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Lr-11.) Lf11\.lr 1 ruK ISSN 0722/5067 Informationen für .Arzte und Apotheker zur rationalen Infektionstherapie März!April1994-15.jahrg. •• Ubers1cht Diagnostik und Therapie von Salpingitis/Adnexitis Entzündliche Erkrankungen d es Uterus, der Tuben und ben achbarter Strukturen im kleinen Becken sind häufige gynäkolo- gische Erkrankungen. Mehr als die Hälfte der Infektionen werden durch die sexuell übertragbaren Erreger Neisseria gonor- rhoeae oder Chlamydia trachomatis ver- ursacht. Als weitere mögliche Erreger sind die folgenden Keime in Betracht zu ziehen: E. coli und andere Darmkeime oder - bei Frauen mit gestörter Vagi- nalflora - auch Bacteroides-Spezies, anaerobe Kokken, Mykoplasma hominis und Ureaplasma urealyticum. Schmerzen im unteren Abdomen, meist beidseitig, gehören zu den typischen Krankheitszeichen. Darüberhinaus kön- nen Ausfluß, Menstruationsstörungen, Dysurie, Dyspareunie, Übelkeit, Erbre- chen und Fieber auftreten. Sind Gono- kokken die Ursache der Erkrankung, ist der Krankheitsbeginn plötzlich und Symptome wie Fieber und peritoneale Reizungen sind stärker ausgeprägt, als wenn ande re Erreger die Infektion verur- sachen. In der ersten Hälfte des Zyklus tritt die Erkrankung häufiger auf, als in der Zweiten. Bedeutsam sind die mög- lichen Folgeschäden, dazu gehören z. B. rezidivierende Adnexitiden, chronische U nterleibsschmerzen, ektope Schwanger- schaften und Infertilität. Bereits nach einmaliger Erkrankung liegt das Inferti- litätsrisiko bei 8 % und erhöht sich auf etwa 40 %, wenn eine Frau dreimal oder häufiger an einer Adnexitis erkrankte. Darüber hinaus muß berücksichtigt wer- den, daß es offenbar recht häufig klinisch unerkannte Fälle gibt. Bei bis zu 70 % aller Frauen, die wegen Obstruktion der Tuben infertil sind, lassen sich Antikörper gegen Chlamydien nachweisen; anderer- seits sind nur bei 25% der Frauen, die aus anderen Gründen infertil sind, Anti- körper gegen Chlamydien vorhanden . D a die durch Obstruktion der Tuben be- dingte Infertilität sowie auch ektope Schwangerschaften bedeutende Pro- bleme darstellen und Entzündungen der Adnexe die Hauptursache dafür sind, sollte ärztlicherseits jede Frau mit einer derartigen Erkrankung über die Zusam- menhänge und über Schutzmaßnahmen vor weiteren sexuell übertragbaren Erkrankungen aufgeklärt werden. Diagnose Die Diagnose der Erkrankung wird meist klinisch gestellt, wobei sich nicht selten Probleme ergeben. Die Befunde aus der Iaparoskopischen und der klinischen Untersuchung stimm en häufig nicht überein. Typisch sind Schmerzen und Spannung im unt eren Abdominalbereich sowie Schmerzen bei Berührung der Zer- vix; andere diagnostische Kriterien (z. B. Fieber, Leukozytose) treten se hr variabel auf. Eindeutige Empfehlungen für eine sicherere Diagnostik sind dringend wün- schenswert, stehen aber derzeit noch aus. Um eine extrauterine Gravidität nicht zu übersehen, sollte in jedem Fa ll ein Schwangerschaftstest durchgeführt wer- den. Die rationale mikrobiologische Dia- gnostik beschränkt sich auf die Unter- suchung des Zervikalabstrichs auf Gono- kokken und Chlamydien. Behandlun g Die meisten Patienten mit einer Adnexitis werden ambulant behandelt. Die statio- näre Behandlung wird empfoh len, wenn (1) die Diagnose bei schwerwiegendem Krankheitsbild unsicher ist, (2) chirurgi- sche Notf allindik ationen (z. B. Appendi- zitis, extrauterine Schwangerschaft) nicht ausgeschlossen sind, (3) eine Abszeßbil- dung im kleinen Becken vermutet wird, (4) die Patientin schwanger ist, (5) bei einer jugendlich en Patientin, (6) wegen Inhalt 2'94 Üb ersicht - Diagnostik und Therapie von Sa lpingit is / Adnexi ti s Empfehlungen zur Bewertung von Chemotherapeutika (14) - Compliance Neueinführung - Ceftibuten Seite 9-10 Seite 11 Seite 10-12 Antibiotikamarkt Seite 12 - Antib iotikage brauch in Kra nkenhäusern versch ie dener nder - Res trikti ve Clindamyc in-Verord nu ng se nkt nosokom ia le In fe ktionsrate Tuberkulose Seite 12-13 - Tb-Risi ko bei anerge n HI V- infizierten Pati ent en - Bakte ri zi de Eigen sc haft en von Cipro fl oxacin Mittel der Wahl Seite 13- 14 - Az ithromycin zur Einm albehandlun g d es Trachoms - Cipro fl oxaci n vs C ef triaxon b ei multiresiste nt en Typhu se rrege rn - Beha ndlun g der akuten Otit is med ia bei Kindern HIV-Infektion Seite 14-16 - Katzen - ein Ri si ko für HIV-positive Pa ti e nt en ? - Toxopl as ma-Enze ph alitis Fragen zu wichtigen Infektionen (2) Seite 15 - Pilzinf ektionen und ihr e Beha ndlun g (II ) Korrespondenz Seite 16 - Loracarbef - Amph othe ri cin B Nebenwirkungen Seite 16 - G esc hma cksverlust nach Terbinafin Hinweis an un se re Leser : Int eressierte Leser kön nen d as Register der "Zeitschrift für Che mo th erapie" 1993 beim Ve rl ag zum Selbstkostenpreis von DM 6,50 beste ll en. 9

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Lr-11.) Lf11\.lr 1 ruK ISSN 0722/ 5067

Informationen für .Arzte und Apotheker zur rationalen Infektionstherapie März!April1994-15.jahrg.

•• • Ubers1cht Diagnostik und Therapie von Salpingitis/ Adnexitis Entzündliche Erkrankungen des Uterus, der Tuben und benachbarter Strukturen im kleinen Becken sind häufige gynäkolo­gische Erkrankungen. Mehr als die Hälfte der Infektionen werden durch die sexuell übertragbaren Erreger Neisseria gonor­rhoeae oder Chlamydia trachomatis ver­ursacht. Als weitere mögliche Erreger sind die folgenden Keime in Betracht zu ziehen: E. coli und andere Darmkeime oder - bei Frauen mit gestörter Vagi­nalflora - auch Bacteroides-Spezies, anaerobe Kokken, Mykoplasma hominis und Ureaplasma urealyticum. Schmerzen im unteren Abdomen, meist beidseitig, gehören zu den typischen Krankheitszeichen. Darüberhinaus kön­nen Ausfluß, Menstruationsstörungen, Dysurie, Dyspareunie, Übelkeit, Erbre­chen und Fieber auftreten. Sind Gono­kokken die Ursache der Erkrankung, ist der Krankheitsbeginn plötzlich und Symptome wie Fieber und peritoneale Reizungen sind stärker ausgeprägt, als wenn andere Erreger die Infektion verur­sachen. In der ersten Hälfte des Zyklus tritt die Erkrankung häufiger auf, als in der Zweiten. Bedeutsam sind die mög­lichen Folgeschäden, dazu gehören z. B. rezidivierende Adnexitiden, chronische U nterleibsschmerzen, ektope Schwanger­schaften und Infertilität. Bereits nach einmaliger Erkrankung liegt das Inferti­litätsrisiko bei 8 % und erhöht sich auf etwa 40 %, wenn eine Frau dreimal oder häufiger an einer Adnexitis erkrankte. Darüber hinaus muß berücksichtigt wer­den, daß es offenbar recht häufig klinisch unerkannte Fälle gibt. Bei bis zu 70 % aller Frauen, die wegen Obstruktion der Tuben infertil sind, lassen sich Antikörper gegen Chlamydien nachweisen; anderer­seits sind nur bei 25% der Frauen, die aus anderen Gründen infertil sind, Anti­körper gegen Chlamydien vorhanden. Da die durch Obstruktion der Tuben be­dingte Infertilität sowie auch ektope Schwangerschaften bedeutende Pro­bleme darstellen und Entzündungen der Adnexe die Hauptursache dafür sind,

sollte ärztlicherseits jede Frau mit einer derartigen Erkrankung über die Zusam­menhänge und über Schutzmaßnahmen vor weiteren sexuell übertragbaren Erkrankungen aufgeklärt werden.

Diagnose Die Diagnose der Erkrankung wird meist klinisch gestellt, wobei sich nicht selten Probleme ergeben. Die Befunde aus der Iaparoskopischen und der klinischen Untersuchung stimmen häufig nicht überein . Typisch sind Schmerzen und Spannung im unteren Abdominalbereich sowie Schmerzen bei Berührung der Zer­vix ; andere diagnostische Kriterien (z. B. Fieber, Leukozytose) treten sehr variabel auf. Eindeutige Empfehlungen für eine sicherere Diagnostik sind dringend wün­schenswert, stehen aber derzeit noch aus.

Um eine extrauterine Gravidität nicht zu übersehen, sollte in jedem Fall ein Schwangerschaftstest durchgeführt wer­den. Die rationale mikrobiologische Dia­gnostik beschränkt sich auf die Unter­suchung des Zervikalabstrichs auf Gono­kokken und Chlamydien.

Behandlung Die meisten Patienten mit einer Adnexitis werden ambulant behandelt. Die statio­näre Behandlung wird empfohlen, wenn (1) die Diagnose bei schwerwiegendem Krankheitsbild unsicher ist, (2) chirurgi­sche Notfallindikationen (z. B. Appendi­zitis, extrauterine Schwangerschaft) nicht ausgeschlossen sind, (3) eine Abszeßbil­dung im kleinen Becken vermutet wird, (4) die Patientin schwanger ist, (5) bei einer jugendlichen Patientin, (6) wegen

Inhalt 2'94 Übersicht - Diagnostik und Therapie von Salpingit is / Adnexi tis

Empfehlungen zur Bewertung von Chemotherapeutika (14) - Compliance

Neueinführung - Ceft ibuten

Seite 9-10

Seite 11

Seite 10-12

Antibiotikamarkt Seite 12 - Antib iotikagebrauch in Kra nken häusern versch iedener Länder - Restriktive C lindamycin-Verord nu ng senkt nosokomia le In fe ktionsrate

Tuberkulose Seite 12-13 - Tb-Risiko bei anergen HIV-infizierten Pati enten - Bakterizide Eigenschaften von Ciprofl oxacin

Mittel der Wahl Seite 13- 14 - Azithro mycin zur Einmalbehandlung des Trachoms - Ciprofl oxacin vs Ceftri axon bei multi resistenten Typhuserrege rn - Behandlung der akuten Otitis media bei Kindern

HIV-Infektion Seite 14-16 - Katzen - ein Risiko für HIV-pos itive Patienten ? - Toxoplasma-Enzephalitis

Fragen zu wichtigen Infektionen (2) Seite 15 - Pilzinfektionen und ihre Behandlung (II )

Korrespondenz Seite 16 - Loracarbef - Amphothericin B

Nebenwirkungen Seite 16 - Geschmacksverlust nach Terbinafin

H inweis an un sere Leser : Interessierte Leser kön nen das Register der "Zeitschrift für C hemothera pie" 1993 beim Verl ag zum Selbstkostenpreis von DM 6,5 0 bestell en .

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Zeitschrift für C hemotherapie

einer anderen schweren Erkrankung eine ambulante Behandlung nicht erfolgen kann , (7) die Patientin nicht in der Lage ist, die ambulante Therapie zu befolgen , (8) eine ambulante Behandlung erfolglos war oder (9) wenn eine Nachuntersu­chung innerhalb von 72 Stunden bei am­bulanter Behandlung nicht möglich ist .

Ein weites Spektrum an Keimen kommt als Erreger der Erkrankung in Frage. Da eine antimikrobielle Therapie ohne eine spez ifische mikrobiologische Diagnostik begonnen werden muß , erfolgt in jedem Fall eine Kombinationstherapie, um die möglichen Erreger zu erfa ssen. Eine Mo­notherapie mit Peni cillinen oder Tetra­zyklinen ist nicht adäquat. Eine Mono­therapie mit Cephalosporinen ist zwar begrenzt wirksam, aber C. trachomatis wird durch eine derartige Behand lung nicht bese itigt . Die derzeit empfohlenen Kombinationsregime können fo lgender­maßen zusam mengefaß t werden:

1. Stationäre Behandlung

1. Möglichkeit (Cefoxitin plus Doxycyclin)

Cefoxitin (MEFOXITIN) 4 x tgl. 2 g i.v. [Alternative : Cefotetan (APATEF) 2 x tgl. 2 g i.v. ] plus Doxycyclin (VIBRAMYCIN) 2 x tgl. 100 mg i.v. oder ora l

Die Kombinationstherapie wird bis 48 Stunden nach der deutlichen klinischen Besserung fortgesetzt; danach wird die Behandlung mit der ora len Gabe von 2 x tgl. 100 mg Doxycyclin bis zu einer Ge­samttherapiedauer vo n 14 Tagen weiter geführt.

2. Möglichkeit (Clindamycin plus Gentamicin)

Clindamycin (SOBELIN) 3 x tgl. 900 mg I. V.

plus Gentamiein (REFOBACIN u .a.) 2 mg/ kg Körpergewicht i.v. oder i.m. (einmalige Initiald os is), da nach: Gentamiein 3 x tgl. 1,5 mg/ kg Körpergewicht i.v. oder i.m .

Die Kombinationstherapie erfo lgt bis 48 Stunden nach deutli cher klinischer Bes­serung; danach wird di e Behandlung mit deroralen Gabe vo n 2 x tgl.100 mg Doxy­cyclin ode r 4 x tgl. 450 mg Clindamycin bis zu einer Gesamttherapiedauer von 14 Tagen fortgesetzt.

2. Ambulante Behandlun

1. Möglichkeit (Cefoxitin plus Doxycyclin)

Cefoxitin (MEFOXITIN) 1 x tgl. 2 g i.m. und Probenecid (PROBENECID) 1 g ora l (einm alige Gabe) [Alternative: Ceftriaxon (ROCEPHIN) 1 x tgl. 250 mg i.m. ;

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weitere Alternativen: Cefotaxim (CLA­FORAN), Ceftizoxim (CEFTIX) oder ein anderes , ähnlich wirksames Cephalo­sporin] plus Doxycyclin (VIBRAMYCIN u. a.) 2 x 100 mg oral (14 Tage lang)

2. Möglichkeit (Ofloxacin plus Clindamycin)

Ofloxacin (TARIVID) 2 x tgl. 400 mg oral (14 Tage lang) plus C lindamycin (SOBELIN) 4 x tgl. 450 mg (14 Tage lang) (Alternative zu Clindamycin: Metroni­dazol (CLONT u . a. ) 2 x tgl. 500 mg (14 Tage lang)]

Diese Behandlungsschemata beruhen auf CDC-Empfehlungen und haben sich bewährt - sie bese itigen die ursächli chen Erreger und führen zu klini scher Besse­run g. Unklar ist jedoch, inwiewei t auch Folgeschäden, wie zum Beispiel eine Infert ilität, durch die Antibiotikath erapie günstig bee influ ßt werden. Es bedarf der Kl ärung, ob di e gleichzeitige Gabe von and eren Medikamenten , wie zum Bei­spie l Glukokortikoiden oder nicht-steroi­dalen Antiph logistika, einen posi tiven Effekt auf die Inziden z von Fo lgee rkran­kungen haben können .

Innerhalb von 24 bis 48 Stunden nach Behandlungsbeginn so llte der Zustand der Patientin kontrolliert werden. Eine klinische Besse rung sollte sich innerhalb dieser Zeit abzeichnen, anderenfall s sollte di e Diagnose überprü ft werden. Eine Laparoskopie oder Ultraschall­untersuchung so llte in Erwägung gezo­gen werden . Von einer Änderung des gewä hlten therapeutischen Regim es wird dagegen abgeraten.

Zu den weiteren begleitenden M aßnah­men gehört die Entfernung vo n intraute­rinen Spira len nach Beginn der antibio­ti schen Th erapie. Sehr wichtig ist auch di e Untersuchung des Geschl echtspart­ners der Patientin, da C hlamydien- und Gonokokken- In fektionen bei Männern oft asymptomatisch verlaufen. Eine Part­nerbehandlung ist bei positivem Befund oder re zidiviere nden Erkrankungen an­gezeigt.

FOLGERUNG DES AUTORS: Die Salpingitis oder Adnexitis ist die bedeu­tendste sexuell übertragene bakterielle Infektion. Folgeerkrankungen, wie zum Beispiel die Infertilität oder extrauterine Schwangerschaften, stellen wichtige medizinische, soziale und ökonomische Probleme dar. Die derzeit empfohlenen Kombinationsregime zur antimikrobiel­len Therapie erfassen die in Frage kom­menden Erreger und fUhren zur klini­schen Besserung. Allerdings sind sowohl auf dem Gebiet der Diagnostik als auch hinsichtlich der Therapie Verbesserun-

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gen dringend erforderlich, um nach Mög­lichkeit den Folgeerkrankungen präven­tiv zu begegnen.

McCORMACK, W. M. N. Engi.J. Med. 330: ll 5- ll9, l994

ANMERKUNG DER REDAKTION: Die in diesem Artikel ausgesprochenen Empfehlungen zur Therapie der Adnexi­tis entsprechen den Mitteilungen des Centers of Disease Control (CDC) in Atlanta, USA. LeichteAbweichungen von diesem Schema sind durchaus akzepta­bel. Zum Beispiel kann die Tagesdosis des Doxycyclins (200 mg) auch auf ein­mal gegeben werden. Es soll auch darauf hingewiesen werden, daß nicht mit allen erwähnten Behand­lungsvorschlägen Chlamydien erfaßt werden (2. Möglichkeit, stationäre Be­handlung). Für die ambulante orale Therapie eignen sich auch Kombinationspräparate aus einem Aminopenicillin plus ß-Laktam­masehemmstoff [z. B. Sultamicillin (UNACID); Amoxicillin plus Clavulan­säure (AUGMENTAN)].

Neueinführung Ceftibuten- ein neues ß-Laktam­Antibiotikum zur oralen Behandlung

Di e Möglichkeit zur halbsyntheti schen Hers tellung vo n Cephalosporinen ist seit Jahrzehnten bekannt . Tausende von ver­schiedenen Deri va ten sind seitdem syn­theti siert worden. M anchen ist es ge lun­gen, di e Hürden der ersten in vitro Unter­suchungen zu überwinden, und za hlrei­che Cephalosporine sind zur Behandlung von bakteriell en In fe ktionen im H andel. Anfang der 80er Jahre wurden et li che Prä­parate zur parentera len Applikation ein­geführt . Der Anfang der 90erJahren steht nun unter dem Zeichen einer Einfüh­rungswell e von Deri vaten zur o ralen Anwendung. Eine Übe rsicht über di ese Arzneimittelgruppe hatten wir berei ts in einer früheren Ausgabe der Zeitung ("ZCT" 13: 25-26, 1992) gege ben . Cefti­buten (KEIMAX) ist das neueste Oral­cephalosporin , das in Deutschland auf den Markt gekommen ist. Weitere wer­den bald fo lgen.

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Ceftibuten

Antibakteriell e Eigenschaften Angesichts der Vielzahl von Derivaten, d ie entwickelt wurden, überrascht es nicht, daß die Struktur-Wirkungs bezie­hungen in diese r Arzneimitte lkl asse gut bekannt sind . So weist auch das neue Cephalospo rin bekannte Struktur-

Zeitschrift für Chemotherapie

komponenten auf, di e es als oral anwend­bar (keine Substitu tion an C3) und als ß-laktamasefest mit Wirkungsschwer­punkt im gramnegativen Bereich auswei­sen (Aminothiazolgruppe und Carboxyl­gruppe in der Seitenkette an C7). Wäh­rend es gegenüber plas midkodierten ß-Laktamasen stabil ist, wird es durch chromosomal kodierte ß-Laktamasen in­aktivie rt (z. B. in Enterobacte r oder Bac­teroides-Spez ies). Staphylokokken , Ent­erokokken und Pseudo monaden sind wichtige Lücken im Spektrum der Sub­stanz. Gut wirksam ist es dagegen bei E. co li , Klebsiell en, Proteus-Arten, Hae­mophilus influenzae, Streptococcus pyogenes und Streptokokken . Insgesamt läßt sich also für di eses Arzneimittel eine Aktivitätssteige rung im gram negat iven und eine red uzierte Aktiv ität im gram­positiven Bere ich festste ll en . Es weis t in dieser Hinsicht Ähnlichkeit mit Cefixim (CEPHORAL) auf.

Pharmakakinetische Eigenschaften Die Resorptionsrate nach oraler Gabe von Ceftibuten (Kapse ln oder Suspension) wird mit etwa 80% angegeben. Die Bio­verfügbarkeit ist bei Einnahme mit einer Mahlzeit redu ziert ; das Präparat sollte nüchtern eingenommen werden. Die Spitzenkonzentration nach Einnahme von 400 mg liegt im Mitte l bei 15,6 mg/ 1 und die AUC ("Fläche unter der Kon­zentrat ions-Zeit-Kurve") wurde mit etwa 80 mg x h / 1 berechnet. Die Protein­bindung beträgt 62%. Etwa zwei Drittel einer o ral vera breichten Dosis werden unverändert über den Urin mit einer H albwertzeit von 2 bis 2,5 Stunden aus­geschieden. Etwa 10 % einer Dosis von Ceftibuten- das als zis-Isomer vorliegt ­wird im Organismus in das trans-Isomer umgewandelt und renal eliminiert. Die­ser Metabolit besitzt eine deutlich schwä­chere antibakteriell e Wirkung.

Therapeutische Wirksamkeit Die übli che therapeutische Dosierung von Ceftib uten beträgt im ambulanten Bereich einmal tägli ch 400 mg (9 mg/kg pro Tag für Kind er); bei schweren In fek­tionen und im Krankenhaus sollten bei nichtrenalen Infektionen zweimal 400 mg täglich gegeben werden. Bei einge­schränkter Nierenfunktion (Krea tinin­Clearance unter 50 ml!min) soll die Tagesdosis auf höchs tens 200 mg redu­ziert werden.

Ceftibuten kommt zur Behandlung von Infektionen der Harnwege und der Atem­wege in Frage. Bei Harnwegsinfektionen, Otitis media, purulenter Bronchitis und Pneumonie is t es etwa ebenso wirksam , wie andere, häufig eingesetzte Antibio­tika [z . B. Cotrimoxazol (BACTRIM u . a.), Cefaclor (PANORAL), Penicillin V (ISOCILLIN u . a.) , Amoxicillin (AMO­XYPEN u .a.)] . Bei mehreren hundert Kindern mit Tonsillopharyngitis wurde

März /Aprz11994 - JS.]ahrg.

Empfehlungen zur Bewertung von Chemotherapeutika (14) Compliance Bei der Meh rzah l akuter bakte ri ell er Infektionen wird der behandelnde Arzt dem Patienten zu einer acht- bis zwölftägigen Antibio tikaeinnah me raten. Da bei bakte­rizid wirkenden Substanzen in vielen Fällen eine Verminderung der In fektionssym­ptome schon innerhalb von drei bis fün fTagen zu erzielen ist und diese natürli ch auch vo m Patienten registriert wird, neigen diese daz u, di e Antibiotikaeinnahme auch zu diesem Zeitpunkt zu beenden. Untersuchungen zur sogenan nten Com­p liance der Patienten weisen darüber hinaus darauf hin , da ß Substanzen mit der Notwendigkeit einer vier- bis sechstündigen Einnahme noch häufiger abgese tzt werden als Substanzen , di e nur einm al täglich eingenommen we rden . Die Gefahr ein es zu frühen Behandlungsendes li egt in der Möglichkeit zum Infekt ionsrezidiv, was insbesondere bei virulenten Erregern wie z.B. Staphylokokken oder auch bei immunges törten Patienten eine ve rmehrte Bedeutung hat.

Auf der anderen Seite so llte der Arzt Antibiotika sofo rt nach wenigen Tagen abset­zen , wenn er auf der Basis seiner klinischen Untersuchung und Laborbefund e erken­nen muß, daß der Patient nicht eine bakteriell e Infektion hat, sond ern eine Virus­infekt ion. Es ist unsinnig und diese Auffassu ng hat sich über viele Jah rzehnte leider gehalten , eine einmal begonnene Th erap ie unbed ingt über sechs bis zehn Tage weiter fortz ufüh ren, wenn keine Indikation zur antibakteriell en Therapie besteht. Je länge r Antibiotika ei ngenomm en werden, um so mehr kommt es in de r körper­eigenen Bakterienflora zur Selektion von res istenten Keimen.

Auf der Basis der gesch ilderten Complianceschwieri gke iten , die bei vielen Patien ten bestehen, geht di e Entwicklungs tendenz für neue Antibio tka ganz ein deutig zur einmal-täglichen App li katio n und möglichst kurzze itigen aber dennoch effektiven Therapiedauer. Ein en tsprechendes Beispiel ist das Azithromycin (ZITH RO MAX), ein neueres M akrolid , mit dem in vie len prospektiven ko ntrollierten Studien eine einmal tägli che App likation über drei bis maximal fün f Tage bei z. B. bakterie ll en tiefen Atemwegsinfektionen zu den gleichen Ergebnissen geführt hat, wie die her­kömmliche acht- bis zwölftägige Therapie mit den Vergleichspräparaten . Bei der Beurteilung neuerer C hemotherapeutika soll dementsprechend auch di e therapeu­tisch verbesserte Möglichkeit zu einer günstigeren Compliance bei der Auswahl mit­bedacht werden. Darüber hinaus kann der verordnende Arzt durch entsprechende Behandlungskarten und exakte Erläuterungen der Einnahmemodalitäten und deren Notwendigkeiten zu einer Verbesserung der Pateintenmitarbeit beitrage n. Insbeson­dere die Aufklärung über mögliche Unve rträglichkeitsreaktionen hilft ganz erh eb­lich bei der Durchführung einer Behandlung, damit Patienten nicht schon bei gerin­gen Nebenwirkungen eine no twendige Infektionstherapie beenden .

das neue Antibiotikum bei einmal täg­li cher Gabe von 9 mg/ kg KG mit Peni­cillin V (3 x tägli ch 8 mg/ kg) verglichen . Ceftibuten war bei 97% der Pati enten erfolgreich , Penicillin V ze igte den gewünschten H eileffekt bei 89% der Patienten . Die Ergebnisse der mikrobio­logischen Diagnostik unterstü tzen den beobachteten, statistisch signifikanten Untersch ied. Allerdings wä re es sicherlich ve rfrüht , aufgrund dieses Ergebnisses die Penicillin-Behandlung der Tonsillopha­ryngitis als überholt anzusehen.

punkt der Einführung - derze it noch nicht erfolgen. Die bisherigen D ate n deuten auf eine ähnli ch gute Verträglich­keit hin , wie sie von anderen ß-Laktam­antibio tika bekannt ist.

Unerwünschte Wirkungen Gastrointestinale Beschwerd en sind die häufigsten unerwünschten Wirkungen, die während der klinischen Erprobung von Ceftibu ten registriert wurden. Er­brechen und Durchfall wurden bei 3% der Patienten beobachtet. Die H äufigkei­ten weiterer Unverträglichkeitsreaktio­nen lagen unterhalb von 1% (Kopf­schm erzen , Hautreaktionen, Appetit­losigkeit etc.). Ein abschließ endes Urte il zur Verträglichke it des Ceftibuten kann­wie bei jedem Arzneimittel zum Zeit-

ZUSAMMENFASSUNG: Ceftibuten (KEIMAX) ist ein neues ß-Laktamanti­biotikum, das ein ähnliches Wirkungs­spektrum aufWeist wie andere neue Oralcephalosporine. Bei besserer Aktivität im gramnegativen Bereich, ist die Wirkung gegen grampositive Bakte­rien geringer. Staphylokokken stellen eine wichtige Lücke im Spektrum der Substanz dar. Bei bakteriellen Infektio­nen der Atemwege und bei Infektionen des Urogenitaltraktes erwies sich Cefti­buten bei einmal täglicher Gabe als ebenso wirksam, wie die routinemäßig angewandten Präparate. Bei Tonsillo­pharyngitis zeigte sich eine leichte Über­legenheit im Vergleich zu Penicillin V (ISOCILLIN u.a.). Nach den bisheri­gen Erfahrungen ist die Verträglichkeit des neuen Arzneimittels als gut anzu­sehen.

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Zeitschri ft für Chemotherapie

1. JONES, R. N. Pediatr. lnfect. D is.J. 12: 37-44, 1993

2. NEU, H.C. Ped iatr. lnfect. Dis. J . 12:49-54, 1993

3. FASSBEN DER, M . et al. Cl in. ln fect. Dis. 16: 646-653, 1993

4. W ISE, R. et al. Ant imic rob. Agents C hemother. 34: I 05 3-1055, 1990

5. P1 C HI C H ERO, M . E. Pedi atr. In fect. Dis.J .1 2: 64-70,1 993

6. KAMMER, R. B. Pedi atr.ln fect. Dis. J . 12: 92- 94 , I 993

Antibiotika-Markt Antibiotikagebrauch in Krankenhäusern in Belgien, den Niederlanden und Deutschland Der Antibio tikagebrauch in Kra nkenhäu­sern ist ein wichtiger Faktor für die Resi­stenzentwicklung bei vielen Errege rn . Unterschiede im Einsa tz sind bekannt­lich zwischen benachbarten Kranken­häusern vo rhanden und oft sogar schon von Station zu Station gegeben . Bislang gab es nur spärl iche Angaben zu länder­spezifischen Unterschieden .

D aher wurde in einer umfa ngreichen Stud ie de r An ti biotikagebrauch in belgi­sch en, holl änd ischen und deutschen Kranken häuse rn un te rsucht . Einge­schlossen waren 30 Krankenh äuse r in Belgien, 2 1 in Deutsch land und 20 in den Niederl anden . Als Bezugsgröße wurden "definierte, tägliche Dosen" (DDD) pro 100 Bettentage n verwendet.

Ein bemerkenswertes Nebenergebnis war die Tatsache, daß die Aufenthaltsdauer im Kranken ha us in Deutschland signi fi­kant höher war als in den andere n Län­dern .

Deu tl iche und signi fikan te Unterschiede wurden im Gesam tantibiotikaverbrauch zwischen Belgien einerseits un d Deutsch­land und den Niederlanden andererseits beobachtet : in Belgien wurden deutl ich mehr An tibiotika verbraucht als in de n anderen beiden Ländern. D ie Unter­schiede lasse n sich an einigen Arznei­stoffgruppen fes tmachen , so wird d ie Kombinatio n Amoxici llin-Clavulan­säure (AUGMENTAN) wesen tl ich häu­fi ge r in Belgien vero rdnet als in den N ie­derl anden oder Deutschland. Auch Ceph alospo rine der ersten oder zweite n Genera tio n und Aminoglykoside werde n in Belgien häufige r eingese tzt.

Der Einsa tz vo n pen icillasesensiblen Penicillinen mit engem Wirkungsspek­trum war in Deutschland hö her als in Belgien oder den Niederlanden, dies gilt auch für Penici ll ine mit Pseudo monas­wirksamkeit wie Azlocillin (SECURO­PEN) und Piperacill in (PIPRI L).

Während Belgien der Spi tzenreiter im Verbrauch von Cephalosporinen der 2. Generation (hauptsächlich Cefuroxim (ZINACEF)] wa r, wurden in Deutsch-

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land deutlich mehr Cephalosporine der 3. Generation verbraucht. In den Nieder­landen wurden deutlich weniger Fluoro­chinolone eingese tzt al s in Deutschland und Belgien . Es war nicht möglich , die Unterschiede im Antibio tikage brauch in den drei Ländern zu erklären , da es keine Studien über die Empfehlungen zum Einsatz von Antibiotika in di esen drei Ländern gibt. In den Niederlanden liegen in den meisten Krankenh äuse rn nieder­geschri ebene Richtlinien vor, die für ein oder mehrere Krankenhäuse r gelten . In Deutschland hat jedes Krankenhaus seine eigene "Antibio tikapolitik" und es gibt kaum niedergeschriebene Empfehlun­gen , die den Eins atz vo n Antibiotika für bestimmte Indikationen regeln. In Bel­gien hingegen wird in den meisten Kran­kenhäusern die belgisehe Ausgabe von J. Sanfords "Guide to Antimicrobial Therapy" genutzt. Die Therapieempfeh­lungen dieses Werkes sind zum Teil ver­antwortlich für die oben beschriebenen Unterschiede im Gebrauch verschiedener Substanzen.

Im Vergleich zu südeuropäischen Län­dern , aus denen auch einige Zahlen vor­liegen , ist der Antibio tikaverbrauch in Belgien , den Niederl anden und Deutsch­land eher niedrig.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Es konnten deutliche Unterschiede im Antibiotikaverbrauch in belgischen, hol­ländischen und deutschen Kranken­häusern festgestellt werden, dies traf sowohl für die quantitative als auch für die qualitative Seite zu. In Belgien wur­den deutlich mehr Antibiotika ver­braucht. Die Unterschiede lassen sich nur zum Teil durch schriftlich fixierte Behandlungsrichtlinien erklären.

JANK N EGT, R. et a l. Eur.J . C l in . Microbio l. Infec t . Dis. 12 : 83 2-8 38, 1993

Abnahme nosokomialer C. difficile assoziierter Diarrhöen durch restriktiven Clindamycin-Gebrauch Das klinische Spektrum vo n C los trid ium diffi cile-Infektio nen reicht von der asymptom atischen Träge rsituation bis zu sei bstlimitierenden Durchfa ll en , p seudo­membranöse r Koliti s, toxischem Mega­Kolon und der Kolo nperforat ion. In den letzten J ahren ist insbesondere die noso­komiale In fek tion durch d iesen Erreger zu einem erheblichen Problem geworden, wo bei die hierdurch ausge lös ten Infektio­nen zusätzliche Kosten zwischen 3. 000,­bis 8.000,- DM ausmachen können . Be­stimmte Antibio tika wie Ampicillin (BI­NOTAL u . a.), Cephalosporine und Clin­damycin (SOBELIN) sind vermehrt mit der M anifes tation einer C. difficile-Infek­tion verbunden , prinzipiell kann alle r­dings fas t jedes antimikrobiell wirksame Ph armakon eine derartige In fe ktion aus­lösen.

März/Apri/1994 - 15.jahrg.

In einem Universitätskrankenhaus in Tucson, Arizona, wurde im Juli 1990 eine deutliche Zunahme von C. difficile­Infektionen mit acht Patienten pro Mon_.a~ registriert , nachdem in den vorangegan­genen 33 Monaten die Inzidenz nur 1,5 Infektionen pro Monat betragen hatte . Über ein Jahr bis zum Juli 1991 stieg bzw. blieb die Infektionsrate bei im Mittel 7,7 Infektionen pro Monat und stimulierte Maßnahmen durch die hospitalhygieni­sche Abteilung. Sämtliche Isolate von C . difficile wurden typisiert mittels Re­striktions-Endonuklease-Analyse und bei 59 % der Patienten konnte ein singulärer Keim iso li ert werden . Bei der Analyse des Antibiotikaverbra uchs ergab sich , daß der Clindamycingebrauch von monatli ch 315 g inden Jahren 1986 bis 1989 im Jahre 1990 auf durchschnittlich 489 g im Monat anges tiegen war, was eine Zunahme um 41 % bedeutete. Clindamycin stellte sich als das mit Abstand am häufigsten einge­setzte Antibio tikum in dieser Klinik her­aus; 7% der Pati enten mit einer Clostri­dium diffic il e-Diarrhö wurden mit Clin­damycin therapiert, damit lag diese r Anteil deutlich über dem anderer Anti­biotika wie Ampicillin mit 3 % oder Metronidazo l (C LONT) mit 2 %. Ab Juli 1991 wurde ein sehr restriktive r Gebrauch von Clindamycin verordnet , was eine monatliche Verminderung des Umsa tzes um 83 % bedeutete. Innerhalb der näch­sten 15 Monate wurde die monatli che Inzidenz vo n C. diffi cile- Infektionen wiederum auf im Mittel 1,9 Infe ktionen gesenkt. Auch d ie Res triktionsanalyse der danach noch nachweisbaren C. difficil e­Stämm e ze igte eine deutliche Verminde­rung des Epidemies tammes auf jetzt nur noch 13% bei den untersuchten Patien­ten .

FOLGERUNG DER AUTOREN: Eine nosokomiale Epidemie von C . difficile­Diarrhöen konnte durch die Analyse des Antibiotikaverbrauches geklärt wer­den; die daraufhin vorgenommene kon­sequente Reduktion des Clindamycin (SOBELIN)-Verbrauchs beendete die nosokomiale Epidemie und ergab wie­der Infektionsfrequenzen wie s1e vor Ausbruch bestanden hatte.

PEAR, S. M . et al. Ann. lntern . Med. 120: 272 - 277, ! 994

Tuberkulose Tuberkuloserisiko bei anergen HIV-infizierten Patienten und IN H-Prophylaxe Die Infektion mit Mycobacterium tuber­culosis stellt eine häufige Komplikation der HIV-Infektion dar. Die Häufigkeit der Entwicklung eine r Tuberkulose bei HIV­infizie rten Patienten und die ungünstige n prognos tischen Aussichten vo n HIV­Patienten, die eine Tuberkulose akquirie-

Zeitschrift für Chemotherapie

ren, haben vor zwei Jahren das Center of Disease Control in Atlanta veran laßt, die Tuberkulose in den Katalog der AIDS­indikativen Erkrankungen aufzuneh­men. Eine besondere Schwierigkeit inner­halb der Population der HIV-Infizierten stellt die Risikoabschätzung und die Diagnostik in Hinblick auf eine Tuber­kulose dar.

Eine spanische Arbeitsgruppe aus Madrid untersuchte jetzt bei 374 HIV-infizierten Patienten das Risiko für eine Tuberku­loseerkrankung unter Berücksichtigung der Ergebnisse eines Tuberkulintestes und einer Prüfung der verzögerten Reaktion auf intrakutan verabreichte Antigene . 29% der 374 Patienten hatten zum Beginn der Untersuchung einen positiven Tuber­kulinhauttest, 41 % einen nega tiven Tuberkulinhauttest bei erhaltener Reak­tion gegenüber anderen Antigenen (Streptokinase-Streptodornase und Can­dida albicans-Antigen) und 30% der Patienten waren sowohl Tuberkulin- als auch Antigen-negativ. Die zuletzt ge­nannte Gruppe kann somit als anerg bezeichnet werden. Eine Tuberkulin­konversion innerhalb von 26 Monaten wurde bei 15 % der vorher Tuberkulin­negativen aber nicht anergen Patienten gefunden, hingegen nur bei 8% der kom­plett anergen HIV-Patienten. Das Risiko für die Entwicklung einer aktiven Tuber­kulose bei denjenigen Patienten, die keine Isoniazid- (ISOZID) Chemopro­phylaxe erhielten, war in der Gruppe der Tuberkulin-positiven und der anergen Patienten mit 10,4 Fällen pro 100 Perso­nen/Jahren bzw. 12,4 Fällen pro 100 Per­sonen/Jahren vergleichbar. Deutlich niedriger war das Risiko der Tuberkulin­negativen Patienten mit erhaltener Haut­reaktivität, bei denen lediglich 5,4 Fälle pro 100 Personen/Jahren festgestellt werden konnten. Bei einer Analyse der Risikogruppen wurde deutlich ,daß ins­besondere i.v.-Drogenbenutzer ohne Isoniazid-Chemoprophylaxe mit 22% das höchste Risiko für die Entwicklung einer Tuberku lose aufWiesen, hingegen wurde bei keinem der übrigen Patienten die Entwicklung einer Tuberkulose fest­gestellt, die zu den übrigen Risikogrup­pen zählen . Lediglich 4% der Patienten mit Chemoprophylaxe gegenüber 31% der Patienten ohne Chemophrophylaxe entwickelten eine Tuberkulose. Die zu­sätzlich bei einem Teil der Patienten durchgeführte Messung der CD4-positi­ven T-Helferlymphozyten im Blut ergab, daß 93% der Patienten, die an einer Tuberkulose erkrankten, weniger als 500 CD4-Zellen/ mm3 hatten , wohingegen nur 7% zum Zeitpunkt der Tuberkulose­Erkrankung mehr als 500 CD4-positive Helferzellen aufWiesen.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Anerge HIV-infizierte Patienten haben ein hohes Risiko fur die Entwicklung

einer Tuberkulose. Neben den Tuberku­lin-positiven Patienten mit HIV-Infek­tion sollten auch die anergen HIV-Patien­ten in die Chemoprophylaxe mit Isonia­zid (ISOZID) einbezogen werden, die­ses gilt insbesondere wenn die C D4-Zell­zahl im peripheren Blut unter SOO/ mm3

sinkt.

MOREN O , S. e t al. Ann . Intern.Med.11 9 : 194- 198, 1993

Bakterizide und sterilisierende Eigenschaften von Ciprofloxacin b ei Lungentuberkulose

In den letzten 20 Jahren ist durch Ein­führung hochpotenter Antituberkulosta­tika die Behandlung der Tuberkulose ein­fac her und sicherer geworden. Sorge be­reiten allerdings die seltenen Therapie­versager und , in jüngster Zeit, multiresi­stente Erreger, die überwiegend bei immunsupprimierten Patien ten in den USA nachgewiesen wurden.

In zwei klinischen Studien in Tansania wurde die frühe bakterizide und sterili sie­rende Aktivität von verschiedenen Anti­tuberkulotika untersucht . Hierzu erhiel­ten in Studie I zehn Patienten mit einer aktiven Lungentuberkulose und dem Nachweis von säurefesten Stäbchen im Auswurf über sieben Tage entweder 300 mg INH (ISOZID) oder 750 mg Ciprofloxacin (CIPROBAY). Der Aus­wurf wurde täglich über sieben Tage untersucht; anschließend erhielten alle Patienten eine Standardbehandlung. In der zweiten Studie wurde die sterilisie­rende Aktivität einer Standardkombina­tion A bestehend aus Rifampicin (RIFA, RIMACTAN) 600 mg/ Tag, INH (ISO­ZID u. a.) 300 mg/ Tag, Pyrazinamid (PYRAFAT) 25 mg/ kg/Tag und Etham­butol (MYAMBUTOL) 15 mg/ kg gegen ein Ciprofloxacin-haltigesRegime B, be­stehend aus Ciprofloxacin 750 mg/Tag, INH 300 mg/Tag und Rifampicin 600 mg/Tag bis zu acht Wochen nach Therapiebeginn untersucht.

In Studie I fand sich zwischen Ciprofloxa­cin und INH hinsichtlich ihrer bakterizi­den Wirkung im Sputum kein Unter­schied: Die tägliche Abnahme der kolo­niebildenden Einheiten betrug für Cipro­floxac in 0,2 Log 10 KBE/ Tag, für INH 0,25 Log 10 KBE/Tag. In Studie II fand sich mit dem Regime A eine signifikant höhere Konversionsrate als mit dem Ciprofloxacin-haltigen Regime. Nur 67% der Kulturen waren mit Regime B nach zwei Monaten steril im Vergleich zu 100 % der Sputen der Standardkombi­nation. Besonders deutlich wurde die geringere bakterizide Wirkung des Regi­mes B bei HIV-positive n Patienten : Hier führte die konventionelle Behandlung in allen Sputen nach vier Wochen zur Sterilisierung, hingegen bei keinem der Patienten, die das Ciprofloxacin-haltige Regime erhielten.

März !Apri/1994 - 15.}ahrg.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Serielle Sputumuntersuchungen bei Patienten mit aktiver Lungentuberku­lose eignen sich zur Evaluierung von Chemotherapeutika bzw. Kombinations­regimen hinsichtlich ihrer bakteriziden bzw. sterilisierenden Wirkung. In einer prospektiven Untersuchung aus Tansania zeigte sich die bakterizide Aktivität von Ciprofloxacin (CIPROBAY) mit dervon INH (ISOZID) vergleichbar. Die sterili­sierende Aktivität einer Ciprofloxacin­haltigen Kombination zusammen mit Rifampicin (RIFA, RIMACTAN) und INH (ISOZID) war allerdings signifi­kant geringer, als die einer konventio­nellen Kombinationsbehandlung beste­hend aus Rifampicin, INH, Pyrazinamid (PYRAFAT) und Ethambutol (MYAM­BUTOL). KENNEDY, N. et al. Am. Rev. Respir. Dis. 148 : 1547- 1551, 1993

Mittel der Wahl Azithromycin zur Einmal­Behandlung des Trachoms

Das Trachom ist eine chronische Kon­junktivitis, die durch Chlamydia tracho­matis hervorgerufen wird und weltweit die häufigste behandelbare Ursache der Erblindung darstellt. Die konventionelle Behandlung des Trachoms besteht in der topischen Verabreichung von Tetrazyklin (z. B. DISPATETRIN Augensalbe) über mindestens sechs Wochen oder an fünf hintereinander folgenden Tagen pro Monat über sechs Monate. Insbesondere in den Entwicklungsländern führt diese langwierige Behandlung häufig zu Thera­pieabbrüchen. In einer randomisierten, prospektiven Studie wurde die Effekti­vität von Azithromycin (ZITHROMAX) in einer Einmaldosierung von 20 mg/ kg Körpergewicht mit der konventionellen Behandlung mit Tetrazyklin in Kombina­tion mit Erythromycin (ERYTHROCIN u. a.) für schwere Fälle verglichen. Alle 194 in die Untersuchung aufgenomme­nen Patienten , 97 in jeder Behandlungs­gruppe, waren C. trachomatis-Antigen positiv. Verl aufsuntersuchungen wurden nach 4, 8, 16 und 26 Wochen durch­geführt, wobei nur drei Patienten die beiden letzten Termine nicht wahrnah­men. Nach sechs Monaten fand sich zwischen den beiden Gruppen hinsicht­lich der Effektivität kein Unterschied: Bei 76 der 97 (78 %) mit Azithromycin und 70 der 97 (72 %) mit Tetrazyklin behan­delten Patienten kam es zu einer kom­pletten Ausheilung. Die Heilungsrate über die Beobachtungszeit war ebenfalls gleich. Die ungünstigste Prognose hatten die Patienten mit schwerem Konjunkti­valbefall unabhängig von der Behand­lung. Die Mitarbeit sowie die Rate der unerwünschten Arzneimittelwirkungen waren in beiden Gruppen identisch.

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Zeitschrift für Chemotherapie

FOLGERUNG DER AUTOREN: In einer randomisierten, einfach-blinden Untersuchung in Gambia wurde die kli­nische Wirksamkeit von oral verabreich­tem Azithromycin (ZITHROMAX) in einer Einmaldosierung von 20 mg/kg Körpergewicht mit der von Tetrazyklin (z.B. DISPATEIRIN Augensalbe u.a.) in einer topischen Verschreibung (in schweren Fällen mit Erythromycin) bei Patienten mit Trachom verglichen. Die Heilungsrate unterschied sich nicht. Auch die Nebenwirkungsrate war ver­gleichbar. Azithromycin besitzt aller­dings auf Grund der einfachen Appli­kationsweise und damit problemlosen Compliance eine eindeutige Präferenz fiir die Behandlung des Trachoms.

BAILEY, R. L. et al. Lancet342:453 - 456, 1993

Ciprofloxacin versus Ceftriaxon in der Behandlung des multiresistenten Typhus

Die Behandlung des Typhus erfolgt üblicherweise mitAmoxicillin (CLAMO­XYL u.v.a.) oder Cotrimoxazol (BAC­TRIM u.v.a} oder Chloramphenicol (PARAXIN) über einen Zeitraum von zwei Wochen . Während der letzten Jahre sind allerdings gehäuft Salmonella typhi­Stämme aufgetreten, die gegen alle drei Chemotherapeutika resistent waren. Für die Behandlung dieser Problemfälle gibt es noch keine standardisierten Therapie­empfehlungen , es kamen bislang sowohl neuere Cephalosporine , insbesondere Ceftriaxon (ROCEPHIN), als auch Flu­orochinolone, wie z. B. Ciprofloxacin (CIPROBAY), zum Einsatz.

42 Patienten mit einer akuten Salmonella typhi-Infektion (gesichert durch einen Nachweis des Erregers in der Blutkultur) wurden sieben Tage lang entweder ora l mit Ciprofloxacin (2 x täglich 500 mg) oder parenteral mit Ceftriaxon (3 g intra­venös} behandelt.

Nach sechs Tagen waren alle Patienten , die mit Ciprofloxacin behandelt wurden (n = 20}, fieberfrei, während in der Gruppe, die mit Ceftriaxon behandelt wurde (n = 22}, bei sechs Patienten die Therapie versagte. Nach Umstellung auf Ciprofloxacin konnte bei diesen Patien­ten nach einer weiteren Woche Fieber­freiheit erreicht werden.

Alle Salmonella typhi-Stämme waren gegenüber den beiden Arzneimittel emp­find lich. 12 Stämme wurden ausgewählt und weiter untersucht, sie waren alle resi­stent gegen Chloramphenicol, Ampi­cillin und Trimethoprim.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Die orale Gabe von Ciprofloxacin (CIPRO­BAY) war wirksamer in der Behandlung des akuten Typhus, als die parenterale Gabe von Ceftriaxon (ROCEPHIN).

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Weitere Vorteile von Ciprofloxacin sind die niedrigeren Kosten und die orale Anwendbarkeit. Nachteil bleibt die An­wendungsbeschränkung auf erwachsene, nichtschwangere Patienten. Es sind aller­dings schon erste Meldungen über eine nachlassende Empfindlichkeit von Sal­monella typhi gegenüber Ciprofloxacin aus Indien eingegangen.

WALLACE, M. R. et al. Eur.J. C l in. Microb io l.l nfect. Dis. 12: 907-910, 1993

Cefuroxim-Axetil versus Amoxicillin-Clavulansäure in der Behandlung der akuten Otitis media bei Kindern

Die akute Otitis media ist eine häufige Erkrankung im Kindesalter. Wichtige pathogene Keime sind Streptococcus pneumoniae, Haemophilus influenzae und Moraxella catarrhalis .

Bei 263 pädiatrischen Patienten im Alter von drei Monaten bis 11 Jahren wurde in einer randomisierten, multizentrischen Studie die Wirksamkeit von zweimal täg­lich 15 mg/ kg KG Cefuroxim-Axetil (ELOBACT, ZINNAT) und dreimal täg­lich 13 ,3 mg/ kg KG Amoxicillin/ Clavu­lansäure (AUGMENTAN) bei einer aku­ten Otitis media vergl ichen. Der unter­suchende Arzt war nicht darüber infor­miert, welches Medikam ent verordnet worden war. Die Behand lung erfolgte über zehn Tage . In mikrobiologischen Untersuchungen des Mitteloh rpunk­tates konnten vo r all em H . influenzae (39 %), S. pneumoniae (34 %) und M. ca tarrhalis (16 %} nachgewiesen wer­den, ein Drittel der H. influenzae­Stämme bildete ß-Laktamasen.

Von den 263 Patienten waren 235 aus­wertbar, als geheilt wurden 62 OJo der Cefuroxim-Axetil-Gruppe und 57% der Amoxicillin-Clavulansäure- Gruppe ein­gestuft; auch nach Einbez iehung der Patienten, bei denen eine "Besserung" ein­trat, wurden ke ine signifikanten Unter­schiede zwischen beiden Gruppen fest­geste llt. Die Rückfallquote lag in beiden Gruppen bei 20 bzw. 21 %.

Unterschiede ergaben sich bei den uner­wünschten Wirkungen, 18 0Jo der Cefuro­xim-Axetil-Gruppe und 39 OJo der Kinder mit Amoxic illin-Clavulansäure-Behand­lung litten unter zumindes t einer uner­wünschte n Wirkung. Die wichtigsten Nebenwirkungen waren - erwartungs­gemäß - Durchfa ll und ungefo rmter Stuhl. Es gab zwei Therapieabbrüche nach Behandlung mit Cefuroxim-Axetil und drei nach Behandlung mit Amoxi­cillin-Clavulansäure.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Cefuroxim-Axetil (ZINNAT, ELO­BACT) und Amoxicillin-Clavulansäure (AUGMENTAN) zeigen beide eine ver­gleichbare Wirksamkeit in der Behand-

März!Apri/19 94 - JS.}ahrg.

lung der akuten Otitis media bei pädia­trischen Patienten. Cefuroxim-Axetil erwies sich allerdings als besser verträg­lich, außerdem könnte die geringere Ein­nahmehäufigkeit (zweimal täglich} zu einer besseren Compliance fuhren und damit fiir die Anwendung der Substanz sprechen.

ANMERKUNG DER REDAKTION: Die im Rahmen dieser Untersuchung festgestellte Inzidenz von ß-Laktamase­bildenden H. influenzae-Stämmen ist fiir die Situation in Deutschland nicht ty­pisch. Die Häufigkeit derartiger Stämme -die durch Amxocillin (AMOXYPEN) allein nicht mehr erfaßt werden - liegt bei uns derzeit unter 5% der isolierten Stämme. In Deutschland ist daher die Therapie einer Otitis media mit Amoxi­cillin ohne ß-Laktamaseinhibitor durch­aus noch adäquat.

McLINN , S. E. et al. Antimicrob. Ag. Chemother. 38: 315-3 18, 1994

HIV-Infektion Sind Katzen ein Risiko fiir HIV­Patienten? HIV-positive Patienten , die zuvor eine Toxoplasmose durchgemacht haben, be­sitzen ein Ri siko für eine Reaktivierung latenter Zysten. Zu den wichtigsten Organen in denen Zysten vorkommen, zählen das Gehirn und die Muskulatur (Skelett und Herz}. Die epidemiologi­schen Daten zeigen, daß etwa jeder dritte HIV-Patien t mit positiver Toxoplasma­Serologie eine Toxoplasmose des Zentral­nervensystems entwickelt . Ähnlich wie bei seronegativen schwangeren Frau en, bei denen eine Toxoplasmose wegen der möglichen Embryo-Fetopathien ve rhin­dert werden soll , wird auch HIV-Patien­ten häufig ge raten, Kontakt mit Katzen zu vermeiden, oder bestimmte Nahrungs­mittel, wie rohes Fleisch,Eierund Ziegen­milch zu meiden.

In einer umfa ngre ichen retrospektiven Untersuchung an insgesamt 723 HIV­pos itiven Personen wurde untersucht , ob der Kontakt mit Katzen wirklich ein bedeutsames Risiko für die Erkrankung an Toxoplasmose dars tellt. Nur bei 13 Patienten (2 %}, die ursprünglich se rone­gativ waren , trat eine Serokonversion auf. In keinem dieser Fälle kam es zu eine r klinisch manifesten Erkrankung.

FOLGERUNG DER AUTOREN : Bei erwachsenen HIV-Patienten ohne Anti­körper-Nachweis gegen Toxoplasma gon­dii tritt nur selten eine Serokonversion auf. Der Kontakt zu Katzen scheint dies­bezüglich kein besonderes Risiko darzu­stellen.

WALLACE, M . R. et al. JAMA 269 : 76-77, 1993

Zeitschrift für Chemotherapie

Toxoplasma-Enzephalitis bei AIDS-Patienten

Die durch Toxoplasma gondii verursachte Enzephalitis is t e ine h ä ufige Ko mplika­tion b ei HIV-infi z ierten Patienten , di e unbehandelt tödlich verlä uft . Sie tritt b ei etwa 25 bis 50 Ofo aller AIDS- Patienten im Ends tadium der Krankheit a uf. D er­ze it gi lt eine Kombination aus Clindamy­cin (SOBELIN; viermal täglich 600 mg) und Pyrimethamin (DARAPRIM u. a., Initia ldosis von 200 mg, danach einmal täglich 75 mg) als die beste Be h and ­lungsmöglichkeit . Um bärnatologischen Komplikatione n vo rzube uge n , wird die Behandlung durch die tägliche G abe von 10 mg Folinsäure (LEUCOVORIN) ergänzt.

Da die Erkrankung vor der AIDS­Epidemie selten war, besteht n ach wie vor e ine erh eb liche Unsicherheit, so­wohl hinsichtlich des diagnostischen Vergehens als auch eine r optimalen Therapie. Deshalb wurde der genaue Verlauf der Erkrankung bei 49 Patie n­ten, die mit der genannten Kombina­tionstherapie b ehandelt wurden , sorg­fä ltig registriert . Die Symptomatik b esserte sich unte r der Behandlung b ei 35 Patienten (71 %) -bei 30 Erkrankten trat die Besserung b ereits innerhalb d er ersten sieben Tage auf. Bei jenen Patienten, die innerhalb der ersten zwei Wochen nach Beginn der Behandlung eine Besserung der Symptomatik zeig­ten, war auch nach sechs Wochen noch eme Besserung feststellbar. In den übrigen Fä llen so llte eine Hirnbiopsie erwogen werden . Die häufigsten une r­wünschten Wirkungen waren Hautreak­tionen: bei sechs Patienten wurde die Therapie a u s diesem Grunde vorzeitig beendet.

FOLGERUNG DER AUTOREN: Die Kombinationstherapie aus Clindamycin (SOBELIN) und Pyrimethamin (DAR­APRIM u. a.) is t zur Behandlung von AIDS-Patienten mit zerebraler Toxo­plasmose geeignet. Bei etwa zwei Drittel der Patienten kann mit einer Besserung innerhalb von ein (bis zwei) Wochen gerechnet werden. Bei mangelhaftem Ansprechen auf die Behandlung sollte eine Hirnbiopsie erwogen werden.

LUFT,B.J.etal. N. Eng!. J. Med. 329: 995- 1000, 1993

Korrespondenz "In den Artikel "Lo racarbef - das erste Carba­ce phem zur ora len Anwendung" ("ZCT" 14 : 44, 1993) hat sich bei der Darstellung der Cefaclor-Struktur ein Feh ler eingesch lichen.

Folgende Struktur des Moleküls ist die ri ch­tige:

März!Apri/1994 -JS.jahrg.

Fragen zu wichtigen Infektionen (2) Pilzinfektionen und ihre Behandlung, II. Teil

4. Wie wird ein Ca ndi da-Nachweis im Urin beurteilt '

ZurZeit gibt es keine etabli erten Kriterien, um bei dem Nachweis von C andida Spezies im Urin zwischen einer Ko lo nisation und Infektion zu unterscheiden. Häufig wird jedoch der Nach­weis vo n mehr als 104 kei mbildenden Einheiten einer Candida Spezies/ mi in zwei separaten nacheinander angefertigten Urinkulturen als Differenzierungskriterium zwischen Infektion und Kolonisa tion bei asymptomatischen Patienten verwendet. Auch Risikofaktoren auf der Patientenseite , wie das Tragen ein es Blasendauerkath eters, anato mische Abnormalitäten im Urogenitaltrakt, die vorhergehende Gabe von ant ibakteriellen Substanzen , eine iatrogene Immunsuppression oder ein Diabetes mellitus, stützen beim mehrfachen Nachweis hoher Ca ndid azah len im Urin den Verdacht auf eine Infektion. In jedem Fall sollte bei ~Y..!!!J~tom a ti ­schen Patienten mit mehrfachem Candidanachweis im Urin und fehlendem Nachweis anderer Keimspezies an ei ne Infektio n gedacht werden .

Ebenso schwierig wie di e klinische Unterscheidung zwischen Ko lo ni sa ti o n und Infekti o n ist die Bea ntwortung der Frage, welches Vorgehen sich für Patienten mit Candid urie eignet. Bisher konnte in keiner Studie gezeigt werden, daß die Behandlung derCandidurie mit Amp ho tericin B oder Fluco nazo l (DIFLUCAN) bei asymptoma tischen Patienten ei nen Vorteil gegenüber der Gabe von Placebo darstellt. Allerdings muß dieses Phänomen noch in weiteren klinischen Stud ien untersucht werden. Ein weniger toxisches und praktikables Vorgehen bei Patienten mit asymptomatischer Cand idurie könnte wie fo lgt aussehen: Ein liegender Dauerkatheter so llte gewechselt bzw. entfernt werden. Sollte in den dann wiederho lten Kulturen immer noch Candida nachweisbar se in , so ist die Gabe von 50 bis 100 mg Fluco na zol, oral verabreicht, für zehn Tage indi ziert . Bei we iterbes tehender Candidurie stellt sich die Frage einer weiter­gehend en oder erne uten Behandlung lediglich, wenn der Patient Symptome entwickelt, bei asymptomatischen Patienten brauchen keine weiteren Maß nahmen trotz persis tierender Cand iduri e erfolgen . Kann der Blasenkatheter nicht entfernt werden, sollte eine Spülung der Blase mit Ampho rericin B-Lösung über drei Tage versucht werden . Bei persistierender Candid urie so llte Fluconazol, wie oben beschrieben, angewend et werden. Persistiert eine Candid urie beim symptomatischen oder immunsupprimierten Patienten oder finden sich weitergehende Hinweise auf eine invasive Mykose , so muß eine reguläre antimykotische Th erapie eingeleitet werden.

5. Wi e verl äßlich sind se ro logische Tes ts bei der Diagn ose einer in vas ive n Ca ndid ias is ?

Keiner der zur Zeit auf dem Markt befindlichen Tests, bei denen Antikörper gegen Candida­antigene oder Candidaantigene se lbst im Serum nachgewiesen werden, besitzt eine zuverläß­liche Sensitivität und Spezifität . Da Candida Spezies ubiquitär verbreitet und Teil der norma­len Flora des Menschen sind, kann ein Nachweis von Antikörpern gege nüber Candidaantige­nen kaum in derDiagnostikeinerinvasiven Infektion verwendet werden . Der AnstiegvonAnti­körpertitern dauert darüber hinaus in der Regel mehr als eine Woche und ist bei Patienten mit rasch progredienter invasiver Candidamykose nicht hilfreich. Die neueren Versuche, Can­didazellwandantigene wi e Manane, Candidametaboliten wie die D -Arabinose oder zyto­plasmatische Antigene wie die Candida-Enolase nachzuweise n, haben in Hinblick auf ihre Spezifitä t und Sensiti vität bisher ebenfalls en ttäuscht. Zwa r lassen sich mit einem Teil dieser Assays mit relat iv hoher Spezifitä t diese Antigene in diversen Körperflüssigkeiten nachweisen, jedoch ist die Empfindlichkeit di ese rTeste in der Regel sch lecht . Die Entscheidung über eine Therapie bei einer klini sch vermuteten Mykose kann nur im Einzelfall von dem Ergebnis sero­logischer Testergebnisse allein abh ängen. Für di e Indikationss tellung zur Behandlung müssen vorwiegend klinische, mykologisch-kulturelle , histologisch-pathologische und radiologische sowie anamnesti sche Kriterien herangezogen werden.

6. Wie so ll man d isse mini erte oder lo ka lisierte Aspergill us-Infekti o nen behandeln '

Die Behandlung einerinvas iven Aspergillus-Infektion erfordert maximal tolerable Dosen von Ampho rericin B (AMPHOTERI C JN "B" SQUIBB u . a.). Dabei muß eine Dosissteigerung des Amphorericins B solange erfolgen , bis die Krankheit unter klinischen Gesichtspunkten kon­trolliert erscheint . Am häufigsten sind neutropenische Patienten nach zytostatischer Chemo­therapie von einer invas iven Aspergillusmykose betroffen. Bei diesen Patienten können Amphorericin B-Dosen von bis zu 1,5 mg/ kg/ Tag notwendig sein, um die klinische Situation zu stabilisieren . Da Aspergillus Spezies auch intravasal wachsen können und zur Okklusion von Blutgefaßen mit nachfolgender Ausbildung einer Mykose füh ren, muß bei entsprechen­dem klinischen Bild auch die zusätzliche Notwendigkeit einer chirurgischen Resektion der­artig nekrotischer Area le in Erwägung gezoge n werden. Bei histologisch, mykologisch oder klinisch nachgewiesener invasiver Aspergillus-Infektion müsse n kumulative Amphorericin B-Gesamtdosen von 2 bis4 gverabreichtwerden, um zu einerdauerhaften Kontrolle des Infek­tionsgeschehens zu kommen; entsprechend lang sind die Behandlungszeiträume. Im Gegen­satz zu den akuten invasiven und disseminiert verlaufenden Aspergillesen stehen die lokal invasiven Aspergillus-Erkrankungen, wie z. B. die nekrotisierende Aspergillose der Lunge, bei der es nur in Ausnahmefallen zu einer systemischen Infektion kommt. Bei diese n Patienten kann derVersuch ein er o ralen Therapie mit It raco nazol (SEMPERA) mit einer Dosierungvon 200 bis 400 mg/ Tag unternommen werden . Itraconazol kann auch nach einer Amphorericin B-Therapie eingesetzt werden, wenn die Krankheit kontrolliert ist , um im Rahmen einer Stabi lisierungsphase das Wiederauftreten der Infektion zu supprimi eren.

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Zeitschrift für Chemotherapie

+ H NH3 ~ , H .S

QYN:n)a co2-cefaclor

gez. Dr. K. Wettich, Lilly Deutschland, Bad Homburg.

Zu dem Leitartikel ("ZCT" 14 : 41-44, 1993) erreichte uns folgende Ste llungnahme:

"Aus der Sicht eines medizinischen Mikro­biologen möchte ich ein ige Anmerkungen zu dem Stell enwert ei ner Amphotericin B-Thera­pie beitragen ("ZCT" 14:41-44, 1993).

Wirkungswe ise Ein typischer Unterschied zwischen einer Pilz­zelle und einer menschlichen Zelle ist die Komposition der Lipidbausteine der jewei­ligen Zellmembran . Während beim Menschen Cholesterin der Hauptbestandteil ist, kommt dieser Lipidbaustein in der Pilzzelle überhaupt nicht vor. Dafür ist Ergosterol in der zytopla­stischen Membran der Pilzzelle der Haupt­bestandteil. Amphorericin B-bindet an das Ergosterol und mehrere (1 0-20) Amphoteri­cin B-Moleküle lagern sich in der Membran der Pilze zu einem Komplex zusammen. Da­durch kommt es zu einem Disarrangement der Lipidschicht, was zum Tod der Pilzzelle führt. Die Wirkung von Amphotericin B ist also prinzipiell fungizid!

Kombinati on Hauptsächlich werden 2 Gründe für eme Kombination angeführt: Synergismus und Verhinderung von Resistenzentwicklung.

Die Kombination von Amphotericin B mit Flucytosin wird oft propagiert , weil zumin­dest in vitro gelegentlich ein Synergismus auftritt. Dagegen steht ein überzeugender klinischer Beweis für die Überlegenheit der Kombination gegenüber Amphotericin B allein noch aus, ausgenommen bei Krypto­kokkenmeningitis7.

Speziell bei Aspergillusinfektionen ist damit aber noch weniger zu rechnen. Dies gilt auch für die Kombination von Amphotericin B mit Rifampicin. Die Kombination von Azolderi­vaten mit Amphotericin B ist aus theoreti­schen Überlegungen heraus zu meiden. Azole verhindern die Synthese von Ergosterol; folg­lich kommt es zu einem verminderten Ein­bau in die zytop lastische Membran der Pilz­zelle; folglich wird das Target für Ampho­tericin B reduziert. Also theroretisch wäre so­gar ein Antagonismus zu erwarten. Klinische Erfahrungen dazu sind unergieb ig5

•7.

Ve rabreichung Parenteral appliziertes Amphotericin B ver­teilt sich nach dem Drei-Kompartimentprin­zip, wobei das Verteilungsvolumen 4 l/ kg beträgt, d . h. daß der überwiegende Teil der Substanz an das tiefe Kompartiment, an die Wirtszelle, gebunden ist und funktionell gar nicht oder nur bedingt zur Verfügung steht. Erst wenn diese zellulären Depots aufgefüllt sind, was 10-14 Tage dauern kann, ist ein vol­ler therapeutischer Effekt zu erwarten4 ! Das Dilemma besteht also darin, daß man als Arzt dann, wenn endgü ltig die Entscheidung über

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den Einsatz von Amphotericin B gefallen ist, möglichst schnell eine "loading dose" geben sollte, was man aber wegen der Unverträglich­keit von Bolusgaben unterlassen muß.

Auch die Elimination verläuft eige ntüm lich . Während zunächst einmal die erste Hälfte von Amphotericin B nach 2 Tagen eliminiert ist, wird ein Rest extrem lange Qahre lang) im Körper verweilen.

Modern e App likati onsfo rm en Der Vorteil von Iipidhaitigen Infusionslösun­gen mag auf 2 Gründen beruhen: Erstens besteht in wässriger Lösung trotz Stabilisie­rung durch Desoxycholat die Tendenz des Arzneistoffes spontan Oligomere zu bilden, deren Toxizität für Membranen deutlich stär­ker ist3 Weiterhin besteht der Vorteil einer lipidhaltigen, d. h. cholesterinhaltigen, Infu­sionslösung darin, daß die Spitzenwerte an freiem, bindungsfahigem Amphorericin B reduziert sind, so daß weniger an das Chole­sterin der Wirtszellen geht. Wegen der höheren Affinität zu Ergosterei ist die antimykotische Wirkung jedoch nicht- oder zumindest nicht wesentlich- beeinträchtigt, so daß man wegen der höheren Verträglichkeit die verabreichte Dosis steigern kann2

" .

gez . Prof. H. Hof, Med. Mikrobiologie Mann­heim, Univ. Heidelberg

Literatur auf Anfrage in der Redaktion

Nebenwirkungen Geschmacksverlust nach lang­dauernderTerbinafin-Gabe

Terbinafin (LAMISIL) ist ein neues, oral

März/Apri/1994 -JS.jahrg.

Gebühr bezahlt

anwendbares Antimykotikum aus der Gruppe der Allylamine (vgl. "ZCT" 13: 27-28, 1992). Zur Zeit ist es in Deutsch­land nur zur Behandlung von Dermato­mykosen zugelassen.

Aus anderen europäischen Ländern liegen zwei Fallberichte über auffällige Neben­wirkungen der Substanz bei langfristiger Behandlung von Onychomykosen vor.

In beiden Berichten handelte es sich um Frauen mit Onychomykosen im Alter zwischen 40 und 50 Jahren, die ansonsten gesund waren. Nach einer sechswöchigen Behandlung mit einmal täglich 250 mg Terbinafin trat ein vollständiger Ge­schmacksverlust (salzig, süß, sauer und bitter) auf, in einem Fall verfärbte sich die Zunge . Nach dem Absetzen der Substanz dauerte es bei einem Patienten fünfWachen bis zur vollständigen Rück­kehr der Geschmacksempfindung, in dem anderen Fall war nach vier Wochen noch keine Besserung z u beobachten.

FOLGERUNG DER AUTOREN : Bei einer langfristigen Behandlung mit Ter­binafin (LAMISIL) muß die Möglich­keit eines vollständigen Geschmacksver­lustes berücksichtigt werden . Die Behand­lung sollte bei den ersten Anzeichen ab­gebrochen werden.

JUHLIN,L. Lancet 339: 1483 , 1992

OTTERVANGER,J. P. , STRICKER, B. H. Ch. Lancet340: 728,1992