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LINDA HOWARD Die Doppelgängerin

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LINDA HOWARD

Die Doppelgängerin

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BuchBlair Mallory, eine attraktive und tatkräftige junge Frau, hat sichnach einer gescheiterten Ehe ihren Lebenstraum erfüllt und ein Fit-ness-Studio eröffnet. Doch wer Erfolg hat, ruft auch Neider auf denPlan. Etwa Nicole Goodwin, die ständig und penetrant versucht,Blair zu kopieren. Als Blair eines Abends auf dem Parkplatz vor demFitness-Studio im Dunklen mitbekommt, wie ein Unbekannter ihre»Doppelgängerin« erschießt, denkt sie sofort, sie sei die eigentlicheZielscheibe des Anschlags gewesen. Auf dem Polizeirevier glaubt siedann ihren Augen nicht zu trauen, als Lieutenant Jefferson WyattBloodsworth die Ermittlungen leitet. Zwei Jahre zuvor hatte Blairsich mit dem gut aussehenden ehemaligen Footballprofi mehrfachgetroffen, bis der sang- und klanglos aus ihrem Leben verschwand.Verärgert spürt Blair, dass ihre Gefühle diesem Schuft gegenüber al-les andere als erloschen sind. Und Wyatt nutzt seinen Charme, umBlair erneut zu gewinnen. Wenig später will Blair ihr Auto vomParkplatz vor dem Fitnesscenter abholen, da trifft sie ein Streif-schuss am Oberarm. Und als am folgenden Tag an einer Kreuzungdie Bremsen ihres Autos versagen und sie einen schweren Unfallverursacht, verhärtet sich der Verdacht, dass Nicole Goodwin Opfereiner Verwechslung mit Blair gewesen war. Doch wer hat Interesse,Blair Mallory aus der Welt zu schaffen? Fieberhaft und von explosi-ven Wortgefechten begleitet, suchen Wyatt und Blair nach dem mög-

lichen Täter, ein Wettlauf mit der Zeit …

AutorinLinda Howard hat sich mit ihren historischen und modernen Ro-manen, die mehrfach ausgezeichnet wurden, eine riesige Fangemein-de erobert und weltweit mehr als fünf Millionen Exemplare ver-kauft. Sie lebt als freie Schriftstellerin mit ihrem Mann auf einer

Farm bei Alabama.

Als Blanvalet Taschenbuch von Linda Howard lieferbar:

Auch Engel mögen’s heiß (35778) – Gefährliche Begegnung(35731) – Mister Perfekt (35700) – Vor Jahr und Tag (35152) – WieTau auf meiner Haut (35036) – Ein tödlicher Verehrer (35916) – Eingefährlicher Liebhaber (36008) – Heiße Spur (35967) – Mörderische

Küsse (35968)

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Linda Howard

Die DoppelgängerinRoman

Aus dem Amerikanischenvon Christoph Göhler

BLANVALET

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Die Originalausgabe erschien 2004 unter dem Titel »To Die For«bei Ballentine Books, New York.

Umwelthinweis:Alle bedruckten Materialien dieses Taschenbuches

sind chlorfrei und umweltschonend.

Der Blanvalet Verlag ist ein Unternehmender Verlagsgruppe Random House.

1. AuflageDeutsche Erstveröffentlichung Juli 2005

Copyright © der Originalausgabe 2005 by Linda HowingtonCopyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2005 by

Verlagsgruppe Random House GmbHUmschlaggestaltung: Design Team München

Umschlagfoto: ifa-TPLDSatz: DTP Service Apel, Hannover

Druck: GGP Media GmbH, PößneckVerlagsnummer: 36269

LW ⋅ Herstellung: Heidrun NawrotRedaktion: Werner Bauer

Made in GermanyISBN 3-442-36269-5

www.blanvalet-verlag.de

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Die meisten Menschen finden Cheerleading albern. Wenndie wüssten …

Das typisch amerikanische Girl, das bin ich. Wer sich dieFotos in meinem High-School-Jahrbuch anschaut, siehtein Mädchen mit langen blonden Haaren, sonnengebräun-ter Haut und einem strahlenden Lächeln über blendendweißen Zähnen, bezahlt mit Tausenden von Dollar fürSpangen und Bleichmittel. Die weißen Zähne natürlich,nicht die Haare und die Haut. Ich hatte die unerschütter-liche Selbstsicherheit einer Teenager-Prinzessin aus deroberen Mittelschicht; mir konnte nichts Schlimmes zusto-ßen. Immerhin war ich Cheerleader.

Ich gebe es zu. Quatsch, ich bin stolz darauf. WirCheerleader werden oft für hirntote Schnepfen gehalten,aber nur von Leuten, die selbst nie Cheerleader waren. Ichverzeihe ihnen ihre Ahnungslosigkeit. Cheerleading istharte Arbeit, es ist ein anstrengendes Zusammenspiel vonGeschick und Kraft, und es ist nicht ungefährlich. Immerwieder kommt es dabei zu Verletzungen, manchmal sogarzu Todesfällen. Vor allem die Mädchen sind gefährdet; dieJungs sind die Werfer, die Mädchen werden geworfen. ImFachjargon heißen wir »Flyer«, was totaler Blödsinn ist,weil wir natürlich nicht fliegen können. Wir werden ge-worfen. Und die Mädchen, die geworfen werden, sind die-

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jenigen, die auf den Kopf fallen und sich den Hals brechenkönnen.

Na gut, den Hals habe ich mir nie gebrochen, aber dafürden linken Arm und das Schlüsselbein, und einmal renkteich mir das rechte Knie aus. Die Zerrungen und Prellungenhabe ich nie gezählt. Aber ich kann exzellent balancieren,habe schöne, straffe Beine und kann immer noch einenRückwärts-Flickflack und einen Spagat machen. Außer-dem habe ich das College über ein Cheerleading-Stipen-dium finanziert. Ist das ein cooles Land oder was?

Also, ich heiße jedenfalls Blair Mallory. Ja, ich weiß. Einecht zickiger Name. Er passt zu Cheerleading und blon-den Haaren. Aber ich kann nichts dafür; meine Eltern ha-ben mich so getauft. Mein Vater heißt auch Blair, darummuss ich mich wohl glücklich schätzen, dass sie bei meinerTaufe nicht einfach ein Junior hinter seinen Namen gesetzthaben. Ich glaube nicht, dass ich zur beliebtesten Schüle-rin unserer High School gewählt worden wäre, wenn ichBlair Henry Mallory Junior geheißen hätte. Blair Eliza-beth reicht völlig, vielen Dank. Ich meine, in Hollywoodgeben die Leute ihren Kindern Namen wie Homer, ohneWitz. Wenn diese Kinder irgendwann erwachsen werdenund ihre Eltern umbringen, sollten sie meiner Meinungnach allesamt auf Notwehr plädieren und freigesprochenwerden.

Was mich zu dem Mord bringt, den ich gesehen habe.Na schön, das tut es nicht wirklich, aber immerhin ist es

einigermaßen logisch. Die Verbindung, meine ich.Und echt amerikanischen Cheerleadern stoßen sehr

wohl schlimme Sachen zu. Immerhin war ich verheiratet,oder etwa nicht?

Auch das hat irgendwie mit dem Mord zu tun. Ich hei-

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ratete Jason Carson direkt nach dem College und hießdaraufhin vier Jahre lang Blair Carson. Natürlich war esdumm von mir, jemanden zu heiraten, bei dem sich derVorname auf den Nachnamen reimt, aber hinterher istman immer schlauer. Jason war ein Vollblutpolitiker: imStudentenrat, im Wahlkampfkomitee für seinen Vater, ei-nen Abgeordneten im Parlament von North Carolina,oder für seinen Onkel, den Bürgermeister – bla bla bla. Ja-son sah so phantastisch aus, dass manche Mädchen echt insStottern kamen. Blöd, dass er das genau wusste. Er hattedichtes, sonnengeküsstes Haar (ein poetischer Ausdruckfür blond), gemeißelte Gesichtszüge, dunkelblaue Augenund einen durchtrainierten Body. Ähnlich wie bei JohnKennedy jun. Der Body, meine ich.

Zusammen waren wir das Reklamepaar für blondesHaar und ein blendendes Gebiss. Und mein Body warauch nicht ohne, wenn ich mal so sagen darf. Mussten wirda nicht heiraten?

Vier Jahre später entheirateten wir uns wieder, zu unse-rer beiderseitigen großen Erleichterung. Schließlich hattenwir außer unserem Aussehen nichts gemeinsam, und ichglaube nicht, dass sich allein darauf eine Ehe gründen lässt,oder? Jason wollte unbedingt ein Kind, damit wir wie dietypisch amerikanische Familie aussahen, während er aus-zog, um der jüngste Kongressabgeordnete aller Zeiten inNorth Carolina zu werden, was mich, falls es jemandinteressiert, stinksauer machte, weil er bis dahin um kei-nen Preis ein Baby wollte, und plötzlich sollte ich eins be-kommen, nur weil es sich im Wahlkampf so gut macht?Ich sagte ihm, er könne mich mal lecken. Nicht, dass ermich nie zuvor geleckt hätte, aber diesmal meinte ich wo-anders, klar?

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In der Scheidungsvereinbarung habe ich ihn richtig ab-gezockt. Vielleicht sollte ich deswegen ein schlechtes Ge-wissen haben; ich meine, aus feministischer Sicht ist dasnicht gerade der Königsweg. Auf eigenen Füßen stehen, esaus eigener Kraft schaffen und so weiter und so fort. Da-bei glaube ich tatsächlich an all das, aber ich wollte Jasonleiden lassen. Ich wollte ihn bestrafen. Wofür? Dass ichihn dabei erwischt hatte, wie er an Silvester mit meinerjüngsten Schwester Jennifer rumknutschte, während dierestliche Familie im Wohnzimmer war und fieberhaft demFootball-Spiel folgte. Jenni war damals siebzehn.

Also, auch wenn ich wütend bin, weiß ich ganz genau,was ich tue. Als ich sie im Esszimmer stehen sah, schlichich auf Zehenspitzen davon und holte eine der Einwegka-meras, die wir damals benutzten, um die Feier für JasonsWahlkampf zu dokumentieren – der Kandidat im Kreiseder Familie, alle fröhlich um einen Tisch versammelt, aufdem sich sämtliche Arterien verstopfende Süßigkeitenhäufen, während im Fernsehen das Football-Spiel läuft. Erbevorzugte die Fotos von unseren Familienfeiern, weilmeine Familie viel besser aussieht als seine. Jason ließnichts aus, was seinem Wahlkampf genutzt hätte.

Jedenfalls schoss ich ein echt gutes Bild von Jason undJenni, mit Blitz und allem, damit er wusste, dass ich ihn amSack hatte. Was hätte er tun sollen? Mir hinterherjagen,sich vor den Augen meines Vaters auf mich hechten undmir die Kamera aus der Hand reißen? Wohl kaum. Zumeinen hätte er dann einiges zu erklären gehabt, und natür-lich konnte er nicht darauf zählen, dass ich seine Storystützen würde. Zum anderen hätte ihn mein Vater mit ei-nem Tritt in den Fernseher befördert, wenn er es gewagthätte, seiner Prinzessin und weiblichen Stammhalterin ein

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Haar zu krümmen. Habe ich schon erwähnt, dass ichDaddys Augenstern bin?

Also reichte ich die Scheidung ein, und Jason gab mir al-les, was ich verlangte, und das unter einer einzigen Bedin-gung: Dass ich ihm das Foto und das Negativ von ihm undJenni gab. Na klar, warum auch nicht? Schließlich hatte ichsicherheitshalber mehrere Abzüge machen lassen.

Vielleicht meinte Jason, ich sei zu blöd dafür. Es ist einschwerer Fehler, die Skrupellosigkeit deiner Gegner zuunterschätzen. Auch aus diesem Grund wird es Jason inder Politik nie weit bringen, schätze ich.

Außerdem erzählte ich Mom, dass sich Jenni von Jasonhatte küssen lassen. Es glaubt doch wohl niemand, dass diekleine falsche Möchtegern-Lolita ungeschoren davonge-kommen wäre, oder? Nicht, dass ich Jenni nicht liebenwürde, aber sie ist unser Nesthäkchen und glaubt, ihr stehtalles und vor allem jeder zu, den sie sich in den Kopf ge-setzt hat. Ab und zu muss man sie in die Schranken wei-sen. Außerdem ist mir aufgefallen, dass sich auch ihrName reimt: Jenni Mallory. Eigentlich heißt sie Jennifer,aber niemand nennt sie so, deshalb zählt das nicht. Ichweiß nicht, was mich so an Namen stört, die sich reimen,aber ich sollte mich unbedingt von solchen Leuten fernhalten. Trotzdem habe ich Jenni verziehen, weil sie meineSchwester ist. Jason würde ich nie im Leben verzeihen.

Und so knöpfte sich Mom Jenni vor, die mich unterTränen um Verzeihung bat und versprach, von nun an einartiges Mädchen zu sein oder zumindest mehr Geschmackzu beweisen, während meine zweite Schwester Siana, diedamals Jura studierte, die Verhandlungen mit Jason über-nahm. Der Name »Siana« soll angeblich die walisischeForm von »Jane« sein, aber ganz unter uns: In Wahrheit

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bedeutet der Name »männerfressende Hyäne mit nied-lichen Grübchen«. Das ist Siana nämlich.

Nachdem die Mallory-Frauen erst in Aktion getretenwaren, ging die Scheidung in Rekordzeit über die Bühne,ohne dass Daddy je mitgekriegt hätte, warum wir eigent-lich so sauer auf Jason waren. Nicht, dass es ihn besondersinteressiert hätte; wenn wir sauer auf ihn waren, dann warer schon unseretwegen ebenfalls sauer auf ihn. Ist er nichtein echter Schatz?

In der Scheidungsvereinbarung bekam ich von Jason ei-nen goldenen Abschiedskuss, tausend Dank. Und das roteMercedes-Cabrio natürlich, aber das Geld war wichtiger,denn das legte ich an. Ich kaufte mir eine Muckibude. EinFitnesscenter. Schließlich soll man die eigenen Talentenutzen, und ich weiß, wie man sich in Form hält. Sianaschlug vor, ich sollte das Studio »Blairs bezaubernde Bu-senbude« nennen, aber ich wollte nicht das falsche Publi-kum anlocken und auch nicht den Eindruck erwecken,dass wir Schönheitsoperationen durchführen. Mom kamirgendwann auf »Great Bods«, das gefiel uns allen, und sowurde das ehemalige »Halloran’s« umgetauft.

Für die Umbauten und Renovierung musste ich ganzschön abdrücken, doch als das Studio fertig war, schrie eslaut: »Luxus!« Die Spiegel glänzten, die Fitnessgeräte wa-ren vom Allerfeinsten, die Toiletten, Garderoben und Du-schen waren komplett erneuert worden, wir hatten zweiSaunas und einen Pool einbauen lassen und die Räume umeinen Massageraum erweitert. Ein Great-Bods-Mitgliedkonnte zwischen Yoga, Aerobic, Tae Bo oder Kickboxenwählen. Wer beim Yoga nicht genug Aggressionen abge-baut hatte, konnte anschließend nach nebenan gehen undArschtritte verteilen. Außerdem legte ich großen Wert

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darauf, dass alle meine Angestellten in Erster Hilfe undHerzdruckmassage ausgebildet waren, weil man nie wis-sen kann, ob sich nicht ein übergewichtiger Schreibtisch-hocker mit überhöhtem Cholesterinspiegel zu viele Ge-wichte auf die Hebebank packt, weil er, um seineSekretärin zu beeindrucken, über Nacht seinen Teenager-Body zurückhaben will, und schon ist es passiert: Er bet-telt geradezu um einen Herzinfarkt. Außerdem wirkt sowas in einer Anzeige echt professionell.

Das viele Geld und die Erste-Hilfe-Kurse zahlten sichaus. Schon einen Monat nach der Eröffnung lief das GreatBods wie geschmiert. Die Kundinnen und Kunden konn-ten für einen Monat oder ein ganzes Jahr Mitglied wer-den – natürlich mit Rabatt, wenn sie für ein Jahr bezahlten,was nur geschickt ist, weil man sie damit am Haken hatund die meisten von ihnen dann regelmäßig kommen,wenn sie ihr Geld nicht zum Fenster rauswerfen wollen.Viele Autos auf dem Parkplatz machen schon von außeneinen guten Eindruck, und wie wichtig der erste Eindruckist, weiß wohl jeder. So oder so vermehrten sich meineMäuse wie die Karnickel. Es war ein echt prickelndes Ge-fühl, vom Scheitel bis runter zu den Legwarmers – die ei-nige Ahnungslose für passé halten mögen, weil sie keinenDunst haben, wie eine Frau ihre Beine zur Geltung brin-gen kann. Ganz oben auf der Liste stehen natürlich HighHeels, aber Legwarmers kommen gleich dahinter. Ich tra-ge beides. Natürlich nicht gleichzeitig. Also bi-hitte!

Das Great Bods ist von sechs bis einundzwanzig Uhrgeöffnet, sodass die Mitglieder den Besuch problemlos inihren Tagesablauf einplanen können. Die Yogastunden lie-fen anfangs nicht so recht, weil sich nur ein paar Haus-frauen eingeschrieben hatten, aber dann bestellte ich beim

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Studentendienst ein paar knackige, gut aussehende Colle-ge-Footballer, die ich eine Woche lang gegen Bezahlungmitturnen ließ. Die Hantelstemmer und Tae-Bo-Typen,allesamt kleine Möchtegern-Machos, wollten natürlichauch das machen, was meine jungen gut aussehenden Bur-schen so in Form hielt, und die Frauen drängten in meinenKurs, um mit denselben jungen Burschen in einem Raumzu sein. Bis zum Ende der Woche hatten sich die Teil-nehmerzahlen vervierfacht. Nachdem die Machos erst ge-merkt hatten, wie anstrengend Yoga wirklich ist und wieviel es bringt, blieben die meisten dem Kurs treu – genauwie die Frauen.

Habe ich erwähnt, dass ich im College auch Psycholo-gie belegt hatte?

Seither sind ein paar Jahre vergangen: ich bin inzwi-schen dreißig und stolze Eigentümerin eines erfolgreichenUnternehmens, das mich in jeder Hinsicht auf Trab hältund zugleich einen hübschen Gewinn abwirft. Das roteCabrio habe ich gegen ein weißes eingetauscht, weil ichnicht mehr ganz so auffallen wollte. Es ist nicht schlau, alsjunge Singlefrau zu viel Aufmerksamkeit auf sich zu len-ken. Außerdem wollte ich irgendwann ein neues Auto. Ichliebe diesen Geruch. Ja, ich weiß, ich hätte einen Ford oderso kaufen können, aber Jason hätte sich in den Hinternbeißen können, weil ich in einem Mercedes-Cabrio rum-fahre und er es nicht darf, da das schlecht für sein Imagewäre. Wahrscheinlich wird er mich bis an sein Lebensendeum diesen Mercedes beneiden. Hoffentlich.

Jedenfalls parkte ich das Cabrio nicht vorn auf demKundenparkplatz, weil ich nicht wollte, dass der Wagenständig Schrammen oder Beulen abbekam. Ich hatte statt-dessen für die Angestellten auf der Rückseite des Studios

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einen geteerten Privatparkplatz mit einem eigenen, vielpraktischeren Eingang anlegen lassen; mein reservierterStellplatz – extrabreit, damit ich immer bequem aus- undeinsteigen kann – befindet sich direkt vor der Tür. Chefinzu sein hat was für sich. Nachdem ich aber eine großzügi-ge Chefin bin, habe ich entlang der gesamten Rückwanddes Studios ein langes Wellblech-Vordach anbringen las-sen, unter dem wir alle parken können. So kommen wirohne nass zu werden zu unseren Autos oder ins Studio.Bei Regen weiß man so was zu schätzen.

Ich bin die Chefin, aber ich halte nichts davon, meineAngestellten zu knechten. Abgesehen von dem Privatstell-platz fordere ich keine besonderen Privilegien ein. Na ja,dass ich die Gehaltsschecks unterschreibe, gibt mir wohleinen gewissen Vorteil, und bei allen finanziellen und be-sonders wichtigen Entscheidungen habe ich das letzteWort, aber ich kümmere mich auch um meine Leute. Wirhaben eine attraktive Firmen-Krankenversicherung, Zahn-behandlung eingeschlossen, ich zahle nicht schlecht –außerdem dürfen die Angestellten an ihren freien Tagengegen zusätzliche Gebühr Privatstunden geben –, und ichgebe mehr Urlaub als gesetzlich vorgeschrieben. Aus die-sem Grund habe ich einen mehr oder weniger festenStamm an Personal. Natürlich gibt es Wechsel, das Lebengeht weiter, manche Leute ziehen weg und so, aber nurselten geht jemand, weil er oder sie woanders ein besseresAngebot bekommen hat. Eine gewisse Kontinuität beimPersonal ist gut fürs Geschäft. Die Kunden haben danndas Gefühl, dass sie ihre Trainer und Lehrer kennen.

Um neun Uhr machen wir zu, und ich schließe abendsgewöhnlich selbst ab, damit meine Angestellten heim zuihrer Familie fahren oder sich mit ihren Freunden treffen

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oder sonst was unternehmen können. Das soll nicht hei-ßen, dass ich keine Freunde hätte, mit denen ich mich tref-fe. Stimmt schon, ich habe nicht mehr so viele Dates wiekurz nach meiner Scheidung, aber das Great Bods nimmtviel Zeit in Anspruch und ist mir auch wichtig, darum gehtbei mir das Geschäft vor. Und ich bin kreativ bei meinenVerabredungen: am liebsten treffe ich mich zum Mittages-sen, was sehr praktisch sein kann, wenn der Typ dochnicht so toll ist wie erhofft, weil ein Mittagessen nach ei-ner Stunde vorbei ist. Man trifft sich, man isst etwas, mangeht wieder in die Arbeit. Auf diese Weise muss ich mirden Typen nicht krampfhaft vom Leib halten, wenn ichnichts mit ihm anfangen kann, und brauche mir auch kei-ne Ausrede zu überlegen, warum ich ihn nicht mit in dieWohnung nehme. Mittagessen ist ein super Konzept, date-mäßig gesehen. Falls er mir doch gefällt, eröffnen sichweitere Optionen, wie zum Beispiel ein echtes Date amAbend oder am Sonntag, wenn das Great Bods zu hat.

Jedenfalls schloss ich in der fraglichen Nacht – ich habedoch erwähnt, dass ich einen Mord beobachtet habe,oder? – wie gewöhnlich alle Türen ab. Ich war ein bisschenspät dran, weil ich noch etwas Gymnastik gemacht hatte;man kann nie wissen, ob man nicht unerwartet einenRückwärts-Flickflack vorführen muss. Weil ich dabeiziemlich ins Schwitzen gekommen war, hatte ich noch ge-duscht und mir die Haare gewaschen, bevor ich meinenKram zusammenpackte und mich auf den Weg zumHinterausgang machte. Ich schaltete alle Lichter aus, öff-nete die Tür und trat nach draußen unter das Vordach.

Ach, Moment, ich greife vor. Erst muss ich noch das mitNicole erklären.

Nicole »ich bin die Nikki« Goodwin war der Stachel in

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meinem Fleisch. Sie kam vor etwa einem Jahr ins GreatBods und trieb mich vom ersten Tag an zum Wahnsinn,auch wenn mir das erst nach ein paar Monaten bewusstwurde. Nicole hat so eine rauchige Kieksstimme, die allestarken Männer schwach werden lässt. Ich hingegen hätteihr am liebsten die Luft abgedreht. Was finden die Typennur an diesem nachgeäfften Marylin-Monroe-Gefiepe?Die meisten Typen jedenfalls. Außerdem war Nicole stän-dig und zu jedem zuckersüß; es ist ein Wunder, dass bei ei-ner derartigen Überdosis Zucker nicht jeder wie einSuperball durchs Zimmer hüpfte. Wenigstens hatte sie dieHaare-um-die-Finger-kringel-Masche nicht drauf.

Aber auch nur, weil ich das nicht mache – außer ich willjemanden auf den Arm nehmen, meine ich. Normaler-weise bin ich professioneller.

Kurz und schlecht, Nicole war eine sklavische Nachäf-ferin. Und ausgerechnet mich äffte sie nach.

Erst kamen die Haare. Von Natur aus waren ihre Haaremausbraun, aber keine zwei Wochen, nachdem sie bei unsMitglied geworden war, wurde sie goldblond und bekamhelle Strähnchen. Genau wie ich. Damals fiel es mir nichtauf, weil ihre Haare kürzer waren als meine; erst später, alssich ein Detail zum anderen fügte, ging mir auf, dass sie diegleiche Haarfarbe hatte wie ich. Dann fing sie an, die Haa-re zu einem hohen Pferdeschwanz zu bündeln, damit sieihr beim Trainieren nicht im Weg waren. Und wer hattewohl auch einen so hohen Pferdeschwanz, wenn sie trai-nierte?

Ich schminke mich kaum, wenn ich ins Studio gehe,weil das nur Zeitverschwendung ist; sobald ein Mädchenrichtig ins Schwitzen kommt, hat keine Schminke eineChance. Außerdem habe ich gute Haut und hübsche dunk-

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le Brauen und Wimpern, weshalb es mir nichts ausmacht,mit nacktem Gesicht herumzulaufen. Allerdings habe icheine Schwäche für eine Glistening Lotion, die meinerHaut einen sanften Schimmer verleiht. Nicole fragte mich,welche Lotion ich nehme, und ich dumme Kuh verriet esihr. Ab dem nächsten Tag schimmerte auch Nicoles Haut.

Ihre Sportsachen wurden meinen immer ähnlicher: einGymnastikanzug und Legwarmer, wenn ich wirklichSport treibe, und Yogahosen, wenn ich mich ums Geschäftkümmere. Nicole begann einen Gymnastikanzug undLegwarmer zu tragen und ansonsten in Yogahosen rum-zuhüpfen. Und ich meine hüpfen. Ich glaube nicht, dass sieeinen BH besaß. Leider gehörte sie zu den Frauen, die ei-nen tragen sollten. Meine männlichen Mitglieder (ich liebediesen Ausdruck) schienen an dem Spektakel Gefallen zufinden, aber mir wurde von dem Gewackel und Geschau-kel so schwindlig, dass ich ihr immer angestrengt in dieAugen sah, wenn ich mit ihr reden musste.

Dann kaufte sie sich ein weißes Cabrio.Es war zwar kein Mercedes, sondern ein Mustang, aber

trotzdem – es war ein Cabrio und es war weiß. Wie pein-lich kann so jemand eigentlich werden?

Vielleicht hätte ich mich geschmeichelt fühlen sollen,aber das tat ich nicht. Es war nicht so, als hätte Nicolemich so toll gefunden und aus lauter Bewunderung ko-piert. Im Gegenteil, ich glaube, sie konnte mich nicht aus-stehen. Wenn sie mit mir redete, war das Saccharin in ihrersüßen Art immer ein bisschen zu deutlich herauszuschme-cken, klar? In Nicole-Sprech bedeutete: »Ach, Schätz-chen, das sind echt supergeile Ohrringe!« in Wirklichkeit:»Ich will sie dir aus den Ohren reißen und nur ein paarblutige Fetzen dranlassen, du Schlampe.« Ein anderes Mit-

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glied im Club – natürlich eine Frau – meinte einmal sogar,nachdem sie Nicole mit hüpfenden Brüsten und wackeln-dem Po von dannen scharwenzeln sah: »Die Frau würdedir liebend gern die Kehle aufschlitzen, dich mit Benzinübergießen, anzünden und im Rinnstein liegen lassen.Und am allerliebsten würde sie wiederkommen, nachdemdas Feuer ausgegangen ist, und auf deiner Asche tanzen.«

Na? Ich bildete mir das also nicht nur ein.Weil ich einen möglichst bunt gemischten Club haben

wollte, musste ich praktisch jeden Bewerber aufnehmen,was im Grunde kein Problem war, obwohl ich mancheneher haarigen Kandidaten am liebsten vorab zur Elektro-lyse geschickt hätte; aber zum Ausgleich gab es eine Klau-sel im Mitgliedsvertrag – den jeder Bewerber bei der Auf-nahme unterzeichnen musste –, dass die Mitgliedschaftnicht verlängert wurde, wenn sich mindestens drei andereMitglieder beschwert hatten, weil der oder die Betreffen-de störendes oder belästigendes oder schamloses Verhal-ten gezeigt hatte.

Da ich Profi bin, hätte ich Nicole nicht rausgeworfen,nur weil sie mir tierisch auf die Nerven ging. Es fiel mirschwer, professionell zu bleiben, aber ich konnte mich be-herrschen. Da Nicole Nicole war, provozierte, beleidigteoder verärgerte sie praktisch jede Frau, mit der sie zu tunhatte. Sie veranstaltete regelmäßig eine Sauerei im Umklei-deraum und überließ es den anderen, ihr hinterherzuräu-men. Sie lästerte über andere Frauen, die nicht ganz so gutin Form waren, und hielt stundenlang die Geräte besetzt,obwohl jede Trainingseinheit auf dreißig Minuten begrenztwar.

Meist erreichten mich die Klagen in Form von bissigenBemerkungen, aber hin und wieder wandte sich auch eine

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Frau mit loderndem Blick an mich und bestand darauf,eine formelle Beschwerde einzureichen. Ich danke all die-sen tapferen Frauen.

Als Nicoles Jahresvertrag auslief, waren deutlich mehrals drei Beschwerden eingegangen, darum konnte ich ihr –ganz behutsam natürlich – darlegen, dass sie ihre Mit-gliedschaft nicht verlängern konnte und ihren Schrankausräumen sollte.

Der Aufschrei, den ich mir damit einhandelte, er-schreckte wahrscheinlich noch die Kühe im Nachbarort.Sie beschimpfte mich als Miststück, Hure, Schlampe, unddas war erst der Auftakt. Die schrillen Beleidigungen wur-den immer lauter und lockten praktisch alle im Great Bodsan, und ich bin überzeugt, dass sie auf mich eingedroschenhätte, wenn sie nicht genau gewusst hätte, dass ich besserin Form war als sie und sofort zurückgeschlagen hätte, nurein wenig fester. So gab sie sich damit zufrieden, alles vonder Theke am Empfang zu fegen – ein paar Topfpflanzen,die Aufnahmeanträge, einen Becher mit Kugelschreibern –und abzurauschen. Noch in der Tür warnte sie mich, dassich von ihrem Anwalt hören würde.

Wunderbar. Leck mich. Meine Anwältin würde ihrenAnwalt zum Frühstück verputzen. Siana ist jung, aber ge-fährlich, und sie scheut nicht davor zurück, mit hartenBandagen zu kämpfen. Das haben wir von unserer Mutter.

Die Frauen, die sich versammelt hatten, um NicolesZornesausbruch zu verfolgen, applaudierten erleichtert,als die Tür hinter ihr zuknallte. Die Männer sahen ihr be-lämmert hinterher. Ich war sauer, weil Nicole ihrenSchrank nicht ausgeräumt hatte, denn das bedeutete, dassich sie noch mal ins Haus lassen musste, damit sie ihrenKram abholen konnte. Ich war halb entschlossen, Siana zu

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fragen, ob ich darauf bestehen konnte, dass Nicole ihrenSchrank zu einem fest vereinbarten Termin leerte. Dannkonnte ich einen Polizisten herbestellen, der erstens be-zeugen konnte, dass sie alle Sachen mitnahm, und zwei-tens einen weiteren Wutausbruch verhindern würde.

Der Rest des Tages verstrich wie in einem süßen Rausch.Ich war Nicole los! Es störte mich nicht mal, den Saustallzu beseitigen, den sie hinterlassen hatte, denn sie war weg,weg, weg!

Okay. So viel zu Nicole.Und zurück zu jenem Abend und dem Hintereingang

und so weiter und so fort.Das Licht der Straßenlaterne an der Ecke reichte zwar

bis auf den Parkplatz, aber trotzdem lagen überall tiefeSchatten. Es nieselte leicht, und ich fluchte leise vor michhin, weil der Straßendreck auf mein Cabrio spritzen wür-de und es außerdem langsam diesig wurde. Regen und Ne-bel sind keine gute Kombination. Gott sei Dank habe ichkeine Locken und muss mir keine Gedanken machen, dassmeine Haare bei so einem Wetter verfilzen könnten.

Schließlich will jede Frau so gut wie möglich aussehen,wenn sie Zeugin eines echten Verbrechens wird.

Erst nachdem ich die Tür von außen abgeschlossen undmich umgedreht hatte, fiel mir der Wagen in der hinterstenEcke des Parkplatzes auf. Es war ein weißer Mustang. Ni-cole wartete auf mich, verfluchte Scheiße.

Augenblicklich angespannt und ein bisschen nervös –immerhin war sie vorhin gewalttätig geworden – trat icheinen Schritt zurück an die Wand, damit sie mich nicht vonhinten überraschen konnte. Ich schaute nach links undrechts, weil ich damit rechnete, dass sie irgendwo aus demSchatten auftauchen würde, aber nichts geschah, weshalb

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ich wieder auf den Mustang sah und mich fragte, ob siewohl darin saß und darauf wartete, dass ich wegfuhr. Waswürde sie dann tun? Mir nachfahren? Mich von der Stra-ße abdrängen? Mein Auto überholen und auf mich schie-ßen? Zugetraut hätte ich ihr alles.

In dem Regen und Nebel war es unmöglich festzustel-len, ob jemand in dem Mustang saß, aber dann sah ich hin-ter dem Auto eine Silhouette stehen und erkannte blondeHaare. Ich tastete in meiner Handtasche nach dem Handyund schaltete es ein. Sobald sie auch nur einen Schritt aufmich zu machte, würde ich die Polizei rufen.

Dann begann sich die Gestalt hinter dem Mustangschwankend zu bewegen, und ein größerer, dunklererSchatten löste sich von Nicole. Ein Mann. Ach du Schei-ße; sie hatte jemanden mitgebracht, der mich zusammen-schlagen sollte.

Ich tippte die ersten zwei Ziffern ein.Ein lauter Knall ließ mich hochschrecken. Mein erster

Gedanke war, dass irgendwo in der Nähe ein Blitz einge-schlagen hatte. Aber ich hatte keinen Blitz gesehen undspürte auch keine Erschütterung im Boden. Dann begriffich, dass ich höchstwahrscheinlich einen Schuss gehörthatte, der höchstwahrscheinlich mir gegolten hatte, undließ mich mit einem panischen Quieken hinter meinemAuto auf alle viere fallen. Eigentlich hatte ich laut schreienwollen, aber aus meiner Kehle kam nur dieses Minni-Maus-Quietschen, das mir unendlich peinlich gewesenwäre, wenn ich mir nicht vor Angst fast in die Hose ge-macht hätte. Nicole hatte keinen Schläger mitgebracht;sondern einen Killer!

Ich hatte mein Handy fallen lassen und fand es in derDunkelheit nicht mehr. Blöderweise musste ich ständig

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nach allen Seiten Ausschau halten und konnte deshalbnicht richtig danach suchen. Ich strich einfach mit derHand über den Asphalt und hoffte, irgendwann darauf zustoßen. Ach du Scheiße, und wenn der Killer gleich rüber-kam, um nachzusehen, ob er mich getroffen hatte? Ichmeine, ich war zu Boden gegangen, warum sollte er alsonicht denken, dass er mich erwischt hatte? Sollte ich michflach auf den Boden legen und tot stellen? Unter das Autokriechen? Versuchen, wieder ins Studio zu kommen, unddie Tür verriegeln?

Ich hörte einen Motor starten und sah gerade nochrechtzeitig auf, um mitzubekommen, wie eine dunkle,viertürige Limousine die schmale Durchfahrt entlangroll-te und hinter der Hausecke verschwand. Dann hörte ich,wie sie an der Einmündung in die vierspurige Parker Streetabbremste, kurz anhielt und sich dann in den schwachenAbendverkehr einfädelte. Ob sie links oder rechts abge-bogen war, wusste ich nicht.

War das der Killer gewesen? Wenn sonst noch jemandauf dem Parkplatz gewesen wäre, hätte er oder sie mitSicherheit den Schuss gehört und wäre wohl kaum soseelenruhig weggefahren. Der einzige seelenruhige Fah-rer wäre der Schütze selbst, oder? Jeder andere hätte ge-macht, dass er wegkam, genau wie ich es liebend gern ge-tan hätte.

Typisch für Nicole, dass sie so eine Flasche angeheuerthatte; der Kerl hatte nicht mal nachgesehen und sich über-zeugt, dass er mich erwischt hatte. Aber selbst wenn derKiller abgehauen war, wo war dann Nicole geblieben? Ichwartete ab und lauschte, hörte aber weder Schritte, nochdas Motorengeräusch eines Mustangs.

Ich legte mich flach auf den Bauch und linste an den

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Vorderrädern vorbei. Der Mustang stand immer noch aufseinem Platz, doch von Nicole war nichts zu sehen.

Es kamen auch keine Passanten angelaufen, um nachzu-sehen, wer da geschossen hatte oder ob jemand verletztworden war. Das Great Bods liegt in einem belebten Vier-tel mit kleinen Läden und Restaurants, aber nicht in einemWohngebiet – und die Läden und Restaurants hatten vorallem die Leute aus den umliegenden Firmen als Kunden,weshalb alle Restaurants um sechs und die Läden nichtviel später zumachten. Wenn jemand, der später aus demGreat Bods kam, auch nur ein Sandwich wollte, musste ermindestens fünf Blocks weit fahren. Bis zu diesem Mo-ment war mir nie bewusst gewesen, wie abgeschieden derMitarbeiterparkplatz abends war.

Niemand außer mir hatte den Schuss gehört. Ich war al-lein.

Ich hatte zwei Möglichkeiten. Meine Autoschlüsselwaren in der Jackentasche. Ich hatte zwei Schlüsselringe,weil ich für das Studio so viele verschiedene Schlüsselbrauchte, dass ich den Bund nicht mit mir herumschlep-pen wollte, wenn ich Besorgungen machte oder einkaufenging. Ich würde meinen Autoschlüssel in null Komma nixfinden, konnte die Türen mit der Fernbedienung öffnenund reinhüpfen, ehe Nicole mich erwischte – es sei denn,sie stände genau hinter meinem Auto, was ich für un-wahrscheinlich hielt, aber auch nicht ausschließen konn-te. Nur kam mir ein Auto und ganz besonders ein Cabrionicht wirklich sicher vor, solange ich von einer durchge-knallten Psychopathin bedroht wurde. Und wenn sieauch eine Waffe hatte? Ein Leinenverdeck hält keine Ku-gel ab.

Die andere Möglichkeit war, den großen Schlüsselring

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UNVERKÄUFLICHE LESEPROBE

Linda Howard

Die DoppelgängerinLady-Thriller

DEUTSCHE ERSTAUSGABE

Taschenbuch, Broschur, 416 Seiten, 11,5 x 18,3 cmISBN: 978-3-442-36269-1

Blanvalet

Erscheinungstermin: Juni 2005

Die attraktive Blair Mallory wird vor ihrem Fitness-Studio Zeugin eines Mordes. Das Opfer istNicole Goodwin, die Blair in Erscheinungsbild und Kleidung penetrant kopiert hat. Galt derAnschlag am Ende Blair? Und wer waren ihre Feinde? Zusammen mit Lieutenant Jefferson WyatBloodsworth, einem unverschämt gut aussehenden Ex-Footballprofi, macht sich Blair auf dieSuche nach dem Täter. Denn schnell wird klar: Sie ist in tödlicher Gefahr …