Lorraine Massey Locken SCHÖNE€¦ · Das, und so vieles mehr, das ich seit meinem ersten Buch...

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Lorraine Massey SCHÖNE Locken DAS HANDBUCH

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Lorraine Massey

SCHÖNESCHÖNELockenDAS HANDBUCH

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Glätte deine Locken, und du wirst für einen

Tag glücklich sein. Lerne, deine Locken zu lieben und zu pflegen,

und du wirst dein Leben lang glücklich sein!

LOCKEN, ÜBER DIE MAN SPRICHT

S eit dem Erscheinen der ersten Ausgabe von Curly Girl vor zehn Jahren hat sich in der Lockenwelt viel verändert. Viele Jahre lang waren Ringellöckchen, Korkenzieherlocken und

Wellen die hässlichen Entlein der Haarwelt: Sie galten nicht als Teil der Natur, sondern als etwas, das »behandelt« werden musste; eine Aberration, die es zu zähmen galt. Bei jeder Stylistin – oder ihrem männlichen Pendant – klang die Haltung durch: »Du willst diese Locken natürlich loswerden«, begleitet von der Erwartung, du mögest ihr dankbar sein, dass sie dir direkt nach dem Haareschneiden die Haare stramm über eine große Rundbürste glattzieht und mit einem Heiß-luftföhn traktiert. Bei einem Haarkongress, den ich vor kurzem besuchte, kam doch tatsächlich ein Friseur auf mich zu und sagte: »Wenn du mich deine Haare glattföhnen lässt, wirst du dich in mich verlieben.« (Wohl kaum!) Trotz der Anstrengungen, die viele weibliche Lockenschöpfe unternommen haben, um ihre Locken zu verstehen und zu akzeptieren, ist der Kommentar dieses Friseurs typisch für die mehrheitliche Denk-weise der Haarpflegeprofis und ein Beweis dafür, dass glatte Haare nach wie vor den Vorzug genießen. Hier folgen einige aufschlussreiche Fakten

Einführung

© des Titels »Schöne Locken« (978-3-86882-619-7) 2015 by mvg Verlag, Münchner Verlagsgruppe GmbH, München Nähere Informationen unter: http://www.mvg-verlag.de

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Lorraines Lockensammlung

Botticelli-Locken

Wellen und leichte Wellen

Engelslocken

Corkicelli-Locken

Korkenzieherlocken

Afrolocken

Silberlocken

und Aussagen: Glätteisen sind der Topseller in der Haarindustrie. Eine große Fluggesellschaft hat sogar einmal ihren Passagieren eines Trans-atlantikflugs diese Glätteisen angeboten, damit sie ihre Haare vor der Landung glätten konnten (während alle anderen den Geruch von ver-branntem Horn ertragen mussten). Der am häufigsten in Anspruch genommene Service in Haarsalons weltweit ist das Föhnen (das Ihre Haare schädigt).

Jedes Jahr werden Produkte zum Haar-glätten im beeindruckenden Wert von mehr als 9 Milliarden Dollar verkauft. Vor kurzem behauptete ein bekanntes Unternehmen für Haarpflegeprodukte, es sei dabei, eine Pille zu erfinden, die die DNA verändere, so dass Menschen mit Locken plötzlich glatte Haare haben. (Können Sie sich die Schlagzeilen der Zukunft vorstellen? »Frau leidet an Lähmungserscheinungen, vorübergehender Erblindung und Sprechstörungen, aber sie ist so glücklich, dass ihre Haare endlich glatt sind!«)

In den letzten zehn Jahren habe ich meine Tage mit Hunderten von Stammkunden sowie den 30.000 Neukunden verbracht, die jedes Jahr in unsere Devachan-Salons kommen. Viele von ihnen reisen von weit her an, um die Transformation ihrer unbändigen oder miss-handelten Locken aus erster Hand zu erleben. Wir hören uns ihre Sorgen an und analysieren den Lockentyp. Ich bin immer wieder von der beeindruckenden Schönheit und Vielfalt natürlicher Locken fasziniert und habe begonnen, eine Sammlung an Lockentypen anzulegen, von denen einige hier abgebildet sind. Und dennoch gibt es immer noch so viele Lockenköpfe, die sich hinter geglätteten, geplätteten und geföhnten Haaren verstecken.

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E i n f ü h r u n g xi

die einfach gut und gesund für Haare sind. Im Verlauf eines Jahres entwickelte er Proben, die wir im Salon ausprobierten und unseren Kunden mit nach Hause gaben. Nach einigen weiteren Optimierungsschritten brachten wir schließlich stolz die auf pflanzlichen Inhalts-stoffen basierende DevaCurl-Produktlinie auf den Markt, die in der Lockenwelt unverzichtbar geworden ist.

Das, und so vieles mehr, das ich seit meinem ersten Buch dazugelernt habe, füllt die folgenden Seiten. Ja, Locken haben ihren eigenen Willen, der wetter- und stimmungsabhängig ist. Aber wenn du das einmal akzeptiert hast und mit deinen Locken arbeitest, anstatt sie zu bekämpfen, dann werden diese positiv darauf reagieren.

Es mag ein wenig besessen klingen, aber seit ich denken kann, haben meine Locken meine Lebensphilosophie beeinflusst: Jeder Tag ist ein neuer Tag, und man muss sich einfach mit dem Fluss bewegen. Akzeptiere dich so, wie du bist, und achte nicht darauf, was dir die Gesellschaft einredet. Das sind die ersten Schritte zur Selbst-befreiung. »Befreie deine Haare, und der Rest kommt von alleine« wurde mein Leitmotto. Locken sind die Wellen der Zukunft, und dies hier, meine lieben Lockenfreundinnen, ist nur der Anfang.

Und es gibt immer noch so viele Fragen über Locken, die beantwortet werden wollen.

Meine Leserinnen und Leser haben mich Dinge gefragt, die nicht in der ersten Version von Schöne Locken enthalten waren, zum Beispiel, wie sie ihre Haare selber nach-schneiden können, wie sie ihre Locken zu einer Frisur bändigen können, die auch wirk-lich hält, welche Produkte sie am besten ver-wenden sollten und wie sie ihre chemisch geglätteten Haare wieder zu natürlichen Locken herauswachsen lassen können. Alle diese Fragen beantworte ich in diesem Buch. Im vergangenen Jahrzehnt habe ich zudem erlebt, wie einige meiner wunderbaren Kundinnen und Freundinnen tapfer eine Chemotherapie durchgestanden haben, also habe ich auch ein Kapitel der Lockenbehandlung während einer Chemotherapie gewidmet.

Eine weitere Neuerung seit Erscheinen des ersten Buches ist die Entwicklung der DevaCurl-Produktlinie. Mein Partner Denis DaSilva und ich haben schon früh verschiedene Produktlinien in unserem Salon ausprobiert, aber wir konnten keine finden, die Locken wirk-lich in ihrer ganzen Pracht zur Geltung bringen. Außerdem haben wir mit unseren eigenen hausgemachten Formeln experimentiert (zum Beispiel einem Lavendelspray, aus dem später der DevaCurl Mister Right wurde, und eine sulfatfreie Spülung mit dem Namen No Poo), weil die in herkömmlichen Shampoos enthaltenen Sulfate gelockte Haare besonders schädigen. Aber unsere Kunden bettelten um diese Produkte, die nicht auf dem Markt waren. Also begannen wir, Dutzende Chemiker zu interviewen und fanden schließlich einen, der für die Idee offen war, Produkte zu entwickeln,

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KAPITEL 1

D a du dieses Buch gekauft oder geschenkt bekommen hast, kann es gut sein, dass du zum Klub der Curly Girls gehörst – Frauen, die die meiste Zeit ihres Lebens gegen ihre Locken

angekämpft haben, indem sie sie glatt- und plattgeföhnt, unter Hüten versteckt, straff zurückgekämmt, mit Gummibändern zu einem Pferdeschwanz gebändigt und mit Haarkämmen und straff geflochtenen Gretchenzöpfen unterdrückt oder sie mit Gewalt geglättet haben. Je nachdem, in welcher Generation du geboren wurdest, hast du wahrscheinlich chemische Substanzen zum Dauerglätten, Heißluftföhns, Glätteisen oder gigantische Lockenwickler verwendet. Ich kenne mich mit all dem aus.

Girls and Curls

Nicht deine Haare, sondern

deine Wahrnehmung braucht eine Korrektur.

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auch so schön schwingen, dachte ich und zog mir den Pullover halb über den Kopf, so dass er mir den Rücken hinabhing. Schaut mal, ich habe auch glatte Haare.

Inzwischen weiß ich, dass ich nicht alleine war. In diesem Buch wirst du die persönlichen Geschichten einer ganzen Welt an schönen Locken finden, die ebenfalls eine lange Phase der Selbstverleugnung und der Verzweiflung über ihre Haare durchmachten. Wir alle fürch-teten Tage mit hoher Luftfeuchtigkeit, wenn sich unsere Haare trotz aller Bemühungen zu einer wilden Krause aufbauschten. Wir wurden von den anderen Schulkindern gehänselt (»Hey, Putzschwamm, wo haste denn die geile Perücke her?« oder »Setz dich nach hinten. Deine Haare versperren mir die Sicht auf die Tafel!«) und sie gaben uns das Gefühl, aufgrund unserer Locken seien wir weniger wert als andere.

Als ich älter wurde, entwickelte ich in Bezug auf meine Locken eine Opfermentalität und glaubte, das kapriziöse Universum habe mir einen perversen Streich gespielt. Das Ganze sei ein genetischer Fehler, den die Götter der Schönheit in meine DNA eingepflanzt hätten. In meiner Wahrnehmung war das eine simple Gleichung: Glatt ist schön, gelockt ist hässlich. Ein Soziologe könnte in der Vorliebe vieler Menschen für glatte Haare eine subtile Form von Rassismus entdecken. Die meisten von uns wurden von Schönheitsklischees beeinflusst, die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts vorherrschten – dem weißen angelsächsischen Look mit glatten blonden Haaren und blasser Hautfarbe. Kinder durften Locken haben, solange sie golden waren, aber wenn sie älter wurden, hatten sie herauszuwachsen und glatten Haaren Platz zu machen. Abends

In Leicester, England – dem Ort, in dem ich geboren wurde – machte man sich eher über Locken lustig, als sie zu akzeptieren. Ich hasste meine Haare von dem Moment an, in dem ich groß genug war, um mich im Spiegel zu betrachten und zu sehen, dass ich – anders als meine sechs Geschwister, deren Haare ordentlich glatt waren – Korkenzieherlocken hatte, die wild von meinem Kopf abstanden und mich aussehen ließen, als hätte ich nach dem Haare waschen den Finger in die Steckdose gesteckt. Jahrelang war ich sicher, dass man mich im Krankenhaus vertauscht und versehentlich den falschen Eltern übergeben hatte. Zu meinem dritten Geburtstag wünschte ich mir von meiner Mutter eine Perücke mit glatten Haaren und ein Strohröckchen, damit ich so tun könne, als sei ich eine polynesische Hula-Tänzerin. Das war ein merkwürdiger Geburtstagswunsch für ein Kleinkind, das in einem armen Industrieort in den britischen West Midlands lebte. Als ich vier war, sah ich im Fernsehen Rockstars und Schauspielerinnen, die ihre lange, dicke, glatte Haarmähne hin und her warfen. Ach, könnten meine Haare doch

Meine Geschwister machten sich über meine Haare lustig.

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lassen, und hörte auf, sie zu föhnen. Als meine Haare wuchsen, bildeten sich Spirallocken und dann Kringellocken. In der Zwischenzeit versuchte ich, so viel wie möglich über Locken zu lernen, aber ich wurde nicht fündig. Alle Haar akademien, die ich befragte, sagten, »Haare sind Haare. Wir behandeln Locken genauso wie glatte Haare.« Kein Wunder, dass so viele Friseure Locken weiterhin glätten. Ich stieß auf einige Haarmodelle mit gelockten Haaren, etwas, das ich seit meinem fünften Geburtstag gesucht hatte. (Damals träumte ich, eine Lockenfee würde mich auf der Straße anhalten und sagen: »Hör gut zu. Ich weiß genau, wie du deine Locken behandeln musst.« Natürlich ist das nie passiert.)

Ich begann, meine Haare regelmäßig mit Conditioner zu pflegen und experimentierte mit unterschiedlichen Produkten, wobei ich die Menge an Conditioner ständig steigerte.

ging ich immer mit Riesenlockenwicklern ins Bett, auf die ich meine Haare straff aufgewickelt – oder besser gesagt, fest gezurrt – hatte. (Das machte ich sogar, wenn ich bei einer Freundin übernachtete!) Und dann lag ich die ganze Nacht regungslos, damit sich ja kein Lockenwickler löste und die Locken sadistischerweise wieder fröhlich in ihre ursprüngliche Ringelform zurücksprangen.

Es verstand sich daher von selbst, dass ich Friseurin werden würde. Ich verbrachte so viel Zeit mit meinen Haaren, dass ich mir genauso gut den Lebensunterhalt damit verdienen konnte, die Haare anderer Leute zu richten. Drei Jahre ging ich in England in die Lehre und anschließend lebte ich vier Jahre in Hongkong, wo ich von den spaghettiglatten Haaren meiner Kundinnen fasziniert war. Danach lebte ich in Japan; mein erstes japanisches Wort war masugo, was »gerade« bedeutet. Zu meiner Überraschung sah ich in Japan einige Lockenköpfe! (Was glaubst du wohl, woher die Technik »Japanese Straightening« – auch Thermal Reconditioning genannt – stammt?) Selbst als einige populäre TV-Sendungen und ihre superattraktiven weiblichen Stars langes, gewelltes Haar in Mode brachten, hielt ich meine Haare kurz. Einmal verpasste mir ein Friseur eine sogenannte Tunnelfrisur (siehe S. 100), aber trotz der Kürze wirkten meine Haare immer noch sehr voluminös. An jenem Abend ging ich auf eine Party. Ein Typ, auf den ich stand, sah mich an und sagte: »Deine Haare sehen aus wie ein Pavianarsch.«

Das war’s! Wie ein Drogensüchtiger, der ganz unten angekommen war, erkannte ich, dass ich nicht mehr länger gegen meine Locken ankämpfen konnte. Ich begann, sie wachsen zu

Meine Lockenmähne in Hongkongs 100-prozentiger Luftfeuchtigkeit.

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Der Salon in Beverly Hills, der meine Locken als »politisch nicht korrekt« betrachtete.

der Goldstandard, vor allem in Beverly Hills, wo ich eine Anstellung in einem angesagten Salon gefunden hatte. Nach meiner ersten Arbeitswoche, als der Salonbesitzer aus dem Urlaub kam und mich zum ersten Mal sah, zeigte er mit dem Finger auf das neue Mädchen mit den politisch unkorrekten Locken und rief entsetzt: »Würde bitte irgendjemand diesem Mädchen sofort die Haare glattföhnen!« Wenige Augenblicke später verließ ich meinen Arbeitsplatz am Haarwaschbecken und ging durch die Tür. Ich drehte mich nicht einmal um.

Dann zog ich nach New York, wo ich zum ersten Mal im Leben in einer multikulturellen Umgebung lebte, in der es nur so vor Italienern, Latinos, Juden und Afroamerikanern wimmelte, deren Haare genauso wild gelockt waren wie meine. Ich fühlte mich nicht mehr als Außen-seiterin. Meine Freunde werfen mir im Spaß vor, ich würde in einer »lockenzentrierten« Welt leben. Das mag stimmen, aber es stimmt auch, dass wir in einer Welt leben, in der das Klischee von der Überlegenheit glatter Haare tief verwurzelt ist. Vielleicht erklärt das, warum so viele von uns ihre Locken verleugnen, warum Kosmetikinstitute Stylisten immer noch beibringen, Locken in einer erzwungen eindimensionalen geraden, flachen Glätte zu schneiden und warum Friseure vor Locken zurückscheuen. Anstatt mit der natürlichen Lockenbildung und -struktur zu schneiden, sind sie darauf getrimmt, sie stramm zu ziehen und glatt zu föhnen, was mindestens 30 Minuten dauert (und ungefähr 20 Sekunden, bis sich die

Ich ließ mein Haar ganz weich werden, damit sich die S-förmigen Locken, die meine Haare natürlicherweise bilden, ausformen konnten. Schließlich begannen mir Kringellöckchen zu wachsen, die sich zu dicken Korkenzieherlocken entwickelten, die mir spiralförmig über den Rücken fielen. Das war meine haarige Bestimmung – die Natur nahm endlich ihren Lauf. Vor kurzem sagte eine Freundin meiner 45-jährigen Kundin Miriam: »Endlich hast du die Haare, die du schon immer hättest haben sollen!« Genauso fühlte ich mich auch.

Ich entwickelte beinahe eine Weltanschau-ung über Locken. Ich betrachtete sie als eine Art arrangierte Ehe; etwas, das ich mir nicht selber ausgesucht hätte, aber das nun zu mir gehören würde, »bis der Tod uns scheidet«. (In der Tat enthält mein Testament ein Verbot, meine Haare für das Begräbnis zu glätten, und überdies genaue Instruktionen, wie meine Locken für das Begräbnis hergerichtet werden sollen.) Ich schwor, dass niemand je wieder meine Locken oder meine Wahrnehmung manipulieren würde.

Nun hatte sich zwar meine Einstellung verändert, aber leider nicht die meiner Umwelt. Glatte Haare waren immer noch

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Shey, mein zukünftiges Curly Girl.

Ich hoffe, dass dieses Buch deine Auffas sung über Locken verändern kann. Du wirst hier eine komplette Anleitung über die richtige Pflege und den Umgang mit jedem einzelnen Lockentyp sowie Informationen über ihren Ursprung und ihr Potenzial finden, damit du ihre natürliche Form voll zur Geltung bringen kannst. Du wirst erfahren, wie du deine Locken waschen, mit Conditioner pflegen und stylen kannst, und wie du dir einen Haarschnitt zulegen kannst, der deine Locken respektiert, anstatt sie zu misshandeln. Anschließend wirst du deine Locken jeden Tag mit Stolz tragen. Ich verspreche dir, dass es dein Leben verändern wird. Mach es dir bequem und lies.

Haare wieder kringeln, wenn es draußen regnet oder feucht ist).

Geschätzte 65 Prozent (möglicher-weise mehr) der Frauen haben gelock-te oder gewellte Haare. (Mach das Quiz auf S. 6, um zu sehen, ob du dazugehörst.) Viele von uns wissen immer noch nicht genau, wie sie mit ihren Locken umgehen sollen, oder – schlimmer noch – tun so, als hätten sie glatte Haare und misshandeln ihre Naturlocken. Curly Girls müssen auf ihre Lockenvernichtungswaffen, wie Heißluftföhns, Glätteisen, seifenhaltige Shampoos, Lotionen zur Haarglättung und Flechttechniken verzichten. Ich versuche, dir und anderen Curly Girls auf der Welt mit diesem Buch, mit Friseurseminaren über den richtigen Umgang mit Locken und meiner Arbeit als Friseurin und Miteigentümerin der Devachan-Salons und Deva-Spa-Einrichtungen zu helfen. Wir ermutigen unsere Kundinnen dazu, ihre Locken zu akzeptieren und zu lieben und sie richtig zur Geltung zu bringen. In anderen Worten, sich innerlich von der Zwangsvorstellung freizumachen, sie müssten glatte Haare haben. Ich habe gelernt, dass Locken etwas sind, für das es sich zu kämpfen lohnt.

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CURLY-GIRL-QUIZ

Versteckst du immer noch die Wahrheit vor dir und der Welt? Mach dieses einfache Quiz, um festzu-stellen, ob du zum Locken-Clan gehörst.

1. Fürchtest du dich vor Luftfeuchtigkeit, Schwitzen, spontanem Sex, einer gemeinsamen Dusche mit deinem Liebhaber oder jeder Art von Wetter oder Aktivität, die zum Vorschein bringen könnte, dass du Locken hast?

2. Lässt du deine Haare von einem Friseur glattföhnen und wäschst sie dann eine Woche lang nicht (sondern benutzt stattdessen Trockenshampoo, das deine Haare schwer und pappig macht)?

3. Bist du nach jedem Haarschnitt unglücklich (und manchmal den Tränen nahe)?

4. Bauschen sich deine Haare bei Luftfeuchtigkeit oder Regen zum doppelten Volumen auf?

5. Übersteigen deine Ausgaben für Haarprodukte und Gerätschaften zur Bekämpfung von Kraushaar, zur Lockenglättung oder Bändigung deiner Haare deinen jährlichen Steuerfreibetrag?

6. Bist du fast immer mit deiner Frisur unzufrieden?

7. Machst du dir vor einem besonderen Ereignis, zum Beispiel einer Hochzeit oder einer wichtigen Geschäftsbesprechung, Sorgen über deine Haare?

8. Umgibt deinen Kopf fast immer eine Aura aus Krauslöckchen?

9. Ziehst du deine Haare so oft unter einem Heißluft-föhn glatt, bis ihre Struktur trocken und aufgeraut ist und die Haare splissig werden?

10. Kämmst du deine Haare oft so stramm nach hinten zurück und bindest sie zu einem Pferdeschwanz, bis du Kopfschmerzen bekommst?

11. Geben dir deine Locken das Gefühl von Ohnmacht?

12. Betrachtest du alte Fotos und versuchst dich daran zu erinnern, wie du dich mit deinen Haaren gefühlt hast, als diese Fotos aufgenommen wurden (falls du überhaupt Fotos von deinen Bad-Hair-Days hast)? Gab es eine ausgeprägte Verbindung zwischen deinen Haaren und deiner Laune?

Wenn du auf eine oder mehrere Fragen mit Ja ant-wortest, herzlichen Glückwunsch! Du bist ein verhindertes Curly Girl. Deine Haare vibrieren vor Energie und sehnen sich nach Freiheit. Deine zu sanften Wellen gezwungenen Locken lechzen danach, sich zu ringeln und zu kringeln, und die trockene Krause bettelt um ange messene Pflege. Lies weiter!

Kämmst du deine Haare üblicher-weise zu einem straffen Pferde-schwanz nach hinten?

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ZEHN WAHRHEITEN ÜBER LOCKEN

Ich könnte dir eine Million überzeugende Gründe nennen, um deine Locken zu befreien! Aber wir wollen uns hier mit zehn begnügen:

1. Deine Haare werden sich befreit fühlen (und du auch).

2. Locken lassen dich viel jünger wirken.

3. Naturlocken zu tragen, ist umweltfreundlich. Die Seifen (Sulfate), die in Shampoos enthalten sind, kontaminieren das Wasser. Der Verzicht auf her-kömmliche Shampoos trägt also dazu bei, die Umwelt sauber zu halten. Und der Verzicht auf Glätteisen und Heißluftföhns spart Strom.

4. Dein Leben wird einfacher, weil du keine Steck-dosen mehr brauchst.

5. Locken bedeuten weniger Stress. Dein Leben dreht sich nicht mehr um das Wetter.

6. Reisen wird einfacher. Du packst nur ein paar Produkte ein, brauchst aber keine Geräte und musst dir auch nicht mehr Gedanken darüber machen, ob das Klima deinen Haaren zuträglich ist.

7. Du wirst aktiver, weil du nicht mehr den Sprung ins Schwimmbecken oder eine schweißtreibende sport-liche Aktivität scheuen wirst.

8. Selbst wenn es bei einem besonderen Anlass regnet, brauchst du dir keine Sorgen über deine Frisur zu machen.

9. Du wirst Zeit und Geld sparen, wenn du auf Föhns und Glätteisen verzichtest.

10. Wenn du lernst, deine Locken anzunehmen und zu lieben, lernst du, dich selber anzunehmen und zu lieben!

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DIE LOCKENBEICHTEJesse Reese, Personalsachbearbeiterin

D ie meiste Zeit meines Lebens wollte ich wie all die anderen Mädchen und Frauen aussehen, deren glatte Pony­

frisuren locker hin und her schwangen. Meine Locken waren dagegen einfach fad. Tagein, tagaus trug ich sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, in dem Versuch, die Tat­sache zu verstecken, dass sie einfach anders waren. Auf dem College entdeckte ich dann Produkte für Locken und einen Salon, der meine Locken richtig schneiden konnte und ihnen zu Vitalität und einem gesunden Glanz verhalf. Noch nie war ich so darüber begeistert gewesen, Locken zu haben. In meinem letzten Studienjahr nahm ich an einem Rollenspiel teil,

in dem Bewerbungs gespräche geübt wurden, um mich auf die kommende Job suche vorzube­reiten. Im Anschluss gab mir der Mann, der die nachgespielten Bewer bungs gespräche geführt hatte, »konstruktive« Kritik – nicht über meine Antworten oder meinen Lebenslauf, sondern meine äußere Erscheinung. »Wenn Sie zu einem echten Bewerbungs­

gespräch eingeladen werden, ziehen Sie vorher Ihre Haare glatt«, empfahl er mir. »Locken wirken unprofessionell.« Noch nie in meinem Leben hatte mich jemand derart beleidigt. Ich ant­wortete ihm, meine Haare seien Teil meiner Person und ich würde niemals für ein Unternehmen arbeiten wollen, das Kandidaten wegen ihrer Haarstruktur ablehnt. Mich zu meinen Locken zu bekennen, hat meine Welt­sicht verändert und mir geholfen, eine unab­häng ige Frau zu werden. Und es hat mir das Selbstvertrauen gegeben, mich gegenüber Menschen zu behaupten, die meinen, Frauen müssten in ein bestimmtes Schema passen – ein Schema, das glatte Haare verlangt. Ich bin ent­schlossen, aus diesem Schema auszubrechen und anderen zu zeigen, dass Frauen mit Locken selbst bewusst und unabhängig sind und sich nicht kleinmachen lassen. Wir sind Frauen! Wir haben Locken! Gewöhnt euch gefälligst daran!

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Die Haar­struktur

KAPITEL 2

I ch liebe die Pflegeetiketten in Kleidungsstücken. Sie halten mich dazu an, den jeweiligen Stoff mit Umsicht zu behandeln

und mir gut zu überlegen, wie ich mit ihm umgehe. In Wahrheit gibt es chemisch betrachtet keinen großen Unterschied zwischen Haaren und der feinen Wolle, die aus dem Fell der Pashmina-Ziegen gewonnen wird. Die ungefähr 100.000 Haarfasern, die dir auf dem Kopf wachsen, dehnen sich und nehmen Feuchtigkeit auf, genau wie Wolle, die aus den gleichen Substanzen zusammengesetzt ist wie Haare: Kohlenstoff, Wasser stoff, Stickstoff, Sauerstoff und Schwefel. Weil Haar eine Faser ist, und zwar eine delikate, besondere Faser, die aus vielen Millionen Zellen besteht, ist es sinnvoll, sie mit größtem Respekt zu behandeln – so wie du auch andere kostbare Fasern behandeln würdest.

Auf jedem gelockten Babyköpfchen sollte

ein Etikett kleben mit der Aufschrift »Empfindlich.

Keine aggressiven Shampoos verwenden. Nicht heißlufttrocknen.

Nur lufttrocknen. Niemals glätten!«

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DIE LOCKENBEICHTEDeborah Chiel, Autorin

A m Morgen des Begräbnisses meines Vaters hatte ich einen wirklich schlim­men Bad­Hair­Day. Ich möchte nicht

respektlos klingen, aber damit wurde mein schlimmster Albtraum wahr. Mein ganzes Leben lang hatte ich unter meinen Locken gelitten: schlechte Haarschnitte, völlig verfehlte Versuche, mir die Haare wachsen zu lassen, stundenlange Versuche, meine Haare mit übelriechenden Chemikalien zu glätten, und schief gelaufene Rendezvous, weil meine Haare zu einem wilden Krauskopf mutiert waren.

Jahrzehnte später glaube ich immer noch, dass ich in der Highschool ein wesentlich erfolgreicheres Sozialleben gehabt hätte, wenn an meinem ersten Schultag die Sonne geschie­nen und die Luftfeuchtigkeit gering gewesen wäre. Am schlimmsten waren die Samstag­vormittage meiner Jugendjahre, die ich zumeist in der Synagoge verbrachte, weil mein Vater Rabbiner war. Ich stand vor dem Spiegel und

jammerte, weil meine Haare Formen ange nommen hatten, die in der Natur gar nicht vorkamen. Mein Vater weigerte sich jedoch, den Frizz­Faktor als Grund für ein Fernbleiben von den religiösen Zeremonien zu akzep tieren. Woche für Woche saß ich in der

Synagoge, hasste meine Haare, hasste mich und hasste das Leben. Ich hatte keinen Bad­Hair­Day, sondern ein Bad­Hair­Jahrzehnt.

Nach dem College begann ich eine Therapie und lamentierte immer wieder aufs Neue darüber, wie viel Leid meine Haare mir zugefügt hatten, vor allem als Teenager. Meine Therapeutin glaubte anscheinend, mein Unglück lichsein hänge mit anderen, tiefergehenden Problemen zusammen, aber was wusste sie schon? Sie hatte gerade, glatte Spaghettifransen.

Jahre vergingen. Ich ließ mir Ohrlöcher stechen, tauschte meine Brille gegen Kontakt­linsen aus und begann, mich aus meinem lockenbedingten Schneckenhaus zu wagen. Und dann starb mein Vater unerwartet an einem Herz­infarkt. Bei diesem tieftraurigen und schmerz­haften Anlass, als Hunderte von Trauergästen zum Begräbnis erwartet wurden, ließen mich meine Haare im Stich. Zweifellos war meine Verzweiflung zum größten Teil eine Über sprung­reaktion, aber meine Anti­Locken­Emotionen saßen tief und hatten meine Psyche fest im Griff.

Meine Geschichte fand ein glückliches Ende. Schließlich traf ich Lorraine, die mich dazu ermutigte, nicht länger gegen meine Haare anzukämpfen und meine Locken zu kultivieren, um sie wachsen zu lassen. Inzwischen fühle ich mich freier, sexy, flirtbereit und stehe sogar auf Glitter und Pailletten. Ich bin immer wieder erstaunt und dankbar für meine Locken sowie die positive Reaktion, die sie bei anderen auslösen.

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D i e H a a r s t r u k t u r 11

Gib ein wenig Geschirrspülmittel auf einen feuchten Schwamm und drück ihn aus. Voilà, Schaum! Nun halte den Schwamm unter laufendes Wasser, und du wirst sehen, wie lange es dauert, bis aus dem Schwamm kein Schaum mehr austritt. Dieses Experiment habe ich mit mehreren Shampoos und Seifen gemacht und habe schockiert festgestellt, dass sich in einigen Fällen selbst nach zehn Stunden noch Schaum bildete! Diese Tenside lassen sich nie ganz entfernen. Sie bleiben in deinen Haaren und verschmutzen unser Wasser.

Shampoo ist für keinen Haartyp gut, aber für Locken ist es eine Katastrophe. Das liegt daran, dass gelockte Haare besonders porös sind und die Tenside aufsaugen wie ein Schwamm. Wenn du deine Haare mit Shampoo wäschst, lässt es sich also nie wirklich ausspülen. Die Wahr heit ist, dass sich die schaumerzeugenden Wirkstoffe nicht vollständig entfernen lassen. Tenside werden den Produkten beigesetzt, damit du dem Mythos der Freude an Schaum und Seifenblasen erliegst. Du weißt schon, diese Frauen in der Fernsehwerbung, die ekstatisch seufzen, während sie unter der Dusche ihre Haare einschäumen, um Sekunden später eine wunderbar gestylte Mähne zur Schau zu tragen, die vor Vitalität nur so glänzt. Nun, vergiss die Werbekampagnen, die versuchen, Schaum mit einem reinen, göttinnenhaften, sexy Look zu assoziieren. Es stimmt einfach nicht – wenn man Locken hat, erst recht nicht –, und du solltest der Werbung nicht auf den Leim gehen.

Ich kann es nicht oft genug wiederholen: Du brauchst kein Shampoo. Ich sage damit nicht, dass du mit ungewaschenen Haaren herumlaufen sollst. Du musst deine Haare und die Kopfhaut reinigen und spülen,

Du würdest nicht einmal im Traum daran denken, einen guten Woll- oder Kaschmirpullover mit irgendeinem herkömmlichen Waschpulver zu waschen. Die meisten Menschen zögern jedoch nicht, die kostbaren Fasern auf dem Kopf mit Shampoo zu behandeln. Das Problem ist, dass Shampoos ein schmutziges kleines Geheimnis bergen: Sie enthalten aggressive Tenside wie Natriumlaurylsulfat, die auch in Geschirrspülmitteln und Waschpulver enthalten sind und dafür sorgen, dass das Shampoo schäumt. Sie sind natürlich sehr gut für Töpfe und Pfannen, weil sie gute Fettlöser sind.

Deine Haare müssen dagegen ihr natür-liches Fett bewahren, zu ihrem eigenen Schutz und zum Schutz deiner Kopfhaut. Wenn man das natürliche Haarfett wegwäscht, nimmt man den Haaren die notwendige Feuchtigkeit, die Aminosäuren und die Antikörper. Das Ergebnis ist, dass sie trocken, stumpf und leb-los wirken. Außerdem schädigen Shampoos auch die Haut. Während meiner Zeit als Friseur assistentin in Leicester wusch ich jeden Tag zehn bis 15 Kundinnen den Kopf. Meine Hände waren schuppig und aufgerissen wegen genau dieser Tenside, die in Shampoos enthalten sind. Das ist keine Überraschung. Chemiker auf der ganzen Welt haben nach-gewiesen, dass Tenside Haut und Augen irritieren. Dennoch verwenden die Unter-nehmen in der Shampooherstellung nach wie vor Tenside, die erstmalig nach dem Zweiten Weltkrieg kommerziell vertrieben wurden, weil sie billig sind. Und weil wir süchtig nach Schaum sind!

Du musst mir nicht glauben. Um zu sehen, was Tenside deinen Haaren antun, mach ein-fach das folgende Experiment in deiner Küche.

Page 17: Lorraine Massey Locken SCHÖNE€¦ · Das, und so vieles mehr, das ich seit meinem ersten Buch dazugelernt habe, füllt die folgenden Seiten. Ja, Locken haben ihren eigenen Willen,

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müssen, aber ich wollte diesen Zustand nicht zerstören. Ich wagte es, einen Tag zu warten, und aus diesem Tag wurden erst zwei, dann drei und schließlich drei Wochen. Alles, was ich in dieser Zeit tat, war, meine Kopfhaut mit einigen Spritzern Lavendel zu spülen und einige Tropfen einer stark verdünnten Lösung aus Wasser und Condi tioner in meine Haare zu massieren. Nie hatten sie besser ausgesehen, und so beschloss ich, etwas auszuprobieren: Ich wollte sehen, wie lange ich es aushielt, meine Haare nicht mehr mit schaumerzeugenden Shampoos zu waschen und sie stattdessen mit etwas zu reinigen, das ich »No-poo« nenne. Weißt du was? In dem Moment, in dem ich aufhörte, Shampoo zu verwenden, begann ich, meine Haare zu lieben!

Inzwischen lebe ich in einem No-poo-Haushalt. Ich verwende weder Shampoos noch andere tensidhaltige Reinigungsmittel – nicht einen Tropfen. Ich jogge fast jeden Morgen, schwimme im Ozean und im Schwimmbecken, die nicht weit von meinem Zuhause entfernt

aber wenn du weiterliest, wirst du sehen, dass ich eine Reinigung mit sulfatfreien oder botan ischen Spülungen (die aus echten Pflanzen gewonnen werden) empfehle. Du musst deine Einschäumgewohnheit und die Shampoo-Abhängigkeit überwinden. Früher shampoonierte ich meine Haare und meine Kopfhaut mehrmals pro Woche intensiv, und der einzige Grund war die pure Macht der Gewohnheit.

In den ersten zwei Tagen danach schienen meine Haare in der Luft zu fliegen wie ein Heliumballon. Sie trotzten den Gesetzen der Schwerkraft und strebten gen Himmel. Ich hatte die Haarschuppen aufgeraut und den Locken jede Feuchtigkeit genommen. Als Ergebnis folg ten die Haarschuppen ihrem natürlichen Instinkt: Sie streckten sich in die Luft, um Feuch-tigkeit aus der Atmosphäre aufzunehmen – daher die wilde Krause. Es dauerte weitere drei Tage, bis meine Haare sich von diesem Trauma so weit erholt hatten, dass ich bereit war zuzugeben, dass sie zu mir gehörten. Den Rest der Woche (zwei Tage) lebten wir in glücklicher Koexistenz, bis es an der Zeit war – diktiert von meinem selbst auferlegten Zeitplan – meine Haare erneut zu shampoonieren. Und damit begann der Teufelskreis von vorne. Ich stellte diese Routine nie in Frage, weil ich nie irgendeine Pflegeanleitung erhalten hatte, die speziell auf die Bedürfnisse von Locken – im Gegensatz zu glatten Haaren – abgestimmt war. Eines Morgens sah ich in den Spiegel und musste zugeben, dass meine Haare sich nicht krausten, sondern stattdessen in schönen Locken ondulierten. Laut meinem Zeitplan hätte ich sie waschen

HARTES WASSER UND LOCKENHartes Wasser enthält gelöste Kalzium­ und Magnesiumsalze. Wenn diese sich mit den in Shampoos enthaltenen Sulfaten verbinden, entsteht eine chemische Reaktion, die es noch schwerer macht, die Tenside aus den Haaren zu spülen, mit der Folge, dass die Haare immer weiter austrocknen. Es gibt aber auch gute Nachrichten: Wenn du in Gegenden, in denen das Wasser weich ist, sulfatfreie Haar produkte verwendest, lassen sich diese wegen der fehlenden Tenside sogar leichter ausspülen.