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Lüneburg – 19. März 2015

Aktuelle Trends und Neuerungen:

Pflegezeit, vorübergehende Verhinderung und Entgeltfortzahlung

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I. Novelle der Pflegezeit und Familienpflegezeit

II. Vorübergehende Verhinderung an der Arbeitsleistung

III. Elternzeit

IV. Entgeltfortzahlung bei Erkrankung

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I. Novelle der Pflegezeit und Familienpflegezeit

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I. Gesetzliche Ausgangslage

II. Anwendungsbereich

III. Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

IV. Pflegezeit

V. Sonderkündigungsschutz

VI. Zwischenbewertung der Pflegezeit

VII. Die neue Familienpflegezeit

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I. Gesetzliche Ausgangslage

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Pflegezeitgesetz (PflegeZG)

• in Kraft seit 01.07.2008

• ermöglicht Arbeitsfreistellung bei Wahrnehmung von häuslicher Pflege naher Angehöriger oder zur Pflegeorganisation

• schafft Sonderkündigungsschutz

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kurzzeitige Arbeits-verhinderung

Pflegezeit

Familienpflegezeit

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II. Anwendungsbereich PflegezeitG

kurzzeitige Arbeits-verhinderung

Pflegezeit

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Beschäftigtenbegriff (§ 7 Abs. 1 PflegeZG)

• Arbeitnehmer

• Auszubildende

• arbeitnehmerähnliche Personen

• Heimarbeiter

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Nahe Angehörige (§ 7 Abs. 3 PflegeZG)

• Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Stiefeltern

• Ehegatten, Lebenspartner, Partner einer Lebensgem.

• Geschwister, Schwägerinnen und Schwäger

• Kinder, auch des Partners

• Adoptiv- und Pflegekinder, auch des Partners

• Schwiegerkinder, Enkelkinder

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Pflegebedürftigkeit (§ 7 Abs. 4 PflegeZG)

• Personen, die die Voraussetzungen der §§ 14, 15 SGB XI erfüllen

• bei kurzzeitiger Arbeitsverhinderung auch:voraussichtlich erfüllen

• § 15 SGB XI: Pflegestufenregelung

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Nach § 14 Abs. 1 SGB XI sind alle Personen pflegebedürftig,

die wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung für die gewöhnlichen und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen im Ablauf des täglichen Lebens auf Dauer, voraussichtlich für mindestens sechs Monate, in erheblichem oder höherem Maße der Hilfe bedürfen.

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III. Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

kurzzeitige Arbeits-verhinderung

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Kurzzeitige Arbeitsverhinderung (§ 2 PflegeZG)

• bis zu 10 Tage Arbeitsfreistellung

• bei akutem Pflegebedarf, auch wenn voraussichtlich

plötzlich auftretend mindestens Pflegestufe I

• unabhängig von Dauer des Arbeitsverhältnisses oder Beschäftigtenzahl

• bei nahen Angehörigen

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Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

• kein Zustimmungserfordernis des Arbeitgebers

• aber: Pflicht zur unverzüglichen Mitteilung

• keine Ankündigungsfrist spontanes Gehen möglich

• ärztliche Bescheinigung nur auf Verlangen des Arbeitgebers

• bislang nach wie vor offene und unsichere Vergütungsfrage

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neu ab 01.01.2015: Pflegeunterstützungsgeld

• § 44a SGB XI

• vertragliche oder tarifliche Regelungen vorrangig

• § 616 BGB auch vorrangig, aber mit anderen Voraussetzungen bei Höchstdauer und Angehörigenbegriff

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§ 44a SGB XI

• Anspruch ggü. Pflegeversicherung der gepflegten Person

• Berechnung nach Regeln des Kinderkrankengeldes, § 45 SGB V

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IV. Pflegezeit

Pflegezeit

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Pflegezeit (§ 3 PflegeZG)

• bis zu 6 Monate Arbeitsfreistellung

• bei häuslicher Pflege naher Angehöriger

• Nachweispflicht durch Bescheinigung Pflegekasse oder Medizinischer Dienst

• nicht bei Arbeitgebern mit weniger als 15 Beschäftigten

• teilweise Freistellung möglich

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Pflegezeit (§ 3 PflegeZG)

• Ankündigungsfrist: 10 Arbeitstage vor Beginn

• schriftliche Anzeige erforderlich

• neu: Zweifelsfallregelung bei Nichtmitteilung ob Pflegezeit oder Familienpflegezeit

im Zweifel Pflegezeit

• neu: Urlaubskürzung 1/12 für jeden vollen Monat

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Ablauf bei Inanspruchnahme von Pflegezeit

schriftliche Ankündigung der Inanspruchnahme

längstens 6 Monate Pflegezeit

mind. 10 Tage Vorlauf

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Pflegezeit

• kein Zustimmungserfordernis bei Freistellung in vollem Umfang

• Erfordernis zur Vereinbarung bei nur teilweiser Freistellung (wie Teilzeitreduzierung Verteilung der Restarbeitszeit)

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• 6-Monatszeitraum muss nicht ausgeschöpft werden

• Verlängerung nur mit Zustimmung des Arbeitgebers

Ausnahme: Scheitern des Wechsels auf andere Pflegeperson

• vorzeitige Rückkehr auch nur mit Zustimmung, es sei denn

Pflegebedürftigkeit entfallen häusliche Pflege unmöglich Pflege unzumutbar

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Vorzeitiges Ende der Pflegezeit bei

• Wegfall der Pflegebedürftigkeit

• häusliche Pflege nicht mehr möglich oder unzumutbar

unverzügliche Anzeige an Arbeitgeber und Rückkehrpflicht 4 Wochen nach Ende

Einigung über vorzeitige Rückkehr möglich

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• keine Vergütungspflicht während Pflegezeit

• keine gesetzliche Änderung hier, nur Alternative der Familienpflegezeit

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neu: Begleitung sterbender Angehöriger, § 3 Abs. 6

• auf 3 Monate beschränkt

• „nahe“ Angehörige

• bei ausgeschlossener Heilung, palliativmedizinischer Behandlung und begrenzter Lebenserwartung

• Nachweis durch ärztliches Attest

• keine Pflegeabsicht erforderlich, nur Begleitung

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V. Sonderkündigungsschutz

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Sonderkündigungsschutz (§ 5 PflegeZG)

• Zielsetzung:

Verhinderung von Maßregelungen Förderung des Gesetzeszwecks

• gesehenes Problem: Missbrauchspotenzial

• neu: längstens 12 Wochen vorher ankündbar

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VI. Zwischenbewertung der Pflegezeit

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Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

• wenig praktische Relevanz

• regelt nur, was in der Praxis bislang auch zur Güte bei ernsten Problemen im familiären Umfeld geregelt werden konnte

• Vergütungspflicht einziger möglicher Streitpunkt keine Verfahren vor den Arbeitsgerichten jetzt aber § 44a SGB XI !!!

Erfahrungen

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Pflegezeit

• umfassende Inanspruchnahme wegen Einkommensverzichts bislang eher selten

• Vertretung durch Ersatzeinstellungen und Kündigungsoption flexibel zu organisieren

• bringt (noch) keinen Trend zur häuslichen Pflege

Erfahrungen

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Sonderkündigungsschutz

• Missbrauch leicht zu erkennen und gerichtlich steuerbar zu handhaben in der Praxis aber nur wenige Fälle

• Klarheit was die Regelung zur Ankündigungsfrist angeht

Erfahrungen

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VII. Die (neue) Familienpflegezeit

Familienpflegezeit

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Begriff der Familienpflegezeit:

• Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit• auf bis zu 15 Stunden wöchentliche Reduzierung• bis zu maximal 24 Monate (nun Klarstellung)• bei gleichzeitiger Aufstockung des Arbeitsentgelts durch

den Arbeitgeber

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Neu: Pflege von Kindern

• häusliche oder außerhäusliche Betreuung von Kindern („minderjähriger naher Angehöriger“)

• auch Wechsel zwischen häuslicher und äußerhäuslicher Betreuung während der Dauer möglich

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Mehrfache Inanspruchnahme:

• je Pflegebedürftigen 1 x Familienpflegezeit je Arbeitnehmer

• Folge: ein Pflegebedürftiger kann von mehreren Angehörigen hintereinander mit Familienpflegezeit gepflegt werden

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Bislang: Kein Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit:

• war nur auf Basis freiwilliger Vereinbarung möglich

Neu: Rechtsanspruch auf Familienpflegezeit

• ab 01.01.2015• aber: Durchsetzbarkeitsproblem durch Zeitablauf

(Parallelproblematik: Teizeitbegehren nach TzBfG)

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Betriebsgröße für Inanspruchnahme von Familienpflegezeit:

• nur in Betrieben mit mind. 25 regelmäßig Beschäftigten• Regelbetrachtung nach Köpfen• ohne Auszubildende• Unterschied zu § 3 PflegeZG: dort 15 Beschäftigte

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Inanspruchnahme:

• Ankündigungsfrist 8 Wochen vor Beginn• gleichzeitig Mitteilung über gewünschte Verteilung der

Arbeitszeit• schriftliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und

Arbeitnehmer• bei Teil-Inanspruchnahme Verlängerung auf bis zu 24

Monate mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich• Anspruch nur, wenn vorgesehener Wechsel in der Pflege

nicht umgesetzt werden kann

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Entgeltaufstockung und Förderung:

• als zinsloses Darlehen des Bundesamtes Familie• Aufstockung ist Hälfte der Entgeltdifferenz• Rückzahlung durch Arbeitnehmer in sog.

Nachpflegephase• Versicherungspflicht der Rückzahlung für Arbeitnehmer• ungenügende Regelungen bei Kündigung und

Arbeitgeberwechsel

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Vorzeitige Beendigung:

• Anspruch nur bei Wegfall der Pflegebedürftigkeit oder Unzumutbarkeit/Unmöglichkeit der häuslichen Pflege

• sonst nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich

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Arbeitsrechtliche Regelungen:

• Kündigungsschutz: jetzt Verweis auf § 5 PflegeZG• hierdurch Wegfall des bisherigen Kündigungsschutzes in

der sog. Nachpflegephase

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II. Vorübergehende Verhinderung

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Fall 1:Mitarbeiter M benachrichtigt seinen Arbeitgeber A über die Erkrankung seines 7-jährigen Kindes. Er werde heute und morgen zuhause bleiben.A ist der Meinung, die Ehefrau des M hätte genauso gut zuhause bleiben können. A reagiert daher wie folgt:1. A zahlt für die beiden Tage keinen Lohn.2. A erteilt M eine Abmahnung wegen unentschuldigten

Fernbleibens von der Arbeit.Ist das Verhalten von A rechtmäßig?

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Grundsatz:

Nur für tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung schuldet der Arbeitgeber Vergütung (§ 612 BGB).

Ausnahme:

Eine Regelung sieht die Vergütungspflicht auch ohne Arbeitsleistung ausdrücklich vor.

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Bekannte gesetzliche Ausnahmeregelungen:

• EntgeltfortzahlungsG• BundesurlaubsG• Betriebsrisiko (§ 615 BGB)

• vorübergehende Verhinderung (§ 616 BGB) Hauptfall: erkranktes Kind

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Vorübergehende Verhinderung (§ 616 BGB):

ArbeitsleistungArbeitspflicht

Entgeltfortzahlung

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Arbeitsleistung/Arbeitspflicht:

• Leistungsverweigerungsrecht § 275 Abs. 3 BGB

• setzt Interessenabwägung zwischen AG und MA voraus

• Kinderbetreuung wegen § 1626 BGB i.d.R. vorrangig

• kein Zustimmungserfordernis des Arbeitgebers

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Entgeltfortzahlung:

• durch einen in seiner Person liegenden Grund

• ohne Verschulen

• an der Dienstleistung verhindert

• nur für verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit

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Durch einen in seiner Person liegenden Grund:• schließt Betreuungspflichten zugunsten der eigenen

Kinder mit ein (§ 1626 BGB)

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Nur für verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit:• h.M.: Zeitraum von bis zu 5 Tagen

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Nach wie vor ungeklärte Fragestellungen:

• Vorrang einer anderweitigen Betreuungsmöglichkeit?

• „Kettenerkrankungen“, auch mehrerer Kinder?

• Lebensalter des Kindes in Relation zur Schwere der Erkrankung

• Nachweis der Erkrankung (und fehlenden anderweitigen Betreuungsmöglichkeit)

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Abdingbarkeit des § 616 BGB:

• die Vorschrift kann auf tarifvertraglicher, arbeitsvertraglicher und Betriebsvereinbarungsebene abbedungen werden

• Folge: Verlust des Entgeltfortzahlungsanspruchs

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Auffangnorm:

• § 45 SGB V „Kinderkrankengeld“

• aber: eingeschränkte Voraussetzungen

• Anspruch auf unbezahlte Freistellung (auch für nicht gesetzlich versicherte Arbeitnehmer)

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Voraussetzungen des § 45 SGB V:• erkranktes Kind muss gesetzlich versichert sein• Kind darf 12. Lebensjahr nicht vollendet haben

(Ausnahme: Behinderung des Kindes)• keine andere im Haushalt lebende Person darf für Pflege

zur Verfügung stehen• Nachweis durch ärztliches Attest je Kind Anspruch auf Kinderkrankengeld für höchstens 10 Arbeitstage pro Jahr (Höchstanspruch: 25 Arbeitstage pro Jahr)

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§ 616 BGB § 45 SGB V

Verhältnis ???

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Häufige (rechtswidrige) Alternativangebote des Arbeitgebers:

• „Sie gleiten jetzt.“

• „Wir ziehen ein paar Tage Urlaub ab.“

• „Sie arbeiten das am Wochenende nach und stempeln nicht.“

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Fall 2:Mitarbeiter M ist im Urlaub in die USA gereist. Er soll am Montag seine Arbeit wieder antreten. Aufgrund eines Vulkanausbruchs auf Island verzögert sich der Rückflug um drei Tage, so dass M erst am Donnerstag wieder an seinem Schreibtisch sitzt. A reagiert wie folgt:1. A zahlt für drei Tage keinen Lohn.2. A erteilt M eine Abmahnung wegen unentschuldigten

Fernbleibens von der Arbeit.Ist das Verhalten von A rechtmäßig?

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Fall 3:Mitarbeiterin M, Altenpflegerin, ist alleinerziehend (Kind 2 Jahre). Sie ist im November arbeitsunfähig. Bei Rückkehr an den Arbeitsplatz teilt man ihr mit, dass sie über Weihnachten/Silvester keinen Urlaub bekommen könne, da er im November bereits verteilt worden sei. Die Krippe schließt am 23.12. und öffnet wieder am 04.01. Verwandte hat M im Umkreis von 250 km nicht. Der Vater des Kindes lebt im Ausland.M beantragt den Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Urlaubsgewährung. Mit Erfolg?

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III. Elternzeit

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Reform der Elternzeit zum 01.01.2015:

• Veränderung sowohl beim Elterngeld als auch bei der Elternzeit (Freistellung)

• Tendenz: weitere Flexibilisierung

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Elternzeit (§ 15 BEEG):

• Anspruch auf vorübergehende unbezahlte Freistellung

• Anspruch von bis zu 36 Monaten

• Verteilung auf drei Zeitabschnitte möglich (bisher: zwei)

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Elternzeit (§ 15 BEEG):

• neu:Zeitraum von bis zu 24 Monaten kann zwischen 3. Geburtstag von der Vollendung des 8. Lebensjahrs genommen werden (bislang: 12 Monate)und: jetzt grds. kein Zustimmungserfordernis des AG mehr (nur Widerspruchsrecht bei 3. Abschnitt)

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Großelternzeit (§ 15 Abs. 1a BEEG):

• neu: jetzt ausreichend, dass sich ein Elternteil in der Ausbildung befindet, die vor Vollendung des 18. Lebensjahrs begonnen wurde oder

• ein Elternteil minderjährig ist

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Erweiterte Anzeigepflichten (§ 16 BEEG):

• für Zeitraum bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres 7 Wochen

• für Zeitraum zwischen 3. Geburtstag und Vollendung 8. Lebensjahr 13 Wochen

• Schriftformerfordernis

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Teilzeit in Elternzeit (Elternteilzeit § 15 Abs. 4 BEEG):

• Anspruch auf zweimalige Verringerung der Arbeitszeit in der Elternzeit

• höchstens 30 Wochenstunden

• Ablehnung innerhalb von 4 Wochen mit schriftlicher Begründung

• klagbarer Anspruch des Arbeitnehmers

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Elternzeit vor dem Arbeitsgericht:

• bei abgelehnten Teilzeitbegehren

• Problem bei der Wiedereingliederung nach Elternzeitnahme

• Maßregelung für Inanspruchnahme von Elternzeit bei Männern

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Elterngeld:

• Basiselterngeld

• Elterngeld Plus:halber Satz Basiselterngeld, dafür doppelte Bezugsdauer(Motiv: Teilzeittätigkeit beider Elternteile)

• Partnermonate: 2 auf 4 Monate verlängert

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IV. Entgeltfortzahlung bei Krankheit

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Entgeltfortzahlung und Verschulden bei langjähriger Alkoholabhängigkeit –

BAG Urt. v. 18.03.2015 – 10 AZR 99/14

• AN nach Therapieversagen mit 4,9 %0 in Suchtsklinik• AG leistet keine Entgeltfortzahlung wegen gesehenem

Verschulden• Krankenkasse leistet Krankengeld und klagt gegen AG

aus übergegangenem Recht auf Efz• BAG: kein Verschulden wegen Sucht AG muss zahlen

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Hauptfall bei Streit über Entgeltfortzahlung:

Entgeltfortzahlungsbetrag

dann meist kombiniert mit (fristloser) Kündigung

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Dokumentation von AU/EfZ-Betrug:

„Er wurde auf der Straße gesehen“

„Sie fuhr immer genau während der AU Hunde-schlittenrennen

in Kanada“

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Verdachtskündigung

• Ermittlungspflicht falls bislang bloß Anhaltspunkte (hemmt Frist nach § 626 Abs. 2 BGB)

• Anhörung des Mitarbeiters – ggf. schriftliche – ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Kündigung

• Nachermittlungspflicht bei Verteidigungsvorbringen

• ggf. erneute Anhörung des Mitarbeiters

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Anhörungspflicht bei Verdachtskündigung –BAG Urt. v. 20.03.2014 – 2 AZR 1037/12

• Ermittlungspflicht bringt Fristaufschub• Fristaufschub entfällt nicht nachträglich, wenn

Stellungnahmefrist für Arbeitnehmer verstreicht und Arbeitgeber nun auf Anhörung verzichtet

• Anhörung kann bei von vornherein geäußerter Ablehnung der Stellungnahme unterbleiben

• Stellungnahme muss auch bei unfreiwilligem Schweigen nicht abgewartet werden

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Anforderungen an die Verdachtskündigung –LAG Köln Urt. v. 12.12.2013 – 7 Sa 537/13

• Beschränkung der Verdachtskündigung auf besondere Ausnahmefälle

• scheidet aus, wenn Arbeitgeber nicht zuvor alle erdenklichen Anstrengungen zur Aufklärung unternommen hat

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Dokumentation von Pflichtenverstößen in Sozialen Netzwerken:

• Screenshots/Bildschirmausdrucke

• Bild- und Videodateien auf Datenträgern

• Zeugenbekundungen

• schriftliche Vermerke durch Zeugen

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Schmerzensgeld bei Detektiveinsatz –BAG Urt. v. 19.02.2015 – 8 AZR 1007/13

• auf Tatsachen beruhender konkreter Verdacht einer Pflichtverletzung erforderlich

• AU-Bescheinigungen unterschiedlicher Ärzte für sich nicht verdachtsbegründend

• EUR 1.000,-- bei viertägiger Überwachung angemessen

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Schmerzensgeld für durchgehende Videoüberwachung –LAG Hessen Urt. v. 25.10.2010 – 7 Sa 1586/09

• Montage 02.06.2008 („spätestens“) Klage 13.10.2008• unstreitig zur Überwachung des Eingangsbereichs• Klägerin aber ebenfalls dauerhaft im Bild• Ausmaß der Überwachung streitig• Schmerzensgeld: 7.000 EUR• Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen