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Die heute geläufige Bezeichnung für einen kardanisch gelagerten Kreisel als Gyroskop lieferte Léon Foucault Mitte des 19. Jahrhunderts bei dem Versuch, einen visuellen Nachweis der Erddrehung zu erbringen. Das Bestreben eines rotierenden Kreisels, die Ausrichtung seiner Achse bei- zubehalten, sollte genutzt werden, um eine Ab- weichung dieser Kreiselausrichtung gegenüber der Achse der sich drehenden Erde aufzuzeigen, die gleichsam einen zweiten, wesentlich größe- ren Vergleichskreisel darstellte). Da sich jedoch durch die Reibung der Lagerung die Erddrehung unvermeidlich auf den Kreisel übertrug und damit den Effekt erheblich ver- fälschte, half Foucault auch der Einsatz eines Mikroskops nicht, um eine Auswanderung der Kreiselachse zu beobachten. In dieser Versuchsanordnung zur Kreiselbeobach- tung benannte er sein Instrument nach den grie- chischen Worten für Umdrehung/Kreis: „Gyros“ und für betrachten/beschauen: „skopein“, daher „Gyroskop“. Visualisierung der Erdrotation – Rein mechanische Kreiselsysteme Léon Foucault Foucaults Pendel im Pantheon Paris Foucault hatte zuvor schon erfolgreich einer breiten Öffentlichkeit einen anschaulichen Beweis der Erdrotation geliefert. Dank der weni- ger durch Reibung beeinträchtigten Lagerung eines Pendels war es gelungen, dieses in einer von der Erddrehung weitestgehend isolierten Ebene schwingen zu lassen, während sich die Erde darunter weiter drehte. Von der Erde aus gesehen, schien das Pendel seine Schwingungs- richtung im Lauf der Zeit zu drehen, wie Foucault 1851 an einem Riesenpendel im Panthéon von Paris nachweisen konnte. Diese Veranschaulichung der Erdrotation war selbst naturwissenschaftlich weniger Gebildeten sehr evident. Foucault begeisterte, nicht zuletzt dank des Ortes seiner spektakulären Vorführung, Skizze von Foucaults Gyroskop Nachbau aus dem Conservatoire National des Arts et Métiers Paris, mit Mikroskop ein weitaus größeres Publikum, als dies noch Boh- nenberger an der Universität Tübingen gelungen war. Die Rückwirkung dieses öffentlichen Interesses sollte sich etwa fünfzig Jahre später bei den Hobbyerfindern zeigen. „Zeugen der Wissenschaft“, aus: L’Illustration 5.4.1851, S. 213

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Die heute geläufi ge Bezeichnung für einen kardanisch gelagerten Kreisel als Gyroskop lieferte Léon Foucault Mitte des 19. Jahrhunderts bei dem Versuch, einen visuellen Nachweisder Erddrehung zu erbringen. DasBestreben eines rotierenden Kreisels, die Ausrichtung seiner Achse bei-zubehalten, sollte genutzt werden, um eine Ab-weichung dieser Kreiselausrichtung gegenüber der Achse der sich drehenden Erde aufzuzeigen, die gleichsam einen zweiten, wesentlich größe-ren Vergleichskreisel darstellte). Da sich jedoch

durch die Reibung der Lagerung die Erddrehung unvermeidlich auf den Kreisel übertrug und damit den Effekt erheblich ver-fälschte, half Foucault auch der Einsatz eines Mikroskops nicht, um eine Auswanderung derKreiselachse zu beobachten. In dieser Versuchsanordnung zur Kreiselbeobach-tung benannte er sein Instrument nach den grie-chischen Worten für Umdrehung/Kreis: „Gyros“und für betrachten/beschauen: „skopein“, daher „Gyroskop“.

Visualisierung der Erdrotation – Rein mechanische Kreiselsysteme

Léon Foucault

Foucaults Pendel im Pantheon Paris

Foucault hatte zuvor schon erfolgreich einerbreiten Öffentlichkeit einen anschaulichenBeweis der Erdrotation geliefert. Dank der weni-ger durch Reibung beeinträchtigten Lagerungeines Pendels war es gelungen, dieses in einer von der Erddrehung weitestgehend isolierten Ebene schwingen zu lassen, während sich die Erde darunter weiter drehte. Von der Erde aus gesehen, schien das Pendel seine Schwingungs-richtung im Lauf der Zeit zu drehen, wie Foucault 1851 an einem Riesenpendel im Panthéon von Paris nachweisen konnte. Diese Veranschaulichung der Erdrotation war selbst naturwissenschaftlich weniger Gebildeten sehr evident. Foucault begeisterte, nicht zuletzt dank des Ortes seiner spektakulären Vorführung,

Skizze von Foucaults GyroskopNachbau aus dem Conservatoire Nationaldes Arts et Métiers Paris, mit Mikroskop

ein weitaus größeres Publikum, als dies noch Boh-nenberger an der Universität Tübingen gelungen war. Die Rückwirkung dieses öffentlichen Interessessollte sich etwa fünfzig Jahre später bei denHobbyerfi ndern zeigen.

„Zeugen der Wissenschaft“, aus: L’Illustration 5.4.1851, S. 213