé« entfalten könnten.

Charakterisiert sind Szenarien durch ihre Methode, die Szenariotechnik. Die-se unterscheidet sich von der intuitiven Prognostik dadurch, dass der Ermittlung dessen, womit künftig zu rechnen ist, eine Analyse der auf die Bibliotheksentwick-

lung Einfl uss nehmenden Faktoren und deren Zusammenspiel vorangeht.

Vereinfacht dargestellt geht sie so vor: Zunächst werden alle relevanten Felder identifi ziert, die auf die Bibliotheksent-wicklung überhaupt Einfl uss nehmen können, zum Beispiel Recht, Publikati-onswesen, Energiepolitik, sodann alle die darin relevanten einzelnen Einfl ussfakto-ren – für das Feld Recht zum Beispiel das Urheberrecht, die Umsatzsteuer- und die Buchpreisbindungsgesetzgebung.

Daraus wiederum werden die selektiert, die für die künftigen Schlüsselfaktoren gehalten werden; für diese gilt es nun, vier (oder sechs) mögliche Entwicklungs-verläufe anzunehmen (hier kommen Pro-gnosen ins Spiel). Zum Beispiel für den Schlüsselfaktor »Anteil elektronischer Pu-blikationen an Monografi en« für das Jahr 2015 (fi ktive Beispielzahlen):a) nimmt zu auf 25 Prozent, b) nimmt zu auf 40 Prozent,

Wie haben frühere Generationen sich die Zu-kunft vorgestellt? Welche literarischen Ant-worten, welche Träume und Albträume be-schreiben Dichter und Schriftsteller in ihren Werken? Georg Ruppelt, Direktor der Gott-fried Wilhelm Leibniz Bibliothek Hannover, hat in seinem neuen Buch »Nachdem Martin Luther Papst geworden war und die Alliierten den Zweiten Weltkrieg verloren hatten. Lite-rarische Alternativen zur besten der Welten« (Wehrhahn Verlag, 2007) spannende, hei-tere, mitunter auch beängstigende Antwor-ten auf Zukunftsfragen zusammengetragen. Es geht dabei zum Beispiel um die Zukunft der Bücher in Zukunftsbüchern, um Arbeit und Arbeitslosigkeit in der utopischen Lite-ratur, um Gott auf Erdenbesuch, aber auch um Wein- und Weltraumfantasien. Und es geht um einen bibliothekarischen Kongress im Jahre 2021, von dem Georg Ruppelt selbst berichtet. Die Bundeskanzlerin heißt im Jahr 2021 Yüzgül Schiller und lässt es sich nicht nehmen, den Bibliothekskongress persön-lich zu eröffnen. Die Bertelsmann-Stiftung ist zur Bertelsfrau-Stiftung umgetauft wor-den. Und die deutsche Bibliotheksgesetzge-bung hat ganz Europa inspiriert. Die Gedan-ken sind frei! hel

Im Jahr 2021 lässt es sich die Bundeskanz-lerin natürlich nicht nehmen, Bibliotheks-kongresse persönlich zu eröffnen, berichtet Georg Ruppelt in seiner neuesten Zukunfts-fantasie.

Letzte Bücher, Bertelsfrau-Stiftung und Chefsache BibliothekGeorg Ruppelt erkundet literarische Alternativen zur Wirklichkeit

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Bibliothek der Zukunft

c) nimmt wieder ab auf 5 Prozent, c) stagniert bei 15 Prozent. Die angenommenen Trends aller Schlüs-selfaktoren lässt man sodann gedanklich aufeinander wirken, sodass daraus vier Übersichten künftig möglicher Entwick-lungen entstehen. Das Verfahren endet mit deren anschaulicher Beschreibung anhand ihrer hervorstechenden Charak-teristika.

Mit Szenarien und Prognosen kann der Unsicherheitsgrad, was künftig sein wird, reduziert werden, indem der Informati-onsgrad erhöht wird. Diese Information dient unter anderem der Festlegung strate-gischer Ziele und dem Ideenmanagement, wo es um systematisches Verbessern und Neuentwickeln von Bibliotheksprodukten geht (zum Beispiel Web-2.0-Dienstleis-tungen), wofür das ständige Beobachten technologischer Trends und künftiger He-rausforderungen unentbehrlich ist, soge-nanntes Environmental Scanning.

Bibliotheksideale

Der Inhalt von Bibliotheksidealen sind allgemeine wünschenswerte Rahmenbe-dingungen und Gestalten von Bibliothe-ken. Sie antworten auf die Frage, wie oder was die Bibliothek sein sollte. In ihnen drückt sich aus, welcher allgemeine Zweck mit einer Bibliothek angestrebt werden sollte (zum Beispiel anerkannter Teil der Bildungsinfrastruktur zu sein) und mit welchen allgemeinen Mitteln gearbeitet werden sollte (zum Beispiel mit einem Gesamtkatalog aller nachgewiesenen Publikationen mit lokaler Sicht). Auch wenn Bibliotheksideale zukunftsbezogen formuliert werden, machen sie keine Vo-raussagen; ihnen fehlt die prognostische Kraft.

Ein Beispiel ist die von Elmar Mittler beschriebene Zukunftsbibliothek: »Für die Bibliothek an der Schwelle des 3. Jahrtau-sends und ihre Dienstleistungen möchte ich (…) sechs Ziele aufstellen, die als uto-pisches Ideal wirken müssen (…). In der Bibliothek der Zukunft bekommt man als Nutzer 1. alles, was man braucht, 2. alles,

wie man es braucht, 3. alles, wann man es braucht, 4. alles, wohin man es braucht, 5. mehr, als man weiß, 6. alle veröff entlich-ten Informationen im freien Zugriff .«4

Bibliotheksideale sind keine Ziele. Sie sind nicht erledigt, wenn tatsächlich hier oder dort der Idealzustand eingetroff en ist. Die Bibliotheksgeschichte ist voll von Bibliotheksidealen. Für die historische Universalbibliothek bestand das Ideal im unendlichen Sammeln, Bewahren und Erschließen aller Publikationen an einem Ort, in der Aufklärung war die Demokra-tisierung des Wissens das Ideal, und heute besteht ein Ideal in der Dienstleistungs- und Bildungsorientierung.

Diese Variabilität belegt, dass es Zu-schreibungen sind, und zwar Zuschrei-bungen dessen, was eine Bibliothek, immer nahezu naturgemäß, sein sollte. Das Ideal wird nicht einfach daraus abgeleitet, wie eine Bibliothek wissenschaftlich defi niert ist.5 In dieser Beliebigkeit steckt auch ein Problem: Der Bibliothek lassen sich unend-lich viele Zwecke zuschreiben – was auch in dieser Diskussion geschah –, sie lassen sich aber nicht im selben Umfang anstreben.

Bibliotheksideale sind auch in Leitbil-dern im Einsatz, die als »Richtungsweiser« (Konrad Umlauf) Orientierungsfunk-tion übernehmen. In das gemeinsame Leitbild Öff entlicher Bibliotheken in Baden-Württemberg ist dieses Ideal einge-gangen: »Die Leistungen der Bibliotheken werden von ihren Trägern durch ausrei-chende fi nanzielle, personelle, räumliche und technische Ausstattung gesichert.«6

Bibliotheksutopien

Eine Bibliotheksutopie tut gewissermaßen so, als sei ein bestimmtes Bibliothekskon-zept realisiert – aber nur in dieser Utopie, die häufi g auf einen willkürlich gewählten fernen Zeitpunkt datiert wird. Zweitens lassen sich Utopien an ihren irrealen Bib-liothekskonzepten erkennen, die darin fi ktiv realisiert wurden. Irreal sind Kon-zepte, wenn sie auf Technologien beruhen, die heute als unmöglich gelten (Science-Fiction), irreal und damit utopisch sind sie aber auch, wenn sie aus Technologien oder Praktiken hervorgehen, die in der BID-Branche unüblich sind, zum Beispiel wenn in der Utopie das Modell der Verzinsung aus dem Kreditwesen auf die Bibliothek übertragen wird, die ihre Medien gegen Medienzins ausleiht (fünf Bücher leihen, sechs zurückbringen etwa).

Ein Beispiel aus »Bibliotheken 2040«7 ist die architektonische Bibliotheksutopie »Brabantbibliothek« von Winny Maas. Sie soll die zentrale Bibliothek für die Regi-

on Brabant sein, die den gesamten Buch-bestand dieser Region aufnimmt und in einem zylinderförmigen Bücherturm sys-tematisch aufgestellt präsentiert. Der Bau hat nur eine Etage, einen spiralförmig ansteigenden stufenlosen Aufgang. Die Arbeitskabinen sind auf der Außenseite des Turms frei beweglich angebracht, die der Nutzer so an eine beliebige Stelle des Bestands navigieren kann. Die immer ge-öff nete Bibliothek ist zugleich das Zentral-gebäude eines Komplexes, zu dem unter anderem ein Th eater, ein Bahnhof und ein Supermarkt gehören.

Bibliotheksutopien verdanken sich, an-ders als Bibliotheksprognosen und -szena-rien, einer Refl exion: Was eigentlich macht eine Bibliothek aus? Was sollte sie bewir-ken, was sollte sie lassen? Die ebenfalls in »Bibliotheken 2040« veröff entlichte Uto-pie »Bibliothéque d’amis« zum Beispiel re-sultierte aus der Überlegung, dass sich eine Bibliothek durch Selektion und radikale Reduktion auf »gute Bücher« auszeichne; diese Utopie konnte die Informationsver-sorgung durchaus mit zwei Büchern pro Jahr bestreiten. Für Bibliotheksutopien typisch ist auch die gezielte Ignoranz der Realisierbarkeit ihrer Konzepte, die für die irrealen, unorthodoxen Lösungen verant-wortlich ist. Diese Ignoranz fi ndet sich bei keinem der oben genannten Typen. Damit fehlt Utopien wie Idealen auch der prog-nostische Charakter; die Datierung auf ei-nen bestimmten Zeitpunkt ist nicht prog-nistisch gemeint, sondern methodischen Gründen geschuldet.

Das Studium von Bibliotheksutopien kann dennoch so lohnenswert sein wie das realer Bibliotheken (zum Beispiel als Best Practise-Studie). Es liegt auf der Hand, dass Utopien nicht allein der Unterhal-tung dienen, sie können eine besonders gute Inspirationsquelle für Lösungsideen zu realen Problemen sein. Diese Ansicht teilte zum Beispiel auch die ESA, die von 2000 bis 2001 Science Fiction-Literatur auswerten ließ hinsichtlich Lösungen für Weltraumtechnologien (Projekt »Innova-tive Technologies from Science Fiction«). Neben Preisauslobungen für die beste rea-le Bibliothek könnten also auch solche für fi ktive Bibliotheken treten.

4 Elmar Mittler: Die Bibliothek der Zukunft. In: Bibliothek: Forschung und Praxis, 2 (1996), Seite 259

5 Vgl. zum Beispiel: Gisela Ewert, Walther Umstätter: Die Defi nition der Bibliothek. In: Bibliotheksdienst, 6 (1999), Seite 957– 971

6 Jürgen Blim: Eine gemeinsame Vision in zwölf Punkten. In: BuB 56 (2004) 4, Seite 294–297

7 Rob Bruijnzeels, Nicole van Tiggelen: Bib-liotheken 2040: Die Zukunft neu entwerfen. Bad Honnef, 2003

Jens Ilg, ursprünglich gelernter Koch, studierte Philosophie und Theaterwissenschaft. Im Jahr 2007 schloss er das Bibliotheksreferendariat an der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen ab. Seit 2008 arbeitet er als Fachreferent für Philosophie und Theologie an der Universitätsbibliothek Würzburg. – Kontakt: [email protected]

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 64 Bibliothek der Zukunft

Wo man Gespräche ausleihen kann

»Lebende Bücher in der Bibliothek« in Berlin Marzahn-Hellersdorf

Die Öffentliche Bibliothek der Zukunft braucht ein ganz neues dialogisches Ele-ment, um zum sozialen Begegnungsraum zu werden. Öffentliche, frei verfügbare Räume gewinnen in der Gesellschaft des 21. Jahrhunderts an Bedeutung. Gemeint sind die raren Orte in Stadt und Kom-mune, an denen Menschen sich ohne Konsumzwang aufhalten und ideologie- und konfessionsunabhängig in Dialog treten können. So wie in dem Projekt »Lebende Bücher in der Bibliothek«1, das die Mark-Twain-Bibliothek im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf anlässlich des Welttag des Buches ausprobiert hat – und mit vielen Besuchern, einem großen Medienecho und einem Grußwort vom Regierenden Bürgermeister Klaus Wowe-reit belohnt wurde.

Statt Bücher gab es Gespräche mit Menschen auszuleihen, die sich für die Gesellschaft engagieren, außer-

gewöhnliche Berufe ausüben und unge-wöhnliche Lebenskonzepte verfolgen. So sind auch Menschen miteinander ins Gespräch gekommen, die sich sonst wahr-scheinlich niemals kennengelernt hätten.

Die aus Dänemark stammende Idee der »Living Library«2 wurde in der Berliner Mark-Twain-Bibliothek im Bezirk Mar-zahn-Hellersdorf konzeptionell verändert: Statt um das Th ema Antidiskriminierung ging es um die Bibliothek als Ort der Be-gegnung und des Dialogs. Ausleihen ließen sich 14 Personen, darunter ein Entwick-lungshelfer, ein Pastor, eine Greenpeace-Aktivistin und ein Paralympics-Athlet.

Am Projekttag waren Schülerinnen und Schüler einer fünften Klasse die ersten Gäste – sie wollten sich kaum von ihren Gesprächspartnern trennen. Die Mittags-stunden waren für zwei elfte Klassen reser-viert. Rege Gespräche erfüllten die Räume zwischen den Regalen.

Am Nachmittag waren Einzelgesprä-che möglich, die »Entleiher« hatten sich ihre »Lebenden Bücher« dafür sogar vor-merken lassen. Viele der Besucher waren so begeistert von ihrer »Lektüre«, dass die ursprünglich geplanten 30 Minuten Ge-sprächszeit nicht ausreichten. Es war eben genau wie beim Lesen eines faszinierenden

Bei der Aktion »Lebende Bücher in der Bibliothek« nach dänischem Vorbild kommen sich Men-schen näher, die sich sonst vielleicht nie getroffen hätten. Wie Oumar Diallo, Leiter des Afrika-Hauses Berlin, und die ältere Dame, die ihn zum Gespräch ausgeliehen hat. Foto: Schachner

1 Die Aktion wurde gemeinsam geplant und organisiert von Niko Schachner, Absolvent der FH Potsdam, und Maike Niederhau-sen, zuständig für die Öff entlichkeitsarbeit der Bibliotheken in Marzahn-Hellersdorf. Zum Weiterlesen: Niko Schachner: Lebende Bücher in der Bibliothek: Umsetzung eines »Living Library«-Projektes und die Bedeu-tung des Konzeptes für die bibliothekarische Arbeit. Diplomarbeit, FH Potsdam, Fachbe-reich Informationswissenschaften. Die Arbeit erhielt den Hochschulpreis der FH Potsdam.

2 Siehe auch: Ronni Abergel: Don’t jug-de a book by its cover! Th e Living Library Organiser’s Guide. Budapest: Council of Europe Publishing, 2005

3 Internationale Weiterbildung und Entwick-lung gGmbH: www.inwent.org

4 Kampagne »Alle anders – Alle gleich«: www.jugendkampagne.de

5 Das Grußwort von Klaus Wowereit zu »Le-bende Bücher« ist zu fi nden unter: www.stb-mh.de/Projekte/3.html

6 Maija Berndtson: From a Hybrid Library to a Boundless Library. Libraries in the Ubiqui-tous Society, 2006

Textes: Man kann nicht mehr aufhören! Der Veranstaltungstag brachte der Biblio-thek einen Besucherrekord.

Aber vor allem entpuppte sich dieses Konzept als sehr erfolgreich in Sachen neue Kontakte und öff entliche Wertschät-zung. Die Kontakte zu den »Lebenden Bü-chern« schufen neue Anknüpfungspunkte für das Netzwerk der Bibliothek. Ideen für zukünftige Zusammenarbeit wurden ent-wickelt. Das Projekt hat zahlreiche Unter-stützer gefunden, unter anderem den För-derverein der Stadtbibliothek, »Inwent«3 und die Kampagne »Alle anders – Alle gleich«4. Die ganze Aktion wurde zudem beinahe vollständig durch Sponsorengel-der fi nanziert.

Als einen Meilenstein bei der Entwick-lung einer Zukunftsvision für Öff entliche Bibliotheken lobte Stefan Komoß, Stadtrat für Bildung, Kultur und Sport, die Initia-tive in seiner Eröff nungsrede. Die Bezirks-bürgermeisterin Dagmar Pohle stellte sich selbst als »Lebendes Buch« zur Verfügung. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, schrieb ein Grußwort.5

Das Medienecho war vor und nach der Veranstaltung groß. Im Vorfeld wurde das Ereignis in einem Live-Radiointerview beworben. Zahlreiche Vertreter der Pres-se waren am Veranstaltungstag vor Ort. Ein Aufnahmeteam des ZDF drehte einen Beitrag für die Sendung »Sonntags«. Die Bibliothek konnte sich gemäß ihrem Leit-bild als Ort der Begegnung und Kommu-nikation beweisen.

Nur durch ein vielfältiges und ideenrei-ches Angebot kann sich eine »grenzenlo-se Bibliothek«6 entwickeln, die auch den

sozialen Bedürfnissen einer technisierten Gesellschaft entspricht. Angebote wie das Konzept der »Living Library« fügen Bib-liotheken dialogische Komponenten hin-zu. Menschen sollen sich dort wohlfühlen und nicht lediglich Medienspeicher vor-fi nden.

Eine Schülerin beantwortete die Frage, ob sie durch die Aktion etwas Neues ge-lernt habe mit den Worten: »Ja, dass die Welt viel komplexer ist, als ich dachte.« Wenn Bibliotheken zu dieser Erkenntnis verhelfen und neugierig machen auf die komplexe Welt, dann haben sie einen gro-ßen Teil ihrer Aufgabe erfüllt.

Maike Niederhausen, Niko Schachner

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Bibliothek der Zukunft

Erik Friedling, Martin Götz, Claudio Schmidt

Spaziergang durch die gedachte BibliothekComputeranimierte 3-D-Modelle visualisieren Räume, die in Zukunft real werden sollen

3-D-Modelle helfen bei der Gestaltung eines Architekturmodells. Die geplanten Räume können mithilfe der computer-animierten Visualisierung zunächst umfänglich ausgestattet und dekoriert werden – und dann kann auch schon die erste »Kamerafahrt« durch das Gebäude beginnen. Alle Räume lassen sich jetzt aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten, Licht- und Materialvariationen können simuliert werden. An der Stuttgarter Hochschule der Medien (HdM) wird zur-zeit ein Bibliotheksneubau geplant, um darin eines Tages die auf zwei Standorte verteilte Hochschulbibliothek zusammen-zuführen. Für den Neubau gibt es schon Zeichnungen und Modelle – und sogar ein computeranimiertes 3-D-Modell, mithilfe dessen man virtuell durch die Räume von morgen schlendern kann.

Ein verhältnismäßig neuer Trend sind interaktive 3-D-Visualisierungen im Internet (Web3D); als stellvertre-

tende Beispiele seien Google-Earth und die diversen Web-Routenplaner genannt. Doch gehen wir erst mal einen Schritt zu-rück: CAD-Programme1 können nicht nur technische Zeichnungen, sondern auch sogenannte Volumenmodelle erstellen. Mit deren Hilfe können Konstruktionen entwickelt werden; neben dem Auto- und Schiff sbau, Maschinen- und Anlagenbau auch im Bibliotheksbau.

Mit diesen Volumenmodellen kann man, mit geeigneter Software, interessan-te Simulationen durchführen – wie etwa Belastungssimulationen von Materialien oder Bauteilen, Farbsimulationen von Wänden, Böden, Decken, Klimasimula-tionen verschiedener Temperaturen und Lichtsimulationen in unterschiedlichen Bereichen von Bibliotheksbauten. Die Simulation und Visualisierung hat off en-sichtlich einen hohen Stellenwert in der Architektur erlangt und wird vielfältig eingesetzt.

Dank der heutigen 3-D-Technik ist fast jeder Personal Computer in der Lage, 3-D-Visualisierungen in Echtzeit darzustellen. Das hat vielfältige Vorteile:� Vor allem ist es möglich, verschiedene Raumsituationen fotorealistisch darzu-stellen und damit den Projektpartnern sehr eindrücklich zu präsentieren.� Dies betriff t die gesamte (in unserem Fall oft städtebauliche) Umgebung, die bereits bestehenden Anlagen, die Außen- und die Innenräume.� Diese können in verschiedenen Licht-verhältnissen beobachtet werden (Ta-ges- und Nachtlicht, in der Dämmerung, der Sonnenstand kann simuliert werden, ebenso der Schattenwurf, und neben dem natürlichen Licht kann auch das Kunst-licht »berechnet« werden).� 3-D-Visualisierungen gewähren vor allem in der Entwurfsphase eine enorme Hilfestellung für die Gestaltung. Die Tat-sache, Räume zunächst uneingeschränkt ausstatten und dekorieren zu können, an-schließend virtuell zu durchgehen und alle Räume aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten, schaff t zahlreiche, neue und nützliche Möglichkeiten:� Bei Veranstaltungen vor Entscheidern (Kommunalpolitiker, Bauamt) kann eine Präsentation/Simulation überzeugend die Bibliotheksplanung »ins rechte Licht rü-cken« und eine nicht unerhebliche Argu-mentationshilfe darstellen. � Die Perspektiven dazu sind frei wähl-bar, Bauobjekte können in eine simu-lierte Umwelt eingefügt werden und die

Gesamtsituation überschaubar machen, Farben und Formen können blitzschnell geändert werden, virtuelle Rundgänge at-traktiv animiert werden.� Bislang Unsichtbares kann sichtbar ge-macht werden, verschiedene Schnitte und Ansichten können weitgehend problemlos erstellt werden.� Kompliziertes kann man darstellen und damit vereinfachen, sodass die Sach-verhalte von allen Betrachtern schnell vi-suell erfasst und intuitiv verstanden wer-den können.� Einzelne Raumsituationen können de-tailliert betrachtet werden.� Die verbesserte Kommunikation kann möglicherweise dabei helfen, Kosten ein-zusparen (weil Fehler beziehungsweise daraus resultierende Änderungen beim Bauen vermieden werden).� Die erarbeiteten Modelle können später weiterverwendet werden (als Werbung auf der Website oder etwa bei der Erstellung von Leit- und Orientierungssystemen).� 3-D-Visualisierungen können dabei helfen, Investoren für eine Bibliothek zu gewinnen, etwa bei Public Private Partner-ships (PPP).� Es entstehen insgesamt, zum Vorteil al-ler Beteiligten, aussagekräftige Entwurfs-szenarien, die dabei helfen, dass optimale Entscheidungen getroff en werden.

Ein weiterer Vorteil ist, dies sei hier ab-schließend nur kurz angedeutet, dass die in der bibliothekswissenschaftlichen Li-teratur viel beschriebene Kluft zwischen architektonischem Entwurf und biblio-thekarischem Konzept2 dadurch verrin-gert werden kann, dass auch bauende Bib-liothekare sich auf das Feld der Ästhetik wagen, ihre Ideen per CAD entwickeln und den verschiedenen Projektpartnern anschaulich darstellen können.

Die Kommunikationsdefi zite der beiden wichtigsten Generalisten3 im Planungs-prozess werden durch die Technik verrin-gert. Die architektonisch-künstlerischen Konzepte werden mit bibliotheksfachli-chen Konzeptionen konfrontiert, und die Praxistauglichkeit der Planung kann über-prüft werden. Dabei ist zunächst off en, welcher der beiden Partner, im Sinne einer

1 Computer-Aided-Design2 Vgl. Klaus Ulrich Werner: Muss der Direktor

immer dabei sein? Gedanken eines bauenden Bibliothekars. In: Libreas 1/2005. (www.lib-reas.de)

3 Vgl. Konrad Heyde: Bibliotheksplanung im Spannungsfeld ästhetischer und funktiona-ler Konzeption. In: Bibliothekskultur entwi-ckeln: 50 Jahre Staatliche Fachstelle für das öff entliche Bibliothekswesen Freiburg. Re-daktion: Volker Barnbrock und andere

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 66 Bibliothek der Zukunft

attraktiven und faszinierenden Bibliothek, zurückstecken muss.

Auf jeden Fall kann die 3-D-Visua-lisierung Bibliothekaren dabei helfen, eine selbstbewusste Bibliothekskultur zu entwickeln.4 Die starre Rollenverteilung: »Bibliothekare fordern, Architekten ent-werfen, Juroren entscheiden, Politiker entscheiden erst recht«5 wird, zumindest die ersten beiden Punkte betreff end, ein wenig aufgelöst. Dies wird im Folgenden anhand des Planungsprozesses der neu zu bauenden Bibliothek der Hochschule der Medien in Stuttgart veranschaulicht.

Ausgangssituation in Stuttgart

Im Jahr 2001 entstand durch die Fusion der Hochschule für Bibliotheks- und In-formationswesen (HBI) mit der Hoch-schule für Druck und Medien (HDM) die neue Hochschule der Medien (HdM). Verwaltungsschwerpunkt wurde dabei der Standort der ehemaligen Hochschule für Druck und Medien am Unicampus in Stuttgart-Vaihingen. Die ehemalige Hochschule für Bibliotheks- und Infor-mationswesen in der Stadtmitte wurde zur Außenstelle beziehungsweise zum Sitz der neugegründeten Fakultät »In-formation und Kommunikation«. Die bisher getrennten eigenständigen Fach-hochschulbibliotheken verschmolzen zu einer großen Bibliothek mit nunmehr zwei gleichwertigen Standorten.

Um auch ein räumliches Zusammen-wachsen der bisher getrennten Hochschu-len zu ermöglichen, wurde politisch schon sehr früh die Planung eines separaten Erweiterungsbaus am Hauptstandort in Stuttgart-Vaihingen in Aussicht gestellt, zumal die räumliche Situation der ehema-ligen HBI mit den angemieteten Räumen bereits vor der Fusion als ewiges Proviso-rium galt. Schon seit Ende der Siebziger-jahre war immer wieder ein Neubau für die stark expandierende HBI vom Minis-terium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg versprochen worden. Die beiden getrennten Bibliothe-ken sollten mit dem Wegfall des zweiten Standorts räumlich zusammengelegt wer-den.

Da eine Integration der Bestände vom Standort Stadtmitte in die Bibliothek am HdM-Hauptstandort aus Platzgründen unmöglich ist, war schnell klar, dass die zusammengelegte Bibliothek in einem Neubau entstehen musste. Ein Haupt-gedanke war: Die Bibliothek als zentrale Einrichtung der Hochschule garantiert die funktionale Anbindung des Neubaus an den gesamten Gebäudekomplex der

Hochschule und sorgt für eine schnelle In-tegration der bisher separaten Fakultät 3 in den Hochschulbetrieb am gemeinsamen Standort.

Konkrete Planungen führten schon im Mai 2002 zu einem ersten Raumbuch für die Berechnung des Flächenbedarfs, in dem die gesamte Fakultät 3 (vormals HBI mit circa 800 Studenten und 30 Professo-ren) und die zusammengelegte neue Bib-liothek unterzubringen ist. Von Anfang an war also an keinen reinen Bibliotheksneu-bau gedacht. Die Bibliothek muss sich den Neubau sowohl räumlich als auch fi nanzi-ell mit der Fakultät 3 teilen.

Unterzubringen sind circa 120 000 Me-dieneinheiten, davon circa 400 laufende Fachzeitschriften, 7 000 Prüfungsarbei-ten, 6 000 Filmvideos und DVDs, ein Kindermedienzentrum mit 4 500 Kinder-

Schon beim Erstellen des Raumbuches wurde klar, dass die Gesamtplanung des Neubaus den in Aussicht gestellten fi nanzi-ellen Rahmen sprengen würde. Sowohl die Fakultät als auch die Bibliothek mussten erhebliche räumliche Abstriche machen. Die benötigte Mindestfl äche umfasste laut Raumbuch 2 000 Quadratmeter ohne zu erwartenden Bestandszuwachs, verfügbar waren aber nur 1 500 Quadratmeter.

Es galt deshalb, eine optimale Umset-zung zu fi nden. Es galt, keinen Platz zu verschwenden und dennoch eine Biblio-thek zu bauen, die sowohl modernsten technischen Gesichtspunkten (RFID, WLAN-Anbindung, Medienrückbu-chungs- und Sortieranlage, Selbstver-buchungsterminals) und funktionalen Aspekten (Einzel- und Gruppenarbeits-plätze, Seminarräume, Mediothek, fl e-

und Jugendmedien, eine Comicsamm-lung, etwa 2 500 Tonträger, 350 Einheiten Computerspiele und Lernsoftware, eine Sammlung von 250 Gesellschafts- und Brettspielen, umfangreiche Magazinbe-stände, ein klimatisiertes Wertarchiv mit Faksimileausgaben und Rara zur Biblio-theks-, Buch- und Druckgeschichte, die Sammlung aus der Stiftung schönste Bü-cher, eine separate Frauenbibliothek mit circa 2 000 Medieneinheiten und Arbeits-plätze für sieben Bibliotheksmitarbeiter, einen Auszubildenden und mehrere Hilfs-kräfte. Das Angebot der Bibliothek richtet sich an circa 4 000 Studenten und 200 Mitarbeiter.

xible Ausstellungsfl ächen, Cateringzone, Leseecken, Chill-out-Zonen, Infopoints, Neuerwerbungsregale, Selbstabholerre-gale für Vormerkungen) als auch ästheti-schen Ansprüchen genügen soll.

Dabei sollte sie möglichst behinderten-gerecht und fl exibel sein, um auch zukünf-tigen Anforderungen gerecht werden zu können.

Grundvoraussetzung dafür wird eine Reduzierung des frei aufgestellten Medi-enbestands auf maximal 60 000 Einheiten sein (50 Prozent des aktuellen Gesamtbe-stands). Erreicht soll das werden durch:� strenge Revision der Bestände,� Verzicht auf alle entbehrlichen Dublet-

Fertig eingerichtetes 3-D-Modell vom Erdgeschoss der geplanten Hochschulbibliothek Modell: Claudio Schmidt, Sheena Weidt

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Bibliothek der Zukunft

ten und nicht mehr dem Nutzungspro-fi l entsprechenden Medien,

� Auslagerung in ein neues Archiv im Altbau mit Kompaktanlage,

� verstärkten Ausbau der digitalen Ange-bote (E-Journals statt Printausgaben, Digitalisierungprojekte, Volltextspei-cher),

� Notebookverleih anstelle von stationä-ren PC-Arbeitsplätzen.

Der Bauentwurf vom Universitätshoch-bauamt Stuttgart machte das Rennen. Besonderheiten sind: eine markante Ar-chitektur in Form eines spitz zulaufendes Halbovals, unterschiedliche Stockwerk-zahlen, eine Bibliothek auf zwei Etagen, verbunden mit Wendeltreppe, halbrunde Formen und spitze Winkel, überwiegend Glaswände, zwei Bibliotheksinnenhöfe.6 Auf dieser Grundlage bieten sich verschie-dene Varianten der Planung und Visuali-sierung an.7

Das Papier-Verfahren

Für diejenigen, die gut mit Plänen um-gehen können bietet sich die altbewährte Methode des Arbeitens mit und auf den Plänen des Architekten an. Dabei werden benötigte Elemente der Einrichtung wie beispielsweise Regale, Arbeitsplätze und Opac-Stationen aus Pappe oder Papier zweidimensional maßstabsgetreu nach-gefertigt (einfach aufgemalt und ausge-schnitten) und auf dem Plan angeordnet und gegebenenfalls aufgeklebt.

Diese Methode ist die Grundlage für alle anderen Methoden, da sie auf den Plä-nen des Architekten basiert und durch das Papier-Verfahren eine erste Umsetzung des Raumprogramms und damit eine grundlegende Aufteilungen der Räume vorgenommen werden kann.

Auch im Projekt »Bibliothek 2009« wa-ren die Pläne der Architekten die Grund-

lage für eine erste Verteilung des Mobiliars und die Schaff ung verschiedener Bereiche im Neubau. Dabei wurde schon gleich op-tisch deutlich, dass der aktuelle Bestand der Bibliothek im Neubau nicht unterge-bracht werden könnte, wenn die Richtlini-en für Bibliotheksbauten8 auch nur halb-wegs angewandt und befolgt würden.

Das Nachbau-Verfahren

Das Nachbau-Verfahren setzt den Plan des Architekten in einem Nachbau aus Papier, Karton oder sonstigen Materialien um. So wird ein erster Eindruck des Bau-vorhabens möglich. Dieser kann auch von Architektur-Laien, welche Bibliothekare häufi g sind, und Personen mit geringerer räumlicher Vorstellungskraft untersucht, verstanden und, falls nötig, geändert wer-den. Dieses Modell kann dem Architek-ten gezeigt werden, der wiederum die ge-wünschten Änderungen eventuell besser nachvollziehen kann.

Das computeranimierte 3-D-Modell:

Das 3-D-Modell vereint die Vorzüge des Nachbaus mit der Möglichkeit, die neu zu bauenden Räume auch virtuell zu be-gehen.

Für den Bibliotheksbereich stellt die Firma Lenk ein CAD-Programm9 zur Verfügung, mit dem Räumlichkeiten vir-tuell dargestellt werden können und das vom Bibliothekar mit den gewünschten Elementen bestückt werden kann. Der Vorteil dieses Programms ist, dass es auf eine Datenbank zurückgreift, die alle lie-ferbaren Elemente der Firma Lenk bein-haltet. Die ausgewählten Möbel können direkt von der Firma aus dem 3-D-Modell gelesen und entsprechend den Wünschen der Bibliothek angefertigt und geliefert werden. Der Nachteil dieses Programms

4 Vgl. Ebd.5 Wolfram Henning: Bibliotheksbauten für das

Medienzeitalter? Impulse und Konventionen am Beispiel einiger Wettbewerbe. In: Askan Blum / Wolfram Henning (Hrsg.): Bibliothek in der Wissensgesellschaft: Festschrift für Pe-ter Vodosek

6 Siehe Pläne auf der Homepage der HdM un-ter www.hdm-stuttgart.de/hochschule/ein-richtungen/bibliothek/neubau/

7 Diese wurden im studentischen Projekt »Bib-liothek 2009 – Entwurf einer Konzeption für die neu zu bauende Bibliothek der Hochschu-le der Medien, Stuttgart (HdM)« im Win-tersemester 2006/07 an der HdM erarbeitet beziehungsweise nachvollzogen.

8 Zum Beispiel der DIN-Fachbericht 13 oder etwa die HIS-Empfehlungen.

9 Lizensierungsplichtige Software der Firma Arcon

10 SketchUp Homepage: www.sketchup.com11 Die professionelle Version beinhaltet Export-

möglichkeiten in andere Formate sowie die Integration von Zusatzmodulen. Kosten circa 500 US-Dollar

12 In Google Sketchup 5 (Deutsche Version ) ist in der kostenlosen Version nur der Export von Dateien in Bildformate, wie beispielsweise JPG, möglich. Der Export in andere CAD-Formate ist nicht möglich. In der kostenlosen Version von Google Sketchup 6 (Englisch) sind die selben Exportfunktionen wie in Ver-sion 5 gegeben. Zusätzlich können Dateien aber auch als Video exportiert werden.

13 Claudio Schmidt für das Erdgeschoss, Sheena Weidt für das Obergeschoss

Erik Friedling, ge-boren 1966, verhei-ratet, zwei Kinder, absolvierte zunächst eine Buchhändler-lehre und studierte anschließend Buch-wesen, Komparatis-tik und Informati-

onswesen. Es folgte das Studium an der Hochschule für Bibliotheks- und Infor-mationswesen (HBI) in Stuttgart mit dem Abschluss als Diplom-Bibliothekar (WB). Er absolvierte Praktika in Redaktionsar-chiven verschiedener Regionalzeitungen und war in der Bibliothek der evangeli-schen Fachhochschule für Sozialwesen in Reutlingen tätig. Er leitet seit 2000 die Bibliothek an der Hochschule der Medien (HdM), die durch die Fusion zwischen der Hochschule für Druck und Medien mit der HBI im Jahr 2001 entstanden ist. – Kontakt: [email protected]

Dr. Martin Götz, geboren 1961, stu-dierte von 1987 bis 1990 an der FHB Stuttgart (ÖB) und war danach zwei Jahre lang als As-sistent am Fachbe-reich Information und Dokumentation

tätig. Von 1992 bis 1995 absolvierte er das Magisteraufbaustudium Kulturma-nagement an der Pädagogischen Hoch-schule Ludwigsburg und war von 1995 bis 2001 als Berater an der Staatlichen Fachstelle für das Öffentliche Biblio-thekswesen Freiburg tätig. Im Jahr 2000 promovierte Martin Götz an der Hum-boldt-Universität zu Berlin zum Thema Öffentlichkeitsarbeit, nahm Lehrauf-träge für die HdM Stuttgart wahr und arbeitete als Berater bei der Hessischen Fachstelle Wiesbaden. Von September 2004 bis März 2006 war er Vorstands-vorsitzender des Berufsverbandes BIB der Landesgruppe Hessen. Seit 2005 ist er Mitglied des Standing Commit-tee »Library Buildings and Equipment« der IFLA. Seit März 2006 lehrt Martin Götz als Professor an der HdM Stutt-gart mit den Lehrgebieten Bibliotheks-bau, Kulturmanagement, Bibliothekspo-litik und Bibliothekskonzepte. – Kontakt: [email protected]

Claudio Schmidt ist Diplom-Bibliothe-kar und studierte bis Februar 2007 an der Hochschule der Me-dien Stuttgart. Er arbeitet im Be-reich Postal Ser-vice der Celesio AG Stuttgart. – Kontakt:

[email protected]

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Schwerpunkt BuB | Lesesaal 68 Bibliothek der Zukunft

ist die nicht ganz einfache Bedienung, bei der selbst versierte Computernutzer über-fordert sein können.

Im Jahr 2006 erwarb Google das Soft-ware Unternehmen @Last Software und stellt seitdem eine kostenlos nutzbare Ver-sion der Software SketchUp im Internet zum Download bereit.10 SketchUp ist ein einfach zu bedienendes Programm, das es ermöglicht, architektonische Vorhaben im dreidimensionalen Raum darzustellen, und diese über das »Google Warehouse« anderen Nutzern der Software zur Verfü-gung zu stellen.

Die Vorteile dieses CAD-Programms sind einfache Bedienbarkeit und die kos-tenlose Nutzung des Programms in der Standardversion11 sowie die Nutzung der Inhalte des Google Warehouses. Ein Nachteil des Programms sind die einge-schränkten Exportmöglichkeiten.12 Auch fehlt das Angebot, direkt aus dem Pro-gramm Elemente der Bibliotheksausstat-tung bestellen zu können.

Im Projekt »Bibliothek 2009« an der HdM Stuttgart wurde Google SketchUp in der englischsprachigen Version 6 ver-wendet. Diese bietet gegenüber der deut-schen Version 5 einige Vorteile, vor allem die Möglichkeit, das Modell als Film zu exportieren. Nach einer circa eineinhalb-stündigen Einarbeitung und der Absol-vierung des Tutorials ging die Arbeit mit Google SketchUp leicht von der Hand.

Der Grundplan des Neubaus wurde eingescannt und in SketchUp eingefügt. Auf der Grundlage des Plans wurden die Mauern und die anderen festen Elemen-te eingezogen. Typische Bibliotheksele-mente wie Regale, Opac-Stationen und Auskunftstheke wurden im Projekt13 von Hand maßstabsgetreu in SketchUp erstellt. Andere benötigte Elemente wie Computer, Stühle, Tische und Pfl anzen wurden aus dem Google Warehouse über-nommen und an den Maßstab angepasst. Anschließend wurden die Elemente in das Modell eingepfl egt, eins zu eins entspre-chend dem zuvor erstellten Lageplan im Papier-Verfahren.

Das Modell wurde um verschiedene Szenen (Standpunkte der Kamera im Mo-dell) erweitert. Ein virtueller Rundgang durch das Modell wird dadurch möglich, dass die Software die einzelnen Szenen nacheinander aufruft und eine Kamera-fahrt zwischen den einzelnen Szenen dar-stellt.

Das fertige 3-D-Modell sowie die zu erwartenden Probleme wurden im Rah-men der MediaNight 2007 an der HdM dem Rektor der Hochschule und der Hochschulöff entlichkeit vorgestellt.

Margaret Parks, Heinz-Konrad Reith

Die Uni-Bibliothek, dein Freund und HelferStudierenden-Unter-stützungs-Systeme nach US-amerikanischem Vorbild als Zukunftsmodell

In Deutschland sehen die Studierenden die Universitäts- und Hochschulbibliothek oftmals lediglich als Buchverwahr- und Verleiheinrichtung. In den USA dagegen ist sie »das Herz der Universität« – nicht zuletzt durch die dort angesiedelten Ser-vices der Studierenden-Unterstützungs-systeme der Hochschule. In den »Stu-dent-Support-Services« laufen alle Fäden zusammen: von Orientierungswochen und Schulungen bis Praktikavermittlung und Hilfe bei der Wohnungs- und Job-suche. Margaret Parks und Heinz-Konrad Reith empfehlen den Universitäts- und Hochschulbibliotheken, sich mit solchen Systemen in Zukunft einen prominenten Platz im Zentrum des Campuslebens zu sichern und bieten mit ihrem Projektteam Hilfe bei der Enwicklung und Implemen-tierung solcher Services an.

Die Bibliothek ist das Herz einer je-den Universität. Dort werden in Seminaren, Workshops, Vorträ-

gen und Vorlesungen die akademischen Schlüsselkompetenzen vermittelt: Lernen und Studieren lernen, Bibliotheksaufbau, Recherchekompetenz, Nutzung elektro-nischer Medien, Umgang mit Datenban-ken und Netzwerken, Erlernen des wis-senschaftlichen Arbeitens, Verfassen von wissenschaftlichen Texten, Publizieren, Erlernen von Fremdsprachen, lebenslan-ges Lernen.

Ein Blick über den Atlantik zeigt uns die Funktionsweise von Universitätsbib-liotheken in den USA. Dort ist vieles le-bendig, was in Deutschland allenfalls als Vision erscheint. Durch den Bologna-Pro-zess haben wir das angloamerikanische Bildungssystem übernommen, haben Bachelor- und Master-Studiengänge und Credit-Points eingeführt. Eins ist dabei aber zu kurz gekommen: der Student-Sup-port-Service.

Jüngere Studierende brauchen mehr Unterstützung

Auch in Deutschland werden die Stu-dierenden jünger (zwölfj ähriges Gymna-sium, Wehrdienst), sie nähern sich dem Alter von 17, 18 Jahren der Studienan-fänger in den USA an. Je jünger sie sind, desto mehr müssen sich die Hochschulen und Universitäten um sie kümmern. Ein System der »Kümmerer« ist notwendig, das die Studierenden dort abholt, wo sie stehen, und dahin begleitet, wohin sie gehen.

Wir brauchen ein effi zient und ef-fektiv arbeitendes Studierenden-Un-terstützungs-System, im akademischen Bereich angelehnt an oder integriert in die Bibliothek, nennen wir es Susy. Susy betreibt ein »Front-Offi ce«, kurz FO, und verschiedene Back-Offi ces, in de-nen spezielle Beratungsprozesse akade-mischer, sozialer oder fi nanzieller Natur stattfi nden. Das Front-Offi ce muss dort angesiedelt sein, wo es unübersehbar ist, wo jeder Student vorbeikommt und es wahrnimmt: im Eingangsbereich der Bibliothek.

Das Front Offi ce ist die erste Anlauf-stelle für alle Anliegen der Studierenden. Integriert sind die »Zentrale Studienbe-ratung«, der Bereich »General Studies«, zuständig für das Angebot und die Durchführung von nicht fakultätsbe-zogenen externen Lehrveranstaltungen (Schreiben, Studieren, Sprachen et cete-ra); das »International Offi ce«, zuständig für alle Fragen, die mit dem Ausland zu

Das Susy-Projekt:

Zum Projektteam unter dem Arbeitsti-tel Susy / Student-Support-Consult ge-hören neben den beiden Autoren dieses Artikels, Margaret Parks und Heinz-Kon-rad Reith, der Unternehmensberater Dr. Gerald Graubner sowie Prof. Volker Bie-re und der Sozialwissenschaftler Mein-hard Motzko. Das Ziel dieses Teams ist es, Universitäten und Hochschulen zu helfen, Studenten-Unterstützungs-Sys-teme einschließlich eines Qualitätsma-nagement-Systems so einzurichten, dass sie die Qualität der Lehre und den Lern-erfolg der Studierenden deutlich ver-bessern und die Abbrecherquote redu-zieren. Weitere Informationen erteilt Heinz-Konrad Reith. – Kontakt: [email protected].

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Lesesaal | BuB 69Schwerpunkt

Bibliothek der Zukunft

tun haben, das Büro für »Lebenslanges Lernen« und das »Offi ce für Behinder-tenfragen«.

Für Fragen und Probleme, die nicht direkt im Front-Offi ce zu klären sind, wird den Studierenden der Weg zu den fachlich spezialisierten Back-Offi ces auf-gezeigt und eventuell sofort ein Termin vereinbart. Die im Front-Offi ce tätigen MitarbeiterInnen sind in der Regel Stu-denten.

Das FO ist Fundbüro, hilft bei Not-fällen, ist die Poststelle für die Studieren-den und die Kasse. Beim FO werden alle Fragen, Probleme und Beschwerden von Studierenden entgegengenommen und sofort weitergereicht an das zuständige Back-Offi ce. Im FO laufen an das Susy adressierte E-Mails auf, mehrere Arbeits-plätze sind mit Call-Center-Ausstattun-gen versehen, um telefonische Anfragen beantworten zu können.

»Student Support« an US-Universitäten

Der Student-Support-Service an amerika-nischen Universitäten steht auf drei Säu-len: dem akademischen, dem sozialen und dem fi nanziellen Support. Auch wenn sie organisatorisch nicht einer gemeinsamen Leitung unterstehen, so sind sie unterein-ander doch vielfach verlinkt.

Die US-Universitäten verfügen über ei-nen Fachbereich namens »division of stu-dent aff airs«, deren Position in der Organi-sation »Universität« sehr hoch angesiedelt ist. An der Spitze steht der »Dean of Stu-dents«, ein Dekan als Leiter, der oftmals auch den Rang eines Vize-Präsidenten der Universität innehat.

Eine ganz wesentliche Rolle im ameri-kanischen Student-Support-Service spielt die Bibliothek. Auf den Campus-Univer-sitäten in den USA sind die Bibliotheken die Einrichtungen, in denen die oben ge-nannten akademischen Kernkompeten-zen vermittelt und gelernt werden. In den Bibliotheken gehen die Studierenden ein und aus, dort fi nden sie die Unterstützung, können sie die Fähigkeiten erwerben, die sie im akademischen Bereich brauchen – nicht nur für das Studium, sondern auch für das Leben danach.

In Deutschland hat der Studierende hingegen oftmals den Eindruck, dass Bibliotheken in den universitären Hier-archien lediglich als Buchverwahr- und Verleiheinrichtungen betrachtet werden, die meistens zu wenige Arbeitsplätze für Studierende vorhalten.

In den USA ist der Beruf des Bibliothe-kars seit mehr als 50 Jahren eines Master-Degrees würdig: den MLS, den Master of

Themenschwerpunkte in BuB

Heft 7-8/2007: Deutsche IFLA-PräsidentschaftHeft 9/2007: Frankfurter Buchmesse Heft 10/2007: Bachelor, Master und BerufsstartHeft 11-12/2007: Teaching Library

Heft 1/2008: Die Bibliothek der Zukunft

Heft 2/2008: EhrenamtHeft 3/2008: Streitfall Bildschirm-Medien

Schwerpunkt

Margaret Parks, 1997 Master of Library Science an der Indiana University Bloo-mington, USA, war von 1998 bis 2001 als Assistant Professor / Reference und Instruction Librarian an die Fakultät der Sozialwissenschaften an der Kansas State University in Manhattan, Kan-sas, tätig. Im Jahre 2001 begann sie als »Public Services Librarian« an der neu gegründeten International Universi-ty Bremen (heute Jacobs University). Heute unterstützt sie die Studenten im English Writing Support in Rahmen des Student-Support-Services an der Jacobs University und lehrt Englisch an der Uni-versität Bremen und an der University of Applied Sciences in Bremen. – Kontakt: [email protected]

Heinz-Konrad Reith ist Diplom-Ingeni-eur und Jurist (Schwerpunkte Arbeits- und Wirtschaftsrecht), hat viele Jahre Berufserfahrung in der Beratung auf nationaler wie internationaler Ebene an der Schnittstelle Technik-Recht-Wirt-schaft. Er ist Qualitätsmanagement- und Datenschutzauditor und beschäf-tigt sich seit zwei Jahren gemeinsam mit Margaret Parks mit dem Thema Stu-dent-Support-Service. – Kontakt: [email protected]

Library Science. Heute ist der MLIS/MIS (Master of/ Library and /Information Sci-ences) Standard. Die BibliothekarInnen sind nicht nur ausgebildet in der Biblio-theksregistratur und -verwaltung et cete-ra, sondern auch und insbesondere in der Vermittlung von Schlüsselkompetenzen (Information Literacy).

Vorteilhaft kommt hinzu, dass die gro-ße Mehrheit der Bibliothekare auch noch andere Studienfächer studiert haben und sich erst später für das Studium zum MLS entschließen. Dieses zusätzliche Fachwis-sen und die Berufs- und Lebenserfahrung kommt den Studierenden ebenfalls zu-gute.

An den US-amerikanischen Universi-täten ist es weit verbreitet, dass neben den im Student-Support Beschäftigten viele Angestellte aus dem administrativen und aus dem wissenschaftlichen Bereich große Buttons tragen mit der deutlich lesbaren Aufschrift »Ask me«. Diese Aktion zeigt die Nähe zu den Studierenden, sie sind die »Partner im Lernen«.

»Academic Support« an US-Universitäten

Die Bibliotheken gehören zum »Academic Support«. Diese akademische Unterstüt-zung dient im Wesentlichen der:� Verbesserung der Ergebnisse von Exa-

men und Klausuren,� Verringerung der Abbrecherquote,� der Bindung der verschiedenen Studie-

rendengruppen,� akademischen Integrität.

Sie beinhaltet unter anderem die enge Begleitung (Mentoring) und speziel-le Unterstützung von Studierenden mit eingeschränkten Englischkenntnissen (Migrationshintergrund); den Betrieb von sogenannten Writing Centers, von Bibliotheks- und Lernzentren, in denen die studentischen Schlüsselqualifi katio-nen und die eff ektive Nutzung von Bib-liotheken mit all ihren Facetten vermittelt werden. Darüber hinaus werden Tutoren-Dienstleistungen in allen akademischen Bereichen vermittelt und viele andere Be-ratungsdienstleistungen angeboten.

Die Erkenntnisse und Erfahrungen aus dem »Academic Support« werden im Rahmen eines kontinuierlichen Verbes-serungsprozesses zur ständigen Verbesse-rung der Lehre in den Fachbereichen ge-nutzt.

Den Service im Bereich »Student Sup-port« und »Academic Support« der US-amerikanischen Universitäten, angesiedelt in der Bibliothek, sollten wir uns hierzu-lande zum Vorbild nehmen und damit in Zukunft auch die deutschen Hochschul- und Universitätsbibliotheken im Zentrum des Campus- und Studierendenlebens platzieren. �

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Thomas Jahn

Frau Rosenthals BücherEin Fall von NS-Raubgut aus jüdischem Besitz an der Bayerischen Staatsbibliothek

Morgengrauen in Deutschland. München, 17. Oktober 1939, Leo-poldstraße 24: Dröhnend biegt

der Lastwagen in die Hauseinfahrt und kommt mit quietschenden Bremsen zum Ste-hen. Vier Männer in Uniform springen von der planengedeckten Ladefl äche. Das Stamp-fen der Stiefeltritte zur Eingangstür geht in wildes Sturmklingeln über. Aufgeschreckt recken sich in der Nachbarschaft Köpfe aus den Fenstern, zucken auf den scharfen Blick des Fahrers, der neben dem Lastwagen Pos-ten bezogen hat, hektisch wieder zurück. Einzelne Fenster, bereits erleuchtet, werden schlagartig dunkel. Hell geworden ist es hin-ter der Eingangstür zum Haus Nummer 24. Der Uniformierte an der Klingel ignoriert das, trommelt jetzt mit den Fäusten auf die Türe ein. Sein Nebenmann tritt mit schwe-ren Stiefeln die Bleiverglasung zu Scherben und nimmt am Holzrahmen Maß. Bevor er ihn ganz eintreten kann, öff net sich die Tür. Die Silhouette einer zerbrechlichen Gestalt, fl üchtig sichtbar geworden, wird von den Eindringlingen mitgerissen, verschwindet im Hausinneren. Von dort werden im Fol-genden Möbel, zerlegt oder am Stück, Bilder, Teppiche, Hausrat und weitere Wertgegen-stände, eingewickelt in Decken oder verpackt in Kisten und Kartons, im Eiltempo heraus-gezerrt und auf der Ladefl äche verstaut. Was mit der verbleibenden Einrichtung geschieht, lässt sich unschwer aus dem Scheppern, Klir-ren und Krachen von drinnen erahnen. Nach einer knappen Stunde ist der Spuk vor-bei, der Lastwagen wieder auf dem Rückweg zur Gestapo-Zentrale in der Brienner Stra-ße. Zögernd werden die Lampen hinter den Fenstern der Nachbarn wieder eingeschaltet. In der Nummer 24 hängt die Haustür schräg in den Angeln, die Lichter sind verlöscht.Morgengrauen in Deutschland.

Tausendfach hat sich in der Zeit der Naziherrschaft nach einem solchen oder ähnlich brutalen Muster die gewaltsame Ausplünderung von meist jüdischen Haus-halten durch Vertreter der NS-Behörden, vor allem der SA oder der Gestapo, wieder-holt, vollzogen unter den Augen der Öf-fentlichkeit mit Duldung und Billigung, teils auch Unterstützung der Mitbürger. Im offi ziellen Jargon als »Arisierung« be-

zeichnet, hatte sie die Übertragung jüdi-schen Eigentums, in weiterem Sinne auch von Vermögen anderer nicht staatskon-former Mitbürger oder Einrichtungen, in »arischen« Besitz zum Ziel.1

Neben der off ensichtlich materiellen Zweckerfüllung2 diente diese Maßnah-me von Anfang an auch einer hintergrün-dig-ideellen Absicht: Den jüdischen wie allen anderen nicht ins nationalsozialis-tische Weltbild passenden Mitbürgern sollten in einem systematischen Prozess der Einschüchterung und Entrechtung, Verdrängung und Ausplünderung neben den wirtschaftlichen auch die seelisch-geistigen Existenzgrundlagen entzogen werden. Für die jüdischen Mitbürger war dies meist nur der Auftakt zu noch grö-ßerem Leid bis hin zur physischen Ver-nichtung.

Schicksal der Gabriele Rosenthal

In besonders bedrückender Weise gilt das für die damalige Bewohnerin der Münch-ner Leopoldstraße 24, Gabriele Rosenthal. Frau Rosenthal, geboren 1887, stammte von beiden Eltern her aus prominenten Münchner Familien (Vater: Kommerzien-rat Otto Landauer, Mutter: geborene Hul-

da Bernheim) und heiratete 1910 den Tex-tilfabrikanten Martin Rosenthal, der 1931 verstarb. Im Gegensatz zu ihrer Schwes-ter Henny, die ihrerseits den Rechtsan-walt Dr. Julius Siegel aus der bekannten Münchner Juristenfamilie Siegel geheira-tet hatte, weigerte sie sich trotz Drängen und zahlreicher Hilfsangebote, Nazi-deutschland noch rechtzeitig zu verlassen, da sie keine Möglichkeit sah, ihren kran-ken Sohn Johann (geboren 1910) mitzu-nehmen.

Die Liebe zu ihrem Kind nahm ihr die Chance, der Vernichtungsmaschinerie der Nazis zu entkommen: Im Juli 1940 wurde sie aus ihrem Wohnhaus in der Leopold-straße ausgewiesen und zwangsweise in einer sogenannten Judenwohnung ein-quartiert, von dort, vermutlich schwer erkrankt, erst in ein Krankenhaus, dann im Februar 1942 in ein Altersheim einge-wiesen, eine der üblichen Vorstufen zur Deportation, und im April des gleichen Jahres in das Konzentrationslager Piaski bei Lublin abtransportiert und dort er-mordet.

Die Plünderung des Hausrats, für Frau Rosenthal ein grauenhafter, aber doch nur erster Schritt auf ihrem Leidensweg, führte auch für die Bayerische Staatsbibliothek zu einer Verstrickung in dieses Verbrechen.

Zu den am 17. Oktober 1939 aus dem Haus Leopoldstraße 24 verschleppten Wertgegenständen gehörte auch der Teil-bestand einer kostbar ausgestatteten Bib-liothek, die – so lässt sich aus Hinweisen in den wenigen noch vorliegenden Relik-ten rekonstruieren – gut über 5 000 Titel

Abbildung 1. Katalogkarten der Bibliothek Rosenthal: Das Ehepaar Rosenthal hatte für seine Bibliothek einen nach bibliophilen As-pekten ausgerichteten Karten-Katalog ange-fertigt.

Geschichte

1 Als erstes »Arisierungs«-Opfer muss man wohl den Begriff »Arisierung« selbst bezeich-nen: Der Terminus Arier (zu übersetzen etwa als die Edlen) steht in der Fachsprache der Linguistik für die Völker der indo-iranischen Sprachgruppe und triff t damit gerade nicht auf die germanische »Herrenrasse« zu, wohl aber unter anderem auf die Volksgruppen der Sinti und Roma.

2 Der fi nanzielle Ertrag für den NS-Staat aus den »Arisierungs«-Maßnahmen ab Septem-ber 1939 beläuft sich nach neuesten Schät-zungen auf 15 bis 20 Milliarden RM (siehe Götz Aly: Hitlers Volksstaat. Raub, Rassen-krieg und nationaler Sozialismus. Frankfurt a. M., 2006, Seite 317).

3 Um Missverständnissen vorzubeugen, muss hier klargestellt werden, dass die in diesem Aufsatz erwähnte Familie Rosenthal mit der gleichnamigen Münchner Antiquars-Dynas-tie nicht verwandt oder verschwägert ist. Zu den einzelnen Zweigen und zum Schicksal dieser Familie in der Zeit des Dritten Reichs siehe: Die Rosenthals. Der Aufstieg einer jüdischen Antiquarsfamilie zu Weltruhm. Wien, 2002

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enthielt. Das wohlhabende Ehepaar Ro-senthal3 hatte sie in den guten Zeiten auf-gebaut und dazu einen nach bibliophilen Aspekten ausgerichteten Karten-Katalog angefertigt (siehe dazu Abbildung 1 auf der gegenüberliegenden Seite).

Übergabe von 132 »arisierten« Bände an die Bayerische Staatsbibliothek

Noch am Tag des Überfalls wurde laut Ak-tennotiz der Bayerischen Staatsbibliothek von der Gestapo eine Auswahl von 132 »arisierten« Bänden aus dieser Bibliothek überstellt. Von den in diesem Zusammen-hang angefertigten Aufzeichnungen über-stand nur die zahlenmäßige Erfassung den Zweiten Weltkrieg, eine detaillierte Aufstellung zu den einzelnen Büchern ist off enbar verbrannt, die erhaltene Titelliste erst bei der späteren Rückgabe 1953 an-hand der noch aufgefundenen Exemplare angelegt worden (siehe unten).

Was mit dem übrigen, zahlenmäßig weit überwiegenden Teil der Bibliothek geschah, lässt sich heute nicht mehr rekon-struieren, das Schicksal der eingelieferten Bände dagegen bis in die Nachkriegszeit so gut wie lückenlos nachweisen.

Vorab stellt sich allerdings noch die Fra-ge, auf welche Weise wohl die Auswahl der 132 Bände zustande gekommen ist. Die abgegebenen Bücher waren, wie aus der

Rückgabeliste hervorgeht, fast ausnahms-los Werke der Weltliteratur, meist seltene und wertvolle deutsche Erstausgaben.

Eine solche Zusammenstellung setzt literarisch-bibliophile Kennerschaft vor-aus und weist auf einen bibliothekarisch gebildeten Spezialisten hin. Protokolle von Zeugenaussagen unserer damaligen Kollegen in Rückerstattungsprozessen der Nachkriegszeit belegen in der Tat, dass die Gestapo Vertretern der Bayerischen Staatsbibliothek anbot (oder sie wohl eher

lektierung der kostbarsten Bände aus dem häuslichen Bücherschrank im Angesicht der Eigentümer.

Für beide Szenarien mag sich anfüh-ren lassen, dass auf diese Weise zumin-dest die herausragenden Stücke jüdischer Bibliotheken vor der Vernichtung durch Zerstreuen oder Einstampfen bewahrt wurden, nicht zu leugnen ist aber in jedem Fall ein – beschämendes, wenn nicht be-stürzendes – Mitwirken der Bayerischen Staatsbibliothek an »Arisierungs«-Maß-nahmen dieser Art.

Raubgut als Geschenk behandelt

Einmal in der Bibliothek eingelaufen wurden die Bücher routinemäßig so be-handelt, wie es auch für alle anderen ohne Rechnung übernommenen Ressourcen üblich war, die weder als Tausch- noch als Pfl ichtstücke zu gelten hatten: nämlich als Geschenke. Der hierfür gültige Geschäfts-gang sah unter anderem vor, dass die Bü-cher im unteren Bereich der Haupttitel-seite mit der jeweiligen Schenkernummer versehen wurden, die der Schenkerkartei, einem alphabetisch geordneten Verzeich-nis der Schenker, entnommen oder – bei einem bisher unbekannten Schenker – neu zugeordnet wurde. Zusätzlich wurden die Namen der Schenker auch in einer Kon-kordanz, den sogenannten Schenkerbü-

Abbildung 2. Eintragungen im Schenkerbuch der Bayerischen Staatsbibliothek mit Gestapo-Schenker-Nummer 14428

Die Plünderung des Hausrats, für Frau Rosenthal ein grauenhafter, aber

doch nur erster Schritt auf ihrem Leidensweg, führte auch für die

Bayerische Staatsbibliothek zu einer Verstrickung in dieses Verbrechen.

Geschichte

dazu zitierte), aus »arisierten« und in der Gestapozentrale gelagerten Buchbestän-den eine Auswahl für ihr Haus zu treff en.

Eine – ungleich widerwärtigere – Al-ternativmöglichkeit fi ndet sich dagegen implizit in den oben erwähnten Zeu-genaussagen und explizit in der Famili-enüberlieferung jüdischer Mitbürger in München: der unangemeldete »Besuch« eines (Staats-) Bibliothekars in Gestapo-Begleitung zum Zweck einer Vorort-Se-

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chern, geordnet nach den fortlaufenden Nummern zusammengestellt.

Während in der Schenkerkartei, die nach dem Zweiten Weltkrieg weiterge-führt wurde, die nicht mehr existierenden Schenker nach und nach aussortiert wur-den, blieben die Schenkerbücher bis heute unversehrt erhalten. Hierin ist als Schen-ker mit der Nummer 14428 die Gestapo München verewigt (siehe Abbildung 2 auf Seite 71). Und da die »arisierten« Bücher ja über diese Quelle ins Haus gekommen waren, wurden sie auch pfl ichtgemäß und konsequent mit der entsprechenden Schenkernummer versehen.

Wie alle anderen – normal eingelaufe-nen – Geschenke wurde das »Arisierungs-gut« sodann katalogisiert und gemäß den (nach den jeweils zutreff enden Kriterien vergebenen) Signaturen in den Magazin-bestand eingereiht. Für die Bücher aus der Bibliothek Rosenthal ergab sich dabei – nahezu ausnahmslos – als Besonderheit, dass sie gemäß ihrem Charakter als beson-ders wertvolle Drucke nicht dem Allge-meinbestand, sondern dem Fach Rariora zugeteilt, in das zugehörige Repertorium eingetragen und im Magazin für Hand-schriften und seltene Drucke aufgestellt wurden.

Für die Bände hatte dies zwei positive Folgen: Zum einen wurden sie auf diese Weise nicht wie andere »arisierte« Bestän-de weit voneinander getrennt und über mehrere Magazinteile verstreut, sondern teils fortlaufend, teils in überschaubarer Nachbarschaft aufgestellt, ein entschei-dender Faktor dazu, sie später wieder als Ensemble ausfi ndig zu machen. Zum an-deren wurden die Bestände der Abteilung für Handschriften und Seltene Drucke rechtzeitig vor der Bombardierung der Bibliothek ausgelagert und damit – im Gegensatz zu einem Viertel des Gesamtbe-standes mit einer off enbar beträchtlichen Anzahl weiterer »arisierter« Bücher – vor der Vernichtung bewahrt.

Die erste Rückgabeaktion 1953

Als in den frühen Fünfzigerjahren die Schwester der ermordeten Gabriele Ro-senthal, Henny Siegel, unterstützt durch ihren Sohn Uri, die Rückgabe der enteig-neten Bücher verlangte, waren diese jeden-falls wohlbehalten an ihrem Standort und konnten – auch dies im Gegensatz zu meh-reren anderen zurückgeforderten »arisier-ten« Beständen – relativ einfach ausfi ndig gemacht werden.

Entscheidenden Anteil daran hatte, dass Freunde der Familie Rosenthal ei-nen Teil der Katalogkarten, insgesamt 23

Gültigkeit, in denen der »Fall« Rosenthal, soweit er die Bayerische Staatsbibliothek betraf, in Vergessenheit geriet und sich wie die meisten vergleichbaren Fälle auf ein reines Aktendasein reduzierte.

Arbeitsgruppe »Arisierungs«-Forschung

Dies änderte sich erst wieder im Jahr 2003, als in unserem Hause eine Arbeitsgruppe »Arisierungs«-Forschung mit der Zielset-zung gegründet wurde, die Verstrickung der Bayerischen Staatsbibliothek in das Geschehen systematisch aufzuarbeiten, in diesem Zusammenhang gezielt nach even-tuell noch vorhandenen Relikten solcher zweifelhafter Erwerbungen zu suchen und diese nach Möglichkeit den Erben oder Rechtsnachfolgern der »Arisierungs«-Op-fer zurückzugeben.4

Bei Recherchen in den einschlägigen Akten stieß die Arbeitsgruppe schnell auf die Bibliothek Rosenthal und räumte diesem Fall bei einer von ihr zum Th ema »Arisierung« veranstalteten Ausstellung5 einen prominenten Platz ein. Im Rah-men der Vorarbeiten zu dieser Ausstellung gelang eine Kontaktaufnahme zu dem wieder in München ansässigen Rechts-anwalt Uri Siegel, Gabriele Rosenthals Neff en.

In mehreren Gesprächen gab Uri Siegel den Mitgliedern der Arbeitsgruppe zahl-reiche wertvolle Hintergrundinformatio-nen nicht nur zur Bibliothek seiner Tante

Abbildung 3. Titelseite der Tell-Ausgabe der Bibliothek Rosenthal

Bei einem ersten Abgleich der 23 Karten mit der Rückgabeliste

blieben prompt zwei Titel übrig, die auf den Karteikarten nachgewiesen wurden, auf der Liste aber fehlten.

Geschichte

Stück, über die Kriegswirren bewahrt und danach an Frau Siegel übergeben hatten. Vor allem mithilfe dieser Karten gelang es der Bayerischen Staatsbibliothek, 98 der enteigneten Titel mit insgesamt min-destens 128, eventuell auch 129 oder 130 Bänden aufzufi nden, die am 23. Januar 1953 an Frau Siegel zurückgegeben und noch im selben Jahr bei dem Münchner

Auktionshaus Karl und Faber versteigert wurden.

Das Problem der zwei bis vier fehlen-den Bände – nach den Aufzeichnungen von 1939 hätte man von 132 Einheiten ausgehen müssen – war damals off enbar kein Th ema; es existieren jedenfalls kei-ne Aufzeichnungen dazu. Erstaunlich ist vor allem, dass – wie sich zeigen wird – die vorgelegten Karteikarten nicht vollständig ausgewertet wurden.

Nach der Rückgabeaktion im Januar 1953 gingen vermutlich beide Seiten da-von aus, dass kein Band der »arisierten« rosenthalschen Bücher mehr im Besitz der Bibliothek war. Dieser Erkenntnisstand hatte über die folgenden fünfzig Jahre

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und zu den Restituierungsumständen, sondern weit darüber hinaus zu seinen Er-fahrungen im München der beginnenden Nazizeit sowie auch zur Emigration seiner Familie nach Palästina. Bei einem der Tref-fen überraschte er seine Gesprächspartner mit der Übergabe der immer noch erhal-tenen Karteikarten der Bibliothek Rosent-hal (vergleiche Abbildung 1 auf Seite 70).

Von ihm lediglich als Präsentation au-thentischen Anschauungsmaterials ge-dacht, forderten diese Zeitzeugen, die vor einem halben Jahrhundert die Hauptrolle beim Wiederauffi nden der »arisierten« Bü-cher gespielt hatten, die Bibliothekare zu einer professionellen Nachprüfung her-aus, die im Folgenden immer mehr den Charakter von Detektivarbeit annehmen sollte.

Bei einem ersten Abgleich der 23 Kar-ten mit der Rückgabeliste blieben prompt zwei Titel übrig, die auf den Karteikarten nachgewiesen wurden, auf der Liste aber fehlten: eine Erstausgabe von Schillers Wilhelm Tell sowie eine frühe Ausgabe von Maupassants Mademoiselle Fifi mit, so war es auf der Karte eingetragen, per-sönlicher Widmung des Verfassers. Das besagte zunächst nur – eine zuverlässige Aufl istung vorausgesetzt –, dass diese bei-den Werke nicht zurückgegeben worden waren.

Gehörten sie – wie scheinbar nahelie-gend – zu dem Gros der Bücher, die seit dem 17. Oktober 1939 verschollen waren, oder waren sie nicht vielleicht doch im »arisierten« Teil der Bibliothek enthalten gewesen? Letzteres musste, soweit wie möglich, defi nitiv ausgeschlossen werden.

Zumindest die Erstausgabe passte im Charakter perfekt zu den 98 nachweislich zurückerstatteten Titeln. Wäre sie damals mit den anderen Büchern eingeliefert wor-den, hätte sie ohne Zweifel ebenso wie die-se ihren Platz im Fach Rariora gefunden. Die zurückgegebenen Rariora-Bände wa-ren fast ausnahmslos zwischen den Signa-turen Rar. 1096 und Rar. 1227 aufgestellt gewesen; unter den in diesem Abschnitt noch vorhandenen Bänden fanden sich die

ßende Überprüfung am Magazin zeigte zunächst, dass unter dieser Signatur tat-sächlich (immer noch) die entsprechen-de Tell-Ausgabe stand, und sodann, dass dieses schmale Buch auch exakt die unver-wechselbaren Exemplarspezifi ka aufwies, die in der rosenthalschen Karteikarte lie-bevoll eingetragen waren: die individuelle Buchnummer und der bibliophile Ein-band (Abbildung 3 auf der gegenüberlie-genden Seite; vergleiche dazu Abbildung 1 auf Seite 70).

Dass auch der Gestapo-Schenkerver-merk zuverlässig auf der Haupttitelseite verzeichnet war, wäre als weiteres Beweise-lement gar nicht mehr nötig gewesen, run-dete den Befund aber endgültig ab. Mit recht eigentümlichen Gefühlen hatten die Mitglieder der Arbeitsgruppe plötzlich – zum ersten Mal – ein »arisiertes« Buch in der Hand, dessen rechtmäßigem Besit-zer sie vor kurzem (ohne von dem bevor-stehenden Fund etwas ahnen zu können) gegenübergesessen hatten.

Wie würde der liebenswürdige ältere Herr auf diese Entdeckung reagieren, die ein doch recht fragwürdiges Licht auf den früheren Umgang der Bayerischen Staatsbibliothek mit »arisiertem« Materi-al warf: Das geraubte Buch, vor 65 Jahren als höchst zweifelhafte »Erwerbung« wie andere – normale – Geschenke in den Be-stand übernommen, hätte nun wenigstens vor 51 Jahren zusammen mit den anderen Büchern der Bibliothek Rosenthal ent-deckt werden sollen und zurückgegeben werden müssen.

Abbildung 4. Maupassant-Ausgabe der Bibliothek Rosenthal: Katalogblatt der Bayerischen Staatsbibliothek und Titelseite des Exemplars

Mit recht eigentümlichen Gefühlen hatten die Mitglieder der Arbeits-

gruppe plötzlich erstmals ein »arisier-tes« Buch in der Hand, dessen recht-

mäßigem Besitzer sie vor kurzem gegenübergesessen hatten.

Geschichte

4 Zu dieser Arbeitsgruppe sowie zu Vorgangs-weise und bisherigen Ergebnissen dieses Pro-jekts siehe Infokasten auf Seite 74.

5 Vergleiche Th omas Jahn und Stephan Kell-ner: Bücher im Zwielicht. Die Bayerische Staatsbibliothek und ihr Umgang mit zwei-felhaften Erwerbungen der Jahre 1933 bis 1955. In: Entehrt. Ausgeplündert. Arisiert. Entrechtung und Enteignung der Juden (Ver-öff entlichungen der Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste, Band 3, bearbeitet von Andrea Baresel-Brand), Magdeburg, 2005, Seite 85–105

beiden Titel aber auch bei einer akribisch vorgenommenen Nachlese nicht.

Einige wenige der restituierten Bücher der Bibliothek Rosenthal hatten allerdings auch außerhalb des oben bezeichneten Kontingents ihren Platz gehabt und sig-nifi kanterweise als zusätzliches Signatur-element den Exponenten a getragen. Der Grund hierfür war ganz off ensichtlich, dass sich jeweils ein Exemplar dieser Wer-ke bereits vor 1939 im Fach Rariora befun-den hatte und das neu hinzukommende

als Dublette daneben gestellt werden soll-te. Waren also vielleicht bei der Rückgabe nicht alle Dubletten berücksichtigt wor-den?

Wilhelm Tell und Mademoiselle Fifi

Eine gezielte Durchsicht des Rariora-Re-pertoriums auf die exponententragenden Signaturen hin ergab ebenso schnell wie überraschend einen Volltreff er. Der Re-pertoriumseintrag unter Rar. 674 begann mit Schiller, Friedrich: Wilhelm Tell…, und zur darauff olgenden Signatur Rar. 674 a war notiert: dasselbe. Die anschlie- �

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Vor der Eröff nung dieses nicht wenig peinlichen Fundes war aber noch zu klä-ren, ob nicht auch der Maupassant-Roman denselben Schicksalsweg wie die Tell-Aus-gabe durchlaufen hatte und ebenfalls noch

in unseren Magazinen gelagert war. Da bisher alle uns bekannten Bücher der Bib-liothek Rosenthal, die 98 restituierten und der eine übersehene Titel, dem Fach Rari-ora zugeteilt waren, lag es nahe, zunächst

auch die noch nicht überprüften Teile des entsprechenden Repertoriums (also die Si-gnaturen außerhalb der Nummern 1096 – 1227) nach Maupassants Mademoisel-le Fifi zu durchsuchen. Diese Recherche

Übernahme

Es lassen sich im Wesentlichen zwei »Zu-gangs«-Kategorien unterscheiden:

Kategorie A: primärer »Zugang« wäh-rend der NS-Zeit, vorwiegend durch Einliefe-rung seitens NS-staatlicher Stellen. Die Über-stellung der Bücher fand im Allgemeinen un-mittelbar nach den jeweiligen Plünderungen statt; bei größeren Beständen hatte die Bib-liothek ein Auswahlrecht, von dem offen-bar recht sparsam und gezielt Gebrauch ge-macht wurde. Deshalb und weil die Bayerische Staatsbibliothek solcher Art von Erwerbungen generell eher passiv gegenüberstand, hält sich die Menge dieses »Zugangs« nach derzeiti-gen Erkenntnissen im unteren vierstelligen Bereich.

Kategorie B: sekundärer »Zugang« als Ab-gaben seitens der Alliierten von meist größe-ren von ihnen konfiszierten Beständen aus ehemaligen NS-Bibliotheken während der Nachkriegszeit bis weit in die Fünfzigerjahre hinein. Hierbei handelt es sich um partei- oder behördennahe Büchersammlungen mit regio-nalem Bezug, die nicht ausschließlich, aber mit großer Wahrscheinlichkeit auch mittels »ari-sierter« Bestände auf- oder ausgebaut wur-den. Neben kleineren Kollektionen überragt hier zahlenmäßig die Bibliothek der Ordens-burg Sonthofen mit circa 30 000 Bänden.

Welche Rolle in diesem Zusammenhang Abgaben der Reichstauschstelle Berlin ge-spielt haben, konnte noch nicht geklärt wer-den. Ebenso ungeklärt – und schwer bis mög-licherweise gar nicht mehr ermittelbar – sind eventuelle nachträgliche und unbewusste Er-werbungen »arisierter« Bücher »aus zweiter Hand«, die (von privat oder auf dem Antiqua-riatsmarkt) von 1933 bis heute erworben wor-den sein könnten.

Verwaltung

Die eingelieferten Bücher beider Phasen wur-den als Geschenke inventarisiert, einzelne

größere Kontingente in Titelverzeichnissen festgehalten und dann ohne Rücksicht auf die Provenienz für die weitere Bearbeitung zer-streut und in den Bestand eingereiht. Für die »Arisierungen« der Kategorie A bedeutet das, dass sie zum größten Teil in die frühen Nume-rus-Currens-Fächer aufgenommen wurden, die ab Bearbeitungsjahr 1936 die früheren Fachsignaturen abgelöst hatten. Da sich die Buchbearbeitung ab circa 1941 kriegs- und nachkriegsbedingt stark verzögerte, kommen als Standort für das NS-Raubgut die NC-Fä-cher 36 bis mindestens 55 mit über 110 000 Signaturen in Frage.

Bei Bombenangriffen im Zweiten Weltkrieg verbrannten neben einem Viertel des Bestan-des (mit einer vermutlich bedeutenden Anzahl »arisierter« Bücher) auch die Erwerbungsjour-nale und damit auch die Titelverzeichnisse für den überwiegenden Teil des in der NS-Zeit eingelieferten »Arisierungsgutes«. Während sich die »Arisierungen« der Kategorie B dank der erhaltenen Titeldaten über die Kataloge adressieren lassen, ist der primäre »Arisie-rungs«-Zugang der Kategorie A daher – so-weit überhaupt – nur durch zeitraubende Vor-ortrecherche am Magazin ausfindig zu ma-chen.

Restitutionen während der Fünfzigerjahre

Infolge des von den Alliierten 1947 erlasse-nen Rückerstattungsgesetzes, das eine Selbst-anzeige für Besitzer von »Arisierungsgut« im Wert von über 1 000 Mark vorschrieb, gab auch die Bayerische Staatsbibliothek die Exis-tenz mehrerer solcher Bestände in der Grö-ßenordnung von etwa 20 bis 200 Büchern in ihrem Besitz bekannt. Die daraufhin eingelei-teten Rückforderungen durch Angehörige der »Arisierungs«-Opfer blieben aber meist we-gen des Fehlens von Titelverzeichnissen er-folglos und endeten mit finanziellen Entschä-digungen der Antragsteller. Mit Ablauf der Rückforderungsfrist 1953 endete diese Resti-tutionsphase.

»Arisierungs«-Forschung seit 2003

Die 1999 veröffentlichte Erklärung der Bun-desregierung, der Länder und der Kommuna-len Spitzenverbände zur Auffi ndung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz sieht eine Verpfl ichtung für alle öffentlichen In-stitutionen der Bundesrepublik Deutschland vor, gemäß ihren Möglichkeiten aktiv nach »Arisierungsgut« zu suchen. Diese Forde-rung erfüllt die Bayerische Staatsbibliothek seit 2003 durch die Gründung einer Arbeitsgrup-pe »Arisierungs«-Forschung, die derzeit aus vier Hausangehörigen besteht (die sich dieser Aufgabe neben ihren sonstigen Dienstpfl ichten widmen) und von fünf ehrenamtlichen Mitar-beitern unterstützt wird (die jeweils etwa einen Tag in der Woche ihre Arbeitskraft unentgelt-lich zur Verfügung stellen).

Die Hauptaufgabe der Arbeitsgruppe be-steht darin, die noch im Bestand der Baye-rischen Staatsbibliothek befindlichen »ari-sierten« Bücher aufzuspüren, sie durch eine Meldung an die Lost-Art-Datenbank der Ko-ordinierungsstelle für Kulturgutverluste mit Sitz in Magdeburg international kenntlich zu machen und bei vorhandenen Vorbesitzer-spuren nach Rückgabemöglichkeiten an die jeweiligen Rechtsnachfolger zu fahnden. Im Zentrum der Recherchen stehen fürs Erste die »Arisierungen« der Kategorie A, da hier am ehesten noch die Hoffnung besteht, Angehö-rige für eine Rückgabe ausfindig zu machen. Zu diesem Zweck werden die einzelnen Bän-de der hauptverdächtigen NC-Signaturen auf NS-Schenkervermerke und einschlägige Pro-venienzhinweise hin durchsucht.

Erste Ergebnisse sind neben dem Auffinden der beiden Rosenthal-Bände die Entdeckung von drei Büchern der ehemaligen Münchner Kunstgalerie Caspari, die in Kürze zurückge-geben werden können, sowie weitere Funde von Büchern anderer früher in München an-sässiger jüdischer Familien, nach deren An-gehörigen zurzeit geforscht wird. Daneben wurde eine Anzahl weiterer von NS-Behörden beschlagnahmter Bände gefunden (unter an-derem Bücher des Belgrader Geca-Kon-Ver-lags, einer Münchner Freimaurerloge und des Vereins Katholischer Religionslehrer an den Höheren Lehranstalten Bayerns), deren Resti-tution ebenfalls vorbereitet wird.

Thomas Jahn

»Arisierungs«-Forschung an der Bayerischen Staatsbibliothek

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blieb jedoch ohne Erfolg: Wenn dieses Buch in die Bayerische Staatsbibliothek gekommen war, war es also auf jeden Fall nicht zu den Rariora gestellt worden.

Hier wäre es, so machte eine kurze Überlegung klar, allerdings auch nicht unbedingt am rechten Platz gewesen: Die Besonderheit dieses Exemplars lag – im Unterschied zu allen uns bekannt gewor-denen und möglicherweise zu sämtlichen Stücken der »arisierten« Auswahl – weder in der Seltenheit der Ausgabe noch in dem dank eines bibliophil gestalteten Einban-des ansprechenden Äußeren, sondern al-lein in der Originalwidmung des Autors. Letztere war als Besonderheit des Buches ebenso auf der Karteikarte vermerkt wie der broschierte Einband.

Andererseits schien es auch nicht über-mäßig plausibel, dass von den 132 einge-lieferten (und off ensichtlich gezielt für die Bayerische Staatsbibliothek ausgewählten) Bänden ganz wenige, ausgerechnet nur dieser eine oder höchstens drei, getrennt von den übrigen im Allgemeinmagazin aufgestellt worden sein sollten.

Dass dennoch gerade dies der Fall war, zeigte umgehend eine Recherche am Kata-log des Allgemeinbestandes: Unter Mau-

passant, Guy de: Mademoiselle Fifi wies der für das Erscheinungsjahr 1883 zustän-dige Katalog mit der Signatur 40.7599 nicht nur den gesuchten Titel nach, son-dern machte durch die ebenfalls festge-haltenen Eintragungen »Mit handschrift-licher Widmung des Verfassers« und als Zugangsvermerk G. n. 14428 unmissver-ständlich klar, dass es sich hier um ein wei-teres »arisiertes« Buch aus der Bibliothek Rosenthal handelte (siehe Abbildung 4 auf Seite 73), das die 50 Jahre nach seiner ei-gentlich fälligen Rückgabe wohlbehalten im BSB-Bestand überdauert hatte.

Verlust von Provenienzhinweisen durch neuen Einband

Wobei wohlbehalten einer gewissen Mo-difi zierung bedarf: Abgegeben wurde das Buch am 17. Oktober 1939, was sein äuße-res Erscheinungsbild betraf, zweifellos in dem Zustand, der in der Karteikarte ange-geben war: als Broschur; was nun mit der Signatur 40.7599 im Regal stand, war ein Buch mit einem stabilen Bibliotheksein-band, den das ursprünglich ungebundene Exemplar irgendwann im Laufe der Jahre erhalten hatte.

Für die Anwendung einer solchen soliden Buchbinderarbeit auf antiqua-risch übernommene Bestände lassen sich die Vor- und Nachteile beispielhaft an diesem Fall beobachten: Optisch stell-te sie nicht unbedingt eine Veredelung des Bandes dar (und hätte in der biblio-phil ausgestatteten Bibliothek Rosenthal ohne Zweifel als Fremdkörper gewirkt), funktional betrachtet hat sie sein In-nenleben, besonders die Widmung, das halbe Jahrhundert lang zuverlässig be-wahrt.

Allerdings mit einer kleinen, jedoch nicht ganz unbedeutenden Einbuße: Zum Einbringen des Buchblocks in den Einband entfernte der Buchbinder rou-tinemäßig den bisherigen Umschlag und damit auch das vordere Blatt der Broschur, deren Innenseite mit Sicherheit die hand-schriftlich eingetragene Individualsigna-tur beziehungsweise Buchnummer der Bibliothek Rosenthal trug, die auf der Karteikarte erhalten ist.6 Diese durchaus übliche Buchbindermaßnahme7 hatte in diesem Fall zum Glück keine negativen Folgen, da die Identifi zierung des Exemp-lars durch die Übereinstimmung mit den signifi kanten Angaben auf der Karteikarte

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auch ohne die erhaltene rosenthalsche Sig-natur evident war.

Allerdings, das machte diese Beobach-tung schlagartig klar, konnte die Ampu-tation ausgerechnet eines so extrem pro-venienzrelevanten Buchteils fatale Folgen haben, generell für die »Arisierungs«-For-schung (und für jede Art von Proveni-enzforschung) schlechthin und natürlich auch und gerade für die aktuelle Suche nach eventuellen weiteren nicht aufgefun-denen Büchern der »arisierten« Bibliothek Rosenthal: Es konnten ja auch nach den beiden Funden immer noch (maximal) zwei der insgesamt 132 »arisierten« Bän-de im Hause sein.

Die Vorzeichen für weitere diesbezüg-liche Erfolge waren allerdings auch ohne diese Unwägbarkeit von vornherein un-gleich ungünstiger: Das bisherige Vorge-hen hatte nur deshalb Erträge geliefert, weil die Arbeitsgruppe gezielt nach Titeln suchen und zudem von außerordentlich präzisen Angaben zu den jeweiligen Ex-emplaren ausgehen konnte. Weitere Re-cherchen standen, so musste man sich klarmachen, auf weit unsichererem Fun-dament.

Die beiden zur Verfügung stehenden schriftlichen Verzeichnisse waren bereits voll ausgeschöpft: Die 98 Titel der Rück-gabeliste (mit, wie sich nun herausgestellt hatte, mindestens 128, höchstens 130 Bänden) waren laut Aktenvermerk resti-tuiert worden und dementsprechend auch nicht mehr an ihrem vorübergehenden Platz im Rariora-Magazin vorhanden. Von den 23 Titeln, die in den noch vor-handenen Karteikarten der Bibliothek Rosenthal verzeichnet waren, waren 21 mit in der Liste enthaltenen Ausgaben identisch und im Jahre 1953 zurückge-geben worden, die übrigen beiden waren nun gefunden.

Für weitere spezielle Titel der Rosen-thal-Bibliothek gab es also keinerlei An-haltspunkte; auch Uri Siegel konnte da-bei nicht weiterhelfen. Die Bücher seiner Tante waren – nach seiner deutlichen Erinnerung – mit keinen expliziten Be-sitzerkennzeichen markiert: Es gab weder Exlibris noch Eigentumsstempel der Fa-milie Rosenthal und ebenso keine kon-sequenten handschriftlichen Besitzerein-träge.

Auf bibliophile Einbände war beim Kauf mit Sicherheit Wert gelegt, unschön oder nicht gebundene Exemplare aber nicht von einem bestimmten Buchbin-der mit speziellen, unverwechselbaren Einbänden versehen worden. Das ein-zige individuelle verbindende Merkmal war also die handschriftlich eingetra-

Geschichte

gene Buchnummer auf der Verso-Seite des ersten Blattes (und dieser eindeuti-ge Hinweis konnte, wie gesehen, durch eine buchbinderische Routinemaßnahme ohne böse Absicht, aber nichtsdestowe-niger unwiederbringlich zerstört worden sein).

Was übrig blieb, war ein Durchkämmen der Bestände in der Nachbarschaft der beiden »Arisierungs«-Funde auf die zwei Kriterien Gestapo-Zugangsnotation und Rosenthal-Buchnummer hin. Die dies-bezügliche Suche in den gesamten circa 3 000 Rariora-Bänden sowie in den 1 000 an den Maupassant-Fund angrenzenden Signaturen des NC-Jahrgangs 1940 liefer-te jedoch keine entsprechenden Ergebnis-se. Ein Ausdehnen dieser Recherchen über noch weitere Kontingente des Magazin-bestandes hin wäre der sprichwörtlichen Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen nahe gekommen und hätte die Rückgabe in nicht mehr verantwortbarer Weise ver-zögert.8

Rückgabe nach 50 Jahren

Als nächste Aufgabe stand an, endlich die Rückgabe einzuleiten und zunächst ein-mal Uri Siegel die – 50 Jahre verspätete – Entdeckung »seiner« Bücher mitzutei-len. Seine Reaktion war trotz der recht speziellen Umstände uneingeschränkt positiv: Statt immerhin denkbarer (und nicht unbegründeter) Kritik äußerte er spontane Freude und Anerkennung für die beharrliche Nachsuche der Arbeits-gruppe.

Und noch eine andere ganz unerwartete Wirkung übte die Präsentation des Fun-des auf ihn aus. Die beiden Bücher – mit einem antiquarischen Schätzwert von zu-sammen etwa 1 200 Euro für Herrn Siegel keine materiellen Schätze – lösten in ihm unübersehbar starke Emotionen aus, die er spontan mit den Mitgliedern der Arbeits-gruppe teilte: Er hatte im Alter von elf bis zwölf Jahren, während seine Eltern in Pa-

lästina die Emigration aus Nazideutsch-land vorbereiteten, mehrere Monate im Haus seiner Tante verbracht und bei dieser Gelegenheit die Bibliothek für sich ent-deckt.

Die sich als Folge des Bücherfundes unmittelbar einstellende Vergegenwärti-gung mehrerer prägender Leseerlebnisse dieser lang zurückliegenden Zeit ließ ihn geradezu ins Schwärmen geraten. Schnell wurde klar – Herr Siegel war glücklich, etwas wiederbekommen zu haben, das weit mehr wert war als die Bücher: die Erinnerung an die Bibliothek, an seine Tante, an die Kindheit in seiner geliebten Vaterstadt, und er war dankbar, dass es nach so vielen Jahren aktive Bemühungen gegeben hatte, die ihm diese Bilder, un-verlangt und unverhoff t, wieder lebendig werden ließen. Gerne willigte er in den Vorschlag der Direktion ein, die Rück-gabe in offi ziellem Rahmen durchzu-führen; der Termin fand im März 2006 unter reger Medienpräsenz statt,9 und Herr Siegel widmete dabei in einer be-wegenden Ansprache die Veranstaltung dem Gedenken an seine Tante Gabriele Rosenthal.

6 Sowohl die Tell-Ausgabe als auch ein weiteres erhaltenes Buch der Bibliothek Rosenthal im Privatbesitz von Uri Siegel dokumentieren, dass die Signatur stets links oben auf der ers-ten Verso-Seite eingetragen war, bei gebunde-nen Büchern auf der des fl iegenden Blattes, bei Broschuren auf dem inneren Umschlag-blatt.

7 Ein ähnliches Problem für den Altbestand stellt das beim Applizieren von Einbänden nicht selten vorgenommene Beschneiden des Buchblocks dar, dem ebenfalls handschriftli-che Eintragungen, darunter wesentliche Pro-venienzhinweise auf Rändern und Schnitt, zum Opfer fallen können.

8 Die inzwischen (Stand: Ende August 2007) abgeschlossene Überprüfung der Fächer NC 39–41 hat die Berechtigung der damaligen Entscheidung bestätigt: Da sich defi nitiv kei-nes der (potenziell) noch vermissten Rosen-thal-Bücher in diesen Bearbeitungsjahrgän-gen nachweisen lässt, ist mit großer Sicherheit davon auszugehen, dass sich nun endlich kein Band dieser Bibliothek mehr im BSB-Bestand befi ndet.

9 Mit uneingeschränkt positivem Echo auf die Rückgabe und auf die hierzu unternomme-nen Aktivitäten der Bayerischen Staatsbiblio-thek; siehe hierzu: Bibliotheksforum Bayern 34(2006)3, Seite 269–271

Dr. Thomas Jahn, geboren 1947, stu-dierte Klassische Phi-lologie, Vergleichen-de indogermanische Sprachwissenschaft und Germanistik in Würzburg und pro-movierte zum Thema

»Zum Wortfeld Seele-Geist in der Spra-che Homers«. Thomas Jahn ist Leiter der antiquarischen Erwerbung, des Referats für Seltene und Alte Drucke sowie der Arbeitsgruppe »Arisierungs«-Forschung an der Bayerischen Staatsbibliothek München. – Kontakt: [email protected]

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Rainer Strzolka

»Displaced Books« und »Hidden Collections« Tagungsbericht vom 3. Hannoverschen Symposium »NS-Raubgut in Bibliotheken«

Am 8. und 9. November 2007 fand das 3. Hannoversche Symposium »NS-Raub-gut in Bibliotheken« statt, fl ankiert von den Ausstellungen »Displaced Books – NS-Raubgut in der Universitätsbiblio-thek Marburg« in der Gottfried Wilhelm Leibnitz Bibliothek sowie »Enteignet, zerstört, entschädigt – Die Kunstsamm-lung Gustav Rüdenberg 1941–1956« im Stadtarchiv Hannover.1 Im Folgenden einige Impressionen von dieser Tagung, die in drei Themenblöcken angelegt war: Organisatoren, Mittler und Nutznießer des Raubes; Umgang mit NS-Raubgut; Identifi zierung von Raubgut.2

Karsten Sydow untersuchte neben Cornelia Briel die Erwerbungspo-litik der Preußischen Staatsbiblio-

thek im Jahr 1933, die mit drei Millionen Bänden die größte Bibliothek des Reiches war und die Funktion einer Nationalbib-liothek hatte. Bis ins Jahr 2006 gab es an dieser Bibliothek keine Auseinanderset-zung im Zusammenhang mit NS-Raub-gut.

Sydow wertete die noch vorhandenen Akzessionsjournale von 1931 bis 1952 aus und untersuchte circa 375 000 Kauf-, Geschenk- und Tauschvorgänge nach Merkmalen, die sie als wahrscheinliches Raubgut auswiesen. Als verdächtig galt der Erwerb kompletter Buchsammlungen, Materialien, die beschlagnahmt worden waren, oder Zugänge durch Lieferanten, mit denen die Bibliothek üblicherweise nicht zusammen arbeitete. Dabei stellte Sydow Beispiele vor und stellte sie in den Kontext der NS-Politik.

Ergänzend zog er Akten aus der Erwer-bungsabteilung heran. Es zeigte sich da-bei, dass zahlreiche Titel erworben worden waren, die der NS-Ideologie entgegenstan-den. So wurde beispielsweise die Privat-bibliothek Alfred Kerrs gekauft.

Ab 1938 fungierte die Staatsbibliothek als Pfl ichtexemplarbibliothek für NS-Schrifttum. Die Beschaff ung von aus-ländischer Literatur erwies sich ab 1939 als schwierig. Noch 1938 verfügte die Staatsbibliothek über Tauschbeziehungen mit rund 250 Bibliotheken, die bis in die USA, Argentinien, Großbritannien und zur Nationalbibliothek Riga reichten. Zudem existierten Tauschbeziehungen mit ungefähr 350 wissenschaftlichen Ge-sellschaften. Allein für den Zeitraum von 1933 bis 1938 verfügte die Bibliothek über ungefähr 100 000 Bände an Zugang über solche Kanäle. Der Zugang betrug im Jahr 1939 52 000 Titel, davon 25 100 ausländi-sche.

Die Literaturbeschaff ung wurde mit Kriegsbeginn unter Hilfe ausländischer Verbündeter unternommen. Solche Be-ziehungen existierten nach Belgien, Dä-nemark, Frankreich, Holland, Norwegen, Schweiz, Schweden, Italien, Ungarn und Lettland. Der Höhepunkt der Bestands-zuwächse durch Beschlagnahme lag in den Jahren 1942 und 1943.

Einerseits sorgten Behörden dafür, dass die Staatsbibliothek mit kostenlosen Zuweisungen ausländischer Literatur ver-sorgt wurde; andererseits gab es auch per-sönliche Unterstützung durch Bibliothe-kare. So wurden durch Hermann Fuchs, der sich in Paris aufhielt, französischspra-chige Titel an die Bibliothek versandt, vor

allem preisgünstig erworbene Erstausga-ben französischer Klassiker.

Ab 1944 kam die Erwerbungstätigkeit der Staatsbibliothek praktisch zum Erlie-gen, die betreff ende Abteilung wurde nach Hirschberg im Riesengebirge ausgelagert. Ab dieser Zeit war keine sinnvolle Erwer-bungspolitik mehr möglich.

Trotz einiger Unwägbarkeiten gilt nach Sydow als sicher, dass die Preußische Staatsbibliothek sich darum bemühte, an beschlagnahmte Sammlungen oder ganze Bibliotheken zu kommen. Hierzu entwi-ckelte sie intensive Zusammenarbeit mit Polizeidienststellen und Fiskalorganisati-onen. Die Aufschlüsse, die die Akzessions-journale bieten können, müssen allerdings durch korrespondierende Akten anderer Behörden ergänzt werden.

Es ist jedenfalls off ensichtlich, dass Ge-neraldirektor Krüß der NS-Politik willig folgte, insgesamt scheint die Bibliothek den staatlichen Richtlinien keinen Wider-stand entgegengesetzt zu haben. Hierfür sprechen auch die Jahresberichte, die sich ja nicht als interne Papiere verstanden, sondern als Veröff entlichungen für eine interessierte Öff entlichkeit. Hier wurde off en über Schriftenzugänge durch Be-schlagnahmen berichtet.

Bemerkenswert ist, dass, entgegen land-läufi ger Annahmen, die Bergungsstelle für herrenlose Bücher in den untersuch-ten Akten nicht als Lieferant für Raubgut auftaucht. Grit Nitsche wies darauf hin, dass ein Teil der Bestände in der Zentral- und Landesbibliothek Berlin und in der Staatsbibliothek heute noch vorhanden sind.

Die Historikerin Christiane Kuller untersuchte die Rolle der Fiskalbehörden bei der Deportation von Juden, deren Ver-mögen dem Staat zufi el. Das Ausrauben Deportierter war mit der harmlosen Be-zeichnung »Aktion 3« bezeichnet. »Aktion 3« war ein regelrechter Tarnname für die in großem Stil veranstalteten Massenver-steigerungen und den freien Verkauf von jüdischem Eigentum.

Die ersten anti-jüdischen Gesetze hat-ten noch nicht den Genozid zum Ziel, sondern eine rasche Auswanderung der Juden, möglichst ohne Eigentum. Erst ab 1938 nahmen die »Arierparagraphen« in wirtschaftlichen Belangen drastisch zu. Bislang war die Rolle der Finanzbehörden für den Buchraub nicht untersucht wor-den. Sie waren nicht nur für die Verwer-tung von Büchern zuständig, sondern für die Nutzung und Verteilung sämtlichen privaten Eigentums der Enteigneten, sie erhielten damit ein umfangreiches neues Aufgabengebiet.

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78 BuB | Lesesaal

Da die Finanzämter Bücher recht wahl-los verteilten, fi nden wir ein untypisches Vorgehen für das Feld Buchraub, da es sich hier in der Regel nicht um spezielle Judai-ca oder politische Literatur handelte, son-dern um Alltags- und Gebrauchsliteratur von relativ geringem materiellem Wert.

Kuller zeigte anhand verschiedener Bei-spiele aus dem Raum Bayern, welche letz-ten Bücher die Juden vor ihrer Deporation noch besaßen, und was mit ihnen nach der Deportation ihrer Besitzer geschah. Ein großer Teil der Bücher wurde an Reichs-sicherheitshauptamt, Einsatzstab Reichs-leiter Rosenberg, das »Stürmer-Archiv«, oder die Dolmetscherschule des Ober-kommandos der Wehrmacht abgegeben.

Ein erheblicher Teil wurde jedoch in die Behördenbibliotheken der Finanzämter bis hinauf in das Reichsfi nanzministerium eingearbeitet und diente der Bespaßung der Fiskalräuber. Der Zollgrenzschutz fragte Ausreisewillige gezielt nicht nur nach verwertbarer Kleidung, Möbeln oder Wäsche, sondern auch nach Büchern.

Die Finanzämter besaßen damit eine doppelte Funktion als Vermittler von ge-raubtem Gut wie auch als direkte Nutz-nießer. Kuller zeigte an diversen Beispie-len, wie die Finanzbehörden als staatstra-gende Organisationen Hand in Hand mit ideologisch tragenden NS-Organisatio-nen zusammenarbeiteten. So kassierte das Finanzamt Ochsenfurt 269 Bücher von Juden; ebenso waren andere Behörden an solchen Aktionen beteiligt.

Vieles vom beschlagnahmten Eigentum der Juden war von geringem fi nanziellem Wert; allerdings ist das Auftreten der Fi-nanzämter im Th emenkreis von NS-Raub-gut von wissenschaftlichem Interesse. Da viele der beschlagnahmten Bücher nicht sonderlich wertvoll waren, oder ihr Wert von den wenig sachkundigen Beamten dort nicht erkannt wurde, wurden solche Bücher gerne in die amtlichen Dienstbib-liotheken eingestellt, wie Beispiele aus dem Oberfi nanzbezirk Nürnberg zeigen.

Deportierte mussten vor ihrem Ab-transport Vermögenserklärungen ausfül-len. Diese waren häufi g sehr detailliert, bieten aber bei Buchbeständen in der Regel nur summarische Deklarierungen: »ein Lot Bücher«, »zahlreiche Bände« et cetera. Christiane Kuller wies nach, dass Versteigerungen von geraubten Büchern beispielsweise im Raum Nürnberg kaum stattgefunden haben, sondern die kom-munalen Behörden requirierend und ver-teilend wirkten.

Ein großer Teil der Bücher ist off en-sichtlich in Papiermühlen eingestampft, oder aber an den Stab Rosenberg weiter-

geleitet worden. Gauschrifttumsbeamte makulierten teilweise auch Titel, wobei die besten Stücke für den Eigenbedarf ver-wandt wurden.

Um diesem Missbrauch entgegenzuwir-ken, erwirkte das Reichsministerium für Finanzen Anweisungen, nach denen Bü-cher grundsätzlich an den Stab Rosenberg weiterzuleiten seien, oder aber an andere Organisationen wie die genannte Dol-metscherschule der Wehrmacht. Bücher, die zum Verkauf oder für den Einsatzstab Rosenberg nicht geeignet waren, wurden an das Stürmer-Archiv weitergeleitet.

Die Bestände, die den Behördenbiblio-theken einverleibt wurden, umfassten vor allem Schöne Literatur, Lexika, Kunstbän-de und anderes, was den privaten Interes-sen der betreuenden Beamten entsprach. Sehr wahrscheinlich wurden auch Bände unter der Hand an Leihbüchereien ver-kauft, allerdings sind Anfragen von dieser Seite auch aktenbelegt abschlägig beschie-den worden.

In den Jahren 1943 und 1944 bemühte sich das Reichsfi nanzministerium darum, die eigene Bibliothek mit Raubgut zu be-stücken; allerdings stellte sich dabei heraus, dass insgesamt nur noch 191 Bücher aus der »Aktion 3« für diesen Zweck verfügbar waren. Lokale Interessen zur Bereicherung sowie solche bei Mittelbehörden sorgten dafür, dass die Ernte für das RFM beschei-den ausfi el. So fanden sich beispielsweise bei niederen fränkischen Behörden 1 300 Bände aus geraubten Beständen.

Die elfte Verordnung zum Reichsbür-gergesetz vom 25. November 1941 hatte die Situation für die Juden in Deutschland vollkommen verändert, da die im Ausland lebenden Juden – mithin ein großer Teil der Emigranten – sowohl die deutsche Staatsbürgerschaft als auch ihr Vermögen verloren. Hierdurch wurde eine neue Qua-lität von Raub durch die Fiskalbehörden geschaff en. Viele dieser Raubaktionen be-trafen das Eigentum längst Ermordeter. In der Regel wurde gar nicht versucht, Kon-takt mit den früheren Eigentümern aufzu-nehmen.

Ähnlich wie das Privateigentum der Juden in den Konzentrationslagern nicht den Eigentümern zugeteilt wurde, sondern allgemein verteilt, agierte das Regime mit den Materialien, die durch Fiskalbehör-den gestohlen worden waren und verteilte Mangelwaren an Hausrat wie an Büchern an die Bevölkerung; eine Maßnahme, die das Ansehen des Regimes zu stabilisieren half. Insgesamt zeigte sich bei den agie-renden Beamten vorauseilender Gehor-sam, aber auch Eigennutz, sodass sich die Funktion der Finanzbehörden nicht auf

reine Vermittlung von Raubgut reduzieren lässt.

Bestürzend ist die Totalität des Zugriff s durch die Finanzbehörden in der NS-Ver-nichtungspolitik. Ihnen ist es zu verdan-ken, dass alle Blicke auf die Deportierten in der historischen Distanz unmöglich gemacht wurden. Die mit der »Aktion 3« geraubten Bücher standen am Ende einer langen Kette von erniedrigenden Maß-nahmen und führten in der Regel zur Einverleibung von Büchern von geringem materiellem, aber ideellem Wert für die Verfolgten.

Die teuren Bibliotheksbestände, vor al-lem aus Gelehrtenbesitz oder aber denen von erfolgreichen Geschäftsleuten, wa-ren in der Regel schon vor der »Aktion 3« enteignet worden. Finanzbehörden waren immer Teil staatlicher Zwangsmaßnah-men; im Dritten Reich standen sie in einer Vermittlerposition, die ihnen viel Macht zukommen ließ.

Die Belege und Akten für die Enteig-nung der jüdischen Bevölkerung durch die Finanzbehörden wurden zunächst für 30 Jahre gesperrt und 1988 mit dem Hinweis auf Steuergeheimnisse auf 80 Jahre für die Öff entlichkeit unzugänglich gemacht.

Als der Autor Wolfgang Dressen 1998 Interesse an den »Arisierungsakten« an-meldete, wies die OFD Düsseldorf alle nachgeordneten Ämter an, von einer Be-antwortung des Schreibens vorerst Ab-stand zu nehmen. Die von Dressen initi-ierte Ausstellung »Aktion 3« wurde bereits vielfach in Deutschland gezeigt; allerdings lehnte es die Humboldt-Universität zu Berlin ab, die Ausstellung zu zeigen, da sie einen zu einseitigen Charakter habe.3

Ergänzt wurden die Vorträge durch eine leidenschaftliche Darstellung des Bü-cherraubs der hassidischen Karlin-Stolin Gemeinde durch Yohonon Berman, den Hauptrabbiner von Pinks-Belarus.

Die nächste Tagung zum Th ema »Bib-liotheken in der NS-Zeit – Provenienzfor-schung und Bibliotheksgeschichte« fi ndet am 26. und 27. März 2008 in Wien statt.4

Geschichte

1 Dank geht an Regine Dehnel, Ulrich Kandolf und Ragnhild Rabius für die Unterstützung zur Berichterstattung zu dieser Tagung.

2 Eine vollständige Version des Tagungsbe-richts im Umfang von circa 20 Seiten kann gegen einen adressierten und frankierten Rückumschlag angefordert werden von Rai-ner Strzolka, Im Wambeck 2, 31061 Alfeld

3 Wolfgang Dressen: Aktion 3. Deutsche ver-werten jüdische Nachbarn. Berlin, 1998

4 Ansprechpartner an der Universitätsbiblio-thek Wien und Tagungsprogramm: Stefan Alker, Christina Köstner. – Kontakt: [email protected]

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»Spurensuche«

Sammelband erinnert an ver-folgte österreichische Bibliothe-karinnen während der NS-Zeit

Österreichische Bibliothekarinnen auf der Flucht. Verfolgt, verdrängt, vergessen? Herausgegeben von Ilse Korotin. Wien: Praesens-Verlag, 2007 (biografi A, Neue Ergebnisse der Frauenbiografi eforschung; 4). 214 Seiten: Illustrationen. – gebunden 24,30 Euro

Am 19. Mai 2006 fand in Wien eine Tagung mit dem eindrucksvoll for-mulierten Th ema »Österreichische

Bibliothekarinnen auf der Flucht – ver-folgt, verdrängt, vergessen?« statt. Veran-stalter war das Institut für Wissenschaft und Kunst (IWK)1 in Gemeinschaft mit der Projektinitiative biografi A (datenbank und lexikon österreichischer frauen) und dem Verein zur Förderung und Vernet-zung frauenspezifi scher Informations- und Dokumentationseinrichtungen in Österreich (frida).2

Im November desselben Jahres erinner-te sich der Arbeitskreis kritischer Biblio-thekarinnen und Bibliothekare (Kribibi) im Renner-Institut an das zehnjährige Jubiläum seiner ersten frauenspezifi schen Veranstaltung »Die Bücherei ist weiblich?« und lud zum Seminar »BücherFrauen-Bibliotheken« ein.3

Aufwendige Recherchen

Beide Tagungen werden deshalb hier erwähnt, weil Referentinnen und Vor-tragsthemen weitgehend identisch waren und inhaltlich nur anlassbedingte Vari-anten boten. Von geringfügigen Ausnah-men abgesehen, dokumentiert der von Ilse Korotin, Leiterin der Dokumentations-stelle Frauenforschung am IWK, heraus-gegebene Band alle Tagungsbeiträge. Die Autorinnen sind teils im Bibliotheks- oder Dokumentationswesen tätig, teils an wis-senschaftlichen Projekten beteiligt.

Was wollten die Tagungen? Die Über-schrift »Spurensuche« weist darauf hin. Viel zu wenig weiß man über Bibliotheka-rinnen, die aus politischen und/oder rassi-schen Gründen ein hartes Schicksal erlit-ten, von der Verfolgung und berufl ichen Benachteiligung bis im schlimmsten Fall zum gewaltsamen Tod in Konzentrations-lagern. Die meisten sind in Vergessenheit geraten, einige durften nach der Schre-ckenszeit ihre Rehabilitation erleben und im Einzelfall sogar noch internationale Reputation erwerben. Sie alle verdienen es, dass ihnen ein ehrenvolles Andenken bewahrt wird.

Den Referentinnen ist es durch mühsa-me und aufwendige Recherchen gelungen, über zwanzig dieser Lebensläufe zu rekon-struieren. Je nach Quellenlage konnten sie mehr oder weniger ausführlich doku-mentiert werden. Im günstigsten Fall stan-den die Überlebenden für Gespräche zur Verfügung. Eine grobe statistische Aus-wertung ergibt, dass von den genannten Bibliothekarinnen etwa die Hälfte emig-rieren konnte: in die USA, nach Großbri-tannien, Frankreich, Schweden, Palästina

Privatanschrift des Rezensenten: Prof. em. Dr. Peter Vodosek, Seestraße 89, 70174 Stuttgart; [email protected]

und in die UdSSR. Manche kehrten nach Kriegsende nach Österreich zurück. Zwei wurden ermordet.

»Bleistift und Papier«

Um die Breite der persönlichen Schicksale zu zeigen, seien zwei Persönlichkeiten ex-emplarisch erwähnt. Christine Rohr von Denta (1892–1961) war die erste Biblio-thekarin des höheren Dienstes an der Ös-terreichischen Nationalbibliothek (ÖNB). Sie gehörte zwar nicht zu den vom NS-Re-gime Verfolgten, hat aber trotz einschlägi-ger Verbote jüdischen Wissenschaftlerin-nen ermöglicht, Literatur aus der ÖNB zu benutzen.

Josephine Riss Fang (geboren 1922) verlor 1943 ihre Stelle als wissenschaftli-che Hilfskraft an der Universität, konnte aber nach 1945 promovieren, verließ Ös-terreich und wurde schließlich Professorin für Preservation and Conservation an der Graduate School of Library and Infor-mation Science des Simmons College in Boston. Sie dürfte wegen ihres jahrelangen Engagements für IFLA und ihrer Veröf-fentlichungen auch in Deutschland vielen bekannt sein.

Abschließend sei noch der Aufsatz »Budgetposten ›Bleistift und Papier‹ – Bib-liothekarinnen in der Österreichischen

1 Das IWK, angesiedelt in Wien in der Berg-gasse 17 (Sigmund Freud lässt grüßen!), wur-de 1946 gegründet und leistet internationale Forschungs- und Bildungsarbeit im Bereich Wissenschaft und Erwachsenenbildung. Es organisiert Veranstaltungen und unterhält Forschungs- und Dokumentationsstellen so-wie eine Institutsbibliothek mit diversen Spe-zialsammlungen.

2 Das Projekt frida sammelte seit 1998 über 10 000 Frauenbiografi en. Es befi ndet sich zurzeit in der Abschlussphase. Geplant sind eine Buchpublikation in drei Bänden sowie eine elektronische Version. Projektleiterin ist Susanne Blumesberger. Weitere Informa-tionen unter www.univie.ac.at/iwk/projekte.html. – Ein ausführlicher Tagungsbericht von Heimo Gruber ist zu fi nden in »Büchereien Wien aktuell« Nr. 31, Juni 2006, S. 32–36.

3 Kribibi im Renner-Institut ist eine seit 1983 bestehende Initiative, die Bibliothekarinnen und Bibliothekare aus Öff entlichen Biblio-theken zum Informations- und Erfahrungs-austausch zusammenführt. Das Renner-Ins-titut, benannt nach Karl Renner, dem ersten Staatskanzler der 1. und ersten Bundespräsi-denten der 2. Republik Österreichs, wurde 1972 gegründet und ist die politische Aka-demie der SPÖ. Die Einrichtung ist mit der Friedrich-Ebert-Stiftung vergleichbar. – Ein Tagungsbericht von Monika Bargmann ist in den »Mitteilungen der VÖB« 59(2006)4, S. 52–55, nachzulesen.

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Nationalbibliothek« von Christina Köst-ner hervorgehoben, der über den thema-tischen Rahmen des Buches hinausweist.4 Sie geht den berufl ichen Benachteiligun-gen nach, denen Frauen an der ÖNB aus-gesetzt waren, von den 1917 erstmals als »Hospitantinnen« akzeptierten Mitarbei-terinnen, den gravierenden Eingriff en in der NS-Zeit bis zum »Quasi-Zölibat«, dem Frauen im öff entlichen Dienst bis nach dem 2. Weltkrieg unterworfen waren.

Sie führt ihre Untersuchung bis zur Entnazifi zierungspraxis an der ÖNB wei-ter und endet mit einem Ausblick auf die erst spät erfolgte Übernahme von Frauen in leitende Positionen bis zu den ersten Ge-neraldirektorinnen (Magda Strebl 1982–1992 und seit 2001 Johanna Rachinger).

Längerfristige Auseinandersetzung

Das sich durch ansprechendes Layout auszeichnende Buch ist mit zahlreichen Fotos ausgestattet, was die durch die Lek-türe ausgelöste Betroff enheit noch stei-gert. Die Publikation kann durchaus als ein Meilenstein gelten und steht, wie die Herausgeberin schreibt, »am Beginn einer längerfristigen Auseinandersetzung mit der Geschichte von Bibliothekarinnen in Österreich, deren bibliothekarischen Ar-beitsverhältnissen, Wirkungsvielfalt und Lebenszusammenhängen«.

Die erwähnte Rezension von Murray G. Halls und Christina Köstners Buch aus der Feder von Jürgen Babendreier, das mehrfach als vorbildlich auch für die deutsche Bibliotheksgeschichtsschreibung gerühmt worden ist, wurde mit »Tu felix Austria« überschrieben. Diese Überschrift lässt sich durch ein weiteres Zitat, dieses Mal frei nach Goethe, ergänzen: »Öster-reich, du hast es besser…«.

Peter Vodosek

Fachliteratur

4 Köstner schöpft aus der Fülle des Materials, das ihr als Forscherin und (Mit-)Autorin an mehreren wichtigen Veröff entlichungen zur Geschichte der ÖNB zur Verfügung stand. Vgl. zuletzt die zusammen mit Murray G. Hall verfasste Monografi e »›… allerlei für die Nationalbibliothek zu ergattern…‹. Eine österreichische Institution in der NS-Zeit« (Böhlau 2006). Siehe auch die Rezension von Jürgen Babendreier in BuB 59(2007)4, S. 310–312.

Leibniz und die Folgen…

Erkenntnisse interdisziplinärer Forschung zur Zerstörung von Schriftgut

Verbergen, Überschreiben, Zerreißen. Formen der Bücherzerstörung in Literatur, Kunst und Religion. Herausgegeben von Mona Körte und Cornelia Ortlieb. Berlin: Erich Schmidt, 2007 (Allgemeine Litera-turwissenschaft – Wuppertaler Schriften; 9). 320 Seiten: Illustrationen. – broschiert 39,80 Euro

Nicht selten werden Bibliothekare heute ohne zu zögern in die Reihe der großen historischen Buchzer-

störer gestellt, auch wenn entgegen land-läufi ger Vorurteile Bibliotheken und Bü-cher nur schwer brennen. Es ist die stille Gefolgschaft gegenüber unauff älligen Mittelkürzungen oder jahrzehntelan-ger Vernachlässigung von Kernaufgaben ebenso wie die blindwütige Digitalisie-rungswut, die binnen weniger Jahre mehr Schriftstücke dem Vergessen anheim stel-len wird als die ebenso kindliche Euphorie, alles auf Mikrofi lm zu bannen und dann die Originale wegzuwerfen, die wir hatten, als die heute Verantwortlichen noch Kin-der waren und dafür nichts konnten.

Für den heute üblichen Umgang mit Bibliotheksbeständen aber können sie et-was. Zwar sind spektakuläre Zerstörun-gen für die Buchgeschichte interessant – im Feuilleton brennt die Bibliothek von Alexandria mehrfach pro Jahr –; für die Alltagskultur aber erscheinen die nicht spektakulären Schäden mindestens ge-nauso prägend, da endlos viele Gedanken auf diese Weise unhörbar werden. Der vor-liegende Band widmet sich mit wunder-voller Detailgenauigkeit tabuisierten und schockierenden Praktiken der Bücherzer-störung – in und außerhalb von Bibliothe-ken.*

Geschichte des Vergessens

Reizvoll ist, dass der Sammelband die Geschichte zerstörter Bücher durch den Brückenschlag mehrer Fachdisziplinen schreibt, die an vielen wissenschaftlichen Orten stattfand und stattfi ndet. Bücher-zerstörung ist ein Th ema für Zensur- und Klandestinenforschung, Kolonialismus- und Ideologiegeschichte.

Die Spannbreite reicht von der mythen-bildenden Funktion des alexandrinischen Bibliotheksbrandes (Jon Th iem) über Petrarca (Ulrike Schneider), Künstler als Ikonoklasten (Martin Dönike), reale und fi ktive Autoren als Zerstörer eigener Texte (Marcel Atze), den Umgang mit heiligen und unheiligen Büchern im Judentum (Reimund Leicht: Verbrennen oder Ver-bergen), unsichtbare Literatur und ver-borgene Bibliotheken im 18. Jahrhundert (Christine Haug), Biblioklasten, Biblio-phile und Bibliomane als Bücherfeinde (Kirsten Dickhaut), die Funktion von Bücherkatalogen im Kontext imaginierter Bibliotheken (Dirk Werle) und anderes mehr bis hin zur Buchzerstörung in der Gegenwartskunst (Stefanie Endlich).

Die Ergebnisse der Arbeiten zeigen, dass die Geschichte der Bücherzerstörung

Anschrift des Rezensenten: Dr. Rainer Strzolka, Technische Informationsbibliothek und Universi-tätsbibliothek, Team FBK Auskunft und Lesesäle, Königsworther Platz 1B, 30167 Hannover; [email protected]

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nicht mit dem populären Ansatz einer rei-nen Geschichte der Intoleranz erfassbar ist, sondern auch im Rahmen einer Ge-schichte der Vergessenspraktiken begrif-fen werden muss.

Bibliotheken in der Zeitung

Es fällt auf, dass in den letzten Jahren die Publikationen über Speicher- und Er-innerungsräume massiv zunimmt und angesichts der sicheren Vernichtung un-geheurer Wissensmengen durch die Kurz-lebigkeit digitalisierter Sammlungen erst einmal ganz ohne jeden Beweis vielfach unterstrichen wird, wie segensreich die Macht kulturellen Vergessens sei, die an-geblich ganze Gesellschaften am Laufen halte.

Dies mag stimmen, was das Verhalten unserer Politiker angeht, die ohne gesell-schaftliches Kurzzeitgedächtnis nie mehr gewählt würden; aber ob es für die Wis-sensräume einer ganzen Schriftkultur steht, muss doch bezweifelt werden. Nach-dem also kaum noch abstreitbar ist, dass Digitalisate schneller unbrauchbar werden als Papier, wird das Vergessen als neue Tu-gend gefeiert. Vor zehn Jahren hieß es hin-gegen noch, Digitalisierung würde das Er-innerungsvermögen der Welt verbessern.

Erfreulich ist in diesem Zusammen-hang der breite Raum, den literarische Fiktionalisierungen von Bibliotheken in diesem Band einnehmen, was zu vie-len Anregungen zur Lektüre führt, auch wenn Bibliothekare bekanntlich nicht le-sen. Über die Gründe hierfür sprechen wir lieber bei einem guten Glas Wein.

So ist denn auch der für uns tragende Beitrag jener von Uwe Jochum (»Vernich-ten durch Verwalten: Der bibliothekari-sche Umgang mit Büchern«). Jochum stellt die unscheinbare Rolle der Bibliotheken dar, die vor allem durch das Spektakuläre in den Blickpunkt der Öff entlichkeit ge-raten, anders als etwa die Museen. Wenn eine Bibliothek abbrennt, steht sie in der Zeitung. Die Stadtbibliothek Alfeld kennt niemand, dass dortige Schnarchmuseum kennt jedermann. Es muss nicht Guggen-heim sein; Hauptsache Museum, und die Publizität ist gesichert.

Verengung von Wissen

Jochum führt aus, dass die spektakulären Katastrophen vergleichsweise wenig Fol-gen für den Eigenwert von Bibliotheken haben, weil der stetige Alltag der Arbeit dort einen derartig stabilisierenden Cha-rakter hat. Wirklich ernsthaft geht es Bib-liotheken eigentlich nur an den Kragen, wenn sie in mäßigen Katastrophenfi lmen wie »Th e day after tomorrow« als Folie für Knalleff ekte von Sensationsregisseuren herhalten müssen.

Für Jochum, zweifellos einen der klügs-ten Köpfe des deutschen Bibliothekswe-sens, liegt die eigentliche Katastrophe, die Bibliotheksdämmerung gewissermaßen, denn auch nicht im gelegentlichen Verlust einiger unersetzlicher Bücher, sondern in der Bibliotheksverwaltung, dem Konzept der Universalbibliothek und dessen Um-setzung auf der Basis von Gottfried Wil-helm Leibniz. Dessen Konzeption von Wissen beruht auf der Annahme, dass al-

Ideal und Wirklichkeit

Auf das Treffl ichste ergänzt wird der Bei-trag Jochums durch einen Essay von Katja Stopka (»Vernutzt, verstellt, entwendet«), der den Umgang mit Büchern durch Leser in einem historischen Querschnitt unter-haltsam darstellt. Wenn man die von ihr angeführten Texte über die Liebe zu Bü-chern, die die Leser doch haben, vor dem Hintergrund der Zerstörungen in man-chen Bibliotheken wirken lässt, dann zeigt sich, dass Ideal und Wirklichkeit doch weit auseinander liegen.

Dazu muss man nicht nach Schöne-berg-Süd in Berlin gehen. Ein Blick in eine beliebige juristische Bibliothek zeigt, wozu Leser fähig sind. Eventuell hatte die Großvätergeneration der Bibliothekare ja doch Recht: Sind die Leser vielleicht doch Bücherfeinde?

So ganz sicher ist sich der Rezensent in der Frage noch nicht. Aber fast. Und wenn die Bibliothekare dann im Laufe der Zeit durch steten Kontakt ein wenig so werden wie die Leser, dann ist es nur menschlich und es zeigt, dass sie deren Bedürfnisse nicht aus dem Blick verlieren. Viel weiter kann man Benutzerorientierung gar nicht treiben.

Rainer Strzolka

les Wissen auf wenige Elemente zurückge-führt und alles komplexe Wissen aus we-nigen Elementen entwickelt werden kann – eine Vorstellung, die sich direkt auf die Entwicklung von Bibliotheken auswirkte (Seite 109), da diese nur die Bücher sam-meln sollten, aus denen sich die grundle-genden Wissenselemente destillieren lie-ßen.

Die katastrophalen Folgen einer sol-chen Ideologie schildert Jochum anhand von Beispielen, etwa die Säkularisation in Bayern 1800, der bürokratische Rationa-lisierungswahn in Preußen 1900 oder die Folgen der Digitalisierung. Seine Belege erschrecken und lassen jeden Bücherver-nichter dennoch ruhiger schlafen, denn sie handeln in guter alter Tradition. Wenn er möchte, kann sich ein Bibliotheksmana-ger nach Lektüre von Jochums Text auf die Ptolemäer im 3. Jahrhundert vor Christus berufen, wenn er Wissen nicht erweitert, sondern verengt. Im Übrigen sind die mo-dernen Bibliotheksportale eine aktuelle Form von Wissensverengung, auch wenn das Gegenteil behauptet wird.

Nachdem also kaum noch abstreit-bar ist, dass Digitalisate schneller

unbrauchbar werden als Papier, wird das Vergessen als neue Tugend

gefeiert. Vor zehn Jahren hieß es hingegen noch, Digitalisierung würde

das Erinnerungsvermögen der Welt verbessern.

* Zur Bibliothek als Ort unauff älligen Bewah-rens vgl. Nikolaus Wegmann: Bücherlabyrin-the. Suchen und Finden im alexandrinischen Zeitalter. Köln [u.a.]: Böhlau, 2000; zum Schweigen über Bibliotheken vgl. Rainer Strzolka und Nicola Volckmann: Lasciate ogni speranza – il giornalismo delle biblio-teche non esiste…? In: Libreas 10-11/2007. Online unter: www.libreas.de

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@Dr. Jürgen Plieninger arbeitet als Biblio-thekar in Tübingen und ist im Internet als Informationsanbieter und Rechercheur aktiv. Näheres zur Person unter http://homepages.uni-tuebingen.de/juergen.plieninger

Totgesagt – aber quicklebendigWarum Linksammlungen nach wie vor aktuell sind

Linksammlungen sind neben den Suchma-schinen die ältesten Suchdienste im World Wide Web. Totgesagt wurden sie bereits vor zehn Jahren. Warum gibt es sie immer noch?

Dass aus einer einfachen, ja banalen Ge-schäftsidee Großes werden kann, dafür ist Yahoo! de.yahoo.com ein gutes Beispiel. Yahoo! startete nämlich als Linksamm-lung. Mittlerweile ist es ein Konglomerat aus Suchmaschine und Portal von Internet-dienstleistungen wie Freemailer, Mailinglis-ten, Videoportal, Startseiten, Bilderdepot (Flickr! flickr.com), Videodepot, Linkdepot (Delicious! www.delicious.com) und an-derem mehr – und bietet immer noch eine Linksammlung, nach der man mittlerwei-le suchen muss. Der Erfolg verdrängt seine Wurzeln…

Yahoo! ist also ein Konkurrent von Goog-le, welcher wie dieser ständig neue Dienst-leistungen in sein Portfolio aufnimmt, um die Kunden möglichst ganz an sich zu bin-den. Aber am Anfang stand eine einfache Linksammlung, welche übrigens zu einem nicht geringen Teil aus Vorschlägen von Nutzern gespeist und aktuell gehalten wur-de. Wenn man eine Lücke entdeckte, konn-te man eine E-Mail schreiben, der Vorschlag wurde redaktionell geprüft und eingepflegt – fertig! Das erinnert an die heutige Sozi-ale Software, nicht wahr? Der Unterschied ist lediglich, dass heute die Vorschläge auto-matisch eingepflegt werden und der Nutzer zusätzlich noch für die Erschließung seines Eintrages sorgt.

Linksammlungen also – oder Webkata-loge, thematische Indices, Verzeichnisse, Clearinghouses, Portale und wie sie sonst

noch im Laufe ihrer Karriere benannt wur-den – waren stets eine in Baumstruktur auf-gebaute Sammlung, in welcher sich der Be-sucher von oben nach unten durch die The-men vom Allgemeinen zum Besonderen bewegen kann. Diese Richtung der Suchbe-wegung ist meiner Meinung nach die Ursa-che für die fortwährende Existenz der schon oft totgesagten Linksammlungen: Selbst wenn sie schlecht strukturiert und von weit-aus geringerem Umfang als jeder Suchma-schinenindex sind und ihr Inhalt teilweise veraltet ist, so sind sie doch der ideale Such-dienst für eine bestimmte Suchstrategie, nämlich jener von oben nach unten, um sich einem bestimmten Thema, in welchem man sich nicht gut auskennt, Schritt für Schritt annähern zu können.

Nehmen Sie einmal den besten Index, das Open Directory www.dmoz.org, ebenfalls eine allgemeine Linksammlung mit langer Geschichte, vielleicht auch deren deutsche Version www.dmoz.de und suchen nach In-formationen zum Thema Gesundheit, sagen wir genauer zu Rückenproblemen. Kommen Sie hier zu guten Ergebnissen? Versuchen Sie es dann einmal zum Vergleich mit der Inter-netbibliothek www.internetbibliothek.de, der gemeinsamen Linksammlung der Öf-fentlichen Bibliotheken. Ich bekomme beim Open Directory bessere und mehr Ergebnis-se, vielleicht, weil es wie Yahoo! ein Dienst ist, welcher auf Vorschlägen von Nutzern beruht und redaktionell bearbeitet wird. Immerhin haben die Öffentlichen Biblio-theken mit der Internetbibliothek etwas geschafft, wovon die wissenschaftlichen Bibliotheken noch träumen können: Eine gemeinsam gepflegte Linksammlung mit qualitativ hochwertig erschlossenen Einträ-

gen zu Internetquellen samt dazugehöri-gem Auskunftsdienst!

Erfolgreiche Einzelinitiativen

Dass es bei Linksammlungen nicht immer Kooperation sein muss, sondern auch Einzel-initiativen Einzigartiges hervorbringen kön-nen, zeigt die SHVB, die Schopfheimer Hy-pervirtuelle Bibliothek, www.schopfheim.de/bib/virtbib. Diese hat die Besonderheit, dass sie erstens eine Meta-Linksammlung darstellt und zweitens nach der ASB geord-net ist. Die Nutzer der Sammlung können also – wenn ihre Stadtbibliothek nach der ASB geordnet ist – innerhalb einer ihnen vertrauten Struktur suchen.

Nachteilig im Vergleich zum Beispiel der Internetbibliothek ist die karge Beschrei-bung der Quellen in der SHVB, die sich le-diglich auf den Titel beschränkt. Das hat zur Folge, dass man als Benutzer oft zur darge-stellten Quelle wechseln und dann wieder zurückspringen muss, um sie einschätzen zu können, ein manchmal mühsames und im-mer zeitraubendes Unterfangen!

Ein weiteres Beispiel für eine bereits länger gepflegte Sammlung für den Bereich der Öf-fentlichen Bibliotheken ist die Virtuelle All-gemeinbibliothek www.virtuelleallgemeinbibliothek.de von Ingrid Strauch, in der die Einträge inhaltlich beschrieben und ver-schlagwortet werden. So kann man auch im Schlagwortindex nach Themen suchen.

Aus dem bisher Besprochenen kann man folgern, dass der heutige Standard von Link-sammlungen in den folgenden Punkten be-steht:� datenbankgestützte Erfassung und Dar-

stellung der Einträge,� Erschließung durch Schlagwörter und/

oder Inhaltsangaben,� periodische Revision und Aktualisierung

der Einträge.Ein sehr bekannter internationaler Index, welcher nach diesen Kriterien erstellt ist, ist Librarian’s Internet Index, lii.org.

Gehen wir von den allgemeinen Link-sammlungen zu den besonderen, den wis-senschaftlichen oder Fachindices. In die-sem Gebiet existierten einige interessante Dienste, welche eine gute Übersicht boten. Mittlerweile sind sie aber zu bloßen Fach-informationsseiten herabgesunken, welche in manchen Rubriken dem Benutzer, wel-cher von außerhalb darauf zugreift, so gut

Internet

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Blickpunkt Internet

Zusatzdiensten, wie zum Beispiel Weblogs als Neuigkeitendienste für einzelne Bereiche und Tutorials.

Kollaboratives Sammeln

Immerhin ist es mittlerweile gelungen, mit Academic Linkshare www.academic-linkshare.de in Deutschland ein gemeinsa-mes Portal für das kollaborative Sammeln von wissenschaftlichen Links einzurichten. Hier wäre endlich für wissenschaftliche Bib-liotheken die Möglichkeit gegeben, Flagge zu zeigen und sich über die eigene Orga-nisation hinaus an der Sammlung und Er-schließung von Internetquellen zu betei-ligen. Wenn man möchte, kann man den Ertrag der eigenen Arbeit ja wieder in die eigenen Seiten integrieren.

Sind Linksammlungen noch zeitgemäß? Probieren Sie es doch einmal anhand von Linksammlungen in Ihrem eigenen Interes-sengebiet aus, dem Bibliothekswesen.

Nehmen Sie als Ausgangspunkt die Über-sicht über bibliothekarische Linksammlun-gen »allgemeine Verzeichnisse« im Tübin-ger Clearinghouse für bibliothekarische Metainformationen clearinghouse.ub.uni-tuebingen.de, welches ursprünglich im Deutschen Bibliotheksinstitut entstanden ist. Hier sind deutsche und internationa-le Linksammlungen aufgeführt, welche Sie nach Ihrem Suchthema von oben nach un-ten durchsuchen können.

Sagen wir, Sie suchen nach Informatio-nen zu einem bestimmten Bibliothekstyp, Schul- oder Fahrbibliothek. Nun wählen Sie eine der Linksammlungen aus, steigen dort ein und suchen nach Bibliothekstypen. Mit etwas Glück und Versuchen bekommen Sie dann Unterverzeichnisse mit Links zu dem von Ihnen gesuchten Bibliothekstyp. Pro-bieren Sie auch das Clearinghouse selbst aus, es verzeichnet sich nämlich in dem oben genannten Unterverzeichnis nicht selbst.

Falls Sie beim Durchprobieren der Seiten auf tote Links treffen, dann ist das – leider – eine für die Nutzung von Linksammlun-gen normale Erfahrung: Der Betreuer oder die Redaktion der Sammlung ist dann (noch) nicht dazu gekommen, den Link zu entfer-nen oder die geänderte Adresse zu aktua-lisieren. Letzteres ist übrigens häufiger der Fall, denn ein Angebot steht oft unter ei-ner anderen Webadresse weiterhin zur Ver-fügung. Daher sollte man als Nutzer einer

Linksammlung nicht gleich die Flinte ins Korn werfen, wenn man auf einen interes-santen Eintrag trifft, welcher zu einem toten Link führt: Geben Sie den Titel des Eintra-ges in eine Suchmaschine und Sie kommen, nach meiner Erfahrung, in zwei Dritteln der Fälle auf das entsprechende Angebot!

Linksammlungen bestehen zwangsläu-fig weiter, denn die Benutzer verwenden sie nach wie vor. Zwar bekommen sie derzeit starke Konkurrenz durch die oben erwähn-ten sozialen Bookmarkdienste, welche im Grunde kollektiv gepflegte Linksammlun-gen darstellen.

Diese sind jedoch nicht in einer Baum-struktur geordnet, sondern mithilfe von tags, also Schlagwörtern, erschlossen. Sie sind aktueller und haben durch die »sozia-len« Komponenten wertvolle Zusatzdienste an Bord (zum Beispiel RSS, Möglichkeit der Zusammenarbeit beziehungsweise Sicht auf die Sammlung anderer).

Dennoch – so meine These – werden die sozialen Bookmarkdienste die Link-sammlungen nicht ganz ersetzen, denn die Baumstruktur als Antwort auf das Bedürf-nis, sich der Lösung der Suchanfrage Schritt für Schritt nähern zu können, bietet einen Mehrwert, der sich durch die punktuell zu-greifende Stichwortsuche, sei es der Such-maschinen, sei es der sozialen Bookmark-dienste, nicht ersetzen lässt.

Gleichwohl sollte man sich von bibliothe-karischer Seite aus überlegen, ob nicht eine Veränderung von Linksammlungen, ähnlich wie bei den derzeitigen Überlegungen, Ka-taloge für die Nutzer zugänglicher zu ma-chen (»Katalog 2.0«), in Richtung »Link-sammlung 2.0« möglich wäre. Man könn-te sich Linksammlungen denken, bei denen Nutzer die Einträge markieren, merken, be-werten, ihre Erschließung ergänzen, Inhalts-angaben machen und das Ganze in ihre ei-genen Bookmarksammlungen importieren können.

Alles in allem werden Linksammlungen ewig jung bleiben! Man sollte sich aber Ge-danken darüber machen, wie man durch ko-operativen Aufwand Zeit bei der Erstellung spart, die Qualität hebt, ohne ganz auf die eigenen Gestaltungsmöglichkeiten zu ver-zichten und für Nutzer bessere Möglichkei-ten ersinnt, sich die Inhalte der Linksamm-lung anzueignen und ihren Mehrwert durch nutzerseitige Erschließung (»folksonomy«) zu erhöhen.

wie nichts bieten. Die Düsseldorfer Virtuel-le Bibliothek (DVB), einst ein hoch gelobter allgemeiner wissenschaftlicher Index, ist ein Beispiel dafür.

Den Index LLEK-Bookmarks www.wis-senschaftliche-suchmaschinen.de kann man wegen seiner Übersichtlichkeit noch empfehlen, ein Metaverzeichnis, welches nicht zuletzt durch seinen klaren Aufbau punktet. Wenn man nach gut gepflegten Verzeichnissen für einzelne Fächer und The-men sucht, so sind selbst hier bedeutende Fachindices selten zu finden und hängen oft vom Engagement weniger Personen ab (eine Übersicht finden Sie beispielsweise unter wiki.netbib.de/coma/ThematischeIndices).

Um diesem Manko abzuhelfen, sind Linksammlungen auch in vielen der Virtuel-len Fachbibliotheken wiki.netbib.de/coma/VirtuelleBibliotheken zu finden, sodass man mittlerweile davon ausgehen kann, dass in diesen, neben anderen elektronischen Er-schließungsmitteln, meist auch Linksamm-lungen zu finden sind. Von der hierarchisch strukturierten Sammlung der ViFaPol www.vifapol.de bis hin zu der vor allem mithil-fe von Stichworten durchsuchbaren cibera-Linksammlung www.cibera.de findet man dort alle Formen des Aufbaus von Indices.

Das ist auch ein wenig von Nachteil für die ViFas: Die Linksammlungen sind jeweils unter anderen Bezeichnungen an verschie-denen Stellen in unterschiedlicher Struktur zu finden, die Standardisierung der ViFas ist leider äußerst gering, sodass Benutzer sich jedesmal auf eine neue Struktur einstellen müssen! Auch mit der Integration in ein all-gemeines Verzeichnis ist es schlecht bestellt, Vascoda www.vascoda.de als gemeinsamer Überbau bietet kein Verzeichnis, sondern eine Suche über verschiedene Inhalte, vor allem Datenbanken. Die Linksammlungen kommen da leider nur unter »ferner liefen« vor, von der Klarheit der Darstellung der Su-chergebnisse einmal ganz zu schweigen.

Die Briten haben das weitaus besser ge-löst, deren übergreifende Linksammlung heißt Intute www.intute.ac.uk. In Großbri-tannien besteht daneben sogar noch eine zweite große, nach DC geordnete Samm-lung, BUBL, www.bubl.ac.uk, welche vom Centre for Digital Library Research der Uni-versität Strathclyde unterhalten wird. Beide sind sehr angenehm zu benutzen und insbe-sondere Intute bietet ein großes Portfolio an

Internet

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Neue Fachliteratur

Bergmann, Julia; Jürgen Plieninger: Re-cherchieren in Öffentlichen Bibliothe-ken. Berufsverband Information Bib-liothek e.V., OPL-Kommission. [Reut-lingen]: BIB, 2007 (Checklisten; 23). 54 Seiten: Illustrationen, grafi sche Dar-stellungen. – kostenlos online unter www. bib-info.de / komm / kopl / pub / check23.pdf

Buchfi eber. Zur Geschichte des Buches im 3. Reich. Gerd Simon und unzählige Mitarbeiter [Walter Back, Steff en Bender, Peter Michael Berger…]. Tübingen: Ge-sellschaft für Interdisziplinäre Forschung, 2007. X, 328 Seiten: Illustrationen. – bro-schiert 30,– Euro

Byrne, Alex: The politics of promoting freedom of information and expressi-on in international librarianship. Th e IFLA/FAIFE Project. Lanham (Mary-land): Scarecrow Press, 2007 (Libraries and librarianship: An international pers-pective; 4). 240 Seiten. – broschiert 55,– US-Dollar

Lucius, Wolf D.: Verlagswirtschaft. Öko-nomische, rechtliche und organisatorische Grundlagen. 2., neubearbeitete und erwei-terte Aufl age. Konstanz: UVK Verlagsge-sellschaft 2007 (UTB; 2652). 405 Seiten: Illustrationen, grafi sche Darstellungen. – broschiert 19,90 Euro

Raubgut in Berliner Bibliotheken. Work-shop des Regionalverbands Berlin-Bran-denburg des Vereins Deutscher Biblio-thekare am 12. Juni 2006. Zentral- und Landesbibliothek Berlin [Redaktion: Michael Dürr, Annette Gerlach]. Ber-lin: ZLB, 2007. 63 Seiten: Illustrationen. – broschiert 8,– Euro

Stocker, Günther: Vom Bücherlesen. Zur Darstellung des Lesens in der deutschspra-chigen Literatur seit 1945. Heidelberg: Universitätsverlag Winter, 2007. 401 Sei-ten. – gebunden 37,– Euro

Wissenschaftskommunikation der Zu-kunft. 4. Konferenz der Zentralbibliothek, Forschungszentrum Jülich, 6.–8. No-vember 2007. Beiträge und Poster. [Wiss-Kom 2007]. Rafael Ball (Hrsg.). Jülich: Forschungszentrum, 2007 (Schriften des Forschungszentrums Jülich: Reihe Biblio-thek; 18). 300 Seiten: Illustrationen, gra-fi sche Darstellungen. – broschiert 44,90 Euro

Neue Fachliteratur

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Aus dem Bundesvorstand

Mehr Lobbyarbeit gewünscht

Online-Befragung der BIB-Mitglieder ausgewertet

Im März 2007 wurden sowohl BIB-Mit-glieder als auch -Nichtmitglieder im Rahmen einer Online-Umfrage um ihre Meinung zu den Dienstleistungen des BIB gebeten. Abgefragt wurden auch die Kom-munikationswege sowie Wünsche und Anregungen für die Verbandsarbeit. Die Umfrage lief als studentisches Projekt der Hochschule der Medien (HdM) in Stutt-gart unter der Leitung von Prof. Martin Götz und Prof. Markus Hennies. Die Stu-

Alles Gute für 2008!

Liebe BIB-Mitglieder, liebe BuB-Leserinnen und -Leser,

ein arbeits- und ereignisreiches Jahr 2007 liegt hinter uns. Für den BIB war es vor allem auch ein schönes und konstruktives Jahr, in dem wir die Grundlagen für unsere Neuaus-

richtung gelegt und einige neue Aktive ge-wonnen haben. Wir starten gestärkt und zu-versichtlich mit dem Ziel ins neue Jahr, unse-re Mitglieder mit aktuellen, optimierten und zeitgemäßen Angeboten zu versorgen und unseren Berufsstand insgesamt voranzubrin-gen.

Die BIB-Aktiven sowie die hauptamtli-chen Mitarbeiter in Geschäftsstelle und BuB-Redaktion freuen sich auch 2008 über Ihre Rückmeldungen und Vorschläge, um Ihre

Wünsche und Erwartungen berücksichtigen und Ihre beruflichen Erfahrungen weiterge-ben zu können.

Wir bedanken uns bei allen, die unsere Ar-beit im letzten Jahr aktiv unterstützt haben, uns treu geblieben oder neu zu uns gesto-ßen sind. Der BIB wünscht allen ein gesun-des, glückliches neues Jahr 2008 und beruf-lich wie privat viel Erfolg und alles Gute!

Im Namen aller BIB-Aktiven:Susanne Riedel, BIB-Bundesvorsitzende

Freundliche Gesichter trotz Bahnstreiks und umfänglicher Tagesordnung: Der BIB-Vereinsausschuss traf sich zu seiner traditionellen Herbstta-gung im vergangenen Jahr in Bielefeld. Im Mittelpunkt der zweitägigen Beratungen Mitte November standen insbesondere die Finanzplanung sowie die Arbeitsprogramme der Fachkommissionen. Die Vertreter des Bundesvorstandes, der Landesgruppen und Kommissionen sowie der Geschäftstelle und BuB-Redaktion diskutierten auch intensiv über die Außendarstellung und künftige Schwerpunkte der Verbandsarbeit.

Foto: Kerstin Pommerening/UB Bielefeld

denten erarbeiteten den Fragebogen nach Vorgaben des Verbandes und lieferten zu Semesterende die aufbereiteten Daten.

Insgesamt 750 Personen haben sich an der Befragung beteiligt, sodass die Ergeb-nisse nur vorsichtig als Anhalt oder Trend gewertet werden können. Dennoch sind sie aufschlussreich für die Führungsgremi-en und fl ießen in die Verbandsarbeit ein. Erfreulich war, dass sich auf diesem Weg 59 Nicht-Mitglieder gemeldet und ihre Meinung abgegeben haben.

Rund 53 Prozent der Teilnehmer arbei-ten in wissenschaftlichen Allgemeinbibli-otheken oder wissenschaftlichen Spezial-bibliotheken. In Öff entlichen Bibliotheken arbeiten rund 40 Prozent der Teilnehmer. Etwa 72 Prozent arbeiten Vollzeit (mehr als 30 Wochenstunden).

Im Folgenden sollen nun einige Er-gebnisse herausgegriff en und dargestellt werden:

Fortbildung im Fokus

Vor dem Hintergrund der Neuausrich-tungsaktivitäten wurde die Frage nach der Einschätzung der bundes- und landes-weiten Fortbildungen und der Arbeit der Kommissionen des BIB gestellt.

Die Fortbildungsangebote auf Bundes-ebene (mit knapp 93 Prozent) sind den Teilnehmer(inne)n der Umfrage sehr be-kannt; darüber informieren sie sich (immer noch) vor allem durch Fachzeitschriften. Noch bekannter sind die Fortbildungen auf Landesebene: Rund 96 Prozent der Umfrageteilnehmer/innen wissen davon; die Rundbriefe der Landesgruppen sind hierfür die wichtigste Informationsquelle.

Bei der Frage nach interessanten Th e-men für BIB-Fortbildungen liegen in der Spitzengruppe Informationsvermittlung, Kommunikation, Arbeitsorganisation und Mitarbeiterführung sowie Exkur-

Aus dem Bundesvorstand

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sionen. Als Veranstaltungsform werden ganztägige Veranstaltungen (Seminare oder Workshops) präferiert.

Die Dienstleistungen der Kommissio-nen werden von den Teilnehmer(inne)n noch zurückhaltend genutzt: Ungefähr 77 Prozent haben diese Dienstleistungen bisher nicht in Anspruch genommen. Die-jenigen allerdings, die sich schon einmal bei Problemen mit Fragen an die Exper-tengruppen gewandt hatten, fanden den Service zu 85 Prozent sehr gut oder gut. Beratungsangebote werden vor allem für Rechtsfragen sowie für Marketing und Management gewünscht.

Besprechungsdienst und BuB

Als einer der drei Partner – neben ekz und DBV – des weltweit einzigartigen Bespre-chungsdienstes für Öff entliche Bibliothe-ken interessierte uns dessen Bekanntheit in der Fachöff entlichkeit. Etwa zwei Drittel (65,5 Prozent) der Kolleginnen und Kol-legen, die sich an der Umfrage beteiligten, wissen, dass der BIB am »Informations-dienst« (ID) maßgeblich beteiligt ist.

Als Herausgeber von BuB wollten wir Ihre Bewertung der Fachzeitschrift erfah-ren. Für 90 Prozent der Umfrageteilneh-mer/innen sind vor allem die Berichte aus der Praxis interessant, wovon 79 Prozent die Qualität mit sehr gut oder gut bewer-ten, darauf folgen Ausbildungs- und Fort-bildungsthemen mit knapp 60 Prozent (65 Prozent davon fi nden die Berichte sehr gut

Aus den Landesgruppen

Landesgruppe Baden-Württemberg:

»Train the Trainer – Ideen und Anregungen für Ausbilder«

Bereits zum zweiten Mal hatte die Lan-desgruppe Baden-Württemberg die Fort-bildung »Train the Trainer – Leiten und Führen von Auszubildenden« angeboten. Vierzehn Ausbilder/innen trafen sich in der Stadtbücherei Fellbach, um frische Ideen für die betriebliche Ausbildung zu sammeln.

oder gut) und EDV-Th emen mit rund 50 Prozent (hier geben 53 Prozent die Noten 1 oder 2).

Die Th emenwünsche an die BuB-Re-daktion sind vor allem: Berichte und Fachbeiträge aus dem Bereich der wissen-schaftlichen Bibliotheken, beispielhafte PR-Arbeit und Lobbyarbeit sowie die Pra-xis von Kleinstadtbibliotheken.

Bereitschaft zu höheren Beiträgen

Etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmer der Umfrage (rund 52 Prozent) ist bereit, einen höheren Mitgliedsbeitrag zu bezah-len. Eine breite Mehrheit wäre bereit, bis zu 20 Euro pro Jahr mehr zu entrichten, wenn das Dienstleistungsangebot des BIB dadurch entsprechend ausgeweitet werden könnte.

Der BIB möchte das Berufsbild konkre-tisieren und off ensiver vermitteln. Nach Meinung der Umfrageteilnehmer sollte dabei betont werden, dass Bibliothekare für Medienkompetenz und Informati-onskompetenz stehen. Bibliothekare seien vielseitige Informationsspezialisten, IT-Dienstleister und Datenbankspezialisten. Bibliotheken seien Bildungseinrichtun-gen, und entsprechend müsse das Auf-gabenspektrum im Berufsbild verankert werden.

Und schließlich wurde die Frage nach den Wünschen an den BIB gestellt, zu beantworten in einem Freitextfeld. Er-freulich viele und aufschlussreiche, auch

umfängliche Antworten haben wir hier erhalten, die wir derzeit noch auswerten.

Politische Kontakte intensivieren

Die Zusammenfassung einiger Aspekte ergibt: 70 Prozent beziehungsweise 66 Prozent der Teilnehmer wünschen sich vom BIB, dass er die politischen Kontak-te intensivieren, mehr Lobbyarbeit leisten beziehungsweise die Presseaktivitäten ver-stärken möge. Imagekampagnen und Auf-sehen erregende Pressekampagnen sollten gestartet werden. Vielen ist wichtig, dass die bibliothekarischen Berufe einen Ima-gewandel durch off ensive Öff entlichkeits- und Aufklärungsarbeit erfahren.

Um diese Ziele zu erreichen, sollte der BIB etwa mit anderen Verbänden noch enger kooperieren. Viele Befragte äußer-ten die Meinung, dass der BIB auf einem guten Weg ist. Dank gab es auch für die guten Leistungen der Verbandsgremien.

Auch der Bundesvorstand bedankt sich sehr herzlich für die Rückmeldungen der vielen Kolleginnen und Kollegen. Als »Aufwandsentschädigung« wurden, wie in der Ausschreibung angekündigt, sechs Preise verlost. Die Gewinner sind: Eli-sabeth Blum-Lipski (Planegg), Olaf Le-wejohann (Ochtrup), Petra Hauke (Ber-lin), Ursula Wolfart (München), Claudia Bauer (Alzey) sowie Birgit Cieplik (Bonn) – herzlichen Glückwunsch!

Susanne Riedel (UB Bielefeld), BIB-Bundesvorsitzende

Handeln statt Zuhören

Die Teilnehmer hatten Gelegenheit, ihre bereits vorhandenen Kenntnisse aufzufri-schen und Neues kennenzulernen. Dabei stand der Tag ganz im Zeichen konkreter Fragestellungen: Wie motiviere ich Auszu-bildende? Wie äußere ich Kritik? Welche Methoden zur Wissensvermittlung gibt es? Diese und weitere Fragen wurden von der Betriebspädagogin Marion Jamnig praxisnah, kompetent und anschaulich beantwortet.

Wie nebenbei hatte die Referentin bei ihren Zuhörern genau die Methodik ange-wandt, die auch bei Auszubildenden ange-sagt ist – aktive Mitwirkung, viele konkre-te Beispiele und fragen, fragen, fragen… Denn während bei einem mündlichen Vortrag nur etwa zehn Prozent der Inhalte beim Zuhörer haften bleiben, ist das Ver-

hältnis beim Ausprobieren und Problem-lösen genau umgekehrt.

Selbstständigkeit als Lernziel

Trainiert wurden daher verschiedene Fra-ge- und Kommunikationstechniken, um mit den richtigen Fragen zur richtigen Zeit den Auszubildenden Impulse zu geben und sie zu aktivieren. Nach Lerntypana-lyse und allgemeinen Informationen zum Wissenserwerb lernten die Teilnehmer verschiedene didaktische Methoden ken-nen, die verstärkt auf die Erziehung zur Selbstständigkeit abzielen, wie überhaupt die Selbstständigkeit der Auszubildenden als wichtiges Lernziel und wichtiger Moti-vator im Mittelpunkt stand.

Die Referentin betonte den Stellenwert von Kritik- und Fördergesprächen und wies darauf hin, dass vor allem Förderge-

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Landesgruppe Berlin:

»Tag der Bibliotheken« in Frankfurt/Oder

Ende September fand in Frankfurt/Oder der »Tag der Bibliotheken Berlin und Brandenburg« statt, an dem der Landes-gruppenvorstand Berlin sowie weitere Mitglieder teilnahmen. Leider fanden eher wenige Besucher den Weg an den östlichen Rand der Republik, trotz eines ausgespro-chen interessanten Programms.

Zum Abschluss des Tages konnte zwi-schen verschiedenen Führungen gewählt werden. Die Berliner Mitglieder besich-tigten die Universitätsbibliothek der Via-drina, die hauptsächlich im Dachgeschoss des alten Universitätsgebäudes unterge-bracht ist.

Noch einmal die Polizeibibliothek

Am 24. Oktober, dem Tag der Bibliothe-ken, feierte der Polizeipräsident von Berlin den 150. Geburtstag seiner Bibliothek. In

würdigem Rahmen wurde die Ausstellung zur Geschichte dieser wertvollen Samm-lung in einem Seitenfl ügel des Flughafen-gebäudes Tempelhof eröff net.

Nicole Weigand, Vorsitzende der BIB-Landesgruppe Berlin, richtete eini-ge Grußworte an die Gäste. Beschlossen wurde die Feier mit einer Lesung der Kri-miautoren Horst Bosetzky und Jan Eik.

Berliner Stammtische und Mailingliste

Stammtische der Landesgruppe Berlin fi n-den alle zwei Monate am vorletzten Diens-tag des jeweiligen Monats, beginnend am

Dienstag, 19. Februar 2008, statt. Mit-glieder und Interessierte treff en sich ab 19 Uhr in »Schlögl’s Alt-Berliner Gaststätte«, Karl-Liebknecht-Straße 9, in Berlin-Mitte (gegenüber Marienkirche).

Allen Mitgliedern, die immer aktuell über Termine und Veranstaltungen in der Bundeshauptstadt informiert sein möch-ten, empfi ehlt der Landesvorstand ein Abo der Berliner Mailingliste. Anmeldung unter www.bib-info.de/mailman/listinfo/bib-berlin-news.

Frank Redies (Stabi Berlin), BIB-Landesvorstand Berlin

Landesgruppe Nordrhein-Westfalen:

Großer Andrang beim »FaMI- und Assistenten-Tag 2007«

»Wechsler werden bestraft…« – bei diesem Satz von Kristina Lippold (SLUB Dres-den, BIB-Kommission Eingruppierung und Besoldung) ging ein Raunen durch die Menge der angereisten Fachangestell-ten und Assistent(inn)en. Und das an-schließende Beispiel bestätigte die Th ese, denn Stellenwechsler/innen, die aus alten – dem BAT überführten – Verträgen eine neue Herausforderung in einer anderen Einrichtung suchen, werden bei gleicher Entgeltstufe weniger Geld verdienen.

Mehr Mut machte Klaus-Peter Böttger (StB Mülheim/Ruhr), der in seinen Vor-trag den Fachangestellten sprichwörtlich »alles zutraute«. Er zeigte deutlich den Wandel im Tätigkeitsfeld weg vom Verbu-chen zu mehr inhaltlichen Diensten für die Kundinnen und Kunden. Am Nachmittag schlossen sich Workshops zu den Th emen »Kundenkontakte positiv gestalten« und »Literatursuchmaschine DigiBib« an.

Reges fachliches Interesse

Das Interesse an diesem ersten »FaMI- und Assistenten-Tag« der BIB-Landes-gruppe NRW war mit mehr als 220 An-meldungen unerwartet groß. Aufgrund der begrenzten Kapazitäten konnten leider nur die Hälfte berücksichtigt werden. Die Teilnehmer/innen kamen aus kleinen und größeren Öff entlichen und wissenschaft-lichen Bibliotheken sowie aus Behörden-bibliotheken. Die seltene Gelegenheit kol-legialer Kommunikation wurde intensiv wahrgenommen.

Die Führung durch die Essener Zentral-bibliothek stieß trotz der späten Stunde ab

BIB-Fortbildungen…

…finden Sie ab diesem Jahrgang im all-gemeinen Veranstaltungskalender im re-daktionellen Teil (Rubrik »Termine«). Die getrennte Auflistung von BIB-Veranstal-tungen und Fortbildungen anderer An-bieter entfällt künftig. BuB-Redaktion und Bearbeiter der Verbandsrubrik fol-gen damit dem Wunsch vieler Leserinnen und Leser, die einer einheitlichen Dar-stellung aller wichtigen Veranstaltungen auf einen Blick den Vorzug geben. Eine aktuelle Liste der vom BIB angebotenen Fortbildungsveranstaltungen und Fach-tagungen sowie weitere Informationen rund um die berufliche Aus- und Weiter-bildungen sind wie gehabt auf der Ver-bandswebsite unter www.bib-info.de/event.htm aufgeführt.

spräche deutlich häufi ger geführt werden sollten. Für die Ausbilder war es eine ge-lungene Veranstaltung, die allen reichlich Motivation, Ideen und Anregungen gelie-fert hat.

Fleur Anna Ziegler (StB Fellbach), BIB-Landesvorstand Baden-Württemberg

Gut einhundert Kolleginnen und Kollegen kamen zum ersten »FaMI- und Assistenten-Tag« des BIB Mitte Oktober nach Essen. Neben Vorträgen zu aktuellen Entwicklungen wie dem neuen Ta-rifvertrag wurden auch zwei Workshops zu bibliothekspraktischen Themen angeboten. Foto: LG NW

Aus den Landesgruppen

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17 Uhr zum Abschluss des Tages auf re-ges fachliches Interesse, wie überhaupt das Feedback nach der Veranstaltung über-wältigend positiv war. Zu der sehr guten Tagungsatmosphäre hatte ganz besonders das Team der Stadtbibliothek Essen beige-tragen.

Bedarf registriert

Erfreulicherweise entschlossen sich an-lässlich dieser ersten Großveranstaltung für die mittlere Qualifi kationsebene in Nordrhein-Westfalen (die nächste wird voraussichtlich im Jahr 2009 stattfi nden) mehr als zehn Prozent der Teilnehmer/in-nen, Mitglied in ihrem Berufsverband zu werden.

Die Workshop-Th emen wird die Lan-desgruppe in ihrem Fortbildungspro-gramm 2008 noch einmal aufgreifen, um auch den Kolleg(inn)en eine Teilnahme zu ermöglichen, die beim »FaMI- und Assis-tenten-Tag 2007« wegen der Kapazitäts-grenze eine Absage bekommen haben.

Marianne Brauckmann (StB Bonn), Vorsitzende der BIB-Landesgruppe NRW

Zu Gast im Deutschen Technikmuseum war die BIB-Landesgruppe der Bundeshaupt-stadt Ende September. Die Teilnehmer wur-den durch die umfangreichen Bestände und Sammlungen der Bibliothek und des Archivs geführt.

Allein die Bestände der Bibliothek sind in wenigen Jahren auf über 500 000 Bände

angewachsen, was im Wesentlichen durch die Übernahme anderer Bibliotheken mög-lich wurde, von denen die Bibliothek des Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) sowie der Kammer der Technik (KDT) die bedeu-tendsten sind.

Frank Redies (Stabi Berlin), BIB-Landesvorstand Berlin

Landesgruppe Rheinland-Pfalz:

»Tolle Ausstrahlung gewinnen« – ein Workshop für Frauen in Kaiserslautern

Es war kein eigentliches Bibliotheksthema, das im Mittelpunkt einer Fortbildung der Landesgruppe Rheinland-Pfalz in der UB Kaiserslautern stand. »Tolle Ausstrahlung gewinnen (Typberatung – Körpersprache – sicheres Auftreten)« hieß es für das gute Dutzend Teilnehmerinnen unter Anlei-tung der Visagistin und Make-up-Stilistin Angelika Seyfert.

Aussehen und…

In dem Workshop erhielten die Frauen viele individuelle Tipps, um ihre eigene Wirkung auf andere zu verbessern. Jedes Gesicht verrät die Persönlichkeit. So er-fuhren die Teilnehmerinnen, dass es ana-log zum persönlichen Farbtyp Farben gibt, die besser oder weniger gut zur eigenen Persönlichkeit passen. Außerdem wurden die unterschiedlichen Gesichtsformen dif-

ferenziert. Die Teilnehmerinnen waren verblüff t, welche optischen positiven Ver-änderungen mit wenigen Strichen und ge-zielt eingesetzter Schminke erzielt werden können.

…Körpersprache

Ein sicheres Auftreten und die Körper-sprache waren weitere Inhalte der Ver-anstaltung. Dem Anlass angepasste Kleidung und nonverbale Signale wie eine off ene Körperhaltung vermitteln einen ersten positiven Eindruck an die Umwelt.

Bei der Begegnung mit einer zweiten Person spielt Blickkontakt eine wichtige Rolle. In Schrittstellung mit einer Indivi-dualdistanz (der ausgestreckte Arm kann nicht den Körper des Gegenübers berüh-ren) wird das Gegenüber mit der Hand-fl äche, die leicht nach oben zeigt, begrüßt. Weitere Tipps der Referentin führten den Teilnehmerinnen anschaulich vor, wie sie ihre Ausstrahlung zusätzlich optimieren können.

Fazit: Eine gelungene Veranstaltung, und die Zahl der Interessentinnen, die we-gen der begrenzten Teilnehmerzahl nicht berücksichtigt werden konnte, zeigt doch deutlich, wie gefragt solche Fortbildungen sind.

Inge Gödelmann (Bibliothek des Bundesgerichtshofes, Karlsruhe)

Kundenorientierung in der Benutzungsabteilung

»Vom Nutzer zum Kunden« – nicht nur der Wandel der Begriffl ichkeit stand im Mittelpunkt einer zweitägigen Fort-bildung der BIB-Landesgruppe Rhein-land-Pfalz im Forum Vinzenz Palloti in Vallendar. Unter kompetenter Anleitung der Referentin Christiane Brockerhoff gestaltete sich ein interessantes Semi-nar: Diskussionen, Gruppenarbeit und Rollenspiele verlangten von den Teil-nehmern gezielte Konzentration auf das Th ema.

Nachdem die Wünsche und Erwar-tungen der teilnehmenden Kolleg(inn)en an die Fortbildung gesammelt waren, schloss sich die Praxis mit dem Schwer-punkt »Kommunikative Anforderung an das Bibliothekspersonal« an. Der schon erwähnte Wandel der Begriffl ichkeit war dabei ebenso Th ema wie der Komplex, die Unzufriedenheit der Kunden als Chan-ce für Neuerungen und Optimierung zu nutzen.

Aus den Landesgruppen

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»Man kann nicht nicht kommunizieren!« – dieses Zitat von Paul Watzlawick war nur ein Aspekt, der den Teilnehmern zum Thema Kommunikationspsychologie einfiel, denn jedes Verhalten hat einen kommunikativen

Charakter. Genau darum ging es in der Stadt-bücherei Fellbach im Workshop »Kommuni-kationstraining für Bibliotheksmitarbeiter/innen«, veranstaltet von der Landesgruppe Baden-Württemberg.

Die Referentin Prof. Ingeborg Simon (HdM Stuttgart) vermittelte den Teilneh-mern umfangreiche Kenntnisse im Bereich der Kommunikation, darunter psychologi-sche Grundkenntnisse und Modelle zur Ana-lyse und Gestaltung von Gesprächen (un-ter anderem die Kommunikationsmodel-le von Friedemann Schulz von Thun, Autor von »Miteinander reden«). Die Konzepte wurden im Rahmen von Übungen trainiert: Was geht zum Beispiel in einem vor, wenn ein Kunde renitent versucht, fällige Mahn-gebühren zu umgehen? Hat man erst einmal sein eigenes »inneres Team« erforscht, dann fällt es leichter, den eigenen Standpunkt zu wahren und gleichzeitig Verständnis auch für schwierige Kunden aufzubringen.

Isabell Leibing (UB Konstanz), BIB-Landesvorstand Baden-Württemberg

Zwischen Nanometern und Lichtjahren: Eine interessante gemeinsame Exkursion boten die BIB-Landesgruppen Rheinland-Pfalz und Saarland im letzten Herbst an. Ziel war die Bibliothek am Standort Zweibrücken der Fachhochschule Kaiserslautern.

Vorab erhielten die teilnehmenden Kolle-ginnen und Kollegen Einblick in das Arbeiten in einem sogennanten »Reinraum« an der Hochschule. Neben konstanter Temperatur und Luftfeuchtigkeit ist die kostenintensive Reinhaltung aller verwendeten Materialien Grundvoraussetzung für die Herstellung von Mikrosystemteilen.

Vom Mikrokosmos des Reinraums in den Makrokosmos des Universums führte anschließend die Besichtigung der Volks-sternwarte, wo der Blick auf die Venus leider vom Wolken verhangenen Himmel versperrt wurde. Klarer war dann schon

der Blick in die Bibliothek, die mit ihrem Schwerpunkt Informationsvermittlung eine wichtige Einrichtung des FH-Standortes darstellt.

Eingebunden in die E-Learning-Angebo-te der FH, bietet die Bibliothek neben einem 45 000 Medieneinheiten umfassenden Be-stand auch die »richtige« Nutzung des In-ternets als unverzichtbaren Bestandteil der Informationskompetenz der Studierenden an. Nach dem Motto »Tue Gutes und rede darüber« wuchert die Bibliothek mit diesen Pfunden.

Und wie der Vizepräsident der Hoch-schule, Prof. Hans-Joachim Schmidt, deut-lich machte, ist es in Zeiten globaler Haus-halte wichtig und richtig, seine Leistungen und Angebote transparent und offensiv zu präsentieren.

Iris Haffner (UB Kaiserslautern)

Der »schwierige Benutzer«

Am Abend konnten die Teilnehmer unter der kompetenten Führung von Biblio-theksleiter Jürgen Spitzlay die Bibliothek des Forums Vinzenz Pallotti besichtigen, ein sehr interessanter und informativer Rundgang mit Einblicken in die Arbeit ei-ner theologisch-philosophischen Fakultät.

Der zweite Teil begann mit der Bearbei-tung der gewonnenen Erkenntnisse vom Vortag, die in die Erarbeitung eines Mo-dells zum »Anregungs- und Beschwerde-management« mündete und sich mit dem Typus des »schwierigen Benutzers« befass-te. Dreh- und Angelpunkt der abschlie-ßenden Diskussion war die Umsetzung unserer erarbeiteten Regeln und Erkennt-nisse in die Praxis.

Elke Baunack und Carla Groel (UB Kaiserslautern)

Landesgruppe Thüringen:

Ergebnis der Vorstandswahl für die Jahre 2007 bis 2010

Der Wahlausschuss hat bei der Auszählung der Briefwahlstimmen am 14. November 2007 in Erfurt für die Landesgruppe Th ü-ringen folgendes Ergebnis ermittelt: – Wahlberechtigte: 83– abgegebene Stimmzettel: 35– davon ungültig: keiner– Wahlbeteiligung: 42,1 Prozent.

Aus den Landesgruppen

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Zweitägiger Dauerregen in Halle: Auch das schlechte Wetter konnte die gute Stimmung der BIB-Landesgruppe Thüringen auf ihrer Exkursionsfahrt Ende September nicht trü-ben. Ziel der Reise war die Universitätsstadt Halle im benachbarten Sachsen-Anhalt, wo zunächst die Universitäts- und Landesbib-liothek besichtigt wurde.

Fachkundig geführt von Doris Gerlach, Leiterin der Abteilung Benutzung, besich-tigten die Teilnehmer die zentralen Gebäu-de in der August-Bebel-Straße und erfuhren Interessantes über die Umstrukturierungs-pläne sowie die Herausforderungen ange-sichts der angespannten Personalsituation in der ULB Halle.

Ein weiterer Höhepunkt war ein Be-such der Franckeschen Stiftungen. Beein-druckend präsentierte sich das wunder-bar sanierte Areal der bedeutenden Bil-dungs- und Forschungsstätte, das neben dem historischen Waisenhaus, der Kunst- und Naturalienkammer noch die historische Bibliothek der Stiftung mit dem barocken Kulissenmagazin und das größte Fach-werkhaus Europas umfasst. Gekonnt ein-gegliedert ist auch eine modere Nut-zung, etwa durch ein »Haus der Genera-tionen«.

Barbara Jokisch (Stadt- und Regionalbibliothek Erfurt),

BIB-Landesvoritzende Thüringen

Mitglieder

Neueintritte

Auf die Kandidatinnen für den vierköpfi -gen Landesvorstand entfi elen die Stimmen wie folgt:– Heike Budnitz (Universitätsbibliothek

Erfurt): 33 Stimmen (gewählt)– Barbara Jokisch (Stadt- und Regional-

bibliothek Erfurt): 33 Stimmen (ge-wählt)

– Sabine Arndt (Stadtbücherei Weimar): 32 Stimmen (gewählt)

– Ines Leer (Stadt- und Regionalbiblio-thek Erfurt): 32 Stimmen (gewählt).

Die genannten Kolleginnen haben alle schriftlich die Annahme der Wahl erklärt. Barbara Jokisch hatte auch für den Vorsitz kandidiert und wurde damit erneut zur Vorsitzenden gewählt.

Heike Stietz (Stadt- und Regionalbibliothek Erfurt),

Vorsitzende des Wahlausschusses

Mitglieder

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Impressum »Aus dem Berufsverband«

Herausgeber: BIB . Berufsverband Information Bibliothek e.V., Postfach 13 24, 72703 Reutlingen

Redaktion: Jörg Sämann, Stadtbibliothek Merzig,Hochwaldstraße 47, 66663 MerzigTelefon 0 68 61/79 06-92/-93Telefax 0 68 61/79 [email protected]

Redaktionsschluss für Verbandsmitteilungen BuB Heft 3/2008: 18. Januar

Mitglieder des BIB

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»Libraries are not Dispensable Luxuries« / Germany’s President Horst Köhler Pays Tri-bute to Librarianship and Appeals for More Support (pp. 49)

On Germany’s Library Day, October 24, 2007, the newly renovated Duchess Anna Amalia Library in Weimar celebrated its re-opening only three years after a tragic fire. In his ope-ning speech President Horst Köhler used the occasion to appeal for a stronger networking of libraries in Germany. The German’s head of state challenged the national government, the federal states and municipalities to re-consider their financial support of public li-braries. He stressed that »libraries need to be put on today’s political agendas«. Public li-braries are neither a dispensable luxury nor a »burden of the past which we are still drag-ging along. They are an endowment which we must try to make the most of«, he said. Unlike those countries which ranked high-est in the PISA education study, the libraries in Germany lack a strategic anchoring in the educational infrastructure. The necessary ob-jective targets are missing both at the federal and the state level.

Furthermore »day-to-day librarianship« is in actual danger of perishing altogether in some regions of Germany; universities often lack the financial means for new acquisitions; in many older libraries there are inadequate fire prevention measures; there is an urgent need for advances in paper preservation. In view of all these deficits, he hopes to see a political course correction, said the president.

Horst Köhler’s speech was widely reported in the media and awakened interest not only among librarians and their professional orga-nizations. In the eastern state of Thuringia, plans to implement a library law passed the first parliamentary step toward enactment only a few days after his speech. So it seems that Germany’s first library law could soon be-come reality – and a model for other federal states.

Farewell to the Self-Deception of a »Libra-ry for Everyone« / Educational Poverty, Loss of Mobility, Multi-Culti Society: The Future Requires Completely New Strategies (Mein-hard Motzko) (pp. 50–55)

According to the critical analysis of the Bre-men sociologist Meinhard Motzko, public li-braries are ignoring the reality of their society by trying to appeal first of all to the educated, bourgeois middle-class. Social researchers have long identified new social strata and di-vided social groups into, for example, »mo-dern performers«, »traditionally rooted«, and »consumption materialists«. It is time for li-brarians to draw upon such analytical mo-dels.

At the same time, demographics show that the population is getting older, more multicul-tural and declining. Librarians can no longer ignore these facts if they hope to ensure their own future. By drawing the proper conse-quences, there need to be some unusual deci-sions taken, such as in personnel selection. To put it bluntly, the tattooed librarian with ton-gue-piercing has more rapport with teenagers and the Turkish-German librarian knows bet-ter how to promote reading among his fellow citizens of Turkish ancestry. And any »traditi-onally rooted« person might well prefer to at-tend an evening of folk music than a modern poetry reading.

The claim of public libraries to be there »for everyone« is self-deception, according to Motzko. It is especially the problem groups that are in need of reading and education but are hardly being addressed by the library. New schemes need to be developed, preferably in conjunction with other institutions, such as schools and neighborhood centers.

Moving Around the Library at the Click of a Mouse / Hamburg’s Plans and Visions for E-Media, Online-Learning and Branches in Second Life (Wolfgang Tiedtke)

(pp. 56–60)

What do the users of tomorrow want from their public libraries? Recent analyses such as the online studies undertaken by German pu-blic television stations (ARD and ZDF) have shown that today’s 13- to 20-year-olds prefer quite different kinds of media than the youth of only a few years ago. Weblogs, game con-soles, and internet portals such as YouTube have led to significant changes in media usa-ge patterns.

Wolfgang Tiedtke, head of the Portal De-partment of the Hamburg Public Libraries, makes a case for putting these »new media« more clearly on the library agenda and also for tackling the idea of a virtual 3-D branch library – such as in »Second Life«. One of the internet projects of the Hamburg Public Libraries is an innovative homepage (www.buecherhallen.de), a »chatbot« and a wide offering of e-Media which is made available through a company named »DiViBib« (www.divibib.com).

In the future Hamburg’s libraries plan to follow two courses of action: the classical one with printed media and »real« in-house ser-vices and the digital one with on-line services which will be attractive enough to draw in new users and re-gain the interest of former users who no longer use the traditional form of library.

Translated by Martha Baker

Summary of the Main Articles

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Résumé des principaux articles

»Les bibliothèques ne sont pas un luxe dont on pourrait se passer« / Le Président de l’Allemagne Fédérale Horst Köhler rend hommage au travail des bibliothécaires et demande plus de soutien. (pp. 49)

Lors de la journée des bibliothèques, le 24 oc-tobre 2007, la bibliothèque Anna Amalia re-staurée de Weimar a été réouverte en grande pompe, un peu plus de 3 ans après l’incendie qui l’a dévastée. Le discours solennel du Prési-dent de la République Horst Köhler fut un pla-doyer pour un réseau de bibliothèques solide en Allemagne. Le chef de l’Etat a incité l’Etat fédéral, les Länder et les communes à chan-ger de cap en ce qui concerne le financement des bibliothèques publiques. »Les bibliothè-ques doievent être mises à l’ordre du jour po-litique«, affirma Köhler. Les bibliothèques pu-bliques ne sont ni un luxe dont on pourrait se passer, ni une charge que nous avons héritée du passé et que nous traînons derrière nous. Elles sont une richesse que nous devons mett-re en valeur. Contrairement aux pays qui se sont bien classés à l’enquête PISA, il manque en Allemagne »un ancarge stratégique« des bibliothèques dans le système éducatif. Les objectifs en ce sens sont absents aussi bien à l’échelle du Bund que des Länder.

De plus le quoitidien des bibliothèques se caractérise dans plusieurs régions par »une véritable disparition des bibliothèques«. Dans les universités, les moyens manquent souvent pour les acquisitions. Dans de nombreuses bi-bliothèques patrimoniales, il manque des sys-tèmes de sécurité anti-incendie. Il est urgent d’agir pour la restauration des papiers. En rai-son de cette situtation, il espère un change-ment de cap politique, ajouta le Président de la République.

Le discours du président a rencontré un large écho médiatique et a suscité un grand intérêt, même au-delà du cercle profession-nel des bibliothécaires. En Thuringe, Land de l’Allemagne orientale, une initiative en faveur d’une loi sur les bibliothèques a été présen-tée pour la première fois au Parlement quel-ques jours après le discours. C’est là que la première loi allemande sur les bibliothèques pourrait devenir réalité – et un modèle pour les autres Länder.

Fin du pieux mensonge de »la bibliothèque pour tous« / Pauvreté éducative, perte de mobilité, société multi-culturelle: l’avenir exige des stratégies complètement nouvel-les (Meinhard Motzko) (pp. 50–55)

Les bibliothèques de lecture publique ignorent la réalité de la société, en s’adressant d’abord à la classe moyenne orientée vers la culture et bourgeoise, critique le sociologue Meinhard Motzko de Brême. La recherche en sciences sociales décrit depuis longtemps de nouveaux milieux sociaux, et sépare les groupes sociaux en »modern performer«, en »enracinnés dans la tradition«, en »matérialistes-consuméris-tes«. Il serait temps que les bibliothécaires aussi prennent en compte ces modèles.

A cela s’ajoute le changement démogra-phique: la population vieillit, devient multi-culturelle et se réduit. Les bibliothèques ne devraient pas faire l’impasse plus longtemps sur ces faits, si elles veulent être capables d’avenir.

Une des conséquences serait de prendre des décisions inhabituelles, notamment pour le recrutement du personnel. Disons-le sim-plement: une bibliothécaire tatouée avec un piercing sur la langue aura de plus grandes affinités avec nombre d’adolescents, le bibli-othécaire d’origine turque sait mieux com-ment amener ses concitoyens à la lecture. Et plus d’un »enraciné dans la tradition« préfé-rera assister à une soirée de chants populai-res plutôt qu’à une lecture de poésie contem-poraine.

Le postulat sur lequel s’appuient les bi-bliothèques de lecture publique, qui consis-te à dire qu’elles sont »là pour tous«, est un mensonge pieux, dit Motzko. Ce sont juste-ment les groupes à problèmes, qui auraient besoin d’un soutien urgent pour la lecture et l’instruction, que la bibliothèque ne tou-che pas, ou très peu. De nouveaux modèles sont nécessaires, qui devraient être élaborés en coopération avec d’autres institutions, no-tamment les écoles et les associations de ci-toyens.

A travers la bibliothèque en cliquant sur la souris / Projets et visions à Ham-burg concernant les medias electroniques, l’apprentissage en ligne et une filiale dans »second life« (Wolfgang Tiedtke)

(pp. 56–60)

Qu’attendent les usagers de demain de leurs bibliothèques publiques? Des enquêtes actu-elles, comme les études en ligne des chaînes de télévision ARD et ZDF, montrent que les 13–20 ans d’aujourd’hui privilégient des me-dias tout à fait différents de leurs aînés d’il y a seulement quelques années. Les blogs, les consoles de jeux et les portails comme Youtu-be ont transformé les comportements en ma-tière d’utillisation des media.

Wolfgang Tiedtke, directeur du secteur »portail« des bibliothèques publiques de Hamburg, plaide pour une prise en compte encore accrue des »nouveaux medias«, et aussi pour que l’on envisage une annexe vir-tuelle de la bibliothèque en 3 D- par exemple sur la plateforme internet »second life«.

L’offre internet du réseau de bibliothèques de Hambourg comprend dès aujourd’hui un site innovant (www.buecherhallen.de), une possiblité de »chat« et une offre importan-te de medias électroniques, proposée grâce à l’entreprise »DiViBib« (www.divibib.com).

Les bibliothèques de Hambourg veulent suivre deux voies dans l’avenir: la voie clas-sique, avec des documents imprimés et des offres »réelles« sur place, et la voie électroni-que, avec des offres en ligne qui doivent être assez attractives pour attirer de nouveaux clients et permettre de reconquérir des per-sonnes qui n’utilisent plus la bibliothèque tra-ditionnelle.

Traduit par Suzanne Rousselot