Ligandensubstitution in quadratisch-planaren Komplexen Modellfall: d 8 Pt 2+ Komplexe (inert:...

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Ligandensubstitution in quadratisch-planaren Komplexen Modellfall: d 8 Pt 2+ Komplexe („inert“: reagieren langsam) [Pt(dien)X] + X - Halogenidion dien Diethylentriamin Kinetische Studien an quadratisch-planaren Pt 2+ Komplexen ergeben gewöhnlich ein aus zwei Termen bestehendes Geschwindigkeitsgesetz: E k k k PtD L k v E PtD L k PtD L k dt PtD L d v 2 1 3 3 2 3 1 3 2 simultane Mechanismen

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Ligandensubstitution in quadratisch-planaren Komplexen

• Modellfall: d8 Pt2+ Komplexe („inert“: reagieren langsam)

• [Pt(dien)X]+

• X- Halogenidion• dien Diethylentriamin

Kinetische Studien an quadratisch-planaren Pt2+ Komplexen ergeben gewöhnlich ein aus zwei Termen bestehendes Geschwindigkeitsgesetz:

Ekkk

PtDLkv

EPtDLkPtDLkdt

PtDLdv

21

3

32313

2 simultane Mechanismen

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• Wird in einem Diagramm k gegen [E] aufgetragen, so ergibt sich eine Gerade:

• k = k1 + k2 [E]

• Der Ordinatenabschnitt k1 ist derselbe für verschiedene E (z.B. Cl- oder Br-)

• Der Anstieg k2 hängt sehr stark von der Natur von E ab!

• Außerdem ist k2 10-100 mal so groß wie k1.

• Substitution in quadratisch-planaren Komplexen vorwiegend durch einen assoziativen Mechanismus.

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Quelle: Porterfield

82Br herstellbar durch Neutroneneinfang aus 81Brt1/2=35.3 h

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aus: William W. Porterfield, Inorganic Chemistry, San Diego, 1993

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3 Beweise für den assoziativen Mechanismus

• 1. schwacher Effekt der austretenden Gruppe

• 2. starker Effekt der eintretenden Gruppe (= geschwindigkeitsbestimmender Schritt)

• 3. negative Aktivierungsentropie

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Assoziativer Mechanismus für quadratisch-planare Komplexe wahrscheinlicher als für oktaedrische

• Koordinationszahl niedriger, Komplex (zumindest potentiell) koordinativ ungesättigt

• Die planare Anordnung lässt für einen eintretenden Liganden einen breit gewinkelten Zugang offen (ausser die planaren Liganden sind selbst sehr umfangreich)

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Stereochemie der quadratisch-planaren Substitution

• Die Substitution in quadratisch-planaren Komplexen erfolgt immer unter Retention der Konfiguration (cis/trans).

• Wenn eine stabile Zwischenverbindung in einem asynchronen assoziativen A Mechanismus auftritt, sollte diese eine trigonale Bipyramide sein, ebenso wie der ÜZ in einem synchronen Ia Mechanismus.

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Substitutions-Mechanismus für quadratisch-planare Komplexe mit Retention der Konfiguration

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Geometrie des fünffach koordinierten Übergangszustandes

• Zunächst quadratische Pyramide mit dem eintretenden Liganden E an der Spitze

• Danach Umlagerung in eine trigonale Bipyramide

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Obwohl außer Zweifel steht, dass quadratisch-planare Komplexe ihre Liganden durch einen assoziativen Mechanismus austauschen, gibt es doch signifikante Effekte der austretenden Gruppe.

aus: William W. Porterfield, Inorganic Chemistry, San Diego, 1993

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• Auch das Aufbrechen der Bindung M-D muss also geschwindigkeitsbestimmend sein, und es muss sich das Aufbrechen dieser Bindung im ÜZ bereits deutlich abzeichnen.

• Dies ist konsistent mit unserem Bild des Mechanismus:

• Ein Ligand in der äquatorialen Position einer trigonale Bipyramide hat andere Möglichkeiten der Orbital-Überlappung als derselbe Ligand im quadratisch-planaren Komplex: Dies kann einer Bindungslockerung entsprechen!

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Effekte der nichtreagierenden Liganden

• Nicht nur der eintretende und der austretende Ligand haben Effekte auf die Reaktionsgeschwindigkeit.

• Kinetischer Trans-Effekt (1926 entdeckt von Ilya Chernyaev, 1893-1966). Kommt hauptsächlich in quadratisch-planaren Komplexen vor. Labilisierung des Liganden in trans-Stellung zu einem bestimmten Liganden T, d.h. je größer der Trans-Effekt, desto größer die Geschwindigkeitskonstante für die Elimination des trans zu T stehenden Liganden.

• Reihenfolge der trans-labilisierenden Fähigkeit: H2O<OH-<NH3≈py<Cl-<Br-<I-<NO2-

<SCN-<PR3≈H- ≈ SC(NH2)2<NO≈CO≈CN-

• Liganden mit hohem trans-labilisierenden Effekt nennt man trans-dirigierend.

• Stereospezifische Synthesen, z.B. von cis-Platin

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Zur Unterscheidung von cis- und trans- [PtX2A2] Komplexen (X=Halogenid, A=Amin) kann die Reaktion mit Thioharnstoff benutzt werden (Kurnakov-Test):

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Erklärung des trans-Effekts

• Die trans-dirigierenden Liganden wirken umso stärker, je weichere Lewis-Basen sie sind. Z.B. sind CO und H- weiche Lewis-Basen mit starkem trans-dirigierendem Effekt, während H2O eine harte Lewis-Base ist

• Das d8 - Metallion ist eine weiche Lewis-Säure und daher polarisierbar. Der trans-dirigierende Ligand polarisiert das Zentralion und schwächt damit die Bindung zum trans-stehenden Liganden

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• Beim Übergang vom quadratisch-planaren Komplex zum trigonal-bipyramidalen ÜZ bleibt der Ligand, der trans zu D steht, in der Äquatorialebene der trigonalen Bipyramide während die anderen beiden nichtreagierenden Liganden axial stehen

• Die geometrischen Möglichkeiten für π-Überlappung sind sehr gut in der quadratisch-planaren Anordnung. Im Durchschnitt hat jeder Ligand Zutritt zu 0.75 Metall–π–Orbitalen

• Im trigonal-bipyramidalen ÜZ haben die axialen Liganden Zutritt zu 0.57 Metall–π–Orbitalen, und die äquatorialen Liganden zu 0.95 Metall–π–Orbitalen!

• Ein π-bindender Ligand hat daher eine besondere Vorliebe dafür, in die Äquatorialebene des ÜZ zu gehen. Von den drei L bleibt derjenige, der schon vorher im quadratisch-planaren Fall eine π-Bindung zum Metall hatte, in der Äquatorialebene. Gute π-Akzeptor Liganden wie CO und C2H4 sind dementsprechend besonders stark trans-dirigierend.