„Lotte, ein Schwindel“. Geschichte und Praxis des...

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Stefan Weinzierl, UdK Berlin Christoph Franke, HR „Lotte, ein Schwindel“. Geschichte und Praxis des Musikschnitts am Beispiel von Beethovens 9. Symphonie „Lotte, ein Schwindel“. History and practice of editing recordings of Beethovens symphony No. 9 Der Charakter der Musikaufzeichnung wurde durch kaum ein anderes technisches Ge- staltungsmittel so grundlegend verändert wie durch den Schnitt. Dies gilt für die Herangehensweise und den Ablauf einer Produktion ebenso wie für die Ästhetik des produzierten Tonträgers im Verhältnis zu der auf ihm abgebildeten musikalischen Aufführung. Durch die Möglichkeit, das aufgenommene Tonmaterial zeitlich neu anzuordnen und zu montieren entsteht die Illusion einer musikalischen Aufführung, die in dieser Form nie stattgefunden hat und vielleicht nie stattfinden könnte. Während der Schnitt beim Film, der ja nichts anderes ist als eine diskrete Aneinanderreihung von Fotografien, von Beginn an Teil des Produktionsprozesses war, waren beim Ton zunächst nur bestimmte Aufzeichnungsmedien geeignet, die kontinuierlich ablaufende Aufzeichnung neu zu montieren und dabei unhörbare Übergänge zu schaffen. Die Einführung des Schnitts in die Geschichte der Musikproduktion soll daher zunächst zunächst in einem historischen Rückblick betrachtet werden. 1. Geschichte des Musikschnitts 1.1 Mechanische Musikinstrumente Mechanische Musikinstrumente leisten zwar keine Schallaufzeichnung im Sinne von genuinen Tonträgern, sondern geben Steuersignale wieder, die auf einer Stiftwalze oder - 1 -

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Stefan Weinzierl, UdK Berlin

Christoph Franke, HR

„Lotte, ein Schwindel“. Geschichte und Praxis des Musikschnitts

am Beispiel von Beethovens 9. Symphonie

„Lotte, ein Schwindel“. History and practice of editing

recordings of Beethovens symphony No. 9

Der Charakter der Musikaufzeichnung wurde durch kaum ein anderes technisches Ge-

staltungsmittel so grundlegend verändert wie durch den Schnitt. Dies gilt für die

Herangehensweise und den Ablauf einer Produktion ebenso wie für die Ästhetik des

produzierten Tonträgers im Verhältnis zu der auf ihm abgebildeten musikalischen

Aufführung. Durch die Möglichkeit, das aufgenommene Tonmaterial zeitlich neu

anzuordnen und zu montieren entsteht die Illusion einer musikalischen Aufführung, die

in dieser Form nie stattgefunden hat und vielleicht nie stattfinden könnte.

Während der Schnitt beim Film, der ja nichts anderes ist als eine diskrete

Aneinanderreihung von Fotografien, von Beginn an Teil des Produktionsprozesses war,

waren beim Ton zunächst nur bestimmte Aufzeichnungsmedien geeignet, die

kontinuierlich ablaufende Aufzeichnung neu zu montieren und dabei unhörbare

Übergänge zu schaffen. Die Einführung des Schnitts in die Geschichte der

Musikproduktion soll daher zunächst zunächst in einem historischen Rückblick

betrachtet werden.

1. Geschichte des Musikschnitts

1.1 Mechanische Musikinstrumente

Mechanische Musikinstrumente leisten zwar keine Schallaufzeichnung im Sinne von

genuinen Tonträgern, sondern geben Steuersignale wieder, die auf einer Stiftwalze oder

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einer Notenrolle aufgezeichnet sind. Der Spezialfall des reproduzierenden Klaviers

aber, wie es die Firma Welte in Freiburg/Br. im Jahr 1904 patentieren ließ, kann inso-

fern als eine frühe Form der „Musikproduktion“ betrachtet werden, als man das Spiel

eines Pianisten auf der Notenrolle aufzeichnen, bearbeiten und mit allen agogischen und

dynamischen Feinheiten wiedergeben konnte, in einer Qualität, die dem Klang akusti-

scher Trichteraufnahmen dieser Zeit weit überlegen war. Die Aufnahmen auf reprodu-

zierenden Klavieren, wie sie später auch von anderen Firmen gebaut wurden [1], sind in

diesem Zusammenhang vor allem deshalb von Interesse, weil bei ihnen mit der editori-

schen Arbeit des Notenrolleneditors eine Frühform tonmeisterlicher Tätigkeit involviert

war.

Die Notwendigkeit einer editorischen Nachbearbeitung war einerseits durch gewisse

Unzulänglichkeiten des Systems v.a. bei der Aufzeichnung von Anschlagsstärke und

Pedalisierung gegeben. Mindestens ebenso wichtig aber war die Überarbeitung des

eingespielten Notenmaterials, was durch Überkleben, nachträgliches Einstanzen oder

Verlängern von Notenlöchern erfolgte. Der Editor notierte bereits während der

Aufnahme Spielfehler, die anschließend zu korrigieren waren. Das editierte Band wurde

schließlich vom Interpreten probegehört, der ebenfalls Verbesserungswünsche äußern

konnte. Dies ist durch zahlreiche zusammen mit den Aufnahmerollen erhaltene Notizen

belegt. So befindet sich bei einer von Ignaz Paderewski bespielten Duo-Art Rolle eine

Notiz des Pianisten: „I do not play this evenly. Can you make it even for me?“ [2], auf

einer 1922 gestanzten und editierten Rolle von Walter Gieseking ist vermerkt “geändert

nach Gieseking 29.2.24“.[3] Während die Fa. Welte mit editorischen Eingriffen relativ

zurückhaltend war, wie zahlreiche auf den Rollen gebliebene Ungenauigkeiten belegen,

wurde bei der American Piano Company z.T. jedes einzelne Notenloch kontrolliert, so

daß die schließlich veröffentlichte Ampico-Rolle das Ergebnis einiger hunderttausend

Arbeitsgänge sein konnte, die über fünf Wochen mehrere Personen beschäftigt

hatten.[4]

Auch wenn es sich dabei um einen Extremfall handelt, der allein aus ökonomischen

Gründen kaum die übliche Arbeitsweise widerspiegeln kann, so bleibt die Tatsache, daß

bereits die Notenrollen reproduzierender Instrumente wie des Welte-Mignon Klaviers

oder der 1911 eingeführten Welte-Philharmonie Orgel, die heute aufführungspraktische

Quellen ersten Ranges darstellen, einer umfangreichen editorischen Bearbeitung unter-

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worfen wurden, die den 30 Jahre später auf Magnetband wieder möglich gewordenen

Eingriffsmöglichkeiten in nichts nachstehen. Dabei war bisher nur von der Bearbeitung

von eingespieltem Tonmaterials die Rede und nicht von ebenfalls verbreiteten Manipu-

lationen durch Hinzufügung von (nicht spielbaren) Noten wie Oktavverdreifachungen

und ausgehaltenen Basstönen. Ob die gewünschte Editierung stets auf der originalen

Notenrolle selbst erfolgte oder ob Notenrollen verschiedener Aufnahmevorgänge auch

„geschnitten“ wurden, läßt sich nicht mit Sicherheit nachweisen, da zumindest im Falle

des Welte-Mignon keine Original-Aufnahmerollen mehr erhalten sind, anhand derer

man dies nachweisen könnte.[5]

Interessant ist auch, daß von dieser „tonmeisterlichen“ Tätigkeit in der Hochzeit

reproduzierender Klaviere zwischen 1905 und 1925 kaum Kenntnis genommen wurde.

Veröffentlichungen der Firmen hoben stets die Authentizität der Aufzeichnung hervor,

und öffentliche Kontroversen über diese Authentizität der Notenrollen erstreckten sich

stets auf die Qualität der Wiedergabesysteme, nicht aber auf das Aufnahmeverfahren,

das etwa bei Welte als firmeninternes Geheimnis gehütet wurde.[6] In der Frage des

Schnitts ist bei Schallplattenfirmen bis heute eine ähnliche Philosophie zu beobachten.

1.2 Schallplatte

Solange Schallplatten bei der Aufnahme direkt geschnitten wurden und nicht auf dem

Umweg über einen Zwischenträger, war eine Unterbrechung oder eine Montage der

Aufnahme nicht möglich. Das aufgenommene Werk wurde dabei freilich zwangsweise

„zerschnitten“, zunächst in etwa 1 1/2 Minuten, in 3 Minuten und schließlich in etwa 4

1/2 Minuten lange Segmente, entsprechend der Spieldauer einer Schellackplatte mit 7“

(17 cm, seit 1894), 10“ (25 cm) und 12“ (30 cm, seit 1903) Durchmesser. So erschien

die erste komplette Aufnahme der Fünften von Beethoven 1913 auf 8 Plattenseiten,[7]

eine Aufnahme der Matthäuspassion benötigte 40 Plattenseiten. Eine Korrektur inner-

halb der Dauer einer Plattenseite war allerdings nicht möglich. Zwar 1927 wurde bereits

versucht, die Aufzeichnungsqualität der Schallplatte durch die Verwendendung eines

mit Hilfe einer Triergon-Lichttonkamera aufgenommenen und damit prinzipiell editier-

baren Lichttonfilms als Zwischenträger zu verbessern, der anschließend mit verringerter

Geschwindigkeit auf die Wachsmatritze überspielt wurde. Auf diese Weise wurden

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Sprachaufnahmen u.a. mit Thomas Mann und George Bernhard Shaw hergestellt. Be-

reits 1930 wurde der technische Vorsprung der Triergon-Platten allerdings durch eine

Verbesserung des elektromagnetischen Direktschnitts aufgeholt und das Verfahren wie-

der aufgegeben.[8]

Auch andere Platten-Medien, weder die seit etwa 1929 von der Reichs-Rundfunk-

Gesellschaft eingesetzten Wachskuchen noch die 1932 eingeführten Decelith-

Schallfolien, von denen heute noch etwa 2000 Stück im Schallarchiv des Deutschen

Rundfunkarchivs erhalten sind, erlauben keine unhörbare Montage des Audiomaterials.

Bei Rundfundksendungen von klassischen Werken kamen daher bis Anfang der 40er

Jahre durchweg überlappend aufgenommene Schellackplatten zum Einsatz, bei denen

die Tontechnik in der Senderegie etwa 30 sec Zeit hatte, die beiden Grammophone zu

synchronisieren und auf den zweiten Spieler umzuschalten.

Fast gleichzeitig mit der Verlängerung der Spieldauer der Schallplatte durch die

Einführung der LP in den Jahren 1949 bis 1952 etablierte sich dann das Magnetband als

neues Aufzeichnungsmedium in der Schallplattenproduktion. Schallplatten wurden

nicht mehr direkt geschnitten, sondern auf einem Zwischenträger einer mehr oder

weniger umfangreichen Editierung unterzogen und anschließend auf die Platte

überspielt. 30 Jahre später erlebte die ungeschnittene Schallplatte noch einmal eine

kurze Renaissance in Form von audiophilen Direktschnittplatten, bei denen auf ein

Masterband verzichtet und das Tonsignal direkt in Lackfolie geschnitten wurde. Die

Bereitschaft, auf Schnitt und Nachbearbeitung zu verzichten, wurde jedoch nur von

wenigen Künstlern aufbebracht, so daß die Menge des auf diese Weise produzierten

Repertoires gering blieb.

1.3 Lichtton

Von vornherein gegeben war die Möglichkeit der Montage bei der Lichtton-Auf-

zeichnung. Das bereits um 1900 patentierte Verfahren bekam Anfang der 20er Jahre

wieder Auftrieb, nachdem Vakuumröhren und Lautsprecher den Modulationsverlauf auf

dem Film hörbar machen konnten. 1922 fand in Berlin die erste öffentliche Tonfilm-

Demonstration mit Lichtton statt. Ende der 20er Jahre wurde die in den Studios der

Triergon-Filmgesellschaft entwickelte Technik auch für Hörspiele eingesetzt, da im

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Gegensatz zur Platte geschnitten werden konnte. So entstanden 1928/29 in den Trier-

gon-Studios in Berlin die radiophonen Collagen „Hallo! Hier Welle Erdball“ von Fried-

rich Bischoff und „Weekend“ von Walter Ruttmann. Für „Weekend“, eine akustische

Montage von Alltagsgeräuschen einer Großstadt am Wochenende, übertrug Tuttmann,

der auch die Musik zu dem 1927 enstandenen Film „Berlin – Sinfonie einer Großstadt“

komponiert hatte, das Collage-Prinzip auf den Ton. Er drehte 2000 m Film, der am

Schneidetisch auf 250 m gekürzt wurde und schließlich ein 11’20’’ langes Stück aus

240 Einzelsegmenten ergab. Es wurde 1930 in der Sendung „Hörspiele auf Tonfilm“

zum ersten Mal im Rundfunk gesendet.[9] In den Studios der Reichs-Rundfunk-

Gesellschaft selbst gab es allerdings, soweit sich dies aus dem Schallarchiv des Deut-

schen Rundfunkarchivs schließen lässt, keine Lichtton-Maschinen.

Für Musikaufnahmen beim Film kam in Deutschland von der Einführung des Tonfilms

im Jahr 1929 bis zum Jahr 1949 ausschließlich Lichtton zum Einsatz. Die Musik zu

Filmen wie "Der blaue Engel" konnte also geschnitten werden, während Schallplatten

noch 10 Jahre später direkt aufgezeichnet wurden. Das Schneiden von Musik auf

Lichttonbändern war dabei keineswegs unproblematisch. Um störende Knacker an den

Klebestellen zu unterdrücken, mussten die Klebestellen mit schwarzen Nitrolack bei

Anlegen einer speziellen Schablone „nachgespritzt“ werden. 1949 entwickelte Johannes

Webers in den Bavaria-Studios eine Automatik, die den Film mechanisch abtastete und

tieffrequente Störungen beim Passieren einer Klebestelle durch Einschaltung eines

Hochpasses in den Wiedergabekanal unterdrückte.[10] Um 1950 setzte sich daher auch

beim Film sehr schnell das Magnetband als Aufzeichnungsmedium durch, erst für die

Endkopie wurde der Ton – zusammen mit dem Bild – wieder auf das Lichtton-Negativ

umkopiert.

1.4 Magnetton

Wie das Lichtton-Verfahren, so so profitierte auch die magnetische Schallaufzeichnung

von der Verbreitung von Röhrenverstärkern. Zu Beginn der Tonfilmzeit entwickelte der

deutsche Chemiker Curt Stille ein Gerät, das 6 mm breites, perforiertes Stahlband mit

einer Spulenlänge von 3000 m entsprechend 20 Min. Spieldauer zur Aufzeichnung be-

nutzte. Das von der britischen BBC am 12.11.1930 bei einer Ansprache von King

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George V. zum ersten Mal versuchsweise eingesetzte Gerät wurde seit 1932 für den

regulären Sendebetrieb eingesetzt. Gegenüber der Aufzeichnung auf Wachsplatten hatte

das Stahlband für den Rundfunk zahlreiche Vorteile: Sofortige und praktisch unbe-

schränkt häufige Wiedergabe der Aufzeichnungen, Unempfindlichkeit gegen Erschütte-

rungen im Betrieb und eine halbe Stunde Spielzeit gegenüber vier Minuten der Schall-

platte. Der Frequenzumfang von 4 kHz und etwa 30 dB Dynamik konnten zwar nicht

mit der Schallplatte konkurrieren, was aber für den Sendebetrieb von Wortbeiträgen

unerheblich war. Das Stahlband der Marconi-Stille Maschinen, welche bei der BBC erst

Anfang der 50er Jahre ausrangiert wurden, war brüchig und brach häufig. Es konnte

daher geschnitten und mit Silber verlötet werden, was Mitte der 30er Jahre gängige Pra-

xis war. Spätere Modelle hatten eingebaute Punkt-Schweißgeräte.[11] Die Montage von

Musikaufnahmen war allerdings kaum denkbar, da die Lötstellen beim Abspielen ein

enormes Rumpeln produzierten.

Beim deutschen Rundfunk, bei dem Stahlbandmaschinen keine Rolle spielten, wurde

seit 1935 versuchsweise mit dem auf der Funkausstellung 1935 vorgestellten Prototyp

des in Kooperation von AEG und BASF entwickelten Magnetophons experimentiert.

Seit 1938 wurde es von der Reichs-Rundfunkgesellschaft für den Sendebetrieb

eingesetzt. Für Musikproduktionen und Mitschnitte wurde es regulär seit 1940

verwendet, nachdem Dynamik und Frequenzumfang mit der Einführung der HF-

Vormagnetisierung auf etwa 60 dB und 10 kHz erweitert wurden und damit allen

anderen Tonträgern, auch der Schallplatte, überlegen waren. Das Magnetband konnte

und musste, da es zunächst sehr rissanfällig war, geklebt werden. Dabei wurde zunächst

"nass" geklebt, d.h. bei beiden mit einer unmagnetischen Schere geschnittenen Enden

des Bandes wurde die Trägerschicht durch eine Lösungsmittel leicht angelöst, das Band

einige mm überlappt und durch anpressen verklebt.[12]

Dass bereits Anfang der 40er Jahre Musikaufnahmen geschnitten wurden, belegen u.a.

die 1991 aus Rußland rückgeführten Bänder der RRG und wurde dem Autor auch im

Interview von einer ehem. Tontechnikerin der RRG bestätigt. Da die Klebetechnik al-

lerdings mangels Klebelehre und Klebeband zunächst noch wenig zuverlässig war,

wurde zum Teil bereits während der Aufnahme geschnitten und erst dann weiterprodu-

ziert, wenn man sich von der Unhörbarkeit der Schnittstelle überzeugt hatte. Spätestens

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seit 1943 wurden Magnetophone auch von der Deutschen Grammophon und der Tele-

funken Schallplatte als Aufzeichnungsmedium verwendet.[13]

Da der internationale technologische Austausch während des Krieges unterbunden war,

wurde der Stand der Magnetbandtechnik erst gegen Ende des Kriegs international

bekannt. In die Schallplattenproduktion außerhalb Deutschlands hielt das Magnetband

somit erst Ende der 40er Jahre Einzug. In den USA wurden seit 1948 beim

Rundfunksender ABC und bei Decca (USA) Magnetbandgeräte eingesetzt (Ampex

Modell 200),[14] seit 1949 wurde auch bei Decca in England auf Magnetband

aufgezeichnet, [15] ab 1950 wurde bei E.M.I. eine im eigenen Haus entwickelte

Maschine (BTR I) eingesetzt.[16]

Seit Anfang der 50er Jahre waren Klebelehren auf dem Markt, mit denen der

Schnittwinkel der Bandenden exakt eigestellt werden konnte,[17] sowie Klebestreifen

zum Hinterkleben des Bandmaterials.[18] Auch wenn die Anzahl der Bandschnitte bei

klassischen Schallplattenproduktionen Anfang der 60er Jahre bereits einen erheblichen

Umfang angenommen hatten (s.u.) und von Interpreten wie Glenn Gould als

Erweiterung der interpretatorischen Gestaltung erkannt und benutzt wurden,[19] gab es

zur gleichen Zeit auch Dirigenten wie Otto Klemperer, bei einer Aufnahme in den

Abbey Road Studios konfrontiert mit der Möglichkeit, verschiedene Einspielungen

einer Mozart-Sinfonie für das Masterband zu montieren, auf den die an seine Tochter

gerichtete, desillusionierte Feststellung zurückgeht: „Lotte, ein Schwindel“.[20]

Mit der Einführung analoger Mehrspurrekorder Mitte der 60er Jahre wuchsen auch die

Anforderungen an die Mechanik des Bandschnitts. Bei 2-Spur-Bändern arbeitete man in

den 70er Jahren bereits mit bis zu 20 cm langen Schnitten, entsprechend einer

Überblendzeit von über 500 ms.[21] Dabei wurde das Band häufig in

„Schwalbenschwanz“-Form geschnitten, um die beim Schrägschnitt auftretende, bei

üblichen Schnittlängen von 10 ms aber in der Regel unhörbaren Störungen des Stereo-

Panoramas zu vermeiden. Bei Mehrspuraufnahmen wäre der Zeitversatz zwischen den

Spuren bei solch flachen Schnittwinkeln allerdings zu groß gewesen, weshalb man

spätestens bei 8-Spuraufnahmen mit „Zickzackbrettern“ arbeitete, die parallele

Schrägschnitte in das Band stanzten.[22]

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1.5 Digitale Aufzeichnung

Das erste im kommerziellen Einsatz befindliche digitale Aufzeichnungssystem, das

gleichzeitig auch die Editiermöglichkeiten des analogen Tonbandes auf die

Digitaltechnik übertrug, wurde 1976 von unter dem Namen „Soundstream“ entwickelt.

Es handelte sich um ein non-lineares Schnittsystem, das mit für damalige Verhältnisse

monströsen Festplattenkapazitäten und Bandsystemen arbeitete. Die meisten dieser

individuell gefertigten Systeme kamen bei Bertelsmann in Gütersloh zum Einsatz und

bewährten sich bis in die Mitte der achtziger Jahre. Thomas Stockham, der die Software

geschrieben hatte, führte heute selbstverständliche Dinge wie Wellenformdarstellung,

Crossfades und cut, copy and paste ein.

Zunächst setzten sich jedoch bandgestützte Systeme durch, die mit einem

„Umkopierschnitt“ arbeiteten, bei die Schnittstelle selbst durch Editoren wie den 1980

eingeführten DAE 1100 der Fa. Sony im RAM bearbeitet werden konnte. Erst Ende der

achtziger Jahre erschienen dann die ersten festplattenbasierten Schnittsysteme, von

denen sich zunächst die 1988 eingeführte Software von Sonic Solutions als Quasi-

Standard im Mastering-Bereich und im klassischen Musikschnitt etablierte.

2. Praxis des Musikschnitts am Beispiel von Beethovens 9. Symphonie

Die Praxis des Musikschnitts bei klassischen Schallplattenproduktionen soll am Beispiel

von 7 Aufnahmen von Beethovens 9. Symphonie anschaulich gemacht werden. Es

handelt sich um Aufnahmen, die zwischen 1962 und 2000 entstanden sind. Beethovens

Neunte erschien aus mehreren Gründen geeignet für eine solche Untersuchung: Zum

einen stehen von ihr eine besonders große Zahl an Aufnahmen zur Verfügung, zum

anderen kamen bei den untersuchten Aufnahmen der Neunten verschiedenste analoge

und digitale Zwei- und Mehrspursysteme zum Einsatz, sodaß im historischen Überblick

der Einfluß des Schnittsystems auf die Editionspraxis deutlich wird. Die Neunte erlaubt

außerdem einen Vergleich instrumentaler und vokaler Passagen.

Aus für jeden Tonmeister offensichtlichen Gründen muss auf eine explizite Nennung

der Produktion und der beteiligten Interpreten verzichtet werden. Keine der Firmen, die

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Schnittpartituren und Bänder für die vorliegende Untersuchung zur Verfügung stellten,

hätte ihr Einverständnis ohne eine strikte Verpflichtung zur Anonymität gegeben. Die

Aussagekraft der Daten leidet darunter nicht, da sie sowohl das Produktionsjahr als auch

die verwendete Aufnahme- und Schnitt-Technik enthalten. Es handelt sich ausnahmslos

um Aufnahmen großer Plattenfirmen, die sehr hohe Verkaufszahlen erreichten. Der

Schnitt bei Aufnahmen nach 1980 wurde anhand von Schnittpartituren rekonstruiert, bei

den analogen Aufnahmen wurden die Schnittpunkte anhand der Klebestellen auf dem

Band festgestellt.

Die Grafiken enthalten vier Balkendiagramme, welche die Schnittpunkte für jeden der

vier Sätze zeigen, bezogen auf die Zeitachse. Gleiche Segmentfarben (in der gedruckten

Version: gleiche Graustufen) stehen für gleiche Takenummern. Lediglich für die beiden

Analogaufnahmen, wo keine Schnittpartitur mehr existierte, ist die Information über

den jeweils verwendeten Take verloren. Eine zweite Darstellung zeigt die

Häufigkeitsverteilung der jeweils aneinanderstoßenden Segmentlängen, d.h. die

Verteilung der zwischen zwei Schnitten vergehenden Spieldauer in Sekunden. Angeben

ist außerdem neben dem Produktionsjahr (nicht dem Jahr der Veröffentlichung!) das

verwendete Aufnahme- und Schnittsystem, die Gesamtzahl der Schnitte nges und die

durchschnittliche Segmentlänge tSEG, für jeden Satz und gemittelt über die Gesamtdauer

der Aufnahme.

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Zeit (sec)

L.v.Beethoven: Sinfonie Nr. 9Datum: 1962ProduktionAufnahme: 2-Spur analogSchnitt: 2-Spur analog

nges = 97 tseg= 41 s

tseg (1. Satz) = 48,0 stseg (2. Satz) = 28,5 stseg (3. Satz) = 54,3 stseg (4. Satz) = 38,7 s

Abb.1 Aufnahme I (1962) - Schnittstruktur

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5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 90 120

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Abb.2 Aufnahme I (1962) - Segmentlängenverteilung

- 10 -

0 120 240 360 480 600 720 840 960 1080 1200 1320 1440 1560

1

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Zeit (sec)

L.v.Beethoven: Sinfonie Nr. 9Datum: 1977ProduktionAufnahme: 8-Spur analogSchnitt: 8-Spur analog

nges = 52 tseg= 77 s

tseg (1. Satz) = 65,8 stseg (2. Satz) = 75,5 stseg (3. Satz) = 1009 stseg (4. Satz) = 50,5 s

Abb.3 Aufnahme II (1977) - Schnittstruktur

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5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 90 120

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Häu

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Abb.4 Aufnahme II (1977) - Segmentlängenverteilung

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0 120 240 360 480 600 720 840 960 1080 1200 1320 1440 1560

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Zeit (sec)

L.v.Beethoven: Sinfonie Nr. 9Datum: 1989ProduktionAufnahme: 24-Spur digitalSchnitt: 24-Spur digital

nges = 185 tseg= 24 s

tseg (1. Satz) = 35,4 stseg (2. Satz) = 18,1 stseg (3. Satz) = 37,1 stseg (4. Satz) = 19,6 s

Abb.5 Aufnahme III (1989) - Schnittstruktur

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5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 90 120

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Abb.6 Aufnahme III (1989) - Segmentlängenverteilung

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0 120 240 360 480 600 720 840 960 1080 1200 1320 1440 1560

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Zeit (sec)

L.v.Beethoven: Sinfonie Nr. 9Datum: 19912 Konzerte, GP, RetakesAufnahme: 24-Spur digitalSchnitt: DAE 3000

nges = 115 tseg= 31 s

tseg (1. Satz) = 41,3 stseg (2. Satz) = 18,8 stseg (3. Satz) = 51,3 stseg (4. Satz) = 32,8 s

Abb.7 Aufnahme IV (1991) - Schnittstruktur

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5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 90 120

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Abb.8 Aufnahme IV (1991) - Segmentlängenverteilung

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0 120 240 360 480 600 720 840 960 1080 1200 1320 1440 1560

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Zeit (sec)

L.v.Beethoven: Sinfonie Nr. 9Datum: 1992ProduktionAufnahme: 24-Spur digitalSchnitt: 24-Spur digital

nges = 267 tseg= 13 s

tseg (1. Satz) = 16,4 stseg (2. Satz) = 9,4 stseg (3. Satz) = 12,9 stseg (4. Satz) = 16,6 s

Abb.9 Aufnahme V (1992) - Schnittstruktur

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5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 90 120

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Abb.10 Aufnahme V (1992) - Segmentlängenverteilung

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0 120 240 360 480 600 720 840 960 1080 1200 1320 1440 1560

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Zeit (sec)

L.v.Beethoven: Sinfonie Nr. 9Datum: 1996ProduktionAufnahme: 24-Spur digitalSchnitt: 24-Spur digital

nges = 213 tseg= 19 s

tseg (1. Satz) = 15,5 stseg (2. Satz) = 16,7 stseg (3. Satz) = 34,5 stseg (4. Satz) = 18,3 s

Abb.11 Aufnahme VI (1996) - Schnittstruktur

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5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 90 120

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Abb.12 Aufnahme VI (1996) - Segmentlängenverteilung

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0 120 240 360 480 600 720 840 960 1080 1200 1320 1440 1560

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Zeit (sec)

L.v.Beethoven: Sinfonie Nr. 9Datum: 20002 Konzerte, GP, RetakesAufnahme: 24-Spur digitalSchnitt: 24-Spur digital

nges = 258 tseg= 14 s

tseg (1. Satz) = 16,2 stseg (2. Satz) = 12,0 stseg (3. Satz) = 16,3 stseg (4. Satz) = 14,3 s

Abb.13 Aufnahme VII (2000) – Schnittstruktur

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5 10 15 20 25 30 35 40 45 50 55 60 90 120

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Abb.14 Aufnahme VII (2000) - Segmentlängenverteilung

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3. Typisierung von Musikschnitten

Aus eigener tonmeisterlicher Erfahrung und angesichts der hier gezeigten Ergebnisse

schlagen wir eine Typisierung von Schnitten im Hinblick auf ihre strukturelle Funktion

innerhalb der Aufnahme vor. Danach wäre zu unterscheiden zwischen dem "Insert"-

Schnitt, der als kurze Korrektur innerhalb eines längeren Takes das zeitliche Gefüge des

korrigierten Abschnitts im wesentlichen unangetastet lässt. Demgegenüber entspricht

dem "Assemble"-Schnitt eine Überblendung von einer Aufführung des Werks in eine

andere Aufführung, wobei zwangsläufig die ursprüngliche Zeitstruktur der

Interpretation ersetzt wird durch die Illusion einer organisch entstandenen, agogischen

Gestaltung. Die ursprünglich aus dem Umkopierschnitt stammenden Begriffe, wo etwa

beim Insert-Schnitt das durch den Timecode vorgegebene Zeitraster nicht verändert

werden konnte, erscheinen im übertragenen Sinn für eine solche Differenzierung gut

geeignet. Einen dritten Typus bilden zeitmanipulative Schnitte, bei denen – ohne in

einen anderen Take zu wechseln – die Zeitstruktur der Aufnahme verändert wird. Dies

geschieht etwa beim "Geradeschneiden", wo der Einschwingvorgang bei

mehrstimmigen Einsätzen soweit verkürzt wird, bis ursprünglich vorhandene

Unsynchronitäten beim Akkordeinsatz nicht mehr hörbar sind, was ja immer auch mit

einem zeitlichen Vorziehen des Akkords verbunden ist. Zeitmanipulativ ist auch das

Verkürzen oder Verlängern von Tonabständen und Pausen, wodurch die Zeitgestaltung

der aufgezeichneten Aufführung direkt bearbeitet wird.

4. Ergebnisse

Die 7 untersuchten Aufnahmen von Beethovens Neunter aus der Zeit zwischen 1962

und 2000 weisen zwischen 52 und 267 Schnitte auf, entsprechend einer durchschnittli-

chen Segmentlänge von zwischen 77 und 13 Sekunden. Auch auf der ältesten Aufnah-

me, 12 Jahre nach der allgemeinen Verbreitung des Magnetbands entstanden, wurden

bereits etwa 100 Schnitte ausgeführt. Das 15 Jahre später aufgenommenen Band weist

nur 52 Schnitte auf, es enthält als einziges eine ungeschnittene Version für den dritten

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Satz, auch zu Analogzeiten sicher eine absolute Ausnahme. Offensichtlich ist, daß die

Schnitthäufigkeit mit der Einführung der Digitaltechnik stark zunahm, ausgehend von

den gezeigten Ergebnissen wohl im Mittel um einen Faktor 2 bis 3. Hauptursachen sind

einerseits die Möglichkeit, den Schnitt zunächst im RAM eines Editors oder eines

Rechners solange bearbeiten zu können, bis die Schnittstelle unhörbar geworden ist,

ohne das originale Audiomaterial zu verändern (non-destructive editing), andererseits

die Möglichkeit, die Hüllkurve der Überblendung so zu wählen, daß längere Überblend-

zeiten realisierbar sind ohne den bei analogen Bandschnitten auftretenden Pegelein-

bruch am Schnittpunkt.

Vergleicht man die Ergebnisse für den langsamen Satz (III: Adagio molto e cantabile)

und für den schnellsten Satz (II: Molto vivace – Presto), so wurde – bezogen auf die

Zeitachse – im schnellen Tempo durchweg häufiger geschnitten als im langsamen

Tempo, im Mittel um einen Faktor 2. Vergleicht man die Ergebnisse für den 4. Satz mit

den anderen Sätzen, so gibt es keinen Hinweis darauf, daß vokale Passagen anders

editiert wurden als instrumentale Passagen.

Während die „Live-Aufnahme“ aus dem Jahr 1991 mit 115 Schnitten deutlich weniger

editiert ist als die ein Jahr später entstandene Studio-Produktion, so besteht bei der

„Live-Aufnahme“ aus dem Jahr 2000 kein Unterschied bezüglich der Schnitthäufigkeit

gegenüber den untersuchten Produktionen. Auch wenn beide Aufnahmen zu etwa 75%

aus live aufgenommenen Passagen zusammengesetzt sind, weist v.a. letztere eine hohe

Zahl an „Insert-Schnitten“ auf, mit denen Ungenauigkeiten im Konzert durch Material

aus Generalprobe und Retake-Sitzung korrigiert wurden.

Obwohl in Interviews von Dirigenten, Interpreten und Produzenten die Aufnahme in

langen Abschnitten mit wenigen und wenn dann sehr kurzen Korrekturen immer wieder

beschworen wird, ist eine solche Praxis bei den untersuchten Aufnahmen im Ergebnis

nur bei älteren Analogaufnahmen und bei Live-Mitschnitten deutlich erkennbar. Die

Verteilung der Dauer der montierten Segmente weist v.a. bei den Aufnahmen von 1962

und der „Live-Aufnahme“ von 1991 ein Maximum bei längeren Abschnitten von über 2

Minuten und kurzen Korrekturen von weniger als 10 Sekunden Dauer auf. Bei den jün-

geren Studio-Produktionen dagegen ist ein solcher Ansatz kaum noch erkennbar, die

Schnittpartituren von Beethovens Neunter nähern sich einem Aneinandersetzen (As-

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sembling) von etwa gleich langen Abschnitten von im Mittel zwischen 10 und 20 sec

Dauer an.

Die Anzahl der untersuchten Aufnahmen läßt sicher keine statistisch relevanten

Aussagen über die Bandbreite der editorischen Praxis bei Musikaufnahmen zu, vor

allem bei Kammermusikproduktionen sind vermutlich noch wesentlich größere

Schnitthäufigkeiten zu erwarten. Bereits dieser erste Ansatz, Geschichte und Praxis des

Musikschnitts zu beleuchten, macht jedoch zwei Dinge deutlich: Dass es kaum einen

Aspekt der Musikproduktion gibt, bei dem die künstlerische Mitgestaltung des

Tonmeisters so weitgehend und so offensichtlich ist wie bei der Auswahl und der

Montage des aufgenommenen Tonmaterials, und dass sich die Musikaufnahme selbst

im Laufe ihrer etwa hundertjährigen Geschichte immer mehr von einer photografischen

Reproduktion der Live-Aufführung entfernt hat, und daß sich der Tonträger – auch

wenn die Tonträgerindustrie traditionell stets die Natürlichkeit und den Realismus ihrer

Produkte hervorgehoben hat – im Zuge größerer Gestaltungsmöglichkeiten immer mehr

zu einem reinen „Kunstprodukt“ im positiven Sinn des Wortes entwickelt hat.

Literatur:

[1] Die größte Verbreitung fanden neben dem seit 1905 gebauten Welte-Mignon Klavier das Modell DEA der Fa. Hupfeld (seit 1907), die Modelle Duca und Ducartist der Fa. Philipps (seit 1908), das Duo Art der Aeolian-Company und das Ampico der American Piano Company (seit 1913), vgl. Jüttemann, Herbert: Mechanische Musikinstrumente. Einführung in Technik und Geschichte, Frankfurt/M. 1987

[2] Hagmann, Peter: Das Welte-Mignon-Klavier, die Welte-Philharmonie-Orgel und die Anfänge der Reproduktion von Musik, Bern 1984, S.78

[3] Gottschewski, Hermann: Die Interpretation als Kunstwerk. Musikalische Zeitgestaltung und ihre Analyse am Beispiel von Welte-Mignon-Klavieraufnahmen aus dem Jahr 1905, Laaber 1996, S.35

[4] Die Schilderung geht auf einen Vortrag des AmpicoB-Erfinders Charles Stoddart von 1927 zurück, zit. nach Hagmann/Welte-Mignon, S.75f.

[5] Die Menge der an einem Tag bei Welte eingespielten Werke deutet eher darauf hin, daß sie jeweils nur einmal aufgenommen wurden, vgl. Gottschewski/Interpretation, S.41. Die Schnittmontage von Ampico- und Duo Art-Rollen wird von Kennern und Sammlern historischer Notenrollen als sehr wahrscheinlich angesehen, ohne daß dem Autor ein konkreter historischer Beleg mitgeteilt worden wäre.

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[6] Hagmann/Welte-Mignon, S.77f.

[7] Gelatt, Robert: The Fabulous Phonograph 1877-1977, 2nd revised edition, London 1977, S. 182

[8] Bell, Frank: Der Lichtton und seine Geschichte: Erfinder und Erfindungen – 120 Jahre „tönendes Licht“, in: Aufstieg und Untergang des Tonfilms (=Weltwunder der Kinematographie. Beiträge zu einer Kulturgeschichte der Filmtechnik, Sechste Ausga-be), Potsdam 2002, S.150f.

[9] Vowinckel, Anke: Collagen im Hörspiel. Die Entwicklung einer radiophonen Kunst, Würzburg 1995

[10] Webers, Johannes: Lichtton und Magnetton in der Produktionspraxis, in: Auf-stieg und Untergang des Tonfilms (=Weltwunder der Kinematographie, Sechste Ausga-be), Potsdam 2002, S.272

[11] Clark, Mark H.: Steel Tape and Wire Recorders, in: E.D. Daniel, C.D. Mee & M.H. Clark (Hrsg.): Magnetic Recording. The First 100 Years, IEEE press, New York 1999, S.37

[12] Als Nassklebemittel für Magnetophonbänder vom Typ C wurde von 1933 bis 1942 bevorzugt das Klebemittel Cohesan eingesetzt, für Magnetophonbänder vom Typ L und LG nach 1942 das inzwischen als krebserregend eingestufte Lösungsmittel Cyc-lohexanon. Für den Hinweis danke ich Herrn Friedrich Engel

[13] Interview des Autors mit Frau Eva Derenburg, die vom 1.1.1942 an als Tontech-nikerin in der Musikabteilung der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft arbeitete und 1943 zusammen mit dem dortigen Aufnahmeleiter Fritz Ganz auch Aufnahmen der Deut-schen Grammophon betreute.

Daß der Schnitt nicht immer gelang, belegen einige der 1991 aus Rußland rückgeführ-ten Bänder der RRG, wo etwa am Beginn der im März 1942 in der Berliner Philharmo-nie aufgenommenen Neunten von Beethoven aufgrund eines Schnittfehlers ein Takt fehlt, s. Musikschätze der Reichs-Rundfunk-Gesellschaft, hrsg. vom Sender Freies Ber-lin, Berlin 1992, S.30

[14] Gooch, Beverley R.: Building on the Magnetophon, in: E.D. Daniel, C.D. Mee & M.H. Clark (Hrsg.): Magnetic Recording. The First 100 Years, IEEE press, New York 1999, S.87f.

[15] J. Culshaw: Putting the Record Straight, London 1981, S.84

[16] Martland, Peter: EMI. The first 100 years, London 1997, S.152

[17] US Patent 2.599.667, “splicing block” vom 28.11.1950, für den Hinweis danke ich Herrn Friedrich Engel.

[18] Die Furtwängler-Aufnahmen der DG aus den Jahren 1953/54 sind bereits tro-cken verklebt.

[19] Gould, Glenn: Die Zukunftsaussichten der Tonaufzeichnung, in: Gehörgänge. Zur Ästhetik der musikalischen Aufführung und ihrer technischen Reproduktion, Mün-chen 1986. Der Text geht zurück auf einen Aufsatz Goulds im Magazin High Fidelity vom April 1966.

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[20] Grubb, Suvi Raj: Kann der Partitur lesen? fragte Otto Klemperer. Erinnerungen eines Musikproduzenten, Zürich 1989, S.121

[21] Bei Schnittstellen dieser Länge sprang etwa das BASF LGR 30 P Band, das eine leichte Ringelförmigkeit hatte, aus jeder normalen Klebelehre heraus. Die BASF stellte dem WDR daher daher eine elektrostatische Klebelehre zur Verfügung, mit der das Band festgehalten werden konnte, s. Engel, Friedrich, priv. Korrespondenz

[22] Zu beobachten an analogen 8-Spur Masterbändern, wie sie seit 1970 etwa bei der Deutschen Grammophon in Hannover benutzt wurden.

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